L 2 AS 5905/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 3749/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 5905/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. November 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Arbeitslosengeld II - Alg II -).

Mit Bescheid vom 5. September 2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger für September 2007 Alg II und den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von gesamt 530,77 EUR, für den Zeitraum 1. Oktober 2007 bis 31. Januar 2008 Alg II und den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von insgesamt 721,81 EUR. In dem Zeitraum 1. November 2007 bis 31. Januar 2008 zahlte die Beklagte an den Kläger insgesamt einen Betrag von 2.165,45 EUR aus. Mit Rentenbescheid vom 17. September 2007 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juli 2005. Ab 1. November 2007 wurden laufend 465,78 EUR gezahlt. Für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Oktober 2007 wurde eine Nachzahlung in Höhe von 13.014,03 EUR bewilligt. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 hob die Beklagte ihren Bewilligungsbescheid vom 5. September 2007 ab 1. November 2007 auf. Voraussetzung für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II sei u.a., dass unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich gearbeitet werden könne. Durch die Deutsche Rentenversicherung Bund sei nunmehr festgestellt, dass das Leistungsvermögen des Klägers für den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mindestens drei Stunden täglich umfasse; er sei nicht erwerbsfähig. Dennoch erbrachte die Beklagte für die Monate November 2007 bis Januar 2008 Leistungen an den Kläger. Mit Bescheid vom 10. Januar 2008 forderte die Beklagte vom Kläger die seit November 2007 erbrachten Leistungen in Höhe von 2.165,43 EUR zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 11. Februar 2008 Widerspruch; die Beklagte habe ab 1. November 2007 keine Sozialleistungen zu Unrecht gezahlt und auch keine Zahlungen beabsichtigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Dagegen hat der Kläger am 25. Juli 2008 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Er habe gegen den Aufhebungsbescheid vom 15. Oktober 2007 keinen Widerspruch eingelegt, weil er auf die Richtigkeit dieses Bescheids vertraut habe; er habe auch darauf vertrauen dürfen, dass ab November 2007 keine Zahlungen mehr geleistet würden. Nachdem er am 2. Januar 2008 auf seinem Konto Zahlungseingänge in Höhe von jeweils 721,81 EUR mit Buchungsdaten im Oktober, November und Dezember 2007 festgestellt habe, habe er mit Schreiben vom 4. Januar 2008 die Beklagte unverzüglich schriftlich informiert, um weitere Überzahlungen zu vermeiden. Er habe redlich und unverzüglich zur Schadensminderung beigetragen und deswegen nicht grob fahrlässig gehandelt. Ein öffentlich-rechtlicher Charakter der Zahlung sei ausgeschlossen. Die Zahlungen seien nicht in der Absicht erfolgt, eine Sozialleistung zu gewähren. Unbeabsichtigte Überweisungen ohne Rechtsgrund seien keine Sozialleistungen. Die Beklagte könne ausschließlich einen privatrechtlichen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung haben; die Festsetzung eines privatrechtlichen Anspruchs durch Verwaltungsakt sei unzulässig. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 12. November 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es liege gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende vor. Der Bescheid vom 10. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2008 sei rechtmäßig. Gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Da mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Oktober 2007 der Bewilligungsbescheid ab 1. November 2007 aufgehoben worden sei, sei die Leistung ab November 2007 zu Unrecht erfolgt. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB X berufen. Er habe aufgrund des Aufhebungsbescheides gewusst, dass ihm ab November 2007 keine Leistungen mehr zugestanden hätten. Ermessen bei der Aufhebung sei nicht auszuüben gewesen.

Gegen den dem Kläger am 17. November 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 16. Dezember 2009 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen aus dem Klageverfahren.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2008 aufzuheben.

die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2008 abgewiesen; der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Zutreffend ist das SG zunächst davon ausgegangen, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende gemäß § 51 Abs.1 Nr. 4a SGG handelt, für die die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig sind. Entscheidend hierfür ist, ob es sich um einen Rechtsstreit handelt, bei dem die Möglichkeit gegeben ist, dass die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im SGB II findet. Dies gilt für die gesamte Verwaltungstätigkeit der SGB II-Träger innerhalb und auch außerhalb der unmittelbaren Leistungsverwaltung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 51 Rdnr. 29a). Vorliegend hat die Beklagte als Leistungsträger nach dem SGB II durch Verwaltungsakt die Erstattung von nach § 19 und § 24 SGB II gewährten Leistungen gefordert. Damit ist offensichtlich ein Rechtsstreit in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II gegeben; die Auffassung des Klägers, es handele sich vorliegend um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit vor dem Hintergrund einer privatrechtlichen Forderung der Beklagten gegen ihn, ist für den Senat in keinster Weise nachvollziehbar.

Zutreffend hat das SG weiter ausgeführt, dass der Bescheid vom 10. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2008 formell rechtmäßig ist. Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ist § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X. § 50 Abs. 2 SGB X regelt nur die Fälle, in denen Leistungen ohne einen Verwaltungsakt aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnisses zwischen dem Empfänger und dem Leistungsträger zu Unrecht erbracht werden. Unter die Regelung des § 50 Abs. 2 SGB X fällt daher nicht jede Zahlung eines Leistungsträgers an einen Dritten. Vielmehr muss eine Sozialleistungsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Leistungsträger bestehen. Eine solche bestand hier zwischen dem Kläger und der Beklagten, da diese dem Kläger die Regelleistungen nach §§ 19, 20 SGB II gewährte. § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestimmt hierzu ausdrücklich, dass die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist. Dem folgend hat die Beklagte mit Erstattungsbescheid vom 10. Januar 2008 die für den Zeitraum November 2007 bis Januar 2008 überbezahlten Leistungen zurückgefordert.

Weiterhin zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der Erstattungsbescheid auch materiell rechtmäßig ist. Der Senat sieht diesbezüglich gemäß § 153 Abs. 2 Satz 1 SGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Hinzuzufügen ist nur noch, dass, weil bei der Entscheidung über die Erstattung die Beklagte kein Ermessen auszuüben hatte, auch kein Raum für die Berücksichtigung von Mitverschulden der Beklagten gegeben war (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 10. Oktober 2006 - L 13 AL 3133/05 -; zu § 50 Abs. 1 SGB X vgl. BSG, Beschluss vom 21. Juni 2001 - B 7 AL 18/01 B - beide veröffentlicht in Juris).

Schließlich findet auch § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II hier schon deshalb keine Beachtung, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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