S 12 KA 691/11 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 691/11 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 59/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer Klage gegen einen Rückforderungsbescheid (hier: sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung eines angestellten Arztes im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von insgesamt 142.084,79 € für die Quartale I/09 bis III/10 ) ist unzulässig, wenn der Antragsteller eine Tilgungsvereinbarung (hier: Ratenzahlung in Höhe von 13.900 € im Quartal) abgeschlossen hat.
Bemerkung
1. Die Verfahren zu Az.: S 12 KA 691/11 ER und S 12 KA 704/11 ER werden unter dem führenden Az.: S 12 KA 691/11 ER miteinander verbunden.

2. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 18.08.2011 und 25.08.2011 werden abgelehnt.

3. Der Antragssteller hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

4. Der Streitwert wird für das Verfahren zu Az.: S 12 KA 691/11 ER auf 20.035,55 EUR, für das Verfahren zu Az.: S 12 KA 704/11 ER auf 15.485,65 EUR und für die verbundenen Verfahren auf 35.521,20 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten in einem einstweiligen Anordnungsverfahren um die aufschiebende Wirkung von Klage bzw. Widerspruch gegen eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs bei Beschäftigung eines angestellten Arztes im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von noch 80.142,20 EUR und 61.942,59 EUR (insgesamt: 142.084,79 EUR) für die Quartale I/09 bis III/10 (1. und 2. Leistungsjahr).

Der Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Kläger) ist als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 16.12.2008 wurde dem Kläger die Beschäftigung des Herrn Dr. med. C., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie als ganztags angestellter Arzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV genehmigt. Im Beschluss des Zulassungsausschusses wurde nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der vier vorausgegangenen Quartale (III/07 bis II/08) ein quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis für den Kläger nach Beschäftigung des angestellten Praxisarztes als Leistungsbeschränkung maßgeblich ist, wie folgt festgelegt.

Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 1.585.343,54
II 1.806.328,83
III 1.446.252,19
IV 1.980.468,39

Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.

Der Kläger unterzeichnete am 01.11.2010 einen Berechnungsbogen/Erklärung zum Job-Sharing – gemäß § 101 Abs. 1 Sätze 4 und 5 SGB V. Diese Erklärung enthielt folgende Gesamtpunktzahlvolumen, die dann durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.01.2011, ausgefertigt am 13.05.2011, festgesetzt wurden:

Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 1.694.221,5
II 1.881,819,4
III 1.605.640,7
IV 2.211.883,0

Die Job-Sharing-Praxis wurde zum 30.09.2009 durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 21.09.2010 beendet.

Die Antragsgegnerin und Beklagte (im Folgenden: Beklagte) setzte das Honorar der klägerischen Praxis in den Quartalen I bis IV/09 wie folgt fest:

Quartal I/09 II/09 III/09 IV/09
Honorarbescheid vom 20.07.2009 11.10.2009 23.12.2009 27.03.2010
Nettohonorar gesamt in EUR 73.967,94 99.904,50 112.835,47 117.975,95
Bruttohonorar PK + EK in EUR 70.109,17 98.907,20 113.216,12 120.594,38
Fallzahl PK + EK 1.287 1.507 1.514 1.453
Regelleistungsvolumen in EUR 18.793,90 20.712,17 23.457,28 22.056,62
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (AMG) in EUR
45.004,45 70.799,57 80.355,90 88.874,41

Mit Bescheid vom 04.11.2010 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorar¬berichtigung für die Quartale I bis IV/09 - 1. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 95.677,76 EUR (99.272,41 EUR abzüglich anteilige Verwaltungskosten in Höhe von 3.594,65 EUR) zurück.

Hiergegen legte der Kläger am 22.11.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, unmittelbar nach der Genehmigung des Job-Sharings habe der Zulassungsausschuss der Verlegung in das Medizinische Zentrum am D. zugestimmt. Die Anzahl der ambulanten Operationen habe gesteigert werden können, da die Operationen jetzt im gleichen Haus durchgeführt werden könnten. Aufgrund der grundlegenden Änderungen der Gebührenordnung und der mangelnden Information der Beklagten sei ein internes Controlling nicht möglich gewesen.

