Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 1158/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 251/11 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Schwellengebühr von 240 Euro kann im sozialgerichtlichen Verfahren bei unterdurchschnittlicher Tätigkeit eines Prozessbevollmächtigten unterschritten werden. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG.
Die Frage, ob die Kriterien zur Bewertung der Tätigkeit eines Prozessbevollmächtigten vom erstinstanzlichen Gricht zutreffend festgestellt wurden, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu klären.
Die Frage, ob die Kriterien zur Bewertung der Tätigkeit eines Prozessbevollmächtigten vom erstinstanzlichen Gricht zutreffend festgestellt wurden, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu klären.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 1. März 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig sind um insgesamt 185,64 EUR höhere Gebühren für ein Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren.
Eine SGB-II-Angelegenheit endete im Widerspruchsverfahren mit einer Kostengrundentscheidung nach § 63 Sozialgesetzbuch (SGB) X zugunsten der anwaltlich vertretenen Widerspruchsführer.
Gegen den nachfolgenden Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 16.03.2010, in dem auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung die Höhe der zu erstattenden Gebühren festgelegt wurde, legte der Bevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 23.03.2010 Widerspruch ein; wegen der Mehrzahl der Kläger sei die Gebühr um 0,3 zu erhöhen.
Aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS 83/08 R), half der Beklagte dem Widerspruch zugunsten der Widerspruchsführer in vollem Umfang ab. Im Abhilfebescheid traf der Beklagte eine Kostengrundentscheidung dahingehend, dass die im Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren entstandenen Kosten durch den Beklagten in vollem Umfang erstattet würden.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragte als Kosten des Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahrens einen Betrag in Höhe von 395,08 EUR, wobei er eine Schwellengebühr in Höhe von 240,- EUR ansetzte.
Mit Bescheid vom 07.06.2010 bewilligte der Beklagte Kosten für das Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren in Höhe von 209,44 EUR; es könne nur eine Schwellengebühr in Höhe von 120,-EUR statt der beantragen 240,- EUR anerkannt werden. Die Tätigkeit des Rechtsanwaltes habe hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit deutlich unter dem Durchschnittsfall gelegen, nachdem die Rechtsfrage betreffend die Erhöhung um 0,3 bei einer Mehrzahl von Klägern bereits vom Bundessozialgericht entschieden war.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.06.2010 wies der Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2010 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 1. März 2011 als unbegründet ab.
Nach § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestimme der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Nach Nr. 2400 der VV zum RVG könne eine Gebühr von mehr als 240,- EUR nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Nur bei durchschnittlichem Umfang und bei einer durchschnittlichen Schwierigkeit stehe dem Bevollmächtigten die sogenannte Schwellengebühr in Höhe von 240,- EUR zu. Daraus folge aber auch, dass bei deutlich unterdurchschnittlichem Umfang und geringerer Schwierigkeit auch nur eine niedrigere Gebühr verlangt werden könne; Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien nach objektiven Kriterien zu beurteilen (BSG Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R und Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R).
Die im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Kriterien rechtfertigten bei Anwendung dieser Grundsätze keine höhere Gebühr.
Hiergegen haben die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen vor. Das SG habe in seinem Urteil die falschen Rückschlüsse aus den Entscheidungen des BSG gezogen (BSG Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R und Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R). Aus diesen Entscheidungen könne nicht gefolgert werden, dass bei unterdurchschnittlichem Umfang und geringerer Schwierigkeit nur eine niedrigere Schwellengebühr verlangt werden könne. Das Bundessozialgericht habe mehrfach betont, dass die Schwellengebühr die Mittelgebühr nicht ersetzt habe. Die Einführung der Schwellengebühr habe zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmende Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt werde, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich seien. Die Regelung der Nr. 2400 VV RVG, dass eine höhere Gebühr als 240,- EUR nur dann gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei, mache die Mittelgebühr damit nicht hinfällig. Sie führe entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch nicht dazu, dass nurmehr der Durchschnittsfall bei der Schwellengebühr anzusiedeln sei. Mit der Einschränkung sei vielmehr gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit über dem Durchschnitt liegen müsse, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen. Eine gesonderte Bedeutung komme dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus. Daraus ergebe sich, dass die Schwellengebühr von 240,- EUR sowohl bei unterdurchschnittlichem Umfang als auch bei unterdurchschnittlicher Schwierigkeit verlangt werden könne, wenn einzelne Beurteilungskriterien durch andere ausgeglichen würden. Insoweit seien die Ausführungen des Sozialgerichts fehlerhaft.
