L 2 AL 59/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 AL 158/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 59/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Abweisung ihrer Klage gegen eine Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).

Die am ... 1983 geborene Klägerin nahm am 1. August 2000 eine Ausbildung zur Industriekauffrau auf, die sie am 17. August 2001 abbrach. Die Beklagte hob die hierfür erteilte Bewilligung von BAB ab dem 18. August 2001 auf.

Am 30. Juni 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut BAB für eine am 1. September 2003 beginnende und voraussichtlich am 17. August 2006 endende Ausbildung zur Friseurin und legte den Ausbildungsvertrag vor. Die monatliche Ausbildungsvergütung im ersten Jahr betrug 155 Euro und stieg im zweiten Jahr auf 180 Euro und sodann auf 205 Euro. Zur Wohnung gab die mit einem Lebensgefährten und dem gemeinsamen Kind G.-S. (geboren am 2002) zusammenlebende Klägerin monatliche Kosten von insgesamt 371,30 Euro an. Die Klägerin machte Kinderbetreuungskosten von monatlich 180 Euro wegen der Unterbringung des Kindes in einer Kindertagesstätte geltend. Zum Einkommen ihrer zusammenlebenden Eltern reichte die Klägerin den gemeinsamen Einkommensteuerbescheid der Eltern für das Jahr 2001 ein. Im September 2003 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass ihr arbeitsloser Vater ab dem Februar 2003 keine Arbeitslosenhilfe erhalte und ihre Mutter ab dem 1. November 2003 ebenfalls arbeitslos werde.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin BAB ab dem 1. September 2003 bis zum 28. Februar 2005 in Höhe von monatlich 173 Euro. Hierbei berücksichtigte sie bereits die geringeren Einkünfte des Vaters der Klägerin im Jahr 2003. In der zum Bestandteil erklärten Anlage des Bescheides führte die Beklagte aus, der Bescheid sei vorläufig ergangen: Eine endgültige Berechnung sei derzeit nicht möglich, weil der Einkommensteuerbescheid des Vaters der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2005 jeweils nicht vorliege. Wenn die Klägerin diese Einkommensteuerbescheide unverzüglich nach Erhalt vorlege, werde über den Anspruch abschließend entschieden. Die vorläufige BAB sei auf die endgültige BAB anzurechnen und Überzahlungen seien zu erstatten. Dem Bescheid fügte die Beklagte einen "Aktualisierungsantrag" für das Einkommen der Mutter der Klägerin bei: Sollte sich deren Einkommen ändern, bitte sie um Nachweise über das bisher erzielte Einkommen ab dem 1. Januar 2003 sowie um den Bewilligungsbescheid über die Höhe des Arbeitslosengeldes. Sollte der Vater der Klägerin dadurch wieder einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben, bitte sie, diesen Bescheid ebenfalls vorzulegen. Die Beklagte wies darauf hin, dass die Aufwendungen für die Kinderbetreuung sowie die Fahrtkosten der Klägerin nicht berücksichtigt seien, weil die Klägerin keine Nachweise vorgelegt habe.

Am 9. Oktober 2003 reichte die Klägerin einen Nachweis über die Zahlung von 210 Euro monatlich für den Kindergarten ein.

Mit Bescheid vom 25. November 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin BAB ab dem 1. September 2003 bis 28. Februar 2005 in Höhe von monatlich 303 Euro, da sie nunmehr die Aufwendungen für die Kinderbetreuung in Höhe von monatlich 130 Euro berücksichtigte. In der Begründung des Bescheides stellte die Beklagte die Vorläufigkeit des Bescheides fest und gab erneut Hinweise auf die mögliche Aktualisierung des Einkommens der Mutter der Klägerin. Fahrtkosten setzte die Beklagte mangels Nachweisen nicht ab.

