L 10 AL 47/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AL 511/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 47/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 94/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen der Befreiungstatbestände nach § 147a Abs 1 SGB III.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.11.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung von Arbeitslosengeld (Alg) sowie von Beiträgen zur Sozialversicherung für einen älteren Arbeitnehmer der Klägerin.

Die Klägerin ist eine Einzelfirma und betreibt ein Speditionsunternehmen. Das Arbeitsverhältnis mit ihrem 1943 geborenen Arbeitnehmer D. (F.) endete durch Kündigung der Klägerin zum 31.12.2002. Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 29.11.2002 sei die Kündigung auf ausdrücklichen Wunsch des F. erfolgt.

Nach der Arbeitslosmeldung des F. zum 01.01.2003 bewilligte die Beklagte diesem am 23.01.2003 Alg in Höhe von 189,35 EUR wöchentlich auf der Grundlage eines (gerundeten) Bemessungsentgeltes (BE) von 405.- EUR (ungerundet 403,37 EUR wöchentlich).

Im Rahmen einer Anhörung gab F. an, dass gesundheitliche Gründe nicht für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses maßgeblich gewesen seien. Es gebe insoweit keine ärztlichen Feststellungen und er befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung. Ihm sei auch nicht ärztlicherseits geraten worden, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden. In den letzten zwei Jahren vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei er lediglich in der Zeit vom 02.04.2002 bis 12.04.2002 aufgrund eines Betriebsunfalls arbeitsunfähig gewesen. Andere Sozialleistungen beziehe er nicht. Auf Nachfrage gab F. zudem an, dass der Unfall als Folge eines Zuckerschocks geschehen sei. Diabetes habe er jedoch nicht. Sein altersbedingter Gesundheitszustand habe den Ausschlag für seinen Wunsch gegeben, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden.

Auf Ankündigung der Beklagten, das an den F. gezahlte Alg sowie die damit in Zusammenhang stehenden Beiträge zur Renten, Kranken- und Pflegeversicherung seien von der Klägerin zu erstatten, brachte diese vor, das Arbeitsverhältnis sei auf Betreiben des F. beendet worden. Eine formale Betrachtung sei insoweit nicht angezeigt. Während des Jahres 2002 seien im Betrieb der Klägerin von Januar bis einschließlich Juli 15 Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden beschäftigt gewesen. In der Zeit bis Dezember 2002 habe diese Zahl zwischen 30 und 36 geschwankt. F. habe in der Folge einer schweren Zuckererkrankung einen Verkehrsunfall mit einem LKW verursacht. Insoweit habe dieser geltend gemacht, aufgrund der Erkrankung seine Tätigkeit im Betrieb nicht mehr verrichten zu können. Der Arbeitsplatzbeschreibung zufolge sei F. im Lager im Schichtbetrieb tätig gewesen. Der Einsatz als LKW- Fahrer sei teilweise im Schichtbetrieb zu verrichten gewesen. Die Arbeit als Fahrer sei überwiegend, die Arbeit im Lager ständig als mittelschwer anzusehen gewesen. Besondere Belastungen hätten durch Zeitdruck, Wettereinflüsse, häufiges Bücken sowie der Notwendigkeit Gewichte bis 30 kg zu heben bestanden. Als Hilfsmittel seien Stapler, Hubwagen und Sackkarren vorhanden gewesen.

Mit Bescheid vom 07.08.2003 setzte die Beklagte den Erstattungsbetrag für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.07.2003 mit 9.223,62 EUR fest (Alg: 5.734,60 EUR; KV- Beitrag: 1.417,11 EUR; PV- Beitrag: 166,14 EUR; RV- Beitrag: 1.905,77 EUR). Die Erstattungspflicht bestehe dem Grunde nach, denn es liege eine Arbeitgeberkündigung vor. Auf den Willen des Arbeitnehmers komme es nicht an. Andere Sozialleistungen könne F. nicht beanspruchen. Der Erstattungsbetrag sei jedoch gemäß § 147a Abs 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) um zwei Drittel auf 3.074,51 EUR zu mindern.

Im Widerspruch brachte die Klägerin ergänzend vor, es entziehe sich ihrer Kenntnis, ob ihr Arbeitnehmer tatsächlich an Diabetes leide. Dieser habe sich - nach eigenem Bekunden - nicht mehr in der Lage gesehen, die ihm obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Man habe ihm auch angeboten zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterzuarbeiten. Dies habe F. jedoch abgelehnt.