Gleichzeitig beantragte der Kläger ferner den Abschluss einer Tilgungsvereinbarung und die Aufhebung der Vollziehung bis zum Abschluss des Rechtsstreits, da er das Jahr 2009 mit einem Verlust abgeschlossen habe.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2011 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Leistungsbegrenzung im Punktzahlvolumen folge aus dem bindenden Beschluss des Zulassungsausschusses vom 16.12.2008. Dieses sei vom Kläger vor Erlass des Beschlusses schriftlich anerkannt worden. Sein Vortrag, dass unmittelbar nach der Genehmigung der Praxisverlegung zugestimmt worden sei und sich hierdurch die Patientenzahl erhöht habe, könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Die Begrenzung des Leistungsvolumens erfolge, weil die Anstellung eines Arztes gerade auch und wegen Überversorgung in gesperrten Zulassungsbereichen ermöglicht werde. Der angestellte Arzt werde nicht bei der Bedarfsplanung berücksichtigt, weshalb eine Leistungsausweitung nur in ganz engen Grenzen möglich sei. Änderungen müssten gegenüber dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden. Nur auf Antrag des Vertragsarztes seien die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Fachgebiet der Arztgruppe maßgeblich sei, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlage hätten. Sie sei an den Beschluss des Zulassungsausschusses gebunden. Es obliege allein am Kläger, den Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit zu steuern. Jede Leistung sei einer Punktzahl zugeordnet. Die Addition der Produkte aus Anzahl der Lei¬stung und Punktzahl ergebe den Leistungsumfang. Die Summe könne auch mithilfe des Praxiscomputers bereits zum laufenden Quartal errechnet werden. Der Antrag auf Aussetzung des Sofortvollzugs werde abgelehnt. Honorarrückforderungsbescheide seien gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. mit § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB 5 sofort vollziehbar. Insoweit bestehe grundsätzlicher Vorrang des Vollzugsinteresses. Im Übrigen bedürfte es des Vorliegens besonderer Umstände, um dennoch eine Aussetzung zu rechtfertigen. Es seien die wirtschaftlichen Interessen des Klägers in eine Interessenabwägung einzustellen. Diesem Interesse stehe das Interesse aller Vertragsärzte sowie das der die Gesamtvergütung entrichtenden Krankenkassen entgegen, dass die für bestimmte Quartale geleistete Gesamtvergütung möglichst ungeschmälert für die Honorierungen der erbrachten vertragsärztlichen Leistungen verwendet werde. Auch ein vorläufiges Absehen von der Rückforderung würde sich letztlich auf die Finanzierbarkeit der vertragsärztlichen Praxen und die Versorgung der Versicherten auswirken. Es würde die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung gefährden. Auch könnten zahlreiche Ärzte bzw. psychotherapeutische Leistungserbringer entsprechende Anträge stellen, über die aus Gründen der Gleichbehandlung ähnlich entschieden werden müsste. Dies würde zu starken finanziellen Belastungen der Beklagten führen. Demgegenüber seien die wirtschaftlichen Interessen als geringer einzustufen. Im Übrigen habe der Kläger eine Tilgungsvereinbarung abgeschlossen.

