Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 4220/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3905/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 06. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung des auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung entfallenen Anteils des ihm vom Antragsgegner bewilligten Arbeitslosengeld II (Alg II).
Der 1967 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Antragsgegner. Im Februar 2008 mietete er eine Wohnung in L. an, für die er eine monatliche Gesamtmiete von 350,- EUR (inklusive Heizung, Warmwasser, Wasser/Abwasser, Möblierung, Stellplatz) zu entrichten hat. Die von ihm mietvertraglich geschuldete Kaution in Höhe von 350,- EUR leistete der Antragsteller nicht. Im Januar 2011 überwies der Antragsteller an seinen Vermieter lediglich einen Betrag in Höhe von 250,- EUR und im Februar 2011 von 200,- EUR. Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 kündigte der Vermieter wegen der Zahlungsrückstände, der offen Kautionsforderung sowie generell verspäteten Mietzahlungen das Mietverhältnis mit dem Antragsteller und widersprach einer Fortsetzung des Gebrauchs. Im März 2011 zahlte der Antragsteller keine Miete. Mit Schreiben vom 31. März 2011 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis gegenüber dem Antragsteller fristgerecht zum 30. Juni 2011 mit der Begründung, dass ein Zahlungsrückstand in Höhe von insgesamt 600,- EUR sowie 350,- EUR für Kaution bestehe und die Mietüberweisungen verspätet erfolgten.
Ab April 2011 zahlte der Antragsgegner den auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung des bewilligten Alg II entfallenen Teil an den Vermieter aus (Änderungsbewilligung vom 30. März 2011 zum Bescheid vom 21. Januar 2011). Nachdem das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg durch Beschluss vom 05. Mai 2011 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren L 3 AS 1261/11 ER-B die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Änderungsbescheid des Antragsgegners angeordnet hatte, überwies der Antragsgegner die Kosten der Unterkunft ab 01. Mai 2011 wieder an den Antragsteller. Den Differenzbetrag zwischen der zu erbringenden monatlichen Miete und den durch den Antragsgegner anerkannten Unterkunftskosten zahlte der Antragsteller im April 2011 nicht an seinen Vermieter.
Auf Fortzahlungsantrag bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01. August 2011 bis zum 31. Januar 2011 Alg II in Höhe von 695,78 EUR (364,- EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 331,78 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung; Bescheide vom 12. Juli und 21. Juli 2011). Als Zahlungsempfänger für die Kosten für Unterkunft und Heizung ist im Bewilligungsbescheid der Vermieter ausgewiesen. Gleichzeitig ordnete er an, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs und einer Klage gegen diesen Bescheid gem. § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt. Der Antragsteller verlangte, dass weiterhin auch die Kosten der Unterkunft und Heizung an ihn ausgezahlt werden. Der Antragsgegner wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 03. August 2011).
Der Vermieter ist mit dem weiteren Verbleib des Antragstellers in der Wohnung einverstanden, solange die geschuldete Miete vollständig erbracht wird.
Am 01. August 2011 begehrte der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung des gesamten Alg II ab 01. August 2011 an sich. Das LSG hat diesen Antrag an das Sozialgericht Freiburg (SG) weiter geleitet. Auf Anfrage des SG teilt der Antragsteller mit, dass Mietrückstände in Höhe von 623,10 EUR bestünden. Die Miete ab Mai bis Juli 2011 habe er an den Vermieter überwiesen.
