Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 166 KR 758/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 88/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob der Beigeladene zu 5) (nachfolgend nur noch: "der Beigeladene") in seiner Beschäftigung im Lebensmittelmarkt seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 6) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene") ab dem 1. März 2003 der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Der 1963 geborene Beigeladene war vom 1. März 2003 bis zum 30. Juli 2006 bei der T BKK kranken- und pflegeversichert, deren Rechtsnachfolger die Beklagte und deren Pflegekasse, die Beigeladene zu 2) sind. Er ist seit 1. Juli 2006 bei der K freiwillig versichert. Die Beigeladenen sind seit 1994 verheiratet. Die Beigeladene, gelernte Verkäuferin, betreibt seit 1998 einen Einzelhandel mit Lebensmitteln und anderen Artikeln.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Prüfung, ob für ihn im Unternehmen seiner Ehefrau seit dem 1. Januar 1999 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe. Beigefügt war der schriftliche Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten vom 15. Dezember 1998. Nach diesem verpflichtete sich der Beigeladene als Ehegatte ab 1. Januar 1999 im Unternehmen als Filialleiter entgeltlich mitzuarbeiten. Als Arbeitszeit ist 37,5 Stunden pro Woche vereinbart. Das Bruttogehalt ist im Vertragstext auf 5.000,- DM festgelegt. Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder ärztlich verordnete Kur wird das Gehalt für die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt. Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird nach Tarif gezahlt. Der Beigeladene erhält einen Jahresurlaub in Höhe von 36 Werktagen. In dem weiter beigefügten Feststellungsbogen gaben die Beigeladenen unter anderem an, dass der Beigeladene ein regelmäßiges monatliches Entgelt in Höhe von 3.280,- Euro brutto erhalte, ferner Weihnachts- und Urlaubsgeld. Es werde als Betriebsausgabe verbucht und auf sein privates Girokonto überwiesen. Er habe Sicherheiten in Höhe von 65.000,- Euro für die Betriebsinhaberin übernommen, ferner Bürgschaften in Höhe von 135.000,- Euro.
Mit Bescheid vom 28. Dezember 2005 stellte die Beklagte gegenüber den Beigeladenen fest, dass der Beigeladene seit dem 1. März 2003 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Sie erstattete in der Folgezeit Beiträge in der Höhe von 3.300,10 Euro. Sie reichte ferner mit Faxschreiben vom 15. März 2006 einen Erstattungsantrag an die Klägerin. Diese bat daraufhin mit Schreiben vom 29. Mai 2006, die Aufhebung des Bescheides vom 28. Dezember 2005 zu prüfen. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben von 21. Oktober 2006 mit, an ihrer Rechtsauffassung festzuhalten. Sie hörte in der Folgezeit dennoch den Beigeladenen zu einer möglichen Rücknahme des Bescheides an.
Am 23. Februar 2007 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Die Beklagte hat ihren Bescheid verteidigt und auf das erhebliche unternehmerische Risiko aufgrund der Bürgschaftsübernahme und Eintragung einer Grundschuld durch den Beigeladenen hingewiesen. Der Beigeladene hat vorgebracht, die Klage sei mangels Einhaltung der Klagefrist unzulässig. Eine Rücknahme des angefochtenen Bescheides sei nicht möglich. Er habe auf den Bestand des Bescheides vertraut. Im Übrigen treffe er unternehmensgestaltende Entscheidungen gemeinsam mit seiner Ehefrau und verfüge frei über alle Geschäftskonten. Er könne Personal anstellen und entlassen.
Das SG hat die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2010 befragt. Auf die Sitzungsniederschrift wird ergänzend Bezug genommen. Es hat mit Urteil vom selben Tag den Bescheid der Beklagen vom 28. Dezember 2005 hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 5) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 6) seit dem 1. März 2003 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Die Klage sei als Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Es überwögen vorliegend die Merkmale, welche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sprächen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beigeladenen. Die Klage sei bereits unzulässig, weil die Rechtsbehelfsbelehrung ausreichend gewesen sei. Die Klägerin sei nicht gehindert gewesen, Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid einzulegen. Aus § 78 Abs. 1 Nr. 3 SGG folge lediglich die Möglichkeit, dass der Rentenversicherungsträger klagen könne, ohne vorab ein Widerspruchsverfahren durchführen lassen zu müssen. Ein solches könne durchaus möglich und sinnvoll sein. Das Urteil sei auch sachlich unrichtig. Der Beigeladene arbeite nicht fremdbestimmt in einem typischen Über-Unterordnungsverhältnis, sondern in einem durch familiäre Verbundenheit geschaffenen gleichberechtigten Nebeneinander. Das Unternehmen werde alleine von ihm geleitet. Dies ergäbe sich bereits aus der geringen Anwesenheitszeit der Beigeladenen im Unternehmen. Der Beigeladene könne seine Tätigkeit in jeder Hinsicht frei gestalten und beispielsweise seinen Arbeitsplatz für private Angelegenheiten verlassen. Er leite sowohl das operative Tagesgeschäft wie die strategische Entwicklung. Ferner habe er die einschlägigen Branchenkenntnisse, verfüge über Kontovollmacht und habe durch die Übernahme von Darlehen, Bürgschaften und die Gewährung von Sicherheiten (Grundschuldeintragungen, Abtretungen) ein erhebliches unternehmerisches Risiko übernommen. Der steuerlichen Ausgestaltung komme keine Indizwirkung zu. Es müsse zivilrechtlich auch keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den Eheleuten bestehen. Es sei tatsächlich ohne weiteres möglich, dass ein Familienangehöriger sozialversicherungsfrei beschäftigt sei, obgleich eine Personengesellschaft nicht bestehe.
Der Beigeladene zu 5) beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Februar 2010 aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 SGG entscheiden. Die Beteiligten sind auf diese Vorgehensweise und deren Voraussetzungen im Erörterungstermin vom 4. April 2011 hingewiesen worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht als zulässig und begründet angesehen. Auf seine Ausführungen wird zunächst nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Anfechtungsklage ist zulässig. Ein Widerspruchsverfahren, welches nicht vom Gesetz vorgesehen ist, ist unstatthaft und muss zur Verwerfung des Widerspruches führen. Einziger Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 28. Dezember 2005 war für die Klägerin die Klage.
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Der hinsichtlich der Feststellung der Rentenversicherungsfreiheit angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2005 ist rechtswidrig, er verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Rücknahmevorschriften sind nicht einschlägig: Der angefochtene Bescheid ist nie bestandskräftig geworden. Die Beklagte hat ihn auch nicht zurückgenommen. Das Vertrauen des Beigeladenen auf den Bestand des angefochtenen Bescheides wäre auch dann nicht nach § 45 Abs. 1 bis 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) geschützt. Diese Regelung gilt nach § 49 SGB X nicht, wenn - wie hier - ein begünstigender Verwaltungsakt von einem Dritten - hier der Klägerin - angefochten worden ist.
Der Beigeladene ist auch zur Überzeugung des Senats im streitgegenständlichen Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen und damit nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45); so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R - juris).
Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 - juris). Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002-42 S. 238f). Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 Rar 25/86 - BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975).
Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist das SG zutreffend von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausgegangen.
Es besteht ein schriftlicher Arbeitsvertrag, der dem Beigeladenen einen adäquaten Lohn zubilligt. Er erhält Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Ihm stehen Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall zu. Bereits das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er auch als Geschäftsführer bzw. Leiter des S - bzw. E Marktes - wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert ist. Das Unternehmen ist nach wie vor das Einzelunternehmen der Beigeladenen.
Maßgeblich ist hier, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht, der auch gelebt wird. Der Kläger ist als Filialeiter angestellt und damit quasi der Geschäftsführer des Unternehmens. Ungeachtet dessen ist nach außen und von Rechts wegen nur seine Ehefrau die maßgebliche Unternehmerin. Die Beigeladene ist als Fachverkäuferin auch nicht fachfremd.
Zu Recht hat das SG auch die Darlehensgewährungen, Bürgschaften und Stellung von Grundsicherheiten nicht als so gewichtiges Unternehmerrisiko angesehen, dass insgesamt von selbständiger Tätigkeit ausgegangen werden kann. Ganz allgemein ist die Gewährung von Darlehen bzw. Sicherheiten unter Familienangehörigen mit der Gewährung eines Darlehens oder einer Sicherheit durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht gleichsetzbar. Familienmitglieder haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2010 - L 11 KR 2460/09 - juris). Maßgeblich ist insgesamt nicht, ob die Eheleute seit Jahrzehnten einvernehmlich alle betrieblichen Angelegenheiten regeln. Im Konfliktfall könnte die Beigeladene ihrem Ehemann als angestelltem Geschäftsführer Weisungen erteilen. Sie alleine ist Rechtsinhaber des Einzelhandelunternehmens.
Die Klage ist auch in Hinblick auf den Feststellungsantrag zulässig und begründet. Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Urteil vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -). § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung zwar nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz gleichwohl auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An diesem fehlte es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gäbe oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage indessen nur zur Aufhebung des die Versicherungspflicht verneinenden Bescheides der Beklagten und nicht auch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen zu 3) und 4) aus deren Sicht begünstigende Bescheid aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -), so dass letztere zulässig ist. Dass der Beigeladene abhängig beschäftigt gewesen ist, ergibt sich aus dem oben Erörterten. Die Feststellungswirkung kann allerdings nur "inter partes" also für die Beteiligen gelten. Der Feststellungswirkung kommt ferner deshalb nur Wirkung bis einschließlich 30. Juni 2006 zu, soweit die Beklagte als Einzugsstelle inzident über die Beschäftigungsverhältnisse zu entscheiden hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da der Beigeladene zu 5) Berufungskläger ist und zum Personenkreis des § 183 SGG gehört.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob der Beigeladene zu 5) (nachfolgend nur noch: "der Beigeladene") in seiner Beschäftigung im Lebensmittelmarkt seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 6) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene") ab dem 1. März 2003 der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Der 1963 geborene Beigeladene war vom 1. März 2003 bis zum 30. Juli 2006 bei der T BKK kranken- und pflegeversichert, deren Rechtsnachfolger die Beklagte und deren Pflegekasse, die Beigeladene zu 2) sind. Er ist seit 1. Juli 2006 bei der K freiwillig versichert. Die Beigeladenen sind seit 1994 verheiratet. Die Beigeladene, gelernte Verkäuferin, betreibt seit 1998 einen Einzelhandel mit Lebensmitteln und anderen Artikeln.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Prüfung, ob für ihn im Unternehmen seiner Ehefrau seit dem 1. Januar 1999 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe. Beigefügt war der schriftliche Arbeitsvertrag zwischen Ehegatten vom 15. Dezember 1998. Nach diesem verpflichtete sich der Beigeladene als Ehegatte ab 1. Januar 1999 im Unternehmen als Filialleiter entgeltlich mitzuarbeiten. Als Arbeitszeit ist 37,5 Stunden pro Woche vereinbart. Das Bruttogehalt ist im Vertragstext auf 5.000,- DM festgelegt. Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder ärztlich verordnete Kur wird das Gehalt für die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt. Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird nach Tarif gezahlt. Der Beigeladene erhält einen Jahresurlaub in Höhe von 36 Werktagen. In dem weiter beigefügten Feststellungsbogen gaben die Beigeladenen unter anderem an, dass der Beigeladene ein regelmäßiges monatliches Entgelt in Höhe von 3.280,- Euro brutto erhalte, ferner Weihnachts- und Urlaubsgeld. Es werde als Betriebsausgabe verbucht und auf sein privates Girokonto überwiesen. Er habe Sicherheiten in Höhe von 65.000,- Euro für die Betriebsinhaberin übernommen, ferner Bürgschaften in Höhe von 135.000,- Euro.
Mit Bescheid vom 28. Dezember 2005 stellte die Beklagte gegenüber den Beigeladenen fest, dass der Beigeladene seit dem 1. März 2003 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Sie erstattete in der Folgezeit Beiträge in der Höhe von 3.300,10 Euro. Sie reichte ferner mit Faxschreiben vom 15. März 2006 einen Erstattungsantrag an die Klägerin. Diese bat daraufhin mit Schreiben vom 29. Mai 2006, die Aufhebung des Bescheides vom 28. Dezember 2005 zu prüfen. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben von 21. Oktober 2006 mit, an ihrer Rechtsauffassung festzuhalten. Sie hörte in der Folgezeit dennoch den Beigeladenen zu einer möglichen Rücknahme des Bescheides an.
Am 23. Februar 2007 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Die Beklagte hat ihren Bescheid verteidigt und auf das erhebliche unternehmerische Risiko aufgrund der Bürgschaftsübernahme und Eintragung einer Grundschuld durch den Beigeladenen hingewiesen. Der Beigeladene hat vorgebracht, die Klage sei mangels Einhaltung der Klagefrist unzulässig. Eine Rücknahme des angefochtenen Bescheides sei nicht möglich. Er habe auf den Bestand des Bescheides vertraut. Im Übrigen treffe er unternehmensgestaltende Entscheidungen gemeinsam mit seiner Ehefrau und verfüge frei über alle Geschäftskonten. Er könne Personal anstellen und entlassen.
Das SG hat die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2010 befragt. Auf die Sitzungsniederschrift wird ergänzend Bezug genommen. Es hat mit Urteil vom selben Tag den Bescheid der Beklagen vom 28. Dezember 2005 hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 5) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 6) seit dem 1. März 2003 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Die Klage sei als Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Es überwögen vorliegend die Merkmale, welche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sprächen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beigeladenen. Die Klage sei bereits unzulässig, weil die Rechtsbehelfsbelehrung ausreichend gewesen sei. Die Klägerin sei nicht gehindert gewesen, Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid einzulegen. Aus § 78 Abs. 1 Nr. 3 SGG folge lediglich die Möglichkeit, dass der Rentenversicherungsträger klagen könne, ohne vorab ein Widerspruchsverfahren durchführen lassen zu müssen. Ein solches könne durchaus möglich und sinnvoll sein. Das Urteil sei auch sachlich unrichtig. Der Beigeladene arbeite nicht fremdbestimmt in einem typischen Über-Unterordnungsverhältnis, sondern in einem durch familiäre Verbundenheit geschaffenen gleichberechtigten Nebeneinander. Das Unternehmen werde alleine von ihm geleitet. Dies ergäbe sich bereits aus der geringen Anwesenheitszeit der Beigeladenen im Unternehmen. Der Beigeladene könne seine Tätigkeit in jeder Hinsicht frei gestalten und beispielsweise seinen Arbeitsplatz für private Angelegenheiten verlassen. Er leite sowohl das operative Tagesgeschäft wie die strategische Entwicklung. Ferner habe er die einschlägigen Branchenkenntnisse, verfüge über Kontovollmacht und habe durch die Übernahme von Darlehen, Bürgschaften und die Gewährung von Sicherheiten (Grundschuldeintragungen, Abtretungen) ein erhebliches unternehmerisches Risiko übernommen. Der steuerlichen Ausgestaltung komme keine Indizwirkung zu. Es müsse zivilrechtlich auch keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den Eheleuten bestehen. Es sei tatsächlich ohne weiteres möglich, dass ein Familienangehöriger sozialversicherungsfrei beschäftigt sei, obgleich eine Personengesellschaft nicht bestehe.
Der Beigeladene zu 5) beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Februar 2010 aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 SGG entscheiden. Die Beteiligten sind auf diese Vorgehensweise und deren Voraussetzungen im Erörterungstermin vom 4. April 2011 hingewiesen worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht als zulässig und begründet angesehen. Auf seine Ausführungen wird zunächst nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die Anfechtungsklage ist zulässig. Ein Widerspruchsverfahren, welches nicht vom Gesetz vorgesehen ist, ist unstatthaft und muss zur Verwerfung des Widerspruches führen. Einziger Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 28. Dezember 2005 war für die Klägerin die Klage.
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Der hinsichtlich der Feststellung der Rentenversicherungsfreiheit angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2005 ist rechtswidrig, er verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Rücknahmevorschriften sind nicht einschlägig: Der angefochtene Bescheid ist nie bestandskräftig geworden. Die Beklagte hat ihn auch nicht zurückgenommen. Das Vertrauen des Beigeladenen auf den Bestand des angefochtenen Bescheides wäre auch dann nicht nach § 45 Abs. 1 bis 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) geschützt. Diese Regelung gilt nach § 49 SGB X nicht, wenn - wie hier - ein begünstigender Verwaltungsakt von einem Dritten - hier der Klägerin - angefochten worden ist.
Der Beigeladene ist auch zur Überzeugung des Senats im streitgegenständlichen Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen und damit nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45); so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R - juris).
Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 - juris). Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002-42 S. 238f). Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 Rar 25/86 - BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975).
Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist das SG zutreffend von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausgegangen.
Es besteht ein schriftlicher Arbeitsvertrag, der dem Beigeladenen einen adäquaten Lohn zubilligt. Er erhält Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Ihm stehen Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall zu. Bereits das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass er auch als Geschäftsführer bzw. Leiter des S - bzw. E Marktes - wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert ist. Das Unternehmen ist nach wie vor das Einzelunternehmen der Beigeladenen.
Maßgeblich ist hier, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht, der auch gelebt wird. Der Kläger ist als Filialeiter angestellt und damit quasi der Geschäftsführer des Unternehmens. Ungeachtet dessen ist nach außen und von Rechts wegen nur seine Ehefrau die maßgebliche Unternehmerin. Die Beigeladene ist als Fachverkäuferin auch nicht fachfremd.
Zu Recht hat das SG auch die Darlehensgewährungen, Bürgschaften und Stellung von Grundsicherheiten nicht als so gewichtiges Unternehmerrisiko angesehen, dass insgesamt von selbständiger Tätigkeit ausgegangen werden kann. Ganz allgemein ist die Gewährung von Darlehen bzw. Sicherheiten unter Familienangehörigen mit der Gewährung eines Darlehens oder einer Sicherheit durch einen fremden Arbeitnehmer, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist, nicht gleichsetzbar. Familienmitglieder haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Februar 2010 - L 11 KR 2460/09 - juris). Maßgeblich ist insgesamt nicht, ob die Eheleute seit Jahrzehnten einvernehmlich alle betrieblichen Angelegenheiten regeln. Im Konfliktfall könnte die Beigeladene ihrem Ehemann als angestelltem Geschäftsführer Weisungen erteilen. Sie alleine ist Rechtsinhaber des Einzelhandelunternehmens.
Die Klage ist auch in Hinblick auf den Feststellungsantrag zulässig und begründet. Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Urteil vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -). § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung zwar nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz gleichwohl auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An diesem fehlte es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gäbe oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage indessen nur zur Aufhebung des die Versicherungspflicht verneinenden Bescheides der Beklagten und nicht auch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen zu 3) und 4) aus deren Sicht begünstigende Bescheid aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -), so dass letztere zulässig ist. Dass der Beigeladene abhängig beschäftigt gewesen ist, ergibt sich aus dem oben Erörterten. Die Feststellungswirkung kann allerdings nur "inter partes" also für die Beteiligen gelten. Der Feststellungswirkung kommt ferner deshalb nur Wirkung bis einschließlich 30. Juni 2006 zu, soweit die Beklagte als Einzugsstelle inzident über die Beschäftigungsverhältnisse zu entscheiden hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da der Beigeladene zu 5) Berufungskläger ist und zum Personenkreis des § 183 SGG gehört.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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