L 3 AL 5079/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 7458/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 5079/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. September 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für die Zeit vom 01.09.2004 bis 06.04.2005 Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.

Der 1967 geborene Kläger bezog aufgrund seines Antrags vom 01.12.2000 vom 01.12.2000 bis zum 05.02.2001 und vom 01.03.2001 bis zum 15.07.2001 Alg. Vom 06.02.2001 bis 27.02.2001 nahm er an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil und bezog Übergangsgeld. Vom 16.07.2001 bis zum 30.06.2003 absolvierte er eine Weiterbildung zum Industrieelektroniker/Gerätetechnik in Vollzeit und bezog in dieser Zeit vom zuständigen Rentenversicherungsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme. Daran anschließend bezog er vom 15.07.2003 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 18.10.2003 erneut Alg. Die Beklagte bewilligte ihm sodann ab dem 19.10.2003 Arbeitslosenhilfe. Nachdem der Beklagten durch die Mitteilung der Überschneidung des Leistungsbezugs mit einer Beschäftigungszeit eine Beschäftigung des Klägers bei der Firma A. ab dem 01.01.2004 bekannt geworden war, hob sie mit Bescheid vom 18.05.2004 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 01.01.2004 auf und setzte die Erstattung überzahlter Leistungen fest. Der Kläger war bis zum 19.08.2004 bei der Firma A. versicherungspflichtig beschäftigt.

Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten hat sich der Kläger am 07.04.2005 arbeitslos gemeldet und mitgeteilt, er sei vom 01.01.2004 bis August 2004 bei der Firma A. in Affalterbach beschäftigt gewesen. Für die Zeit danach habe er keine Nachweise, gebe aber an, nicht gearbeitet zu haben.

Mit Schreiben vom 22.12.2006 machte der Kläger bei der Beklagten einen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 01.09.2004 bis 06.04.2005 geltend und trug vor, er habe sich bereits Anfang September 2004 arbeitslos gemeldet. Hierzu legte er eine eidesstattliche Versicherung seiner Schwester vom 12.08.2007 vor, wonach ihn diese am 31.08.2004 zum Dienstgebäude der Beklagten gefahren habe, um sich arbeitslos zu melden.

Mit Bescheid vom 30.08.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg ab. Zur Begründung führte sie aus, aus dem aufgrund des Antrags vom 01.12.2000 erworbenen Anspruch auf Alg bestehe kein Restanspruch aus der früheren Anwartschaft mehr. Der Kläger habe seitdem auch nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und daher keine neue Anwartschaft erworben. Den hiergegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, er habe von Sommer 2001 bis Sommer 2003 eine vom Rentenversicherungsträger finanzierte Umschulungsmaßnahme absolviert und vom 01.01.2004 bis 19.08.2004 bei der Firma A. gearbeitet, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2007 zurück. Innerhalb der Rahmenfrist vom 07.03.2003 bis 06.04.2005 seien nur 223 Kalendertage Beschäftigung bei der Firma A. zu berücksichtigen. Der Bezug von Übergangsgeld während der berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme führe nicht zur Versicherungspflicht. Damit sei die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.

Hiergegen hat der Kläger am 10.10.2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) unter Wiederholung seines bisherigen Vortrags erhoben.

Mit Urteil vom 25.09.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, einem Anspruch auf Alg stehe entgegen, dass der Kläger innerhalb der Rahmenfrist nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Versicherungspflichtig nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) seien Personen lediglich in der Zeit, für die sie von einem Träger der medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld bezögen. Demgegenüber führe der Bezug von Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme nicht zu Versicherungspflicht, sondern verlängere lediglich die Rahmenfrist nach § 124 Abs. 3 SGB III.