Am 24. März 2004 ging bei der Beklagten ein Antrag der Klägerin auf Berechnung der BAB nach dem aktuellen Einkommen der Eltern (Aktualisierung) zusammen mit einem Einkommensnachweis der Mutter für Arbeitslosengeld seit dem 1. November 2003 ein. Auf diesen Antrag bat die Beklagte die Klägerin auch um Aktualisierung der Einkommensangaben des Vaters. Dem kam die Klägerin zunächst nicht nach.

Mit Schreiben vom 4. Januar 2007 bat die Beklagte die Klägerin um die Vorlage der Einkommensnachweise des Vaters für die Jahre 2004 und 2005. Die Klägerin reichte sodann die gemeinsamen Einkommensteuerbescheide der Eltern für das Jahr 2004 und das Jahr 2005 ein. Auf Aufforderung der Beklagten legte die Klägerin am 24. Januar 2008 noch den gemeinsamen Einkommensteuerbescheid des Jahres 2006 vor.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf BAB ab, da sie unter Berücksichtigung ihres Ausbildungsentgelts und des anzurechnenden Einkommens der Eltern im Zeitraum vom 1. September 2003 bis 28. Februar 2005 keinen Leistungsanspruch habe.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2008 forderte die Beklagte von der Klägerin die Erstattung der im Zeitraum vom 1. September 2003 bis 28. Februar 2005 gezahlten BAB in Höhe von 5.454,00 Euro: Die Klägerin habe im genannten Zeitraum vorläufig BAB in Höhe von monatlich 303 Euro erhalten. Bei der endgültigen Entscheidung sei festgestellt worden, dass kein Anspruch bestehe. Auf den ablehnenden Bescheid werde Bezug genommen.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2008 zurück.

Am 12. August 2008 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Dessau (SG) Klage erhoben, die das SG mit Urteil vom 9. Juni 2010 abgewiesen hat: Die Beklagte habe die gezahlte BAB für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis 28. Februar 2005 in Höhe von 5.454,00 Euro zurückfordern können, weil sie der Klägerin hierüber nur eine vorläufige Bewilligung erteilt habe. Aus den später mit den Einkommensteuerbescheiden vorgelegten Einkommensnachweisen ergebe sich unter Berücksichtigung des Bedarfs der Klägerin und dem Anrechnungsbetrag, dass die Klägerin keinen Anspruch gehabt habe. Verjährung sei nicht eingetreten.

Am 9. Juli 2010 hat die Klägerin gegen das ihr am 16. Juni 2010 zugestellte Urteil Berufung mit dem Ziel der Aufhebung des Urteils und des Bescheides vom 26. Juni 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides erhoben. Die Klägerin meint, die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 25. November 2003 die Vorläufigkeit der Bewilligung nicht wirksam geregelt, weil der Verweis auf entsprechende Anlagen nicht ausreiche. Es widerspreche dem Bestimmtheitsgebot, wenn der Empfänger des Bescheides den Verfügungssatz erst aus den Anlagen herauszufinden habe. Der Hinweis auf die Vorläufigkeit sei nicht drucktechnisch hervorgehoben gewesen. In der Begründung zur Vorläufigkeit werde lediglich auf das Einkommen ihres Vaters aus den Jahren 2004 und 2005 abgestellt. Daher habe sich die Vorläufigkeit nicht auf das Einkommen ihrer Mutter bezogen. Die Beklagte habe einen Vertrauenstatbestand geschaffen, weil sie im Rahmen der Bearbeitung eines Folgeantrages nicht darauf hingewiesen habe, dass in der Vergangenheit kein Anspruch bestanden habe. Die Jahresfrist für die Aufhebung der Bewilligung sei verstrichen. Die Beklagte habe das Einkommen des Vaters falsch angerechnet, weil sie die anteilige Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag nicht berücksichtigt habe. Nicht nachvollziehbar sei, warum ein Betrag von 852,80 Euro auf das Einkommen des Vaters anzurechnen sei. Weiter seien die Einkommensfreibeträge der Eltern und deren Werbungskosten (Kaufpreis eines PKW, Fahrtkosten und Versicherungsbeiträge) zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. Juni 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, die Berufung sei nicht begründet und verweist auf die nach ihrer Ansicht zutreffenden Ausführungen des SG.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG ist nach § 143 SGG statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, weil sie sich gegen ein Urteil des SG richtet, das sie in Höhe von 5.454,00 Euro beschwert.

