L 13 R 4761/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 4364/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4761/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. August 2010 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, die der Klägerin seit dem 1. Mai 1993 gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 31. Dezember 2004 wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze teilweise aufzuheben, die Rente der Klägerin nur noch in Höhe einer Berufsunfähigkeitsrente auszubezahlen und die Erstattungspflicht der Klägerin über einen Betrag von 3.292,29 Euro festzusetzen.

Die 1946 geborene Klägerin beantragte am 3. Mai 1993 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Der Antrag enthielt vor der Unterschrift der Klägerin folgenden Hinweis: "15. Erklärung der Antragstellerin/ des Antragstellers

Ich verpflichte mich, die Bfa unverzüglich zu benachrichtigen, wenn nach Stellung dieses Rentenantrags bis zum Erhalt des Rentenbescheides - eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen wird oder - sich eine Änderung der Höhe des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens ergibt oder - eine Leistung nach Abschnitt 6 dieses Antrages gezahlt wird oder - sich meine Anschrift ändert. Ich verpflichte mich, der Rentenrechnungsstelle nach Bewilligung der Leistung unverzüglich jede Änderung der Verhältnisse, die die Zahlung oder den Anspruch selbst beeinflußt, schriftlich mitzuteilen und überzahlte Beträge der Deutschen Bundespost zurückzuzahlen. "

Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 11. August 1993 ab dem 1. Mai 1993 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, ursprünglich in Höhe von 893,22 DM. Dieser Bescheid enthielt u.a. folgende Hinweise: "Mitteilungspflichten Erwerbsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn eine selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns jede Aufnahme oder Ausübung einer selbständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen.

Arbeitsentgelt und bestimmte Sozialleistungen, die neben der Rente gezahlt werden, können Einfluß auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten oder die Veränderung folgender Leistungen unverzüglich mitzuteilen: - Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, - Abfindung einer Verletztenrente oder Anstaltspflege anstelle einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, - Leistungen nach § 10 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes, - Arbeitslosengeld, - Vorruhestandsgeld, - andere Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, - vorstehende Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden, - Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung aus einem vor Rentenbeginn begründeten Beschäftigungsverhältnis. Wir werden den Bescheid - auch rückwirkend - ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern, soweit bestehende Mitteilungspflichten nicht erfüllt werden. Überzahlungen können vermieden werden, wenn Sie uns umgehend benachrichtigen."

Bis zum 31. Dezember 2004 war die Klägerin im Versicherungsbüro ihres Ehemannes geringfügig beschäftigt. Im Zuge einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 durch die Deutsche Rentenversicherung Ba.-Wü. wurde festgestellt, dass das Einkommen der Klägerin die Hinzuverdienstgrenze überschritt. Am 4. Mai 2007 teilte die Deutsche Rentenversicherung Ba.-Wü. (DRV Ba.-Wü.) dies der Beklagten dann mit. Diese befragte den Ehemann und Arbeitgeber der Klägerin zu deren Verdienst.

Die Klägerin verdiente bis zum 31. März 2003 monatlich 325,00 Euro im Folgenden dann 400,00 Euro monatlich.

2003 2004 Monat Bruttoarbeits-entgelt Hinzuverdienst grenze Monat Bruttoarbeits-entgelt Hinzuverdienst grenze Januar 325,00 Euro Januar 400,00 Euro 345,00 Euro Februar 325,00 Euro Februar 400,00 Euro 345,00 Euro März 325,00 Euro März 400,00 Euro 345,00 Euro April 400,00 Euro April 400,00 Euro 345,00 Euro Mai 400,00 Euro Mai 400,00 Euro 345,00 Euro Juni 400,00 Euro 340,00 Euro Juni 400,00 Euro 345,00 Euro Juli 400,00 Euro 340,00 Euro Juli 400,00 Euro 345,00 Euro August 400,00 Euro 340,00 Euro August 400,00 Euro 345,00 Euro September 400,00 Euro 340,00 Euro September 400,00 Euro 345,00 Euro Oktober 400,00 Euro 340,00 Euro Oktober 400,00 Euro 345,00 Euro November 400,00 Euro 340,00 Euro November 400,00 Euro 345,00 Euro Dezember 400,00 Euro 340,00 Euro Dezember 400,00 Euro 345,00 Euro Gesamt 2003 4.575,00 Euro Gesamt 2004 4.800,00 Euro

Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer möglichen Aufhebung und Rückforderung wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze im Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2004 an. Während dieser Zeit habe der Klägerin nur die Rente in Höhe der Berufsunfähigkeitsrente zugestanden. Die Rente sei daher neu zu berechnen. Es sei eine Überzahlung eingetreten. Es sei daher beabsichtigt, den Bescheid vom 11. August 1993 ab dem 1. Juni 2003 aufzuheben und die Überzahlung für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis 31. Dezember 2004 in Höhe von 3.292,29 Euro zurückzufordern. Die Voraussetzungen für die Aufhebung seien gegeben, da die Klägerin der gesetzlichen Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2007 teilte die Steuerberaterin der Klägerin, Frau Ursula D., mit, die Klägerin habe nach der Änderung der Verdienstgrenzen für geringfügig Beschäftigte monatlich einen höheren Betrag als Aushilfslohn erhalten. In Unkenntnis der gesetzlichen Lage der Überschreitung der Verdienstgrenze habe sie keine Veranlassung gesehen, dies der Beklagten mitzuteilen. Darüber hinaus habe die Klägerin lediglich eine monatliche Rente in Höhe von 517,24 Euro. Die Rückforderung stelle daher eine unbillige Härte dar.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 31. Juli 2007 die Rente der Klägerin ab dem 1. Juni 2003 neu fest. Ab dem 1. Juni 2003 werde die Rente nur noch in Höhe einer Rente wegen Berufsunfähigkeit gezahlt. In der Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 31. August 2007 sei eine Überzahlung in Höhe von 3.292,29 Euro eingetreten, die die Klägerin zu erstatten habe. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass sich die Klägerin bei der Rentenantragstellung am 3. Mai 1993 verpflichtet habe, der Beklagten jede Änderung der Höhe des Arbeitsentgeltes mitzuteilen. Die Klägerin sei mit Bescheid vom 11. August 1993 darauf hingewiesen worden, dass Arbeitsentgelt Einfluss auf die Rentenhöhe habe. Mit der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 sei die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass sich ab dem 1. Januar 2001 die Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten änderten.

Den von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2008 zurück. Die Klägerin habe ihre Beschäftigung trotz Aufforderung im Rentenbescheid nicht angezeigt. Sie habe sich bei Rentenantragstellung verpflichtet, alle Änderungen sofort mitzuteilen. Sie habe mit der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 ein Hinweisblatt erhalten, das sie auf Hinzuverdienstgrenzen aufmerksam gemacht habe. Vertrauensschutz bestehe nicht, da grobe Fahrlässigkeit vorliege. Ein atypischer Fall liege auch nicht vor, so dass Ermessen nicht auszuüben gewesen sei. Auch eine unbillige Härte könne nicht erkannt werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 24. Juni 2008 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Sie habe immer nur im Rahmen der Hinzuverdienstgrenze eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Ein Hinweisblatt, aus dem sich ergebe, dass sich die Hinzuverdienstgrenze geändert habe, habe sie nicht erhalten. Eine atypische Situation bestehe aufgrund des Auseinanderfallens der Hinzuverdienstgrenzen und der Grenzen der geringfügigen Beschäftigung seit dem Jahr 2001. Dies sei für sie nicht zu erkennen gewesen. Wäre ihr dies klar gewesen, dann hätte sie darauf geachtet, die Hinzuverdienstgrenze nicht zu überschreiten.

