L 1 R 248/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 372/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 248/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Zahlung einer Zusatzrente/Betriebsrente.

Der am ... 1934 geborene Kläger, dem nach dem Diplom der Technischen Hochschule für Chemie "C. Sch." L.-M. vom 08. August 1968 der akademische Grad eines Diplom-Ingenieurökonom verliehen worden ist, zahlte zur Zeit der DDR ab dem 01. April 1973 Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Mit Urkunde vom 22. April 1986 ist er durch die Regierung der DDR mit Wirkung vom 01. Februar 1986 in das Zusatzversorgungssystem der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen einbezogen worden.

Die Beklagte erkannte mit Bescheiden vom 31. Oktober 1996 und 20. August 2001 folgende Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zu Zusatzversorgungssystemen an:

01. August 1968 bis 15. April 1985: Zugehörigkeit zur Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz.

16. April 1985 bis 30. Juni 1988: Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen.

01. Juli 1988 bis 30. Juni 1990: Zugehörigkeit zur Freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und andere Hochschulkader in staatlichen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens einschließlich der Apotheker in privaten Apotheken.

Seit dem 01. Juni 1997 bezieht der Kläger von der Beklagten als Rentenversicherungsträger eine Altersrente für langjährig Versicherte.

Bereits in einem früheren Verfahren hatte der Kläger versucht, gegen die Beklagte als Zusatzversorgungsträger die Zahlung einer Zusatzrente auf der Grundlage der Urkunde vom 22. April 1986 durchzusetzen. Das Sozialgericht Magdeburg hatte die entsprechende Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2005 – S 8 RA 84/04 – abgewiesen. Eine dagegen eingelegte Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (L 1 R 51/06) nahm der Kläger im Mai 2006 zurück.

Am 05. Oktober 2006 beantragte der Kläger die Überprüfung der Auswirkungen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Juni 2004 auf den Feststellungsbescheid vom 19. Dezember 1997, weil das BVerfG die Systementscheidung der Bundesregierung für verfassungswidrig erklärt habe. Mit Bescheid vom 07. November 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab und wies den dagegen am 06. Dezember 2006 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2007 zurück.

Daraufhin hat der Kläger am 23. Juli 2007 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 23. Juni 2004 die Systementscheidung in der bisherigen Anwendung für verfassungswidrig erklärt und auf bestimmte Verantwortungsträger begrenzt. Auf seinen Zusatzversorgungsvertrag dürfe die Systementscheidung nicht angewendet werden. Aus seinem Vertrag vom 22. April 1986, der unter dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes (GG) stehe, stehe ihm eine Zusatzrente/Betriebsrente zu. Er habe einen Rechtsanspruch auf eine monatliche Zusatzrente in Höhe von 409 Euro. Vor dem SG hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide zu verurteilen, ihm eine angemessene Zusatzrente nach den Bestimmungen seiner Urkunde vom 22. April 1986 über die Einbeziehung in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen zu gewähren.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. Juni 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage zulässig sei. Insbesondere stehe der Zulässigkeit nicht das rechtskräftige Urteil des SG vom 15. Dezember 2005 entgegen. Denn die Beklagte habe auf Antrag des Klägers neue Bescheide erlassen, die den Rechtsweg zu den Sozialgerichten erneut eröffnen würden. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil es im geltenden Recht für den Anspruch des Klägers keine Rechtsgrundlage gebe. Sämtliche vom Kläger seit dem 01. Februar 1986 erzielten Entgelte seien über die FZR, die Zusatzversorgung oder die Pflichtversicherung versichert und bei der Rentenberechnung berücksichtigt worden. Die Zusatzversorgungssysteme der DDR seien kraft Gesetzes in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland überführt worden. Diese sogenannte Systementscheidung sei nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es liege weder ein Verstoß gegen Artikel 3 GG noch gegen Artikel 14 GG vor. Auf die Entscheidung des BVerfG vom 23. Juni 2004 könne sich der Kläger nicht berufen, weil seine berücksichtigungsfähigen Arbeitsverdienste im Rahmen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes nicht auf ein Durchschnittseinkommen abgesenkt worden seien. Die Zusatzversorgungsverträge seien auch nicht mit den Betriebsrenten der alten Bundesländer vergleichbar. Bei den Betriebsrenten handele es sich um privatwirtschaftliche Altersversorgungssysteme, während die Zusatzversorgungsverträge der DDR Ansprüche auf eine staatliche Rente begründet hätten.

Gegen das am 03. Juli 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Juli 2009 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sein Anspruch auf eine Zusatz-/Betriebsrente stehe unter dem Eigentumsschutz des GG. Auf die Rente dürfe die Bemessungsgrenze der Sozialversicherung nicht angewendet werden. Sein Anspruch auf Betriebsrente lasse sich durch die Berechnungsvorschriften des Zusatzversorgungsvertrages exakt ermitteln. Er betrage monatlich 440 Euro. Außerdem müsse der Zeitraum für die Berechnung der Zusatzrente bereits ab 1968 beginnen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juni 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 07. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbe- scheides vom 26. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine angemessene Zusatzrente nach den Bestimmungen seiner Urkunde vom 22. April 1986 über die Einbeziehung in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrich- tungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom

12. Juni 2009 zurückzuweisen.

Sie hält ihre Entscheidung und das diese bestätigende Urteil des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Berufung ist unbegründet, weil die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Absatz 2 Satz 1 SGG beschwert. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage deshalb zu Recht abgewiesen.

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG vom 12. Juni 2009 als unbegründet zurück und sieht gemäß § 153 Absatz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung der Beklagten dem geltenden Recht entspricht und auch verfassungs- und europarechtlich nicht zu beanstanden ist. Gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) werden die in den Versorgungssystemen der Anlage 1 Nr. 1 bis 22 und Anlage 2 zum AAÜG erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen unter anderem wegen Alters zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung überführt. Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt ausdrücklich, dass die Regelungen der Versorgungssysteme ab dem 01. Januar 1992 nicht mehr anzuwenden sind. Dazu gehört auch die in Anlage 1 Nr. 4 AAÜG bezeichnete Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen. Nach diesen Bestimmungen ist die Beklagte rechtsfehlerfrei verfahren. Als Teil der sogenannten Systementscheidung ist die Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus den Zusatzversorgungssystemen vom BVerfG ausdrücklich nicht beanstandet worden (Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 u.a. –, BVerfGE 100, 1 ff.). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat darin keine Verletzung von Europarecht gesehen (Entscheidung vom 25. September 2007, Aktenzeichen 12923/03, zitiert nach juris). Auf den Beschluss des BVerfG vom 23. Juni 2004 – 1 BvL 3/98 u.a. – (BVerfGE 111, 115 ff.) kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen, weil er für seinen Fall nicht einschlägig ist. Diese Entscheidung betrifft die in § 6 Absätze 2 und 3 AAÜG vorgenommenen Absenkungen der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte. Im Falle des Klägers sind in den Feststellungsbescheiden der Beklagten solche Absenkungen aber nicht vorgenommen worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat auch erwogen, ob dem Kläger gemäß § 192 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Verfahrenskosten aufzuerlegen sind, weil seine Rechtsverfolgung missbräuchlich sein könnte. Er hat aber – jedenfalls für das jetzige Verfahren – davon abgesehen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Absatz 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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