Im zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 07.10.2003 führte die Beklagte aus, dass Anhaltspunkte für einen Anspruch auf Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente nicht vorlägen; Ermittlungen ins Blaue hinein seien insoweit nicht veranlasst. Soweit ein Arbeitgeber mit einer Willenserklärung zur Beendigung der Beschäftigung beitrage, könne er sich nicht auf den Befreiungstatbestand des § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III berufen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erstattungsregelung bestünden nicht.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Verantwortung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses liege beim Arbeitnehmer. Insoweit sei eine materielle Betrachtungsweise angezeigt, so dass die Voraussetzungen des § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III vorlägen. Zudem habe F. aufgrund einer Zuckererkrankung einen LKW- Unfall verursacht, so dass dieser nicht mehr in der Lage gewesen sei, seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen. Damit hätten auch die Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte personenbedingte Kündigung vorgelegen. Tatsächlich habe sich nach dem Betriebsunfall im Laufe der Folgemonate der Allgemeinzustand des F. verschlechtert, und er sei kaum mehr in der Lage gewesen, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Insoweit hätten Arbeiten von anderen Arbeitnehmern der Klägerin übernommen werden müssen. Aufgrund der hohen Stressbelastung sei es eine Frage der Zeit gewesen, bis es zu neuen Ausfällen des F. gekommen wäre.

Auf Anfrage des SG hat F. mitgeteilt, dass er in der Folge des Arbeitsunfalls vom 27.03.2002 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Dieser Unfall sei auf eine Unterzuckerung zurückzuführen gewesen. Die behandelnden Ärzte hätten ihm erklärt, dass sich dies durch Stress und Überlastung wiederholen könne. In der Folgezeit habe er sich psychisch und körperlich immer schwerer mit der Arbeit getan, um die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Bei einer Aussprache mit seinem Arbeitgeber habe er daher um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gebeten. In den Jahren 2002 und 2003 hätten keine weiteren ärztlichen Behandlungen stattgefunden. Eine Facharbeiterausbildung habe er nicht. Altersrente beziehe er seit 01.09.2005.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte und Krankenhäuser (Dr. Sch. (Arzt für Allgemeinmedizin); Dr. H. (Neurologe), Klinikum A-Stadt; D. V. (Durchgangsarztbericht)) beigezogen. Hieraus hat sich ergeben, dass F. - nach seinen Angaben - als Staplerfahrer frontal gegen einen Betonpfosten gefahren sei, weil er aufgrund der Ladung den Pfosten nicht gesehen habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.11.2007 abgewiesen. Der Befreiungstatbestand des § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III liege nicht vor, denn die Klägerin sei formal an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beteiligt gewesen. Die Voraussetzungen einer sozial gerechtfertigten Kündigung iSd § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 4 SGB III hätten ebenfalls nicht vorgelegen, denn eine Umsetzung im Betrieb sei möglich gewesen; dies sei zumindest im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgetragen worden. Somit sei eine Änderungskündigung möglich gewesen, so dass eine Beendigungskündigung ausgeschlossen gewesen sei. Darüber hinaus sei nicht zu erkennen, dass die Voraussetzungen für den Bezug einer Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente vorgelegen hätten.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Das SG habe keinen Beweis darüber erhoben, ob Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeit des F. vorgelegen habe. Hiervon sei aufgrund der Zuckererkrankung des F. auszugehen. Zudem habe dieser gegenüber der Klägerin unmissverständlich den Wunsch geäußert, dass das Arbeitsverhältnis beendet werde. Insoweit sei eine formale Betrachtungsweise nicht angezeigt. Zuletzt sei auch der Befreiungstatbestand nach § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 4 SGB III erfüllt, weil F. aus Gründen, die in seiner Person gelegen haben, sozial gerechtfertigt hätte gekündigt werden dürfen. Aufgrund seiner Angaben, er leide an einer Zuckerkrankung, habe es hinreichend Anlass gegeben, dass in Bezug auf F. mit krankheitsbedingten längeren Ausfallzeiten zu rechnen gewesen wäre. Das SG gehe zu Unrecht davon aus, es habe eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestanden. Dies sei bereits erstinstanzlich vorgetragen worden. Die Klägerin hätte F. lediglich bis zum Eintritt ins Rentenalter weiterbeschäftigt, wenn dieser nicht selbst den Wunsch geäußert hätte, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Aufgrund der subjektiven Einschätzung des F., er könne seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen, habe ein subjektiver, nicht behebbarer Leistungsmangel vorgelegen, in dessen Folge F. seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mehr habe nachkommen können. Dieser Umstand rechtfertige eine Kündigung, denn der Arbeitgeber sei nicht in der Lage, subjektive Mängel zu hinterfragen oder zu beseitigen.

Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Sozialgerichtes Bayreuth vom 20.11.2007 und der Bescheid der Beklagten vom 07.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2003, werden aufgehoben

