Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 758/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 KR 37/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Nach § 118 Abs. 1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der ZPO anzuwenden.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 10. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Prof.Dr.Dr.T. besteht.
Die 1960 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München die Umversorgung mit einem neuen Sprachprozessor mit der Typbezeichnung "Opus 2" der Firma Med-EL Deutschland GmbH. Die Beklagte hatte dies mit Bescheid vom 11.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 abgelehnt.
Das Sozialgericht hat mit Beweisanordnung vom 02.09.2010 den Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Prof.Dr.Dr.T. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat mit Schreiben vom 05.10.2010 berichtet, dass er am 28.09.2010 die Klägerin gutachtlich untersucht habe. Bedauerlicherweise hatte sie das zweite möglicherweise höherwertige Gerät nicht mitgebracht, so dass er keinen Vergleich zwischen den beiden Sprachprozessoren durchführen konnte. Er werde das in Kürze nachholen und dann das Gutachten erstatten.
In seinem Gutachten vom 14.10.2010 ist Prof.Dr.Dr.T. zum Ergebnis gekommen, dass es der Klägerin möglich sei, ihren Beruf als Bürokauffrau vollzeitig uneingeschränkt auszuüben. Eine Versorgung mit einem anderen Sprachprozessor sei zur Zeit nicht erforderlich. Sollte sich allerdings das Gehör bzw. die Sprachverständlichkeit im Laufe der kommenden Jahre verschlechtern, so könnte aufgrund einer ergänzenden gutachterlichen Untersuchung die Indikationsstellung für einen anderen Sprachprozessor erneut geprüft werden.
Mit Schreiben vom 24.11.2010 hat sich die Beschwerdeführerin gegen das Gutachten gewandt. Dieses leide an sachlichen Mängeln sowie an Bewertungsmängeln. So sei es der Klägerin nicht möglich, einen Sprachprozessor "Opus 2" beizubringen, damit dieser für einen Vergleich in den Tests verwendet werden könnte. Die Besorgung einer solchen Testanlage sei Angelegenheit des Gutachters, die er offensichtlich nicht erfüllt habe, erfüllen wolle oder erfüllen könne. Der Gutachter habe auch in anderen Verfahren bereits Gutachten erstellt, die an Fehlerhaftigkeiten nicht zu überbieten seien. Die Klägerin halte den Gutachter deshalb für befangen und beantrage, ihn wegen Besorgnis der Befangenheit von der Begutachtung zu entbinden. Vorsorglich werde Antrag auf Anhörung von Prof.Dr.K. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt.
In seiner Stellungnahme vom 13.11.2010 hat Prof.Dr.Dr.T. ausgeführt, dass die Klägerin zugesagt hatte, einen Sprachprozessor "Opus 2" (leihweise) zu besorgen. Er habe als HNO-Arzt zu keinem Zeitpunkt an der Technischen Universität MRI gearbeitet oder dort Belegbetten gehabt. Das Ergebnis der Cochlea-Implantation sei als hervorragend zu bezeichnen, insbesondere mit dem gegenwärtigen Sprachprozessor.
Mit Beschluss vom 10.12.2010 hat das Sozialgericht den Ablehnungsantrag zurückgewiesen. Es lägen keine Gründe vor, die bei einem vernünftig Denkenden Misstrauen gegen die Person des Sachverständigen rechtfertigen könnten.
Hiergegen hat die Bf. am 20.01.2011 Beschwerde eingelegt. Der Gutachter habe sich anlässlich des Untersuchungstermins am 28.09.2010 gegenüber der Bf. selbst dahingehend erklärt, dass es zu einem Befangenheitsantrag kommen würde, wenn er die von der Bf. gestellte Frage beantworten würde. Dies zeige, dass der Gutachter nicht neutral, sondern gegen die Person, die zu untersuchen ist und von deren Einwilligung die Untersuchung abhängt, eingestellt sei. Aus der Stellungnahme vom 05.10.2010 sei zu entnehmen, dass der Gutachter der Bf. unterstellt habe, dass sie den von ihr begehrten Sprachprozessor bewusst zur Untersuchung nicht mitgebracht habe.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist unbegründet.
Nach § 118 Abs.1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Nach §§ 406 Abs.1 Satz 1, 42 Abs.1 und 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers scheiden aus (Thomas Putzo, ZPO, 30. Auflage, § 42 Rdnr.9).
Die Bf. begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass der Sachverständige Prof.Dr.Dr.T. ein mangelhaftes Gutachten erstattet habe und ihr unterstelle, dass sie absichtlich den Sprachprozessor "Opus 2" nicht zur Untersuchung mitgebracht habe. Da der Ablehnungsgrund erst aus dem schriftlich abgefassten Gutachten ersichtlich wird, lief die Frist für den Ablehnungsantrag mit dem Ablauf der Frist, die das Gericht den Beteiligten zur Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt hat, ab. Die von der Klägerin zur Begründung ihres Ablehnungsantrags angeführten Einwendungen beziehen sich auf den Inhalt des Gutachtens. Frühester Zeitpunkt zur Geltendmachung eines Befangenheitsgesuchs ist damit die Bekanntgabe des Gutachtens. Dies ist nach dem Akteninhalt der 21.10.2010. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04) endet die Frist zur Stellung des Ablehnungsgesuchs gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten. Mit Schreiben vom 21.10.2010 übersandte das SG das Gutachten mit einer Frist von sechs Wochen. Das beim SG eingegangene Schreiben vom 24.11.2010, in dem der Sachverständige Prof.Dr.Dr.T. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurde, ist damit fristwahrend.
Die Beschwerde ist nicht begründet, da von der Klägerin keinerlei Gründe vorgetragen werden, die eine Ablehnung des Sachverständigen Prof.Dr.Dr.T. begründen. Dies gilt insbesondere für die abstrakte Unterstellung, Prof.Dr.Dr.T. sei grundsätzlich für die Begutachtung von Angelegenheiten der Versorgung mit Cochlea-Implantaten nicht geeignet. Ob der Sachverständige mit seiner Form der Begutachtung im Kollegenkreis nicht unumstritten ist, ist ohne Belang. Das Gericht kann die Auswahl von Sachverständigen nicht von der Akzeptanz als Gutachter im Kollegenkreis abhängig machen.
Dies gilt auch für die Begründung, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, den beantragten Sprachprozessor "Opus 2" leihweise zu besorgen. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich, dass er nicht erwartet hat, dass die Klägerin einen solchen Sprachprozessor erwirbt. Es wäre ein Einfaches gewesen, in Zweifel mit dem Gutachter vorab Kontakt aufzunehmen, um mitzuteilen, dass ein Sprachprozessor "Opus 2" nicht mitgebracht werden könne.
Die inhaltliche Bewertung des Gutachtens obliegt dem entscheidenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ((§ 128 Abs.1 Satz 1 SGG). Ein Befangenheitsgrund kann hierbei nicht abgeleitet werden.
Insgesamt kommt der Senat damit zum Ergebnis, dass der Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Prof.Dr.Dr.T. nicht begründet ist.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Prof.Dr.Dr.T. besteht.
Die 1960 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München die Umversorgung mit einem neuen Sprachprozessor mit der Typbezeichnung "Opus 2" der Firma Med-EL Deutschland GmbH. Die Beklagte hatte dies mit Bescheid vom 11.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 abgelehnt.
Das Sozialgericht hat mit Beweisanordnung vom 02.09.2010 den Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Prof.Dr.Dr.T. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat mit Schreiben vom 05.10.2010 berichtet, dass er am 28.09.2010 die Klägerin gutachtlich untersucht habe. Bedauerlicherweise hatte sie das zweite möglicherweise höherwertige Gerät nicht mitgebracht, so dass er keinen Vergleich zwischen den beiden Sprachprozessoren durchführen konnte. Er werde das in Kürze nachholen und dann das Gutachten erstatten.
In seinem Gutachten vom 14.10.2010 ist Prof.Dr.Dr.T. zum Ergebnis gekommen, dass es der Klägerin möglich sei, ihren Beruf als Bürokauffrau vollzeitig uneingeschränkt auszuüben. Eine Versorgung mit einem anderen Sprachprozessor sei zur Zeit nicht erforderlich. Sollte sich allerdings das Gehör bzw. die Sprachverständlichkeit im Laufe der kommenden Jahre verschlechtern, so könnte aufgrund einer ergänzenden gutachterlichen Untersuchung die Indikationsstellung für einen anderen Sprachprozessor erneut geprüft werden.
Mit Schreiben vom 24.11.2010 hat sich die Beschwerdeführerin gegen das Gutachten gewandt. Dieses leide an sachlichen Mängeln sowie an Bewertungsmängeln. So sei es der Klägerin nicht möglich, einen Sprachprozessor "Opus 2" beizubringen, damit dieser für einen Vergleich in den Tests verwendet werden könnte. Die Besorgung einer solchen Testanlage sei Angelegenheit des Gutachters, die er offensichtlich nicht erfüllt habe, erfüllen wolle oder erfüllen könne. Der Gutachter habe auch in anderen Verfahren bereits Gutachten erstellt, die an Fehlerhaftigkeiten nicht zu überbieten seien. Die Klägerin halte den Gutachter deshalb für befangen und beantrage, ihn wegen Besorgnis der Befangenheit von der Begutachtung zu entbinden. Vorsorglich werde Antrag auf Anhörung von Prof.Dr.K. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt.
In seiner Stellungnahme vom 13.11.2010 hat Prof.Dr.Dr.T. ausgeführt, dass die Klägerin zugesagt hatte, einen Sprachprozessor "Opus 2" (leihweise) zu besorgen. Er habe als HNO-Arzt zu keinem Zeitpunkt an der Technischen Universität MRI gearbeitet oder dort Belegbetten gehabt. Das Ergebnis der Cochlea-Implantation sei als hervorragend zu bezeichnen, insbesondere mit dem gegenwärtigen Sprachprozessor.
Mit Beschluss vom 10.12.2010 hat das Sozialgericht den Ablehnungsantrag zurückgewiesen. Es lägen keine Gründe vor, die bei einem vernünftig Denkenden Misstrauen gegen die Person des Sachverständigen rechtfertigen könnten.
Hiergegen hat die Bf. am 20.01.2011 Beschwerde eingelegt. Der Gutachter habe sich anlässlich des Untersuchungstermins am 28.09.2010 gegenüber der Bf. selbst dahingehend erklärt, dass es zu einem Befangenheitsantrag kommen würde, wenn er die von der Bf. gestellte Frage beantworten würde. Dies zeige, dass der Gutachter nicht neutral, sondern gegen die Person, die zu untersuchen ist und von deren Einwilligung die Untersuchung abhängt, eingestellt sei. Aus der Stellungnahme vom 05.10.2010 sei zu entnehmen, dass der Gutachter der Bf. unterstellt habe, dass sie den von ihr begehrten Sprachprozessor bewusst zur Untersuchung nicht mitgebracht habe.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist unbegründet.
Nach § 118 Abs.1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Nach §§ 406 Abs.1 Satz 1, 42 Abs.1 und 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers scheiden aus (Thomas Putzo, ZPO, 30. Auflage, § 42 Rdnr.9).
Die Bf. begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass der Sachverständige Prof.Dr.Dr.T. ein mangelhaftes Gutachten erstattet habe und ihr unterstelle, dass sie absichtlich den Sprachprozessor "Opus 2" nicht zur Untersuchung mitgebracht habe. Da der Ablehnungsgrund erst aus dem schriftlich abgefassten Gutachten ersichtlich wird, lief die Frist für den Ablehnungsantrag mit dem Ablauf der Frist, die das Gericht den Beteiligten zur Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt hat, ab. Die von der Klägerin zur Begründung ihres Ablehnungsantrags angeführten Einwendungen beziehen sich auf den Inhalt des Gutachtens. Frühester Zeitpunkt zur Geltendmachung eines Befangenheitsgesuchs ist damit die Bekanntgabe des Gutachtens. Dies ist nach dem Akteninhalt der 21.10.2010. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04) endet die Frist zur Stellung des Ablehnungsgesuchs gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten. Mit Schreiben vom 21.10.2010 übersandte das SG das Gutachten mit einer Frist von sechs Wochen. Das beim SG eingegangene Schreiben vom 24.11.2010, in dem der Sachverständige Prof.Dr.Dr.T. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurde, ist damit fristwahrend.
Die Beschwerde ist nicht begründet, da von der Klägerin keinerlei Gründe vorgetragen werden, die eine Ablehnung des Sachverständigen Prof.Dr.Dr.T. begründen. Dies gilt insbesondere für die abstrakte Unterstellung, Prof.Dr.Dr.T. sei grundsätzlich für die Begutachtung von Angelegenheiten der Versorgung mit Cochlea-Implantaten nicht geeignet. Ob der Sachverständige mit seiner Form der Begutachtung im Kollegenkreis nicht unumstritten ist, ist ohne Belang. Das Gericht kann die Auswahl von Sachverständigen nicht von der Akzeptanz als Gutachter im Kollegenkreis abhängig machen.
Dies gilt auch für die Begründung, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen sei, den beantragten Sprachprozessor "Opus 2" leihweise zu besorgen. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich, dass er nicht erwartet hat, dass die Klägerin einen solchen Sprachprozessor erwirbt. Es wäre ein Einfaches gewesen, in Zweifel mit dem Gutachter vorab Kontakt aufzunehmen, um mitzuteilen, dass ein Sprachprozessor "Opus 2" nicht mitgebracht werden könne.
Die inhaltliche Bewertung des Gutachtens obliegt dem entscheidenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ((§ 128 Abs.1 Satz 1 SGG). Ein Befangenheitsgrund kann hierbei nicht abgeleitet werden.
Insgesamt kommt der Senat damit zum Ergebnis, dass der Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Prof.Dr.Dr.T. nicht begründet ist.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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