Mit Urteil vom 26. August 2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2008 aufgehoben, soweit er den Bescheid vom 11. August 1993 für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2004 in weitergehendem Umfang aufgehoben hat, als die von der Klägerin monatlich erzielten Bruttoentgelte die jeweilige Hinzuverdienstgrenze überschritten hätten und soweit er einen höheren Erstattungsbetrag als 1.080,00 Euro fordere; im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB X nur berechtigt, die gewährte Rente insoweit aufzuheben, als die Klägerin ab dem 1. Juni 2003 tatsächlich über der Hinzuverdienstgrenze liegendes Einkommen erzielt habe. Eine weitergehende Aufhebung des Bescheides vom 11. August 1993 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X komme nicht in Betracht. Denn die Klägerin habe eine Mitteilungspflicht nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Im Rentenantrag habe sich die Klägerin lediglich dazu verpflichtet, Änderungen hinsichtlich der Höhe des Arbeitsentgeltes bis zur Bescheiderteilung mitzuteilen. Mit Bescheiderteilung sei diese Pflicht entfallen. Sofern sie sich auch dazu verpflichtet habe, alle Veränderungen nach Leistungsbewilligung mitzuteilen, falle die Änderung in der Höhe des Arbeitsentgeltes nach Überzeugung der Kammer nicht hierunter. Denn zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Jahr 1993 habe eine Hinzuverdienstgrenze nicht existiert. Folglich habe die Klägerin bis zum 31. Dezember 2000 keinerlei Veranlassung gehabt, der Beklagten die Höhe ihres Arbeitsentgeltes mitzuteilen. Ebenso wenig sei die Klägerin im Rentenbescheid vom 11. August 1993 darauf hingewiesen worden, Änderung der Höhe ihres Arbeitsentgeltes mitzuteilen. Die Belehrung über die Mitteilungspflichten im Rentenbescheid lasse nicht den Schluss zu, dass die Klägerin jede Änderung ihres Arbeitsentgeltes der Beklagten mitzuteilen habe. Die Klägerin sei auch nicht durch ein Hinweisblatt auf die ab dem 1. Januar 2001 geltende Hinzuverdienstgrenze hingewiesen worden. Dass ihr ein entsprechendes Merkblatt zugegangen sei, habe die Beklagte nicht nachweisen können. Auch der Vermerk auf der Rentenanpassungsmitteilung, es werde auf das beiliegende Hinweisblatt besonders hingewiesen, reiche nicht aus, um diesen Beweis zu führen. Aus der Rentenanpassungsmitteilung selbst ergebe sich ebenfalls nicht, dass nunmehr auch für Rentner, die vor dem 1. Januar 1996 eine Erwerbsminderungsrente bezogen haben, eine Hinzuverdienstgrenze gelte. Habe die Klägerin somit keine Kenntnis von ihrer Mitteilungspflicht, habe sie dieser auch weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht nachkommen können. Ein atypischer Fall liege nicht vor.

Gegen das beiden Beteiligten jeweils am 17. September 2010 zugstellte Urteil hat die Beklagte am 11. Oktober 2010 Berufung, die Klägerin am 22. November 2010 (Anschluss-)Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.

Die Beklagte hat zur Begründung ihrer Berufung ausgeführt, zutreffend gehe das SG davon aus, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorlägen und ein atypischer Fall nicht gegeben sei. Jedoch lägen darüber hinaus auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X vor. Denn im Rahmen der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 seien die Rentenempfänger auf die ab dem 1. Januar 2001 geltenden Hinzuverdienstgrenzen hingewiesen worden. Dieser Hinweis sei auf einem Hinweisblatt enthalten gewesen, das der Rentenanpassungsmitteilung beigefügt gewesen sei. Wenn die Klägerin das Hinweisblatt tatsächlich nicht erhalten habe, wäre es die natürlichste und logischste Reaktion gewesen, wenn sie oder der Steuerberater dies unverzüglich mitgeteilt hätten. Zu einem vergleichbaren Fall habe das LSG (Urteil vom 28. September 2000 - L 12 RA 3142/99) bereits entschieden. Auch im Übrigen sei die Auffassung des SG unzutreffend, denn auf der Rückseite der Rentenanpassungsmitteilung 2000 sei auf die Hinzuverdienstgrenzen hingewiesen worden, als dort unter der Überschrift "Hinzuverdienstgrenzen" mitgeteilt gewesen sei: "Bei Bezug einer vor 1996 gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit sind die Erläuterungen auf dem beiliegenden Hinweisblatt zu beachten.". Damit habe die Klägerin erkennen können, dass in Bezug auf die vor dem 1996 gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Änderung der Rechtslage eingetreten sei, die auf dem Hinweisblatt erläutert werde. Habe dann das Hinweisblatt nicht beigelegen, sei die Klägerin verpflichtet gewesen, bei der Beklagten entsprechend nachzufragen. Dies habe das Bayerische LSG mit Urteil vom 30. Oktober 2003 (L 14 KG 1/00) so entschieden. Auch in den folgenden Rentenanpassungsmitteilungen der Jahre 2001, 2002 und 2003 sei die Klägerin auf das Bestehen und die Höhe von Hinzuverdienstgrenzen hingewiesen worden. Die Klägerin habe also spätestens am 1. Juli 2003 gewusst, dass für sie allein die Hinzuverdienstgrenze von 340,00 Euro maßgeblich sei.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. August 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. August 2010 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2008 in vollem Umfang aufzuheben.

Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie sei ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für sie nachteiliger Änderungen der Verhältnisse, weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht nachgekommen und habe auch keine Sorgfaltspflicht verletzt. Ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren seien ohnehin denkbar kurz gewesen. Sie sei erst durch ihre Prozessbevollmächtigte aufgefordert worden, das Hinweisblatt vorzulegen, um die Ausführungen dort im Einzelnen zu studieren, habe aber weder das Hinweisblatt finden, noch sich daran erinnern können, es erhalten zu haben oder was darauf gestanden habe. Dass sie die Ausführungen auf dem Hinweisblatt zur Kenntnis habe nehmen müssen, obliege der Beweisführung der Beklagten. Der Vortrag bezüglich der neueren Bescheide werde als verspätet zurückgewiesen. Die Bescheide lägen auch nicht vor. Aber auch insoweit bewege sich die monatliche Hinzuverdienstgrenze noch parallel zur Höhe der geringfügigen Beschäftigung. Dies könne nur als Bestätigung für ihre Auffassung verstanden werden, es habe keine Abweichungen zwischen Hinzuverdienstgrenze und Geringfügigkeitsgrenze gegeben. Sie habe deshalb auch trotz dieser beiden Bescheide davon ausgehen können, dass sich die Anhebung der geringfügigen Beschäftigungsgrenze parallel zu der festgelegten Hinzverdienstgrenze bewege. Im Übrigen liege ein atypischer Fall vor. Gerade ihr, die bei ihrem Ehemann beschäftigt gewesen sei, sei es ohne weiteres möglich gewesen, jeweils das Einkommen der Hinzuverdienstgrenze anzupassen, wenn ihr auch nur der geringste Hinweis auf die Sachlage bewusst gewesen wäre. Sie habe die Leistungen auch arglos verbraucht und habe sich zu keinem Zeitpunkt jenseits der gesetzlich vorgesehenen Regelungen bewegen wollen. Auch dies, nicht nur ihre finanzielle Situation, sei im Rahmen des atypischen Falles zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich, die (Anschluss-)Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben und der Senat eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, konnte der Rechtsstreit ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG) entscheiden werden.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Sie ist auch begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 31. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2008 zu Unrecht teilweise aufgehoben. Die (Anschluss-)Berufung der Klägerin ist als unselbständige - weil nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegte - Anschlussberufung statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Gegenstand der Klage ist der die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung teilweise aufhebende und eine Erstattungsplicht in Höhe von 3.292,29 Euro festsetzende Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2008. Hiergegen ist die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) statthaft; in der Sache ist diese jedoch unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid erweist sich - nach Prüfung durch den Senat - nicht als rechtswidrig, die Klägerin wird in ihren Rechten nicht verletzt. Die Beklagte durfte die Bewilligung der der Klägerin gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. April 2003 bis zum 31. Dezember 2004 teilweise aufheben; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Rente; sie hat der Beklagten einen Betrag von 3.292,29 Euro zu erstatten.

Rechtsgrundlage der aufhebenden Entscheidung ist - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - § 48 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit (1.) die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, (2.) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, (3.) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder (4.) der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt nach § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist insoweit eingetreten, als die Klägerin ab dem 1. April 2003 und in der Zeit bis zum 31. Dezember 2004 Einkommen erzielt hat, das die jeweils maßgebliche Hinzuverdienstgrenze überstieg und daher der Klägerin aus materiellrechtlichen Gründen nur noch eine geringere Rente zugestanden hatte. Insoweit hat das SG zutreffend ausgeführt, dass eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X eingetreten ist. Die Klägerin hat bei einem gleichbleibenden Gehalt von monatlich 400,00 Euro im Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2003 Einkünfte in Höhe von monatlich jeweils 60,00 Euro, vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 monatlich in Höhe von jeweils 55,00 Euro über der Hinzuverdienstgrenze erzielt. Mit jedem monatlich erzielten Einkommen oberhalb der Hinzuverdienstgrenze ist gegenüber dem Bescheid vom 11. August 1993 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, denn eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, auf die - wie im Fall der Klägerin - vor dem 31. Dezember 2000 bereits ein Anspruch bestanden hatte, wird nach § 313 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 96a Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur geleistet, wenn die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Damit führt Einkommen, das über der jeweiligen Hinzuverdienstgrenze liegt, zwar nicht zum Wegfall des Stammrechts auf Rente aber zur Reduzierung der monatlichen Zahlungsansprüche (zum Ganzen vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 4 RA 35/02 R - SozR 4-2600 § 313 Nr. 1 = juris) und insoweit zum (hier teilweisen) Wegfall des Anspruchs im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI. Die sich hieraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen hat das SG zutreffend dargestellt.