Gegenstand der Berufung ist das Urteil des SG, mit dem es die Anfechtungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) gegen den Verwaltungsakt der Beklagten vom 26. Juni 2008 über die Erstattung der BAB in Höhe von 5.454,00 Euro in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2008 abgewiesen hat.

Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat den angefochtenen Verwaltungsakt der Beklagten vom 26. Juni 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2008 zu Recht nicht beanstandet. Die darin enthaltene Erstattungsforderung ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte muss von der Klägerin die Erstattung der vorläufig gewährten BAB in vollem Umfang verlangen.

Die Erstattungsforderung der Beklagten lässt sich auf die endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs auf BAB gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) stützen.

Für die Bewilligung von BAB als einer Geldleistung nach dem SGB III gilt die Vorschrift des § 328 Abs. 1 SGB III (in der Fassung durch Gesetz vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594). Nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben.

Gemäß § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III sind auf Grund einer vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird.

Die Beklagte hat abschließend durch den Verwaltungsakt vom 26. Juni 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2008 entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf BAB im Zeitraum vom 1. September 2003 bis 28. Februar 2005 zustand.

Die Beklagte war zur endgültigen Festsetzung des Anspruchs berechtigt, weil sie zuvor nur eine vorläufige Regelung im Sinne des § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III getroffen hatte. In den Verwaltungsakten vom 1. Oktober 2003 und 25. November 2003 wird unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass und aus welchem Grund BAB im Zeitraum vom 1. September 2003 bis 28. Februar 2005 stets nur vorläufig bewilligt werde. Die Beklagte wollte erkennbar an die Bewilligung nur solange gebunden sein, wie die Angaben zum Einkommen der Mutter und des Vaters der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2005 nicht vorliegen. Die Verwaltungsakte sind nicht deshalb endgültig ergangen, weil sich die Vorläufigkeit erst aus einer Anlage ergibt. Die aus mehreren Blättern bestehenden Schreiben zur Bewilligung bilden eine Einheit, wenn bereits auf dem ersten Blatt die weiteren Anlagen zum Bestandteil der Bewilligung erklärt und zusätzlich sogar nochmals aufgezählt werden. Ein besonderer drucktechnisch hervorgehobener Hinweis auf die Vorläufigkeit ist für deren Wirksamkeit nicht erforderlich. Es genügt, wenn sich die Vorläufigkeit wie hier aus dem Text der Bewilligung ersehen lässt. Die Vorläufigkeit erfasste den gesamten Verfügungssatz, d.h. die gesamte Leistung, und erfolgte in Bezug auf die Berücksichtigung der Einkünfte der Eltern. Die Beklagte hat auch wegen der drohenden Arbeitslosigkeit der Mutter und damit wegen den sich im Jahr 2003 ändernden Einkünfte beider Eltern nur eine vorläufige Regelung getroffen. Der Hinweis in der Begründung zielt bei sachgerechtem Verständnis der Vorläufigkeitserklärung nicht allein auf die Einkünfte des Vaters. Denn zum einen haben die Eltern der Klägerin, was die Klägerin aufgrund des zuvor eingereichten Einkommensteuerbescheides auch wusste, gemeinsame Einkommensteuerbescheide erhalten. Die Klägerin konnte daher gar keinen nur an den Vater gerichteten Einkommensteuerbescheid einreichen. Zum anderen konnte die Bewilligung im Jahr 2003 das Einkommen der Mutter der Klägerin in den Folgejahren ebenfalls nur prognostizieren, so dass eine endgültige Bewilligung mit einem feststehenden Einkommen der Mutter schlicht unmöglich war. Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Klägerin bereits mit dem ersten vorläufigen Bescheid vom 1. Oktober 2003 einen Aktualisierungsantrag zum Einkommen der Mutter erhalten hat, mit dem sie Änderungen wegen der sich wechselseitig beeinflussenden Einnahmen (Arbeitslosenhilfe für den Vater) erklären sollte.

Hinsichtlich der weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen einer endgültigen Entscheidung nach einer wirksamen vorläufigen Bewilligung hat die Beklagte kein Ermessen auszuüben und die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Es ist auch nicht mehr zu prüfen, ob die Beklagte ursprünglich zu Recht nur eine vorläufige Bewilligung erteilt hatte (vgl. BSG v. 15.08.2002 - B 7 AL 24/01 R - SozR 3-4100 § 147 Nr. 1 – Juris Rn. 18). Der Senat schließt sich dem an.

Ergehen Verwaltungsakte vorläufig, muss wegen der endgültigen Regelung keine Aufhebung der vorläufigen Bewilligung stattfinden. Die für die verwaltungsförmliche Aufhebung und Erstattung geltenden Regelungen der §§ 45 ff. des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X), treten als allgemeine Regelungen für endgültige Verwaltungsakte gegenüber der besonderen Regelung in § 328 SGB III für vorläufige Verwaltungsakte zurück. Vorläufige Verwaltungsakte binden die Beklagte nur so lange, wie keine endgültige Entscheidung ergeht. Die Beklagte kann ihre Neuberechnung unter Einbezug der vorläufigen Zahlungen auf § 328 Abs. 3 Satz 1 SGB III stützen, wonach auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen sind. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, bestimmt § 328 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997, BGBl. I S. 2970), dass auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten sind.

Soweit die Pflicht zur Erstattung bereits aus § 328 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz SGB III begründet ist, ist nicht mehr entscheidend, dass sich die Erstattungsforderung der Beklagten zusätzlich auf § 71 Abs. 2 SGB III i.V.m. der §§ 24 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) stützen lässt. Die genannten Regelungen verdrängen die allgemeine Regelung des § 328 SGB III nicht. Gemäß § 71 Abs. 2 SGB III sind für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen grundsätzlich die Vorschriften des BAföG maßgeblich (§ 11 Abs. 4 BAföG sowie die Vorschriften des Vierten Abschnittes des BAföG). In § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG – als eine der Vorschriften des Vierten Abschnitts in der Fassung des Gesetzes vom 22. Mai 1990, BGBl. I S. 936 – ist bestimmt, dass auf besonderen Antrag des Auszubildenden bei der Anrechnung von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen ist, wenn das Einkommen im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlich niedriger als in dem nach § 24 Abs. 1 BAföG maßgeblichen Zeitraum (Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums). Ausbildungsförderung wird dann nach § 24 Abs. 3 Satz 4 BAföG unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet. Sobald sich das Einkommen in dem Bewilligungszeitraum endgültig feststellen lässt, wird über den Antrag abschließend entschieden (§ 24 Abs. 3 Satz 5 BAföG). Für diesen Fall bestimmt § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG, dass insoweit der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zu erstatten ist.

Die Bestimmung der Rückforderungssumme durch die Beklagte verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zutreffend errechnet, dass die Klägerin keinen Leistungsanspruch auf BAB hatte und hat den Umfang der zu erstattenden Leistungen korrekt bestimmt.

Der Anspruch der Klägerin auf BAB dem Grunde nach richtet sich nach §§ 59 ff. SGB III. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin grundsätzlich keinen Anspruch auf BAB hätte.

Die Höhe der BAB richtet sich nach dem Bedarf (§§ 65 ff. SGB III) und dem anzurechnenden Einkommen (§ 71 SGB III).

Der Bedarf der Klägerin beträgt gemäß § 65 Abs. 1 SGB III i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 BAföG monatlich 310 Euro. Hinzu kommt ein Betrag für Unterkunftskosten), der die Höchstbeträge gemäß § 13 Abs. 3 BAföG nicht übersteigen kann. Vorliegend bewohnt die Klägerin die Wohnung zusammen mit ihrem Lebensgefährten, der auch Mietvertragspartei ist, und dem gemeinsamen Kind. Die Kosten der Unterkunft dürften der Klägerin nur zu einem Drittel (Kopfteilprinzip) zuzurechnen sein. Wenn man der Klägerin – wie die Beklagte vorgeht – nur die Hälfte der Kosten zurechnet, ergibt sich eine Bedarfserhöhung von 185,65 Euro monatlich (Miete einschließlich Nebenkosten von 371,30 Euro monatlich/2). Diese Problematik wirkt sich hingegen nicht aus.

Bedarfserhöhende Fahrtkosten für Fahrten zwischen der Unterkunft, Ausbildungsstätte und Berufsschule (Pendelfahrten) im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 1 SGB III hat die Klägerin nie geltend gemacht.

Die Kosten für Arbeitsmittel sind gemäß § 66 Abs. 3 S. 1 und 3 SGB III in Höhe von 11 Euro monatlich und die Kosten für die Kinderbetreuung sind in Höhe von maximal 130 Euro monatlich bedarfserhöhend zu berücksichtigen.

Daraus folgt ein Gesamtbedarf (nach der günstigeren Berechnung der Beklagten zum Unterkunftsbedarf) von monatlich 636,65 Euro.

Nach § 71 Abs. 1 SGB III sind auf den Gesamtbedarf das Einkommen des Auszubildenden, seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten, des Lebenspartners und seiner Eltern in dieser Reihenfolge anzurechnen.

Beim BAB gelten für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen gelten § 11 Abs 4 sowie die Vorschriften des Vierten Abschnitts des BAföG mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend (§ 71 Abs 2 Satz 1 SGB III). Abweichend (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 2 SGB III in der bis zum 30. Dezember 2005 geltenden Fassung) von

§ 22 Abs. 1 BAföG ist das Einkommen des Auszubildenden maßgebend, das zum Zeitpunkt der Antragstellung absehbar ist, Änderungen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung sind jedoch zu berücksichtigen;

§ 23 Abs. 3 des BAföG bleiben 52 Euro der Ausbildungsvergütung und abweichend von § 25 Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zusätzlich 510 Euro anrechnungsfrei, wenn die Vermittlung einer geeigneten beruflichen Ausbildungsstelle nur bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils möglich ist;

§ 23 Abs. 4 Nr. 2 des BAföG werden Leistungen Dritter, die zur Aufstockung der Berufsausbildungsbeihilfe erbracht werden, nicht angerechnet.

Gemäß § 21 Abs. 1 BAföG gilt – vorbehaltlich der weiteren Regelungen des § 21 Abs. 1 Satz 3 und 4, Abs. 2a, 3 und 4 BAföG – als Einkommen die Summe der positiven Einkünfte, im Sinne von § 2 Abs. 1 u. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das gemäß § 71 Abs. 1 SGB III vorrangig anzurechnende eigene Einkommen der Klägerin beträgt aus den Einkünften für den gesamten Bewilligungszeitraum (12 x 155 Euro + 6 x 180 Euro / 18) durchschnittlich 163,33 Euro monatlich (vgl. zu diesem nach § 22 Abs. 2 BAföG angezeigten Vorgehen: BSG v. 08.07.2009 - B 11 AL 20/08 R - SozR 4-4300 § 71 Nr. 5 – Juris Rn. 20).

Es verbleibt ein Restbedarf von monatlich 473,32 Euro.

