Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 11 R 1053/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 107/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind zwischen den Beteiligten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Beginn einer dem Kläger mit Urteil des Sozialgerichts Halle (SG) vom 15. Februar 2010 zugesprochenen befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI).
Der am 1952 geborene Kläger erlernte nach Abschluss der 7. Klasse der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule den Beruf eines Maurers. Bis zum Jahr 2002 übte der Kläger wechselnd den erlernten Beruf als auch langjährig eine Tätigkeit als Baggerfahrer aus. Seit dem 1. September 2006 bezog er eine mit Bescheid vom 6. März 2007 dauerhaft gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Höhe von monatlich 375,75 EUR aufgrund eines am 26. Januar 2007 vor dem SG geschlossenen Vergleiches.
Am 20. März 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er begründete seinen Antrag damit, dass er seit dem 14. Februar 2004 unter Bluthochdruck, Erschöpfungszuständen, Atemnot, Benommenheit, einer reaktiven Depression, Nierenzysten und der Erweiterung seines linken Herzmuskels leide. Aufgrund seiner Erkrankungen könne er keinerlei Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.
Die Beklagte holte im Verwaltungsverfahren einen Befundbericht der den Kläger behandelnden Nervenfachärztin Dr. G. ein, die in ihrem Bericht vom 23. März 2007 diagnostizierte, dass der Kläger unter einer neurotischen Fehlentwicklung mit ausgeprägten Somatisierungsstörungen, depressivverzweifelten Schwankungen und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ leide. Der Kläger befinde sich deshalb seit 1975 in nervenärztlicher Behandlung; seit dem 19. Februar 2005 behandele sie den Kläger monatlich regelmäßig. Seine Erkrankung zeige ein allmähliches, jetzt nicht mehr korrigierbares Beschwerdebild. Eine Verschlechterung der Befunde sei seit 2005 festzustellen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin die Begutachtung durch die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. , die in ihrem Gutachten vom 10. Juli 2007 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 31. Mai 2007 eine Somatisierungsstörung bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzißtischen Anteilen diagnostizierte. Die Durchführung des Mehrfachwortwahltestes (MWT) habe eine durchschnittliche intellektuelle Befähigung ergeben; der Kurztest zur Erfassung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen (SKT) habe keine Defizite gezeigt. Im EEG sei ein ausreichend stabiler Grundrhythmus ohne Hinweise auf eine Allgemeinveränderung, einen Herdbefund oder eine cerebrale Erregbarkeitssteigerung nachweisbar gewesen. Zusammenfassend stellte sie u.a. fest, dass der Kläger – insbesondere auch in der psychodynamischen Betrachtung – im Hinblick auf seine soziale Integrationsfähigkeit, die Strukturierung des Alltags sowie die Freizeitmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Konkurrenzbedingungen sowie unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen täglich im Umfang von sechs Stunden und mehr belastbar sei. Der Kläger könne unter Meidung von Stressbelastung durch Akkordarbeit und Zeitdruck einfache intellektuelle Tätigkeiten im genannten Umfang ausführen.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 23. Juli 2007 ab. Nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen sei die Erwerbsfähigkeit zwar durch eine psychische Gesundheitsstörung, Bluthochdruck, einen Zustand nach Darmpolypenabtragung sowie eine Nierenzyste beeinträchtigt. Gleichwohl könne der Kläger eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Hiergegen erhob der Kläger am 26. Juli 2007 mit der Begründung Widerspruch, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei und sein Gesundheitszustand sich weiter verschlechtert habe. Die Beklagte stellte im Widerspruchsverfahren fest, dass weitere medizinische Erhebungen nicht erforderlich seien, und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2007 zurück.
Mit der am 10. Dezember 2007 vor dem SG erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich der Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterverfolgt. Seine soziale Absicherung sei mit Beginn seiner Erkrankung am 12. Dezember 2004 verloren gegangen. Nach nunmehr fünfjähriger Arbeitsunfähigkeit habe er Schulden in Höhe von über 15.000 EUR. Die zunehmenden sozialen und gesundheitlichen Probleme sowie der Umgang mit Behörden machten es erforderlich, auf "soziale Absicherung (volle Erwerbsunfähigkeitsrente)" zu klagen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. G. hat in ihrem Befundbericht vom 10. April 2008 mitgeteilt, dass bei dem Kläger eine ausgeprägte psychosomatische Störung, ein Antriebsdefizit mit depressiven Verstimmungen und Selbstwertkrisen sowie eine soziale Phobie mit hohem Leidensdruck vorlägen. Seit Beginn 2007 sei eine deutliche Verschlechterung mit Leistungsdefizit und Lebensüberdrussgedanken, "weil keiner ihn verstehen könne", zu beobachten. Der Kläger sei ihrer Auffassung nach weniger als drei Stunden täglich belastbar. Zur Begründung des eingeschätzten Leistungsvermögens hat sie ausgeführt, dass sie lange und oft mit dem Kläger über seine Problematik gesprochen habe. Aufgrund seines allgemeinkörperlichen und psychischen Schwächegefühls mit einhergehendem hohem Leidensdruck sei eine berufliche Wiedereingliederung nicht sinnvoll.