Die Beklagte war aber auch berechtigt, die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im streitigen Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2004 in einem über das Urteil des SG hinausgehenden Umfang aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Denn die Klägerin ist zumindest grob fahrlässig ihrer Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten nicht nachgekommen. Sie hat ihr monatliches Einkommen zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt. Ob die Klägerin dazu aufgrund des Rentenantrags vom Mai 1993 und des Rentenbescheids vom 11. August 1993 verpflichtet war, muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn die Klägerin war mit dem Bescheid über die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 auf die Einführung der Hinzuverdienstgrenze auch für Bestandsrentner - wie sie - ab dem 1. Januar 2001 hingewiesen worden.

Der Senat konnte sich davon überzeugen, dass die Klägerin das Hinweis-/Merkblatt der Beklagten zum Rentenanpassungsbescheid 2000 erhalten hat. Denn es ist bei dem automatisierten Postversandt der Beklagten bzw. der Rentenzahlstelle nach Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass einzelne Empfänger das Merkblatt nicht erhalten haben; dass aber alle Empfänger das Merkblatt nicht erhalten haben, ist unstreitig nicht der Fall. Gründe, weshalb gerade die Klägerin das Merkblatt nicht erhalten haben soll, sind nicht ersichtlich. Ihre Einlassung, in den Unterlagen dieses Blatt nicht gefunden zu haben und sich an den Empfang nicht mehr erinnern zu können, widerspricht dem nicht. Der Senat ist mithin der Überzeugung, dass die Klägerin das Merkblatt erhalten hat (a.A. in einem ähnlichen Fall LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. Oktober 2007 - L 10 R 497/05 - juris Rdnr. 20). Aber selbst wenn die Klägerin das Merkblatt nicht erhalten haben sollte, stünde dies der Annahme grober Fahrlässigkeit nicht entgegen. Denn in dem in der SG-Akte vorliegenden Anpassungsbescheid 2000 war ausdrücklich auf das beiliegende Merkblatt hingewiesen worden. Im Übrigen war auf der Rückseite - insoweit von der Klägerin im SG-Verfahren nicht kopiert - folgender Aufdruck der Beklagten enthalten: "Bei Bezug einer vor 1996 gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit sind die Erläuterungen auf dem beiliegenden Hinweisblatt zu beachten." Damit war die Klägerin gewarnt und ausreichend darüber informiert, dass sich beim Hinzuverdienst Änderungen auch für sie, deren Rentenbeginn vor dem Jahr 1996 lag, ergeben haben. Sie hätte daher bei der Beklagten kundig machen müssen.

Da das monatliche Einkommen Auswirkungen auf die Höhe Rentenanspruchs hat (§§ 313, 96a SGB VI, dazu siehe oben) oblag es der Klägerin damit nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, mithin also ihr monatliches Einkommen der Beklagten mitzuteilen. Dass ihr Einkommen für ihre Rente von Bedeutung, also erheblich, ist, war der Klägerin durch die Beklagte im Merkblatt bzw. im Anpassungsbescheid 2000 ausreichend deutlich mitgeteilt worden. Denn zunächst war diese mit der Anpassungsmitteilung des Jahres 2000 darauf hingewiesen worden, dass auch bei ihrer Rente ab dem 1. Januar 2001 die Hinzuverdienstgrenze zu beachten ist. Über die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze war die Klägerin des Weiteren jeweils informiert worden. Denn die Beklagte hat auf dem Bescheid über die Rentenanpassung 2002 folgenden Hinweis abgedruckt: "Bei Bezug einer [ ] in voller Höhe gezahlten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gilt bis zum 31. Dezember 2001 die bislang maßgebliche Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 630,00 DM / 322,11 EUR unverändert fort. Ab 1. Januar 2002 beträgt diese Hinzuverdienstgrenze 325,00 EUR."