Hiergegen hat der Kläger am 13.05.2011 zum Az.: S 12 KA 387/11 die Klage erhoben. Er trägt vor, die Aufgabe der Erhöhung des Leistungsvolumens sei auf die Praxisverlegung zurückzuführen. Er habe den Umsatz nicht "aufgebläht". Dem Rückforderungsbescheid fehle die Grundlage und er sei nachweisbar falsch berechnet. Trotz gegenteiliger Zusage habe die Beklagte keinerlei Überschreitungswarnhinweise gegeben. In ihrem Rückforderungsbescheid habe die Beklagte nicht die im Wege einer sog. Transcodierung erhöhten Gesamtpunktzahlvolumina berücksichtigt. Er gelange nach eigener Berechnung zu einem Rückforderungsbetrag von 77.241,05 EUR. Hieraus folge eine offensichtliche Unrichtigkeit in Höhe von 18.436,71 EUR. Er habe auch in seinen Unterlagen keine Verpflichtungserklärung, im Jahre 2009 eine bestimmte Punktezahl nicht zu überschreiten. Selbst wenn er sich verpflichtet haben sollte, habe die Beklagte gravierend gegen die in § 106 SGB V verankerte Beratungspflicht verstoßen. Wäre er rechtzeitig beraten worden, wäre es nicht zu einer Überschreitung gekommen. Er habe keinerlei Chance gehabt, eine Überschreitung der Punktzahl zu erkennen und sich hierauf einzurichten. Im Jahr 2009 sei die Abrechnung auf Eurobeträge umgestellt worden. Er sei mit dem Bau und Errichtung seiner heutigen D. Klinik befasst gewesen. Aus diesem Grund habe er die Anstellung im Rahmen des sog. Job-Sharings vorgenommen. In den Quartalsabrechnungen seien nunmehr nur noch Eurobeträge ausgewiesen worden, nicht aber Punktwerte. Er habe mit jeder Quartalsabrechnung ein Schreiben der Beklagten mit der Ankündigung enthalten: "Bezüglich der Prüfung Ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren." Er sei daher davon ausgegangen, dass er spätestens nach dem Jahr 2009 und zwar in engem zeitlichen Zusammenhang eine Information der Beklagten erhalten werde. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Er habe sich Anfang 2009 mehrfach an das Beraterteam der Beklagten in ZP. gewandt. Der Berater habe ihm den Rat gegeben, seine Arbeit so einzurichten, dass er nach Möglichkeit im Wechsel mit dem Job-Sharing-Partner arbeite und ansonsten solle er "Golf spielen". Er habe sich an diesen Rat gehalten. Dies zeige sich auch nach Ausscheiden des Job-Sharing-Partners am 18.05.2010. Die Punktzahl, die er im Quartal III/10 erreicht habe, überschreite auch den (höheren) Referenzwert und sei von ihm alleine erzielt worden. Insofern sei die Erhöhung der Fallpunktzahl nicht auf den Job-Sharing-Partner zurückzuführen, sondern auf den erhöhten Zulauf, den die Praxis in der D. Klinik erzielt habe. Hätte die Beklagte in den streitbefangenen Quartalen Punktzahlvolumina angegeben, wäre er in der Lage gewesen, eine Überschreitung zu erkennen. Die Beratungspflicht bestehe auch aufgrund der eigenen Zusage der Beklagten. Er hätte sich dann darauf einstellen können. Der Kläger beantragt, den Rückforderungsbescheid Job-Sharing vom 04.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2011 aufzuheben und festzustellen, dass er nicht zu einer Rückzahlung in Höhe von 95.677,76 EUR netto verpflichtet ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie trägt vor, ihr Vorstand habe in seiner Sitzung vom 13.10.2008 beschlossen, die Praxen, deren Basisquartal im Geltungsbereich des EBM 2005 gelegen hätte und deren Quartale des ersten Leistungsjahres im Wirkungsbereich des EBM 2009 angesiedelt seien, von Amts wegen neu zu bescheiden und für die betreffenden Basisquartale aus dem EBM 2005 eine Transcodierung durchzuführen. Aus diesem Grund sei die Punktzahlobergrenze des Klägers mit dem Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.01.2011 neu festgelegt worden. Dieser Beschluss sei mit Datum vom 13.05.2011 ausgefertigt worden. Der Rückforderungsbescheid vom 04.11.2010 habe die neuen Punktzahlobergrenzen deshalb noch nicht einbeziehen können. Der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.01.2011 sei bestandskräftig geworden. Die darin angegebene quartalsbezogene Gesamtpunktzahlgrenze habe der Kläger anerkannt. Sie könne hiervon nicht abweichen. Sie habe nunmehr eine Neuberechnung des Überschreitungsbetrages durchgeführt. Hierdurch reduziere sich der Rückforderungsbetrag auf 80.142,20 EUR brutto.

Der Kläger hat am 06.12.2010 eine Tilgungsvereinbarung der Beklagten unterzeichnet, wonach der Rückforderungsbetrag in Höhe von 95.677,76 EUR in 12 Ratenzahlungen, beginnend mit dem Quartal III/10 und Quartalsraten in Höhe von 8.000,00 EUR getilgt wird ohne Anerkennung der Honorarberichtigung.

Die Beklagte hat ferner einen Rückforderungsbescheid Job-Sharing für das zweite Leistungsjahr – Quartale I/10 bis III/10 – in Höhe von 106.393,48 EUR erlassen. Hiergegen hat der Kläger am 30.06.2011 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Aufgrund des zweiten Rückforderungsbescheides hat der Kläger am 22.07.2011 eine weitere bzw. geänderte Tilgungsvereinbarung unterzeichnet, wonach der Rückforderungsbetrag in Höhe von 166.413,50 EUR in 12 Ratenzahlungen, beginnend mit dem Quartal II/11 mit Quartalsraten in Höhe von 13.900,00 EUR getilgt wird.

Der Kläger hat am 18.08.2011 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich des Rückforderungsbescheids vom 04.11.2010 (Quartale I bis IV/09) zum Aktenzeichen S 12 KA 691/11 ER gestellt. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Hauptsacheverfahren trägt er vor, die Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 2011 entspreche dem Buchungsstand vom 09.08.2011. Aus den Auswertungen ergäbe sich ein Verlust in Höhe von 29.713,38 EUR für das Jahr 2009 und ein Gewinn in Höhe von 86.928,89 EUR für das Jahr 2010, ferner ein vorläufiger Gewinn für das Jahr 2011 in Höhe von 13.941,83 EUR. Der Verlust erkläre sich durch die erhöhten Kosten nach dem Umzug der Praxis. Wegen verspäteter Fertigstellung des OP-Bereichs habe auch die OP-Tätigkeit eingeschränkt werden müssen. Der vorläufige Gewinn für das Jahr 2011 sei das Ergebnis der Tilgungsvereinbarung mit quartalsweisen Raten in Höhe von 13.900,00 EUR. Auf das Jahr gerechnet ergebe sich ein Gewinn von ca. 24.000,00 EUR vor Steuern bzw. monatlich von 2.000,00 EUR. Auch die D.-Klinik erziele keine Gewinne, sondern habe im Jahr 2010 mit einer "schwarzen 0" abgeschlossen. Er müsse eine 1987 geborene Tochter, die studiere, mit monatlich 600,00 EUR unterstützen. Aufgrund eines Belegarztvertrages nehme er die Infrastruktur der D. Klinik in Anspruch. Es entstünden ihm sonstige Kosten in Höhe von jährlich 518.155,74 EUR, die er von den Umsatzerlösen an die D. Klinik zahlen müsse. Es sei mit einem Rückgang der Erträge aus der integrierten Versorgung zu rechnen. Bei einer Tilgung von insgesamt 55.600,00 EUR pro Jahr sei nicht mit einem Gewinn vor Steuern zu rechnen. Die Tilgung lasse ihm faktisch keinen finanziellen Spielraum mehr.

Der Kläger beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.11.2010 gegen den Rückforderungsbescheid vom 04.11.2010 wieder herzustellen und die Beklagte anzuweisen, die zwischenzeitlich einbehaltenen Honorare an den Kläger auszukehren.

Die Beklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger habe ihr Vergleichsangebot, den Rückforderungsbetrag auf 80.142,20 EUR für das Jahr 2009 zu reduzieren, offensichtlich nicht angenommen, da er sich hierzu nicht äußere. Gegenstand des Verfahrens könne nicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sein, sondern lediglich dessen Anordnung, da ein Widerspruch gegen eine Berichtigung keine aufschiebende Wirkung habe. Bei summarischer Prüfung seien Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht gegeben. Die Rückforderung in Höhe von 80.142,20 EUR sei nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger die berechnete Gesamtpunktzahlgrenze nicht hätte akzeptieren wollen, so hätte er zunächst wieder den Berechnungsbogen zur Anerkennung des errechneten Gesamtpunktzahlvolumens akzeptieren müssen bzw. gegen die jeweiligen Beschlüsse des Zulassungsausschusses Widerspruch einlegen müssen. Von den Vorgaben des Zulassungsausschusses könne sie nicht abweichen. Der Kläger könne sein Abrechnungsvolumen und die Einhaltung der Punktzahlgrenze mithilfe seines Praxiscomputers errechnen. Aus dem sozialrechtlichen Schuldverhältnis erwachse ihr auch gegenüber den Vertragsärzten eine Nebenpflicht im Sinne von Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichten. Bei den Vertragsärzten handele es sich aber um einen sachkundigen Personenkreis, zu dessen Pflichten es gehöre, über die Grundlagen der vertragsärztlichen Leistungen Bescheid zu wissen. Die Anforderungen an die Hinweis- und Beratungspflichten dürften nicht überspannt werden. Ihr Hinweis zum Quartalsbescheid drücke aus, dass eine Überprüfung der Einhaltung der Punktzahlobergrenze noch nicht erfolgt sei und eine solche sowieso erst im Nachgang eines kompletten Leistungsjahres erfolgen könne. Eine zeitliche Frist sei damit nicht gesetzt worden für die Überprüfung. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen können, dass eine Honorarrückforderung wegen Überschreitung der Punktzahlobergrenze nicht erfolgen würde. Soweit der Kläger vortrage, durch die Einbehaltungen sei er verpflichtet, für seine Kosten Kredite aufzunehmen, so sei nicht ersichtlich, dass dies existenzielle Bedeutung hätte. Maßgeblich für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sei ausschließlich die aktuelle Einkommenslage und nicht der mögliche Verlust in der Vergangenheit. Sie habe weiterhin Abschlagszahlungen an den Kläger geleistet. Im Juli und August 2011 beliefen sich diese jeweils auf 25.000,00 EUR. Es falle in das Risiko des Klägers, diese Zahlungen als endgültige Einnahmen in seine Vermögensplanung einzubeziehen. Der Kläger habe die Tilgungsvereinbarung mit diesen Ratenzahlungsbeträgen abgeschlossen.

Der Kläger hat ferner am 25.08.2011 einen weiteren einstweiligen Anordnungsantrag zum Aktenzeichen S 12 KA 704/11 ER gestellt hinsichtlich des weiteren Rückforderungsbescheides. Ergänzend zu seinen bisherigen Ausführungen in den übrigen Verfahren trägt er vor, auch der weitere Rückforderungsbescheid habe keine Grundlage, da es an der Verpflichtungserklärung fehle. Herr Dr. C. habe ferner bereits am 18.05.2010 seine Tätigkeit in der Praxis aufgegeben. Er habe erfahren, dass Herr Dr. C. seine medizinische Tätigkeit in M-Stadt habe fortsetzen wollen und bereits Patienten zur operativen Versorgung dorthin einbestellt habe. Er habe dann Herrn Dr. C. mit Wirkung zum 18.05.2010 von seiner Arbeitstätigkeit freigestellt und habe dies unmittelbar danach dem Beraterteam der Beklagten in ZP. mitgeteilt. Er habe dann mit Schreiben vom 24.08.2010 das Ende des Angestelltenverhältnisses bestätigt. Herr Dr. C. sei dann in der Zeit vom 01.07.2010 bis 05.01.2011 als Sicherstellungsassistent in der Vertragsarztpraxis Dr. HN. beschäftigt gewesen. Nach seinen Berechnungen könne der Regressbetrag lediglich 52.482,93 EUR betragen, abzüglich der Verwaltungskosten noch 50.583,04 EUR. In Höhe von 55.810,44 EUR sei der Rückforderungsbescheid daher fehlerhaft. Im Übrigen sei er so zu stellen, als wenn die Beklagte ihn ausreichend beraten hätte. Dann hätte er entsprechend sein Praxisvolumen steuern können. Hinzu komme die Problematik aufgrund der Umstellung auf Eurobeträge. Soweit die Beklagte eine rechnerische Unrichtigkeit ihres Bescheides in Höhe von 44.450,94 EUR brutto anerkenne, handele es sich um eine Abzugsposition, die ohnehin aufgrund der rechnerischen Unrichtigkeit vorgenommen werden müsse. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes wiederholt er seine Ausführungen im Verfahren zum Aktenzeichen S 12 KA 691/11 ER.

Der Kläger beantragt,
die aufschiebende Wirkung des mit Schreiben vom 30.06.2011 gegen den Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 20.06.2011 über 106.393,48 EUR eingelegten Widerspruchs wieder herzustellen und der Antragsgegnerin aufzugeben, die ab Juli 2011 auf die behauptete Regressforderung in Höhe von 106.393,48 EUR vorgenommenen Honorareinbehalte an ihn auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Sie hat dem Kläger vergleichsweise angeboten, den Rückforderungsbetrag um 44.450,09 EUR brutto, mithin auf 61.942,59 EUR brutto zu reduzieren. Sie gehe davon aus, dass der Kläger ihr Angebot nicht angenommen habe. Im Übrigen wiederholt sie im Wesentlichen ihre Ausführungen im Verfahren zum Aktenzeichen S 12 KA 691/11 ER und ist der Auffassung, es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).

Der Antrag im Verfahren zum Az.: S 12 KA 691/11 ER ist nicht schon deshalb unzulässig, weil der Kläger die Wiederherzustellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22.11.2010 gegen den Rückforderungsbescheid beantragt hat, obwohl bereits vor Antragstellung der Widerspruchsbescheid vorlag. Der Antrag wird dahingehend ausgelegt, dass er sich auf die Klage bezieht.

Die Anträge sind aber insoweit bereits unzulässig, als die Beklagte für das Jahr 2009 eine Reduzierung auf 80.142,20 EUR und für das Jahr 2010 auf 61.942,59 EUR brutto angeboten hat, was der Kläger auch nicht im Rahmen eines Teilanerkenntnisses mit entsprechender Antragsänderung angenommen hat (vgl. insoweit LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 - L 4 KA 29/11 B ER -, Umdruck S. 8). Hierbei handelt es sich um Zusicherungen gegenüber dem Kläger und nicht um bloße Vergleichsangebote, so dass dahinstehen kann, ob die Beklagte für das 2. Leistungsjahr hierzu im Hinblick auf das frühere Ausscheiden des Dr. C. verpflichtet war, da im Regelfall auf den durch den Zulassungsausschuss festgestellten Zeitraum abzustellen ist.

Die Anträge sind ferner bereits unzulässig, weil der Kläger mit der Tilgungsvereinbarung eine ihn bindende vertragliche Einigung eingegangen ist. Mit der letzten Tilgungsvereinbarung, die der Kläger am 22.07.2011 und die Beklagte am 01.08.2011 unterzeichnet haben, ist ein wirksamer zweiseitiger öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen worden, in dem sich der Kläger zur Ratenzahlung in Höhe von 13.900 EUR im Quartal verpflichtet hat. Gründe einer Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit werden vom Kläger nicht vorgetragen und sind der Kammer auch nicht ersichtlich. Dem Kläger bleibt nach dem Vertrag lediglich vorbehalten, gegen die Berichtigungen an sich Widerspruch einzulegen bzw. Klage zu erheben, nicht jedoch, die Tilgungsvereinbarung zu kündigen. Dieses Ziel kann auch nicht im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens erreicht werden. Der Vertrag bindet beide Beteiligten und damit auch das Gericht. Insofern fehlt es dem Kläger bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis, jedenfalls aber an einem Anordnungsgrund.

