Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 32 KR 205/05
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 14/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung des zwischen den Beteiligten geschlossenen Versorgungsvertrages sowie Vergütungsansprüche der Klägerin für nach der Kündigung erbrachte Pflegeleistungen.
Die Klägerin – ein ambulanter Pflegedienst – und die Beklagte schlossen im Juli 2002 für die Zeit ab 20. Juni 2002 einen Vertrag über die Erbringung von Häuslicher Krankenpflege gemäß § 132 Abs. 1, § 132a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), der von den Beteiligten in der Folgezeit durchgeführt wurde. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 des Vertrages kann der Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn der Leistungserbringer seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherten oder der BKK derart grob verletzt, dass ein Festhalten an dem Vertrag nicht vertretbar ist. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 Buchstabe f) des Vertrages liegt eine grobe Pflichtverletzung in diesem Sinne insbesondere bei schwerwiegenden nachweislichen Pflegefehlern vor.
Aufgrund dieses Vertrages betreute die Klägerin unter anderem den bei der Beklagten versicherten W.M ... Mit Schreiben vom 15. September 2004 wandte sich die Tochter des Versicherten, K.M., an die Beklagte und machte schwere Pflegefehler geltend.
Am 6. September 2004 reichte die Klägerin aufgrund einer ärztlichen Verordnung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Y. einen Antrag für dreimal tägliche fachpsychiatrische Krankenpflege für den Versicherten H.T. bei der Beklagten ein. Diese leitete die Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weiter, deren Pflegefachkraft Mitte Oktober 2004 einen Hausbesuch bei dem Versicherten machte und feststellte, dass die Klägerin die Pflege eingestellt hatte.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 kündigte die Beklagte den Vertrag gegenüber der Klägerin außerordentlich und wies darauf hin, dass ab 22. Oktober 2004 keine Pflegeleistungen mehr abgerechnet werden könnten. Zur Begründung führte sie an, dass die Einstellung der Pflege bei dem Versicherten T. einen schweren Pflegefehler darstelle, weil eine offensichtlich notwendige Pflege nicht durchgeführt worden sei. Da die Kosten der Pflege bis zur Entscheidung über die Genehmigung auf jeden Fall von der Beklagten zu übernehmen seien, habe es zu keiner Zeit einen Grund gegeben, die Versorgung nicht durchzuführen. Daneben bestehe der Verdacht, dass es auch bei dem Versicherten M. zu Pflegefehlern gekommen sei. Die Klägerin widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 und führte aus, die Vorwürfe seien haltlos und entbehrten jeder fachlichen Grundlage. Mit Schreiben vom 23. November 2004 hielt die Beklagte an ihrer Kündigung fest und wies erneut darauf hin, dass die Klägerin weder Versicherte der Beklagten versorgen noch derartige Leistungen abrechnen dürfe. In der Folgezeit betreute die Klägerin weiterhin Versicherte der Beklagten. Die hierfür in Rechnung gestellten Beträge wurden von der Beklagten nicht gezahlt.
