Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 24 R 1014/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 240/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. August 2010 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen für die Weitergewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. April 2007 hinaus bis zum 31. Dezember 2010 nach dem Sechsten Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI).
Der am ... 1953 geborene Kläger durchlief nach dem Abschluss der 8. Schulklasse von September 1968 bis Juli 1970 eine Ausbildung zum Fluchtenmaurer. Er arbeitete anschließend von September 1970 bis Mai 1972 und wieder, nach Ableistung seines Grundwehrdienstes bei der NVA, von November 1973 bis Dezember 1978 als Maurer und von Januar 1979 bis April 1997 als Betriebshandwerker, Heizer, Kraftfahrer und zuletzt als Posttechniker. Er war anschließend arbeitslos, nahm von Mai 1999 bis Januar 2000 an einem Lehrgang "Fachqualifikation für Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten im Baugewerbe" teil und war von September 2000 bis Februar 2001 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit landschaftspflegerischen Arbeiten beschäftigt. Vom 17. Juni bis zum 30. September 2002 war er bei der RVB Renovierungs-, Verwaltungs-, BetriebsGmbH in D./H. beschäftigt; ausweislich des Arbeitsvertrages vom 6. Juni 2002 verrichtete er "Tätigkeiten im Bereich der Hausmeistertätigkeit". Zuletzt war der Kläger vom 21. Oktober 2002 befristet bis zum 7. November 2002 als Gabelstapler beschäftigt. Er bezog dann Leistungen der Arbeitsverwaltung bzw. Krankengeld. Er war von 1967 bis 2003 aktives Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, danach – aus gesundheitlichen Gründen – nur noch Ehrenmitglied.
Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt.
Der Kläger stellte am 30. September 2003 einen Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (LVA), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, zog zunächst den Entlassungsbericht der T. Fachklinik über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 14. Mai bis zum 4. Juni 2003 bei. Danach erlaube das körperliche Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit in möglichst wechselnder Arbeitshaltung, unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie von Zwangshaltungen und Stauchungen der Wirbelsäule sechs Stunden und mehr täglich. In seinem letzten Beruf als Hausmeister mit schwerer körperlicher Tätigkeit könne der Kläger nicht weiter tätig sein. Nach Einholung eines Befundberichts des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 1. Oktober 2003 lehnte die LVA den Rentenantrag mit Bescheid vom 20. November 2003 ab. Nach Vorlage einer Epikrise des Krankenhauses A. R. GmbH über die stationäre Behandlung des Klägers vom 28. Oktober bis zum 5. November 2003 mit Arthroskopie der rechten Schulter und subacromialer Dekompression am 29. Oktober 2003 wies die LVA mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2004 den Widerspruch als unbegründet zurück.
In dem sich anschließenden Klageverfahren S 3 RJ 125/04 ließ das Sozialgericht Halle nach Einholung von Befundberichten die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. das Gutachten vom 17. Oktober 2005 erstatten. Diese führte als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Impingementsyndrom der rechten Schulter, Thorakalsyndrom, Gonarthrose und Schulter-Arm-Syndrom an. Der Kläger sei in der Lage, nur noch körperlich leichte Arbeiten weniger als drei Stunden täglich zu verrichten. Das zeitliche Leistungsvermögen werde durch die depressive Symptomatik und die Wechselwirkungen zwischen depressiver Symptomatik und Schmerzsymptomatik limitiert. Die Beteiligten erklärten das Klageverfahren übereinstimmend für erledigt und die Beklagte bewilligte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. November 2004 bis zum 30. April 2007 (Bescheid vom 2. Februar 2006).
Auf den Weitergewährungsantrag des Klägers vom 5. Januar 2007 holte die Beklagte zunächst einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 6. Februar 2007 ein und veranlasste sodann eine Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Jugend- und Kinderpsychiater, Beratenden Arzt des Sozialpsychiatrischen Dienstes Dr. W. vom 18. April 2007. Dieser führte auf Grund einer ambulanten Untersuchung des Klägers an demselben Tag als Diagnosen eine Anpassungsstörung mit leichtgradigen depressiven Veränderungen, eine leichtgradige anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine alimentäre Adipositas, eine arterielle Hypertonie, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter, den Verdacht auf Bandscheibenschaden im Lendenwirbelsäulen (LWS)-Bereich und ein Zervikobrachialsyndrom rechts ohne neurologische Ausfälle an. Die depressiven Symptome seien gegenwärtig nur noch abortiv vorhanden. An der Diagnose der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung werde festgehalten, weil eindeutig eine Wechselbeziehung zwischen psychischem Befinden im Allgemeinen und bestehender Schmerzregistrierung bestehe. Insgesamt ergebe sich aus neurologisch-psychiatrischer Sicht kein Hinweis für eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, wenngleich der Kläger bei Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit für seine frühere Tätigkeit als Maurer und Hausmeister nicht mehr einsetzbar sei. Die nach Rangordnung des Klägers vordergründigen orthopädischen Beschwerden sollten orthopädisch begutachtet und beurteilt werden. Ferner gab Dr. W. im Ankreuzverfahren an, der Kläger könne eine Wegstrecke mehr als 500 Metern innerhalb von 20 Minuten viermal täglich zurücklegen.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf wiederholte Gewährung der Rente über den Monat April 2007 hinaus ab, weil über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Auf den Widerspruch des Klägers vom 22. Mai 2007 holte sie Befundberichte von dem Facharzt für Chirurgie Dipl.-Med. D. vom 23. Juni 2007, von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. F. vom 24. Juni 2007 und von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 24. Juli 2007 ein und ließ dann den Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. A. das Gutachten vom 5. September 2007 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 4. September 2007 erstatten. Dieser führte folgende Diagnosen an:
Funktions- und Belastungseinschränkung der rechten Schulter nach Schulter-OP 2004 bei Impingementsyndrom (muss heißen 2003) – leicht.
Funktions- und Belastungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) bei beginnenden degenerativen Veränderungen – leicht.
Belastungseinschränkung beider Ellenbogengelenke bei chronischer Epicondylitis humeri radialis und ulnaris, links Z. n. OP – leicht.
Belastungseinschränkung der LWS bei degenerativen Veränderungen – leicht
Belastungseinschränkung beider Kniegelenke bei beginnenden degenerativen Veränderungen – leicht.
Osteopenie.
Die klinische Untersuchung habe keine schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen am gesamten Stütz- und Bewegungsapparat ergeben. Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der LWS sei mittels einer Magnetresonanztomograpfie (MRT) im Juli 2007 ausgeschlossen worden. Die Knochendichte sei zwar vermindert, aber zurzeit nicht behandlungsbedürftig. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Sitzen mit Unterbrechung oder im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten mit schwerem Heben und Tragen von Lasten – Einzelhebebelastung 10 kg, Dauerhebebelastung 3-5 kg –, ständigem Stehen und ständiger Wirbelsäulenzwangshaltung (Bücken, Oberkörpervorbeuge, Überkopfarbeiten), einer Stauchung und Vibration der Wirbelsäule, Absturzgefahr (auf Leitern und Gerüsten) und mit Hocken, Knien sowie gehäuftem Treppensteigen. Die Gehstrecke sei nicht auf unter 500 Meter eingeschränkt. Dipl.-Med. A. fügte seinem Gutachten einen MRT-Befund der LWS vom 26. Juli 2007 und des Kniegelenkes rechts vom 27. Juli 2007 bei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Beim Kläger bestehe ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr täglich für leichte Arbeiten ohne häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken und Knien, häufige Zwangshaltungen, häufiges Klettern und Steigen, erhöhte Unfallgefahr (z.B. Absturzgefahr) sowie Stauchungen und Vibrationsbelastungen der Wirbelsäule. Berufsunfähigkeit sei auch nicht gegeben. Mit seinem Hauptberuf als Hausmeister bzw. Staplerfahrer sei der Kläger in die Gruppe der unteren Angelernten einzustufen. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen qualitativen Leistungseinschränkungen sei er auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 27. November 2007 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage gewandt und weiterhin den Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. April 2007 hinaus bzw. auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung geltend gemacht. Das Sozialgericht hat zunächst Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Dr. W. hat unter dem 14. Januar 2008 als Diagnose eine depressive Reaktion im Rahmen einer psychosozialen Stressreaktion mit somatischer Abfuhr intrapsychischer Spannung mitgeteilt. Das Befinden sei seit Mai 2007 unverändert mit leicht geminderter Stimmungs- und Antriebslage, subjektiv erhöhter Reizbarkeit, Stressintoleranz und subjektivem Stresserleben. Der Kläger sei für leichte körperliche Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen für ca. sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Dipl.-Med. F. hat unter dem 15. Januar 2008 aufgezeigt, die Hypertonie und der Diabetes mellitus seien gut geführt; insoweit bestehe eine Befundkonstanz. Dr. H. hat unter dem 16. Januar 2008 auf seit Mai 2007 unveränderte Beschwerden in Form von degenerativ bedingten Funktionseinschränkungen verwiesen. Der Kläger sei aufgrund der Polymorbidität und auch der zwischenzeitlichen Berentung nicht mehr in der Lage, durchgehend sechs Stunden zu arbeiten. Aus seiner Sicht bestehe Arbeitsfähigkeit mit qualitativen Einschränkungen unter sechs Stunden täglich. Dipl.-Med. D. hat unter dem 6. Februar 2008 die Fähigkeit des Klägers bejaht, noch leichte Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten zu können. Änderungen im Gesundheitszustand seien nicht eingetreten.