Im Übrigen liegen auch unter Annahme eines zulässigen einstweiligen Anordnungsverfahrens die Voraussetzungen hierfür nicht vor.

Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V). Von dieser Norm werden auch Klagen gegen Bescheide erfasst, mit denen, wie im vorliegenden Fall, Honorarbescheide nachträglich geändert und bereits ausbezahlte Honorare zurückgefordert oder verrechnet werden (vgl. LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 33; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.03.2008 – L 7 B 10/08 KA ER – juris Rdnr. 2). Bei den Rückforderungsbescheiden vom 04.11.2010 und 20.06.2011 handelt es sich um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, der die Honorarfestsetzung betrifft (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.02.2010 - S 12 KA 639/09 – juris Rdnr. 11, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 13.07.2011 - L 4 KA 14/10 -; SG Marburg, Beschl. v. 10.03.2011 - S 12 KA 26/11 ER -, Beschwerde zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 - L 4 KA 29/11 B ER -).

Bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage zu bewerten sind, umso schwerwiegender muss das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts an der aufschiebenden Wirkung sein, um eine Aussetzung rechtfertigen zu können. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wieder die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. LSG Bayern, Beschl. v. 30.07.2009 – L 12 B 1074/08 KA ER - juris Rdnr. 16). Zu berücksichtigen sind außerdem sondergesetzlich geregelte Prüfungsmaßstäbe, wie z. B. das Erfordernis ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bei der Anforderungen von Beiträgen und sonstigen öffentlichen Abgaben (§ 86a Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 SGG) oder gesetzliche Wertungen, die dem öffentlichen Vollziehungsinteresse im Einzelfall generell den Vorrang einräumen. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage (schon) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben, der Aufschub der Vollziehung also entgegen § 86a Abs. 1 SGG nicht den Regel-, sondern den Ausnahmefall darstellt. Schließlich muss das Gericht immer bedenken, welche nachteiligen Folgen dem Antragsteller aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, vor allem für seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen erwachsen und ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 2 GG) im besonderen sind vor Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren als Präventivmaßnahme nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig; die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus. Außerdem darf der Rechtsschutzanspruch (Art. 19 Abs. 4 GG) gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug einer Maßnahme umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.01.2011 - L 5 KA 3990/10 ER-B - juris Rdnr. 58; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35; LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 – L 4 KA 29/11 B ER -, Umdruck S. 8 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.01.2011 - L 5 AS 452/10 B ER - juris Rdnr. 38; BVerfG, Kammerbeschl. v. 15.04.2010 - 1 BvR 722/10 - juris Rdnr. 20).

Insbesondere dann, wenn die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren besonders schwierig oder ohne weitere Ermittlungen nicht möglich ist, weil sie von der Klärung komplizierter Rechtsprobleme, etwa von einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm abhängt, die Entscheidung nur auf der Grundlage einer weiteren Sachaufklärung möglich ist, insbesondere die Anhörung der Beteiligten, von Zeugen oder die Beiziehung von Akten oder weiterer Unterlagen erfordert oder der Erörterung des Falles in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der sachkundigen ehrenamtlichen ärztlichen Beisitzer bedarf, können die Sozialgerichte auf die summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes verzichten. In einem solchen Fall ist der Erfolg eines Widerspruchs oder einer Klage regelmäßig ebenso wahrscheinlich wie ihr Misserfolg, so dass es für ein Obsiegen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes darauf ankommt, ob Widerspruch und Klage nach der Entscheidung des Gesetzgebers kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommen soll oder nicht. Ist die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes ausgeschlossen, kann ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGB V nur dann Erfolg haben, wenn die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.03.2008 – L 7 B 10/08 KA ER – juris Rdnr. 2; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35).

Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Rückforderungsbescheide kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung der von der Beklagten angebotenen Reduzierungen, wenn es auch noch an der bescheidmäßigen Umsetzung fehlt, nicht ausgegangen werden.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.

Nach den hier maßgeblichen Bedarfsplanungs-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, zuletzt geändert am 15. Juli 2010, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2010 S. 3954, in Kraft getreten am 27. November 2010, in den hier maßgeblichen Bestimmungen unverändert) (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä), die regelungstechnisch in § 23k Abs. 1 Satz 2 für die Berechnung des abrechenbaren Gesamtpunktzahlvolumens auf die Regelungen nach den §§ 23c bis 23f verweist, die entsprechend mit der Maßgabe gelten, dass der Umfang der Leistungsbeschränkung unabhängig vom Beschäftigungsumfang des (der) angestellten Arztes (Ärzte) zu bestimmen ist, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (§ 23c BedarfsplRL-Ä).

Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (§ 23e BedarfsplRL-Ä).

Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach § 23c Satz 6 BedarfsplRL-Ä bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (§ 23f BedarfsplRL-Ä).

Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden. Von daher erfasst der Anpassungsfaktor, der hier auf der Grundlage der Abrechnungen vor Einführung des EBM 2009 errechnet wurde, nicht evtl. Punktzahlausweitungen aufgrund einer höheren Leistungsbewertung. An Allgemeinen Änderungen nimmt die Job-Sharing-Praxis ansonsten aufgrund des sog. Anpassungsfaktors automatisch teil. Von daher hat der Zulassungsausschuss die Punktzahlvolumina aufgrund des neuen EBM 2009 zu Gunsten des Klägers berücksichtigt. Von daher kommt es nicht darauf an, ob der Kläger die zunächst festgelegten Grenzwerte noch gesondert anerkannt hat. Maßgeblich kommt es allein auf den Beschluss des Zulassungsausschusses an. Die diesem zugrunde gelegten Punktzahlvolumina hat der Kläger im Übrigen nachweislich des von ihm unterschriebenen und in der Verwaltungsakte befindlichen Erklärungsbogens anerkannt. Die bestandskräftige Festsetzung des Zulassungsausschusses für Ärzte ist für alle Beteiligten und das Gericht bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 12.12.2007 - L 4 KA 62/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. vom 28.01.2009 – B 6 KA 17/08 B – BeckRS). Diese Grenzwerte sind dann auch in einem Honorarberichtigungsverfahren nicht inzident überprüfbar.

Die vom Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsobergrenze gilt für alle Bereiche der ärztlichen Tätigkeit. Eine Leistungsausweitung ist, solange diese Obergrenze nicht geändert wird, einer Job-Sharing-Praxis nur im Rahmen der 3-%-Grenze bzw. im Rahmen der Erhöhung durch den sog. Anpassungsfaktor möglich. Soweit der Kläger vorträgt, aufgrund der Veränderungen aufgrund der Praxisverlegung sei es zu weiteren Patientenzuströmen gekommen, hätte es ihm oblegen, einen entsprechenden Antrag beim Zulassungsausschuss zu stellen. Das Landessozialgericht Hessen (Urt. v. 12.12.2007, a.a.O.) hat bereits dargelegt, dass ein Vertragsarzt nicht mit dem Vortrag, es sei ihm weder möglich noch zumutbar gewesen, den Umfang seiner allgemeinen ärztlichen Tätigkeit zu verringern, gehört werden kann. Selbstverständlich sei er immer zu Behandlungen von Notfällen verpflichtet. Gleichwohl habe er die Möglichkeit, den Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit zu steuern. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Ärzten liege nicht vor. Denn allein die Leistungsobergrenze aufgrund der Anstellung einer weiteren Ärztin schließt weitergehende Honoraransprüche aus.

Soweit der Kläger vorträgt, eine Steuerung sei ihm aufgrund der Umstellung im EBM auf Euro-Beträge nicht möglich gewesen, so hat die Beklagte bereits darauf hingewiesen, dass dies nicht zutrifft. Im Zweifel hätte es dem Kläger selbst oblegen, bereits vor Beginn des Quartals I/09 entsprechende Beratung bei der Beklagten einzuholen. Die Beratungspflicht nach § 106 SGB V gilt nur für Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren. Eine originäre, selbständige Beratungspflicht besteht nicht. Gerade aufgrund der strikten Honorarbegrenzung im Rahmen eines Job-Sharings und der Punktzahlgrenzen im Genehmigungs- bzw. Zulassungsbescheid ist davon auszugehen, dass bekannt ist, dass Leistungsausweitungen nur in ganz engen Rahmen möglich sind. Der Kläger hat aber selbst wiederholt vorgetragen, dass aufgrund der Praxisverlegung es zu vermehrten Behandlungen gekommen sei. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger auch ohne den angestellten Arzt in der Lage gewesen wäre, die vermehrte Behandlungsnachfrage zu befriedigen.

Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Nach den genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden. Die Beklage hat ferner mit jedem Honorarbescheid darauf hingewiesen, dass sie eine Berechnung der evtl. Überschreitung nur innerhalb eines Jahreszeitraums vornehme.

Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Job-Sharing-Verhältnisses war dem Kläger das Bestehen einer Leistungsbegrenzung grundsätzlich bekannt und musste er davon ausgehen, dass ihm eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihm die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen erst mit dem weiteren Beschluss des Zulassungsausschusses bzw. im Nachhinein bekannt wurden, musste er sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte er die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Soweit der Kläger vorträgt, er habe sich Anfang 2009 mehrfach an das Beraterteam der Beklagten in ZP. gewandt und den Rat erhalten, seine Arbeit so einzurichten, dass er nach Möglichkeit im Wechsel mit dem Job-Sharing-Partner arbeite und ansonsten solle er "Golf spielen", so liegt offensichtlich auch keine Falschberatung vor. Damit trägt der Kläger selbst vor, aufgrund seines Beratungsersuchens nochmals auf die Punktzahlgrenzen hingewiesen worden zu sein. Der weitere Vortrag, er habe sich an diesen Rat gehalten, steht im Widerspruch zu der von ihm eingeräumten Leistungsausweitung aufgrund eines vermehrten Patientenzustroms.