Mit ihrer am 28. Februar 2005 erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Vertrag nicht durch außerordentliche Kündigung beendet worden sei, und Vergütungsansprüche für erbrachte Pflegeleistungen in der Zeit nach der Kündigung geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, dass die Vorwürfe der Tochter des Versicherten M. jeglicher Grundlage entbehrten und als unzutreffende Unterstellungen zu werten seien. Richtig sei, dass die Klägerin am 6. September 2004 die ärztliche Verordnung über dreimal tägliche fachpsychiatrische Krankenpflege für den Versicherten T. zur Genehmigung an die Beklagte weitergeleitet habe. In den ersten zwei Wochen danach habe sie die verordneten Leistungen auch erbracht. Als die Beklagte dann immer noch nicht über den Antrag entschieden habe, habe sie sich aus wirtschaftlichen Gründen veranlasst gesehen, die Leistungen vorerst wieder einzustellen. Tatsächlich habe die Beklagte auch nach sechs Wochen noch keine Entscheidung getroffen, sondern eine Pflegefachkraft zu dem Versicherten geschickt, was ein unübliches Verfahren sei. Angesichts des erheblichen Zeitaufwandes bei dem Versicherten T. sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die Leistungen weiter zu erbringen, ohne dass Sicherheit über die Vergütung bestanden habe. Im Übrigen setze der Begriff des Pflegefehlers einen Fehler in der Pflege voraus, wovon hier nicht die Rede sein könne. Schließlich sei die Vereinbarung einer außerordentlichen Kündigung ohne vorherige Abmahnung ohnehin unwirksam. Die Klägerin hat sich weiter auf eine Bescheinigung von Dr. Y. vom 24. Juli 2006 bezogen, in der dieser mitgeteilt hat, der Versicherte T. habe sich bis November 2005 in seiner Behandlung befunden. Aufgrund von Problemen im Hinblick auf die Kostenübernahme durch die Beklagte sei er von der Klägerin über die Einstellung der häuslichen Krankenpflege informiert worden. In dieser Zeit sei es so gewesen, dass der Versicherte einen anderen Pflegedienst zugewiesen bekommen habe, der ihn dann bis Ende September 2005 betreut habe. Danach habe er keine häusliche Krankenpflege mehr verordnet, da der Versicherte dies nicht gewünscht habe und sein Zustand so stabil gewesen sei, dass man dies habe verantworten können. Die Betreuung des Versicherten T. sei zu jedem Zeitpunkt sichergestellt gewesen und es seien zu keiner Zeit gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten gewesen.
Ein von der Klägerin gestellter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist durch Beschluss des Sozialgerichts vom 12. April 2005 (S 34 KR 211/05 ER) abgelehnt worden. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist durch Beschluss des Landessozialgerichts vom 24. August 2005 (L 1 B 128/05 ER KR) zurückgewiesen worden. In den Gründen heißt es, ein schwerwiegender zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Pflegefehler liege darin, dass die Klägerin den Versicherten T. trotz ärztlicher Verordnung nach eigenen Angaben von Mitte September bis Mitte Oktober 2004 nicht versorgt habe. Ein Pflegefehler sei nicht nur dann gegeben, wenn bei der Pflege Mängel aufträten, sondern erst recht, wenn eine medizinisch notwendige Pflege überhaupt nicht durchgeführt werde. Denn angesichts der ärztlich festgestellten Notwendigkeit der Krankenpflege sei bei deren Unterlassen über einen längeren Zeitraum von einer erheblichen Gesundheitsgefährdung des Versicherten auszugehen, zumal die Klägerin die Pflege eingestellt habe, ohne die Beklagte zu informieren. Die Klägerin könne ihr Verhalten nicht mit Erfolg damit rechtfertigen, dass ihr mangels Kostenzusage der Beklagten das wirtschaftliche Risiko nicht zuzumuten gewesen sei. Nach den vertraglichen Bestimmungen sei die Beklagte nämlich zur Kostenübernahme von Beginn der Leistungserbringung an bis zur Entscheidung über den Leistungsantrag verpflichtet. Bei Zweifeln hierüber sei es der Klägerin zuzumuten gewesen, diese durch Nachfrage bei der Beklagten zu klären. Angesichts des hohen Maßes der Gesundheitsgefährdung für den Versicherten sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2008 unter Bezugnahme auf die Gründe des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 24. August 2005 (L 1 B 128/05 ER KR) abgewiesen.
Mit ihrer am 10. März 2008 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt ihren bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe die Bescheinigung von Dr. Y. nicht ausreichend gewürdigt. Es werde daher beantragt, Beweis über die hier streitigen Umstände der pflegerischen Betreuung des Versicherten T., insbesondere zu der Frage, ob seine Betreuung zu jedem Zeitpunkt sichergestellt gewesen sei und zu keinem Zeitpunkt gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten gewesen seien, durch Zeugnis des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Y. zu erheben.