Die Klägerin war nicht verheiratet, so dass nach § 71 Abs. 1 SGB III nur noch das Einkommen der Eltern zu berücksichtigen ist. Im Streitfall sind die ab dem Ausbildungsjahr erzielten Einkünfte der Eltern maßgebend. Für die Ermittlung der Einkommensverhältnisse der Eltern sind nach § 24 Abs. 1 BAföG grundsätzlich die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraumes maßgebend, d.h. eigentlich die Verhältnisse im Jahr 2001. Die ab dem Jahr 2003 erzielten Einkünfte der Eltern sind hier maßgebend, weil die Klägerin sinngemäß eine Aktualisierung der Einkommensberechnung begehrt. Auf Antrag des Auszubildenden sind gemäß § 24 Abs. 3 BAföG die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum, d.h. ab dem Jahr 2003 heranzuziehen, wenn das Einkommen im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlich niedriger als in dem oben genannten Zeitraum liegt. Die Klägerin hat die Verschlechterung der Einkünfte der Eltern im September 2003 dargestellt, wenn sie angibt, dass ihr Vater ab dem Februar 2003 keine Arbeitslosenhilfe erhalte und ihre Mutter ab dem 1. November 2003 ebenfalls arbeitslos werde. Darin ist dann auch ein Antrag auf Umstellung der Berechnung nach den aktuellen Einkommensverhältnissen zu sehen.

Der jährliche "Gesamtbetrag der Einkünfte" des Vaters der Klägerin im Jahr 2003 betrug laut dem Steuerbescheid für das Jahr 2003 10.717 Euro.

Hierbei sind bereits sämtliche Werbungskosten, insbesondere die geltend gemachten Fahrtkosten, abgezogen. Dies übersieht die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung, wenn sie erneut die Absetzung von Fahrtkosten als Werbungskosten begehrt. Die von der Klägerin als unerklärt dargestellte Zurechnung eines Betrages von 852,80 Euro folgt aus den Erklärungen des Vaters, die er bei der Antragstellung zu seinem Einkommen abgab: Es handelt sich um zu berücksichtigende Entgeltersatzleistungen (§ 1 Nr. 1 lit. a der Verordnung zur Bezeichnung der als Einkommen geltenden sonstigen Einnahmen nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG-EinkommensV) i.V.m. § 116 Nr. 1 SGB III) in Höhe des vom Vater bezogenen Arbeitslosengeldes vom 1. Januar 2003 bis 9. Februar 2003.

Abzüglich der "Sozialpauschale" von 21,5 Prozent der Einkünfte (2.304,16 Euro) und einer Zurechnung in Höhe von 852,80 Euro hat die Beklagte daher richtig ein jährlich anrechenbares Gesamteinkommen von 9.265,64 Euro angenommen. Von dieser Summe ist allerdings noch der auf den Vater entfallende Anteil der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlages abzuziehen (2.218,06 Euro). Sodann ist das noch zu berücksichtigende Jahresamteinkommen von 7.047,58 Euro auf vier Monate (/12 x 4) zu verteilen, so dass im Bewilligungszeitraum gerundet 2.349,19 Euro zu berücksichtigen sind.

Für die Mutter der Klägerin ergibt sich nach dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 ein Bruttoarbeitslohn von 57.280 Euro und abzüglich des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 1.044 Euro ein Gesamtbetrag der Einkünfte von 56.236 Euro. Abzüglich der "Sozialpauschale" von 21,5 Prozent der Einkünfte, höchstens aber 10.400 Euro, errechnet sich ein zu berücksichtigendes jährliches Einkommen von 45.836 Euro. Hinzuzurechnen ist noch das Arbeitslosengeld, das der Mutter der Klägerin ab dem 1. November 2003 in Höhe von insgesamt 2.318,61 Euro zugeflossen ist (täglich 38,01 Euro x 61 Tage). Zusätzlich zu diesen Einnahmen ist ein der Mutter zugeflossener, aber der Besteuerung nach dem EStG nicht zugrundegelegter Betrag von 8.181 Euro wegen einer Abfindung wegen des Verlusts des Arbeitsplatzes gemäß § 2 Nr. 5 BAföG-EinkommensV als Einkommen zu berücksichtigen. Hiervon ist noch der auf die Mutter der Klägerin entfallende Anteil der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlages in Höhe von 11.638,97 Euro abzuziehen, so dass sich ein Gesamtjahreseinkommen von 44.696,64 Euro und auf vier Monate verteilt ein noch für den Bewilligungszeitraum maßgebliches Einkommen von 14.898,88 Euro errechnet.