Nach einer weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 4. Februar bis zum 13. März 2008 in der Rehabilitationsklinik G. sind in dem entsprechenden Entlassungsbericht vom 27. März 2008 folgende Diagnosen berücksichtigt:
Chronisch-rezidivierendes pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der LWS beidseits mit muskulären Dysbalancen und degenerativen Veränderungen.
Chronisch-rezidivierendes pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule (HWS) beidseits mit muskulären Dysbalancen.
Anpassungsstörung.
Psychische Einflussfaktoren.
Osteoporose (T-Score LWS – 2,0 2007).
Schmerzhafte Funktionsstörung linkes Ellenbogengelenk bei Epicondylosis lateralis und klinischen Zeichen einer Arthrose.
Schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes bei Zustand nach subacromialer Dekompression 29. Oktober 2003.
Schmerzhafte Belastungs- und Bewegungsstörung beider Kniegelenke rechts mehr als links bei vorbekannter Chondromalazie II. – IIII. Grades in beiden Kompartimenten und retropatellarer Chondropathie bei femoropatellarer Dysbalance rechts; vorbekannte medial betonte initiale Gonarthrose links.
Arterieller Hypertonus (medikamentös kompensiert).
Diabetes mellitus Typ 2 (diätetisch).
Adipositas (BMI 33,1).
Hypertriglyceridämie.
Schwerhörigkeit rechts mit Hörgerät versorgt.
Der psychische Befund habe eine intakte Mnestik und eine subjektiv eingeschränkte Konzentration ergeben. Der Kläger leide unter psychisch überlagerten Schmerzen, die durch die soziale Situation sowie finanzielle und familiäre Probleme weiter verstärkt würden. Es bestehe eine Neigung zur Aggravation. Ein psychosomatisches Krankheitsverständnis sei vorhanden. Aus psychologischer Sicht bestünden keine quantitativen oder qualitativen Leistungseinschränkungen hinsichtlich des berufsbezogenen Leistungsbildes. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in allen Schichtdienstformen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Bücken, häufiger Überkopfarbeit, häufigen Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starken Vibrationsbelastungen, starken Temperaturschwankungen, Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft seien nicht mehr zumutbar. Insbesondere sollten Bewegungen unter Belastung, die mit gleichzeitiger Rumpfbeugung und Rumpfdrehung einhergingen, sowie plötzliche und stoßhaltige Bewegungen bei Beschleunigung und plötzlichen Abbremsungen gemieden werden. Generell sei die länger dauernde Einwirkung von Ganzkörperschwingungen auf die Wirbelsäule des Klägers, vor allem bei stochastischen Schwingungen, nicht zumutbar. Arbeiten mit häufigem Treppen- und Leitersteigen und ständigen Zwangshaltungen für die Kniegelenke, wie Hocken oder Knien, könne der Kläger nicht mehr bewältigen.
In dem sodann eingeholten Befundbericht des Facharztes für HNO-Heilkunde, Allergologie Dr. S. vom 28. Januar 2009 wird aufgrund einer einmaligen Vorstellung des Klägers am 26. November 2008 ein Cerumen obturans beidseits (Ohrenschmalzpfropf) bei einem restlichen unauffälligen HNO-Befund mitgeteilt; der Kläger sei Hörgeräteträger.
Der Kläger hat sodann den Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der H. Klinik H. vom 16. Juli 2009 über seine stationäre Behandlung vom 16. April bis zum 4. Juni 2009 und die sich daran anschließende tagesklinische Behandlung vom 4. Juni bis zum 2. Juli 2009 wegen einer bestehenden mittelgradigen depressiven Episode bei bekannten rezidivierenden depressiven Störungen vorgelegt. Danach sei er in einem psychisch sehr gut stabilisierten Zustand entlassen worden. Eine ambulante Traumatherapie wegen der Einsätze bei der Feuerwehr sei empfohlen worden.
Das Sozialgericht hat sodann den Facharzt für Psychiatrie und Leitenden Arzt des Therapiehofes S. Dr. B. das Gutachten vom 20. Dezember 2009 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 14. Dezember 2009 erstatten lassen. Ihm gegenüber habe der Kläger angegeben, viel im Garten zu sein. Als Mitglied des Vorstandes des Kleingartenvereins sei er verantwortlich für Ordnung und Sauberkeit. Seit der letzten stationären Behandlung sei er "ruhiger geworden", könne besser mit Problemen umgehen, der Schlaf habe sich gebessert. Dr. B. hat als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, und eine leichtgradige anhaltende somatoforme Schmerzstörung angeführt. Differentialdiagnostisch sei am ehesten auch an eine Dysthymie zu denken. Der von der Psychiatrischen Klinik H. favorisierten Annahme einer posttraumatischen Störung schließe er sich nicht an. Bei der hiesigen Untersuchung sei eher der Eindruck entstanden, der Kläger leide unter seiner durch das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst in der Feuerwehr und durch die Erwerbslosigkeit erlebten Nutz- und Sinnlosigkeit, was seine depressive Störung deutlich verstärke. Die Kollegen der Klinik H. hätten den Kläger offensichtlich in einer wesentlich schlechteren Verfassung erlebt. Die überdeutliche, teils bereits skurril wirkende Aggravationsneigung habe doch einen ungünstigen Gesamteindruck vom Kläger hinterlassen, der diesem und seinen tatsächlichen Leiden vermutlich auch nicht gerecht werde. Man habe sich der Vermutung nicht erwehren können, dass die häusliche Situation, insbesondere das Erleben der Differenzen der finanziellen Bezüge und der in der Familiendynamik vermutlich vorliegenden Unterordnung des Klägers, den Hauptteil des Bodens für das depressive Bild ausmache und es sich bei den stationären Behandlungen auch zumindest teilweise um ein Vermeidungs- und Fluchtverhalten handele. Die Diagnosen stünden im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den von den Vorgutachtern und der ambulant behandelnden Nervenärzten gestellten Diagnosen (H. 2005, W. 2007, W. 2007). Die sich zeigenden Unterschiede im Schweregrad der depressiven Störungen seien durch den naturgemäß mit Schwankungen verbundenen Verlauf zu erklären. Der Kläger leide vorrangig an Schlafstörungen und den daraus resultierenden Konzentrationsstörungen sowie der ebenfalls als Folge zu betrachtenden Affektlabilität. Diese seien in der aktuellen Untersuchungssituation zwar eher gering ausgeprägt gewesen. Allerdings seien sie über die zurückliegenden stationären psychiatrischen Behandlungen gut dokumentiert und es könne davon ausgegangen werden, dass zum aktuellen Untersuchungszeitpunkt eine relativ blande Phase vorgelegen haben. In ausgestreckten Zeiten des vergangenen Jahres sei der Kläger aber offensichtlich so beeinträchtigt gewesen, dass er mit einer Unterbrechung 22 Wochen in stationärer Behandlung gewesen sei. Seine psychische Belastbarkeit sei auch nach der erfolgten Behandlung minimal und halte den an eine Erwerbstätigkeit geknüpften Anforderungen nicht stand. Bei diesen Gesundheitsstörungen sei jede regelmäßige Erwerbstätigkeit ausgeschlossen. Eine insgesamt fast halbjährige stationäre Behandlung könne natürlich Ergebnis eines Rentenbegehrens und fraglichen Vermeidungsverhalten sein. Damit wäre dann den H. Kollegen allerdings ein erheblicher Mangel an Fachlichkeit zu unterstellen. Insgesamt bestehe eine mangelnde Stabilität des Klägers, so dass auch bei den geringsten Belastungen mit erneuter Labilisierung und stationärer Behandlungsbedürftigkeit zu rechnen sei. Eine Überwindung der Störungen aus eigenem Willen sei nicht möglich. Sehe man von den Aggravationseffekten ab, seien die Leiden unabhängig vom Rentenverfahren. Die Gehfähigkeit und die Möglichkeit zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie auch eines Kfz lägen vor. Beim Kläger liege ein seit Jahren, bereits vor 2007, chronifiziertes Leiden vor.
