Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 KR 1462/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 55/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Oktober 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie-Untersuchung (PET-CT).
Bei dem 1974 geborenen Kläger wurde im Juni 2007 die Diagnose eines Morbus Hodgkin gestellt. Zur Befundsicherung wurden eine Lymphknotenbiopsie, eine Knochenmarkspunktion, sonographische Untersuchungen, eine Computertomographie und eine Skelettszintigraphie durchgeführt, wonach sich zunächst das Stadium III der Erkrankung ergab. Mit Schreiben vom 15. Juni 2007 beantragte der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. E., bei der Beklagten die Kostenzusage für eine PET-CT-Untersuchung, um eine genauere Stadienbestimmung vornehmen zu können. Die Untersuchung wurde am 19. Juni 2007 durchgeführt und dem Kläger wurde hierfür ein Betrag von EUR 1.198,62 in Rechnung gestellt. Die behandelnden Ärzte des Klägers gingen danach vom Vorliegen des Stadiums IV der Erkrankung aus. Am 20. Juni 2007 wurde er der Deutschen Hodgkin Studiengruppe (DHSG) gemeldet und erhielt in der Zeit vom 25. Juni bis 28. Oktober 2007 entsprechend deren HD-15-Protokoll eine intensive zytostatische Polychemotherapie (BEACOPP). Am 12. November 2007 wurde bei ihm im Rahmen der DHSG eine erneute PET-CT durchgeführt. Am 23. November 2007 sprach die DHSG die Empfehlung aus, bei dem Kläger keine anschließende Strahlentherapie durchzuführen.
Die Beklagte lehnte die Kostenerstattung für die am 19. Juni 2007 durchgeführte PET-CT mit Bescheid vom 3. Juli 2007 ab, da die Methode vom Gemeinsamen Bundesausschuss geprüft und negativ bewertet worden und daher von der vertraglichen Versorgung ausgenommen sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 zurück.
Der Kläger hat dagegen am 13. Dezember 2007 Klage erhoben und vorgetragen, die am 19. Juni 2007 durchgeführte PET-CT sei zur genauen Stadienbestimmung seiner Erkrankung erforderlich gewesen, was wiederum zur Festlegung der richtigen Therapie notwendig gewesen sei. Anderenfalls hätte die Entscheidung, auf eine nachfolgende Strahlentherapie zu verzichten, nicht getroffen werden können. Ein Abwarten der Entscheidung der Beklagten sei nicht möglich gewesen, da aufgrund der Schwere der Erkrankung unverzüglich mit der Therapie habe begonnen werden müssen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 8. Oktober 2009 – dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 12. Oktober 2009 – abgewiesen. Zum einen seien die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger die Untersuchung durchgeführt habe, ohne vorher die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Die Untersuchung sei auch nicht derart unaufschiebbar gewesen, da sie für die Durchführung der Chemotherapie nicht Voraussetzung gewesen sei. Eine Kostenerstattung komme aber auch deshalb nicht in Betracht, weil die Untersuchungsmethode vom Gemeinsamen Bundesausschuss von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu lebensbedrohlichen Erkrankungen, da diese nur für Behandlungsmethoden, nicht aber für Diagnostik gelte.
Der Kläger hat dagegen am 12. November 2009 Berufung eingelegt. Er trägt unter Bezugnahme auf ein Schreiben von Dr. E. vom 4. November 2009 vor, dass ein Abwarten der Entscheidung der Beklagten nicht möglich gewesen sei, weil die PET-CT nach Beginn der Chemotherapie nicht hätte nachgeholt werden können. Die PET-CT sei zwar nicht für die Einleitung der Chemotherapie von Bedeutung gewesen, sie dokumentiere aber den Verlauf der Erkrankung, woraus sich ergeben habe, dass eine Strahlentherapie nicht mehr notwendig gewesen sei. Ohne die prätherapeutische PET-CT sei es nicht möglich gewesen, diesen Schluss zu ziehen, sodass eine Strahlentherapie die Folge gewesen wäre.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Oktober 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten der am 19. Juni 2007 durchgeführten PET-CT-Untersuchung in Höhe von EUR 1.198,62 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Im Laufe des Berufungsverfahrens ist ein Gutachten des Onkologen Dr. H. vom 2. August 2010 nebst ergänzender Stellungnahme vom 1. Dezember 2010 eingeholt worden. Er hat ausgeführt, dass die PET-CT-Untersuchung für die Therapieplanung und Behandlung nicht erforderlich gewesen sei. Für die Stadieneinteilung und die konsekutive Therapieplanung gebe es die anerkannten bildgebenden Untersuchungsmethoden, wie insbesondere Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Knochenszintigraphie. All diese Untersuchungen seien beim Kläger auch durchgeführt worden und rechtfertigten die durchgeführte Chemotherapie. Er gehe im Übrigen lediglich von einem Krankheitsstadium II A aus, dies sei aber letztlich unerheblich, weil in jedem Fall die Chemotherapie indiziert gewesen sei.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung hat.
Gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) besteht ein Kostenerstattungsanspruch, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 17.02.2010 – B 1 KR 10/09 R – Juris, m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die PET-CT-Untersuchung im Zeitpunkt ihrer Durchführung nicht zu den im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbaren Leistungen gehörte. Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen abgegeben hat (BSG, Urteil vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R – Juris, m.w.N.). In Ziffer 39 der Anlage II zur Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, S. 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 18. Januar 2007 (BAnz 2007, S. 4362, Nr. 79) ist die PET jedoch ausdrücklich von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen worden, sofern nicht ausnahmsweise eine in Ziffer 14 der Anlage I aufgeführte – hier nicht einschlägige Indikation – gegeben ist.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - Juris). Hiernach ist es mit dem Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren, einen gesetzlich Krankenversicherten, der unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit leidet, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlichen Behandlung auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, diese Rechtsprechung auch auf Fälle anzuwenden, in denen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (BVerfG, Beschluss vom 29.11.2007 – 1 BvR 2496/07 – Juris). Des Weiteren lag bei dem Kläger zweifelsohne eine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur auf Behandlungs- oder auch auf Untersuchungsmethoden anzuwenden ist, kann jedoch dahin stehen, da im Falle des Klägers jedenfalls anerkannte Untersuchungsmethoden zur Verfügung standen.
Wie der Sachverständige Dr. H. ausgeführt hat, gibt es für die Bestimmung des Krankheitsstadiums beim Morbus Hodgkin die Computertomographie, die Magnetresonanztomographie und die Knochenszintigraphie als anerkannte bildgebende Untersuchungsmethoden, die alle bei dem Kläger auch durchgeführt worden sind. Es ist nicht erkennbar, dass diese Methoden zur Stadienbestimmung und Therapieplanung im Falle des Klägers nicht ausreichend gewesen wären. Unstreitig war bereits nach Auswertung dieser Untersuchungen die Durchführung einer Chemotherapie eindeutig indiziert. Soweit der Kläger unter Berufung auf seinen behandelnden Arzt vorträgt, ohne die initiale PET-CT hätte die Entscheidung gegen eine Strahlentherapie nicht getroffen werden können, finden sich hierfür keine objektiv nachvollziehbaren Belege.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sich in einem durch Beschluss vom 21. Oktober 2010 abgeschlossenen Beratungsverfahren gemäß § 135 Abs. 1 SGB V ausführlich mit der Bewertung des Nutzens und der medizinischen Notwendigkeit der PET und PET-CT bei malignen Lymphomen befasst. Ergebnis der Auswertung der vorhandenen Studien war, dass ein Nutzen für Morbus Hodgkin-Patienten im fortgeschrittenen Stadium beim Restaging und Nachweis von Restgewebe von 2,5 cm oder mehr nach abgeschlossener Chemotherapie vorliegt, wenn entschieden werden soll, ob eine Strahlentherapie folgen soll oder nicht. Demgegenüber wurde für das – hier im Streit stehende – initiale Staging ein Nutzen der PET bzw. PET-CT für den Patienten nicht gesehen (Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Positronenemissionstomographie (PET) und PET/Computertomographie (CT) bei malignen Lymphomen vom 21. Oktober 2010, S. 4). Dies entspricht den Empfehlungen der DHSG auf der Grundlage ihrer HD-15-Studie sowie den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (Stand: Juni 2009), die die routinemäßige Durchführung einer PET im Rahmen des initialen Stagings nicht befürworten, da es bisher keine Daten für ein verbessertes Outcome gebe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie-Untersuchung (PET-CT).
Bei dem 1974 geborenen Kläger wurde im Juni 2007 die Diagnose eines Morbus Hodgkin gestellt. Zur Befundsicherung wurden eine Lymphknotenbiopsie, eine Knochenmarkspunktion, sonographische Untersuchungen, eine Computertomographie und eine Skelettszintigraphie durchgeführt, wonach sich zunächst das Stadium III der Erkrankung ergab. Mit Schreiben vom 15. Juni 2007 beantragte der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. E., bei der Beklagten die Kostenzusage für eine PET-CT-Untersuchung, um eine genauere Stadienbestimmung vornehmen zu können. Die Untersuchung wurde am 19. Juni 2007 durchgeführt und dem Kläger wurde hierfür ein Betrag von EUR 1.198,62 in Rechnung gestellt. Die behandelnden Ärzte des Klägers gingen danach vom Vorliegen des Stadiums IV der Erkrankung aus. Am 20. Juni 2007 wurde er der Deutschen Hodgkin Studiengruppe (DHSG) gemeldet und erhielt in der Zeit vom 25. Juni bis 28. Oktober 2007 entsprechend deren HD-15-Protokoll eine intensive zytostatische Polychemotherapie (BEACOPP). Am 12. November 2007 wurde bei ihm im Rahmen der DHSG eine erneute PET-CT durchgeführt. Am 23. November 2007 sprach die DHSG die Empfehlung aus, bei dem Kläger keine anschließende Strahlentherapie durchzuführen.
Die Beklagte lehnte die Kostenerstattung für die am 19. Juni 2007 durchgeführte PET-CT mit Bescheid vom 3. Juli 2007 ab, da die Methode vom Gemeinsamen Bundesausschuss geprüft und negativ bewertet worden und daher von der vertraglichen Versorgung ausgenommen sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 zurück.
Der Kläger hat dagegen am 13. Dezember 2007 Klage erhoben und vorgetragen, die am 19. Juni 2007 durchgeführte PET-CT sei zur genauen Stadienbestimmung seiner Erkrankung erforderlich gewesen, was wiederum zur Festlegung der richtigen Therapie notwendig gewesen sei. Anderenfalls hätte die Entscheidung, auf eine nachfolgende Strahlentherapie zu verzichten, nicht getroffen werden können. Ein Abwarten der Entscheidung der Beklagten sei nicht möglich gewesen, da aufgrund der Schwere der Erkrankung unverzüglich mit der Therapie habe begonnen werden müssen.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 8. Oktober 2009 – dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 12. Oktober 2009 – abgewiesen. Zum einen seien die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger die Untersuchung durchgeführt habe, ohne vorher die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Die Untersuchung sei auch nicht derart unaufschiebbar gewesen, da sie für die Durchführung der Chemotherapie nicht Voraussetzung gewesen sei. Eine Kostenerstattung komme aber auch deshalb nicht in Betracht, weil die Untersuchungsmethode vom Gemeinsamen Bundesausschuss von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu lebensbedrohlichen Erkrankungen, da diese nur für Behandlungsmethoden, nicht aber für Diagnostik gelte.
Der Kläger hat dagegen am 12. November 2009 Berufung eingelegt. Er trägt unter Bezugnahme auf ein Schreiben von Dr. E. vom 4. November 2009 vor, dass ein Abwarten der Entscheidung der Beklagten nicht möglich gewesen sei, weil die PET-CT nach Beginn der Chemotherapie nicht hätte nachgeholt werden können. Die PET-CT sei zwar nicht für die Einleitung der Chemotherapie von Bedeutung gewesen, sie dokumentiere aber den Verlauf der Erkrankung, woraus sich ergeben habe, dass eine Strahlentherapie nicht mehr notwendig gewesen sei. Ohne die prätherapeutische PET-CT sei es nicht möglich gewesen, diesen Schluss zu ziehen, sodass eine Strahlentherapie die Folge gewesen wäre.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Oktober 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten der am 19. Juni 2007 durchgeführten PET-CT-Untersuchung in Höhe von EUR 1.198,62 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Im Laufe des Berufungsverfahrens ist ein Gutachten des Onkologen Dr. H. vom 2. August 2010 nebst ergänzender Stellungnahme vom 1. Dezember 2010 eingeholt worden. Er hat ausgeführt, dass die PET-CT-Untersuchung für die Therapieplanung und Behandlung nicht erforderlich gewesen sei. Für die Stadieneinteilung und die konsekutive Therapieplanung gebe es die anerkannten bildgebenden Untersuchungsmethoden, wie insbesondere Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Knochenszintigraphie. All diese Untersuchungen seien beim Kläger auch durchgeführt worden und rechtfertigten die durchgeführte Chemotherapie. Er gehe im Übrigen lediglich von einem Krankheitsstadium II A aus, dies sei aber letztlich unerheblich, weil in jedem Fall die Chemotherapie indiziert gewesen sei.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung hat.
Gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) besteht ein Kostenerstattungsanspruch, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 17.02.2010 – B 1 KR 10/09 R – Juris, m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die PET-CT-Untersuchung im Zeitpunkt ihrer Durchführung nicht zu den im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbaren Leistungen gehörte. Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen abgegeben hat (BSG, Urteil vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R – Juris, m.w.N.). In Ziffer 39 der Anlage II zur Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, S. 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 18. Januar 2007 (BAnz 2007, S. 4362, Nr. 79) ist die PET jedoch ausdrücklich von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen worden, sofern nicht ausnahmsweise eine in Ziffer 14 der Anlage I aufgeführte – hier nicht einschlägige Indikation – gegeben ist.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - Juris). Hiernach ist es mit dem Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren, einen gesetzlich Krankenversicherten, der unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit leidet, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlichen Behandlung auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, diese Rechtsprechung auch auf Fälle anzuwenden, in denen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (BVerfG, Beschluss vom 29.11.2007 – 1 BvR 2496/07 – Juris). Des Weiteren lag bei dem Kläger zweifelsohne eine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur auf Behandlungs- oder auch auf Untersuchungsmethoden anzuwenden ist, kann jedoch dahin stehen, da im Falle des Klägers jedenfalls anerkannte Untersuchungsmethoden zur Verfügung standen.
Wie der Sachverständige Dr. H. ausgeführt hat, gibt es für die Bestimmung des Krankheitsstadiums beim Morbus Hodgkin die Computertomographie, die Magnetresonanztomographie und die Knochenszintigraphie als anerkannte bildgebende Untersuchungsmethoden, die alle bei dem Kläger auch durchgeführt worden sind. Es ist nicht erkennbar, dass diese Methoden zur Stadienbestimmung und Therapieplanung im Falle des Klägers nicht ausreichend gewesen wären. Unstreitig war bereits nach Auswertung dieser Untersuchungen die Durchführung einer Chemotherapie eindeutig indiziert. Soweit der Kläger unter Berufung auf seinen behandelnden Arzt vorträgt, ohne die initiale PET-CT hätte die Entscheidung gegen eine Strahlentherapie nicht getroffen werden können, finden sich hierfür keine objektiv nachvollziehbaren Belege.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sich in einem durch Beschluss vom 21. Oktober 2010 abgeschlossenen Beratungsverfahren gemäß § 135 Abs. 1 SGB V ausführlich mit der Bewertung des Nutzens und der medizinischen Notwendigkeit der PET und PET-CT bei malignen Lymphomen befasst. Ergebnis der Auswertung der vorhandenen Studien war, dass ein Nutzen für Morbus Hodgkin-Patienten im fortgeschrittenen Stadium beim Restaging und Nachweis von Restgewebe von 2,5 cm oder mehr nach abgeschlossener Chemotherapie vorliegt, wenn entschieden werden soll, ob eine Strahlentherapie folgen soll oder nicht. Demgegenüber wurde für das – hier im Streit stehende – initiale Staging ein Nutzen der PET bzw. PET-CT für den Patienten nicht gesehen (Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Positronenemissionstomographie (PET) und PET/Computertomographie (CT) bei malignen Lymphomen vom 21. Oktober 2010, S. 4). Dies entspricht den Empfehlungen der DHSG auf der Grundlage ihrer HD-15-Studie sowie den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (Stand: Juni 2009), die die routinemäßige Durchführung einer PET im Rahmen des initialen Stagings nicht befürworten, da es bisher keine Daten für ein verbessertes Outcome gebe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.
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