Auf dem Bescheid über die Rentenanpassung 2003 war folgender Hinweis abgedruckt: "Für [ ...] eine in voller Höhe gezahlten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ... beträgt die monatliche Hinzuverdienstgrenze seit dem 1. April 2003 ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, dies sind 340,00 EUR brutto. Ab 1. Januar 2004 wird sich diese Hinzuverdienstgrenze voraussichtlich erhöhen."

Zwar hat die Klägerin angegeben, auch diese Anpassungsbescheide 2002 und 2003 nicht erhalten zu haben. Doch kann sich der Senat nicht von der Richtigkeit dieser Einlassung überzeugen. Denn es erscheint unglaubwürdig, dass die Klägerin über mehrere Jahre hinweg keine Rentenanpassungsmitteilungen erhalten haben soll. Auch dass der Einwand, die Bescheide nicht erhalten zu haben, immer erst dann vorgebracht wurde, wenn sich aus den Bescheiden nachteilige Rechtsfolgen abzeichneten, führt nicht dazu, dass sich der Senat von der Richtigkeit des klägerischen Vorbringens überzeugen konnte. Damit ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin die Rentenanpassungsmitteilungen der Jahre 2002 und 2003 erhalten hat. Auf diesen Bescheiden hat die Beklagte - sogar betragsmäßig beziffert - die jeweils maßgebliche Hinzuverdienstgrenze dargelegt. Die Klägerin hätte daher schon alleine anhand der Hinweise auf den jeweiligen Rentenanpassungsmitteilungen erkennen müssen, dass ihr Einkommen nunmehr die Hinzuverdienstgrenze überstiegen hat und insoweit für ihre Rente von Bedeutung ist. Insoweit war der Klägerin auch klar, dass entsprechendes Einkommen mitzuteilen war.

Entgegen der Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 25. Oktober 2007 - L 10 R 497/05 - juris Rdnr. 20) wurde die Klägerin in den Anpassungsmitteilungen des Jahres 2000 in Verbindung mit denjenigen der Jahre 2001 bis 2003 ausreichend auf ihre Mitteilungspflichten hingewiesen. Denn wenn eindeutig erkennbar ist, dass nunmehr eine Hinzuverdienstgrenze gilt und das erzielte Einkommen diese Grenze übersteigt, dann liegt es mehr als nahe, dass das Einkommen auch der rentenführenden Stelle mitzuteilen ist. Insoweit schadet es nicht, dass zum Zeitpunkt der Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Jahre 1993 eine Hinzuverdienstgrenze nicht bestanden hatte und die Klägerin damals noch nicht auf entsprechende Mitteilungspflichten hingewiesen werden konnte. Denn die Beklagte hat die Klägerin ab dem Jahr 2000 ausreichend über ihre Mitwirkungspflichten und die Maßgeblichkeit sowie die Höhe der jeweiligen Hinzuverdienstgrenze informiert. Wird insoweit die Mitteilungspflicht verkannt, obwohl diese mehr als naheliegt, handelt der Bertreffende zumindest grob fahrlässig.

Der ihr obliegenden Mitteilungspflicht ist die Klägerin zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, also wenn die in der Personengruppe herrschende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist. Das ist der Fall, wenn außer Acht gelassen worden ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Auch der Klägerin hätte nach dem Hinweis der Beklagten - spätestens - in den Rentenanpassungsmitteilungen 2002 und 2003 einleuchten müssen, dass ihr Einkommen Auswirkungen auf ihre Rente haben kann und dieses der Beklagten daher mitzuteilen ist. Dieser Erkenntnis hat sich die Klägerin verschlossen; Verschulden ihres Steuerberaters, der - so ihre Aussage vor dem SG - in die Lohnzahlung und die Beratung der Klägerin eingeschaltet war, muss sie sich zurechnen lassen. Auch soweit die Klägerin vorgebracht hat, sich zu keinem Zeitpunkt jenseits der gesetzlich vorgesehenen Regelungen bewegen zu wollen, entfällt der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht. Denn insoweit hätte die Klägerin die sich aufdrängende Möglichkeit nutzen müssen, der Beklagten ihr monatliches Einkommen mitzuteilen. Auch dass sich die Hinzuverdienstgrenze ab dem Jahr 2003 von der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV abgekoppelt hat, ergab sich aus den Rentenanpassungsmitteilungen; das war auch ihrem Steuerberater offenkundig. Daher konnte die Klägerin auch nicht mehr auf den ursprünglichen Gleichklang der beiden Werte vertrauen.