Das SG hat durch Beschluss vom 06. September 2011 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Der Antragsteller wende sich erkennbar gegen den Bescheid vom 21. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. August 2011. Ihm gehe es dabei um die Auszahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an sich selbst. Dieser Antrag sei als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG statthaft. Danach könne das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werde könnte. Bei der Vorschrift seien einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheine. Ein demgegenüber vorrangiger Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sei vorliegend nicht statthaft, denn der Antragsteller begehre die Gewährung einer Leistung, nämlich die Auszahlung der Unterkunftskosten an sich selbst, die ihm durch den Bescheid vom 21. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. August 2011 nicht bewilligt worden sei. Es gehe ihm damit nicht um Abwehr eines ihn belastenden Eingriffs in seine Rechtsposition, sondern um die Erweiterung der ihm bewilligten Leistungen und damit um die Einräumung einer zusätzlichen Rechtsposition. Für dieses Begehren sei ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statthafte Antragsart. Es fehle jedoch sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund, weshalb der Antrag abzulehnen sei. Dem Antragsteller dürfte kein Anspruch auf eine Auszahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an sich selbst zukommen. Vielmehr dürfte der Antragsgegner dazu berechtigt sein, diese Leistung direkt an den Vermieter des Antragstellers zu bezahlen. Gem. § 22 Abs. 4 SGG II sollen die Kosten für Unterkunft und Heizung von dem kommunalen Träger an den Vermieter und andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt sei. Erforderlich sei damit, dass die gewährten Leistungen tatsächlich nicht zur Sicherung der notwendigen Unterkunfts- und Heizbedarfe eingesetzt würden. Die zweckentsprechende Verwendung sei nicht sichergestellt, wenn aufgrund eines mehrmaligen entsprechenden Geschehens die Gefahr weiterer zweckwidriger Mittelverwendung bestehe. Dabei dürfte eine restriktive Auslegung vorzunehmen seien. Als maßgebliches Kriterium dürfte die Nichtzahlung der Miete bis zur Androhung der Kündigung durch den Vermieter angesehen werden. Nach vorläufiger Wertung dürften diese Voraussetzungen erfüllt seien. Der Antragsteller habe mehrere Monatsmieten in Folge nicht oder nur teilweise an seinen Vermieter überwiesen. Der Vermieter habe dem Antragsteller gegenüber die Kündigung nicht nur angedroht, sondern bereits mehrfach ausgesprochen. Der Antragsteller habe zudem trotz gerichtlicher Aufforderung nicht glaubhaft gemacht, dass er die Mieten seit Mai 2011 an seinen Vermieter vollständig überwiesen habe. Auch im Falle einer regelmäßigen Mietzahlung seit Mai 2011 erscheine es nach vorläufiger Wertung zweifelhaft, ob der Antragsteller zukünftig regelmäßige Zahlungen in der geschuldeten Höhe an seinen Vermieter vornehmen werde. Diesbezüglich habe er bislang keine eindeutige Erklärung abgegeben. Hinzu komme, dass nach seinen eigenen Angaben weiterhin Mietrückstände in Höhe von 623,10 EUR seit April 2010 bestünden. Nach alledem dürfte zu befürchten sein, dass sich die Mietrückstände des Antragstellers noch weiter erhöhen und ihm damit eine erneute fristlose Kündigung seines Mietverhältnisses drohe. Die zweckentsprechende Verwendung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung durch den Antragsteller dürfte damit nicht sichergestellt sein. Als Rechtsfolge sei in § 22 Abs. 4 SGB II vorgesehen, dass die Direktauszahlung an den Vermieter erfolgen solle. Damit dürfte die Direktzahlung beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Regelfall sein, wovon nur in atypischen Fällen abzuweichen sein dürfte. Eine atypische Fallgestaltung dürfte nicht gegeben sein. Im Übrigen sei nach vorläufiger Wertung auch kein Anordnungsgrund gegeben.
Gegen den ihm am 08. September 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. September 2011 eingelegte Beschwerde des Antragstellers, mit welcher er weiterhin die Auszahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung an sich begehrt. Der richterliche Beschluss sei subjektiv und einseitig zu Gunsten der Vermieterseite. Er werde dadurch entmündigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGB statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Anträge nach § 86b Abs. 2 SGG sind bereits vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht, wie das SG zutreffend erkannt und begründet hat. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund. Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung einer aktuellen - noch bestehenden - Notlage notwendig sind (vgl. beispielsweise LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER -). Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Nach diesen Grundsätzen fehlt es an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch. Vorliegend ist allein die Auszahlung des für den Bedarf für Unterkunft und Heizung bewilligten Betrages zwischen den Beteiligten streitig, den der Antragsgegner nicht an den Antragsteller erbringt, sondern an den Vermieter des Antragstellers auszahlt. Der Antragsgegner war nach Auffassung des Senats berechtigt, die Auszahlung des für den Bedarf von Unterkunft und Leistung geleisteten Alg II an den Vermieter der Antragstellers zu verfügen. Nach § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 30. Mai 2011 über die Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Bundesgesetzblatt I, Seite 850) soll das Alg II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung an den Vermieter gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Leistungsberechtigten nicht sichergestellt ist. Eine Direktauszahlung an Dritte kommt nur in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Leistungsempfänger die ihm gewährten Mittel nicht zweckentsprechend verwendet (Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 193). § 22 Abs. 7 S. 3 SGB II nennt Regelbeispiele, in denen von einer zweckwidrigen Verwendung auszugehen ist. Die zum 01. Januar 2011 neu eingefügten Regelbeispiele in Satz 3 konkretisieren, wann anlassbezogen im Einzelfall eine zweckentsprechende Verwendung des für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleisteten Alg II durch einzelne Leistungsberechtigte nicht mehr sichergestellt ist (Lauterbach in Gagel, § 22 SGB II Rdnr. 133). Sie tragen dem Grundrecht der Leistungsberechtigten auf informationelle Selbstbestimmung und deren Schutz vor Wohnungslosigkeit sowie dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung von hieraus resultierenden Doppelzahlungen aus Steuermitteln Rechnung (Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 195). Dies rechtfertigt eine Direktzahlung an Vermieter und andere Empfangsberechtigte, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die Transferleistungen zu den Wohnkosten nicht zweckentsprechend verwendet werden und daraus resultierend Wohnungslosigkeit der Betroffenen droht. Ein solches Regelbeispiel ist vorliegend gegeben. Denn es bestehen Mietrückstände, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigten (§ 22 Abs. 7 S. 3 Nr. 1 SGB II). Nach §§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 569Abs. 3 Nr. 1 BGB liegt ein die außerordentliche Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete (der die Miete für einen Monat übersteigt) im Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. Der Antragsteller hat durch sein Zahlungsverhalten Mietrückstände auflaufen lassen, die zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigten, nachdem er im Januar und Februar 2011 die geschuldete Miete nur anteilig und im März 2011 gar nicht entrichtet hat. Auch im April 2011 hat er sein vertragswidriges Verhalten fortgesetzt, indem er nicht für die vollständige Erbringung der Vertragsmiete gesorgt hat. Dieses Zahlungsverhalten hat der Vermieter auch tatsächlich zu Anlass genommen, gegenüber dem Antragsteller (mehrfach) die Kündigung auszusprechen. Ein atypischer Ausnahmefall, in dem von der Direktzahlung an den Vermieter abgesehen werden kann, ist nicht ersichtlich. Zwar hat der Antragsteller behauptet, er habe in den folgenden Monaten die Miete vollständig an seinen Vermieter erbracht, jedoch hat er diese Behauptung nicht belegt. Auch hat er nicht vorgebracht, in welchem Umfang er seine Mietschulden abträgt und gegebenenfalls die Kündigung bzw. den Kündigungsgrund beseitigt (vgl. §§ 543 Abs. 2 S. 2, 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Unter diesen Umständen verbleibt es bei der dem Regelbeispiel zugrundeliegenden Vermutung, dass die zweckentsprechende Verwendung durch den Antragsteller nicht sichergestellt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung des auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung entfallenen Anteils des ihm vom Antragsgegner bewilligten Arbeitslosengeld II (Alg II).
Der 1967 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Antragsgegner. Im Februar 2008 mietete er eine Wohnung in L. an, für die er eine monatliche Gesamtmiete von 350,- EUR (inklusive Heizung, Warmwasser, Wasser/Abwasser, Möblierung, Stellplatz) zu entrichten hat. Die von ihm mietvertraglich geschuldete Kaution in Höhe von 350,- EUR leistete der Antragsteller nicht. Im Januar 2011 überwies der Antragsteller an seinen Vermieter lediglich einen Betrag in Höhe von 250,- EUR und im Februar 2011 von 200,- EUR. Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 kündigte der Vermieter wegen der Zahlungsrückstände, der offen Kautionsforderung sowie generell verspäteten Mietzahlungen das Mietverhältnis mit dem Antragsteller und widersprach einer Fortsetzung des Gebrauchs. Im März 2011 zahlte der Antragsteller keine Miete. Mit Schreiben vom 31. März 2011 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis gegenüber dem Antragsteller fristgerecht zum 30. Juni 2011 mit der Begründung, dass ein Zahlungsrückstand in Höhe von insgesamt 600,- EUR sowie 350,- EUR für Kaution bestehe und die Mietüberweisungen verspätet erfolgten.
Ab April 2011 zahlte der Antragsgegner den auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung des bewilligten Alg II entfallenen Teil an den Vermieter aus (Änderungsbewilligung vom 30. März 2011 zum Bescheid vom 21. Januar 2011). Nachdem das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg durch Beschluss vom 05. Mai 2011 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren L 3 AS 1261/11 ER-B die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Änderungsbescheid des Antragsgegners angeordnet hatte, überwies der Antragsgegner die Kosten der Unterkunft ab 01. Mai 2011 wieder an den Antragsteller. Den Differenzbetrag zwischen der zu erbringenden monatlichen Miete und den durch den Antragsgegner anerkannten Unterkunftskosten zahlte der Antragsteller im April 2011 nicht an seinen Vermieter.
