S 13 AL 531/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AL 531/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 07. bis zum 18.6.2010.

Der Kläger meldete sich nach einem Dienst bei der Bundeswehr am 31.05.2010 arbeitslos. Am 01.06.2010 sprach er bei der Beklagten vor und wies darauf hin, er habe die Möglichkeit, vom 07. bis zum 18.06.2010 bei der Firma X Q ein Vollzeitpraktikum durchzuführen. Das Praktikum diene dazu, dass der Arbeitgeber ihn für die Ausbildung zum technischen Zeichner testen könne. Nach dem Vermerk der zuständigen Sachbearbeiterin vom 01.06.2010 wurde der Kläger darüber informiert, dass er in der Zeit des Praktikums der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Der Kläger unterschrieb daraufhin eine Niederschrift in der ausgeführt wird, dass er während der Zeit des Praktikums der Vermittlung nicht zur Verfügung stehe und dass er aufgrund dieses Umstandes mit der teilweisen oder vollständigen Einstellung des Arbeitslosengeldes rechnen müsse. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 04.06.2010 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 21,82 EUR für die Zeit vom 01.06.2010 bis zum 12.04.2011 mit einer Unterbrechung vom 07.06. bis zum 18.06.2010. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, innerhalb des umstrittenen Zeitraumes habe er ein kurzzeitiges, weitgehend entgeltloses und jederzeit beendbares Praktikum absolviert, welches auch zur Aufnahme einer Ausbildung geführt habe. Die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung sei nicht eingeschränkt, da er vollständig in der Lage sei, Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung umgehend und unverzüglich Folge zu leisten. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe nicht, da der Kläger im genannten Zeitraum nicht arbeitslos gewesen sei. Arbeitslos sei nur derjenige, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehe. Der Kläger habe sich am 01.06.2010 aber selbst aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet und damit sein Bewerberangebot gegenüber der Beklagten für die umstrittene Zeit aufgehoben. Dies habe zur Folge gehabt, dass Vermittlungsbemühungen ab diesem Zeitpunkt unterblieben sein. Auch die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosmeldung liege für diesen Zeitraum nicht vor. Auf eine mangelnde Entgeltzahlung oder die Bereitschaft zur jederzeitigen Beendigung des Praktikums komme es nicht an.

Mit der Klage vom 09.07.2010 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, er habe alle Vermittlungsangebote der Beklagten wahrgenommen. Zusätzlich habe er in Eigeninitiative das Praktikum bei der Firma X aufgenommen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass er zu einem Probearbeiten in den Betrieb kommen könne. Anschließend würde sich dann der Betrieb entscheiden, wer die freien Ausbildungsplätze erhalte. Dies habe er auch der Sachbearbeiterin der Beklagten mitgeteilt. Während des Gesprächs sei jedoch nicht die Rede davon gewesen, dass sich der Kläger aus dem Leistungsbezug abmelden wolle. Er habe vielmehr der Sachbearbeiterin ausdrücklich erklärt, dass er der Arbeitsvermittlung weiterhin in vollem Umfang und uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Er sei schließlich nicht verpflichtet gewesen, die Probearbeit bei der Firma X weiterzuführen, sondern habe diese jederzeit abbrechen können. Es könne schon sein, dass die Sachbearbeiterin darauf hingewiesen habe, dass er dann für die Vermittlung nicht zu Verfügung stehe. Er sei sich allerdings nicht bewusst gewesen, dass dies eine Leistungseinstellung zur Folge habe. Wenn er während des Praktikums zum Beispiel einzelne Vermittlungsvorschläge von der Beklagten bekommen hätte, hätte er sich am nächsten Tag direkt gemeldet. Wenn er sich allerdings hätte entscheiden müssen, sich auf eine dort angebotene Stelle zu bewerben oder das Praktikum weiterzuführen, so könne es schon sein, dass er dann das Praktikum weitergeführt hätte, weil er die Ausbildung haben wollte. Diese Vorgehensweise habe sich schließlich auch als erfolgreich herausgestellt, da er die Ausbildungsstelle bekommen habe. Das Praktikum habe von morgens circa 7:00 Uhr bis nachmittags circa 16:00 Uhr beziehungsweise 16:15 Uhr stattgefunden. Er sei während des Praktikums in das Programm eingeführt worden, mit dem er auch nun in der Ausbildung arbeite. Er sei erst eingeführt worden und danach seien ihm Übungsstücke auf den Schreibtisch gestellt worden und er habe sie dann selbst gezeichnet. Er habe allerdings keine technischen Zeichnungen erstellt, die in der Produktion zu verwerten gewesen wären. Das Praktikum habe den Sinn gehabt, dass der Arbeitgeber beurteilen konnte, ob er für diese Arbeit geeignet sei und insbesondere auch für diese Ausbildung. Auch während seiner nachfolgenden Ausbildung habe er in den ersten drei Monaten ebenfalls nur Übungsstücke gezeichnet. Inzwischen sei es so, dass er auch für die Produktion zeichne. Vorgesetzte während des Praktikums sei eine Frau S gewesen, welche die Ausbildung in dem Betrieb leite. Die Voraussetzungen für die Zahlung des Arbeitslosengeldes hätten nach seiner Auffassung durchgehend vorgelegen. Zu keinem Zeitpunkt habe er die Beklagte gebeten, Vermittlungsbemühungen in dem umstrittenen Zeitraum zu unterlassen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 04.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 09.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Arbeitslosen-geld für die Zeit vom 07. bis zum 18.06.2010 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass während der umstrittenen Zeit Beschäftigungslosigkeit und Verfügbarkeit nicht vorlagen. Auch eine Probebeschäftigung oder ein Praktikum stelle eine Beschäftigung im Sinne des § 119 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch (SGB III) dar. Die Probebeschäftigung umfasste mehr als 15 Stunden wöchentlich. Der Kläger sei daher nicht beschäftigungslos gewesen. Auf die Entgeltlichkeit der Beschäftigung komme es nicht an. Für die Verfügbarkeit sei es nicht ausreichend, dass der Kläger bereit gewesen sei, bei entsprechenden Anforderungen durch die Beklagte seine Tätigkeit aufzugeben. Notwendig sei vielmehr, dass die Verfügbarkeit an jedem Tag, für den Arbeitslosengeld erbracht werden soll, in vollem Umfang von vornherein vorliege. Dies komme nicht nur im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck, sondern auch in den Regelungen der Ausnahmen hiervon. So bestimme § 120 Abs. 3 SGB III, dass die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, für die die Voraussetzungen nach § 77 SGB III nicht vorliegen, die Verfügbarkeit nicht ausschließt, wenn die Agentur für Arbeit der Teilnahme zustimmt. Diese gesetzliche Regelung habe der Gesetzgeber für erforderlich gehalten, um den Konflikt zwischen einem sachgerechten tatsächlichen Gebundensein des Arbeitslosen und den Anforderungen an seine objektive Verfügbarkeit zu lösen. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn es lediglich auf die Absicht des Arbeitslosen hätte ankommen sollen, eine aktuelle Bindung gegebenenfalls aufzugeben. Der Kläger sei am 01.06.2010 auf den Wegfall der Verfügbarkeit hingewiesen worden. Im Übrigen habe er auch das Merkblatt für Arbeitslose erhalten und hätte auch aus diesem ergründen können, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld entfällt, wenn der Umfang der aufgenommenen Beschäftigung 15 Stunden wöchentlich erreicht oder übersteigt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogen Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger ist nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn der Bescheid vom 04.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2010 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat dem Kläger für die Zeit vom 07. bis zum 18.06.2010 zu Recht kein Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt.

Voraussetzung für die Zahlungen von Alg ist nach § 118 Abs. 1 SGB III, dass die Arbeitnehmer arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Nach § 119 Abs. 1 SGB III ist arbeitslos, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst (§ 119 Abs. 3 SGB III).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger in der umstrittenen Zeit nicht erfüllt. Der Kläger war während seines Praktikums nicht beschäftigungslos. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches, Viertes Buch (SGB IV) die nicht selbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkt für eine Beschäftigung ist eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Als Beschäftigung gilt nach § 7 Abs. 2 SGB IV auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen der betrieblichen Berufsausbildung. Die Entgeltlichkeit ist kein notwendiges Kriterium einer Beschäftigung. Auch ein unentgeltliches Praktikum kann daher grundsätzlich ein Beschäftigungsverhältnis darstellen (BSG; Urteil vom 29.06.1995 – 11 RAr 97/94; BSG, Urteil vom 09.02.2006 – B 7a AL 58/05 R). Im Falle der Unentgeltlichkeit ist insbesondere die Frage der persönlichen Abhängigkeit vom Arbeitgeber sowie die Erbringung fremdnütziger Arbeit im Rahmen eines Austauschverhältnisses genauer zu prüfen. Der Kläger hat während des Praktikums in persönlicher Abhängigkeit eine fremdbestimmte und der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers unterliegende Arbeit geleistet. Er hat täglich von 07:00 Uhr bis ca. 16:00 Uhr in den Räumen des Arbeitgebers nach Einführung in das entsprechende Programm technische Zeichnungen von Übungsstücken angefertigt. Dabei war er im Einzelnen den Weisungen der Ausbildungsleiterin Frau S unterworfen. Er hat damit auch nach seinen eigenen Angaben die gleiche Tätigkeit verrichtet, wie zu Beginn seiner nachfolgenden Ausbildung. Ebenso wie diese Ausbildung ist die Tätigkeit während des Praktikums eine Beschäftigung im Sinne des § 119 Abs. 1 und 3 SGB III mit Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art der Tätigkeit. Ferner lag auch ein wirtschaftliches Austauschverhältnis vor. Der Arbeitgeber hat nämlich neben der Arbeitsleistung des Klägers Erkenntnisse über die Ausbildungsfähigkeit und den Ausbildungswillen und über das Vorhandensein der grundlegenden Kenntnisse und Fähigkeiten gewinnen können. Andererseits war der Kläger in der Lage, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben und zu erproben, ob ihm eine Ausbildung zum technischen Zeichner liegt. Da der Kläger die Ausbildung tatsächlich aufgenommen hat, haben beide Seiten offensichtlich von der Ableistung des Praktikums profitiert. Wie bei anderen unentgeltlichen der regulären Beschäftigung vorgeschalteten Praktika oder Probebe-schäftigungen (vgl. Söngen in Eicher-Schlegel, SGB III, § 119 Rn 44; SG Lüneburg, Urteil vom 03.11.2009 – S 7 AL 48/09, zitiert nach juris Rnrn. 64 ff.) ist daher das vorliegende Praktikum ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Leistungsrechts.

Beschäftigungslosigkeit ist hier nicht im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III ausgeschlossen, denn die Tätigkeitszeit betrug nicht weniger als 15 Stunden wöchentlich. Der Kläger war vielmehr vom 07. bis zum 18.06. und damit zwei Wochen vollschichtig tätig. Diese Überschreitung der 15-Stundengrenze kann auch nicht wegen einer gelegentlichen Abweichung von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben. Gelegentlich im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III ist eine Überschreitung nur, wenn sie nicht vorhersehbar war (Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5. Auflage, § 119 Rn 31). Vorliegend entsprach die Arbeitszeit jedoch den zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber geschlossenen Vereinbarungen und war deshalb voraussehbar. Ob die Tätigkeit von geringer Dauer im Sinne dieser Norm war, kann dahinstehen, da die Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze nur unschädlich ist, wenn sie sowohl gelegentlich als auch von geringer Dauer ist. Im Übrigen entfällt die Arbeitslosigkeit selbst bei einer Tätigkeit, die nur wenige Tage dauert, wenn eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden vereinbart war (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10.04.2003 – L 1 AL 4/03, zitiert nach juris, Rn 29).

Der Kläger war ferner nicht verfügbar im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Danach muss der Arbeitnehmer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen. Das heißt, er muss jederzeit bereit und in der Lage sein, eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigungen unter den üblichen Bedingungen des für ihn Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben und den entsprechenden Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (§ 119 Abs. 5 Nr. 1 und 2 SGB III). Der Arbeitslose darf demnach durch nichts gehindert sein, ohne Verzug eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen; er muss sich der Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit aktuell zur Verfügung halten. Beschrieben wird damit ein Zustand der Verhältnisse des Arbeitslosen, wie er von vornherein täglich gegeben sein muss. Nicht ausreichend ist eine Lage, die gegenwärtig berufliches Tätigsein ausschließt und auf die Herbeiführung der bislang fehlenden objektiven Vermittelbarkeit erst zu einem Zeitpunkt abstellt, an dem dem Arbeitslosen ein Arbeitsangebot unterbreitet wird. Vielmehr müssen alle Anspruchsvoraussetzungen an jedem Tag, für den Alg erbracht werden soll, in vollem Umfange vorliegen. Es reicht deshalb z.B. nicht, dass ein ordentlich immatrikulierte Student für den Fall eines zumutbaren Arbeitsangebotes bereit ist, sein Studium jederzeit abzubrechen (BSG, Urteil vom 29.09.1987 – 7 RAr 15/86, zitiert nach juris Rn 27; vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1988 – 7 RAr 13/87, zitiert nach juris Rn 28). Auch wenn der Kläger hier jederzeit sein Praktikum hätte abbrechen können, hätte Verfügbarkeit im Sinne des § 119 SGB III erst nach dem Abbruch des Praktikums und daher nicht an jedem Tag des Praktikums aktuell vorgelegen. Außerdem ist zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt Willens war, das Praktikum jederzeit abzubrechen. Wie er selbst ausgeführt hat, war ihm die angestrebte Ausbildungsstelle bei der Firma X so wichtig, dass er wahrscheinlich das Praktikum fortgesetzt hätte.

Die damit fehlenden Anspruchsvoraussetzungen für Alg lassen sich nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches fingieren. Der Kläger muss nicht wegen einer Falschberatung so gestellt werden, als sei er in der umstrittenen Zeit arbeitslos gewesen und habe der Vermittlung zur Verfügung gestanden. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger eine ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsende Nebenpflicht ordnungsgemäß wahrgenommen hätte, dies aber pflichtwidrig unterblieben ist. In solchen Fällen können gewisse sozialrechtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen als erfüllt angesehen werden. Dies gilt allerdings nicht für außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses liegende Tatbestände, die nach materiellem Recht für das Entstehen des Anspruchs erforderlich sind (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.1990 – 7 RAr 36/88, zitiert nach juris, Rn 44). Die Ersetzung von tatsächlichen Umständen, denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zugrunde liegen, ist im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht möglich und würde auf ein gesetzwidriges Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen. Eine wegen der Aufnahme einer Tätigkeit nicht mehr vorliegende Beschäftigungslosigkeit und damit auch nicht mehr gegebene Arbeitslosigkeit kann deshalb im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht fingiert werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.11.2007 – L 16 AL 437/07, zitiert nach Beck-Online, m.w.N.). Davon abgesehen lässt sich hier eine Falschberatung durch die Beklagte nicht feststellen. Der Kläger hat selbst vorgetragen, er sei darauf hingewiesen worden, dass er während des Praktikums nicht verfügbar sei. Soweit er sich darauf beruft, er sei über die Folgen der fehlenden Verfügbarkeit nicht informiert worden, trifft dies nach Aktenlage nicht zu. Ausweislich der von ihm unterschriebenen Verhandlungsniederschrift vom 01.06.2010 wurde er darüber belehrt, dass er mit der teilweisen oder vollständigen Einstellung des Arbeitslosengeldes rechnen müsse. Aus dem ebenfalls erhaltenen Merkblatt 1 für Arbeitslose hätte er ferner ohne weiteres entnehmen können, dass Verfügbarkeit Voraussetzung für die Zahlung von Alg ist.

Die Beklagte war ferner nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als hätte sie dem Praktikum nach § 120 Abs. 3 SGB III zugestimmt. Nach dieser Norm schließt es die Verfügbarkeit nicht aus, wenn der Leistungsberechtigte an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnimmt, für die die Voraussetzungen nach § 77 SGB III nicht erfüllt sind, wenn die Agentur für Arbeit der Teilnahme zustimmt und der Leistungsberechtigte seine Bereitschaft erklärt, die Maßnahme abzubrechen sobald eine berufliche Eingliederung in Betracht kommt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, auf diese Möglichkeit hinzuweisen, denn das von dem Kläger absolvierte Praktikum war keine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung. Eine solche liegt nur vor, wenn auf Basis eines Lehrplanes durch spezialisiertes Personal im Rahmen eines vorgegebenen Kontextes theoretische Kenntnisse und berufspraktische Fertigkeiten vermittelt werden. Ein betriebliches Praktikum oder die Einarbeitung auf einem bestimmten Arbeitsplatz genügen diesen Anforderungen nicht (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III § 120 Rn 57). Das von dem Kläger absolvierte Praktikum war keine Weiterbildung, sondern die Vorbereitung für eine Erstausbildung. Erstausbildungen fallen jedoch nicht unter § 120 Abs. 3 SGB III (Söhngen in Eicher/Schlegel, SGB III, §120, Rn 75). Ferner war der Kläger nach dem Aktenvermerk der Sachbearbeiterin L C vom 01.06.2010 auch nicht bereit, dass Praktikum ggf. vorzeitig zu beenden. Dies hat der Kläger im Erörterungstermin vom 06.05.2011,wie bereits dargestellt bestätigt, indem er ausgeführt hat, er hätte das Praktikum nur dann abgebrochen, wenn die Beklagte ihm eine Ausbil-dungsstelle als technischer Zeichner angeboten hätte. Er hat daher nicht seine uneingeschränkte Bereitschaft erklärt, das Praktikum abzubrechen, sobald allgemein eine berufliche Eingliederung in Betracht gekommen wäre. Er wollte sich vielmehr vorbehalten, je nach Art und Qualität der angebotenen Eingliederung das Praktikum abzubrechen oder nicht. Die Voraussetzungen des § 120 Abs. 3 SGB III waren daher insgesamt nicht erfüllt.

Ein Herstellungsanspruch ist ferner nicht deshalb gegeben, weil der Kläger nicht auf eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung im Sinne des § 46 SGB III hingewiesen wurde. Zwar kann nach § 46 Abs. 1 Satz 4 SGB III die entsprechende Förderung auch auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden. Allerdings sind nach § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB III Maßnahmen zur Förderung der Berufsausbildung ausgeschlossen. Dieser Ausschluss soll gewährleisten, dass die bewährten Instrumente der Berufsvorbereitung und Benachteiligtenförderung nicht umgangen werden. Die Förderung erfolgt dementsprechend ausschließlich nach den § 59 ff. SGB III., 235 a ff. SGB III und 240 ff. SGB III. (Stratmann in Niesel-Brand, § 46 Rn 15). Da der Kläger nicht schwerbehindert im Sinne des § 235 a SGB III ist und auch keine Leistungen an Träger entsprechend den §§ 240 ff. SGB III umstritten sind, käme daher hier lediglich eine Förderung als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 61 SGB III in Betracht. Das von ihm absolvierte Praktikum war jedoch keine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im Sinne dieser Norm. Nach § 61 Abs. 3 SGB III darf nämlich der Anteil betrieblicher Praktikaphasen die Hälfte der vorgesehenen Maßnahmedauer nicht überschreiten, während der Kläger während der gesamten "Maßnahme" ein Praktikum absolviert hat. § 61 Abs. 3 SGB III wurde durch Gesetz vom 23.12.2002 eingefügt. Die Regelung soll sicherstellen, dass bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen die Bestimmung des Berufsbildungsgesetzes beachtet und die Beschlüsse des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettberwerbsfähigkeit vom 29.03.1999 umgesetzt werden (Stratmann in Niesel-Brand, SGB III, 5. Auflage, § 61 Rn 21). Nach dem Beschluss der Arbeitsgruppe "Aus- und Weiterbildung" im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit vom 06.10.1999 haben die Bündnispartner beschlossen, bei den Betrieben dafür zu werben, Praktikumsplätze für berufsvorbereitende Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Dabei sollte aber insbesondere darauf geachtet werden, dass die Ausbildungsaktivitäten der Betriebe nicht eingeschränkt werden. Durch § 61 Abs. 3 SGB III soll daher das Qualitätsniveau der berufsvorbereitenden Maßnahmen gesichert und verhindert werden, dass die Betriebe zu Lasten der regulären Ausbildung vermehrt auf Praktikanten zurück-greifen. Eine überwiegend aus einem Praktikum bestehende Berufsausbildungsvorbereitung steht jedoch nicht mit dem in § 1 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) normierten Ziel in Einklang, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen, da durch Praktika im Wesentlichen nur praktische Erfahrungen und Kenntnisse vermittelt werden. Da das von dem Kläger absolvierte Praktikum daher insgesamt von der Beklagten nicht gefördert werden konnte, stellt ein ggf. fehlender Hinweis auf eine Förderung keine Falschberatung dar, so dass ein Herstellungsanspruch nicht in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Kammer hat die gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossene Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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