Auf Anforderung des Sozialgerichts hat die H. Klinik H. die – vom Kläger bereits zur Begutachtung bei Dr. B. mitgeführte – Epikrise über die stationäre Behandlung des Klägers vom 23. September bis zum 16. November 2009 und den Bericht über die tagesklinische Behandlung vom 25. Januar bis zum 19. Februar 2010 übersandt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 17. August 2010 unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Der Kläger sei auch über den 30. April 2007 hinaus nur noch in der Lage, unter drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Die Kammer stütze sich dabei maßgeblich auf das Gutachten von Dr. B. vom 20. Dezember 2009. Dabei sei von Bedeutung, dass sich der Kläger im Verlauf der Jahre 2009 und 2010 sehr oft in tagesklinischer und auch in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden habe. Der Gutachter habe zwar mitgeteilt, dass während der Begutachtung deutliche Aggravationstendenzen aufgefallen seien. Weiterhin habe die Häufigkeit der Behandlungen im Verlauf des Gerichtsverfahrens vor dem Sozialgericht Halle nach Aktenlage zugenommen und Dr. W. habe den Kläger in ihrem Befundbericht vom 14. Januar 2008 für voll erwerbsfähig gehalten. Gleichwohl sei das Gericht mit dem Gutachter Dr. B. davon überzeugt, dass der Kläger vom Zeitpunkt der Antragstellung an voll erwerbsgemindert gewesen sei. Zwar sei es richtig, dass der Gutachter von einer gegenwärtig leichten Episode der Depression und am ehesten von einer Dysthymie ausgegangen sei. Nach den Epikrisen über die verschiedenen tagesklinischen und stationären Behandlungen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in H. sei jedoch durchgängig eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert worden. Auch Dr. W. habe in ihrem Befundbericht vom 14. Januar 2008 eine depressive Reaktion im Rahmen einer psychosozialen Stressreaktion mit somatischer Abfuhr intrapsychischer Spannung diagnostiziert. Das Gericht folge ferner dem Sachverständigen Dr. B. dahingehend, dass es sich bei dem Kläger um ein bereits vor dem Jahr 2007 bestehendes Leiden handele, das je nach dessen aktueller Verfassung unterschiedlich gewichtet worden sei. Der Kläger führe derzeit eine Psychotherapie durch, deren Erfolg abzuwarten sei. Da es nicht unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne, sei die Rente weiterhin nur befristet zu gewähren gewesen.
Gegen das ihr am 1. September 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. September 2010 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und geltend gemacht, es bestünden erhebliche Zweifel an der Schlüssigkeit des Begutachtungsergebnisses von Dr. B ... Ferner habe sich dieser nicht mit dem seinem Begutachtungsergebnis widersprechenden nervenärztlichen Gutachten von Dr. W. vom 18. April 2007 sowie dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G. vom 27. März 2008 inhaltlich auseinandergesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. August 2010 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Einen Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mache er nicht mehr geltend.
Die Beklagte hat den Antrag des Klägers vom 1. November 2010 auf Weiterbewilligung der Rente über den Dezember 2010 hinaus mit Bescheid vom 19. Januar 2011 abgelehnt und dem Senat die medizinischen Unterlagen dieses Verwaltungsverfahrens vorgelegt, u.a. Epikrisen der H. Klinik H. über stationäre Aufenthalte des Klägers vom 8. bis 12. April 2010 wegen eines Sulcus ulnaris-Syndroms (operative Versorgung mittels Neurolyse des Nervus ulnaris am rechten Ellenbogen am 9. April 2010 sowie Sulcuserweiterung), vom 14. bis zum 28. Oktober 2010 und vom 19. Mai bis zum 15. Juni 2010. Ausweislich der Epikrise vom 26. Juni 2010 über den letztgenannten Aufenthalt sei die Belastungsreaktion nach dem erlebten Suizid eines Mitpatienten rückläufig gewesen. Der Kläger hatte während des Aufenthaltes 8. bis zum 12. April 2010 unmittelbar miterlebt, wie sich ein Mitpatient aus der Tagesklinik in H. aus dem Fenster in den Tod gestürzt hatte.
In dem ebenfalls von der Beklagten vorgelegten Gutachten vom 7. Januar 2011 hat der Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie-Psychotherapie und Sozialmedizinische Gutachter Dr. S. berichtet, zu seinem Tagesablauf befragt habe der Kläger u.a. angegeben, vormittags Arzttermine wahrzunehmen, sich im Sommer im Schrebergarten aufzuhalten und im Winter mit dem Enkelkind zu beschäftigen sowie auch spazieren zu gehen. Bei der ambulanten Untersuchung am 7. Januar 2011 hätten sich sichere neurologische Störungen nicht nachweisen lassen. Aktuell bestehe eine noch nicht voll abgeheilte Operationsnarbe nach der im Jahr 2010 erfolgten Operation wegen eines Nervenkompressionssyndroms am rechten Ellenbogen mit Bewegungsbeeinträchtigung, die allerdings in der aktuellen Begutachtungssituation sehr überhöht dargestellt worden seien; auch andere Beeinträchtigungen seien zum Teil stark aggraviert worden. Die Beschwerdesituation seitens des Stütz- und Bewegungsapparates sei mit hoher Wahrscheinlichkeit nur zu einem Teil organisch begründbar, vielmehr spielten hier die erwähnten Somatisierungstendenzen eine wesentliche Rolle im Gesamtkomplex der psychischen Störung, die wiederum vor dem Hintergrund der veränderten Lebenssituation und des aus gutachterlicher Sicht wesentlich mit bedingter Rollensituation im Verlauf im familiären Bereich erklärbar werde. Der Kläger sei zweifellos weiterhin professionell behandlungsbedürftig. Die indizierte psychosomatisch orientierte Heilbehandlung dürfte aber vor dem Hintergrund des nicht abgeschlossenen Verfahrens und des bisherigen Verlaufes wenig erfolgversprechend sein.
Unter Berücksichtigung der Diagnosen – rezidivierende dysthym-depressive Störung mit Affektlabilität und beeinträchtigter Impulssteuerung sowie Somatisierungstendenzen und deutlichen Aggravationsmechanismen auf dem Boden einer etwas einfach strukturierten Persönlichkeit mit histrionischen Zügen und Rollenkonflikt im ehelichen Bereich sowie eingebrachter unterdurchschnittlicher intellektueller Leistungsfähigkeit, einer fraglichen posttraumatischen Störung, einem Bluthochdruck, medikamentös behandelt, und einem Diabetes mellitus Typ II – und der sonstigen angegebenen Aktivitäten des Tagesablaufes sei der Kläger durchaus in der Lage, leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne besonderen Zeit- oder Leistungsdruck, besondere Anforderungen an geistige Flexibilität und wesentlichen Publikumsverkehr mindestens sechs Stunden werktäglich zu verrichten. Im Wesentlichen ergebe sich vom klinischen Bild eine ähnliche Beurteilung wie im nervenärztlichen Gutachten im Klageverfahren von Dezember 2009, lediglich die sozialmedizinische Beurteilung sei abweichend; hier ergäben sich auch Ermessensspielräume der Gutachter. Im Ankreuzverfahren hat Dr. S. ferner die Fähigkeit des Klägers bejaht, mehr als 500 Meter innerhalb von 20 Minuten viermal täglich zurücklegen zu können. Es bestünden Zweifel an der in der psychiatrischen Klinik H. immer wieder aufgeführten Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung. Diese Diagnose scheine im Rahmen des Renten- und Klageverfahrens instrumentalisiert zu werden.
Der Senat hat ferner Befundberichte von Dr. W. vom 20. Januar 2011 und der Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie, Suchtmedizinische Grundversorgung Dipl.-Med. S. vom 7. Februar 2011 eingeholt. Dr. W. hat bei einer letztmaligen Konsultation des Klägers am 1. September 2009 eine Besserung des Gesundheitszustandes aufgezeigt. Dipl.-Med. S. hat als Diagnosen bei einer erstmaligen Behandlung des Klägers am 15. Januar 2010 eine rezidivierende schwere depressive Episode ohne psychotische Anteile sowie eine posttraumatische Belastungsstörung angegeben. Der Gesundheitszustand habe sich seit Mai 2010 anlässlich des miterlebten Suizids eines Mitpatienten verschlechtert.
Schließlich hat die Beklagte den Entlassungsbericht vom 9. März 2011 des E. Bad S. über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 9. Februar bis zum 2. März 2011 vorgelegt. Als Diagnosen werden eine Lumboischialgie rechts bei Bandscheibenextrusion LWK 5/ SWK 1 medial bis rechts mediolateral, ein Zustand nach Epicondylitis humeri radialis-Operation rechts November 2010, ein Zustand nach subacromialer Dekompression rechte Schulter 2003, ein Diabetes mellitus Typ 2, eine arterielle Hypertonie und Osteoporose aufgeführt. Der Kläger habe an drei verhaltenstherapeutisch orientierten Einzelinterventionen teilgenommen. Zum Ende der Gespräche habe er emotional stabil gewirkt. Eine fortführende Psychotherapie erscheine indiziert. Die Entlassung des Klägers sei arbeitsunfähig wegen aktivierter Beschwerden im rechten Ellenbogen bis zum Abklingen der Anwendungsreaktion in ca. einer Woche erfolgt. Eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sei vollschichtig möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer – zeitlich befristeten – Rente wegen voller Erwerbsminderung verurteilt. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2010 noch auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für diesen Zeitraum. Der insoweit ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Aus diesem Grunde war das Urteil des Sozialgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger war über den 30. April 2007 hinaus bis zum 31. Dezember 2010 weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger konnte über den 30. April 2007 hinaus bis zum 31. Dezember 2010 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Dabei geht der Senat von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger konnte zumindest körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Arbeiten mit ständiger Zwangshaltung für die Kniegelenke, wie Hocken oder Knien, und überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Bücken, häufigen Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starken Vibrationsbelastungen und häufige Überkopfarbeit konnte er nicht bewältigen. Arbeiten in Tages-/Früh- und Spätschicht, ohne besonderen Zeit- oder Leistungsdruck und mit gelegentlichem Publikumsverkehr waren zumutbar. Tätigkeiten in Wechsel- und Nachtschicht, mit starken Temperaturschwankungen, Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft und mit häufigem Treppen- und Leitersteigen waren ausgeschlossen. Der Kläger war Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen, mit geistig einfachen Anforderungen und geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gewachsen. Besondere Anforderungen an seine geistige Flexibilität und Umstellungsfähigkeit waren nicht zu stellen. Die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände war gegeben.