Auch im Übrigen stünde die Beurteilung einzelner Kriterien des § 14 RVG durch das SG in Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundessozialgerichts. Die tatsächlich aufgewendete Tätigkeit des Bevollmächtigten sei zu berücksichtigen, die auch erforderlich gewesen sei, da die Entscheidung des BSG noch nicht veröffentlicht gewesen sei. Zudem seien weitere Kriterien erfüllt, die zu einer Gesamtbewertung dahingehend hätten führen müssen, dass es sich im Ergebnis um eine Tätigkeit durchschnittlicher Art gehandelt habe, für die vom Schwellenwert von 240,- Euro hätte ausgegangen werden müssen.
II.
Die angesichts des streitgegenständlichen Betrages, der unter 750,- EUR liegt, statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde, §§ 144, 145 SGG, ist unbegründet.
Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die Frage, ob das Sozialgericht inhaltlich richtig entschieden hat, sondern ausschließlich die Frage, ob Zulassungsgründe nach § 144 Abs.2 SGG gegeben sind. Solche Zulassungsgründe liegen nicht vor.
Ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde von Klägerseite nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Kostenentscheidung zu treffen war, ist durch RVG, VV RVG und die dazu ergangene Rechtsprechung, insbesondere die des Bundessozialgerichts, vorgegeben. Innerhalb dieses Rahmens sind keine weiteren Fragen von grundsätzlicher Bedeutung ersichtlich.
Der von Klägerseite behauptete Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG wegen Divergenz liegt nicht vor.
Divergenz setzt voraus, dass ein erstinstanzliches Gericht in seinen tragenden Entscheidungsgründen zu einer konkreten Rechtsfrage von der Rechtsprechung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/
Keller/Leitherer, SGG 9. Auflage, § 160 Rdnr.13). Abweichung meint hierbei den bewussten und grundsätzlichen Widerspruch zur bestehenden Rechtsprechung, der in der Aufstellung und Anwendung eines anderen Rechtssatzes, der nicht mit der höheren Rechtsprechung in Einklang steht, zum Ausdruck kommt. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn ein Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt worden ist, sondern nur, wenn diesem Rechtssatz tatsächlich widersprochen wurde (vgl. Beschluss des BayLSG vom 18.05.2009, L 16 AS 229/08 NZB). Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Berufung im Einzelfall (vgl. BSG vom 19.09.2007, B 1 KR 52/57 R).
Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - wie von Klägerseite gerügt - ist, gemessen an diesen Kriterien, nicht erkennbar. Die Entscheidung des SG steht in keinem bewussten bzw. grundsätzlichen Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG.
Dies ist nicht der Fall. Die Entscheidung widerspricht der Rechtsprechung des BSG nicht im Grundsätzlichen.
Ein Rechtssatz, wonach der Schwellenwert von 240,00 Euro nicht unterschritten werden darf, lässt sich aus der Rechtsprechung des BSG nicht folgern (vgl. Beschlüsse des Senats vom 27.07.2011, L 7 AS 143/11 NZB und L 7 AS 144/11 NZB). Vielmehr ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 01.07.2009 B 4 AS 21/09 R, dass die Schwellengebühr unterschritten werden kann. In den Entscheidungsgründen unter "4." (Rz 27) stellt das BSG fest, dass "die konkreten Umstände des Falles" "eine Festsetzung der Betragsrahmengebühr ... auf 240 Euro" zulassen. Das BSG begründet dies damit, dass bei Wertung der Bemessungskriterien (vgl. oben Rz 26 der Entscheidungsgründe) die Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Ergebnis dem Durchschnitt zuzuordnen ist.
Im Rahmen dieser Wertung stellt das BSG hierbei unter Rz 39 in Bezug auf die Gebühr die Frage, ob "sonstige unbenannte Kriterien" gegeben sind, "die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen", um dann zum Ergebnis zu kommen, dass bei Wertung sämtlicher Bemessungskriterien ein Durchschnittsfall vorliegt, für den die Schwellengebühr greift. In Übereinstimmung hiermit bezeichnet das BSG im Urteil vom 27.01.2009, B 7/7a AL 20/07 R die Schwellengebühr auch als "Höchstgebühr", die "vorgesehen" ist, wenn nicht die Sache umfangreich und schwierig war" (Rz 15).