Auf Fortzahlungsantrag bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01. August 2011 bis zum 31. Januar 2011 Alg II in Höhe von 695,78 EUR (364,- EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts; 331,78 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung; Bescheide vom 12. Juli und 21. Juli 2011). Als Zahlungsempfänger für die Kosten für Unterkunft und Heizung ist im Bewilligungsbescheid der Vermieter ausgewiesen. Gleichzeitig ordnete er an, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs und einer Klage gegen diesen Bescheid gem. § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfällt. Der Antragsteller verlangte, dass weiterhin auch die Kosten der Unterkunft und Heizung an ihn ausgezahlt werden. Der Antragsgegner wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 03. August 2011).
Der Vermieter ist mit dem weiteren Verbleib des Antragstellers in der Wohnung einverstanden, solange die geschuldete Miete vollständig erbracht wird.
Am 01. August 2011 begehrte der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung des gesamten Alg II ab 01. August 2011 an sich. Das LSG hat diesen Antrag an das Sozialgericht Freiburg (SG) weiter geleitet. Auf Anfrage des SG teilt der Antragsteller mit, dass Mietrückstände in Höhe von 623,10 EUR bestünden. Die Miete ab Mai bis Juli 2011 habe er an den Vermieter überwiesen.
Das SG hat durch Beschluss vom 06. September 2011 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Der Antragsteller wende sich erkennbar gegen den Bescheid vom 21. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. August 2011. Ihm gehe es dabei um die Auszahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an sich selbst. Dieser Antrag sei als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG statthaft. Danach könne das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werde könnte. Bei der Vorschrift seien einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheine. Ein demgegenüber vorrangiger Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG sei vorliegend nicht statthaft, denn der Antragsteller begehre die Gewährung einer Leistung, nämlich die Auszahlung der Unterkunftskosten an sich selbst, die ihm durch den Bescheid vom 21. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. August 2011 nicht bewilligt worden sei. Es gehe ihm damit nicht um Abwehr eines ihn belastenden Eingriffs in seine Rechtsposition, sondern um die Erweiterung der ihm bewilligten Leistungen und damit um die Einräumung einer zusätzlichen Rechtsposition. Für dieses Begehren sei ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statthafte Antragsart. Es fehle jedoch sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund, weshalb der Antrag abzulehnen sei. Dem Antragsteller dürfte kein Anspruch auf eine Auszahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an sich selbst zukommen. Vielmehr dürfte der Antragsgegner dazu berechtigt sein, diese Leistung direkt an den Vermieter des Antragstellers zu bezahlen. Gem. § 22 Abs. 4 SGG II sollen die Kosten für Unterkunft und Heizung von dem kommunalen Träger an den Vermieter und andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt sei. Erforderlich sei damit, dass die gewährten Leistungen tatsächlich nicht zur Sicherung der notwendigen Unterkunfts- und Heizbedarfe eingesetzt würden. Die zweckentsprechende Verwendung sei nicht sichergestellt, wenn aufgrund eines mehrmaligen entsprechenden Geschehens die Gefahr weiterer zweckwidriger Mittelverwendung bestehe. Dabei dürfte eine restriktive Auslegung vorzunehmen seien. Als maßgebliches Kriterium dürfte die Nichtzahlung der Miete bis zur Androhung der Kündigung durch den Vermieter angesehen werden. Nach vorläufiger Wertung dürften diese Voraussetzungen erfüllt seien. Der Antragsteller habe mehrere Monatsmieten in Folge nicht oder nur teilweise an seinen Vermieter überwiesen. Der Vermieter habe dem Antragsteller gegenüber die Kündigung nicht nur angedroht, sondern bereits mehrfach ausgesprochen. Der Antragsteller habe zudem trotz gerichtlicher Aufforderung nicht glaubhaft gemacht, dass er die Mieten seit Mai 2011 an seinen Vermieter vollständig überwiesen habe. Auch im Falle einer regelmäßigen Mietzahlung seit Mai 2011 erscheine es nach vorläufiger Wertung zweifelhaft, ob der Antragsteller zukünftig regelmäßige Zahlungen in der geschuldeten Höhe an seinen Vermieter vornehmen werde. Diesbezüglich habe er bislang keine eindeutige Erklärung abgegeben. Hinzu komme, dass nach seinen eigenen Angaben weiterhin Mietrückstände in Höhe von 623,10 EUR seit April 2010 bestünden. Nach alledem dürfte zu befürchten sein, dass sich die Mietrückstände des Antragstellers noch weiter erhöhen und ihm damit eine erneute fristlose Kündigung seines Mietverhältnisses drohe. Die zweckentsprechende Verwendung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung durch den Antragsteller dürfte damit nicht sichergestellt sein. Als Rechtsfolge sei in § 22 Abs. 4 SGB II vorgesehen, dass die Direktauszahlung an den Vermieter erfolgen solle. Damit dürfte die Direktzahlung beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Regelfall sein, wovon nur in atypischen Fällen abzuweichen sein dürfte. Eine atypische Fallgestaltung dürfte nicht gegeben sein. Im Übrigen sei nach vorläufiger Wertung auch kein Anordnungsgrund gegeben.