Das Außerachtlassen von Hinweisen in den überschaubaren Erläuterungen und Anlagen zu den Rentenanpassungsbescheiden kann nur dann nicht als grob fahrlässig angesehen werden, wenn der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und seinem Bildungsstand die Erläuterungen nicht verstehen konnte (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 28. März 2008 - L 5 R 423/07 - juris Rdnr. 40 unter Hinweis auf BSGE 44, 264, 273). Das ist aber vorliegend nicht der Fall. Dass die Klägerin sich über die in den Anpassungsmitteilungen und im Merkblatt 2000 enthaltenen Hinweise zur Hinzuverdienstgrenze hinweggesetzt hat, ändert nichts daran. Denn selbst wenn die Klägerin auf Auskünfte ihres Steuerberaters vertraut hätte, so standen dessen Auskünfte eindeutig im Gegensatz zu den in den Rentenanpassungsmitteilungen genannten Hinzuverdienstgrenzen. Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Klägerin daher diese Diskrepanz auffallen müssen. Hat sie sich stattdessen und entgegen den unmissverständlichen Hinweisen der Beklagten auf anderslautende Auskünfte Dritter verlassen, ohne durch Rückfrage bei der Beklagten etwaige Unstimmigkeiten aufzuklären, hat sie die ihr obliegende Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Die Klägerin muss sich insoweit nicht nur vorwerfen lassen, sie habe die Rentenschädlichkeit ihres Hinzuverdienstes grob fahrlässig verkannt, sondern auch, dass sie ihrer Obliegenheit zur Mitteilung des Hinzuverdienstes in Höhe von monatlich 400,00 Euro grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (so auch LSG Hessen a.a.O.).

Damit hat die Klägerin zumindest grob fahrlässig ihr monatliches Einkommen nicht mitgeteilt, obwohl sie hierzu verpflichtet war. Die Beklagte war daher berechtigt, den Bescheid vom 11. August 1993 mit Wirkung für die Vergangenheit, also für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2004, teilweise - also in Höhe des den nach materiellem Recht zustehenden Rentenbetrag übersteigenden Zahlbetrag - aufzuheben. Auch für das Jahr 2004 durfte die Beklagte jeden Monat der Einkommenserzielung berücksichtigen, denn bei gleichbleibendem Verdienst steht die Vergünstigung der unschädlichen zweimaligen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze dem Versicherten nicht zu; die Überschreitensregelung ist auf Versicherte von vornherein nicht anwendbar, die über solche Einkünfte verfügen, die nicht in unterschiedlicher Höhe einzelnen Kalendermonaten zugeordnet werden können (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Oktober 2010 - L 22 R 298/09 - juris Rdnr. 71). Die Beklagte war daher berechtigt, der Klägerin in der Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2004 lediglich eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (§ 313 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 SGB VI) zu leisten. Diese Rente hat die Beklagte zutreffend berechnet. Insoweit nimmt der Senat - nach eigener Prüfung - auf die Berechnung der Beklagten im angefochtenen Bescheid Bezug.