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme des Zeugen F. im Erörterungstermin am 27.09.2010 sowie durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens durch Dr. E. (Internist/ Sozialmedizin) zur Frage, ob F. in der Zeit vom 01.07.2002 bis 31.07.2003 in der Lage war, eine mindestens 6-stündige Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes zu verrichten. Dr. E. ist in seinem Gutachten vom 21.03.2011 zu dem Ergebnis gekommen, dass F. im wesentlichen an einer degenerativen Erkrankung aller Wirbelsäulenabschnitte gelitten habe, die allenfalls schwere Arbeiten wie schweres Heben und Tragen oder dauernde Überkopfarbeiten auf Dauer hätten ausschließen können. Im Übrigen hätte F. andere Tätigkeiten in einem Umfang von mindestes sechs Stunden täglich noch ausführen können. Hinweise auf eine Diabeteserkrankung habe es nicht gegeben und eine psychische oder psychosomatische Erkrankung lasse sich allein durch die subjektiven Angaben des F., ohne ärztliche Behandlungen in Anspruch genommen zu haben, nicht belegen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte Berufung, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Der Senat war - trotz des Versterbens des Inhabers der Klägerin und des fehlenden Nachweises der Rechtsnachfolgerschaft - an einer Entscheidung nicht gehindert, denn die Klägerin ist durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so dass durch den Tod des Beteiligten eine Unterbrechung nicht eingetreten ist (§ 202 SGG i.V.m. § 239 Abs 1, § 246 Abs 1 HS 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Darüber hinaus hat der Bevollmächtigte der Klägerin keinen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt (§ 246 Abs 1 HS 2 ZPO).

Der Bescheid der Beklagten vom 07.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist grundsätzlich verpflichtet, das von der Beklagten an den vormaligen Arbeitnehmer der Klägerin gezahlte Alg sowie die damit in Zusammenhang stehenden Beiträge zur Sozialversicherung zu erstatten. Die Voraussetzungen für eine vollständige Befreiung von der Erstattungspflicht liegen nicht vor. Der Erstattungsbetrag von 9.223,62 EUR war unter Berücksichtigung der Regelung für Kleinbetriebe mit bis zu 40 Arbeitnehmern lediglich um zwei Drittel auf 3.074,51 EUR zu reduzieren.

Der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 124 Abs 1 SGB III die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 24 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat, erstattet der Bundesanstalt vierteljährlich das Arbeitslosengeld für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 24 Monate (§ 147a Abs 1 Satz 1 SGB III IdF d. G. v. 10.12.2001 BGBl. I S. 3443 ). Die Verpflichtung zur Erstattung des Arbeitslosengeldes schließt die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein (§ 147a Abs 4 SGB III).

Der 1943 geborene Arbeitnehmer F. der Klägerin hatte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 01.01.2003 das 59. Lebensjahr vollendet und stand bei der Klägerin - ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 23.12.2002 - seit dem 07.12.1992 ununterbrochen in einem Beschäftigungsverhältnis, so dass in den vier Jahren vor dem 31.12.2002, dem Beginn der maßgeblichen Rahmenfrist, für mehr als 24 Monate ein Versicherungspflichtverhältnis bestanden hat.

Von Amtswegen zu beachtende Einwendungen wie eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 56. Lebensjahr (§ 147a Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGB III) sind offenkundig nicht erfüllt, nachdem F. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 59. Lebensjahr vollendet hatte, oder haben sich, wie ein Anspruch auf Bezug von anderen Sozialleistungen, insbesondere einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, nach der Beweisaufnahme nicht belegen lassen.

Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn ( ...), der Arbeitslose auch die Voraussetzungen für eine der in § 142 Abs 1 Nr. 2 bis 4 SGB IIII genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt (§ 147a Abs 1 Satz 2 Alt 2 und 3 SGB III). Bei den in § 142 Abs 1 SGB III genannten Sozialleistungen handelt es sich um Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Mutterschaftsgeld oder Übergangsgeld nach diesem oder einem anderen Gesetz, dem eine Leistung zur Teilhabe zugrunde liegt, wegen der der Arbeitslose keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann (Nr.2), Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr. 3) oder Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art (Nr. 4).

Vorliegend hat die Klägerin mit der Berufung geltend gemacht, das SG habe versäumt zu klären, ob Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit des F. vorgelegen habe, so dass der Senat - auch wenn kaum aussagekräftige medizinische Unterlagen bezüglich des Gesundheitszustandes des F. zu ermitteln waren - sich gehalten gesehen hat, zumindest die Frage der vollen Erwerbsminderung (§ 142 Abs 1 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 43 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) im Rahmen eines ärztlichen Gutachtens abzuklären.

Für einen Anspruch dem Grunde nach auf die übrigen der in § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 2 SGB III genannten Sozialleistungen gab es nach dem Vortrag der Klägerin keine Anhaltspunkte.

Den Verwaltungsakten ist nicht zu entnehmen, dass F. der Beklagten in der Zeit vom 01.01.2003 bis 31.07.2003 den Eintritt von Arbeitsunfähigkeit angezeigt hätte. Auch die Angaben des F. gegenüber dem SG, dass im Jahr 2003 keine ärztlichen Behandlungen stattgefunden haben, lassen ohne weiteres den Schluss zu, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen iSd § 142 Abs 1 Nr. 2 SGB III insbesondere von Krankengeld im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen haben. Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 142 Abs 1 Nr. 4 SGB III) bezieht F. nach seinen Angaben erst seit dem 01.09.2005.

Anhaltspunkte dafür, dass F. wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande war, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, d.h. dass F. voll erwerbgemindert war (§ 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI), liegen ebenfalls nicht vor.

Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass F. ohne weiteres in der Lage war leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, so dass er im streitgegenständlichen Zeitraum auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar gewesen wäre und ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht bestanden hat.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. E. (Internist/ Sozialmedizin) hat in seinem Gutachten vom 21.03.2011 festgestellt, dass bei F. ein Verschleiß der Halswirbelkörper und kleinen Wirbelgelenke, ein geringer umformender Knorpel- Knochen- Verschleiß der Brustwirbelsäule und ein beginnender Knorpel- Knochen- Verschleiß der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule bei wahrscheinlicher Bandscheibenschädigung vorgelegen hatte. In der Folge des Betriebsunfalls hatte F. eine Schädelprellung mit einem Schädelhirntrauma I. Grades erlitten, das zusammen mit der Stirnplatzwunde folgenlos verheilt war. Eine manifeste Zuckererkrankung hatte nicht vorgelegen, und es ist auch zu bezweifeln, dass eine Unterzuckerung für die Bewusstseinsstörung verantwortlich war, die zu dem Betriebsunfall vom 27.03.2002 geführt hat. In Anbetracht eines labilen Bluthochdrucks dürfte diese eher kreislaufbedingt gewesen sei. Funktionsdaten der Wirbelsäule wurden durch die behandelnden Ärzte nicht erhoben und die röntgenologischen Veränderungen der Wirbelsäule haben lediglich darauf schließen lassen, dass allenfalls schwere Arbeiten, wie schweres Heben und Tragen sowie lang andauernde Überkopfarbeiten von F. nicht mehr verrichtet werden konnten. Einen Beweis dafür, dass F. aufgrund seiner orthopädischen Erkrankungen schwere Arbeiten nicht mehr verrichten konnte, ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. E. jedoch auch nicht zweifelsfrei. Darüber hinaus hat F. im Erörterungstermin am 27.09.2010 zwar angeben, ihm sei über die Jahre die Arbeit immer schwerer gefallen. Dies reicht jedoch als subjektive Äußerung nicht aus, einen medizinischen Befund zu objektivieren, insbesondere weil psychisch oder psychosomatisch Krankheitsbefunde vom subjektiv geschilderten Schweregrad eine ärztliche Behandlung erforderlich gemacht hätten. Das Gutachten des Dr. E. ist für den Senat im Ergebnis daher auch nachvollziehbar, denn die objektivierbaren Befunde lassen keinen Schluss auf gravierende funktionelle Einschränkungen zu, die es F. unmöglich gemacht hätten, zumindest leichte bis mittelschwere Arbeiten über sechs Stunden täglich zu verrichten.

Zuletzt gibt es auch keinen Beleg dafür, dass im streitgegenständlichen Zeitraum (01.01.2003 bis 31.07.2003) in der Person des F. die materiell- rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente (iSd § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 3 SGB III i.V.m. § 240 SGB VI idF des Gesetzes 19.02.2002 BGBl. I S 754), d.h. einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorgelegen hätten.

Nachdem in der Folge des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) im Rahmen des § 147a (anders z. B. in § 142 Abs. 1 Nr. 3) keine Anpassung an die neue Terminologie des Rentenrechts vorgenommen wurde, ist davon auszugehen, dass für Rentenzugänge ab 01.01.2001 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 240 SGB VI dafür maßgebend ist, ob ein Rentenanspruch zum Ausschluss der Erstattungspflicht führt. Deswegen tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn und soweit die Voraussetzungen des § 240 SGB VI vorliegen (Pawlak in Eicher/ Schlegel, SGB III, § 147a Rn 178; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, § 147a Rn.75).

Berufsunfähig in diesem Sinne sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 SGB VI).

Hierbei ist bereits aus dem Gutachten des Dr. E. nicht zweifelsfrei abzuleiten, dass F. die Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit objektiv unmöglich gewesen wäre. Nach
den vorliegenden Unterlagen lassen sich keine Schlüsse darauf ziehen, F. sei außerstande gewesen leichte und mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten, und der Ausschluss schwerer Tätigkeiten könnte allenfalls aus den röntgenologischen Veränderungen der Wirbelsäule geschlossen werden. Durch das Gutachten des Dr. E. kann jedoch kein sicherer Nachweis erbracht werden, dass F. seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerarbeiter und LKW- Fahrer nicht mehr ausüben konnte, denn es gibt zwar Hinweise, dass F. schwere Arbeiten nicht mehr uneingeschränkt verrichten konnte. Mangels Nachweises manifester Funktionseinschränkungen ist ein Ausschluss schwerer Arbeiten jedoch nicht objektiv zu belegen, so dass die Klägerin bereits nicht zweifelfrei belegen kann, F. wäre außerstande gewesen, gelegentlich schwere Arbeiten im Lager (Heben und Tragen von Lasten bis 30 kg) zu bewältigen. Damit wäre F. - auf der Grundlage der objektiv nachweisbaren Einschränkungen - jedoch noch in der Lage gewesen, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit weiterhin zu verrichten.

Im Ergebnis kann dies jedoch dahinstehen, denn F. konnte aufgrund seines beruflichen Werdeganges als angelernter Arbeiter des unteren Bereiches - mangels Berufsschutzes - ohnehin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ohne dass es erforderlich gewesen wäre, einen konkreten Verweisungsberuf zu benennen. (vgl. hierzu Fichte in Hauck/ Noftz, SGB VI, § 240 Rn. 79 mwN).

Weder die Angaben des F. gegenüber dem SG, er habe keine Facharbeiterausbildung, noch seine Angaben im Erörterungstermin am 27.09.2010 reichen aus, einen Berufschutz nachvollziehbar zu machen, der eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließen würde.

Es gibt es keinen Beleg dafür, F. habe einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf - mit einer Regelausbildung bis zu zwei Jahren - ausgeübt, noch dafür, dass er eine Tätigkeit verrichtet hätte, die wegen ihrer Qualität tariflich wie sonstige Ausbildungsberufe bewertet worden wäre, noch dass er eine entsprechende Qualifikation durch eine mindestens dreimonatige betriebliche Ausbildung erworben hätte (vgl. zu den Voraussetzungen Gabke in JurisPK-SGB VI, § 240 Rn. 51). F. hat zwar im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme angegeben auch als LKW- Fahrer gearbeitet zu haben. In diesem Zusammenhang hat er jedoch keine Ausbildung zum Berufskraftfahrer sondern lediglich eine halbjährige militärische Vorausbildung absolviert. In Bezug auf seine Tätigkeit als Lagerarbeiter liegen - mit Ausnahme des Umstandes, dass F. einen Gabelstapler bedienen konnte - keinerlei Erkenntnisse vor, so dass im Ergebnis keine Anhaltspunkte zu erkennen sind, F. habe eine Ausbildung durchlaufen oder eine Tätigkeit verrichtet, die ihn über das Qualifikationsniveau eines angelernten Arbeiters des unteren Bereiches hinaushebt. In diesem Zusammenhang hat sich der Senat auch nicht gedrängt sehen müssen weitere Sachaufklärung von Amts wegen zu betreiben. Der Arbeitnehmer der Klägerin wurde zu seinem beruflichen Werdegang als Zeuge gehört und die Klägerin hat es versäumt, trotz gerichtlicher Aufforderung, die Personalakte des F. zu übersenden, so dass dem Senat weitergehende Möglichkeiten der Sachaufklärung verschlossen sind, und die Klägerin nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast (vgl. hierzu Leitherer in Meyer- Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 103 Rn. 19a mwN) die Konsequenzen aus der Nichterweislichkeit eines Berufsschutzes in Bezug auf F. zu tragen hat.

Die Erstattung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Kündigung durch die Klägerin auf Wunsch des F. erfolgt und daher wie eine Arbeitnehmerkündigung zu werten sei. Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn ( ...) der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet und weder eine Abfindung noch eine Entschädigung oder ähnliche Leistung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder zu beanspruchen hat (§ 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III). Die hier vorliegende Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber - auch wenn sie auf den Wunsch des Arbeitnehmers hin erfolgte - erfüllt diesen Befreiungstatbestand jedoch nicht.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits zur Vorgängerregelung des § 128 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entschieden, dass ein Arbeitgeber, der durch die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung einen ursächlichen Beitrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geleistet hat, sich nicht auf diesen Befreiungstatbestand berufen kann. Eine materielle Betrachtungsweise ist insoweit nicht angezeigt. Eine Sichtweise, die in erster Linie auf die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugrundeliegende Interessenlage abstellt, würde praktisch zu einer Entwertung der Erstattungsregelung führen. Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses älterer Arbeitnehmer fehlt häufig der Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und eine Feststellung darüber, ob der Arbeitgeber unabhängig von seinem formellen Beitrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch materiell die Beendigung initiiert oder gefördert hat, wäre erschwert oder gar unmöglich. Um den mit der Erstattungsregelung verfolgten Zweck zu erreichen, muss bei der Auslegung der Befreiungstatbestände an die vom Gesetzgeber vorgegebene äußere Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeknüpft werden, die bei der Anwendung des §147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III ein Einverständnis des Arbeitgebers bei der Lösung des arbeitsrechtlichen Bandes ausschließen muss. Deshalb schließt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Weise, dass der Arbeitgeber durch die Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung einen ursächlichen Beitrag zu dessen Auflösung leistet, die Anwendbarkeit des § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 3 SGB III zu seinen Gunsten aus (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.1999 - B 11 AL 73/98 R - BSGE 84, 75ff).

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2002 sozial gerechtfertigt gewesen wäre. Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn ( ...) der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass er das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat (§ 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. 4 Halbsatz 1 SGB III).

Von der Erstattungspflicht soll sich derjenige Arbeitgeber befreien können, der sich in arbeitsrechtlich begründeter Weise von einem Arbeitnehmer getrennt hat, d.h. die Kündigung sozial gerechtfertigt iSd § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) war und der Arbeitgeber sie hierauf gestützt hat (vgl. BT - Drucks 12/3211 S. 25). Die arbeitsrechtliche Wirksamkeit der Kündigung ist hierbei unbeachtlich, denn es ist allein darauf abzustellen, ob der nach arbeitsrechtlichen Maßstäben zu beurteilende materielle Gehalt des Kündigungsgrundes die soziale Rechtfertigung trägt (Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5.Aufl., § 147a Rn. 38).