Die Klägerin beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Februar 2008 aufzuheben und festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 ausgesprochene außerordentliche Kündigung des zwischen den Beteiligten im Jahr 2002 geschlossenen Versorgungsvertrages unwirksam ist, sowie 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 15.677,07 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 267,40 seit dem 23. November 2004, auf EUR 572,10 seit dem 26. Dezember 2004, auf EUR 230,10 seit dem 9. Januar 2005, auf EUR 828,94 seit dem 24. Januar 2005, auf EUR 474,54 seit dem 22. Februar 2005, auf EUR 828,94 seit dem 27. Februar 2005, auf EUR 1.162,90 seit dem 23. März 2005, auf EUR 199,42 seit dem 24. April 2005, auf EUR 475,54 seit dem 25. April 2005, auf EUR 550,14 seit dem 27. April 2005, auf EUR 460,20 seit dem 24. Mai 2005, auf EUR 628,94 seit dem 1. Juni 2005, auf EUR 237,77 seit dem 23. Juni 2005, auf EUR 490,88 seit dem 10. Juli 2005, auf EUR 230.10 seit dem 24. Juli 2005, auf EUR 759,33 seit dem 26. Juli 2005, auf EUR 237,77 seit dem 24. August 2005, auf EUR 475,54 seit dem 28. August 2005, auf EUR 713,31 seit dem 26. September 2005, auf EUR 46,02 seit dem 27. September 2005, auf EUR 628,94 seit dem 26. Oktober 2005, auf EUR 475,54 seit dem 23. November 2005, auf EUR 283,79 seit dem 24. November 2005, auf EUR 460,20 seit dem 25. Dezember 2005, auf EUR 299,13 seit dem 1. Januar 2006, auf EUR 674,96 seit dem 23. Januar 2006, auf EUR 475,54 seit dem 25. Januar 2006, auf EUR 444,86 seit dem 22. Februar 2006, auf EUR 1.349,92 seit dem 26. März 2006 sowie auf EUR 713,31 seit dem 30. April 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und trägt ergänzend vor, dass der Versicherte T. ab 12. November 2004 von einem anderen Pflegedienst betreut worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und die in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Passivlegitimation der Beklagten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die Berufung ist aber nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Der zwischen den Beteiligten im Jahr 2002 geschlossene Versorgungsvertrag ist von der Beklagten mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 wirksam zum 21. Oktober 2004 gekündigt worden. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 des Vertrages kann der Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn der Leistungserbringer seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherten oder der BKK derart grob verletzt, dass ein Festhalten an dem Vertrag nicht vertretbar ist. Eine grobe Pflichtverletzung in diesem Sinne liegt gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 Buchstabe f) des Vertrages insbesondere bei schwerwiegenden nachweislichen Pflegefehlern vor. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Unabhängig von der Frage, ob bei dem Versicherten M. Fehler in der Pflegeleistung aufgetreten sind, liegt ein schwerwiegender Pflegefehler bereits dadurch vor, dass die Klägerin den Versicherten T. nach eigenen Angaben von Mitte September bis Mitte Oktober 2004 überhaupt nicht versorgt hat. Denn ein Pflegefehler ist nicht nur dann gegeben, wenn eine Pflege mangelhaft durchgeführt hat, sondern auch, wenn eine medizinisch notwendige Pflege überhaupt nicht erbracht wird. Es handelt sich dabei auch um einen schwerwiegenden Pflegefehler. Da die dreimal tägliche fachpsychiatrische Pflege, die zur häuslichen Krankenpflege gehört (Padé in JurisPK-SGB V, § 37 Rn. 37) und daher vom Versorgungsvertrag erfasst ist, von dem behandelnden Arzt verordnet wurde, ist von deren medizinischer Notwendigkeit auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung zu Unrecht erfolgt war, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Angesichts der ärztlich festgestellten Notwendigkeit der Pflege bestand für den Versicherten T. das Risiko einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung dadurch, dass die Pflege über einen längeren Zeitraum nicht durchgeführt wurde. Darauf, ob sich diese Gefahr auch tatsächlich realisiert hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, denn der Pflegefehler bestand schon darin, dass der Versicherte vorsätzlich einer erheblichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt wurde, ohne dass die Beklagte hierüber informiert wurde.
Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der Bescheinigung von Dr. Y. vom 24. Juli 2006. Soweit dieser angibt, die Betreuung des Versicherten T. sei jederzeit sichergestellt gewesen, so entspricht dies nicht den Tatsachen, da die Betreuung tatsächlich erst am 12. November 2004 von einem anderen Pflegedienst übernommen worden ist. Da die Beklagte erst Mitte Oktober 2004 von der Einstellung der Pflege durch die Klägerin erfahren hat, konnte jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt eine anderweitige Sicherstellung der Pflege auch nicht erfolgen. Aus diesem Grund bestand jedenfalls auch das Risiko einer Gesundheitsgefährdung bei dem Versicherten T., denn auch Dr. Y. hielt die Betreuung durch einen Pflegedienst offenbar weiterhin für notwendig, da er diese nach eigenen Angaben bis Ende September 2005 verordnet hat. Darauf, dass Dr. Y. rückblickend angibt, dass zu keinem Zeitpunkt (konkrete) gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten gewesen seien, kommt es – wie ausgeführt – nicht an. Das Gericht war vor diesem Hintergrund nach Maßgabe des Amtsermittlungsgrundsatzes zu einer Beweiserhebung durch Vernehmung von Dr. Y. als Zeugen nicht gehalten, da weiterer Ermittlungsbedarf nicht besteht.
Die Klägerin kann ihr Verhalten auch nicht damit rechtfertigen, dass ihr mangels rechtzeitiger Kostenzusage durch die Beklagte das wirtschaftliche Risiko der weiteren Betreuung des Versicherten T. zu hoch gewesen sei. Denn nach § 8 Abs. 3 des Versorgungsvertrages ist die Beklagte, soweit eine Kostenzusage nicht vor Pflegebeginn eingeholt werden konnte, zur Kostenübernahme vom Beginn der Leistungserbringung an bis zur Entscheidung über den Leistungsantrag verpflichtet. Sollte die Klägerin diesbezügliche Zweifel gehabt haben, war es ihr ohne weiteres möglich und zuzumuten, dies durch Nachfrage bei der Beklagten zu klären.
Entgegen der Auffassung der Klägerin war auch eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich. Die vertraglichen Bestimmungen über die außerordentliche Kündigung setzen eine Abmahnung nicht voraus. Nach den über § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V anwendbaren § 314 Abs. 2, § 323 Abs. 2 Nr. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist eine Abmahnung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen, wenn also das Vertrauensverhältnis so schwerwiegend gestört ist, dass eine sofortige Beendigung des Vertrages gerechtfertigt erscheint (LSG Bayern, Beschluss vom 22.02.2011 – L 12 KA 2/11 B ER – Juris). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Durch die vorsätzliche Einstellung einer ärztlich verordneten Pflege ohne Benachrichtigung der Beklagten sowie die damit verbundene Gesundheitsgefährdung des Versicherten war das Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten so schwerwiegend gestört, dass der Beklagten ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar war.
Aufgrund der Wirksamkeit der mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 erfolgten Kündigung des Versorgungsvertrages kann die Klägerin für die Zeit danach keine vertraglichen Vergütungsansprüche mehr geltend machen. Der Vertrag wirkt mangels eines allgemeinen Fortgeltungsanspruchs für die Zeit nach der Kündigung auch nicht fort (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004 – B 3 KR 2/03 R – Juris). Die Klägerin kann ihre Vergütungsansprüche schließlich auch nicht auf Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) stützen, da eine Verpflichtung der Beklagten zum Wertersatz nach den Grundsätzen einer aufgedrängten Bereicherung ausgeschlossen ist (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 31.10.2007 – L 1 KR 21/07 – Juris). Um eine aufgedrängte Bereicherung handelt es sich, wenn für den Erwerbenden die ohne seine Zustimmung erfolgte objektive Wertsteigerung subjektiv kein Interesse hat. Ein solches Interesse der Beklagten an den von der Klägerin nach der Kündigung erbrachten Leistungen bestand gerade nicht. Denn die Beklagte konnte ihren Versorgungsauftrag durch andere Pflegedienste sicherstellen und hatte die Klägerin sowohl mit der Kündigung als auch im Schreiben vom 23. November 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie ab 22. Oktober 2004 weder Versicherte der Beklagten versorgen noch derartige Leistungen abrechnen dürfe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Streitig ist die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung des zwischen den Beteiligten geschlossenen Versorgungsvertrages sowie Vergütungsansprüche der Klägerin für nach der Kündigung erbrachte Pflegeleistungen.