Gegen den ihm am 08. September 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. September 2011 eingelegte Beschwerde des Antragstellers, mit welcher er weiterhin die Auszahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung an sich begehrt. Der richterliche Beschluss sei subjektiv und einseitig zu Gunsten der Vermieterseite. Er werde dadurch entmündigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGB statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Anträge nach § 86b Abs. 2 SGG sind bereits vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht, wie das SG zutreffend erkannt und begründet hat. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund. Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung einer aktuellen - noch bestehenden - Notlage notwendig sind (vgl. beispielsweise LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER -). Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Nach diesen Grundsätzen fehlt es an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch. Vorliegend ist allein die Auszahlung des für den Bedarf für Unterkunft und Heizung bewilligten Betrages zwischen den Beteiligten streitig, den der Antragsgegner nicht an den Antragsteller erbringt, sondern an den Vermieter des Antragstellers auszahlt. Der Antragsgegner war nach Auffassung des Senats berechtigt, die Auszahlung des für den Bedarf von Unterkunft und Leistung geleisteten Alg II an den Vermieter der Antragstellers zu verfügen. Nach § 22 Abs. 7 S. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 30. Mai 2011 über die Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Bundesgesetzblatt I, Seite 850) soll das Alg II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung an den Vermieter gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Leistungsberechtigten nicht sichergestellt ist. Eine Direktauszahlung an Dritte kommt nur in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Leistungsempfänger die ihm gewährten Mittel nicht zweckentsprechend verwendet (Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 193). § 22 Abs. 7 S. 3 SGB II nennt Regelbeispiele, in denen von einer zweckwidrigen Verwendung auszugehen ist. Die zum 01. Januar 2011 neu eingefügten Regelbeispiele in Satz 3 konkretisieren, wann anlassbezogen im Einzelfall eine zweckentsprechende Verwendung des für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleisteten Alg II durch einzelne Leistungsberechtigte nicht mehr sichergestellt ist (Lauterbach in Gagel, § 22 SGB II Rdnr. 133). Sie tragen dem Grundrecht der Leistungsberechtigten auf informationelle Selbstbestimmung und deren Schutz vor Wohnungslosigkeit sowie dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung von hieraus resultierenden Doppelzahlungen aus Steuermitteln Rechnung (Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rdnr. 195). Dies rechtfertigt eine Direktzahlung an Vermieter und andere Empfangsberechtigte, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die Transferleistungen zu den Wohnkosten nicht zweckentsprechend verwendet werden und daraus resultierend Wohnungslosigkeit der Betroffenen droht. Ein solches Regelbeispiel ist vorliegend gegeben. Denn es bestehen Mietrückstände, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigten (§ 22 Abs. 7 S. 3 Nr. 1 SGB II). Nach §§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 569Abs. 3 Nr. 1 BGB liegt ein die außerordentliche Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete (der die Miete für einen Monat übersteigt) im Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. Der Antragsteller hat durch sein Zahlungsverhalten Mietrückstände auflaufen lassen, die zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigten, nachdem er im Januar und Februar 2011 die geschuldete Miete nur anteilig und im März 2011 gar nicht entrichtet hat. Auch im April 2011 hat er sein vertragswidriges Verhalten fortgesetzt, indem er nicht für die vollständige Erbringung der Vertragsmiete gesorgt hat. Dieses Zahlungsverhalten hat der Vermieter auch tatsächlich zu Anlass genommen, gegenüber dem Antragsteller (mehrfach) die Kündigung auszusprechen. Ein atypischer Ausnahmefall, in dem von der Direktzahlung an den Vermieter abgesehen werden kann, ist nicht ersichtlich. Zwar hat der Antragsteller behauptet, er habe in den folgenden Monaten die Miete vollständig an seinen Vermieter erbracht, jedoch hat er diese Behauptung nicht belegt. Auch hat er nicht vorgebracht, in welchem Umfang er seine Mietschulden abträgt und gegebenenfalls die Kündigung bzw. den Kündigungsgrund beseitigt (vgl. §§ 543 Abs. 2 S. 2, 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Unter diesen Umständen verbleibt es bei der dem Regelbeispiel zugrundeliegenden Vermutung, dass die zweckentsprechende Verwendung durch den Antragsteller nicht sichergestellt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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