Gegen das am 02.10.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag den 03.11.2008 Berufung eingelegt. Er vertritt die Rechtsauffassung, während seiner Umschulungsmaßnahme vom 16.07.2001 bis zum 30.06.2003 habe Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III bestanden, da er vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und damit einem Träger der medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld bezogen habe. Zudem seien für den streitigen Zeitraum 16.07.2001 bis 30.06.2003 auch Pflichtbeiträge entrichtet worden, wie sich dem vom Rentenversicherungsträger erstellten Versicherungsverlauf entnehmen lasse.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. September 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 30. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2007 für die Zeit vom 01. September 2004 bis 06. April 2005 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor, der Kläger habe sich, entgegen seiner Behauptung, nicht am 31.08.2004, sondern erst am 07.04.2005 persönlich arbeitslos gemeldet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Anspruch auf Arbeitslosengeld haben gemäß § 117 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (a.F.) (ab dem 01.01.2005: § 118 Abs. 1 SGB III) Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt (ab 01.01.2005: Agentur für Arbeit) arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Dahin gestellt bleiben kann, ob sich der Kläger bereits am 31.08.2004 oder erst am 07.04.2005 arbeitslos gemeldet hat, da in beiden Fällen die Anwartschaftszeit nicht erfüllt ist.

Die Anwartschaftszeit hat gemäß § 123 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit.

Die Rahmenfrist beträgt nach § 124 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (Abs. 2). Nach § 124 Abs. 3 SGG werden in die Rahmenfrist Zeiten nicht eingerechnet, in denen der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat. In diesem Fall endet die Rahmenfrist spätestens nach fünf Jahren seit ihrem Beginn.

In den zwei Jahren vor dem 31.08.2004 war der Kläger in der Zeit vom 01.01.2004 bis 19.08.2004 versicherungspflichtig beschäftigt. Darüber hinaus war er während des Bezugs von Übergangsgeld während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 06.02.2001 bis 27.02.2001 versicherungspflichtig gem. § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III. Danach sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie u.a. von einem Träger der medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren oder eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen haben.

Durch den Bezug von Übergangsgeld während der berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme vom 16.07.2001 bis 30.06.2003 ist eine Versicherungspflicht nicht begründet worden, und zwar auch nicht nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III. Denn der Bezug von Übergangsgeld führt nur zu Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III, wenn dieses während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, nicht jedoch während einer berufsfördernden Maßnahme gewährt wird. Dies ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes und der Entstehungsgeschichte. Denn nach § 124 Abs. 3 Satz 1 SGB III werden in die Rahmenfrist Zeiten, in denen der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme erhält, nicht einbezogen. Diese Privilegierung wäre nicht erforderlich, wenn es sich bereits um eine Zeit der Versicherungspflicht handeln würde. Auch enthalten die Gesetzesmaterialien zu § 26 Abs. 2 SGB III (vgl. BT-Drucks. 13/4941 S. 158) die eindeutige Aussage, dass Zeiten des Bezuges von Übergangsgeld während der Teilnahme an einer berufsfördernden Maßnahme der Rehabilitation weder als Zeiten einer Beschäftigung zu behandeln noch sonst als Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 21.03.2007 - B 11 a AL 171/06 B - in juris). Unbeachtlich ist deshalb, dass Kostenträger der vom Kläger absolvierten beruflichen Rehabilitationsmaßnahme einer Umschulung zum Industrieelektroniker der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung war und dass dieser neben beruflichen auch medizinische Rehabilitationsmaßnahmen erbringt.

Die Gewährung von Übergangsgeld während der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme führt gemäß § 124 Abs. 3 SGB III lediglich dazu, dass diese Zeit nicht in die Rahmenfrist eingerechnet wird. Die Rahmenfrist reicht jedoch nicht über den 01.12.2000 zurück, da der Kläger vom 06.10.2000 bis 30.11.2000 Krankengeld bezogen hatte, das noch zur Begründung des vorangehenden Anspruchs gedient hatte. Innerhalb der somit vom 01.12.2000 bis zum 30.08.2004 reichenden Rahmenfrist war der Kläger über das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma A. vom 01.01.2004 bis19.08.2004 hinaus lediglich noch vom 06.02.2001 bis zum 27.02.2001 aufgrund des Bezugs von Übergangsgeld während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme versicherungspflichtig. Auch unter Berücksichtigung dieser Zeit hat der Kläger jedoch in der Rahmenfrist nicht zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Anwartschaftszeit auch bei einer Arbeitslosmeldung erst am 07.04.2005 nicht erfüllt wäre, da der Kläger auch in der Zeit vom 20.08.2004 bis 06.04.2005 in keinem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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