Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 64/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 357/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 243/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vor dem 1. Januar 1992 liegende Zeiten der Pflege eines Kindes durch die Versicherte können nicht als Berücksichtigungszeiten oder Beitragszeiten in der Hinterbliebenenrente des Ehemannes der Versicherten berücksichtigt werden
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. April 2010 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Anrechnung der Altersrente des Klägers auf seine Witwerrente rechtmäßig ist und ob die Beklagte aufgrund der Pflege der Tochter durch die Versicherte weitere Versicherungszeiten vom 1. Januar 1984 bis 31. März 1990 anzuerkennen hat.
Der 1940 geborene Kläger war 1967 mit der 1943 geborenen Versicherten verheiratet. Die Versicherte ist am 12. Februar 2007 verstorben. Der Kläger ist am 1. Oktober 2000 in Altersteilzeit getreten. Er bezieht eine Rente aus eigener Versicherung von der Deutschen Rentenversicherung Bund seit 1. Oktober 2001. Die Eheleute sind Eltern einer 1973 geborenen Tochter, die im März 1990 nach einer Herztransplantation verstorben ist.
Der Kläger beantragte am 19. Februar 2007 die Gewährung von Hinterbliebenenrente nach der verstorbenen Versicherten. Mit angefochtenem Bescheid vom 15. März 2007 gewährte die Beklagte dem Kläger große Witwerrente ab 12. Februar 2007. Die Rente werde ab 1. Juni 2007 nicht gezahlt. Die Nachzahlung vom 12. Februar 2007 bis 31. Mai 2007 betrage 801,68 Euro. Die anfängliche monatliche Rente ab 12. Februar 2007 (Rentenartfaktor 1,0) wurde auf 244,98 Euro festgesetzt. Für das Sterbevierteljahr erfolge keine Anrechnung von Einkommen. Ab 1. Juni 2007 (Rentenartfaktor 0,6) wurde die monatliche Rente auf 146,99 Euro festgesetzt. Die Rente sei nicht zu zahlen, weil das anzurechnende Einkommen mit 301,78 Euro höher sei als die monatliche Rente. Das anzurechnende Einkommen wurde unter Berücksichtigung der eigenen Rente des Klägers (monatlicher Zahlbetrag in Höhe von 1.444,28 Euro) errechnet.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, seine Tochter sei im Jahr 1984 erkrankt. Es wurde ein Schwerbehindertenausweis für die Tochter vom 3. April 1990 vorgelegt, wonach ein Grad der Behinderung - GdB - von 100 besteht sowie die Merkzeichen B, G, aG und H anerkannt sind. Die Tochter sei von der Versicherten über Jahre gepflegt worden. Bei der Versicherten habe sich im Jahr 1979 eine beginnende Schwerhörigkeit eingestellt. Ab 1992 sei die Versicherte völlig gehörlos gewesen. Im August 2000 sei ein Melas-Syndrom diagnostiziert worden, das zu immer größerer Verwirrung geführt habe. Es wurde ein Schwerbehindertenausweis der Versicherten vom 12. Juli 2002 vorgelegt, wonach bei der Versicherten ein GdB von 100 vorliegt und die Merkzeichen B, G, H, RF vergeben sind. Seit 1. Januar 2001 habe die Versicherte die Pflegestufe II gehabt. Der Kläger habe sie mit einem Zeitaufwand von 21 bis unter 28 Stunden wöchentlich gepflegt. Die Pflege durch den Kläger habe sich von August 2000 bis zum Tod am 12. Februar 2007 erstreckt. Für den Kläger seien keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden.
Auf Nachfrage der Beklagten nach dem konkreten Widerspruchsbegehren erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 14. Juni 2007, die Tochter wäre nach den Pflegerichtlinien letztlich bis zur Pflegestufe III einzustufen gewesen. Die Versicherte habe während dieser Zeit keine Erwerbstätigkeit aufnehmen können. Hierdurch sei die Versicherte erheblich benachteiligt gewesen. Die Pflegeleistungen für die Tochter müssten in den Versicherungsverlauf eingestellt werden. Der Kläger werde auch dadurch benachteiligt, dass er die Versicherte gepflegt habe, die Pflegeleistungen in seinem Versicherungsverlauf und bei der Berechnung der Rente aber nicht rentenerhöhend berücksichtigt würden. Es lägen hier ein grober Verstoß gegen das Gleichheitsgebot und ein Eingriff in das Einkommen, geschützt durch Art. 14 Grundgesetz, vor. Der Versicherten sei durch Bescheid vom 9. November 2000 Erwerbsunfähigkeit bescheinigt worden. Sie habe jedoch keine Rente erhalten, da die Pflegeleistungen der Versicherten nicht als Pflichtversicherungszeiten anerkannt worden seien. Dies habe zur Folge gehabt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht erfüllt gewesen seien. Die Versicherungsverläufe der Eheleute müssten zusammengeführt werden. Die Pflegeleistungen des Klägers, die er zu Gunsten seiner verstorbenen Frau erbracht hatte, würden auf den Versicherungsverlauf nicht mehr angerechnet, weil er bereits berentet gewesen sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2008 zurückgewiesen. Für die von der Versicherten geleistete Pflegetätigkeit könnten weder Berücksichtigungszeiten wegen der Pflege einer pflegebedürftigen Person (§ 57 Abs. 2 SGB VI in der bis 31. März 1995 geltenden Fassung) noch Pflichtbeiträge gemäß § 3 Nr. 1a SGB VI berücksichtigt werden, da die Pflegeleistungen im Jahre 1990 und damit vor Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen erbracht worden seien.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat zunächst die Anerkennung der rentenrechtlichen Zeiten aufgrund der Pflege seiner am 12. Februar 2007 verstorbenen Ehegattin sowie die Weiterzahlung der großen Witwerrente nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahrs beantragt. Der Kläger habe seine Erwerbstätigkeit vorzeitig beendet, um die Versicherte pflegen zu können. Die Pflegeleistungen seien weder auf dem Versicherungskonto des Klägers noch auf dem der Versicherten gutgeschrieben worden. Die Versicherte habe die rentenrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nicht erfüllen können, weil sie ihr Kind pflegte. Andererseits seien diese Pflegeleistungen auf ihrem Versicherungskonto nicht angerechnet worden, weil zum damaligen Zeitpunkt noch keine Pflegeversicherung eingeführt gewesen sei. Aus dem verfassungsrechtlichen Schutz des Klägers nach Art. 14, 2 Grundgesetz sei der Kläger so zu stellen, dass die Pflegeleistungen auf das Versicherungskonto der Versicherten angerechnet werden können. Die analoge Anwendung sei geboten. Im Versicherungsverlauf der Klägerin würden die Pflegeleistungen fehlen, die der Kläger zu Gunsten der verstorbenen Versicherten in die Rentenversicherung der verstorbenen Ehegatten erbracht habe. Diese seien nach § 44 SGB IX in Verbindung mit § 117 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI sowie unter Berücksichtigung der §§ 3,137,166 SGB VI zu Gunsten des Klägers in den Versicherungsverlauf einzustellen. Die Anrechnung der Altersrente auf die Witwerrente sei zwar gesetzlich vorgesehen, doch wäre der Kläger doppelt bestraft, wenn einerseits die zum Erbringen der Pflegeleistungen für seine verstorbene Ehegattin erforderliche vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ihm zum Nachteil gereichen würde und andererseits die Pflegeleistungen, die er für seine verstorbene Ehegattin erbracht habe, nicht in seinem Versicherungsverlauf oder in sonstiger Form rentensteigernd berücksichtigt werden würden. Hätte der Kläger eine Pflegeperson zur Pflege seiner Ehegattin bestellt, hätte er bis zu seinem 65. Lebensjahr arbeiten können. Er hätte dann keine Rentenabschläge in Kauf nehmen müssen. Die Differenz der Leistungen ab dem 65. Lebensjahr zu den Rentenleistungen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger in die vorzeitige Altersrente wechselte, sei ein nachhaltiger Einkommensverlust, der unter Berücksichtigung der gesamten Umstände einen Eingriff in Art. 3, 12, 14 Grundgesetz darstelle.
In der mündlichen Verhandlung am 16. April 2010 vor dem SG hat der Kläger beantragt, die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als die eigene Altersrente des Klägers auf die Witwerrente angerechnet wird und die Pflegezeiten seiner verstorbenen Ehefrau nicht berücksichtigt werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16. April 2010 abgewiesen. Der Anrechnung von Einkommen auf die Hinterbliebenenrente sei durch § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gerechtfertigt. Die Regelung sei nicht verfassungswidrig. Nach der Rechtsprechung des BSG würden sachliche Gründe die Berücksichtigung eigenen Einkommens rechtfertigen. Die Hinterbliebenenrenten für Ehegatten und frühere Ehegatten stellten nach dem Willen des Gesetzgebers Leistungen mit Unterhaltsersatzfunktion dar. Damit sei es sachlich vertretbar, in pauschalierter Form an die Leistungsfähigkeit der Hinterbliebenen in Form einer Unterhaltsbedürftigkeit anzuknüpfen (BSG SozR 3-2200 § 1281 Nr. 1 SGG). Auch Art. 14 GG sei nicht verletzt. Das Interesse des Gesetzgebers an einer finanzierbaren Neuregelung des Hinterbliebenenrechts überwiege das Interesse des einzelnen an einer ungekürzten Hinterbliebenenrente.
Die Pflege der Tochter durch die Versicherte sei nicht im Versicherungsverlauf zu berücksichtigen. Berücksichtigungszeiten seien erst ab 1. Januar 1992 bis 31. März 1995 anzusetzen (§ 249 b SGB VI). Eine Pflichtversicherung sei erst ab dem 1. April 1995 möglich gewesen. Auch §§ 70 Abs. 3a, 279e SGB VI seien erst nach dem Tod der Tochter einschlägig geworden. Eine Berücksichtigung der Pflege sei erst durch das Rentenreformgesetz 1992 erstmalig eingeführt worden. Es sei auch keine Verfassungswidrigkeit insoweit zu erkennen. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung neuer sozialer Regelungen einen weiten Spielraum. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Vorschrift verfassungswidrig sei, weil vor dem 1. Januar 1992 liegende Zeiten ausgeschlossen seien. Reformen, die sich aus finanziellen Gründen nur schrittweise verwirklichen lassen, würden bei einer Forderung nach strikter Gleichförmigkeit von vornherein unterbleiben (BVerfGE 40, 121, 140).
Mit der hiergegen erhobenen Berufung hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 40, 121 sei nicht einschlägig. Der Fall des Klägers sei kein Einzelfall. Es könne nicht rechtens sein, dass die pflegenden Angehörigen insoweit schutzlos gestellt würden. Der Gesetzgeber habe alle Versicherten, die bereits vor dem 1. Januar 1992 Angehörige gepflegt haben, benachteiligt. Der Gesetzgeber hätte keine Stichtagsregelung treffen dürfen, sondern eine Übergangsregelung schaffen müssen.
Im Erörterungstermin hat der Kläger erklärt, die Zeiten der Pflege der Ehegattin durch den Kläger werde in diesem Verfahren nicht mehr begehrt. Insoweit sei bereits ein Verfahren beim Sozialgericht Augsburg anhängig. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 16. April 2010 aufzuheben und den Bescheid vom 15. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Januar 2008 dahingehend abzuändern, dass die eigene Altersrente des Klägers auf die Witwerrente nicht angerechnet wird und vom 1. Januar 1984 bis 31. März 1990 zusätzliche Versicherungszeiten aufgrund der Pflege der Tochter durch die Versicherte anerkannt werden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 15. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Januar 2008 zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Anrechnung der eigenen Altersrente des Klägers auf seine Hinterbliebenenrente nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahres ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es sind in der Hinterbliebenenrente des Klägers auch keine weiteren Versicherungszeiten wegen der Pflege der Tochter durch die Versicherte zu berücksichtigen.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Anrechnung von Einkommen auf Hinterbliebenenrenten bestimmt sich hier nach § 97 SGB VI. Die Sonderregelung des § 314 Abs. 1 SGB VI findet keine Anwendung, da die Versicherte nicht vor dem 1. Januar 1986 gestorben ist und die Ehegatten nicht bis zum 31. Dezember 1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts abgegeben haben. Eine solche Er-
klärung konnte nur von Ehegatten abgegeben werden, die beide vor dem 1. Januar 1936 geboren waren. Dies ist hier nicht der Fall.
Gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI wird Einkommen (§§ 18 a bis 18 e Viertes Buch) von Berechtigten, das mit einer Witwerrente zusammentrifft, hierauf angerechnet. Dies gilt bei Witwerrenten nicht, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0 beträgt (§ 97 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Dies ist bei großen Witwerrenten nur bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, der Fall (vgl. § 67 Nr. 6 SGB VI), hier also bis 31. Mai 2007.
Die eigene Altersrente des Klägers stellt Einkommen im Sinne des § 18 a Abs. 2, 3 Nr. 2 SGB IV und damit grundsätzlich anzurechnendes Einkommen dar.
Bei Witwerrenten ist gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI das Einkommen anrechenbar, das monatlich das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt. Bei einem aktuellen Rentenwert von 26,13 Euro bei Rentenbeginn beträgt der Freibetrag damit anfänglich 689,83 Euro. Bei einem monatlichen Zahlbetrag der eigenen Altersrente in Höhe von 1.444,28 Euro übersteigt das Einkommen den Freibetrag um 754,45 Euro. Hierauf sind 40 % anzurechnen (§ 97 Abs. 2 Satz 3 SGB VI), dies sind anfänglich 301,78 Euro. Die dem Kläger zustehende Rente beträgt jedoch - nach Ablauf des Sterbevierteljahrs - nur 146,99 Euro. Da das anzurechnende Einkommen die zustehende Rente übersteigt, ist die Rente ab diesem Zeitpunkt, also ab 1. Juni 2007, nicht zu zahlen.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anrechnung von Einkommen auf Hinterbliebenenrenten hat der Senat nicht. Wie das Bundessozialgericht bereits sehr bald nach Einführung der Anrechnung von Einkommen auf den Hinterbliebenenrentenanspruch durch § 58 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bzw. § 1281 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) mehrfach überzeugend entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. August 1990, Az. 4 RA 27/90, in juris, unter Bezugnahme auf die Urteile vom 15. November 1989, Az. 5 RJ 60/88 und vom 5. Dezember 1989, Az. 5 RJ 28/88) liegt hierin kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (Gleichbehandlungsgrundsatz). Auch wenn man in dem Anrechnungsmodell einen Verstoß gegen das der Sozialversicherung immanente Versicherungsprinzip sehen würde, weil es über die Anrechnung von - nach Eintritt des Versicherungsfalles erzieltem - Einkommen auf die individuelle Bedürftigkeit des Berechtigten abhebt und damit - der Sozialversicherung wesensfremde - fürsorgerische Elemente in die gesetzliche Rentenversicherung einführt, folge hieraus kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn selbst wenn man eine Abweichung gegen die Sachgesetzlichkeit von einem erheblichen Gewicht annehmen sollte, sei diese jedenfalls durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe klargestellt, dass Hinterbliebenenrenten Leistungen mit Unterhaltsersatzfunktion seien, die an die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Ehegatten anknüpften. Damit sei es dann auch unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit sachlich vertretbar, dass der Gesetzgeber in pauschalierter Form an die Unterhaltsbedürftigkeit anknüpfe, um die Höhe der sozialversicherungsrechtlichen Leistung zu bemessen. Auch habe der Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 39, 169 ff) aufgegebene Neuordnung des Hinterbliebenenrechts kostenneutral gestalten wollen. Diese sei aber bei einer generellen Zuerkennung ungekürzter Hinterbliebenenrenten nicht zu erreichen gewesen. Auch ein Verstoß gegen Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) sei hierin nicht zu erblicken, da das Interesse des Gesetzgebers an einer finanzierbaren Neuregelung des Hinterbliebenenrechts das Interesse des einzelnen an einer ungekürzten Hinterbliebenenrente übersteige. Darüber hinaus steht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Februar 1998, Az. 1 BvR 1386/86, in juris, fest, dass die vorwiegend fürsorgerisch motivierte Hinterbliebenenversorgung bereits nicht unter den Schutzbereich des Art. 14 Grundgesetz fällt, da sie nicht auf einer dem Hinterbliebenen zurechenbaren Eigenleistung beruht und diesem nicht als eigene Rechtsposition zugeordnet ist. Der Senat sieht nach alledem keinen Anlass, an der Verfassungsmäßigkeit der nunmehr in § 97 SGB VI enthaltenen Anrechnungsregelung zu zweifeln.
Auch die vom Kläger begehrte Berücksichtigung von zusätzlichen Versicherungszeiten aufgrund der Pflege der Tochter durch die Versicherte kommt nicht in Betracht, da erst ab 1. Januar 1992 zurückgelegte Zeiten der nichterwerbstätigen Pflege rentenrechtlich von Bedeutung sind, die Pflege der Tochter durch die Versicherte aber mit dem Tod der Tochter im März 1990 endete.
Die Berücksichtigung der nicht erwerbsmäßigen Pflege im Rentenrecht wurde erst durch das Rentenreformgesetz 1992 erstmalig eingeführt. Dies erfolgte zunächst durch die Anerkennung entsprechender Tätigkeiten im Rahmen von Berücksichtigungszeiten mit dem Ziel, dass sich Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege etwa als Verlängerungstatbestände zur Erhaltung der Anwartschaft bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder als Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des § 241 Abs. 2 SGB VI für die betroffenen Versicherten günstig auswirken. Berücksichtigungszeiten sind dementsprechend gemäß § 249 b SGB VI auf Antrag auch Zeiten der nichterwerbstätigen Pflege eines Pflegebedürftigen in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1995, solange 1. die Pflegeperson wegen der Pflege berechtigt war, Beiträge zu zahlen oder die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zu beantragen, und 2. nicht zu den in § 56 Abs. 4 genannten Personen gehört, die von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen sind.
Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung lässt sich unzweifelhaft entnehmen, dass nur für Pflegezeiten vom 1. Januar 1992 bis 31. März 1995 eine Anerkennung als Berücksichtigungszeit in Betracht kommt. Darüber hinaus ergibt sich dies auch daraus, dass nach dem früheren § 177 SGB VI (jetzt § 279 e SGB VI) vor diesem Zeitpunkt keine Berechtigung bestand, wegen der Pflege Beiträge zu zahlen oder die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zu beantragen.
Die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten scheidet damit aus.
Für den fraglichen Zeitraum sind jedoch auch keine Beitragszeiten anzuerkennen. Beitragszeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen (§ 55 Abs. 1 S. 3 SGB VI).
Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 1. April 1995 durch das Pflegeversicherungsgesetz eine Versicherungspflicht von nichterwerbstätigen Pflegepersonen eingeführt. So sind ab diesem Zeitpunkt gemäß § 3 S. 1 Nr. 1 a SGB VI Personen versicherungspflichtig in der Zeit, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Die Beitragshöhe bestimmt sich gemäß § 166 Abs. 2 SGB VI in Abhängigkeit vom Grad der Pflegebedürftigkeit und dem zeitlichen Umfang der Pflege. Versicherungspflicht und die Abführung von Beiträgen betreffen bedingt durch das Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes zum 1. April 1995 auch nur Zeiten ab 1. April 1995. Ab diesem Zeitpunkt sind - sofern auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen - Beiträge in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe von der Pflegekasse, bei in der sozialen Pflegeversicherung versicherungsfreien Pflegebedürftigen von dem privaten Versicherungsunternehmen bzw. bei Empfängern von Heilfürsorgeleistungen oder Beihilfe in der Regel von der Festsetzungsstelle für die Beihilfe abzuführen (vgl. § 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI) und dementsprechend Beitragszeiten bei der Pflegeperson vorzumerken.
Vor dem 1. April 1995 bestand jedoch keine Versicherungspflicht. Dementsprechend wurden auch keine Beiträge abgeführt. Die Anerkennung von Beitragszeiten im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI scheidet damit ebenfalls aus. Für den streitigen Zeitraum gelten auch keine Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Eine derartige besondere Vorschrift gibt es nicht. Schließlich scheidet auch § 55 Abs. 1 S. 3 SGB VI als Anspruchsgrundlage aus. Diese Bestimmung nimmt Bezug auf § 70 Abs. 3a SGB VI. Sind mindestens 45 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden, werden danach für nach dem Jahr 1991 liegende Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder mit Zeiten der nicht erwerbsmäßigem Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt. Zusätzliche Entgeltpunkte sind hier jedoch nicht zu ermitteln, da die Zeiten der Pflege nicht nach dem Jahr 1991 liegen.
Die Anerkennung anderer rentenrechtlich bedeutsamer Zeiten kommt ersichtlich nicht in Betracht.
Es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass vor dem 1. Januar 1992 liegende Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege unberücksichtigt bleiben. Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, besteht angesichts des weiten Spielraums des Gesetzgebers bei der Einführung neuer sozialer Regelungen keine Verpflichtung für diesen, überall strikte Gleichförmigkeit zu schaffen und entsprechende Regelungen auch für vergangene Zeiträume einzuführen. Eine solche Verpflichtung würde angesichts der dann entstehenden finanziellen Folgelasten dazu führen, dass Leistungsausweitungen von vornherein unterbleiben würden (BVerfGE 40,121,140). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist dann besonders weit, wenn es sich um Leistungen aus sozialpolitischen Motiven handelt, denen keine Versicherungsbeiträge gegenüberstehen und mit denen erstmals ein sozialpolitisch als regelungsbedürftig erkannter Zustand normiert wird. Es steht dem Gesetzgeber hierbei frei zu bestimmen, ob, ab wann, in welcher Höhe und gegenüber welchem Personenkreis er mit den beabsichtigten Verbesserungen beginnen will (z.B. BVerfGE 17, 1,23; 49, 280, 283). Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt, sachlich vertretbar ist (BVerfG 75, 78, 106; 58, 81, 126; 80, 297, 311; 44 1, 21).
Der Gesetzgeber hat eine schrittweise Verbesserung der rentenrechtlichen Absicherung der nicht erwerbsmäßig tätig werdenden Pflegepersonen durchgeführt. Zunächst hat er sich durch die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten für Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege im wesentlichen darauf beschränkt, rentenrechtliche Nachteile zu minimieren, die durch den Verzicht auf die Zurücklegung von Beitragszeiten durch die Pflege einer pflegedürftigen Person entstehen können. Um die Situation der Pflegenden noch weiter zu verbessern, hat er dann mit der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes unter bestimmten Voraussetzungen die Versicherungspflicht von Pflegepersonen mit der Zahlung von Pflichtbeiträgen eingeführt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber erst ab der Einführung der Verpflichtung, Beiträge aufgrund einer Pflegetätigkeit abzuführen, dementsprechend auch Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf der Pflegeperson anerkennt. Die Einführung einer bis in das Jahr 1990 oder noch früher zurückwirkenden Beitragspflicht oder die Anerkennung rentenrechtlicher Vorteile auch ohne Zahlung von Beiträgen ist verfassungsrechtlich keinesfalls geboten. Eine derartige Verpflichtung des Gesetzgebers hätte angesichts der damit verbundenen finanziellen Konsequenzen das gesamte Reformprojekt gefährden können. Das beitragsfinanzierte System der Rentenversicherung wäre gerade angesichts der tatsächlichen Dimension der Pflege durch nicht erwerbsmäßige Pflegepersonen überfordert, wenn es in erheblichem Umfang rentenrechtliche Leistungsverbesserungen für Pflegepersonen finanzieren müsste, ohne dass diesen Verbesserungen ein entsprechendes Beitragsaufkommen gegenübersteht.
Das Bundesverfassungsgericht hat es in seinem Nichtannahmebeschluss vom 22. Dezember 1992 (1 BVR 1359/91) in Folge des Urteils des BSG vom 27.6.1991, Az. 4 RA 48/90, dementsprechend auch für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, dass vor dem 1. Januar 1992 Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege rentenrechtlich keine Berücksichtigung gefunden haben und eine Änderung dieses Rechtszustands erstmals mit der Regelung des § 57 Abs. 2 SGB VI (= jetzt § 249 b SGB VI) durch die Einführung von Berücksichtigungszeiten mit Wirkung vom 1. Januar 1992 eingetreten ist. Für die Einführung der Beitragspflicht ab 1. April 1995 kann nichts anderes gelten.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Anrechnung der Altersrente des Klägers auf seine Witwerrente rechtmäßig ist und ob die Beklagte aufgrund der Pflege der Tochter durch die Versicherte weitere Versicherungszeiten vom 1. Januar 1984 bis 31. März 1990 anzuerkennen hat.
Der 1940 geborene Kläger war 1967 mit der 1943 geborenen Versicherten verheiratet. Die Versicherte ist am 12. Februar 2007 verstorben. Der Kläger ist am 1. Oktober 2000 in Altersteilzeit getreten. Er bezieht eine Rente aus eigener Versicherung von der Deutschen Rentenversicherung Bund seit 1. Oktober 2001. Die Eheleute sind Eltern einer 1973 geborenen Tochter, die im März 1990 nach einer Herztransplantation verstorben ist.
Der Kläger beantragte am 19. Februar 2007 die Gewährung von Hinterbliebenenrente nach der verstorbenen Versicherten. Mit angefochtenem Bescheid vom 15. März 2007 gewährte die Beklagte dem Kläger große Witwerrente ab 12. Februar 2007. Die Rente werde ab 1. Juni 2007 nicht gezahlt. Die Nachzahlung vom 12. Februar 2007 bis 31. Mai 2007 betrage 801,68 Euro. Die anfängliche monatliche Rente ab 12. Februar 2007 (Rentenartfaktor 1,0) wurde auf 244,98 Euro festgesetzt. Für das Sterbevierteljahr erfolge keine Anrechnung von Einkommen. Ab 1. Juni 2007 (Rentenartfaktor 0,6) wurde die monatliche Rente auf 146,99 Euro festgesetzt. Die Rente sei nicht zu zahlen, weil das anzurechnende Einkommen mit 301,78 Euro höher sei als die monatliche Rente. Das anzurechnende Einkommen wurde unter Berücksichtigung der eigenen Rente des Klägers (monatlicher Zahlbetrag in Höhe von 1.444,28 Euro) errechnet.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, seine Tochter sei im Jahr 1984 erkrankt. Es wurde ein Schwerbehindertenausweis für die Tochter vom 3. April 1990 vorgelegt, wonach ein Grad der Behinderung - GdB - von 100 besteht sowie die Merkzeichen B, G, aG und H anerkannt sind. Die Tochter sei von der Versicherten über Jahre gepflegt worden. Bei der Versicherten habe sich im Jahr 1979 eine beginnende Schwerhörigkeit eingestellt. Ab 1992 sei die Versicherte völlig gehörlos gewesen. Im August 2000 sei ein Melas-Syndrom diagnostiziert worden, das zu immer größerer Verwirrung geführt habe. Es wurde ein Schwerbehindertenausweis der Versicherten vom 12. Juli 2002 vorgelegt, wonach bei der Versicherten ein GdB von 100 vorliegt und die Merkzeichen B, G, H, RF vergeben sind. Seit 1. Januar 2001 habe die Versicherte die Pflegestufe II gehabt. Der Kläger habe sie mit einem Zeitaufwand von 21 bis unter 28 Stunden wöchentlich gepflegt. Die Pflege durch den Kläger habe sich von August 2000 bis zum Tod am 12. Februar 2007 erstreckt. Für den Kläger seien keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden.
Auf Nachfrage der Beklagten nach dem konkreten Widerspruchsbegehren erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 14. Juni 2007, die Tochter wäre nach den Pflegerichtlinien letztlich bis zur Pflegestufe III einzustufen gewesen. Die Versicherte habe während dieser Zeit keine Erwerbstätigkeit aufnehmen können. Hierdurch sei die Versicherte erheblich benachteiligt gewesen. Die Pflegeleistungen für die Tochter müssten in den Versicherungsverlauf eingestellt werden. Der Kläger werde auch dadurch benachteiligt, dass er die Versicherte gepflegt habe, die Pflegeleistungen in seinem Versicherungsverlauf und bei der Berechnung der Rente aber nicht rentenerhöhend berücksichtigt würden. Es lägen hier ein grober Verstoß gegen das Gleichheitsgebot und ein Eingriff in das Einkommen, geschützt durch Art. 14 Grundgesetz, vor. Der Versicherten sei durch Bescheid vom 9. November 2000 Erwerbsunfähigkeit bescheinigt worden. Sie habe jedoch keine Rente erhalten, da die Pflegeleistungen der Versicherten nicht als Pflichtversicherungszeiten anerkannt worden seien. Dies habe zur Folge gehabt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht erfüllt gewesen seien. Die Versicherungsverläufe der Eheleute müssten zusammengeführt werden. Die Pflegeleistungen des Klägers, die er zu Gunsten seiner verstorbenen Frau erbracht hatte, würden auf den Versicherungsverlauf nicht mehr angerechnet, weil er bereits berentet gewesen sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2008 zurückgewiesen. Für die von der Versicherten geleistete Pflegetätigkeit könnten weder Berücksichtigungszeiten wegen der Pflege einer pflegebedürftigen Person (§ 57 Abs. 2 SGB VI in der bis 31. März 1995 geltenden Fassung) noch Pflichtbeiträge gemäß § 3 Nr. 1a SGB VI berücksichtigt werden, da die Pflegeleistungen im Jahre 1990 und damit vor Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen erbracht worden seien.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat zunächst die Anerkennung der rentenrechtlichen Zeiten aufgrund der Pflege seiner am 12. Februar 2007 verstorbenen Ehegattin sowie die Weiterzahlung der großen Witwerrente nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahrs beantragt. Der Kläger habe seine Erwerbstätigkeit vorzeitig beendet, um die Versicherte pflegen zu können. Die Pflegeleistungen seien weder auf dem Versicherungskonto des Klägers noch auf dem der Versicherten gutgeschrieben worden. Die Versicherte habe die rentenrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nicht erfüllen können, weil sie ihr Kind pflegte. Andererseits seien diese Pflegeleistungen auf ihrem Versicherungskonto nicht angerechnet worden, weil zum damaligen Zeitpunkt noch keine Pflegeversicherung eingeführt gewesen sei. Aus dem verfassungsrechtlichen Schutz des Klägers nach Art. 14, 2 Grundgesetz sei der Kläger so zu stellen, dass die Pflegeleistungen auf das Versicherungskonto der Versicherten angerechnet werden können. Die analoge Anwendung sei geboten. Im Versicherungsverlauf der Klägerin würden die Pflegeleistungen fehlen, die der Kläger zu Gunsten der verstorbenen Versicherten in die Rentenversicherung der verstorbenen Ehegatten erbracht habe. Diese seien nach § 44 SGB IX in Verbindung mit § 117 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI sowie unter Berücksichtigung der §§ 3,137,166 SGB VI zu Gunsten des Klägers in den Versicherungsverlauf einzustellen. Die Anrechnung der Altersrente auf die Witwerrente sei zwar gesetzlich vorgesehen, doch wäre der Kläger doppelt bestraft, wenn einerseits die zum Erbringen der Pflegeleistungen für seine verstorbene Ehegattin erforderliche vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ihm zum Nachteil gereichen würde und andererseits die Pflegeleistungen, die er für seine verstorbene Ehegattin erbracht habe, nicht in seinem Versicherungsverlauf oder in sonstiger Form rentensteigernd berücksichtigt werden würden. Hätte der Kläger eine Pflegeperson zur Pflege seiner Ehegattin bestellt, hätte er bis zu seinem 65. Lebensjahr arbeiten können. Er hätte dann keine Rentenabschläge in Kauf nehmen müssen. Die Differenz der Leistungen ab dem 65. Lebensjahr zu den Rentenleistungen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger in die vorzeitige Altersrente wechselte, sei ein nachhaltiger Einkommensverlust, der unter Berücksichtigung der gesamten Umstände einen Eingriff in Art. 3, 12, 14 Grundgesetz darstelle.
In der mündlichen Verhandlung am 16. April 2010 vor dem SG hat der Kläger beantragt, die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als die eigene Altersrente des Klägers auf die Witwerrente angerechnet wird und die Pflegezeiten seiner verstorbenen Ehefrau nicht berücksichtigt werden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16. April 2010 abgewiesen. Der Anrechnung von Einkommen auf die Hinterbliebenenrente sei durch § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI gerechtfertigt. Die Regelung sei nicht verfassungswidrig. Nach der Rechtsprechung des BSG würden sachliche Gründe die Berücksichtigung eigenen Einkommens rechtfertigen. Die Hinterbliebenenrenten für Ehegatten und frühere Ehegatten stellten nach dem Willen des Gesetzgebers Leistungen mit Unterhaltsersatzfunktion dar. Damit sei es sachlich vertretbar, in pauschalierter Form an die Leistungsfähigkeit der Hinterbliebenen in Form einer Unterhaltsbedürftigkeit anzuknüpfen (BSG SozR 3-2200 § 1281 Nr. 1 SGG). Auch Art. 14 GG sei nicht verletzt. Das Interesse des Gesetzgebers an einer finanzierbaren Neuregelung des Hinterbliebenenrechts überwiege das Interesse des einzelnen an einer ungekürzten Hinterbliebenenrente.
Die Pflege der Tochter durch die Versicherte sei nicht im Versicherungsverlauf zu berücksichtigen. Berücksichtigungszeiten seien erst ab 1. Januar 1992 bis 31. März 1995 anzusetzen (§ 249 b SGB VI). Eine Pflichtversicherung sei erst ab dem 1. April 1995 möglich gewesen. Auch §§ 70 Abs. 3a, 279e SGB VI seien erst nach dem Tod der Tochter einschlägig geworden. Eine Berücksichtigung der Pflege sei erst durch das Rentenreformgesetz 1992 erstmalig eingeführt worden. Es sei auch keine Verfassungswidrigkeit insoweit zu erkennen. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung neuer sozialer Regelungen einen weiten Spielraum. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Vorschrift verfassungswidrig sei, weil vor dem 1. Januar 1992 liegende Zeiten ausgeschlossen seien. Reformen, die sich aus finanziellen Gründen nur schrittweise verwirklichen lassen, würden bei einer Forderung nach strikter Gleichförmigkeit von vornherein unterbleiben (BVerfGE 40, 121, 140).
Mit der hiergegen erhobenen Berufung hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 40, 121 sei nicht einschlägig. Der Fall des Klägers sei kein Einzelfall. Es könne nicht rechtens sein, dass die pflegenden Angehörigen insoweit schutzlos gestellt würden. Der Gesetzgeber habe alle Versicherten, die bereits vor dem 1. Januar 1992 Angehörige gepflegt haben, benachteiligt. Der Gesetzgeber hätte keine Stichtagsregelung treffen dürfen, sondern eine Übergangsregelung schaffen müssen.
Im Erörterungstermin hat der Kläger erklärt, die Zeiten der Pflege der Ehegattin durch den Kläger werde in diesem Verfahren nicht mehr begehrt. Insoweit sei bereits ein Verfahren beim Sozialgericht Augsburg anhängig. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 16. April 2010 aufzuheben und den Bescheid vom 15. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Januar 2008 dahingehend abzuändern, dass die eigene Altersrente des Klägers auf die Witwerrente nicht angerechnet wird und vom 1. Januar 1984 bis 31. März 1990 zusätzliche Versicherungszeiten aufgrund der Pflege der Tochter durch die Versicherte anerkannt werden.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 15. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Januar 2008 zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Anrechnung der eigenen Altersrente des Klägers auf seine Hinterbliebenenrente nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahres ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es sind in der Hinterbliebenenrente des Klägers auch keine weiteren Versicherungszeiten wegen der Pflege der Tochter durch die Versicherte zu berücksichtigen.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Anrechnung von Einkommen auf Hinterbliebenenrenten bestimmt sich hier nach § 97 SGB VI. Die Sonderregelung des § 314 Abs. 1 SGB VI findet keine Anwendung, da die Versicherte nicht vor dem 1. Januar 1986 gestorben ist und die Ehegatten nicht bis zum 31. Dezember 1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrechts abgegeben haben. Eine solche Er-
klärung konnte nur von Ehegatten abgegeben werden, die beide vor dem 1. Januar 1936 geboren waren. Dies ist hier nicht der Fall.
Gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI wird Einkommen (§§ 18 a bis 18 e Viertes Buch) von Berechtigten, das mit einer Witwerrente zusammentrifft, hierauf angerechnet. Dies gilt bei Witwerrenten nicht, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0 beträgt (§ 97 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Dies ist bei großen Witwerrenten nur bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, der Fall (vgl. § 67 Nr. 6 SGB VI), hier also bis 31. Mai 2007.
Die eigene Altersrente des Klägers stellt Einkommen im Sinne des § 18 a Abs. 2, 3 Nr. 2 SGB IV und damit grundsätzlich anzurechnendes Einkommen dar.
Bei Witwerrenten ist gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI das Einkommen anrechenbar, das monatlich das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt. Bei einem aktuellen Rentenwert von 26,13 Euro bei Rentenbeginn beträgt der Freibetrag damit anfänglich 689,83 Euro. Bei einem monatlichen Zahlbetrag der eigenen Altersrente in Höhe von 1.444,28 Euro übersteigt das Einkommen den Freibetrag um 754,45 Euro. Hierauf sind 40 % anzurechnen (§ 97 Abs. 2 Satz 3 SGB VI), dies sind anfänglich 301,78 Euro. Die dem Kläger zustehende Rente beträgt jedoch - nach Ablauf des Sterbevierteljahrs - nur 146,99 Euro. Da das anzurechnende Einkommen die zustehende Rente übersteigt, ist die Rente ab diesem Zeitpunkt, also ab 1. Juni 2007, nicht zu zahlen.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anrechnung von Einkommen auf Hinterbliebenenrenten hat der Senat nicht. Wie das Bundessozialgericht bereits sehr bald nach Einführung der Anrechnung von Einkommen auf den Hinterbliebenenrentenanspruch durch § 58 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bzw. § 1281 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) mehrfach überzeugend entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 16. August 1990, Az. 4 RA 27/90, in juris, unter Bezugnahme auf die Urteile vom 15. November 1989, Az. 5 RJ 60/88 und vom 5. Dezember 1989, Az. 5 RJ 28/88) liegt hierin kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (Gleichbehandlungsgrundsatz). Auch wenn man in dem Anrechnungsmodell einen Verstoß gegen das der Sozialversicherung immanente Versicherungsprinzip sehen würde, weil es über die Anrechnung von - nach Eintritt des Versicherungsfalles erzieltem - Einkommen auf die individuelle Bedürftigkeit des Berechtigten abhebt und damit - der Sozialversicherung wesensfremde - fürsorgerische Elemente in die gesetzliche Rentenversicherung einführt, folge hieraus kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn selbst wenn man eine Abweichung gegen die Sachgesetzlichkeit von einem erheblichen Gewicht annehmen sollte, sei diese jedenfalls durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe klargestellt, dass Hinterbliebenenrenten Leistungen mit Unterhaltsersatzfunktion seien, die an die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Ehegatten anknüpften. Damit sei es dann auch unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit sachlich vertretbar, dass der Gesetzgeber in pauschalierter Form an die Unterhaltsbedürftigkeit anknüpfe, um die Höhe der sozialversicherungsrechtlichen Leistung zu bemessen. Auch habe der Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 39, 169 ff) aufgegebene Neuordnung des Hinterbliebenenrechts kostenneutral gestalten wollen. Diese sei aber bei einer generellen Zuerkennung ungekürzter Hinterbliebenenrenten nicht zu erreichen gewesen. Auch ein Verstoß gegen Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) sei hierin nicht zu erblicken, da das Interesse des Gesetzgebers an einer finanzierbaren Neuregelung des Hinterbliebenenrechts das Interesse des einzelnen an einer ungekürzten Hinterbliebenenrente übersteige. Darüber hinaus steht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Februar 1998, Az. 1 BvR 1386/86, in juris, fest, dass die vorwiegend fürsorgerisch motivierte Hinterbliebenenversorgung bereits nicht unter den Schutzbereich des Art. 14 Grundgesetz fällt, da sie nicht auf einer dem Hinterbliebenen zurechenbaren Eigenleistung beruht und diesem nicht als eigene Rechtsposition zugeordnet ist. Der Senat sieht nach alledem keinen Anlass, an der Verfassungsmäßigkeit der nunmehr in § 97 SGB VI enthaltenen Anrechnungsregelung zu zweifeln.
Auch die vom Kläger begehrte Berücksichtigung von zusätzlichen Versicherungszeiten aufgrund der Pflege der Tochter durch die Versicherte kommt nicht in Betracht, da erst ab 1. Januar 1992 zurückgelegte Zeiten der nichterwerbstätigen Pflege rentenrechtlich von Bedeutung sind, die Pflege der Tochter durch die Versicherte aber mit dem Tod der Tochter im März 1990 endete.
Die Berücksichtigung der nicht erwerbsmäßigen Pflege im Rentenrecht wurde erst durch das Rentenreformgesetz 1992 erstmalig eingeführt. Dies erfolgte zunächst durch die Anerkennung entsprechender Tätigkeiten im Rahmen von Berücksichtigungszeiten mit dem Ziel, dass sich Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege etwa als Verlängerungstatbestände zur Erhaltung der Anwartschaft bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder als Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des § 241 Abs. 2 SGB VI für die betroffenen Versicherten günstig auswirken. Berücksichtigungszeiten sind dementsprechend gemäß § 249 b SGB VI auf Antrag auch Zeiten der nichterwerbstätigen Pflege eines Pflegebedürftigen in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1995, solange 1. die Pflegeperson wegen der Pflege berechtigt war, Beiträge zu zahlen oder die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zu beantragen, und 2. nicht zu den in § 56 Abs. 4 genannten Personen gehört, die von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen sind.
Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung lässt sich unzweifelhaft entnehmen, dass nur für Pflegezeiten vom 1. Januar 1992 bis 31. März 1995 eine Anerkennung als Berücksichtigungszeit in Betracht kommt. Darüber hinaus ergibt sich dies auch daraus, dass nach dem früheren § 177 SGB VI (jetzt § 279 e SGB VI) vor diesem Zeitpunkt keine Berechtigung bestand, wegen der Pflege Beiträge zu zahlen oder die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zu beantragen.
Die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten scheidet damit aus.
Für den fraglichen Zeitraum sind jedoch auch keine Beitragszeiten anzuerkennen. Beitragszeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Als Beitragszeiten gelten auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder Zeiten der Pflege eines pflegebedürftigen Kindes für mehrere Kinder vorliegen (§ 55 Abs. 1 S. 3 SGB VI).
Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 1. April 1995 durch das Pflegeversicherungsgesetz eine Versicherungspflicht von nichterwerbstätigen Pflegepersonen eingeführt. So sind ab diesem Zeitpunkt gemäß § 3 S. 1 Nr. 1 a SGB VI Personen versicherungspflichtig in der Zeit, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Die Beitragshöhe bestimmt sich gemäß § 166 Abs. 2 SGB VI in Abhängigkeit vom Grad der Pflegebedürftigkeit und dem zeitlichen Umfang der Pflege. Versicherungspflicht und die Abführung von Beiträgen betreffen bedingt durch das Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes zum 1. April 1995 auch nur Zeiten ab 1. April 1995. Ab diesem Zeitpunkt sind - sofern auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen - Beiträge in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe von der Pflegekasse, bei in der sozialen Pflegeversicherung versicherungsfreien Pflegebedürftigen von dem privaten Versicherungsunternehmen bzw. bei Empfängern von Heilfürsorgeleistungen oder Beihilfe in der Regel von der Festsetzungsstelle für die Beihilfe abzuführen (vgl. § 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI) und dementsprechend Beitragszeiten bei der Pflegeperson vorzumerken.
Vor dem 1. April 1995 bestand jedoch keine Versicherungspflicht. Dementsprechend wurden auch keine Beiträge abgeführt. Die Anerkennung von Beitragszeiten im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI scheidet damit ebenfalls aus. Für den streitigen Zeitraum gelten auch keine Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Eine derartige besondere Vorschrift gibt es nicht. Schließlich scheidet auch § 55 Abs. 1 S. 3 SGB VI als Anspruchsgrundlage aus. Diese Bestimmung nimmt Bezug auf § 70 Abs. 3a SGB VI. Sind mindestens 45 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden, werden danach für nach dem Jahr 1991 liegende Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung oder mit Zeiten der nicht erwerbsmäßigem Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt. Zusätzliche Entgeltpunkte sind hier jedoch nicht zu ermitteln, da die Zeiten der Pflege nicht nach dem Jahr 1991 liegen.
Die Anerkennung anderer rentenrechtlich bedeutsamer Zeiten kommt ersichtlich nicht in Betracht.
Es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass vor dem 1. Januar 1992 liegende Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege unberücksichtigt bleiben. Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, besteht angesichts des weiten Spielraums des Gesetzgebers bei der Einführung neuer sozialer Regelungen keine Verpflichtung für diesen, überall strikte Gleichförmigkeit zu schaffen und entsprechende Regelungen auch für vergangene Zeiträume einzuführen. Eine solche Verpflichtung würde angesichts der dann entstehenden finanziellen Folgelasten dazu führen, dass Leistungsausweitungen von vornherein unterbleiben würden (BVerfGE 40,121,140). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist dann besonders weit, wenn es sich um Leistungen aus sozialpolitischen Motiven handelt, denen keine Versicherungsbeiträge gegenüberstehen und mit denen erstmals ein sozialpolitisch als regelungsbedürftig erkannter Zustand normiert wird. Es steht dem Gesetzgeber hierbei frei zu bestimmen, ob, ab wann, in welcher Höhe und gegenüber welchem Personenkreis er mit den beabsichtigten Verbesserungen beginnen will (z.B. BVerfGE 17, 1,23; 49, 280, 283). Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt, sachlich vertretbar ist (BVerfG 75, 78, 106; 58, 81, 126; 80, 297, 311; 44 1, 21).
Der Gesetzgeber hat eine schrittweise Verbesserung der rentenrechtlichen Absicherung der nicht erwerbsmäßig tätig werdenden Pflegepersonen durchgeführt. Zunächst hat er sich durch die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten für Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege im wesentlichen darauf beschränkt, rentenrechtliche Nachteile zu minimieren, die durch den Verzicht auf die Zurücklegung von Beitragszeiten durch die Pflege einer pflegedürftigen Person entstehen können. Um die Situation der Pflegenden noch weiter zu verbessern, hat er dann mit der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes unter bestimmten Voraussetzungen die Versicherungspflicht von Pflegepersonen mit der Zahlung von Pflichtbeiträgen eingeführt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber erst ab der Einführung der Verpflichtung, Beiträge aufgrund einer Pflegetätigkeit abzuführen, dementsprechend auch Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf der Pflegeperson anerkennt. Die Einführung einer bis in das Jahr 1990 oder noch früher zurückwirkenden Beitragspflicht oder die Anerkennung rentenrechtlicher Vorteile auch ohne Zahlung von Beiträgen ist verfassungsrechtlich keinesfalls geboten. Eine derartige Verpflichtung des Gesetzgebers hätte angesichts der damit verbundenen finanziellen Konsequenzen das gesamte Reformprojekt gefährden können. Das beitragsfinanzierte System der Rentenversicherung wäre gerade angesichts der tatsächlichen Dimension der Pflege durch nicht erwerbsmäßige Pflegepersonen überfordert, wenn es in erheblichem Umfang rentenrechtliche Leistungsverbesserungen für Pflegepersonen finanzieren müsste, ohne dass diesen Verbesserungen ein entsprechendes Beitragsaufkommen gegenübersteht.
Das Bundesverfassungsgericht hat es in seinem Nichtannahmebeschluss vom 22. Dezember 1992 (1 BVR 1359/91) in Folge des Urteils des BSG vom 27.6.1991, Az. 4 RA 48/90, dementsprechend auch für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, dass vor dem 1. Januar 1992 Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege rentenrechtlich keine Berücksichtigung gefunden haben und eine Änderung dieses Rechtszustands erstmals mit der Regelung des § 57 Abs. 2 SGB VI (= jetzt § 249 b SGB VI) durch die Einführung von Berücksichtigungszeiten mit Wirkung vom 1. Januar 1992 eingetreten ist. Für die Einführung der Beitragspflicht ab 1. April 1995 kann nichts anderes gelten.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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