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs 1 KSchG). Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs 2 Satz 1 KSchG).

Soweit die Klägerin geltend macht, F. habe ihr gegenüber seinen Wunsch auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses damit begründet, dass er sich aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage gesehen habe, seine Aufgaben im Betrieb zukünftig ordnungsgemäß wahrnehmen zu können, ist hierin kein Grund zu sehen, der eine personenbedingte Kündigung gerechtfertigt hätte.

Eine krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers kann zwar einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund zur sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung im Sinne des § 1 Abs 2 Satz 1 KSchG abgeben, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.1991 - 2 AZR 132/91 - NJW 1993, 810f)

Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt, denn unter Berücksichtigung der von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten drei Prüfungsstufen, die einer krankheitsbedingten Kündigung vorauszugehen haben, scheitert eine sozial gerechtfertigte Kündigung bereits an der ersten Stufe, denn eine negative Gesundheitsprognose ist nicht zu stellen.

Bei krankheitsbedingten Kündigungen sind vier Fallgruppen zu unterscheiden, nämlich die Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen, die Kündigung wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit, die Kündigung wegen lange andauernder Erkrankung und die Kündigung wegen krankheitsbedingter Leistungsminderung. Allen Fallgruppen ist gemeinsam, dass eine negative Gesundheitsprognose zu stellen ist (1. Stufe) und dass aufgrund dieser negativen Gesundheitsprognose die Besorgnis bestehen muss, es werde zukünftig zu erheblichen betrieblichen und/oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen des Arbeitgebers kommen (2. Stufe), wobei eine abschließende Interessenabwägung (3. Stufe) zu erfolgen hat (vgl. Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 13. Aufl., § 131 Rn. 32ff).

Eine negative Gesundheitsprognose setzt das Vorliegen objektiver Tatsachen voraus, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Hierbei ist für die negative Gesundheitsprognose auf den Zeitpunkt der Kündigung abzustellen, denn die spätere Entwicklung einer Krankheit kann weder als Bestätigung noch zur Entwertung einer Prognose herangezogen werden (vgl. BAG, Urteil vom 12.04.2002 - 2 AZR 148/01 - BAGE 101, 39ff).

Vorliegend gibt es jedoch keinerlei objektivierbare Anhaltspunkte, die eine negative Gesundheitsprognose rechtfertigen konnten, denn nach den beigezogenen medizinischen Unterlagen und deren gutachtlicher Auswertung lagen bei F. keine Gesundheitsstörungen vor, die dessen Arbeitsfähigkeit dauerhaft hätten beeinträchtigen können.

Die Klägerin hatte in den Jahren 2001 und 2002 - allein durch den Arbeitsunfall im März 2002 bedingt - Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des F. lediglich für den Zeitraum vom 27.03.2002 bis 14.04.2002 zu verzeichnen. Darüber hinaus hatte F. weder häufige Kurzerkrankungen noch eine lang andauernde Erkrankung, insbesondere die von der Klägerin geltend gemachte schwere Zuckererkrankung des F. war nicht zu belegen. Mangels objektivierbarer Gesundheitsstörungen gab es für die Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung im November 2002 daher keinen Anlass Beeinträchtigungen des betrieblichen Ablaufes durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des F. befürchten zu müssen.

Soweit F. gegenüber der Klägerin als Wunsch für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeben hat, er schaffe die Arbeit nicht mehr, wäre zwar nicht völlig auszuschließen, dass F. an einer psychischen oder psychosomatischen Störung gelitten haben mag, die geeignet gewesen wäre dessen Leistungsfähigkeit einzuschränken. Ob jedoch eine solche Störung vorgelegen hat und - soweit vorliegend - diese einen Krankheitswert erreicht hat, der eine erhebliche Minderung der Leistungsfähigkeit auf Dauer hätte erwarten lassen, lässt sich jedoch nicht belegen, denn F. hat insoweit keinerlei ärztliche Behandlungen in Anspruch genommen, so dass auch in diesem Zusammenhang keine in der Person des F. liegenden Gründe zu erkennen sind, die eine krankheitsbedingte Kündigung hätten rechtfertigen können.

Zuletzt kann die Klägerin auch nicht damit gehört werden, allein dass F. sich subjektiv nicht mehr in der Lage gesehen habe, die ihm übertragenen Aufgaben verrichten zu können, reiche aus, einen subjektiven Leistungsmangel in der Person des F. begründen zu können, der im Ergebnis eine soziale Rechtfertigung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstelle.