Die Klägerin – ein ambulanter Pflegedienst – und die Beklagte schlossen im Juli 2002 für die Zeit ab 20. Juni 2002 einen Vertrag über die Erbringung von Häuslicher Krankenpflege gemäß § 132 Abs. 1, § 132a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), der von den Beteiligten in der Folgezeit durchgeführt wurde. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 des Vertrages kann der Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn der Leistungserbringer seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherten oder der BKK derart grob verletzt, dass ein Festhalten an dem Vertrag nicht vertretbar ist. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 Buchstabe f) des Vertrages liegt eine grobe Pflichtverletzung in diesem Sinne insbesondere bei schwerwiegenden nachweislichen Pflegefehlern vor.
Aufgrund dieses Vertrages betreute die Klägerin unter anderem den bei der Beklagten versicherten W.M ... Mit Schreiben vom 15. September 2004 wandte sich die Tochter des Versicherten, K.M., an die Beklagte und machte schwere Pflegefehler geltend.
Am 6. September 2004 reichte die Klägerin aufgrund einer ärztlichen Verordnung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Y. einen Antrag für dreimal tägliche fachpsychiatrische Krankenpflege für den Versicherten H.T. bei der Beklagten ein. Diese leitete die Unterlagen an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) weiter, deren Pflegefachkraft Mitte Oktober 2004 einen Hausbesuch bei dem Versicherten machte und feststellte, dass die Klägerin die Pflege eingestellt hatte.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 kündigte die Beklagte den Vertrag gegenüber der Klägerin außerordentlich und wies darauf hin, dass ab 22. Oktober 2004 keine Pflegeleistungen mehr abgerechnet werden könnten. Zur Begründung führte sie an, dass die Einstellung der Pflege bei dem Versicherten T. einen schweren Pflegefehler darstelle, weil eine offensichtlich notwendige Pflege nicht durchgeführt worden sei. Da die Kosten der Pflege bis zur Entscheidung über die Genehmigung auf jeden Fall von der Beklagten zu übernehmen seien, habe es zu keiner Zeit einen Grund gegeben, die Versorgung nicht durchzuführen. Daneben bestehe der Verdacht, dass es auch bei dem Versicherten M. zu Pflegefehlern gekommen sei. Die Klägerin widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 21. Oktober 2004 und führte aus, die Vorwürfe seien haltlos und entbehrten jeder fachlichen Grundlage. Mit Schreiben vom 23. November 2004 hielt die Beklagte an ihrer Kündigung fest und wies erneut darauf hin, dass die Klägerin weder Versicherte der Beklagten versorgen noch derartige Leistungen abrechnen dürfe. In der Folgezeit betreute die Klägerin weiterhin Versicherte der Beklagten. Die hierfür in Rechnung gestellten Beträge wurden von der Beklagten nicht gezahlt.
Mit ihrer am 28. Februar 2005 erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Vertrag nicht durch außerordentliche Kündigung beendet worden sei, und Vergütungsansprüche für erbrachte Pflegeleistungen in der Zeit nach der Kündigung geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, dass die Vorwürfe der Tochter des Versicherten M. jeglicher Grundlage entbehrten und als unzutreffende Unterstellungen zu werten seien. Richtig sei, dass die Klägerin am 6. September 2004 die ärztliche Verordnung über dreimal tägliche fachpsychiatrische Krankenpflege für den Versicherten T. zur Genehmigung an die Beklagte weitergeleitet habe. In den ersten zwei Wochen danach habe sie die verordneten Leistungen auch erbracht. Als die Beklagte dann immer noch nicht über den Antrag entschieden habe, habe sie sich aus wirtschaftlichen Gründen veranlasst gesehen, die Leistungen vorerst wieder einzustellen. Tatsächlich habe die Beklagte auch nach sechs Wochen noch keine Entscheidung getroffen, sondern eine Pflegefachkraft zu dem Versicherten geschickt, was ein unübliches Verfahren sei. Angesichts des erheblichen Zeitaufwandes bei dem Versicherten T. sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die Leistungen weiter zu erbringen, ohne dass Sicherheit über die Vergütung bestanden habe. Im Übrigen setze der Begriff des Pflegefehlers einen Fehler in der Pflege voraus, wovon hier nicht die Rede sein könne. Schließlich sei die Vereinbarung einer außerordentlichen Kündigung ohne vorherige Abmahnung ohnehin unwirksam. Die Klägerin hat sich weiter auf eine Bescheinigung von Dr. Y. vom 24. Juli 2006 bezogen, in der dieser mitgeteilt hat, der Versicherte T. habe sich bis November 2005 in seiner Behandlung befunden. Aufgrund von Problemen im Hinblick auf die Kostenübernahme durch die Beklagte sei er von der Klägerin über die Einstellung der häuslichen Krankenpflege informiert worden. In dieser Zeit sei es so gewesen, dass der Versicherte einen anderen Pflegedienst zugewiesen bekommen habe, der ihn dann bis Ende September 2005 betreut habe. Danach habe er keine häusliche Krankenpflege mehr verordnet, da der Versicherte dies nicht gewünscht habe und sein Zustand so stabil gewesen sei, dass man dies habe verantworten können. Die Betreuung des Versicherten T. sei zu jedem Zeitpunkt sichergestellt gewesen und es seien zu keiner Zeit gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten gewesen.
Ein von der Klägerin gestellter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist durch Beschluss des Sozialgerichts vom 12. April 2005 (S 34 KR 211/05 ER) abgelehnt worden. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist durch Beschluss des Landessozialgerichts vom 24. August 2005 (L 1 B 128/05 ER KR) zurückgewiesen worden. In den Gründen heißt es, ein schwerwiegender zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Pflegefehler liege darin, dass die Klägerin den Versicherten T. trotz ärztlicher Verordnung nach eigenen Angaben von Mitte September bis Mitte Oktober 2004 nicht versorgt habe. Ein Pflegefehler sei nicht nur dann gegeben, wenn bei der Pflege Mängel aufträten, sondern erst recht, wenn eine medizinisch notwendige Pflege überhaupt nicht durchgeführt werde. Denn angesichts der ärztlich festgestellten Notwendigkeit der Krankenpflege sei bei deren Unterlassen über einen längeren Zeitraum von einer erheblichen Gesundheitsgefährdung des Versicherten auszugehen, zumal die Klägerin die Pflege eingestellt habe, ohne die Beklagte zu informieren. Die Klägerin könne ihr Verhalten nicht mit Erfolg damit rechtfertigen, dass ihr mangels Kostenzusage der Beklagten das wirtschaftliche Risiko nicht zuzumuten gewesen sei. Nach den vertraglichen Bestimmungen sei die Beklagte nämlich zur Kostenübernahme von Beginn der Leistungserbringung an bis zur Entscheidung über den Leistungsantrag verpflichtet. Bei Zweifeln hierüber sei es der Klägerin zuzumuten gewesen, diese durch Nachfrage bei der Beklagten zu klären. Angesichts des hohen Maßes der Gesundheitsgefährdung für den Versicherten sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2008 unter Bezugnahme auf die Gründe des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 24. August 2005 (L 1 B 128/05 ER KR) abgewiesen.
Mit ihrer am 10. März 2008 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt ihren bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe die Bescheinigung von Dr. Y. nicht ausreichend gewürdigt. Es werde daher beantragt, Beweis über die hier streitigen Umstände der pflegerischen Betreuung des Versicherten T., insbesondere zu der Frage, ob seine Betreuung zu jedem Zeitpunkt sichergestellt gewesen sei und zu keinem Zeitpunkt gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten gewesen seien, durch Zeugnis des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Y. zu erheben.
Die Klägerin beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Februar 2008 aufzuheben und festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 ausgesprochene außerordentliche Kündigung des zwischen den Beteiligten im Jahr 2002 geschlossenen Versorgungsvertrages unwirksam ist, sowie 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 15.677,07 nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 267,40 seit dem 23. November 2004, auf EUR 572,10 seit dem 26. Dezember 2004, auf EUR 230,10 seit dem 9. Januar 2005, auf EUR 828,94 seit dem 24. Januar 2005, auf EUR 474,54 seit dem 22. Februar 2005, auf EUR 828,94 seit dem 27. Februar 2005, auf EUR 1.162,90 seit dem 23. März 2005, auf EUR 199,42 seit dem 24. April 2005, auf EUR 475,54 seit dem 25. April 2005, auf EUR 550,14 seit dem 27. April 2005, auf EUR 460,20 seit dem 24. Mai 2005, auf EUR 628,94 seit dem 1. Juni 2005, auf EUR 237,77 seit dem 23. Juni 2005, auf EUR 490,88 seit dem 10. Juli 2005, auf EUR 230.10 seit dem 24. Juli 2005, auf EUR 759,33 seit dem 26. Juli 2005, auf EUR 237,77 seit dem 24. August 2005, auf EUR 475,54 seit dem 28. August 2005, auf EUR 713,31 seit dem 26. September 2005, auf EUR 46,02 seit dem 27. September 2005, auf EUR 628,94 seit dem 26. Oktober 2005, auf EUR 475,54 seit dem 23. November 2005, auf EUR 283,79 seit dem 24. November 2005, auf EUR 460,20 seit dem 25. Dezember 2005, auf EUR 299,13 seit dem 1. Januar 2006, auf EUR 674,96 seit dem 23. Januar 2006, auf EUR 475,54 seit dem 25. Januar 2006, auf EUR 444,86 seit dem 22. Februar 2006, auf EUR 1.349,92 seit dem 26. März 2006 sowie auf EUR 713,31 seit dem 30. April 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und trägt ergänzend vor, dass der Versicherte T. ab 12. November 2004 von einem anderen Pflegedienst betreut worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und die in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Passivlegitimation der Beklagten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Die Berufung ist aber nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Der zwischen den Beteiligten im Jahr 2002 geschlossene Versorgungsvertrag ist von der Beklagten mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 wirksam zum 21. Oktober 2004 gekündigt worden. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 des Vertrages kann der Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn der Leistungserbringer seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Versicherten oder der BKK derart grob verletzt, dass ein Festhalten an dem Vertrag nicht vertretbar ist. Eine grobe Pflichtverletzung in diesem Sinne liegt gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 Buchstabe f) des Vertrages insbesondere bei schwerwiegenden nachweislichen Pflegefehlern vor. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Unabhängig von der Frage, ob bei dem Versicherten M. Fehler in der Pflegeleistung aufgetreten sind, liegt ein schwerwiegender Pflegefehler bereits dadurch vor, dass die Klägerin den Versicherten T. nach eigenen Angaben von Mitte September bis Mitte Oktober 2004 überhaupt nicht versorgt hat. Denn ein Pflegefehler ist nicht nur dann gegeben, wenn eine Pflege mangelhaft durchgeführt hat, sondern auch, wenn eine medizinisch notwendige Pflege überhaupt nicht erbracht wird. Es handelt sich dabei auch um einen schwerwiegenden Pflegefehler. Da die dreimal tägliche fachpsychiatrische Pflege, die zur häuslichen Krankenpflege gehört (Padé in JurisPK-SGB V, § 37 Rn. 37) und daher vom Versorgungsvertrag erfasst ist, von dem behandelnden Arzt verordnet wurde, ist von deren medizinischer Notwendigkeit auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung zu Unrecht erfolgt war, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Angesichts der ärztlich festgestellten Notwendigkeit der Pflege bestand für den Versicherten T. das Risiko einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung dadurch, dass die Pflege über einen längeren Zeitraum nicht durchgeführt wurde. Darauf, ob sich diese Gefahr auch tatsächlich realisiert hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, denn der Pflegefehler bestand schon darin, dass der Versicherte vorsätzlich einer erheblichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt wurde, ohne dass die Beklagte hierüber informiert wurde.
Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der Bescheinigung von Dr. Y. vom 24. Juli 2006. Soweit dieser angibt, die Betreuung des Versicherten T. sei jederzeit sichergestellt gewesen, so entspricht dies nicht den Tatsachen, da die Betreuung tatsächlich erst am 12. November 2004 von einem anderen Pflegedienst übernommen worden ist. Da die Beklagte erst Mitte Oktober 2004 von der Einstellung der Pflege durch die Klägerin erfahren hat, konnte jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt eine anderweitige Sicherstellung der Pflege auch nicht erfolgen. Aus diesem Grund bestand jedenfalls auch das Risiko einer Gesundheitsgefährdung bei dem Versicherten T., denn auch Dr. Y. hielt die Betreuung durch einen Pflegedienst offenbar weiterhin für notwendig, da er diese nach eigenen Angaben bis Ende September 2005 verordnet hat. Darauf, dass Dr. Y. rückblickend angibt, dass zu keinem Zeitpunkt (konkrete) gesundheitliche Beeinträchtigungen zu befürchten gewesen seien, kommt es – wie ausgeführt – nicht an. Das Gericht war vor diesem Hintergrund nach Maßgabe des Amtsermittlungsgrundsatzes zu einer Beweiserhebung durch Vernehmung von Dr. Y. als Zeugen nicht gehalten, da weiterer Ermittlungsbedarf nicht besteht.
Die Klägerin kann ihr Verhalten auch nicht damit rechtfertigen, dass ihr mangels rechtzeitiger Kostenzusage durch die Beklagte das wirtschaftliche Risiko der weiteren Betreuung des Versicherten T. zu hoch gewesen sei. Denn nach § 8 Abs. 3 des Versorgungsvertrages ist die Beklagte, soweit eine Kostenzusage nicht vor Pflegebeginn eingeholt werden konnte, zur Kostenübernahme vom Beginn der Leistungserbringung an bis zur Entscheidung über den Leistungsantrag verpflichtet. Sollte die Klägerin diesbezügliche Zweifel gehabt haben, war es ihr ohne weiteres möglich und zuzumuten, dies durch Nachfrage bei der Beklagten zu klären.
Entgegen der Auffassung der Klägerin war auch eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich. Die vertraglichen Bestimmungen über die außerordentliche Kündigung setzen eine Abmahnung nicht voraus. Nach den über § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V anwendbaren § 314 Abs. 2, § 323 Abs. 2 Nr. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist eine Abmahnung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen, wenn also das Vertrauensverhältnis so schwerwiegend gestört ist, dass eine sofortige Beendigung des Vertrages gerechtfertigt erscheint (LSG Bayern, Beschluss vom 22.02.2011 – L 12 KA 2/11 B ER – Juris). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Durch die vorsätzliche Einstellung einer ärztlich verordneten Pflege ohne Benachrichtigung der Beklagten sowie die damit verbundene Gesundheitsgefährdung des Versicherten war das Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten so schwerwiegend gestört, dass der Beklagten ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar war.
Aufgrund der Wirksamkeit der mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 erfolgten Kündigung des Versorgungsvertrages kann die Klägerin für die Zeit danach keine vertraglichen Vergütungsansprüche mehr geltend machen. Der Vertrag wirkt mangels eines allgemeinen Fortgeltungsanspruchs für die Zeit nach der Kündigung auch nicht fort (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2004 – B 3 KR 2/03 R – Juris). Die Klägerin kann ihre Vergütungsansprüche schließlich auch nicht auf Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) stützen, da eine Verpflichtung der Beklagten zum Wertersatz nach den Grundsätzen einer aufgedrängten Bereicherung ausgeschlossen ist (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 31.10.2007 – L 1 KR 21/07 – Juris). Um eine aufgedrängte Bereicherung handelt es sich, wenn für den Erwerbenden die ohne seine Zustimmung erfolgte objektive Wertsteigerung subjektiv kein Interesse hat. Ein solches Interesse der Beklagten an den von der Klägerin nach der Kündigung erbrachten Leistungen bestand gerade nicht. Denn die Beklagte konnte ihren Versorgungsauftrag durch andere Pflegedienste sicherstellen und hatte die Klägerin sowohl mit der Kündigung als auch im Schreiben vom 23. November 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie ab 22. Oktober 2004 weder Versicherte der Beklagten versorgen noch derartige Leistungen abrechnen dürfe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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