Hieraus ergibt sich, dass das SG zutreffend von einem Rechtssatz ausgegangen ist, dass die Schwellengebühr nur bei einer im Ergebnis (nach Wertung der Bemessungskriterien entsprechen Rz 26 der Entscheidung des BSG) durchschnittlichen Tätigkeit gewährt werden kann und bei einer im Ergebnis insgesamt unterdurchschnittlichen Tätigkeit die Geschäftsgebühr unter die Schwellengebühr herabgesetzt werden kann (in diesem Sinne auch LSG NRW Urteil vom 23.04.2007, L 19 AS 54/06 und LSG NRW Beschluss vom 24.09.2008, L 19 B 21/08 AS).
Ob die Wertung der Bemessungskriterien im Einzelnen und im Ergebnis die Einstufung der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Kläger insgesamt als unterdurchschnittlich durch das SG zutreffend war, kann im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüft werden.
Soweit die Klägerseite die Nichtzulassungsbeschwerde mit fehlerhafter Würdigung dieser Einzelumstände durch das SG begründet, betrifft dies die konkrete Rechtsanwendung, nicht aber ein Abweichen des SG im Grundsätzlichen. Dem Vortrag der Klägerseite lässt sich allenfalls entnehmen, dass das SG nach Meinung der Klägerseite betreffend einzelner Würdigungstatsachen nicht richtig entschieden haben soll. Ob diese Würdigung falsch oder richtig war, unterliegt jedoch nicht dem Prüfungsmaßstab des § 144 Abs. 2 SGG.
Der von Klägerseite behauptete Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist nicht ersichtlich. Zu Verfahrensfehlern, auf denen die Entscheidung des SG beruhen soll, wurde von Klägerseite auch nichts Zielführendes vorgebracht. Offensichtlich wollte die Klägerseite mit der Nennung von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nur zu Ausdruck bringen, dass das SG einen Verfahrensfehler begangen habe, weil es von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abgewichen sei. Dies ist - wie oben dargestellt - zum einen nicht der Fall. Zum anderen führt die fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechung nie zu einem Verfahrensmangel, sondern allenfalls zu einem inhaltlichen Mangel der Entscheidung, was gerade nicht mit der Beschwerde nach § 144 Abs. 2 SGG gerügt werden kann.
Im Ergebnis ist die Beschwerde zurückzuweisen mit der Folge, dass das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig ist, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Kläger mit ihrem Begehren erfolglos blieben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig sind um insgesamt 185,64 EUR höhere Gebühren für ein Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren.
Eine SGB-II-Angelegenheit endete im Widerspruchsverfahren mit einer Kostengrundentscheidung nach § 63 Sozialgesetzbuch (SGB) X zugunsten der anwaltlich vertretenen Widerspruchsführer.
Gegen den nachfolgenden Kostenfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 16.03.2010, in dem auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung die Höhe der zu erstattenden Gebühren festgelegt wurde, legte der Bevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 23.03.2010 Widerspruch ein; wegen der Mehrzahl der Kläger sei die Gebühr um 0,3 zu erhöhen.
Aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 21.12.2009, B 14 AS 83/08 R), half der Beklagte dem Widerspruch zugunsten der Widerspruchsführer in vollem Umfang ab. Im Abhilfebescheid traf der Beklagte eine Kostengrundentscheidung dahingehend, dass die im Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren entstandenen Kosten durch den Beklagten in vollem Umfang erstattet würden.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragte als Kosten des Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahrens einen Betrag in Höhe von 395,08 EUR, wobei er eine Schwellengebühr in Höhe von 240,- EUR ansetzte.
Mit Bescheid vom 07.06.2010 bewilligte der Beklagte Kosten für das Kostenfestsetzungswiderspruchsverfahren in Höhe von 209,44 EUR; es könne nur eine Schwellengebühr in Höhe von 120,-EUR statt der beantragen 240,- EUR anerkannt werden. Die Tätigkeit des Rechtsanwaltes habe hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit deutlich unter dem Durchschnittsfall gelegen, nachdem die Rechtsfrage betreffend die Erhöhung um 0,3 bei einer Mehrzahl von Klägern bereits vom Bundessozialgericht entschieden war.
Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.06.2010 wies der Beklage mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2010 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 1. März 2011 als unbegründet ab.
Nach § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bestimme der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Nach Nr. 2400 der VV zum RVG könne eine Gebühr von mehr als 240,- EUR nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Nur bei durchschnittlichem Umfang und bei einer durchschnittlichen Schwierigkeit stehe dem Bevollmächtigten die sogenannte Schwellengebühr in Höhe von 240,- EUR zu. Daraus folge aber auch, dass bei deutlich unterdurchschnittlichem Umfang und geringerer Schwierigkeit auch nur eine niedrigere Gebühr verlangt werden könne; Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien nach objektiven Kriterien zu beurteilen (BSG Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R und Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R).
Die im vorliegenden Fall zu berücksichtigenden Kriterien rechtfertigten bei Anwendung dieser Grundsätze keine höhere Gebühr.
Hiergegen haben die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen vor. Das SG habe in seinem Urteil die falschen Rückschlüsse aus den Entscheidungen des BSG gezogen (BSG Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R und Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R). Aus diesen Entscheidungen könne nicht gefolgert werden, dass bei unterdurchschnittlichem Umfang und geringerer Schwierigkeit nur eine niedrigere Schwellengebühr verlangt werden könne. Das Bundessozialgericht habe mehrfach betont, dass die Schwellengebühr die Mittelgebühr nicht ersetzt habe. Die Einführung der Schwellengebühr habe zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmende Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt werde, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich seien. Die Regelung der Nr. 2400 VV RVG, dass eine höhere Gebühr als 240,- EUR nur dann gefordert werden könne, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei, mache die Mittelgebühr damit nicht hinfällig. Sie führe entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch nicht dazu, dass nurmehr der Durchschnittsfall bei der Schwellengebühr anzusiedeln sei. Mit der Einschränkung sei vielmehr gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit über dem Durchschnitt liegen müsse, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen. Eine gesonderte Bedeutung komme dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus. Daraus ergebe sich, dass die Schwellengebühr von 240,- EUR sowohl bei unterdurchschnittlichem Umfang als auch bei unterdurchschnittlicher Schwierigkeit verlangt werden könne, wenn einzelne Beurteilungskriterien durch andere ausgeglichen würden. Insoweit seien die Ausführungen des Sozialgerichts fehlerhaft.
Auch im Übrigen stünde die Beurteilung einzelner Kriterien des § 14 RVG durch das SG in Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundessozialgerichts. Die tatsächlich aufgewendete Tätigkeit des Bevollmächtigten sei zu berücksichtigen, die auch erforderlich gewesen sei, da die Entscheidung des BSG noch nicht veröffentlicht gewesen sei. Zudem seien weitere Kriterien erfüllt, die zu einer Gesamtbewertung dahingehend hätten führen müssen, dass es sich im Ergebnis um eine Tätigkeit durchschnittlicher Art gehandelt habe, für die vom Schwellenwert von 240,- Euro hätte ausgegangen werden müssen.
II.
Die angesichts des streitgegenständlichen Betrages, der unter 750,- EUR liegt, statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde, §§ 144, 145 SGG, ist unbegründet.
Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die Frage, ob das Sozialgericht inhaltlich richtig entschieden hat, sondern ausschließlich die Frage, ob Zulassungsgründe nach § 144 Abs.2 SGG gegeben sind. Solche Zulassungsgründe liegen nicht vor.
Ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde von Klägerseite nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Kostenentscheidung zu treffen war, ist durch RVG, VV RVG und die dazu ergangene Rechtsprechung, insbesondere die des Bundessozialgerichts, vorgegeben. Innerhalb dieses Rahmens sind keine weiteren Fragen von grundsätzlicher Bedeutung ersichtlich.
Der von Klägerseite behauptete Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG wegen Divergenz liegt nicht vor.
Divergenz setzt voraus, dass ein erstinstanzliches Gericht in seinen tragenden Entscheidungsgründen zu einer konkreten Rechtsfrage von der Rechtsprechung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/
Keller/Leitherer, SGG 9. Auflage, § 160 Rdnr.13). Abweichung meint hierbei den bewussten und grundsätzlichen Widerspruch zur bestehenden Rechtsprechung, der in der Aufstellung und Anwendung eines anderen Rechtssatzes, der nicht mit der höheren Rechtsprechung in Einklang steht, zum Ausdruck kommt. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn ein Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt worden ist, sondern nur, wenn diesem Rechtssatz tatsächlich widersprochen wurde (vgl. Beschluss des BayLSG vom 18.05.2009, L 16 AS 229/08 NZB). Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Berufung im Einzelfall (vgl. BSG vom 19.09.2007, B 1 KR 52/57 R).
Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - wie von Klägerseite gerügt - ist, gemessen an diesen Kriterien, nicht erkennbar. Die Entscheidung des SG steht in keinem bewussten bzw. grundsätzlichen Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG.
Dies ist nicht der Fall. Die Entscheidung widerspricht der Rechtsprechung des BSG nicht im Grundsätzlichen.
Ein Rechtssatz, wonach der Schwellenwert von 240,00 Euro nicht unterschritten werden darf, lässt sich aus der Rechtsprechung des BSG nicht folgern (vgl. Beschlüsse des Senats vom 27.07.2011, L 7 AS 143/11 NZB und L 7 AS 144/11 NZB). Vielmehr ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 01.07.2009 B 4 AS 21/09 R, dass die Schwellengebühr unterschritten werden kann. In den Entscheidungsgründen unter "4." (Rz 27) stellt das BSG fest, dass "die konkreten Umstände des Falles" "eine Festsetzung der Betragsrahmengebühr ... auf 240 Euro" zulassen. Das BSG begründet dies damit, dass bei Wertung der Bemessungskriterien (vgl. oben Rz 26 der Entscheidungsgründe) die Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Ergebnis dem Durchschnitt zuzuordnen ist.
Im Rahmen dieser Wertung stellt das BSG hierbei unter Rz 39 in Bezug auf die Gebühr die Frage, ob "sonstige unbenannte Kriterien" gegeben sind, "die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen", um dann zum Ergebnis zu kommen, dass bei Wertung sämtlicher Bemessungskriterien ein Durchschnittsfall vorliegt, für den die Schwellengebühr greift. In Übereinstimmung hiermit bezeichnet das BSG im Urteil vom 27.01.2009, B 7/7a AL 20/07 R die Schwellengebühr auch als "Höchstgebühr", die "vorgesehen" ist, wenn nicht die Sache umfangreich und schwierig war" (Rz 15).
Hieraus ergibt sich, dass das SG zutreffend von einem Rechtssatz ausgegangen ist, dass die Schwellengebühr nur bei einer im Ergebnis (nach Wertung der Bemessungskriterien entsprechen Rz 26 der Entscheidung des BSG) durchschnittlichen Tätigkeit gewährt werden kann und bei einer im Ergebnis insgesamt unterdurchschnittlichen Tätigkeit die Geschäftsgebühr unter die Schwellengebühr herabgesetzt werden kann (in diesem Sinne auch LSG NRW Urteil vom 23.04.2007, L 19 AS 54/06 und LSG NRW Beschluss vom 24.09.2008, L 19 B 21/08 AS).
Ob die Wertung der Bemessungskriterien im Einzelnen und im Ergebnis die Einstufung der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Kläger insgesamt als unterdurchschnittlich durch das SG zutreffend war, kann im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüft werden.
Soweit die Klägerseite die Nichtzulassungsbeschwerde mit fehlerhafter Würdigung dieser Einzelumstände durch das SG begründet, betrifft dies die konkrete Rechtsanwendung, nicht aber ein Abweichen des SG im Grundsätzlichen. Dem Vortrag der Klägerseite lässt sich allenfalls entnehmen, dass das SG nach Meinung der Klägerseite betreffend einzelner Würdigungstatsachen nicht richtig entschieden haben soll. Ob diese Würdigung falsch oder richtig war, unterliegt jedoch nicht dem Prüfungsmaßstab des § 144 Abs. 2 SGG.
Der von Klägerseite behauptete Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist nicht ersichtlich. Zu Verfahrensfehlern, auf denen die Entscheidung des SG beruhen soll, wurde von Klägerseite auch nichts Zielführendes vorgebracht. Offensichtlich wollte die Klägerseite mit der Nennung von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nur zu Ausdruck bringen, dass das SG einen Verfahrensfehler begangen habe, weil es von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abgewichen sei. Dies ist - wie oben dargestellt - zum einen nicht der Fall. Zum anderen führt die fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechung nie zu einem Verfahrensmangel, sondern allenfalls zu einem inhaltlichen Mangel der Entscheidung, was gerade nicht mit der Beschwerde nach § 144 Abs. 2 SGG gerügt werden kann.
Im Ergebnis ist die Beschwerde zurückzuweisen mit der Folge, dass das Urteil des Sozialgerichts rechtskräftig ist, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Kläger mit ihrem Begehren erfolglos blieben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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