Der Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie Dr. L. hat mit Befundbericht vom 14. April 2008 mitgeteilt, dass er den Kläger seit 1998 regelmäßig behandele. Der diagnostizierte Bluthochdruck sei medikamentös eingestellt. Der Kläger leide zudem unter einem Nierenversagen Stadium 1 (Skala 1 – 5), einer chronischen Harnsäureer-höhung und einem Zustand nach B-Hepatitis (nicht mehr aktiv). Seit 2005 bestehe eine nephrologisch konstante Befundsituation. Im Vordergrund stünden bei dem Kläger die psychiatrischen Beschwerden. Aus nephrologischer Sicht könne der Kläger leichte körperliche Arbeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die den Kläger seit 1993 behandelnde Allgemeinmedizinerin H. hat dem SG in ihrem Bericht vom 15. April 2008 u.a. mitgeteilt, dass sie beim Kläger eine Hypertonie mit krisenhaften Anstiegen und Schwindel, eine hypertensive Herzkrankheit, eine pulmonale Hypertonie, eine Polyposis coli, Nierenzysten beidseits, eine Somatisierungsstörung, depressive Episoden und eine Non-Compliance diagnostiziert habe. Es handele sich um einen insgesamt schwierigen Patienten mit unzureichender Bereitschaft zur Mitarbeit bei therapeutischen Maßnahmen. Die sozialen Verhältnisse seien aufgrund von Schulden schwierig. Wegen der Nichteinhaltung der ärztlichen Anordnungen und der eigenmächtigen Einnahme bzw. Nichteinnahme von Medikamenten seien Folgeerkrankungen der Hypertonie aufgetreten. In diesem Zusammenhang hat die behandelnde Allgemeinmedizinerin auf die Epikrise über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 11. bis zum 19. Februar 2008 im Krankenhaus M. H. gGmbH verwiesen. Danach sei dieser wegen einer Dyspnoe und allgemeiner körperlicher Schwäche auf eigenen Wunsch eingewiesen worden.
Mit Beweisanordnung vom 16. September 2008 hat das SG die nervenärztliche Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. L. veranlasst. Diese hat am 25. Februar 2009 ihr Gutachten erstattet und ausgeführt, dass der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, sensitiven und zwanghaften Anteilen sowie einer Neurasthenie leide. Es fände sich eine sehr auffällig strukturierte Persönlichkeit mit hohen schizoiden, sensitiven und zwanghaften Anteilen sowie eine allgemeine Schwäche, Minderbelastbarkeit und Empfindlichkeit, die sich aus ihrer Sicht am ehesten mit der Diagnose Neurasthenie beschreiben lasse. Es bestünden zudem deutliche Störungen der ich-strukturellen Fähigkeiten. Daraus erwüchsen ein Mangel an sozialer Integrationsfähig-keit, Verarbeitungsfähigkeit für soziale Ereignisse und eine mangelnde Kontakt-, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit, die die Bewältigung des Alltags deutlich erschwerten und zu gehäuften Konflikten und Problemen führten. Das sich reaktiv entwickelnde neurasthenische Syndrom führe zu einer starken Ermüd-, Erschöpf- und Minderbelastbarkeit sowie einem überhöhten Schlafbedürfnis, welches gleichzeitig einen Abwehr- und Bewältigungsmechanismus bei ständig bestehender Überforderungs- und Überlastungssituation durch den Alltag darstelle. Der Kläger sei aufgrund dieser psychischen Symptomatik vermindert psychophysisch belastbar. Die erhöhte Erschöpf- und Ermüdbarkeit sowie der erhöhte Regenerationsbedarf des Klägers führten zu einer verminderten Fähigkeit zu längerer kontinuierlicher Arbeit. Zudem bestünden eine verminderte psychische Belastbarkeit im Sinne einer verminderten Stresstoleranz, gesenkten Reiztoleranz und -verarbeitung, erhöhten Reiz- und Erregbarkeit sowie eine verminderte Konzentrationsfähigkeit. Die hauptsächliche Beeinträch-tigung werde durch die Persönlichkeitsstruktur und -störung des Klägers verursacht. In Bezug auf das Gutachten der Dr. S. bestünden deutliche