L 6 U 123/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 26/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 123/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 183/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist in einem Zugunstenverfahren die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall.

Der 1952 geborene Kläger zeigte der Beklagten unter dem 15. März 2006 einen am 3. Dezember 2003 in T. geschehenen Unfall an, den er im Rahmen eines bis zum 4. Dezember 2003 geplanten, in Eigeninitiative durchgeführten Aufsuchens avisierter Arbeitsstellen erlitten und bei dem er sich u.a. eine Sprunggelenkstrümmerfraktur links, eine Unterschenkelfraktur links sowie eine Fraktur des rechten Fußes zugezogen habe.

Mit am 3. Mai 2006 zugestelltem Bescheid vom 2. Mai 2006 lehnte die Beklagte die Erbringung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 3. Dezember 2003 ab, da kein Versicherungsfall vorliege. Bei der Arbeitssuche handele es sich um eine so genannte Vorbereitungshandlung, die nicht unter Versicherungsschutz stehe.

Hiergegen erhob der Kläger am 26. Juni 2006 Widerspruch und machte geltend, dass er sich bis zum 26. Mai 2006 in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme befunden habe. Außerdem verwies er darauf, dass Maßnahmen der privaten Arbeitssuche zwar grundsätzlich nicht zu den versicherten Tätigkeiten gehörten. Eine Ausnahme gelte jedoch dann, wenn – wie hier – eine Anstellung zur sofortigen Arbeitsaufnahme zu erwarten und unmittelbar die Aufnahme der Arbeit beabsichtigt gewesen sei. Aus den hierzu vom Kläger beigefügten Unterlagen geht hervor, dass er sich am 1. Dezember 2003 über das Institut für B. B. GmbH K. (), welches entsprechend der Einwilligungserklärung vom 3. November 2003 von der Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt K. (nachfolgend einheitlich BA) zwecks Bewerbungsberatung eingeschaltet worden war, für den 3. Dezember 2003 zwischen 14.00 und 16.00 Uhr telefonisch mit dem Kfz-Sachverständigenbüro G. in M. zu einem Vorstellungsgespräch verabredet hatte. Zum Unfallhergang ist seiner Schilderung vom 5. Juni 2006 zu entnehmen, dass er sich am 3. Dezember 2003 gegen 10.15 Uhr im Rahmen einer Fahrgemeinschaft (mit seinem Bruder) als Beifahrer eines Pkw´s in Trier im Ausfahrbereich eines Parkdecks befunden habe. Um den Parkchip in den Schrankenautomaten zu werfen, sei er aus dem Auto gestiegen. Beim Herausfahren sei das Pkw-Gespann gegen sein linkes Bein gestoßen, so dass er das Gleichgewicht verloren habe und vom Anhänger überrollt worden sei.

Mit am 5. September 2006 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 31. August 2006 wies die Beklagte den Widerspruch wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig zurück.

Am 30. Oktober 2006 beantragte der Kläger die Überprüfung der Entscheidung der Beklagten. Nach dem Telefonat mit Herrn G. sei er von einer sofortigen Anstellung bzw. Arbeitsaufnahme ausgegangen. Unter dem 27. November 2006 legte er dessen Schreiben vom 20. November 2006 vor, in dem das für den 3. Dezember 2003 geplante Vorstellungsgespräch bestätigt wurde.

Mit Schreiben vom 29. November 2006 lehnte die Beklagte eine Überprüfung ihrer Entscheidung ab, da sich aus der Bestätigung vom 20. November 2006 zwar der geplante Vorstellungstermin, nicht jedoch eine sofortige Arbeitsaufnahme ergebe.

Hiergegen erhob der Kläger am 20. Dezember 2006 Widerspruch und machte u.a. die Absprache seiner Teilnahme am Vorstellungsgespräch mit dem ... geltend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Selbst wenn von einem Stattfinden des Vorstellungsgesprächs ausgegangen werde, sei es nicht wahrscheinlich, dass im Anschluss daran unmittelbar die Arbeit habe aufgenommen werden sollen. Auch der potentielle Arbeitgeber habe nur die Verabredung des Gesprächs als solche bestätigt.

Am 26. März 2007 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Stendal Klage erhoben und nochmals betont, dass sich der Unfall auf der Fahrt zu einem Vorstellungsgespräch ereignet habe, zu dem er vom mutmaßlichen Arbeitgeber eingeladen worden sei. Unterstützend hat er das Schreiben des G. G. vom 5. Januar 2007 vorgelegt, wonach der Kläger die Frage nach einem frühestmöglichen Arbeitsbeginn mit "sofort, unverzüglich" beantwortet habe. Um sich einen abschließenden persönlichen Eindruck vom Kläger zu verschaffen, sei daraufhin der Vorstellungstermin vereinbart worden. Bei Bestätigung des Ersteindrucks durch das Gespräch habe der Kläger von einer Anstellung mit unverzüglicher Arbeitsaufnahme ausgehen können.

Mit Urteil vom 26. September 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Der Kläger habe deshalb keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 3. Dezember 2003 als Arbeitsunfall, weil er zum Unfallzeitpunkt nicht unter Versicherungsschutz gestanden habe. Es sei nämlich nicht sicher gewesen, dass am 3. Dezember 2003 ein Arbeitsvertrag geschlossen würde. Ob tatsächlich darüber hinaus unmittelbar im Anschluss an das Vorstellungsgespräch oder – nahe liegender – erst am nächsten Tag eine Arbeitsaufnahme geplant gewesen sei, könne damit offen bleiben.

Gegen das am 7. November 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger im selben Monat beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und sein Vorbringen vertieft. Beim Termin am 3. Dezember 2003 habe es sich nur noch um eine Formalität gehandelt. Bereits im Telefonat vom 1. Dezember 2003 seien alle für den Arbeitsvertrag relevanten Einzelheiten wie Arbeitsaufgaben, Arbeitszeit, Zeitpunkt des Arbeitsantritts, Akzeptanz von erforderlicher Wochenendarbeit sowie gebiets- und ortsübliche Vergütung besprochen worden. Zudem habe Herr G. die Möglichkeit einer sofortigen Unterbringung vor Ort abgeklärt. Alle erforderlichen Sachen zum umgehenden und weiteren Verbleib in Menden habe der Kläger ebenfalls bei sich geführt. Im Übrigen sei die Fahrt vom Geschäftsführer des ... und insoweit auch von der BA genehmigt gewesen, so dass eine Vermittlungsaufforderung zum Aufsuchen eines Arbeitgebers mit dem Ziel der Beendigung der Arbeitslosigkeit gegeben sei. Dies ergebe sich insbesondere auch aus den (vom Kläger vorgelegten) Schreiben der BA vom 12. Mai und 19. September 2005. Aus ihnen geht hervor, dass der BA der Aufenthalt des Klägers am 3. Dezember 2003 nicht bekannt gewesen sei und diese auch keine Zustimmung zur Arbeitssuche erteilt habe, weshalb eine Rückforderung zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeldes beabsichtigt sei. Nachdem der Maßnahmeträger (IBB) die Abmeldung des Klägers bestätigt hatte, verzichtete die BA unter dem 19. September 2005 auf die Geltendmachung einer Erstattungsforderung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 26. September 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 2. Mai 2006 den Unfall vom 3. Dezember 2003 als Arbeitsunfall festzustellen;

hilfsweise, die Beigeladene zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Mai 2006 den Unfall vom 3. Dezember 2003 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bleibt bei ihrer Auffassung. Der Kläger habe zunächst selbst angegeben, dass der Unfall geschehen sei, als er in Eigeninitiative mehrere mögliche Arbeitsstellen habe aufsuchen wollen. Dies widerspreche seiner späteren Behauptung, das Vorstellungsgespräch am 3. Dezember 2003 sowie eine unmittelbare Arbeitsaufnahme seien nur noch Formsache gewesen. Auch der potentielle Arbeitgeber G. bekunde in seinen Schreiben, dass er sich noch einen abschließenden Eindruck vom Kläger habe verschaffen wollen. Eine garantierte Anstellung sowie direkte Arbeitsaufnahme habe er gerade nicht bestätigt. Überdies sei auch keine Aufforderung seitens der BA ersichtlich.

Die mit Beschluss vom 2. Dezember 2008 am Verfahren beteiligte Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und vertritt die Ansicht, der Kläger habe sich nicht auf Aufforderung der BA, sondern auf eigene Veranlassung auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch befunden. Damit scheide ihre Zuständigkeit aus.

Aus den vom Senat beigezogenen Verwaltungsakten der BA geht u.a. hervor, dass der Kläger im Jahr 2003 vom 22. bis 28. April sowie 21. Mai bis 31. Dezember Arbeitslosengeld bezogen hat, was seine Grundlage in seinem Antrag vom 22. April 2003 hatte. Aus den Arbeitsbescheinigungen vom 25. März 2003 und 12. März 2005 sowie einem am 19. Juli 2005 vor dem Arbeitsgericht B. geschlossenen Vergleich ergibt sich, dass der Kläger vom 15. Oktober 2000 bis zum 31. März 2005 bei der C. GmbH W. in Vollzeit beschäftigt war, wobei er vom 13. November 2001 bis zum 21. April 2003 wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen hatte. In ihrer gutachtlichen Einschätzung vom 23. Mai 2003 war von der Arbeitsmedizinerin Dr. L. ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers unter bestimmten qualitativen Einschränkungen angenommen worden, woraufhin sich dieser nach dem Aktenvermerk vom 10. Juni 2003 mit seinem Arbeitgeber in Verbindung setzten wollte und ab dem 10. Juni 2003 der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt hatte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der BA Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2007 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend die Rücknahme ihres Bescheides vom 2. Mai 2006 abgelehnt hat. Denn auf dessen Aufhebung hat der Kläger nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) keinen Anspruch, weil der Bescheid weder auf einem fehlerhaften Sachverhalt noch auf einem falschen Rechtsverständnis beruht.

Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist zulässig. Denn beim Schreiben vom 29. November 2006 handelt es sich entgegen dem ersten Anschein um einen (schriftlichen) Verwaltungsakt. In ihm legt die Beklagte gegenüber dem Kläger mit Verbindlichkeit dar, was der Anerkennung des Unfalls vom 3. Dezember 2003 als Arbeitsunfall entgegen steht. Dies sind die Merkmale einer einzelfallbezogenen Regelung mit Außenwirkung, die nach § 31 Satz 1 SGB X einen Verwaltungsakt ausmachen. Angesichts dieses eindeutigen Inhalts tritt das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung, das für sich gegen die Absicht zum Erlass eines schriftlichen Verwaltungsakts spricht, in seiner Bedeutung für die Auslegung zurück. Dass der Kläger von seinem Empfängerhorizont aus das Schreiben vom 29. November 2006 auch genau so verstanden hat, wird durch seinen Widerspruch belegt.

Es kann dahinstehen, ob der eigentlichen Überprüfung des bestandskräftigen Bescheides vom 2. Mai 2006 (vgl. §§ 77, 85, 87 SGG) nach § 44 SGB X eine gesonderte Prüfung des Wiederaufgreifens des Verfahrens vorausgeht (in diesem Sinne Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 3. April 2001 – B 4 RA 22/00 RSozR 3-2200 § 1265 Nr. 20). Denn dies hätte nicht zur Folge, dass im Falle der Ablehnung des Wiederaufgreifens nur darauf, nicht aber zulässig auch auf die Aufhebung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes geklagt werden könnte. Auch für den Fall des Wiederaufgreifens wird nämlich jedenfalls keine gesonderte Entscheidung hierüber verlangt (vgl. BSG, Urteil vom 3. April 2001, a.a.O., wonach die indirekte Verlautbarung mit der Entscheidung über die Aufhebung möglich ist). Besteht aber keine Pflicht zum Erlass eines gesonderten Verwaltungsaktes, kann auch unmittelbar auf die (Verpflichtung zur) Rücknahme geklagt werden, die die Beklagte mit der Ablehnung einer Überprüfung ihrer Entscheidung im Bescheid vom 29. November 2006 abgelehnt, in der Sache mit gleichlautendem Ergebnis wie im Bescheid vom 2. Mai 2006 letztlich jedoch vorgenommen hat (vgl. näher hierzu auch BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 18).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 2. Mai 2006 war rechtmäßig. Der Unfall vom 3. Dezember 2003 war kein Arbeitsunfall.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Haupttätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 14; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar beinhaltet der Sturz im Parkhaus am 3. Dezember 2003 mit dem nachfolgenden Überrolltwerden durch den Pkw-Anhänger ein Unfallereignis im Sinne des Gesetzes, das insbesondere Verletzungen im Bereich des linken Beines des Klägers verursacht hat. Zum Unfallzeitpunkt stand der Kläger jedoch nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Zunächst käme zwar grundsätzlich ein Versicherungsschutz des Klägers als Beschäftigter der C. GmbH W. nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in Betracht. Ein solcher scheitert aber jedenfalls daran, dass es am sachlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einer solchen Beschäftigung des Klägers fehlt. Denn nach der insoweit maßgeblichen – durch objektive Umstände zu bestätigenden –Handlungstendenz des Klägers stand das Verlassen des Parkdecks in Trier mit seiner Beschäftigung bei der C. GmbH W. in keinerlei Verbindung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 14/02 R – juris; Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 19/06 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 23).

Ein Versicherungsschutz nach den §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII scheidet auch unter dem Blickwinkel des Zurücklegens eines mit der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses zusammenhängenden Weges aus. Verrichtungen und Wege, die mit der Arbeitsuche und Verhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrages zusammenhängen, sind nämlich nicht versichert. Dies gilt selbst dann, wenn es zwar zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kommt, die Beschäftigung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen werden soll. Nur wenn neben einem geschlossenen Arbeitsvertrag feststeht, dass die Arbeit im unmittelbaren Anschluss an den Weg aufgenommen werden soll, kann ausnahmsweise ein Versicherungsschutz im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung gegeben sein (siehe bereits BSG, Urteil vom 31. Januar 1974 – 2 RU 169/72SozR 2200 § 550 Nr. 1).

Nach diesen Maßstäben fehlt es jedenfalls am Abschluss eines Arbeitsvertrages. Darauf, ob unmittelbar im Anschluss an das Bewerbungsgespräch am 3. Dezember 2003 tatsächlich mit einer Arbeitsaufnahme zu rechnen war, kommt es deshalb nicht mehr an.

Die vom Kläger im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung, das Vorstellungsgespräch am 3. Dezember 2003 sei nur noch Formsache gewesen, lässt sich schon nicht mit den Angaben des G. G. in Übereinstimmung bringen. Dieser hat in seinem Schreiben vom 5. Januar 2007 nämlich ausdrücklich erklärt, dass er die Anstellung des Klägers von einer persönlichen Bestätigung seines Eindrucks von diesem abhängig gemacht hat, sie also unter einer vorbehaltenen Bedingung stand. Das steht im Widerspruch zum Vortrag des Klägers, im Telefonat am 1. Dezember 2003 sei bereits Einvernehmen über die Arbeitsaufgaben, die Arbeitszeit, den Arbeitsbeginn sowie die Vergütung erzielt worden, was nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) den Abschluss eines Arbeitsvertrages bedeutet hätte (vgl. §§ 133, 145 ff. BGB). Wäre ein Arbeitsvertrag tatsächlich bereits am 1. Dezember 2003 zustande gekommen, sind wiederum die Erstangaben des Klägers vom 15. März 2006 nicht nachzuvollziehen. Nach ihnen hatte er die Fahrt ja unternommen, um in der Zeit vom 2. bis 4. Dezember 2003 mehrere mögliche Arbeitsstellen aufzusuchen. Ein Aufsuchen potentieller Arbeitgeber zwecks Abschluss eines Arbeitsvertrages hätte im Falle eines bereits vorliegenden Vertrages aber wenig eingeleuchtet. Überdies hätte dann auch keine Abmeldung bis lediglich zum 4. Dezember 2003 nahe gelegen, zumal dann nicht, wenn die behauptete sofortige Arbeitsaufnahme einschließlich des Verbleibs vor Ort tatsächlich beabsichtigt war. Zum Zeitpunkt seiner Abmeldung bei der ... ist der Kläger also offenbar selbst (noch) nicht von einem bereits geschlossenen Arbeitsvertrag ausgegangen. Dies entspricht auch seinen Schilderungen im Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. Mai 2006 sowie im Überprüfungsantrag vom 30. Oktober 2006, in denen er ebenfalls erklärt hat, eine Anstellung beim Sachverständigenbüro G. lediglich erwartet zu haben bzw. von einer solchen ausgegangen zu sein.

Ist demnach auf Grundlage von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kein Versicherungsschutz zu begründen, bedurfte es auch keiner (weiteren) Beiladung der Berufsgenossenschaft Holz und Metall, zumal die Beklagte ihre sachliche Zuständigkeit insoweit nicht in Abrede gestellt hat.

Schließlich war der Kläger am Unfalltag auch nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII versichert.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung des Art. 7 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24. März 1997 (BGBl. I, 594) waren in der Unfallversicherung kraft Gesetzes u.a. Personen versichert, die nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der BA nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen.

Der Kläger unterlag zum Zeitpunkt des Unfalls zwar der allgemeinen Meldepflicht gemäß § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der hier anwendbaren Fassung; BGBl. I, 594, s.o.), da er seinerzeit von der BA nach § 125 SGB III Leistungen in Form von Arbeitslosengeld bezog. Der Weg, auf dem er den Unfall erlitt, wurde von ihm jedoch nicht unternommen, weil er einer "besonderen, an (ihn) im Einzelfall gerichteten Aufforderung" einer Dienststelle der BA i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII nachgekommen wäre. Der Senat lässt hierbei offen, ob unter Berücksichtigung der späteren Gesetzesfassungen, insbesondere angesichts des vom 5. November 2008 (vgl. Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung vom 30. Oktober 2008, BGBl I, 2130) bis zum 10. August 2010 gültigen Wortlauts der Norm (vgl. Art. 3 Nr. 2 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010, BGBl. I, 1129), deren Anwendung auf die Aufforderung durch einen beauftragten Dritten in Betracht kommt. Denn selbst wenn hiervon ausgegangen und auf die zwecks Bewerbungsberatung und Unterstützung der Eigenbemühungen des Klägers von der BA nach – dem bis zum 31. Dezember 2003 gültigen – § 37a SGB III erfolgte Einschaltung des IBB abgestellt würde, scheidet ein Versicherungsschutz aus.

Unter einer Aufforderung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII ist zunächst mehr als ein (stillschweigendes) Einverständnis oder eine Anregung zu verstehen. Auch eine mit einer Bitte oder Empfehlung umschriebene Äußerung (der BA) kann allerdings eine Aufforderung darstellen, sofern der Eindruck vermittelt wird, ein bestimmtes Verhalten sei notwendig. Erforderlich ist mithin eine Willensäußerung, die erkennen lässt, dass die Arbeitsverwaltung ein konkretes Verhalten erwartet. Ob dies der Fall ist, bemisst sich nach dem Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche der Erklärende nach seinem wirklichen Willen erkennbar in die Äußerung einbezogen hat, wobei auf die gesamten Begleitumstände des jeweiligen Einzelfalls abzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – B 2 U 45/02 R – juris).