Weitere Abzüge für Versicherungen waren nicht vorzunehmen. Mit der sogenannten Sozialpauschale nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 BAföG sind sowohl die nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BAföG abzugsfähigen Sozialversicherungsbeiträge als auch die angemessenen freiwilligen Versicherungen für private Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung abgegolten. Die sonstigen von der Klägerin als Abzugsbeträge geltend gemachten Versicherungen der Kfz sind nicht als Versicherungsbeiträge gemäß § 21 BAföG absetzbar. Haftpflichtversicherungsbeiträge sind bereits über die Einkommensteuerberechnung berücksichtigt. Zuzahlungen für Brillen sind keine Werbungskosten, sondern höchstens außergewöhnliche Belastungen und haben mit 329,74 Euro keine Relevanz. Die monatlichen Kreditraten für die Anschaffung eines Pkw von 166 Euro können aufgrund der pauschaliert abgeltenden steuerrechtlichen Regelungen für die Fahrtkosten nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden bzw. sind nicht gemäß § 21 BAföG absetzbar.

Im Jahr 2004 erzielte der Vater der Klägerin einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 6.513 Euro, der abzüglich einer Sozialpauschale von 1.400,30 Euro und der Einkommensteuer von 63 Euro und zuzüglich Entgeltersatzleistungen von 5.569 Euro (insgesamt 10.618,70 Euro) zu berücksichtigen ist.

Die Mutter der Klägerin erhielt in Jahr 2004 insgesamt 12.801 Euro Entgeltersatzleistungen.

Im Jahr 2005 erzielte der Vater der Klägerin einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 11.271 Euro, der abzüglich der Sozialpauschale von 2.423,27 Euro mit noch 8.847,73 Euro zu berücksichtigen i

st. Hiervon sind anteilig zwei Monate, d.h. eine Summe von 1.474,62 Euro relevant.

Die Mutter der Klägerin erzielte im Jahr 2005 einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 6.441 Euro, der abzüglich der Sozialpauschale von 1.384,82 Euro in Höhe von 5.056,18 Euro zu berücksichtigen ist. Hiervon sind für zwei Monate 842,70 Euro zuzurechnen.

Im gesamten Bewilligungszeitraum sind aus dem Einkommen des Vaters somit 2.349,19 Euro + 10.618,70 Euro + 1.474,62 Euro, d.h. insgesamt 14.442,51 Euro zu berücksichtigen. Verteilt auf den 18monatigen Bewilligungszeitraum errechnet sich ein monatliches Einkommen von 802,36 Euro.

Aus dem Einkommen der Mutter sind der Klägerin 14.898,88 Euro + 12.801 Euro + 842,70 Euro (insgesamt 28.542,58 Euro) zuzurechnen. Verteilt auf den 18monatigen Bewilligungszeitraum errechnet sich ein monatliches Einkommen von 1.585,69 Euro.

Danach ergibt sich für die Eltern der Klägerin insgesamt ein monatlich zu berücksichtigendes Einkommen von 2.388,05 Euro. Hiervon ist nach § 25 Abs. 1 BAföG ein monatlicher Freibetrag von 1.440,00 Euro in Abzug zu bringen. Von dem verbleibenden monatlichen Einkommen in Höhe von 948,06 Euro bleibt nach § 25 Abs. 4 BAföG die Hälfe anrechnungsfrei, so dass sich ein anrechenbares monatliches Einkommen in Höhe von 474,03 Euro errechnet.

Die Berechnung der Erstattung der Beklagten in Höhe von 5.454,00 Euro ist ebenfalls nicht zu beanstanden, weil die Klägerin bei einem Restbedarf von 473,32 Euro keinen Anspruch hat und die Rückforderung mithin die gesamten vorläufig gezahlten Leistungen (18 x 303 Euro) umfasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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