Soweit die Klägerin vorträgt, der von ihr benannte Zeuge R. (R.) habe sich von anderen Mitarbeitern der Klägerin von einem Leistungsabfall des F. berichten lassen, und dass F. in den Gesprächen vor der Kündigung geäußert habe, er schaffe die Arbeit nicht mehr, bedarf es keiner Einvernahme des R., denn diese Angaben erscheinen glaubhaft, stehen nicht im Widerspruch zu den Angaben des F. im Erörterungstermin am 27.09.2010 und können als wahr unterstellt werde. F. hat lediglich angegeben, sich nicht erinnern zu können, seine Schwierigkeiten mit der Arbeit gegenüber dem Arbeitgeber erwähnt zu haben. Die gesamten Angaben des F. im Termin am 27.09.2010 lassen jedoch den Schluss zu, er habe sich subjektiv psychisch und körperlich durch die Situation an seinem Arbeitsplatz erheblich belastet gefühlt, und dass diese Belastung Anlass für den Wunsch auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses war. In diesem Zusammenhang erscheint, wie von der Klägerin geltend gemacht , eine - wenn auch für F. subjektiv nicht wahrnehmbare - Leistungsminderung nachvollziehbar.

Vorliegend kann dahinstehen, ob schon allein die subjektive Einschätzung eines Arbeitnehmers, er könne seine Arbeit zukünftig nicht mehr verrichten, ausreicht um einen subjektiven Leistungsmangel begründen zu können, denn unabhängig davon, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Mangel nicht objektivieren lässt, hätte es zumindest eines Versuches bedurft diesen Mangel zu beseitigen, ehe eine Kündigung auszusprechen war.

Grundsätzlich ist eine unterdurchschnittliche Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers geeignet, einen in der Person liegenden Grund darzustellen, der eine Kündigung sozial rechtfertigen kann, wenn das subjektive Leistungspotential ausgeschöpft wird, dieses aber den Anforderungen nicht mehr gerecht wird und keine angemessene Gegenleistung für die arbeitsvertragliche Vergütung darstellt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich diese Leistungsmängel objektivieren lassen und als Alternative zur Kündigung wegen der Minderleistung kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Insoweit hat ein Arbeitgeber vor einer Kündigung zu prüfen, ob eine Anpassung der Arbeitsbedingungen, Hilfestellungen für den Arbeitnehmer, eine Umsetzung im Betrieb oder eine Änderungskündigung Abhilfe schafft, ehe eine Kündigung ausgesprochen werden kann (vgl. Griebeling in Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsgesetz, 9. Aufl., § 1 KSchG Rn. 384ff mwN)

Soweit - wie von der Klägerin vorgebracht - als wahr zu unterstellen ist, bei F. sei ein Leistungsabfall zu verzeichnen gewesen, man habe ihm nur noch leichte Tätigkeiten zuweisen können und man habe dies zum Anlass genommen, dem Wunsch des F. entsprechend, das Arbeitverhältnis zu beenden, hat es die Klägerin versäumt, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb oder eine Änderung der Arbeitsbedingungen zu prüfen und diese Alternativen mit F. vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzuklären; dass es eine derartige Möglichkeit gegeben haben muss, ergibt sich bereits aus dem eigenen Vortrag der Klägerin, F. seien zuletzt nur einfache Tätigkeiten zugewiesen worden, und sie, die Klägerin, hätte F. bis zum Eintritt in den Rentenbezug weiterbeschäftigt, wenn dieser nicht von sich aus den Wunsch geäußert hätte, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Nach Angaben des F. hat die Klägerin auf sein Anliegen, das Arbeitsverhältnis zu beenden, jedoch umgehend reagiert, wobei die Frage einer Änderung der Arbeitsbedingungen, um das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu können, wohl von keiner der Arbeitsvertragsparteien problematisiert wurde, nachdem Einigkeit bestand das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen. Die Klägerin hat zwar noch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgebracht, man habe F. einen anderen Arbeitsplatz angeboten. Diese Angaben haben sich durch die Zeugeneinvernahme des F. jedoch nicht bestätigen lassen, und auch die Klägerin hat diesen Vortrag im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens nicht mehr aufrecht erhalten. Damit steht jedoch zweifelsfrei fest, dass eine Alternative zur Kündigung von keinem Beteiligten, weder von der Klägerin noch von F., in Betracht gezogen worden ist. Es ist daher unabhängig davon, dass der Umfang der geltend gemachten Leistungsminderung des F. seitens der Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt ist, nicht ersichtlich, dass es der Klägerin unzumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis mit F. zu geänderten Arbeitsbedingungen fortzuführen. Auch insoweit muss sich die Klägerin an ihrem eigenen Vortrag festhalten lassen, dass man F. trotz der geltend gemachten Leistungsminderung bis zum Eintritt in den Rentenbezug weiterbeschäftigt hätte, was den Schluss nahe legt, dass die Minderung nicht so gravierend war, dass die Klägerin daraus - auch ohne Änderung der Arbeitsbedingungen - ein grobes und unzumutbares Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt abgeleitet hätte.

Soweit jedoch - wie vorliegend - eine Minderung der Leistungsfähigkeit nicht objektiviert ist und die Einschätzung eines möglicherweise zu erwartenden Abfalls der Leistungsfähigkeit allein auf einer subjektiven Einschätzung des Arbeitnehmers beruht, ist eine andere Betrachtungsweise nicht angezeigt.