Gemessen hieran fehlt es vorliegend jedenfalls an einer individuell konkretisierten Willensäußerung der BA bzw. des ... Aus der vom ... entgegen genommenen Abmeldung in Verbindung mit der Einwilligungserklärung vom 3. November 2003 mag sich zwar die auch der BA zurechenbare konkludente Erklärung des globalen Einverständnisses mit der unternommenen Fahrt als solche ableiten lassen. Dies stellt aber keine auf die Durchführung gerade des Vorstellungsgesprächs am 3. Dezember 2003 individualisierte Willensbekundung dar. Dass der Kläger hiervon auch nach seinem Empfängerhorizont nicht ausgegangen ist, geht schon aus seinen ursprünglichen Angaben hervor, wonach er die Fahrt auf eigene Veranlassung unternommen hat. Denn wie im Rahmen seiner Antragstellung bei der Beklagten ausdrücklich angegeben, hatte er die Fahrt angetreten, um bis zum 4. Dezember 2003 in Eigeninitiative mehrere mögliche Arbeitsstellen aufzusuchen. Ein – wenngleich mit einer Arbeitslosigkeit zusammenhängendes und von der Arbeitsverwaltung erwünschtes – Tätigwerden aus eigenem Antrieb reicht für einen Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut jedoch nicht aus.

In seiner Klagebegründung vom 26. März 2007 betont der Kläger dann, dass er zum Vorstellungsgespräch auf Einladung – und damit Aufforderung – des mutmaßlichen neuen Arbeitgebers gefahren ist, dessen Stellenangebot er sich unter Nutzung der vom ... bereit gestellten Dienste herausgesucht hatte. Nichts anderes ergibt sich aus der Schilderung des Klägers im Berufungsverfahren. Danach ist die am 1. Dezember 2003 für den 3. Dezember 2003 telefonisch abgesprochene Vorstellung gerade deshalb erfolgt, um dem potentiellen Arbeitgeber einen abschließenden persönlichen Eindruck zu verschaffen, wie aus dessen Schreiben vom 5. Januar 2007 auch hervorgeht. Etwas anderes folgt auch nicht aus der unter dem 1. Dezember 2003 bei der BA beantragten Kostenübernahme für die Bewerbung beim Sachverständigenbüro G. sowie der beim ... erfolgten Abmeldung. Weder die (spätere) Genehmigung einer Kostenerstattung noch der Fahrt ändert etwas an der durch den Arbeitgeber erfolgten Einladung zum Vorstellungsgespräch und macht sie gleichsam zu einem gleichlautenden Verlangen seitens der Arbeitsverwaltung. Demnach liegt allenfalls eine Aufforderung des Arbeitgebers, nicht jedoch eine solche einer Dienststelle der BA oder des ... vor, was selbst bei Abschluss eines Arbeitsvertrages und bestehender Meldepflicht nicht genügt (BSG, Urteil vom 31. Januar 1974, a.a.O.).

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Dem Wunsch nach einer Vertagung des entscheidungsreifen Rechtsstreits ist der Senat nicht nachgekommen, weil der unter Beachtung von § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG über seine Prozessbevollmächtigte ordnungsgemäß geladene und vertretene Kläger nicht deutlich gemacht hat, weshalb seine persönliche Anwesenheit im Termin unerlässlich sei (vgl. BSG, Beschluss vom 5. März 2004 – B 9 SB 40/03 B – juris), womit es schon am Vortrag erheblicher Gründe im Sinne von § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung fehlte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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