Dem Anpassungsfaktor kommt insofern eine Schutzwirkung zugunsten einer Job-Sharing-Praxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Job-Sharing-Praxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Job-Sharing-Praxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und bereits angepasst wurde.

Vertrauensschutz folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt hat, in dem sie u. a. ausführte: "Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres )Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."

Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 09.09.2010 - S 12 KA 126/10 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 71, 72 u 73/10 - aufgrund dieser Schreiben Vertrauensschutz zugebilligt hat, hat sie wesentlich darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade trotz Ankündigung einer Überprüfung über Jahre hinweg untätig geblieben war. Im Fall der dortigen Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hatten, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Damit habe die Beklagte auch für die Job-Sharing-Praxis einen Vertrauenstatbestand gesetzt, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres angekündigt habe. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben sei, habe sich das Vertrauen bilden können, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gelte insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten habe, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgt sei.

Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Von daher ist dem Kläger im Hinblick auf die genannten Schreiben kein Vertrauensschutz zuzubilligen.

Die Beklagte war zur Rückforderung auch nicht wegen Überschreitens einer Ausschlussfrist gehindert. Insbesondere gilt nicht die nach dem Honorarverteilungsvertrag geltende zweijährige Ausschlussfrist (Nr. 8.6 des ab dem Quartal II/05 geltenden HVV). Diese verstößt gegen Bundesrecht und ist daher nichtig (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 – S 12 KA 455/10). Von daher gilt die vierjährige Ausschlussfrist. Die Ausschlussfrist beginnt in allen Fällen der Richtigstellung von Honorarbescheiden mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.06.2010 – B 6 KA 7/09 R - juris Rdnr. 60 m.w.N.). Diese Frist war nicht abgelaufen, was insoweit auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist.

Nicht zu beanstanden ist auch die Berechnung der Honoraranforderung. Eine fehlerhafte Berechnung ist im Rahmen einer hier gebotenen summarischen Prüfung, abgesehen von den Teilanerkenntnissen der Beklagten, nicht zu erkennen.

Nicht zu beanstanden war ferner die Berechnung des praxisbezogenen Punktwerts, mit der die zunächst in Punkten festgestellte Leistungsüberschreitung in Euro-Beträge umgerechnet wurde. Zutreffend hat die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert ermittelt. Das ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen des Klägers vergütet wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die – im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, aaO., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne handelt es sich auch nicht um eine fehlerhafte Abrechnung einzelner Leistungen und kann die Leistungsüberschreitung erst nachträglich festgestellt werden. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur – neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden.

Im Übrigen ist auch ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden.

Der Kläger hat seine Vermögenslage trotz Hinweises der Kammer hierauf nur unzureichend offen gelegt. Nur zur Information verweist er darauf, dass auch die D. Klinik keine Gewinne erziele, sondern im Jahre 2010 mit einer "schwarzen 0" abgeschlossen habe. Die Kammer schließt daraus, dass der Kläger entweder alleiniger Eigentümer der D. Klinik oder an ihr beteiligt ist. Für das Jahr 2010 gibt der Kläger einen Rohertrag in Höhe von 662.204,56 EUR an. An Gesamtkosten gibt er demgegenüber 574.709,56 EUR an, wovon allein 401.726,82 EUR als "Ambulanzabgabe" und 49.172,55 EUR als "Kosten IV Stationäre Behandlung – D. Klinik" angegeben werden, ohne dass diese Kosten näher spezifiziert werden. Insofern reicht es nicht aus, lediglich die Angaben für den Praxisbetrieb darzustellen und auf die Einnahme- und Gewinnsituation der D.-Klinik nur ganz allgemein hinzuweisen. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für die betriebswirtschaftliche Auswertung für das Jahr 2011. Auch hat der Kläger sich nicht zum Bestehen von Rücklagen oder sonstigen Vermögenswerten geäußert, immerhin ist trotz der genannten Ausgabenstruktur für das Jahr 2010 kein unerheblicher Gewinn zu verzeichnen gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert war in Höhe des – unter Berücksichtigung der von der Beklagten angekündigten Reduzierungen - noch strittigen Berichtigungsbetrages festzusetzen. Hiervon war ¼ für das einstweilige Anordnungsverfahren zu nehmen.
Rechtskraft
Aus
Saved