Liegen die Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vor, hat die Behörde grundsätzlich die Bewilligung aufheben. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein so genannter atypischer Fall gegeben ist, hat die Behörde nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, ob ausnahmsweise von einer (ganzen oder teilweisen) Aufhebung der Bewilligung abzusehen ist. Die Frage, wann es sich um einen atypischen Fall handelt, in dem eine Ermessensentscheidung getroffen werden muss, ist nach dem Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X und den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (LSG, Urteil vom 10. September 2010 - L 4 R 3198/09 - juris Rdnr. 32). Diese müssen im Hinblick auf die mit der rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsakts verbundenen Nachteile, insbesondere der aus § 50 Abs. 1 SGB X folgenden Erstattungspflicht, vom Normalfall in besonderer Weise abweichen (BSG, Urteil vom 24. September 1986 - 10 RKg 9/85 - SozR 5870 § 2 Nr. 47 = juris; LSG a.a.O.). Ein atypischer Fall ist zwar noch nicht dann anzunehmen, wenn die Aufhebung eine Rückforderung zur Folge hat, aber z.B. dann, wenn der Leistungsempfänger im Zeitpunkt des Verbrauchs des nachträglich erzielten Einkommens mit einer Erstattungsforderung nicht rechnete oder zu rechnen hatte (BSG, Urteil vom 26. August 1994 - 13 RJ 29/93 - juris); dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die Richtigkeit einer von den Bediensteten der dafür zuständigen Behörde ihm gegebenen Information das später erzielte Einkommen verbraucht hat (BSG a.a.O. Rdnr. 29). Dies kann jedoch vorliegend nicht gelten, denn die Klägerin wusste - zumindest war ihr dies in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt - dass ihr Einkommen Auswirkungen auf die Rentenzahlung hat und dass ihr Einkommen die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen überstieg. In einem derartigen Fall kann sich die Klägerin nicht auf den gutgläubigen und daher vertrauensgeschützten Verbrauch der bezogenen Leistung berufen. Unter diesem Aspekt liegt daher auch kein atypischer Fall vor, denn diesen Fall regelt § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ausdrücklich, weshalb insoweit ein Regelfall, kein atypischer Fall vorliegt.

Soweit die Klägerin vorbringt, sie hätte, hätte sie von der Überschreitung der Hinzuevrdienstgrenzen gewusst, ihr Einkommen anpassen können, so begründet dies ebenfalls keinen atypischen Fall. Denn die Klägerin war in den Rentenanpassungsmitteilungen über die maßgebliche Höhe der Hinzuverdienstgrenze informiert worden und hat die notwendigen Konsequenzen nicht gezogen. Auch soweit Auskünfte ihres Steuerberaters sie zu ihrer Auffassung verleitet haben, bedeutet dies keinen atypischen Fall, denn insoweit hätte sich die Klägerin bei der Beklagten über ihre Pflichten informieren können.

Das Vorbringen der Klägerin, sie habe sich zu keinem Zeitpunkt jenseits der gesetzlich vorgesehenen Regelungen bewegen wollen, begründet ebenfalls keinen atypischen Fall im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X. Denn der Wille, sich rechtstreu zu verhalten, ist - noch immer - der Regelfall. Im Übrigen sieht § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vor, dieses Vorbringen, einen Rechtsverstoß nicht begehen zu wollen, bei der Frage des Verschuldens - also dem Vorliegen grober Fahrlässigkeit oder von Vorsatz - zu berücksichtigen.

Insgesamt liegt - unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalles - eine atypische Fallgestaltung nicht vor. Die Beklagte war nicht verpflichtet, Ermessen auszuüben.

Der teilweisen Aufhebung der Rentengewährung steht auch § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht entgegen. Hiernach muss die Behörde die Aufhebung dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Aufhebung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Erzielung von Einkommen - überhaupt und auch über die Hinzuverdienstgrenze hinaus - ist der Beklagten erstmals mit Schreiben der DRV Ba.-Wü. vom 2. Mai 2007, bei der Beklagten am 4. Mai 2007 eingegangen, bekannt geworden. Die aufhebende Entscheidung der Beklagten vom 31. Juli 2007 wahrt damit die Jahresfrist - unabhängig davon, ob auf den Eingang der Mitteilung der DRV Ba.-Wü. oder den Eingang der Stellungnahme der Klägerin am 25. Juli 2007 auf die Anhörung der Beklagten vom 3. Juli 2007 abzustellen wäre.

Nachdem die Beklagte zutreffend die Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2004 teilweise aufgehoben hat, hat die Klägerin die überzahlten Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Beklagte hat die Höhe des Erstattungsbetrages zutreffend berechnet, auf die Berechnungen im angefochtenen Bescheid nimmt der Senat daher Bezug.

Damit war das Urteil des SG abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Berufung der Klägerin konnte keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; dabei wurde berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren letztlich keinen Erfolg hatte.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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