Auch wenn sich die subjektive Einschätzung des F. nicht hat objektivieren lassen, hätte es seitens des Arbeitgebers, der Klägerin, einer Prüfung bedurft, ob F. ein Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen hätte angeboten werden können, der den von F. (subjektiv) geltend gemachten Einschränkungen hätte Rechnung tragen können. Nachdem dies unterlassen worden ist, kann sich die Klägerin auch nicht auf dieser Grundlage auf eine soziale Rechtfertigung der Kündigung berufen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass selbst im Falle einer höchstpersönlichen Gewissensentscheidung oder Lebenseinstellung eines Arbeitnehmers, die auf einer inneren, nicht hinterfragbaren Überzeugung beruht, nicht ohne weiteres die soziale Rechtfertigung einer Kündigung angenommen werden kann, wenn diese Lebenseinstellung die Einsetzbarkeit innerhalb eines Unternehmens einschränkt, mithin einen "subjektiven" Leistungsmangel darstellt, wenn der Arbeitnehmer allein auf Grundlage der "subjektiven" Hindernisse außer Stande sieht, die geschuldete Arbeitskraft zu erbringen. Auch in diesen Fällen hat ein Arbeitgeber vor einer Kündigung als "ultima ratio" als milderes Mittel zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortgeführt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.1989 - 2 AZR 285/88 - BAGE 62, 59-74). Lediglich im Falle nicht behebbarer Mängel könnte eine solche Prüfung obsolet werden, wofür es vorliegend weder Anhaltspunkte gibt, noch hat die Klägerin etwas dazu vorgetragen, dass F. darauf beharrt habe, nicht mehr arbeiten zu können oder zu wollen, mithin sich im Bereich der Leistungsverweigerung bewegt habe.

Die Höhe der Erstattungsforderung hat die Beklagte zurecht auf ein Drittel reduziert, denn diese mindert sich, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass er nicht mehr als 40 Arbeitnehmer im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 beschäftigt, um zwei Drittel im Falle der Nummer 1 (§ 147a Abs 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III).

Mit der Entstehung der Erstattungspflicht im Jahr 2003 ist auf die durchschnittliche Arbeitnehmerzahl im Jahr 2002 abzustellen, die nach den Angaben der Klägerin bei denjenigen die als Vollzeitkräfte (mit über 30 Wochenstunden Arbeitszeit) anzusehen sind (vgl. zu den Modalitäten der Berechnung: Brand aaO, § 147a Rn.29) über 22 im Jahresdurchschnitt lag, so dass die Klägerin nicht mehr unter die Kleinbetriebregelung des § 147a Abs 1 Satz 2 Alt 4 Nr. Nr. 2 SGB III fällt, jedoch die Grenze nach § 147a Abs 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III überschritten wird.

Die Höhe des Erstattungsbetrages hat die Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum (01.01.2003 bis 31.07.2003) mit 3.074,51 EUR zutreffend ermittelt.

F. hat in der Zeit vom 01.01.2003 bis 31.07.2003, mithin an 212 Leistungstage Alg nach einem täglichen Leistungssatz von 27,05 EUR (= 189,35 EUR: 7) bezogen und damit insgesamt 5.734,60 EUR (= 27,05 EUR x 212) erhalten. Das der Beitragsberechnung für die Sozialversicherungsbeiträge zugrunde zu legende Entgelt ergibt sich für die Rentenversicherung aus § 166 Abs 1 Nr. 2 SGB VI, für die Krankenversicherung aus § 232a Abs 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie für die Pflegeversicherung aus § 57 Abs 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und beträgt in allen Versicherungszweigen 80 v.H. des der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrundeliegenden Arbeitsentgeltes. Ausgehend von einem wöchentlichen ungerundeten Bemessungsentgelt von 403,37 EUR ergibt sich ein kalendertägliches Entgelt von 46,10 EUR (= 403,73 EUR: 7 x 80 v.H.), so dass sich für 212 Leistungstage beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 9.773,20 EUR (= 212 Tage x 46,10 EUR kalendertäglich) errechnen. Ausgehend von diesen beitragspflichtigen Einnahmen und Beitragssätzen von 14,50 % (Krankenversicherung), 1,70 % (Pflegeversicherung) und 19,50 % (Rentenversicherung) ergeben sich die von der Beklagten errechneten Erstattungsbeträge von 1.417,11 EUR (= 9.773,20 EUR x 14,50 %) für die Krankenversicherung, von 166,14 EUR (= 9.773,20 EUR x 1,70 %) für die Pflegeversicherung und von 1.905,77 EUR (= 9.773,20 EUR x 19,50 %) für die Rentenversicherung. Der Gesamterstattungsbetrag von 9.223,62 EUR (= 5.734,60 EUR + 1.417,11 EUR + 166,14 EUR +1.905,77 EUR) war abschließend auf das von der Klägerin gemäß § 147a Abs 3 Satz 1 Nr. 1SGB III zu erstattende Drittel von 3.074,51 EUR (= 9.223,62 EUR: 3) zu reduzieren.

Im Ergebnis bleibt das Begehren der Klägerin daher erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt aus dem Unterliegen der Klägerin.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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