L 8 U 2047/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1360/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2047/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.04.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung der Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) hat.

Der 1962 geborene Kläger war ab 1979 bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt. Eigenen Angaben zufolge hatte er bei seiner Tätigkeit von 1979-1984 als Mechaniker Umgang mit Bohröl, Schmierstoffen und Farben, von 1984-1989 als Kundendiensttechniker für Kopiergeräte Umgang mit Selentrommeln, Toner und Isopropylalkohol und vom 19.09.1989 bis 1994 als Grafiker, Zeichner und Beschäftigter in einem Fotolabor Umgang mit Kleber, Kunststoffzeichenfolien Fotolabor-Chemikalien und zerstörten Neonröhren. Bis 1998 war der Kläger arbeitslos, danach arbeitsunfähig erkrankt.

Aufgrund einer im November 1999 eingegangenen Anzeige der Krankenversicherung des Klägers und nachfolgend der ärztlichen Anzeige einer Berufskrankheit unter der Diagnose einer Multiplen Chemikalien Sensitivität (MCS) von Dr. S. vom 03.03.2000 leitete die Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden Beklagte), ein Feststellungsverfahren ein. Der Beklagten war u.a. vorgelegt worden die Berichte des Nervenarztes Dr. B. vom 12.10.1998, vom 06.11.1998 und vom 27.10.1999, wonach im Vergleich zu den 1998 durchgeführten Tests beim Kläger eine deutliche kognitive Leistungsminderung nachweisbar sei. Außerdem gelangten zu den Akten das Fachärztliche Attest und Kurzgutachten von Allgemeinmediziner Dr. S. vom 10.04.1999 (extreme Hypoxie-Empfindlichkeit mit Folge einer chronisch-toxischen Enzephalopathie und Chemikalien-Intoleranz), der Befundbericht von HNO-Ärztin Dr. C. vom 20.03.1999 (Diagnose: multisensorische neurootologische Funktionsstörung, zentrale cerebello-ponto-bulbäre Gleichgewichtsfunktionsstörung, zentrale Reaktionshemmung des optokinetischen Systems, pontomedulläre Hörbahnstörung), des Radiologen Dr. H. vom 08.09.1999 (Ergebnis einer Positronenemissionstomographie -PET-: großflächige Minderung der Glukose-Utilisation) und die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom April 1998 (Diagnose: schwerer Erschöpfungszustand bei chronischer Belastung mit polychlorierten Biphenylen) und vom 04.11.1999 (Diagnose: Polyneuropathie, beginnende Myopathie, Ataxie, psychovegetativer Erschöpfungszustand, zunehmende chemische Überempfindlichkeit nach wahrscheinlich lebenslanger Belastung). Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) K. übersandte das Vorerkrankungsverzeichnis vom 13.06.2000 (u.a. mit Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 21.03. bis 31.03.1996 wegen "körperlicher Abgeschlagenheit" und vom 12.06. bis 20.06.1997 wegen "Erschöpfungssyndrom bei chronischer Schadstoffintoxikation durch PCB, Verdacht auf Quecksilberintoxikation"). Der Technische Aufsichtsbeamte Hetmank erstattete seine Berichte vom 26.07.2000 und 06.12.2000 auf der Grundlage der Angaben des vom Aufsichtsbeamten zuhause aufgesuchten Klägers und der Befragung des vom Kläger benannten Arbeitskollegen W , nachdem der letzte Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht habe besichtigt werden können, da er nicht mehr existiere. Danach sei der Kläger über seinen gesamten Beschäftigungszeitraum nur einer geringen bis sehr geringem Lösemittelbelastung unbekannter Art ausgesetzt gewesen, die mit Sicherheit jedoch nicht die maximale Arbeitsplatzkonzentration(MAK)-Werte überschritten habe.

Mit Bescheid vom 15.03.2001 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen wegen der MCS ab, die weder eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII noch eine nach § 9 Abs. 2 SGB VII (Wie-Berufskrankheit) sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2001 zurückgewiesen. Im danach angestrengten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen S 14 U 2910/01 wurde die Anerkennung der Berufskrankheiten Nrn. 1302, 1310 und 1317 begehrt. Das Gericht hatte die Akten des Rentenversicherungsträgers, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, beigezogen, die früheren Arbeitskollegen des Klägers schriftlich als Zeugen gehört (Aussage von H. W vom 31.08.2002, A. R vom 09.09.2002, E. K vom November 2002) und von Amts wegen das Gutachten von Prof. Dr. T. vom 04.06.2003 mit dem psychosomatischen-nervenärztlichen Zusatzgutachten von Prof. Dr. He. vom 22.04.2003 eingeholt. Prof. Dr. T. ging davon aus, dass die vom Zusatzgutachter diagnostizierte Somatisierungsstörung des Klägers nicht wahrscheinlich auf den vom Kläger geltend gemachten Einwirkungen am Arbeitsplatz beruhten. In dem auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten von Prof. Dr. K. vom 25.01.2005 bejahte der Sachverständige eine Berufskrankheit nach Nr. 1317 wegen einer seit 1998 bestehenden Enzephalopathie. Die Beklagte hatte den weiteren Bericht ihres technischen Aufsichtsbeamten Hetmank vom 06.04.2005 vorgelegt. Mit Urteil vom 21.12.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. In dem vom Kläger geführten Berufungsverfahren L 10 U 222/96 vor dem Landessozialgericht wurde nach richterlichem Hinweis, die Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1310 und 1317 seien nicht Gegenstand der angefochtenen Verwaltungsentscheidung gewesen, die Klage zurückgenommen.

Über den Antrag des Klägers vom 09.10.2009, die Berufskrankheiten Nrn. 1302, 1310 und 1317 festzustellen, entschied die Beklagte mit Bescheid vom 18.01.2010. Beim Kläger bestehe keine Berufskrankheit nach den Nrn. 1302/1310/1317 der Berufskrankheitenliste. Den hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2010 zurück.

Der Kläger erhob am 29.03.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe mit der Begründung, Prof. Dr. T. sei zu der falschen Annahme gekommen, eine Enzephalopathie liege bei ihm nicht vor. Unabhängig davon habe er übersehen, dass sogar eine Somatisierungsstörung ausreichen würde, um eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 oder 1310 annehmen zu können. Prof. Dr. T. habe außerdem die Listennummer 1310 (Dioxine und Furane) nicht geprüft und übersehen, dass polychlorierte Biphenyle (PCB) produktionsbedingt stets um 8 % bis 10 % mit diesen Stoffen verunreinigt seien.

Mit Urteil vom 14.04.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie sei beim Kläger nicht nachweisbar. Entgegen Prof. Dr. K. seien zu dieser Schlussfolgerung sowohl Prof. Dr. He. als Sachverständiger im vorangegangenen Klageverfahren als auch die im Rentenverfahren begutachtenden Nervenärzte Dr. F. (Gutachten vom 07.04.2000) und Dr. W. (Gutachten vom 21.06.1999) und der im Rechtsstreit um die Feststellung der Schwerbehinderung beauftragte Prof. Dr. Bu. (Gutachten vom 10.06.2002) gekommen. Weiterhin seien PCB-Belastungen für die Feststellung der Berufskrankheit Nr. 1302 nicht nachweisbar. Prof. Dr. T. habe in seinem Gutachten auch die Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 1310 verneint, weil eine Belastung mit den Listenstoffen nicht bestanden habe.

Gegen das dem Kläger am 21.04.2011 zugestellte Urteil hat er am 18.05.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, infolge erheblicher Mengen zerbrochener Leuchtstoffröhren sei er einer erheblichen Belastung mit PCB ausgesetzt gewesen. Die Einschätzung von Prof. Dr. T. , sein Arbeitsplatz, der sich unmittelbar neben den zerbrochenen Leuchtstoffröhren befunden habe, sei nicht mit Listenstoffen nach Nr. 1310 belastet gewesen, sei falsch.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.04.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2010 aufzuheben und bei ihm die Berufskrankheiten nach Nrn. 1302, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat sich im Berufungsverfahren nicht weiter geäußert.

Der Senat hat mit richterlicher Verfügung vom 11.08.2011 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG in Betracht komme, wonach die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen werden könne.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts einschließlich des Vorverfahrens S 14 U 2910/01 beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Akt im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

II. Die form und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und insgesamt zulässig.

Der Senat kann gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss über die Berufung des Klägers entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Kläger hat sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt; Gesichtspunkte, die dafür sprechen, dass eine mündliche Verhandlung erforderlich ist, sind auch sonst nicht ersichtlich.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2010, mit dem sie es abgelehnt hat, die Berufskrankheiten nach Nr. 1302, 1310 und 1317 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Gesundheitsstörung als Berufskrankheit.

Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang 1 zur BKV sind die vom Verordnungsgeber als Berufskrankheiten anerkannten Erkrankungen abschließend aufgelistet.

Die in der Anlage 1 zur BKV enthaltene Berufskrankheit Nr. 1302 lautet: Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe.

Die Berufskrankheit Nr. 1310 lautet: Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylaryloxide.

Die Berufskrankheit Nr. 1317 lautet: Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische.

In ständiger Rechtsprechung unterliegt die Feststellung einer Berufskrankheit spezifischen Voraussetzungen. Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.

Das Sozialgericht hat in Anwendung dieser Grundsätze in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargestellt, dass die begehrte Feststellung der geltend gemachten Berufskrankheiten nicht begründet ist. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist vom Senat noch darauf hinzuweisen, dass für die Berufskrankheiten Nr. 1302 und 1310 eine Einwirkungskausalität nicht hinreichend wahrscheinlich ist, da es bereits am Nachweis entsprechender Einwirkungen fehlt.

Die Einwirkung von PCB, ein vom Tatbestand der Berufskrankheit Nr. 1302 umfasster Halogenwasserstoff, ist nach den Erhebungen des Technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten, der ausweislich der aktenkundigen Berichte vom 26.02.2000, 06.12.2000 und 06.04.2005 den Kläger selbst, Arbeitskollegen, den früheren Betriebsinhaber und die Sicherheitsfachkraft des stillgelegten Betriebes befragt hatte, nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen gewesen. Der als Chemiker und Arzt besondere Fachkunde aufweisende Sachverständige Prof. Dr. T. konnte in Auswertung dieser Erkenntnisse ebenfalls keine hinreichende PCB-Belastung erkennen. Lediglich im Hinblick auf den vom Kläger angegebenen Stoff Trichlorethen wäre eine Exposition gegenüber Halogenkohlenwasserstoffe anzunehmen, die jedoch nach Prof. Dr. T. nicht relevant war. Dies stimmt auch mit dem von ihm diskutierten medizinischen Befund überein. Prof. Dr. T. wertete die von Prof. Dr. Hu. im Oktober 1996 erhobenen Laborwerte hinsichtlich des PCB-Gehalts im "Heparinblut" des Klägers aus, wobei er nachvollziehbar unter Berücksichtigung der Altersabhängigkeit der PCB-Belastung durch Nahrungsmittel und hieraus resultierender Referenzwerte den Laborwerten keine erhöhte PCB-Belastung hatte entnehmen können. Eine solche wäre aber auch mehrere Jahre nach Expositionsende noch zu erwarten gewesen, da nach Prof. Dr. T. die biologische Halbwertszeit für die im Falle des Klägers einschlägigen PCB-Kongeneren in der Größenordnung von einigen Jahren liege. Damit steht auch das Ergebnis seiner aktuellen Bestimmung der PCB-Werte im Serum im Einklang, die keine überhöhten Werte ergeben hatte. Außerdem liegt beim Kläger nicht das typische Krankheitsbild einer PCB-Intoxikation vor, das häufig auch mit dem Auftreten von Hautveränderungen verbunden ist.

Eine Belastung durch die Listenstoffe der Berufskrankheit Nr. 1310 schloss der Sachverständige Prof. Dr. T. anhand der von ihm erhobenen Arbeitsanamnese des Klägers sowie aufgrund der Ermittlungen der Beklagten aus, weil die aus der Anlage seines Gutachtens ersichtlichen, der Berufskrankheit unterfallenden Stoffgruppen keine Inhaltsstoffe der in Betracht kommenden, vom Kläger verwendeten Arbeitsmittel waren. Insoweit bestätigte der Sachverständige Prof. Dr. T. die Einschätzung des Technischen Aufsichtsbeamten. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, diese Einschätzung zu widerlegen. Entgegen der Behauptung des Klägers, sein Arbeitsplatz habe sich unmittelbar neben den zerbrochenen Leuchtstoffröhren befunden, die Listenstoffe der Berufskrankheit Nr. 1310 und Nr. 1302 (mit Dioxine und Furanen verunreinigte PCB) ausgedünstet hätten, sind nach den überzeugenden Feststellungen des Technischen Aufsichtsbeamten insoweit keine relevanten Belastungen aufgetreten (Bericht vom 06.04.2005). Defekte Leuchtstoffröhren oder Neonröhren wurden im Keller in einem Abfallbehälter gelagert. Die Verwendung von PCB ist seit 1972 und PCB in Kondensatoren seit 1983 verboten. Im übrigen sind Leuchtstoffröhren vom Betriebselektriker ausgetauscht und entsorgt worden. Auch die vom Sozialgericht im vorangegangenen Klageverfahren schriftlich befragte Zeugin R hatte angegeben, der Abfalleimer habe sich - vom Arbeitsplatz aus gesehen - einen Stock tiefer befunden. Damit kann auch dahinstehen, ob bei PCB die vom Kläger behaupteten Verunreinigungen mit Listenstoffen der Berufskrankheit Nr. 1010 auftreten können und PCB in den Leuchtstoffröhren überhaupt enthalten ist (Letzteres wird im Bericht des Technischen Aufsichtsbeamten vom 06.04.2005 verneint).

Hinsichtlich der Berufskrankheit Nr. 1317 ging der Sachverständige davon aus, dass der Kläger wahrscheinlich organischen Lösungsmitteln und Gemischen ausgesetzt war, deren chemische Zusammensetzung aber im Nachhinein im einzelnen nicht bekannt ist. Jedenfalls bei dem vom Kläger angegebenen Trichlorethen hat es sich auch um einen Listenstoffes der Berufskrankheit Nr. 1317 gehandelt. Ob insoweit eine relevante Exposition hinreichend nachgewiesen ist, mag dahinstehen. Jedenfalls ist eine Enzephalopathie oder eine Polyneuropathie als Erkrankung nicht nachgewiesen. Die von Dr. B. und Dr. S. mitgeteilten Diagnosen sind bei den späteren Untersuchungen, insbesondere bei der nur 2 Jahre später erfolgten Untersuchung im Rentenverfahren durch Dr. F. , nicht bestätigt worden. Außerdem sind die mitgeteilten Diagnosen einer Enzephalopathie nicht hinreichend nachvollziehbar. Bei der testpsychologischen Untersuchung durch Dr. B. im Oktober 1998 war eine kognitive Leistungsminderung nicht nachweisbar (Testbericht von Dr. B. vom 06.11.1998), wobei Dr. B. annahm, dass die kognitive Leistungsfähigkeit des Klägers Schwankungen unterliege. Auffällige Leistungsdefizite sind aber von anderen Ärzten in der Folge, insbesondere nicht bei der umfassenden neuropsychologischen Untersuchung durch Dr. Dipl.-Psych. I. im Rahmen der Gutachtenserstattung von Prof. Dr. T. diagnostiziert worden. Auch die von Dr. B. diagnostizierte "deutlich hohe Polyneuropathie" (Bericht vom 21.08.1999) ist bei der Untersuchung im April 1998 durch die Neurologin-Psychiaterin Dr. Bl. nicht diagnostiziert worden (MDK-Gutachten vom April 1998). Einschlägige Beschwerdeangaben des Klägers ergeben sich aus dem Gutachten nicht. Er hatte neben anderen Beschwerden nur unspezifische, manchmal auftretende Kribbelmißempfindungen angegeben. Insoweit wird in dem MDK-Gutachten vom 04.11.1999 eine Polyneuropathie als Diagnose nur den vorliegenden Arztunterlagen entnommen, entsprechende Untersuchungsergebnisse und einschlägiges Beschwerdevorbringen des Klägers ist diesem Gutachten nicht zu entnehmen. Der eine Berufskrankheit Nr. 1317 bejahende Sachverständige Prof. Dr. K. , vom Kläger als Arzt des Vertrauens benannter Sachverständiger, stützt seine Beurteilung auf die von ihm angenommene Enzephalopathie, eine Polyneuropathie hat er nicht diagnostiziert. Der Senat hält daher auch die vom Sozialgericht im angefochtenen Urteil berücksichtigten Diagnosen der Nervenärzte Prof. Dr. He. , Prof. Dr. Bu. , Dr. F. und Dr. W. für überzeugend, die keine Enzephalopathie oder Polyneuropathie beim Kläger beschrieben haben. Dass diese Erkrankungen in der Vergangenheit vorgelegen haben - und gegebenenfalls zum Zeitpunkt der Untersuchung durch die genannten Ärzte abgeklungen waren -, ist daher nicht hinreichend nachgewiesen, zumal der berufliche Zusammenhang einer Polyneuropathie, die erst mehrere Jahre nach Expositionsende - was im Falle des Klägers mit Eintritt der Arbeitslosigkeit 1994 anzunehmen ist - aufgetreten war, auch wenig wahrscheinlich ist. Die im Vorerkrankungsverzeichnis vom 13.06.2000 enthaltenen nervenärztlichen Diagnosen von März 1996 und Juni 1997 lassen keine Polyneuropathie als Ursache der nur wenige Tage umfassenden Arbeitsunfähigkeit erkennen.

Die Kostenentscheidung nach § 123 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved