Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 SO 623/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 75/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rechtsweg in der zweiten Instanz - Klage als Prozesshandlung - Mindestvoraussetzungen einer Klage - Gegenstand des Klagebegehrens - keine normsetzende Befugnis der Gerichte
1. Fragen des Rechtswegs sind in der Berufungsinstanz nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).
2. Die Klage ist ein bestimmender Schriftsatz, durch den eine Prozesshandlung vorgenommen wird. Ob Klage erhoben werden soll, ist durch Auslegung zu ermitteln.
3. Mindesterfordernisse der Prozesshandlung Klage sind die Bezeichnung des Klägers, des Beklagten und des Gegenstandes des Klagebegehrens.
4. Mit dem Gegenstand des Klagebegehrens muss der Kläger sein Begehren angeben. Damit ist nicht der technisch-juristische Begriff des Streitgegenstandes gemeint.
5. Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
6. Die Herbeiführung gesetzlicher Vorschriften ist nicht Aufgabe der Gerichte. Diesen kommt keine normsetzende Befugnis zu.
1. Fragen des Rechtswegs sind in der Berufungsinstanz nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).
2. Die Klage ist ein bestimmender Schriftsatz, durch den eine Prozesshandlung vorgenommen wird. Ob Klage erhoben werden soll, ist durch Auslegung zu ermitteln.
3. Mindesterfordernisse der Prozesshandlung Klage sind die Bezeichnung des Klägers, des Beklagten und des Gegenstandes des Klagebegehrens.
4. Mit dem Gegenstand des Klagebegehrens muss der Kläger sein Begehren angeben. Damit ist nicht der technisch-juristische Begriff des Streitgegenstandes gemeint.
5. Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
6. Die Herbeiführung gesetzlicher Vorschriften ist nicht Aufgabe der Gerichte. Diesen kommt keine normsetzende Befugnis zu.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 28. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Gegenstand des Verfahrens ist auf Wiedergutmachung an den behinderten Sohn der Klägerin, auf Gewährung einer lebenslangen Rente an ihren Sohn sowie Schmerzensgeld, für alles Erlebte, auf eine Nachzahlungen vom Finanzamt, auf eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und auf Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse gerichtet.
Am 20.12.2010 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) gegen die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises erhoben. Sie ist verheiratet und lebt in A ... Ihr behinderter Sohn, R. B., lebt in Marokko.
Die Klägerin arbeitet als Krankenschwester und erhält weder Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) noch Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Im dem an das SG gerichteten Schreiben vom 20.12.2010 hat die Klägerin den Antrag gestellt, gegen die Kreisverwaltung Rhein-Lahn-Kreis in 53129 Bad Ems etwas zu unternehmen. Dem Schriftsatz war unter anderem auch ein Bescheid vom 18.10.2010 beigefügt, durch welchen der Beklagte bei der Gemeinde A. ein Amtshilfeersuchen/Vollstreckungshilfe stellte. Dabei ging es um die Rückforderung von Wohngeld gemäß Bescheid vom 01.12.2005. Zudem war eine Mahnung für Abfallentsorgung vom 08.10.2010 der Beklagten beigelegt. Sie führte unter anderem aus, dass es sich bei den Forderungen des Beklagten um unberechtigte Forderungen handle und führte aus, wann sie welche Beträge an den Beklagten überwiesen habe.
Das SG, bei dem die Sache unter dem Sozialhilferegister eingetragen worden ist, hat die Klägerin am 30.12.2010 um Klarstellung gebeten, ob sie sich gegen die Rückforderung von Wohngeld wenden möchte. Dabei hat das SG ausgeführt, dass in diesem Fall der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zu verweisen sei, da der Rechtsweg zu den Sozialgerichten insofern unzulässig sei. Am 01.02.2011 hat die Klägerin geantwortet, dass Sie nicht beim Verwaltungsgericht, sondern weiterhin beim Sozialgericht in München klagen wolle. Zudem hat sie ausgeführt, es gehe nicht nur um Wohngeld, sondern um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen Grundmenschenrechte und die Würde des Menschen.
Sie stellte unter anderem die folgenden Anträge sinngemäß,
- auf Wiedergutmachung für alles in den 21 Jahren von allen Schuldigen Erlebte, die sich an ihrem behinderten Sohn nachweisbar schuldig machten und auch an ihr Verbrechen verübten,
- auf Gewährung einer lebenslangen Rente an ihren Sohn sowie Schmerzensgeld für alles Erlebte, auch die Zwangsbehandlungen in den Krankenhäusern,
- auf eine Nachzahlungen vom Finanzamt,
- auf eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und
- auf Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse.
Der Beklagte hat keine Anträge gestellt und am 10.01.2011 mitgeteilt, dass gegenüber der Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 01.12.2005 eine Wohngeldrückforderung in Höhe von 1479 Euro bestehe. Die Restforderung belaufe sich derzeit auf
1050,60 Euro. In dieser Angelegenheit sei ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Koblenz durchgeführt worden, welches wegen fehlender Mitwirkung der Schuldnerin abgewiesen worden sei.
Am 14.02.2011 wurde die Klägerin mit einer Frist bis zum 25.02.2011 gebeten, ihr Rechtsschutzbegehren näher zu konkretisieren, da dieses sonst unzulässig sei.
Durch Gerichtsbescheid vom 28. Februar 2011 hat das SG die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass der Klageantrag zu unbestimmt sei, soweit die Klägerin die Wiedergutmachung für alles Erlebte in den 21 Jahren von allen Schuldigen verlange, die sich an ihrem behinderten Sohn nachweisbar schuldig machten und auch an ihr diverse Verbrechen verübten. Zum einen sei nicht klar, gegen wen sie diese Ansprüche richte und zum anderen setzte ein Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz zumindest die konkrete Benennung des Schädigers und der schädigenden Handlung voraus. Das Begehren der Klägerin auf Gesetzesänderung sei unzulässig. Die Aufzählung der im Sozialgerichtsgesetz vorgesehenen Klagearten sei abschließend und nicht auf Abänderung von Gesetzen gerichtet. Soweit sich die Klägerin ursprünglich gegen die Rückforderung von Wohngeld gewendet habe, sei das Gericht davon ausgegangen, dass sie dieses Begehren nicht mehr primär verfolge. Eine Verweisung an das Verwaltungsgericht habe die Klägerin ausdrücklich abgelehnt, nachdem sie darauf hingewiesen wurde, dass eine Entscheidung darüber nicht möglich sei. Hinsichtlich des Anspruchs auf Schmerzensgeld und möglichen Schadensersatzforderungen müsste das Gericht den Rechtsstreit an das für Amtshaftungsklagen zuständige Landgericht (§§ 71 Gerichtsverfassungsgesetz, 839 Bürgerliches Gesetzbuch, Artikel 34 Grundgesetz) verweisen und für die Klägerin entstünden sodann in diesem Verfahren Gerichtskosten. Im Übrigen seien die Anträge der Klägerin unzulässig, da die Klägerin auch nach Aufforderung durch das Gericht ihre Anträge nicht präzisiert habe. Bleibt das Klageziel in diesem Sinne unklar, sei die Klage unzulässig.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie hat angeführt, dass sie jetzt erneut Klage stelle und in den alten Stand zurückversetzt werden wolle. Sie wolle, dass das Gericht von ihrem Sohn und ihr und ihrem Leben erfahre. Ihr Sohn stelle durch sie erneut Antrag auf Schmerzensgeld, angemessene Entschädigung und lebenslange Rente. Sie kämpfe um eine Rente, damit ihr kranker Sohn durch eigenes Geld lebenslang versorgt sei. Es sei ungerecht, dass ihr Sohn nie in die Rentenkasse habe einbezahlen können.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 28.02.2011 zu Leistungen zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung bedurfte es nicht (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Klage zielt zum Teil nicht auf einen der in § 144 Abs. 1 SGG genannten Klagegegenstände. Was den Anspruch auf eine lebenslange Rente betrifft, wäre jedenfalls der maßgebliche Streitwert überschritten.
Fragen des Rechtswegs sind in der Berufungsinstanz nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz).
Die Klägerin ist durch das angefochtene Urteil auch beschwert, denn dieses hat ihre Rechtsschutzbegehren als unzulässig abgewiesen.
Die Berufung ist aber nicht begründet, weil die Klage der Klägerin nicht zulässig war und zu Recht deswegen abgewiesen worden ist.
Was eine Klage im Einzelnen ausmacht, ist im SGG nicht beschrieben. Die Formvorschriften sind jedenfalls eingehalten. So schreibt § 90 SGG (Klageerhebung) vor, dass die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben ist. Die Klage ist ein bestimmender Schriftsatz, durch den eine Prozesshandlung vorgenommen wird. Ob Klage erhoben werden soll, ist durch Auslegung zu ermitteln (zur Auslegung von Prozesshandlungen vgl. BSGE 89, 199, 200 mwN; vgl. auch Meyer-Ladewig, Rn 11a vor § 60). Dabei sind alle eingereichten Unterlagen zu berücksichtigen.
Die in § 92 SGG geregelte Materie enthält zwar die Überschrift "Klageschrift", sie beschreibt aber Mindesterfordernisse der Prozesshandlung. Dazu gehören zwingend (vgl.
§ 92 Abs. 1 S. 1 SGG) die Bezeichnung des Klägers, des Beklagten und des Gegenstandes des Klagebegehrens. Das hat die Klägerin nach Durchführung des Klärungsverfahrens gemäß § 92 Abs. 2 S. 2 SGG bewirkt. Sie hat teils für sich teils für ihren Sohn Rechte eingefordert und eine bestimmte Kreisverwaltung als Beklagten bezeichnet. Was den Gegenstand des Klagebegehrens betrifft, ist in § 92 Abs. 1 S. 1 SGG gemeint, was auch schon zur aF vor 2008 angenommen wurde. Nicht der technisch-juristische Begriff des Streitgegenstandes wird in Bezug genommen, sondern der Kläger muss sein Begehren angeben, also z. B. den Verwaltungsakt bezeichnen, den das Gericht aufheben oder zu dem das Gericht verurteilen soll, die Feststellung, die das Gericht treffen soll, die Leistung, die begehrt wird. Die zwingenden Anforderungen des § 92 Abs 1 S 1 SGG zum Klagebegehren können schon dann erfüllt sein, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben oder wenigstens umrissen ist, da die Regelung zum "bestimmten Antrag" nur als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist.
Insoweit ist nach dem Vortrag der Klägerin eine zulässige Klage erhoben. Denn sie verlangt Wiedergutmachung, Gewährung einer lebenslangen Rente an ihren Sohn, Nachzahlungen vom Finanzamt, eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse.
Alle diese Dinge sind hier aber von der von der Klägerin bezeichneten Beklagten nicht vorenthalten worden. Der beklagte Kreis hat sich lediglich zum Sachverhalt über die Wohngeldrückforderung eingelassen und auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 28.02.2007 verwiesen. Zu den aufgeführten Forderungen der Klägerin hat der Beklagte keine Regelungen getroffen. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG). Einen derartigen Verwaltungsakt behauptet die Klägerin nicht einmal. Sie bringt auch nicht vor, dass ihr ein solcher verweigert worden ist, etwa im Sinne einer Untätigkeitsklage (vgl. § 88 SGG).
Die allgemeine Leistungsklage ist auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen des Klagegegners gerichtet. In diesem Sinne verlangt die Klägerin Verschiedenes von dem Beklagten. Soweit aber ein Verwaltungsakt erstritten werden soll, ist die - wie oben dargestellt unzulässige - Verpflichtungsklage vorrangig. Im Übrigen muss auch bei der Leistungsklage eine Beschwer vorhanden und der Kläger zur Klage befugt sein. Auch hier müsste die Klägerin eine Beschwer geltend machen und zur Klage befugt sein.
Die Herbeiführung gesetzlicher Vorschriften ist nicht Aufgabe der Gerichte. Die Gerichte sind allenfalls zur Gestaltung individueller Rechtsverhältnisse (hier auch nur in der Anfechtungsklage) befugt. Eine normsetzende Befugnis kommt ihnen nicht zu. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz hält den Rechtsweg nur offen, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird.
Insgesamt ist damit die Berufung zurückzuweisen.
Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Gegenstand des Verfahrens ist auf Wiedergutmachung an den behinderten Sohn der Klägerin, auf Gewährung einer lebenslangen Rente an ihren Sohn sowie Schmerzensgeld, für alles Erlebte, auf eine Nachzahlungen vom Finanzamt, auf eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und auf Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse gerichtet.
Am 20.12.2010 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) gegen die Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises erhoben. Sie ist verheiratet und lebt in A ... Ihr behinderter Sohn, R. B., lebt in Marokko.
Die Klägerin arbeitet als Krankenschwester und erhält weder Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) noch Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Im dem an das SG gerichteten Schreiben vom 20.12.2010 hat die Klägerin den Antrag gestellt, gegen die Kreisverwaltung Rhein-Lahn-Kreis in 53129 Bad Ems etwas zu unternehmen. Dem Schriftsatz war unter anderem auch ein Bescheid vom 18.10.2010 beigefügt, durch welchen der Beklagte bei der Gemeinde A. ein Amtshilfeersuchen/Vollstreckungshilfe stellte. Dabei ging es um die Rückforderung von Wohngeld gemäß Bescheid vom 01.12.2005. Zudem war eine Mahnung für Abfallentsorgung vom 08.10.2010 der Beklagten beigelegt. Sie führte unter anderem aus, dass es sich bei den Forderungen des Beklagten um unberechtigte Forderungen handle und führte aus, wann sie welche Beträge an den Beklagten überwiesen habe.
Das SG, bei dem die Sache unter dem Sozialhilferegister eingetragen worden ist, hat die Klägerin am 30.12.2010 um Klarstellung gebeten, ob sie sich gegen die Rückforderung von Wohngeld wenden möchte. Dabei hat das SG ausgeführt, dass in diesem Fall der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zu verweisen sei, da der Rechtsweg zu den Sozialgerichten insofern unzulässig sei. Am 01.02.2011 hat die Klägerin geantwortet, dass Sie nicht beim Verwaltungsgericht, sondern weiterhin beim Sozialgericht in München klagen wolle. Zudem hat sie ausgeführt, es gehe nicht nur um Wohngeld, sondern um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen Grundmenschenrechte und die Würde des Menschen.
Sie stellte unter anderem die folgenden Anträge sinngemäß,
- auf Wiedergutmachung für alles in den 21 Jahren von allen Schuldigen Erlebte, die sich an ihrem behinderten Sohn nachweisbar schuldig machten und auch an ihr Verbrechen verübten,
- auf Gewährung einer lebenslangen Rente an ihren Sohn sowie Schmerzensgeld für alles Erlebte, auch die Zwangsbehandlungen in den Krankenhäusern,
- auf eine Nachzahlungen vom Finanzamt,
- auf eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und
- auf Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse.
Der Beklagte hat keine Anträge gestellt und am 10.01.2011 mitgeteilt, dass gegenüber der Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 01.12.2005 eine Wohngeldrückforderung in Höhe von 1479 Euro bestehe. Die Restforderung belaufe sich derzeit auf
1050,60 Euro. In dieser Angelegenheit sei ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Koblenz durchgeführt worden, welches wegen fehlender Mitwirkung der Schuldnerin abgewiesen worden sei.
Am 14.02.2011 wurde die Klägerin mit einer Frist bis zum 25.02.2011 gebeten, ihr Rechtsschutzbegehren näher zu konkretisieren, da dieses sonst unzulässig sei.
Durch Gerichtsbescheid vom 28. Februar 2011 hat das SG die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass der Klageantrag zu unbestimmt sei, soweit die Klägerin die Wiedergutmachung für alles Erlebte in den 21 Jahren von allen Schuldigen verlange, die sich an ihrem behinderten Sohn nachweisbar schuldig machten und auch an ihr diverse Verbrechen verübten. Zum einen sei nicht klar, gegen wen sie diese Ansprüche richte und zum anderen setzte ein Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz zumindest die konkrete Benennung des Schädigers und der schädigenden Handlung voraus. Das Begehren der Klägerin auf Gesetzesänderung sei unzulässig. Die Aufzählung der im Sozialgerichtsgesetz vorgesehenen Klagearten sei abschließend und nicht auf Abänderung von Gesetzen gerichtet. Soweit sich die Klägerin ursprünglich gegen die Rückforderung von Wohngeld gewendet habe, sei das Gericht davon ausgegangen, dass sie dieses Begehren nicht mehr primär verfolge. Eine Verweisung an das Verwaltungsgericht habe die Klägerin ausdrücklich abgelehnt, nachdem sie darauf hingewiesen wurde, dass eine Entscheidung darüber nicht möglich sei. Hinsichtlich des Anspruchs auf Schmerzensgeld und möglichen Schadensersatzforderungen müsste das Gericht den Rechtsstreit an das für Amtshaftungsklagen zuständige Landgericht (§§ 71 Gerichtsverfassungsgesetz, 839 Bürgerliches Gesetzbuch, Artikel 34 Grundgesetz) verweisen und für die Klägerin entstünden sodann in diesem Verfahren Gerichtskosten. Im Übrigen seien die Anträge der Klägerin unzulässig, da die Klägerin auch nach Aufforderung durch das Gericht ihre Anträge nicht präzisiert habe. Bleibt das Klageziel in diesem Sinne unklar, sei die Klage unzulässig.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie hat angeführt, dass sie jetzt erneut Klage stelle und in den alten Stand zurückversetzt werden wolle. Sie wolle, dass das Gericht von ihrem Sohn und ihr und ihrem Leben erfahre. Ihr Sohn stelle durch sie erneut Antrag auf Schmerzensgeld, angemessene Entschädigung und lebenslange Rente. Sie kämpfe um eine Rente, damit ihr kranker Sohn durch eigenes Geld lebenslang versorgt sei. Es sei ungerecht, dass ihr Sohn nie in die Rentenkasse habe einbezahlen können.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 28.02.2011 zu Leistungen zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung bedurfte es nicht (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Klage zielt zum Teil nicht auf einen der in § 144 Abs. 1 SGG genannten Klagegegenstände. Was den Anspruch auf eine lebenslange Rente betrifft, wäre jedenfalls der maßgebliche Streitwert überschritten.
Fragen des Rechtswegs sind in der Berufungsinstanz nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz).
Die Klägerin ist durch das angefochtene Urteil auch beschwert, denn dieses hat ihre Rechtsschutzbegehren als unzulässig abgewiesen.
Die Berufung ist aber nicht begründet, weil die Klage der Klägerin nicht zulässig war und zu Recht deswegen abgewiesen worden ist.
Was eine Klage im Einzelnen ausmacht, ist im SGG nicht beschrieben. Die Formvorschriften sind jedenfalls eingehalten. So schreibt § 90 SGG (Klageerhebung) vor, dass die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben ist. Die Klage ist ein bestimmender Schriftsatz, durch den eine Prozesshandlung vorgenommen wird. Ob Klage erhoben werden soll, ist durch Auslegung zu ermitteln (zur Auslegung von Prozesshandlungen vgl. BSGE 89, 199, 200 mwN; vgl. auch Meyer-Ladewig, Rn 11a vor § 60). Dabei sind alle eingereichten Unterlagen zu berücksichtigen.
Die in § 92 SGG geregelte Materie enthält zwar die Überschrift "Klageschrift", sie beschreibt aber Mindesterfordernisse der Prozesshandlung. Dazu gehören zwingend (vgl.
§ 92 Abs. 1 S. 1 SGG) die Bezeichnung des Klägers, des Beklagten und des Gegenstandes des Klagebegehrens. Das hat die Klägerin nach Durchführung des Klärungsverfahrens gemäß § 92 Abs. 2 S. 2 SGG bewirkt. Sie hat teils für sich teils für ihren Sohn Rechte eingefordert und eine bestimmte Kreisverwaltung als Beklagten bezeichnet. Was den Gegenstand des Klagebegehrens betrifft, ist in § 92 Abs. 1 S. 1 SGG gemeint, was auch schon zur aF vor 2008 angenommen wurde. Nicht der technisch-juristische Begriff des Streitgegenstandes wird in Bezug genommen, sondern der Kläger muss sein Begehren angeben, also z. B. den Verwaltungsakt bezeichnen, den das Gericht aufheben oder zu dem das Gericht verurteilen soll, die Feststellung, die das Gericht treffen soll, die Leistung, die begehrt wird. Die zwingenden Anforderungen des § 92 Abs 1 S 1 SGG zum Klagebegehren können schon dann erfüllt sein, wenn der Sachverhalt, über den das Gericht entscheiden soll, angegeben oder wenigstens umrissen ist, da die Regelung zum "bestimmten Antrag" nur als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist.
Insoweit ist nach dem Vortrag der Klägerin eine zulässige Klage erhoben. Denn sie verlangt Wiedergutmachung, Gewährung einer lebenslangen Rente an ihren Sohn, Nachzahlungen vom Finanzamt, eine Gesetzesänderung mit dem Zwecke, eine lebenslange Rente für Menschen einzuführen, die als junge Menschen schwer erkranken und Zahlung der einbehaltenen Leistungen durch die Krankenkasse.
Alle diese Dinge sind hier aber von der von der Klägerin bezeichneten Beklagten nicht vorenthalten worden. Der beklagte Kreis hat sich lediglich zum Sachverhalt über die Wohngeldrückforderung eingelassen und auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 28.02.2007 verwiesen. Zu den aufgeführten Forderungen der Klägerin hat der Beklagte keine Regelungen getroffen. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG). Einen derartigen Verwaltungsakt behauptet die Klägerin nicht einmal. Sie bringt auch nicht vor, dass ihr ein solcher verweigert worden ist, etwa im Sinne einer Untätigkeitsklage (vgl. § 88 SGG).
Die allgemeine Leistungsklage ist auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen des Klagegegners gerichtet. In diesem Sinne verlangt die Klägerin Verschiedenes von dem Beklagten. Soweit aber ein Verwaltungsakt erstritten werden soll, ist die - wie oben dargestellt unzulässige - Verpflichtungsklage vorrangig. Im Übrigen muss auch bei der Leistungsklage eine Beschwer vorhanden und der Kläger zur Klage befugt sein. Auch hier müsste die Klägerin eine Beschwer geltend machen und zur Klage befugt sein.
Die Herbeiführung gesetzlicher Vorschriften ist nicht Aufgabe der Gerichte. Die Gerichte sind allenfalls zur Gestaltung individueller Rechtsverhältnisse (hier auch nur in der Anfechtungsklage) befugt. Eine normsetzende Befugnis kommt ihnen nicht zu. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz hält den Rechtsweg nur offen, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird.
Insgesamt ist damit die Berufung zurückzuweisen.
Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
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