Der Senat stützt sich im Wesentlichen auf die schlüssigen und überzeugenden Feststellungen im Gutachten von Dr. S. vom 7. Januar 2011 sowie in den Entlassungsberichten des E. Bad S. vom 9. März 2011 und der Rehabilitationsklinik G. vom 27. März 2008. Die Feststellungen zum Leistungsbild werden insbesondere auch durch die Gutachten von Dr. W. vom 18. April 2007 und von Dipl.-Med. A. vom 5. September 2007 sowie durch die Befundberichte von Dr. W. vom 14. Januar 2008 und Dipl.-Med. D. vom 6. Februar 2008 gestützt.
Beim Kläger lagen auf orthopädischem Gebiet ein chronisch-rezidivierendes pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der LWS und der HWS mit muskulären Dysbalancen und degenerativen Veränderungen, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter mit Zustand nach subacromialer Dekompression der rechten Schulter am 29. Oktober 2003, eine chronische Epicondylitis humeri radialis beider Ellenbogengelenke mit einem Zustand nach Operation des rechten Ellenbogens wegen eines Nervenkompressionssyndrom am 9. April 2010 und eine Chondromalazie II. – IIII. Grades beider Kniegelenke rechts mehr als links und eine retropatellare Chondropathie bei femoropatellarer Dysbalance rechts vor. Im Bereich der Wirbelsäule bestanden im streitigen Zeitraum nur mäßiggradige Funktionseinschränkungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen. Ferner waren Belastungseinschränkungen beider Ellenbogengelenke mit Restbeschwerden rechts infolge der im April 2010 durchgeführten Operation sowie geringe Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter bei komplett durchführbarem Schürzen- und Nackengriff und Belastungseinschränkungen beider Knie zu verzeichnen. Die funktionellen Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates bedingten ein auf leichte körperliche Arbeiten reduziertes Leistungsvermögen des Klägers unter Vermeidung erheblicher Belastungen für das Skelettsystem (ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ständige Zwangshaltungen für die Kniegelenke, wie Hocken oder Knien, ohne häufiges Bücken, häufige Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starke Vibrationsbelastungen und häufige Überkopfarbeit).
Zudem litt der Kläger an einer rezidivierenden dysthym-depressiven Störung mit Affektlabilität und beeinträchtigter Impulssteuerung, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer Anpassungsstörung. Mit Ausnahme von Dr. B. haben sämtliche Gutachter und Ärzte der Rehabilitationseinrichtungen den Kläger für fähig erachtet, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die von diesem geklagte Schmerzsymptomatik konnte nur teilweise mit den organischen Befunden erklärt werden. Der Kläger zeigte bei sämtlichen Untersuchungen deutliche Aggravationsmechanismen auf dem Boden einer etwas einfach strukturierten Persönlichkeit mit histrionischen Zügen und einem Rollenkonflikt im ehelichen Bereich sowie eingebrachter unterdurchschnittlicher intellektueller Leistungsfähigkeit.
Soweit Dr. B. eine regelmäßige Tätigkeit des Klägers für ausgeschlossen erachtet hat, folgt der Senat dieser Beurteilung nicht. Schließlich hat der Gutachter auf der Grundlage der ambulanten Untersuchung bei ihm am 14. Dezember 2009 die gleichen Diagnosen wie auch Dr. W. und Dr. S. in ihren Gutachten angeführt. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen von Dr. B. diese Krankheiten in nur leichtgradigem Ausmaß vorgelegen haben. Er hat insoweit nur gering ausgeprägte Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie eine Affektlabilität des Klägers ohne wesentliche Beeinträchtigung beschrieben sowie ein deutliches Aggravationsverhalten des Klägers bei Vorliegen eines Rentenbegehrens und eines Vermeidungsverhaltens aufgezeigt. Die Leistungseinschätzung von Dr. B. begegnet bereits auch deshalb Bedenken, als er als Grund für die mangelnde Belastbarkeit des Klägers eine 22-wöchige stationäre Behandlung im Jahr 2009 angegeben hat. Dies ist unzutreffend. Vielmehr war der Kläger im Jahr 2009 zweimal sechs Wochen – vom 16. April bis zum 4. Juni 2009 und vom 23. September bis zum 16. November 2009 – in stationärer Behandlung und vier Wochen – vom 4. Juni bis zum 2. Juli 2009 – in tagesklinischer Behandlung. Der Gutachter hat zudem selbst die langen Krankenhausaufenthalte teilweise mit einem Vermeidungs- und Fluchtverhalten des Klägers begründet, der den häuslichen Problemen entfliehen wollte, sowie als Ausdruck eines Rentenbegehren diskutiert und nicht ausschließlich auf die Schwere der Erkrankung des Klägers und die Notwendigkeit von stationären psychotherapeutischen Maßnahmen zurückgeführt. Ferner hat er ausdrücklich bestätigt, dass durch die stationären und tagesklinischen Behandlungen eine Stabilisierung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten ist, so dass am 14. Dezember 2009 keine wesentlichen psychiatrischen Beeinträchtigungen nachweisbar gewesen sind. Gleichwohl – ohne dies aufgrund der Untersuchungsergebnisse und der erhobenen Befunde hinreichend belegen zu können – hat Dr. B. eingeschätzt, dass die psychische Belastbarkeit des Klägers minimal sei und den an einer Erwerbstätigkeit geknüpften Anforderungen nicht standhalte. Allein die Tatsache, dass der Kläger zwölf Wochen im Jahr 2009 in stationärer bzw. vier Wochen in tagesklinischer Behandlung gewesen ist – und dann auch später im Jahr 2010 wieder stationär und tagesklinisch psychotherapeutisch behandelt wurde –, belegt kein aufgehobenes Leistungsvermögen. Schließlich ist der Kläger jeweils in einem sehr gut stabilisierten Zustand entlassen worden. Auch Dr. W. hat in ihrem Befundbericht vom 20. Januar 2011 eine positive Tendenz der psychischen Erkrankung mit einer weiteren Stabilisierung des Klägers am 1. September 2009, also noch vor der tagesklinischen Behandlung aufgezeigt. Zudem wird von den Ärzten übereinstimmend eine Behandlungsbedürftigkeit des Kläger in psychotherapeutischer Hinsicht gesehen, wobei vor dem Hintergrund des noch nicht abgeschlossenen Streitverfahrens der Erfolg entsprechender Maßnahmen als eher gering einzuschätzen sein dürfte.
Für den Senat ist ferner die von Dr. H. unter dem 16. Januar 2008 angegebene Leistungseinschätzung eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens nicht nachvollziehbar, da er keine entsprechende medizinische Begründung angeführt hat. Die oben angeführten medizinischen Befunde – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Erkrankungen des Klägers – seit dem Ende des Rentenbezugs am 30. April 2007 belegen ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen. Im Übrigen könnte in Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger wegen Arbeitslosigkeit und Krankheit langjährig nicht gearbeitet hat, bei Aufnahme einer leidensgerechten Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Möglichkeit einer schrittweisen Wiedereingliederung in Betracht gezogen werden.
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren medizinischen Ermittlungen gesehen. Der Gesundheitszustand des Klägers hat sich zwar nach Auskunft von Dipl.-Med. S. im Mai 2010 verschlechtert. Allerdings war ausweislich der Epikrise der H. Klinik vom 26. Juni 2010 die Belastungsreaktion des Klägers nach dem erlebten Suizid rückläufig. Im Übrigen belegt das Gutachten von Dr. S. nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 7. Januar 2011 keine rentenrelevante Verschlechtung. Vielmehr hat Dr. S. auf eine ähnliche klinische Befundlage wie Dr. B. verwiesen.
Ferner bestanden beim Kläger eine Osteoporose, ein Diabetes mellitus Typ 2 und eine arterielle Hypertonie, beides medikamentös gut geführt, sowie eine Adipositas; diese Erkrankungen bedingen keine weiteren qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen.
Schließlich lag eine durch ein Hörgerät kompensierte Hörminderung beidseits vor.
Bei dem Kläger bestanden im strittigen Zeitraum auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reichte vielmehr noch für mindestens leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.).
Auch lag im Falle des Klägers im oben genannten Zeitraum kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr.10). Sämtliche im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehörten Gutachter haben die Fähigkeit des Klägers bejaht, viermal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß zurückzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen für die Weitergewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. April 2007 hinaus bis zum 31. Dezember 2010 nach dem Sechsten Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI).
Der am ... 1953 geborene Kläger durchlief nach dem Abschluss der 8. Schulklasse von September 1968 bis Juli 1970 eine Ausbildung zum Fluchtenmaurer. Er arbeitete anschließend von September 1970 bis Mai 1972 und wieder, nach Ableistung seines Grundwehrdienstes bei der NVA, von November 1973 bis Dezember 1978 als Maurer und von Januar 1979 bis April 1997 als Betriebshandwerker, Heizer, Kraftfahrer und zuletzt als Posttechniker. Er war anschließend arbeitslos, nahm von Mai 1999 bis Januar 2000 an einem Lehrgang "Fachqualifikation für Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten im Baugewerbe" teil und war von September 2000 bis Februar 2001 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit landschaftspflegerischen Arbeiten beschäftigt. Vom 17. Juni bis zum 30. September 2002 war er bei der RVB Renovierungs-, Verwaltungs-, BetriebsGmbH in D./H. beschäftigt; ausweislich des Arbeitsvertrages vom 6. Juni 2002 verrichtete er "Tätigkeiten im Bereich der Hausmeistertätigkeit". Zuletzt war der Kläger vom 21. Oktober 2002 befristet bis zum 7. November 2002 als Gabelstapler beschäftigt. Er bezog dann Leistungen der Arbeitsverwaltung bzw. Krankengeld. Er war von 1967 bis 2003 aktives Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, danach – aus gesundheitlichen Gründen – nur noch Ehrenmitglied.
Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 anerkannt.
Der Kläger stellte am 30. September 2003 einen Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (LVA), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, zog zunächst den Entlassungsbericht der T. Fachklinik über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 14. Mai bis zum 4. Juni 2003 bei. Danach erlaube das körperliche Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit in möglichst wechselnder Arbeitshaltung, unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie von Zwangshaltungen und Stauchungen der Wirbelsäule sechs Stunden und mehr täglich. In seinem letzten Beruf als Hausmeister mit schwerer körperlicher Tätigkeit könne der Kläger nicht weiter tätig sein. Nach Einholung eines Befundberichts des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 1. Oktober 2003 lehnte die LVA den Rentenantrag mit Bescheid vom 20. November 2003 ab. Nach Vorlage einer Epikrise des Krankenhauses A. R. GmbH über die stationäre Behandlung des Klägers vom 28. Oktober bis zum 5. November 2003 mit Arthroskopie der rechten Schulter und subacromialer Dekompression am 29. Oktober 2003 wies die LVA mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2004 den Widerspruch als unbegründet zurück.
In dem sich anschließenden Klageverfahren S 3 RJ 125/04 ließ das Sozialgericht Halle nach Einholung von Befundberichten die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. das Gutachten vom 17. Oktober 2005 erstatten. Diese führte als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Impingementsyndrom der rechten Schulter, Thorakalsyndrom, Gonarthrose und Schulter-Arm-Syndrom an. Der Kläger sei in der Lage, nur noch körperlich leichte Arbeiten weniger als drei Stunden täglich zu verrichten. Das zeitliche Leistungsvermögen werde durch die depressive Symptomatik und die Wechselwirkungen zwischen depressiver Symptomatik und Schmerzsymptomatik limitiert. Die Beteiligten erklärten das Klageverfahren übereinstimmend für erledigt und die Beklagte bewilligte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. November 2004 bis zum 30. April 2007 (Bescheid vom 2. Februar 2006).
Auf den Weitergewährungsantrag des Klägers vom 5. Januar 2007 holte die Beklagte zunächst einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 6. Februar 2007 ein und veranlasste sodann eine Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Jugend- und Kinderpsychiater, Beratenden Arzt des Sozialpsychiatrischen Dienstes Dr. W. vom 18. April 2007. Dieser führte auf Grund einer ambulanten Untersuchung des Klägers an demselben Tag als Diagnosen eine Anpassungsstörung mit leichtgradigen depressiven Veränderungen, eine leichtgradige anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine alimentäre Adipositas, eine arterielle Hypertonie, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter, den Verdacht auf Bandscheibenschaden im Lendenwirbelsäulen (LWS)-Bereich und ein Zervikobrachialsyndrom rechts ohne neurologische Ausfälle an. Die depressiven Symptome seien gegenwärtig nur noch abortiv vorhanden. An der Diagnose der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung werde festgehalten, weil eindeutig eine Wechselbeziehung zwischen psychischem Befinden im Allgemeinen und bestehender Schmerzregistrierung bestehe. Insgesamt ergebe sich aus neurologisch-psychiatrischer Sicht kein Hinweis für eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, wenngleich der Kläger bei Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit für seine frühere Tätigkeit als Maurer und Hausmeister nicht mehr einsetzbar sei. Die nach Rangordnung des Klägers vordergründigen orthopädischen Beschwerden sollten orthopädisch begutachtet und beurteilt werden. Ferner gab Dr. W. im Ankreuzverfahren an, der Kläger könne eine Wegstrecke mehr als 500 Metern innerhalb von 20 Minuten viermal täglich zurücklegen.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf wiederholte Gewährung der Rente über den Monat April 2007 hinaus ab, weil über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Auf den Widerspruch des Klägers vom 22. Mai 2007 holte sie Befundberichte von dem Facharzt für Chirurgie Dipl.-Med. D. vom 23. Juni 2007, von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. F. vom 24. Juni 2007 und von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 24. Juli 2007 ein und ließ dann den Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. A. das Gutachten vom 5. September 2007 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 4. September 2007 erstatten. Dieser führte folgende Diagnosen an:
Funktions- und Belastungseinschränkung der rechten Schulter nach Schulter-OP 2004 bei Impingementsyndrom (muss heißen 2003) – leicht.
Funktions- und Belastungseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) bei beginnenden degenerativen Veränderungen – leicht.
Belastungseinschränkung beider Ellenbogengelenke bei chronischer Epicondylitis humeri radialis und ulnaris, links Z. n. OP – leicht.
Belastungseinschränkung der LWS bei degenerativen Veränderungen – leicht
Belastungseinschränkung beider Kniegelenke bei beginnenden degenerativen Veränderungen – leicht.
Osteopenie.
Die klinische Untersuchung habe keine schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen am gesamten Stütz- und Bewegungsapparat ergeben. Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der LWS sei mittels einer Magnetresonanztomograpfie (MRT) im Juli 2007 ausgeschlossen worden. Die Knochendichte sei zwar vermindert, aber zurzeit nicht behandlungsbedürftig. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Sitzen mit Unterbrechung oder im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten mit schwerem Heben und Tragen von Lasten – Einzelhebebelastung 10 kg, Dauerhebebelastung 3-5 kg –, ständigem Stehen und ständiger Wirbelsäulenzwangshaltung (Bücken, Oberkörpervorbeuge, Überkopfarbeiten), einer Stauchung und Vibration der Wirbelsäule, Absturzgefahr (auf Leitern und Gerüsten) und mit Hocken, Knien sowie gehäuftem Treppensteigen. Die Gehstrecke sei nicht auf unter 500 Meter eingeschränkt. Dipl.-Med. A. fügte seinem Gutachten einen MRT-Befund der LWS vom 26. Juli 2007 und des Kniegelenkes rechts vom 27. Juli 2007 bei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Beim Kläger bestehe ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr täglich für leichte Arbeiten ohne häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken und Knien, häufige Zwangshaltungen, häufiges Klettern und Steigen, erhöhte Unfallgefahr (z.B. Absturzgefahr) sowie Stauchungen und Vibrationsbelastungen der Wirbelsäule. Berufsunfähigkeit sei auch nicht gegeben. Mit seinem Hauptberuf als Hausmeister bzw. Staplerfahrer sei der Kläger in die Gruppe der unteren Angelernten einzustufen. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen qualitativen Leistungseinschränkungen sei er auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 27. November 2007 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage gewandt und weiterhin den Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. April 2007 hinaus bzw. auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung geltend gemacht. Das Sozialgericht hat zunächst Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Dr. W. hat unter dem 14. Januar 2008 als Diagnose eine depressive Reaktion im Rahmen einer psychosozialen Stressreaktion mit somatischer Abfuhr intrapsychischer Spannung mitgeteilt. Das Befinden sei seit Mai 2007 unverändert mit leicht geminderter Stimmungs- und Antriebslage, subjektiv erhöhter Reizbarkeit, Stressintoleranz und subjektivem Stresserleben. Der Kläger sei für leichte körperliche Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen für ca. sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Dipl.-Med. F. hat unter dem 15. Januar 2008 aufgezeigt, die Hypertonie und der Diabetes mellitus seien gut geführt; insoweit bestehe eine Befundkonstanz. Dr. H. hat unter dem 16. Januar 2008 auf seit Mai 2007 unveränderte Beschwerden in Form von degenerativ bedingten Funktionseinschränkungen verwiesen. Der Kläger sei aufgrund der Polymorbidität und auch der zwischenzeitlichen Berentung nicht mehr in der Lage, durchgehend sechs Stunden zu arbeiten. Aus seiner Sicht bestehe Arbeitsfähigkeit mit qualitativen Einschränkungen unter sechs Stunden täglich. Dipl.-Med. D. hat unter dem 6. Februar 2008 die Fähigkeit des Klägers bejaht, noch leichte Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten zu können. Änderungen im Gesundheitszustand seien nicht eingetreten.
Nach einer weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 4. Februar bis zum 13. März 2008 in der Rehabilitationsklinik G. sind in dem entsprechenden Entlassungsbericht vom 27. März 2008 folgende Diagnosen berücksichtigt:
Chronisch-rezidivierendes pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der LWS beidseits mit muskulären Dysbalancen und degenerativen Veränderungen.
Chronisch-rezidivierendes pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule (HWS) beidseits mit muskulären Dysbalancen.
Anpassungsstörung.
Psychische Einflussfaktoren.
Osteoporose (T-Score LWS – 2,0 2007).
Schmerzhafte Funktionsstörung linkes Ellenbogengelenk bei Epicondylosis lateralis und klinischen Zeichen einer Arthrose.
Schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes bei Zustand nach subacromialer Dekompression 29. Oktober 2003.
Schmerzhafte Belastungs- und Bewegungsstörung beider Kniegelenke rechts mehr als links bei vorbekannter Chondromalazie II. – IIII. Grades in beiden Kompartimenten und retropatellarer Chondropathie bei femoropatellarer Dysbalance rechts; vorbekannte medial betonte initiale Gonarthrose links.
Arterieller Hypertonus (medikamentös kompensiert).
Diabetes mellitus Typ 2 (diätetisch).
Adipositas (BMI 33,1).
Hypertriglyceridämie.
Schwerhörigkeit rechts mit Hörgerät versorgt.
Der psychische Befund habe eine intakte Mnestik und eine subjektiv eingeschränkte Konzentration ergeben. Der Kläger leide unter psychisch überlagerten Schmerzen, die durch die soziale Situation sowie finanzielle und familiäre Probleme weiter verstärkt würden. Es bestehe eine Neigung zur Aggravation. Ein psychosomatisches Krankheitsverständnis sei vorhanden. Aus psychologischer Sicht bestünden keine quantitativen oder qualitativen Leistungseinschränkungen hinsichtlich des berufsbezogenen Leistungsbildes. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in allen Schichtdienstformen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Bücken, häufiger Überkopfarbeit, häufigen Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starken Vibrationsbelastungen, starken Temperaturschwankungen, Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft seien nicht mehr zumutbar. Insbesondere sollten Bewegungen unter Belastung, die mit gleichzeitiger Rumpfbeugung und Rumpfdrehung einhergingen, sowie plötzliche und stoßhaltige Bewegungen bei Beschleunigung und plötzlichen Abbremsungen gemieden werden. Generell sei die länger dauernde Einwirkung von Ganzkörperschwingungen auf die Wirbelsäule des Klägers, vor allem bei stochastischen Schwingungen, nicht zumutbar. Arbeiten mit häufigem Treppen- und Leitersteigen und ständigen Zwangshaltungen für die Kniegelenke, wie Hocken oder Knien, könne der Kläger nicht mehr bewältigen.
In dem sodann eingeholten Befundbericht des Facharztes für HNO-Heilkunde, Allergologie Dr. S. vom 28. Januar 2009 wird aufgrund einer einmaligen Vorstellung des Klägers am 26. November 2008 ein Cerumen obturans beidseits (Ohrenschmalzpfropf) bei einem restlichen unauffälligen HNO-Befund mitgeteilt; der Kläger sei Hörgeräteträger.
Der Kläger hat sodann den Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der H. Klinik H. vom 16. Juli 2009 über seine stationäre Behandlung vom 16. April bis zum 4. Juni 2009 und die sich daran anschließende tagesklinische Behandlung vom 4. Juni bis zum 2. Juli 2009 wegen einer bestehenden mittelgradigen depressiven Episode bei bekannten rezidivierenden depressiven Störungen vorgelegt. Danach sei er in einem psychisch sehr gut stabilisierten Zustand entlassen worden. Eine ambulante Traumatherapie wegen der Einsätze bei der Feuerwehr sei empfohlen worden.
Das Sozialgericht hat sodann den Facharzt für Psychiatrie und Leitenden Arzt des Therapiehofes S. Dr. B. das Gutachten vom 20. Dezember 2009 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 14. Dezember 2009 erstatten lassen. Ihm gegenüber habe der Kläger angegeben, viel im Garten zu sein. Als Mitglied des Vorstandes des Kleingartenvereins sei er verantwortlich für Ordnung und Sauberkeit. Seit der letzten stationären Behandlung sei er "ruhiger geworden", könne besser mit Problemen umgehen, der Schlaf habe sich gebessert. Dr. B. hat als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, und eine leichtgradige anhaltende somatoforme Schmerzstörung angeführt. Differentialdiagnostisch sei am ehesten auch an eine Dysthymie zu denken. Der von der Psychiatrischen Klinik H. favorisierten Annahme einer posttraumatischen Störung schließe er sich nicht an. Bei der hiesigen Untersuchung sei eher der Eindruck entstanden, der Kläger leide unter seiner durch das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst in der Feuerwehr und durch die Erwerbslosigkeit erlebten Nutz- und Sinnlosigkeit, was seine depressive Störung deutlich verstärke. Die Kollegen der Klinik H. hätten den Kläger offensichtlich in einer wesentlich schlechteren Verfassung erlebt. Die überdeutliche, teils bereits skurril wirkende Aggravationsneigung habe doch einen ungünstigen Gesamteindruck vom Kläger hinterlassen, der diesem und seinen tatsächlichen Leiden vermutlich auch nicht gerecht werde. Man habe sich der Vermutung nicht erwehren können, dass die häusliche Situation, insbesondere das Erleben der Differenzen der finanziellen Bezüge und der in der Familiendynamik vermutlich vorliegenden Unterordnung des Klägers, den Hauptteil des Bodens für das depressive Bild ausmache und es sich bei den stationären Behandlungen auch zumindest teilweise um ein Vermeidungs- und Fluchtverhalten handele. Die Diagnosen stünden im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den von den Vorgutachtern und der ambulant behandelnden Nervenärzten gestellten Diagnosen (H. 2005, W. 2007, W. 2007). Die sich zeigenden Unterschiede im Schweregrad der depressiven Störungen seien durch den naturgemäß mit Schwankungen verbundenen Verlauf zu erklären. Der Kläger leide vorrangig an Schlafstörungen und den daraus resultierenden Konzentrationsstörungen sowie der ebenfalls als Folge zu betrachtenden Affektlabilität. Diese seien in der aktuellen Untersuchungssituation zwar eher gering ausgeprägt gewesen. Allerdings seien sie über die zurückliegenden stationären psychiatrischen Behandlungen gut dokumentiert und es könne davon ausgegangen werden, dass zum aktuellen Untersuchungszeitpunkt eine relativ blande Phase vorgelegen haben. In ausgestreckten Zeiten des vergangenen Jahres sei der Kläger aber offensichtlich so beeinträchtigt gewesen, dass er mit einer Unterbrechung 22 Wochen in stationärer Behandlung gewesen sei. Seine psychische Belastbarkeit sei auch nach der erfolgten Behandlung minimal und halte den an eine Erwerbstätigkeit geknüpften Anforderungen nicht stand. Bei diesen Gesundheitsstörungen sei jede regelmäßige Erwerbstätigkeit ausgeschlossen. Eine insgesamt fast halbjährige stationäre Behandlung könne natürlich Ergebnis eines Rentenbegehrens und fraglichen Vermeidungsverhalten sein. Damit wäre dann den H. Kollegen allerdings ein erheblicher Mangel an Fachlichkeit zu unterstellen. Insgesamt bestehe eine mangelnde Stabilität des Klägers, so dass auch bei den geringsten Belastungen mit erneuter Labilisierung und stationärer Behandlungsbedürftigkeit zu rechnen sei. Eine Überwindung der Störungen aus eigenem Willen sei nicht möglich. Sehe man von den Aggravationseffekten ab, seien die Leiden unabhängig vom Rentenverfahren. Die Gehfähigkeit und die Möglichkeit zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie auch eines Kfz lägen vor. Beim Kläger liege ein seit Jahren, bereits vor 2007, chronifiziertes Leiden vor.
Auf Anforderung des Sozialgerichts hat die H. Klinik H. die – vom Kläger bereits zur Begutachtung bei Dr. B. mitgeführte – Epikrise über die stationäre Behandlung des Klägers vom 23. September bis zum 16. November 2009 und den Bericht über die tagesklinische Behandlung vom 25. Januar bis zum 19. Februar 2010 übersandt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 17. August 2010 unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Der Kläger sei auch über den 30. April 2007 hinaus nur noch in der Lage, unter drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Die Kammer stütze sich dabei maßgeblich auf das Gutachten von Dr. B. vom 20. Dezember 2009. Dabei sei von Bedeutung, dass sich der Kläger im Verlauf der Jahre 2009 und 2010 sehr oft in tagesklinischer und auch in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden habe. Der Gutachter habe zwar mitgeteilt, dass während der Begutachtung deutliche Aggravationstendenzen aufgefallen seien. Weiterhin habe die Häufigkeit der Behandlungen im Verlauf des Gerichtsverfahrens vor dem Sozialgericht Halle nach Aktenlage zugenommen und Dr. W. habe den Kläger in ihrem Befundbericht vom 14. Januar 2008 für voll erwerbsfähig gehalten. Gleichwohl sei das Gericht mit dem Gutachter Dr. B. davon überzeugt, dass der Kläger vom Zeitpunkt der Antragstellung an voll erwerbsgemindert gewesen sei. Zwar sei es richtig, dass der Gutachter von einer gegenwärtig leichten Episode der Depression und am ehesten von einer Dysthymie ausgegangen sei. Nach den Epikrisen über die verschiedenen tagesklinischen und stationären Behandlungen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in H. sei jedoch durchgängig eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert worden. Auch Dr. W. habe in ihrem Befundbericht vom 14. Januar 2008 eine depressive Reaktion im Rahmen einer psychosozialen Stressreaktion mit somatischer Abfuhr intrapsychischer Spannung diagnostiziert. Das Gericht folge ferner dem Sachverständigen Dr. B. dahingehend, dass es sich bei dem Kläger um ein bereits vor dem Jahr 2007 bestehendes Leiden handele, das je nach dessen aktueller Verfassung unterschiedlich gewichtet worden sei. Der Kläger führe derzeit eine Psychotherapie durch, deren Erfolg abzuwarten sei. Da es nicht unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne, sei die Rente weiterhin nur befristet zu gewähren gewesen.
Gegen das ihr am 1. September 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24. September 2010 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und geltend gemacht, es bestünden erhebliche Zweifel an der Schlüssigkeit des Begutachtungsergebnisses von Dr. B ... Ferner habe sich dieser nicht mit dem seinem Begutachtungsergebnis widersprechenden nervenärztlichen Gutachten von Dr. W. vom 18. April 2007 sowie dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G. vom 27. März 2008 inhaltlich auseinandergesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. August 2010 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Einen Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mache er nicht mehr geltend.
Die Beklagte hat den Antrag des Klägers vom 1. November 2010 auf Weiterbewilligung der Rente über den Dezember 2010 hinaus mit Bescheid vom 19. Januar 2011 abgelehnt und dem Senat die medizinischen Unterlagen dieses Verwaltungsverfahrens vorgelegt, u.a. Epikrisen der H. Klinik H. über stationäre Aufenthalte des Klägers vom 8. bis 12. April 2010 wegen eines Sulcus ulnaris-Syndroms (operative Versorgung mittels Neurolyse des Nervus ulnaris am rechten Ellenbogen am 9. April 2010 sowie Sulcuserweiterung), vom 14. bis zum 28. Oktober 2010 und vom 19. Mai bis zum 15. Juni 2010. Ausweislich der Epikrise vom 26. Juni 2010 über den letztgenannten Aufenthalt sei die Belastungsreaktion nach dem erlebten Suizid eines Mitpatienten rückläufig gewesen. Der Kläger hatte während des Aufenthaltes 8. bis zum 12. April 2010 unmittelbar miterlebt, wie sich ein Mitpatient aus der Tagesklinik in H. aus dem Fenster in den Tod gestürzt hatte.
In dem ebenfalls von der Beklagten vorgelegten Gutachten vom 7. Januar 2011 hat der Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie-Psychotherapie und Sozialmedizinische Gutachter Dr. S. berichtet, zu seinem Tagesablauf befragt habe der Kläger u.a. angegeben, vormittags Arzttermine wahrzunehmen, sich im Sommer im Schrebergarten aufzuhalten und im Winter mit dem Enkelkind zu beschäftigen sowie auch spazieren zu gehen. Bei der ambulanten Untersuchung am 7. Januar 2011 hätten sich sichere neurologische Störungen nicht nachweisen lassen. Aktuell bestehe eine noch nicht voll abgeheilte Operationsnarbe nach der im Jahr 2010 erfolgten Operation wegen eines Nervenkompressionssyndroms am rechten Ellenbogen mit Bewegungsbeeinträchtigung, die allerdings in der aktuellen Begutachtungssituation sehr überhöht dargestellt worden seien; auch andere Beeinträchtigungen seien zum Teil stark aggraviert worden. Die Beschwerdesituation seitens des Stütz- und Bewegungsapparates sei mit hoher Wahrscheinlichkeit nur zu einem Teil organisch begründbar, vielmehr spielten hier die erwähnten Somatisierungstendenzen eine wesentliche Rolle im Gesamtkomplex der psychischen Störung, die wiederum vor dem Hintergrund der veränderten Lebenssituation und des aus gutachterlicher Sicht wesentlich mit bedingter Rollensituation im Verlauf im familiären Bereich erklärbar werde. Der Kläger sei zweifellos weiterhin professionell behandlungsbedürftig. Die indizierte psychosomatisch orientierte Heilbehandlung dürfte aber vor dem Hintergrund des nicht abgeschlossenen Verfahrens und des bisherigen Verlaufes wenig erfolgversprechend sein.
Unter Berücksichtigung der Diagnosen – rezidivierende dysthym-depressive Störung mit Affektlabilität und beeinträchtigter Impulssteuerung sowie Somatisierungstendenzen und deutlichen Aggravationsmechanismen auf dem Boden einer etwas einfach strukturierten Persönlichkeit mit histrionischen Zügen und Rollenkonflikt im ehelichen Bereich sowie eingebrachter unterdurchschnittlicher intellektueller Leistungsfähigkeit, einer fraglichen posttraumatischen Störung, einem Bluthochdruck, medikamentös behandelt, und einem Diabetes mellitus Typ II – und der sonstigen angegebenen Aktivitäten des Tagesablaufes sei der Kläger durchaus in der Lage, leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne besonderen Zeit- oder Leistungsdruck, besondere Anforderungen an geistige Flexibilität und wesentlichen Publikumsverkehr mindestens sechs Stunden werktäglich zu verrichten. Im Wesentlichen ergebe sich vom klinischen Bild eine ähnliche Beurteilung wie im nervenärztlichen Gutachten im Klageverfahren von Dezember 2009, lediglich die sozialmedizinische Beurteilung sei abweichend; hier ergäben sich auch Ermessensspielräume der Gutachter. Im Ankreuzverfahren hat Dr. S. ferner die Fähigkeit des Klägers bejaht, mehr als 500 Meter innerhalb von 20 Minuten viermal täglich zurücklegen zu können. Es bestünden Zweifel an der in der psychiatrischen Klinik H. immer wieder aufgeführten Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung. Diese Diagnose scheine im Rahmen des Renten- und Klageverfahrens instrumentalisiert zu werden.
Der Senat hat ferner Befundberichte von Dr. W. vom 20. Januar 2011 und der Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie, Suchtmedizinische Grundversorgung Dipl.-Med. S. vom 7. Februar 2011 eingeholt. Dr. W. hat bei einer letztmaligen Konsultation des Klägers am 1. September 2009 eine Besserung des Gesundheitszustandes aufgezeigt. Dipl.-Med. S. hat als Diagnosen bei einer erstmaligen Behandlung des Klägers am 15. Januar 2010 eine rezidivierende schwere depressive Episode ohne psychotische Anteile sowie eine posttraumatische Belastungsstörung angegeben. Der Gesundheitszustand habe sich seit Mai 2010 anlässlich des miterlebten Suizids eines Mitpatienten verschlechtert.
Schließlich hat die Beklagte den Entlassungsbericht vom 9. März 2011 des E. Bad S. über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 9. Februar bis zum 2. März 2011 vorgelegt. Als Diagnosen werden eine Lumboischialgie rechts bei Bandscheibenextrusion LWK 5/ SWK 1 medial bis rechts mediolateral, ein Zustand nach Epicondylitis humeri radialis-Operation rechts November 2010, ein Zustand nach subacromialer Dekompression rechte Schulter 2003, ein Diabetes mellitus Typ 2, eine arterielle Hypertonie und Osteoporose aufgeführt. Der Kläger habe an drei verhaltenstherapeutisch orientierten Einzelinterventionen teilgenommen. Zum Ende der Gespräche habe er emotional stabil gewirkt. Eine fortführende Psychotherapie erscheine indiziert. Die Entlassung des Klägers sei arbeitsunfähig wegen aktivierter Beschwerden im rechten Ellenbogen bis zum Abklingen der Anwendungsreaktion in ca. einer Woche erfolgt. Eine leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sei vollschichtig möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer – zeitlich befristeten – Rente wegen voller Erwerbsminderung verurteilt. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2010 noch auf Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für diesen Zeitraum. Der insoweit ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Aus diesem Grunde war das Urteil des Sozialgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der Kläger war über den 30. April 2007 hinaus bis zum 31. Dezember 2010 weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger konnte über den 30. April 2007 hinaus bis zum 31. Dezember 2010 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Dabei geht der Senat von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger konnte zumindest körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Arbeiten mit ständiger Zwangshaltung für die Kniegelenke, wie Hocken oder Knien, und überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Bücken, häufigen Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starken Vibrationsbelastungen und häufige Überkopfarbeit konnte er nicht bewältigen. Arbeiten in Tages-/Früh- und Spätschicht, ohne besonderen Zeit- oder Leistungsdruck und mit gelegentlichem Publikumsverkehr waren zumutbar. Tätigkeiten in Wechsel- und Nachtschicht, mit starken Temperaturschwankungen, Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft und mit häufigem Treppen- und Leitersteigen waren ausgeschlossen. Der Kläger war Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen, mit geistig einfachen Anforderungen und geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gewachsen. Besondere Anforderungen an seine geistige Flexibilität und Umstellungsfähigkeit waren nicht zu stellen. Die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände war gegeben.
Der Senat stützt sich im Wesentlichen auf die schlüssigen und überzeugenden Feststellungen im Gutachten von Dr. S. vom 7. Januar 2011 sowie in den Entlassungsberichten des E. Bad S. vom 9. März 2011 und der Rehabilitationsklinik G. vom 27. März 2008. Die Feststellungen zum Leistungsbild werden insbesondere auch durch die Gutachten von Dr. W. vom 18. April 2007 und von Dipl.-Med. A. vom 5. September 2007 sowie durch die Befundberichte von Dr. W. vom 14. Januar 2008 und Dipl.-Med. D. vom 6. Februar 2008 gestützt.
Beim Kläger lagen auf orthopädischem Gebiet ein chronisch-rezidivierendes pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der LWS und der HWS mit muskulären Dysbalancen und degenerativen Veränderungen, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter mit Zustand nach subacromialer Dekompression der rechten Schulter am 29. Oktober 2003, eine chronische Epicondylitis humeri radialis beider Ellenbogengelenke mit einem Zustand nach Operation des rechten Ellenbogens wegen eines Nervenkompressionssyndrom am 9. April 2010 und eine Chondromalazie II. – IIII. Grades beider Kniegelenke rechts mehr als links und eine retropatellare Chondropathie bei femoropatellarer Dysbalance rechts vor. Im Bereich der Wirbelsäule bestanden im streitigen Zeitraum nur mäßiggradige Funktionseinschränkungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen. Ferner waren Belastungseinschränkungen beider Ellenbogengelenke mit Restbeschwerden rechts infolge der im April 2010 durchgeführten Operation sowie geringe Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter bei komplett durchführbarem Schürzen- und Nackengriff und Belastungseinschränkungen beider Knie zu verzeichnen. Die funktionellen Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates bedingten ein auf leichte körperliche Arbeiten reduziertes Leistungsvermögen des Klägers unter Vermeidung erheblicher Belastungen für das Skelettsystem (ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ständige Zwangshaltungen für die Kniegelenke, wie Hocken oder Knien, ohne häufiges Bücken, häufige Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starke Vibrationsbelastungen und häufige Überkopfarbeit).
Zudem litt der Kläger an einer rezidivierenden dysthym-depressiven Störung mit Affektlabilität und beeinträchtigter Impulssteuerung, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer Anpassungsstörung. Mit Ausnahme von Dr. B. haben sämtliche Gutachter und Ärzte der Rehabilitationseinrichtungen den Kläger für fähig erachtet, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die von diesem geklagte Schmerzsymptomatik konnte nur teilweise mit den organischen Befunden erklärt werden. Der Kläger zeigte bei sämtlichen Untersuchungen deutliche Aggravationsmechanismen auf dem Boden einer etwas einfach strukturierten Persönlichkeit mit histrionischen Zügen und einem Rollenkonflikt im ehelichen Bereich sowie eingebrachter unterdurchschnittlicher intellektueller Leistungsfähigkeit.
Soweit Dr. B. eine regelmäßige Tätigkeit des Klägers für ausgeschlossen erachtet hat, folgt der Senat dieser Beurteilung nicht. Schließlich hat der Gutachter auf der Grundlage der ambulanten Untersuchung bei ihm am 14. Dezember 2009 die gleichen Diagnosen wie auch Dr. W. und Dr. S. in ihren Gutachten angeführt. Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen von Dr. B. diese Krankheiten in nur leichtgradigem Ausmaß vorgelegen haben. Er hat insoweit nur gering ausgeprägte Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie eine Affektlabilität des Klägers ohne wesentliche Beeinträchtigung beschrieben sowie ein deutliches Aggravationsverhalten des Klägers bei Vorliegen eines Rentenbegehrens und eines Vermeidungsverhaltens aufgezeigt. Die Leistungseinschätzung von Dr. B. begegnet bereits auch deshalb Bedenken, als er als Grund für die mangelnde Belastbarkeit des Klägers eine 22-wöchige stationäre Behandlung im Jahr 2009 angegeben hat. Dies ist unzutreffend. Vielmehr war der Kläger im Jahr 2009 zweimal sechs Wochen – vom 16. April bis zum 4. Juni 2009 und vom 23. September bis zum 16. November 2009 – in stationärer Behandlung und vier Wochen – vom 4. Juni bis zum 2. Juli 2009 – in tagesklinischer Behandlung. Der Gutachter hat zudem selbst die langen Krankenhausaufenthalte teilweise mit einem Vermeidungs- und Fluchtverhalten des Klägers begründet, der den häuslichen Problemen entfliehen wollte, sowie als Ausdruck eines Rentenbegehren diskutiert und nicht ausschließlich auf die Schwere der Erkrankung des Klägers und die Notwendigkeit von stationären psychotherapeutischen Maßnahmen zurückgeführt. Ferner hat er ausdrücklich bestätigt, dass durch die stationären und tagesklinischen Behandlungen eine Stabilisierung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten ist, so dass am 14. Dezember 2009 keine wesentlichen psychiatrischen Beeinträchtigungen nachweisbar gewesen sind. Gleichwohl – ohne dies aufgrund der Untersuchungsergebnisse und der erhobenen Befunde hinreichend belegen zu können – hat Dr. B. eingeschätzt, dass die psychische Belastbarkeit des Klägers minimal sei und den an einer Erwerbstätigkeit geknüpften Anforderungen nicht standhalte. Allein die Tatsache, dass der Kläger zwölf Wochen im Jahr 2009 in stationärer bzw. vier Wochen in tagesklinischer Behandlung gewesen ist – und dann auch später im Jahr 2010 wieder stationär und tagesklinisch psychotherapeutisch behandelt wurde –, belegt kein aufgehobenes Leistungsvermögen. Schließlich ist der Kläger jeweils in einem sehr gut stabilisierten Zustand entlassen worden. Auch Dr. W. hat in ihrem Befundbericht vom 20. Januar 2011 eine positive Tendenz der psychischen Erkrankung mit einer weiteren Stabilisierung des Klägers am 1. September 2009, also noch vor der tagesklinischen Behandlung aufgezeigt. Zudem wird von den Ärzten übereinstimmend eine Behandlungsbedürftigkeit des Kläger in psychotherapeutischer Hinsicht gesehen, wobei vor dem Hintergrund des noch nicht abgeschlossenen Streitverfahrens der Erfolg entsprechender Maßnahmen als eher gering einzuschätzen sein dürfte.
Für den Senat ist ferner die von Dr. H. unter dem 16. Januar 2008 angegebene Leistungseinschätzung eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens nicht nachvollziehbar, da er keine entsprechende medizinische Begründung angeführt hat. Die oben angeführten medizinischen Befunde – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Erkrankungen des Klägers – seit dem Ende des Rentenbezugs am 30. April 2007 belegen ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen. Im Übrigen könnte in Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger wegen Arbeitslosigkeit und Krankheit langjährig nicht gearbeitet hat, bei Aufnahme einer leidensgerechten Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Möglichkeit einer schrittweisen Wiedereingliederung in Betracht gezogen werden.
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren medizinischen Ermittlungen gesehen. Der Gesundheitszustand des Klägers hat sich zwar nach Auskunft von Dipl.-Med. S. im Mai 2010 verschlechtert. Allerdings war ausweislich der Epikrise der H. Klinik vom 26. Juni 2010 die Belastungsreaktion des Klägers nach dem erlebten Suizid rückläufig. Im Übrigen belegt das Gutachten von Dr. S. nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 7. Januar 2011 keine rentenrelevante Verschlechtung. Vielmehr hat Dr. S. auf eine ähnliche klinische Befundlage wie Dr. B. verwiesen.
Ferner bestanden beim Kläger eine Osteoporose, ein Diabetes mellitus Typ 2 und eine arterielle Hypertonie, beides medikamentös gut geführt, sowie eine Adipositas; diese Erkrankungen bedingen keine weiteren qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen.
Schließlich lag eine durch ein Hörgerät kompensierte Hörminderung beidseits vor.
Bei dem Kläger bestanden im strittigen Zeitraum auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reichte vielmehr noch für mindestens leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.).
Auch lag im Falle des Klägers im oben genannten Zeitraum kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr.10). Sämtliche im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehörten Gutachter haben die Fähigkeit des Klägers bejaht, viermal täglich mehr als 500 Meter zu Fuß zurückzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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