L 7 SO 3860/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 1748/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3860/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gem. § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Bei der Gewährung von Akteneinsicht, die die Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erstreiten will, handelt es sich nicht um eine den Wertbeschränkungen des § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unterliegende Geld-, Dienst- oder Sachleistung der Verwaltung (zum Begriff der Leistung i. S. des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG a. F., vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1500 § 144 Nr. 3). Die Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet; das Sozialgericht Reutlingen (SG) hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Die Antragstellerin begehrt in einem Verwaltungsverfahren, das auf Rücknahme von im Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis 30. Juni 2009 gezahlten Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch gerichtet ist und sich derzeit im Stadium der Anhörung befindet, Einsicht in Behördenakten. Sie beruft sich dabei ausdrücklich auf das ihr als Beteiligte zustehende Akteneinsichtsrecht (§ 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)). Nachdem am 25. Mai 2011 durch den bevollmächtigen Ehegatten der Antragstellerin Einsicht in die den genannten Zeitraum betreffenden Behördenakten genommen worden war, ist streitig nur noch die von ihr darüber hinaus begehrte Einsicht in die Sozialhilfeakten über davor liegende Zeiträume. Die Antragstellerin macht geltend, dass auch diese Akten vom Einsichtsrecht im laufenden Verfahren erfasst seien; die Kenntnis der damals gemachten Angaben zu den finanziellen Verhältnissen sei für die Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen im eingeleiteten Rücknahmeverfahren von Bedeutung. Der Antragsgegner hat die weitergehende Akteneinsicht abgelehnt, weil diese Akten nicht zum Gegenstand des laufenden Verwaltungsverfahrens gemacht worden seien.

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, sind solche behördlichen Verfahrenshandlungen nicht isoliert anfechtbar. Das Akteneinsichtsrecht kann grundsätzlich nicht mit einer eigenständigen Klage geltend gemacht werden. Dies entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, der in § 44a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) seinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden hat. Zwar fehlt im SGG eine entsprechende Vorschrift. Gleichwohl gilt für das sozialgerichtliche Verfahren nichts anderes (BSG SozR 1500 § 144 Nr. 39 sowie Senatsurteil vom 9. August 2007 - L 7 AS 874/07 - (juris)). Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss nimmt der Senat daher nach eigener Prüfung Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich auch bei der verfassungsrechtlich gebotenen engen Auslegung des § 44a VwGO (vgl. Bundesverfassungsgericht SozR 3-1300 § 25 Nr. 1) nichts anderes ergibt. Danach darf der Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung von behördlichen Verfahrenshandlungen für den Rechtssuchenden nicht zu unzumutbaren Nachteilen führen, die in einem späteren Prozess nicht mehr vollständig zu beseitigen sind. Die Antragstellerin kann aber zumutbar ihre Rechte in einem gegebenenfalls nachfolgenden Prozess über die Sachentscheidung geltend machen. Denn diese zielt auf eine Rücknahme und Erstattung bereits erbrachter Leistungen, betrifft mithin allein vergangene Zeiträume. Hierfür bietet der nachträgliche gerichtliche Rechtsschutz ausreichende Möglichkeiten, die damit verbundenen Belastungen abzuwenden. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Akteneinsicht erfolgt mithin erst zusammen mit der behördlichen Sachentscheidung, hier also der gegebenenfalls ergehenden Rücknahmeentscheidung.

Aus demselben Grund fehlt auch - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche besondere Eilbedürftigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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