Abweichungen. Dies beziehe sich vor allem darauf, dass Dr. S. eine Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert habe, während sie - Dr. L. - eine Persönlichkeitsstörung mit erheblichen ich-strukturellen Defiziten festgestellt habe. Die bisherigen Behandlungen hätten keine Änderungen im Gesundheitszustand des Klägers bewirkt; im Gegenteil fände sich eine progrediente Verschlechterung, die sich nach ihrer Auffassung nicht mehr mit den Anforderungen eines normalen Arbeitslebens in Einklang bringen lasse. Der Kläger könne nur noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen verrichten. Die Arbeiten sollten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen erfolgen. Der Kläger könne nur noch sehr leichte, unterdurchschnittliche Anforderungen in Bezug auf die Stress-, Problem- und Konfliktbewältigung sowie in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Reaktionsfä-higkeit bewältigen. Innerhalb dieses verbliebenen Leistungsvermögens könne der Kläger Tätigkeiten im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Eine strikte Einhaltung der vorgeschriebenen Pausen sei dringend erforderlich. Zusätzliche Pausen seien unter Umständen erforderlich, da eine stark erhöhte Ermüdbarkeit bestehe. Die zum Zeitpunkt der Begutachtung des Klägers bestehenden Einschränkungen ließen sich nach Aktenlage nur auf den Zeitpunkt der Untersuchung festlegen, da zuvor andere Leistungseinschätzungen getroffen worden seien, denen aus ihrer Sicht zu folgen sei. Es sei also seit dem Gutachten der Dr. S. vom 10. Juli 2007 offensichtlich noch einmal zu einer erheblichen Progredienz der Symptomatik und Verschlechterung der Befindlichkeit und des Leistungsvermögens gekommen, so dass zum Zeitpunkt der Untersuchung bzw. Begutachtung das geschilderte Leistungsvermögen anzunehmen sei. Es handele sich aus der Sicht ihres Fachgebietes um eine sich seit mehreren Jahren progredient entwickelnde und chronifizierte psychische Symptomatik ohne adäquate Behandlung, prognostisch ungünstig auf dem Boden einer Persönlichkeitsfehlentwicklung mit erheblichen ich-strukturellen Defiziten und schizoiden Anteilen bei einem inzwischen 57-jährigen Mann ohne Psychogeneseeinsicht. Die Behandelbarkeit sei aufgrund dieser Fakten erheblich in Frage gestellt. Mit einiger Wahrscheinlichkeit sei von einer Einschränkung auf Dauer auszugehen; dennoch sollte ein Behandlungsversuch einer ambulanten psychotherapeutischen Langzeittherapie durchgeführt werden.
In einem vor dem SG am 27. Oktober 2009 durchgeführten Erörterungstermin hat die Beklagte auf Anregung der damaligen Vorsitzenden, Richterin am SG A. , einen Vergleichsvorschlag zur Beendigung des Rechtsstreits unterbreitet, der die Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. September 2009 bis zum 31. August 2010 zum Gegenstand hatte. Als Eintritt der Erwerbsminderung (Leistungsfall) ist der "Tag der Begutachtung" des Klägers angenommen worden. Den im Termin unter dem Vorbehalt des Widerrufs geschlossenen Vergleich hat der Kläger am 3. November 2009 widerrufen. Er begehre die Rente wegen voller Erwerbsminderung seit Antragstellung. Auf Nachfrage des SG hat die Gutachterin Dr. L. am 11. Februar 2010 mitgeteilt, dass die dem Gutachten vom 25. Februar 2009 zugrundeliegende Untersuchung des Klägers am 19. Dezember 2008 stattgefunden hat.
Das SG hat unter dem Vorsitz der Richterin am SG N. mit Urteil vom 15. Februar 2010 die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2010. Dies ergäbe sich schon aus dem Teilanerkenntnis der Beklagten aus Punkt 2 des Vergleichsvorschlages des Gerichtes vom 27. Oktober 2010 in Verbindung mit der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2010 unter Einbeziehung des vom 25. