L 13 AL 1725/11 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 5888/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 1725/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. November 2010 wird aufgehoben.

Die Staatskasse hat der Beschwerdeführerin deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist statthaft, form- und fristgerecht erhoben und insgesamt zulässig (§§ 172, 173, 202 SGG, § 380 Abs. 3 ZPO). Sie ist auch begründet.

Der von der Beschwerdeführerin angegriffene Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 18. November 2010, mit dem ihr ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- EUR auferlegt worden ist (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 380 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO), ist im Ergebnis aufzuheben.

Nach § 380 Abs. 1 ZPO werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt. Das SG hatte die Zeugin mit Terminsbestimmung vom 5. Oktober 2010 ordnungsgemäß zum Termin vom 18. November 2010 als Zeugin geladen und auf die Folgen eines unentschuldigten Ausbleiben hingewiesen (§ 111 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Ladung ist nach der in den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde auch am 8. Oktober 2010 zugestellt worden. Die Ladung nahm nach der genannten Urkunde der Ehemann der Zeugin, Jürgen Z., entgegen (zur Ersatzzustellung vgl. § 178 SGG).

Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben aber, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass dem Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben (§ 381 Abs. 1 ZPO). Als Rechtsbehelf stehen die nachträgliche Entschuldigung - hier beim SG - oder die (sofortige) Beschwerde zur Wahl (Thomas/Putzo § 381 Rdnr. 49). Die Klägerin hat zu ihrer Entschuldigung im Beschwerdeverfahren das Attest des Frauenarztes Dr. Pe. vom 7. Juni 2011 vorgelegt. Danach ist sie zum genannten Verhandlungstermin nicht vernehmungs- und verhandlungsfähig gewesen. Von einer gerichtlichen Verhandlung sei abzuraten gewesen, da sie durch die Aufregung vorzeitige Wehen hätte bekommen und das Ungeborene hätte geschädigt werden können. Die Zeugin hat somit eine für den Senat glaubhafte genügende Entschuldigung für ihr Nichterscheinen zum Termin nachträglich vorgelegt.

Für die Verspätung der Entschuldigung trifft die Klägerin nach Auffassung des Senats kein Verschulden. Durch die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Ehemannes ist glaubhaft dargelegt, dass die Klägerin von dem Verhandlungstermin keine Kenntnis hatte. In der eidesstattlichen Versicherung vom 11. August 2011 hat der Ehemann der Zeugin dargelegt, dass die Zeugin am 3. September 2007, damals im neunten Monat schwanger, eine Auseinandersetzung mit dem Kläger Thomas W. gehabt habe, in dessen Verlauf sich die Klägerin durch einen Sturz einen Bruch des Fußes zugezogen habe. Die Tochter Sophia (geb. 2007) habe per Kaiserschnitt entbunden werden müssen. Dieses Ereignis sei für seine Ehefrau sehr traumatisch gewesen. Richtig sei, dass er damals seiner Ehefrau die Ladung zum Termin beim Sozialgericht als Zeugin vorenthalten habe, weil sie damals mit dem zweiten Kind schwanger gewesen sei und er Angst gehabt habe, dass sie sich erneut aufregen werde. Nachdem schon bei dem ersten Kind erhebliche Probleme wegen des Verhaltens des Klägers aufgetreten seien. Von dem Termin habe seine Ehefrau im Prinzip erst durch den Ordnungsgeldbeschluss erfahren. Dieses Vorbringen hält der Senat für ausreichend und glaubhaft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, der vorliegend analog Anwendung findet. Zwar handelt es sich bei dem Beschwerdeverfahren der Zeugin gegen den ein Ordnungsgeld festsetzenden Beschluss des SG um ein selbständiges Zwischenverfahren (Beschluss des erkennenden, Senats v. 6. Juni 2011, L 13 R 1373/11 B - nicht veröffentlicht; BFH, Beschluss vom 10. Januar 1986 - IX B 5/85 - BFHE 145, 314, veröffentlicht auch in juris) im Rahmen des von den Beteiligten betriebenen Hauptsacheverfahrens. Doch ist das Beschwerdeverfahren der Zeugin als ein selbständiges, nicht kontradiktorisches und mit einem eigenen Kostenansatz versehenes Rechtsmittelverfahren ausgestaltet, an dem alleine die Beschwerdeführerin, die Zeugin, beteiligt ist. Da die Beschwerdeführerin als Zeugin nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis gehört, ist § 197a SGG anzuwenden (Bayrisches Landessozialgericht, Beschluss vom 23. Februar 2011, L 2 R 854/10 B, veröffentlicht in juris). Weil die Beschwerde zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führt, hat die Staatskasse der Beschwerdeführerin die mit der Rechtsverteidigung verbundenen notwendigen außergerichtlichen Kosten entsprechend § 154 Abs. 1 und 2, 162 VwGO zu erstatten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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