Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 31 KR 228/10 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 3.195,35 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob im Rahmen einer Krankenhausabrechnung der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-390 "Lagerungsbehandlung" in der Version von 2005 zu berücksichtigen war (soweit nicht anders angegeben, ist im Folgenden immer der OPS 2005 gemeint).
Der bei der Beklagten versicherte B. B. wurde vom 28.09. bis 21.10.2005 im Rahmen eines stationären Aufenthalts durch die Klägerin behandelt. Bereits am Aufnahmetag wurden im Rahmen eines herzchirurgischen Eingriffs Bypässe gelegt. Der postoperative Verlauf war zunächst komplikationslos. Aufgrund einer kardiopulmonalen Dekompensation am zweiten postoperativen Tag (30.09.2005) musste der Kläger dann erneut intubiert werden. Vom Abend des 30.09. bis zum Morgen des 05.10.2005 erfolgte eine engmaschige Lagerung, wobei als Lagerungstechniken die Oberkörperhochlagerung, die Fersenhochlagerung und eine Seitenlagerung 30-Grad rechts und links unter Zuhilfenahme von Decken und Kissen angewandt wurden.
Der Abrechnung der Klägerin gegenüber der Beklagten vom 08.12.2005 lag die G-DRG (2005) F06Z zugrunde. Diese DRG ergab sich unter anderem aufgrund des Ansatzes des OPS 8-390. Der Rechnungsbetrag belief sich auf 14.699,95 EUR. Die Beklagte zahlte auf die Rechnung lediglich einen Betrag von 11.504,60 EUR. Ihrer Ansicht nach war lediglich die G-DRG (2005) F32Z anzusetzen. Die abweichende Einschätzung der Beklagten ergab sich allein daraus, dass sie den Ansatz des OPS 8-390 ablehnte.
Am 08.01.2007 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie den Differenzbetrag von 3.195,35 EUR geltend macht.
Die Klägerin trägt vor, es habe eine Lagerungsbehandlung nach dem OPS 8-390 stattgefunden. Es liege auch eine "spezielle Lagerung" im Sinne des Hinweises zu diesem OPS vor. Eine spezielle Lagerung liege schon deshalb vor, da der Patient mehrere Tage alle zwei Stunden von zwei Pflegekräften in spezielle Positionen umgelagert worden sei. Es habe zunächst eine Einstufung des Dekubitusrisiko stattgefunden, woraufhin dann ein spezieller Lagerungsplan entwickelt worden sei. Dieser Aufwand sei zu vergüten und werde nicht etwa bereits über andere Prozeduren erfasst. Entscheidend sei, ob die vorgenommene Lagerung bei der überwiegenden Zahl der Patienten erfolge. Das sei bei der Dekubitusprophylaxe, wie sie hier erfolgt sei, nicht der Fall. Die im Hinweis zum OPS 8-390 genannten Beispielfälle spezieller Lagerungen seien nicht zwingend mit einem größeren Aufwand als eine Lagerung zur Dekubitusprophylaxe verbunden. Ein besonderer Mindestaufwand, wie er im OPS 8-390 in der Version von 2006 gefordert werde, sei nach der hier maßgeblichen Rechtslage im Jahr 2005 nicht erforderlich gewesen.
Die Klägerin nimmt Bezug auf ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. aus Münster in einem vor dem Landgericht – LG – Wuppertal geführten Zivilrechtstreit (7 O 23/07). Danach sei für die hier streitentscheidende Frage der Definition der "speziellen Lagerung" im Jahr 2005 auf die DKR2005 P014d abzustellen. Danach komme es darauf an, ob die Prozedur routinemäßig bei den meisten Patienten durchgeführt werde. Eine zweistündige Umlagerung erfolge aber nicht routinemäßig bei den meisten Patienten. Dies habe zur Folge, dass jedenfalls nach der Rechtslage im Jahr 2005 jegliche Lagerungsbehandlung über den OPS 8-390 abrechnungsfähig gewesen sei.
Die Klägerin nimmt weiter Bezug auf die Urteile des Sozialgerichts – SG – Duisburg vom 30.01.2009, S 11 (11, 7) KN 54/06 KR, 07.08.2009, S 11 (11, 7) KR 20/07 und 13.11.2009, S 9 KR 18/07, die sich in vergleichbaren Fällen zumindest auch auf das auch dort jeweils vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. R. stützen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 3.195,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.12.2005 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, es komme allein auf den OPS 8-390 an. Die Lagerung zur Dekubitusprophylaxe sei mit den dort genannten Beispielsfällen nicht vergleichbar. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten sei im Übrigen in den allermeisten Fällen eine Dekubitusgefahr gegeben. Schon im Jahr 2005 habe der OPS 8-390 nur bei sehr ressourcenaufwendigen und längerfristigen Lagerungsbehandlungen berücksichtigt werden dürfen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Internisten und Kardiologen PD Dr. E. (Kardiologie Köln). Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass hier eine "Standardlagerungsbehandlung" durchgeführt worden sei, die "dem üblichen Maß" entsprochen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Patientenakte und die ebenfalls beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nach Zustimmung der Beteiligten konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Rechtsgrunde für den Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG und Anlage 1 Teil A FPV 2005 sowie der sogenannte Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen, der für die Beteiligten weiterhin Anwendung findet.
Diesen Vergütungsanspruch hat die Beklagte mit Zahlung von 11.504,60 EUR erfüllt. Denn für die streitige Krankenhausbehandlung war zutreffenderweise die G-DRG (2005) F32Z anzusetzen. Der OPS 8-390 war nicht zu kodieren.
Nach dem Hinweis zum OPS 8-390 (vgl. zur Bedeutung der Hinweise DKR2005 P001d, Seite 42) ist dieser Code für die Angabe spezieller Lagerungen (z.B. bei Schienen und Extensionen, Wirbelsäuleninstabilität, Hemi- und Tetraplegie oder nach großen Schädel-Hirn-Operationen) oder bei Lagerungen mit speziellen Hilfsmitteln (z.B. Spezialbett) zu verwenden. Erst im Hinweis zum OPS 8-390 in der Version von 2006 heißt es (ergänzend), dass nur Lagerungsbehandlungen mit einem deutlich erhöhten personellen, zeitlichen oder materiellen Aufwand zu kodieren sind. Die Auslegung dieses Codes hat streng nach seinem Wortlaut zu erfolgen (vgl. hierzu Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 18.09.2008, B 3 KR 15/07 R, Rdnr. 18).
Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Formulierung "spezielle Lagerungen" bzw. Lagerungen mit "speziellen" Hilfsmitteln zu. Dass es in der Überschrift des OPS 8-390 lediglich "Lagerungsbehandlung" heißt, ist unschädlich. Entscheidend ist die Formulierung des Hinweises. Im Übrigen lautet auch die Überschrift zu den OPS 8-31 bis 8-39 "Immobilisation und spezielle Lagerung". Sind nach dem Hinweis nur spezielle Lagerungen zu kodieren, so bedeutet dies, dass nichtspezielle oder allgemeine Lagerungsbehandlungen nicht zu kodieren sind. Andernfalls wäre die wiederholte Verwendung des Wortes "speziell" nicht erforderlich.
Für die Auslegung des Merkmals "spezielle Lagerung" greift die Kammer zurück auf allgemeine Definitionen von Lagerungen bzw. Lagerungsbehandlungen. In der Enzyklopädie wikipedia.de heißt es im Beitrag "Lagerung (Pflege)", dass sich die Zielsetzung der Lagerung unterscheiden könne, jedoch "in der Regel der Druckentlastung" diene. Unter der Überschrift "Druckentlastende Positionen" heißt es weiter, dass "ein Schwerpunkt angewandter Lagerungen in der Druckentlastung und der Prophylaxe von Druckgeschwüren." liege. Als Beispiel wird an erster Stelle die auch hier angewandte 30-Grad-Seitenlagerung erwähnt. Nur bei "besonderer Gefährdung" sei auch eine Weich- oder Superweichlagerung auf Antidekubitus- oder Wechseldruckmatratzen erforderlich. Ausgehend von dieser Definition ist eine Lagerung zur Dekubitusprophylaxe, wie sie im vorliegenden Fall erfolgte, diejenige, die am ehesten als "allgemeine" oder "standardmäßige" Lagerungsbehandlung im Gegensatz zu einer "speziellen" Lagerungsbehandlung angesehen werden kann.
Dieses sich auf den reinen Wortlaut und allgemeine Definitionen stützende Auslegungsergebnis wird gestützt durch die Einbeziehung der im Hinweis zum OPS 8-390 in Klammern gesetzten Beispielsfälle. Dabei dürfte zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitig sein, dass ein spezielles Hilfsmittel nicht verwandt wurde, so dass es allein auf die Frage einer speziellen Lagerung und insofern auf den Vergleich mit den dort genannten Beispielsfällen ankommt. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die Lagerung bei Schienen und Extensionen, Wirbelsäuleninstabilität, Hemi- und Tetraplegie oder nach großen Schädel-Hirn-Operationen einen ganz besonderen Aufwand verursacht oder den Einsatz besonderer Lagerungstechniken erfordert. So leuchtet es unmittelbar ein, dass im Falle einer Wirbelsäuleninstabilität oder nach einer großen Schädel-Hirn-Operation besondere Vorsicht im Umgang mit dem zu lagernden Patienten geboten ist. Gleiches gilt beispielsweise für Patienten mit Hemiplegie. Hier kommt beispielsweise das sogenannte Bobath-Konzept zur Anwendung. Die Lagerung im Rahmen dieses Konzeptes geht deutlich über die bloße Lagerung zur Dekubitusprophylaxe hinaus (vgl. hierzu den Beitrag "Schlaganfall: Pflege" auf der Internetseite wikibooks.org). Die Kammer lässt dahinstehen, ob tatsächlich bei jedem der im Hinweis zum OPS 8-390 genannten Beispielsfälle ein pflegerischer Aufwand entsteht, der deutlich über denjenigen einer Lagerungsbehandlung zur reinen Dekubitusprophylaxe hinausgeht. Entscheidend ist, dass eine Lagerungsbehandlung in den genannten Beispielsfällen regelmäßig einen erhöhten Aufwand bzw. eine besondere Rücksichtnahme erfordern dürfte. Die Kammer stellt klar, dass sie dieses Erfordernis eines erhöhten Aufwands allein aus der hier einschlägigen Fassung des Hinweises zum OPS 8-390 und nicht aus dessen Fassung von 2006 ableitet.
Ist die hier zu beurteilende Lagerungsbehandlung zur Dekubitusprophylaxe nicht mit den im OPS 8-390 genannten Beispielsfällen vergleichbar, kann sie nicht als spezielle Lagerung im Sinne dieser Prozedur angesehen und entsprechend kodiert werden.
Des Weiteren gibt die Kammer zu bedenken, dass es bei der Erstellung des OPS 8-390 in der hier streitigen Fassung ein Einfaches gewesen wäre, die Lagerung zur Dekubitusprophylaxe als Beispielsfall aufzuführen, wenn denn deren Kodierbarkeit gewollt gewesen wäre. Gerade weil es sich bei dieser Lagerungsbehandlung um eine der häufigsten – wenn nicht die häufigste – handelt, hätte es sich gleichsam aufdrängen müssen, sie in den Hinweis aufzunehmen. Das ist aber nicht geschehen.
Da die Auslegung des Begriffs "speziell" bereits aus dem Hinweis zum OPS 8-390 selbst heraus möglich ist, bedarf es entgegen dem Vortrag der Klägerin und dem von ihr in Bezug genommenen Gutachten von Prof. Dr. R. keines Rückgriffs auf die DKR(2005) P014d. Der Rückgriff auf diese Kodierregel dürfte im Übrigen auch unzulässig sein. Denn gemäß Satz 2 i.V.m. Satz 1 dieser Kodierregel werden Prozeduren, die routinemäßig bei den meisten Patienten durchgeführt werden, gar nicht in den OPS aufgenommen. Wenn die Frage, ob eine Prozedur routinemäßig bei den meisten Patienten durchgeführt wird, also für die Frage maßgeblich ist, ob eine Prozedur in den OPS aufgenommen wird, dann kann ebendiese Frage nicht zugleich maßgeblich für die Auslegung des Merkmals einer bestimmten im OPS bereits enthaltenen Prozedur sein. Soweit Prof. Dr. R. im Übrigen aus der DKR(2005) P014d meint ableiten zu können, dass es allein darauf ankommt, ob eine Lagerungsbehandlung routinemäßig bei allen Patienten – also wirklich bei allen Patienten, die in einem Krankenhaus behandelt werden – durchgeführt wird, so steht dies im ausdrücklichen Widerspruch zur DKR(2005) P014d wo es heißt, dass es sich um "Standardmaßnahmen bei bestimmten Diagnosen und Prozeduren" handele (vgl. DKR(2005), Seite 51).
Soweit auf Patienten "in vergleichbaren Fällen" abgestellt wird (wie etwa in der Kodierempfehlung Nr. 93 der Expertengruppe SEG 4 der MdK-Gemeinschaft) stellt sich das Problem diesen Vergleichsfall zu konkretisieren: Neben einem Vergleich mit Patienten, bei denen eine koronare Bypassoperation durchgeführt wurde, käme hier etwa auch ein Vergleich mit solchen Patienten in Betracht, bei denen infolge einer kardiopulmonalen Dekompensation eine Intubation erforderlich wird. Dies wäre deshalb problematisch, weil die Kammer mit der Klägerin davon ausgeht, dass nach koronaren Bypassoperationen längerfristige Lagerungsbehandlungen zur Dekubitusprophylaxe regelmäßig nicht erforderlich sein dürften. Solche Patienten dürften vielmehr regelmäßig bereits nach kurzer Zeit wieder extubiert werden können, weswegen eine Lagerungsbehandlung zur Dekubitusprophylaxe dann entbehrlich sein dürfte. Dies belegt gerade der vorliegende Fall, in dem die streitgegenständliche Lagerungsbehandlung erst aufgrund einer postoperativen Komplikation in Form einer kardiopulmonalen Dekompensation und einer damit einhergehenden Reintubation erforderlich war. Der Klageanspruch wird dadurch jedoch nicht begründet. Denn zum einen fehlt es an einem eindeutigen Kriterium für die Auswahl der Vergleichsgruppe, zum anderen ist das Anstellen eines solchen Vergleichs aufgrund der von der Kammer vorgenommenen Auslegung gar nicht erst erforderlich.
Die Kostenenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Die Höhe des Streitwerts ergibt aus §§ 3 Abs. 1; 52 Abs. 1, Abs. 3; 43 Abs. 1 GKG.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 3.195,35 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob im Rahmen einer Krankenhausabrechnung der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-390 "Lagerungsbehandlung" in der Version von 2005 zu berücksichtigen war (soweit nicht anders angegeben, ist im Folgenden immer der OPS 2005 gemeint).
Der bei der Beklagten versicherte B. B. wurde vom 28.09. bis 21.10.2005 im Rahmen eines stationären Aufenthalts durch die Klägerin behandelt. Bereits am Aufnahmetag wurden im Rahmen eines herzchirurgischen Eingriffs Bypässe gelegt. Der postoperative Verlauf war zunächst komplikationslos. Aufgrund einer kardiopulmonalen Dekompensation am zweiten postoperativen Tag (30.09.2005) musste der Kläger dann erneut intubiert werden. Vom Abend des 30.09. bis zum Morgen des 05.10.2005 erfolgte eine engmaschige Lagerung, wobei als Lagerungstechniken die Oberkörperhochlagerung, die Fersenhochlagerung und eine Seitenlagerung 30-Grad rechts und links unter Zuhilfenahme von Decken und Kissen angewandt wurden.
Der Abrechnung der Klägerin gegenüber der Beklagten vom 08.12.2005 lag die G-DRG (2005) F06Z zugrunde. Diese DRG ergab sich unter anderem aufgrund des Ansatzes des OPS 8-390. Der Rechnungsbetrag belief sich auf 14.699,95 EUR. Die Beklagte zahlte auf die Rechnung lediglich einen Betrag von 11.504,60 EUR. Ihrer Ansicht nach war lediglich die G-DRG (2005) F32Z anzusetzen. Die abweichende Einschätzung der Beklagten ergab sich allein daraus, dass sie den Ansatz des OPS 8-390 ablehnte.
Am 08.01.2007 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie den Differenzbetrag von 3.195,35 EUR geltend macht.
Die Klägerin trägt vor, es habe eine Lagerungsbehandlung nach dem OPS 8-390 stattgefunden. Es liege auch eine "spezielle Lagerung" im Sinne des Hinweises zu diesem OPS vor. Eine spezielle Lagerung liege schon deshalb vor, da der Patient mehrere Tage alle zwei Stunden von zwei Pflegekräften in spezielle Positionen umgelagert worden sei. Es habe zunächst eine Einstufung des Dekubitusrisiko stattgefunden, woraufhin dann ein spezieller Lagerungsplan entwickelt worden sei. Dieser Aufwand sei zu vergüten und werde nicht etwa bereits über andere Prozeduren erfasst. Entscheidend sei, ob die vorgenommene Lagerung bei der überwiegenden Zahl der Patienten erfolge. Das sei bei der Dekubitusprophylaxe, wie sie hier erfolgt sei, nicht der Fall. Die im Hinweis zum OPS 8-390 genannten Beispielfälle spezieller Lagerungen seien nicht zwingend mit einem größeren Aufwand als eine Lagerung zur Dekubitusprophylaxe verbunden. Ein besonderer Mindestaufwand, wie er im OPS 8-390 in der Version von 2006 gefordert werde, sei nach der hier maßgeblichen Rechtslage im Jahr 2005 nicht erforderlich gewesen.
Die Klägerin nimmt Bezug auf ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. aus Münster in einem vor dem Landgericht – LG – Wuppertal geführten Zivilrechtstreit (7 O 23/07). Danach sei für die hier streitentscheidende Frage der Definition der "speziellen Lagerung" im Jahr 2005 auf die DKR2005 P014d abzustellen. Danach komme es darauf an, ob die Prozedur routinemäßig bei den meisten Patienten durchgeführt werde. Eine zweistündige Umlagerung erfolge aber nicht routinemäßig bei den meisten Patienten. Dies habe zur Folge, dass jedenfalls nach der Rechtslage im Jahr 2005 jegliche Lagerungsbehandlung über den OPS 8-390 abrechnungsfähig gewesen sei.
Die Klägerin nimmt weiter Bezug auf die Urteile des Sozialgerichts – SG – Duisburg vom 30.01.2009, S 11 (11, 7) KN 54/06 KR, 07.08.2009, S 11 (11, 7) KR 20/07 und 13.11.2009, S 9 KR 18/07, die sich in vergleichbaren Fällen zumindest auch auf das auch dort jeweils vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. R. stützen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 3.195,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.12.2005 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, es komme allein auf den OPS 8-390 an. Die Lagerung zur Dekubitusprophylaxe sei mit den dort genannten Beispielsfällen nicht vergleichbar. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten sei im Übrigen in den allermeisten Fällen eine Dekubitusgefahr gegeben. Schon im Jahr 2005 habe der OPS 8-390 nur bei sehr ressourcenaufwendigen und längerfristigen Lagerungsbehandlungen berücksichtigt werden dürfen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Internisten und Kardiologen PD Dr. E. (Kardiologie Köln). Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass hier eine "Standardlagerungsbehandlung" durchgeführt worden sei, die "dem üblichen Maß" entsprochen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Patientenakte und die ebenfalls beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Nach Zustimmung der Beteiligten konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Rechtsgrunde für den Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG und Anlage 1 Teil A FPV 2005 sowie der sogenannte Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen, der für die Beteiligten weiterhin Anwendung findet.
Diesen Vergütungsanspruch hat die Beklagte mit Zahlung von 11.504,60 EUR erfüllt. Denn für die streitige Krankenhausbehandlung war zutreffenderweise die G-DRG (2005) F32Z anzusetzen. Der OPS 8-390 war nicht zu kodieren.
Nach dem Hinweis zum OPS 8-390 (vgl. zur Bedeutung der Hinweise DKR2005 P001d, Seite 42) ist dieser Code für die Angabe spezieller Lagerungen (z.B. bei Schienen und Extensionen, Wirbelsäuleninstabilität, Hemi- und Tetraplegie oder nach großen Schädel-Hirn-Operationen) oder bei Lagerungen mit speziellen Hilfsmitteln (z.B. Spezialbett) zu verwenden. Erst im Hinweis zum OPS 8-390 in der Version von 2006 heißt es (ergänzend), dass nur Lagerungsbehandlungen mit einem deutlich erhöhten personellen, zeitlichen oder materiellen Aufwand zu kodieren sind. Die Auslegung dieses Codes hat streng nach seinem Wortlaut zu erfolgen (vgl. hierzu Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 18.09.2008, B 3 KR 15/07 R, Rdnr. 18).
Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Formulierung "spezielle Lagerungen" bzw. Lagerungen mit "speziellen" Hilfsmitteln zu. Dass es in der Überschrift des OPS 8-390 lediglich "Lagerungsbehandlung" heißt, ist unschädlich. Entscheidend ist die Formulierung des Hinweises. Im Übrigen lautet auch die Überschrift zu den OPS 8-31 bis 8-39 "Immobilisation und spezielle Lagerung". Sind nach dem Hinweis nur spezielle Lagerungen zu kodieren, so bedeutet dies, dass nichtspezielle oder allgemeine Lagerungsbehandlungen nicht zu kodieren sind. Andernfalls wäre die wiederholte Verwendung des Wortes "speziell" nicht erforderlich.
Für die Auslegung des Merkmals "spezielle Lagerung" greift die Kammer zurück auf allgemeine Definitionen von Lagerungen bzw. Lagerungsbehandlungen. In der Enzyklopädie wikipedia.de heißt es im Beitrag "Lagerung (Pflege)", dass sich die Zielsetzung der Lagerung unterscheiden könne, jedoch "in der Regel der Druckentlastung" diene. Unter der Überschrift "Druckentlastende Positionen" heißt es weiter, dass "ein Schwerpunkt angewandter Lagerungen in der Druckentlastung und der Prophylaxe von Druckgeschwüren." liege. Als Beispiel wird an erster Stelle die auch hier angewandte 30-Grad-Seitenlagerung erwähnt. Nur bei "besonderer Gefährdung" sei auch eine Weich- oder Superweichlagerung auf Antidekubitus- oder Wechseldruckmatratzen erforderlich. Ausgehend von dieser Definition ist eine Lagerung zur Dekubitusprophylaxe, wie sie im vorliegenden Fall erfolgte, diejenige, die am ehesten als "allgemeine" oder "standardmäßige" Lagerungsbehandlung im Gegensatz zu einer "speziellen" Lagerungsbehandlung angesehen werden kann.
Dieses sich auf den reinen Wortlaut und allgemeine Definitionen stützende Auslegungsergebnis wird gestützt durch die Einbeziehung der im Hinweis zum OPS 8-390 in Klammern gesetzten Beispielsfälle. Dabei dürfte zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitig sein, dass ein spezielles Hilfsmittel nicht verwandt wurde, so dass es allein auf die Frage einer speziellen Lagerung und insofern auf den Vergleich mit den dort genannten Beispielsfällen ankommt. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die Lagerung bei Schienen und Extensionen, Wirbelsäuleninstabilität, Hemi- und Tetraplegie oder nach großen Schädel-Hirn-Operationen einen ganz besonderen Aufwand verursacht oder den Einsatz besonderer Lagerungstechniken erfordert. So leuchtet es unmittelbar ein, dass im Falle einer Wirbelsäuleninstabilität oder nach einer großen Schädel-Hirn-Operation besondere Vorsicht im Umgang mit dem zu lagernden Patienten geboten ist. Gleiches gilt beispielsweise für Patienten mit Hemiplegie. Hier kommt beispielsweise das sogenannte Bobath-Konzept zur Anwendung. Die Lagerung im Rahmen dieses Konzeptes geht deutlich über die bloße Lagerung zur Dekubitusprophylaxe hinaus (vgl. hierzu den Beitrag "Schlaganfall: Pflege" auf der Internetseite wikibooks.org). Die Kammer lässt dahinstehen, ob tatsächlich bei jedem der im Hinweis zum OPS 8-390 genannten Beispielsfälle ein pflegerischer Aufwand entsteht, der deutlich über denjenigen einer Lagerungsbehandlung zur reinen Dekubitusprophylaxe hinausgeht. Entscheidend ist, dass eine Lagerungsbehandlung in den genannten Beispielsfällen regelmäßig einen erhöhten Aufwand bzw. eine besondere Rücksichtnahme erfordern dürfte. Die Kammer stellt klar, dass sie dieses Erfordernis eines erhöhten Aufwands allein aus der hier einschlägigen Fassung des Hinweises zum OPS 8-390 und nicht aus dessen Fassung von 2006 ableitet.
Ist die hier zu beurteilende Lagerungsbehandlung zur Dekubitusprophylaxe nicht mit den im OPS 8-390 genannten Beispielsfällen vergleichbar, kann sie nicht als spezielle Lagerung im Sinne dieser Prozedur angesehen und entsprechend kodiert werden.
Des Weiteren gibt die Kammer zu bedenken, dass es bei der Erstellung des OPS 8-390 in der hier streitigen Fassung ein Einfaches gewesen wäre, die Lagerung zur Dekubitusprophylaxe als Beispielsfall aufzuführen, wenn denn deren Kodierbarkeit gewollt gewesen wäre. Gerade weil es sich bei dieser Lagerungsbehandlung um eine der häufigsten – wenn nicht die häufigste – handelt, hätte es sich gleichsam aufdrängen müssen, sie in den Hinweis aufzunehmen. Das ist aber nicht geschehen.
Da die Auslegung des Begriffs "speziell" bereits aus dem Hinweis zum OPS 8-390 selbst heraus möglich ist, bedarf es entgegen dem Vortrag der Klägerin und dem von ihr in Bezug genommenen Gutachten von Prof. Dr. R. keines Rückgriffs auf die DKR(2005) P014d. Der Rückgriff auf diese Kodierregel dürfte im Übrigen auch unzulässig sein. Denn gemäß Satz 2 i.V.m. Satz 1 dieser Kodierregel werden Prozeduren, die routinemäßig bei den meisten Patienten durchgeführt werden, gar nicht in den OPS aufgenommen. Wenn die Frage, ob eine Prozedur routinemäßig bei den meisten Patienten durchgeführt wird, also für die Frage maßgeblich ist, ob eine Prozedur in den OPS aufgenommen wird, dann kann ebendiese Frage nicht zugleich maßgeblich für die Auslegung des Merkmals einer bestimmten im OPS bereits enthaltenen Prozedur sein. Soweit Prof. Dr. R. im Übrigen aus der DKR(2005) P014d meint ableiten zu können, dass es allein darauf ankommt, ob eine Lagerungsbehandlung routinemäßig bei allen Patienten – also wirklich bei allen Patienten, die in einem Krankenhaus behandelt werden – durchgeführt wird, so steht dies im ausdrücklichen Widerspruch zur DKR(2005) P014d wo es heißt, dass es sich um "Standardmaßnahmen bei bestimmten Diagnosen und Prozeduren" handele (vgl. DKR(2005), Seite 51).
Soweit auf Patienten "in vergleichbaren Fällen" abgestellt wird (wie etwa in der Kodierempfehlung Nr. 93 der Expertengruppe SEG 4 der MdK-Gemeinschaft) stellt sich das Problem diesen Vergleichsfall zu konkretisieren: Neben einem Vergleich mit Patienten, bei denen eine koronare Bypassoperation durchgeführt wurde, käme hier etwa auch ein Vergleich mit solchen Patienten in Betracht, bei denen infolge einer kardiopulmonalen Dekompensation eine Intubation erforderlich wird. Dies wäre deshalb problematisch, weil die Kammer mit der Klägerin davon ausgeht, dass nach koronaren Bypassoperationen längerfristige Lagerungsbehandlungen zur Dekubitusprophylaxe regelmäßig nicht erforderlich sein dürften. Solche Patienten dürften vielmehr regelmäßig bereits nach kurzer Zeit wieder extubiert werden können, weswegen eine Lagerungsbehandlung zur Dekubitusprophylaxe dann entbehrlich sein dürfte. Dies belegt gerade der vorliegende Fall, in dem die streitgegenständliche Lagerungsbehandlung erst aufgrund einer postoperativen Komplikation in Form einer kardiopulmonalen Dekompensation und einer damit einhergehenden Reintubation erforderlich war. Der Klageanspruch wird dadurch jedoch nicht begründet. Denn zum einen fehlt es an einem eindeutigen Kriterium für die Auswahl der Vergleichsgruppe, zum anderen ist das Anstellen eines solchen Vergleichs aufgrund der von der Kammer vorgenommenen Auslegung gar nicht erst erforderlich.
Die Kostenenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Die Höhe des Streitwerts ergibt aus §§ 3 Abs. 1; 52 Abs. 1, Abs. 3; 43 Abs. 1 GKG.
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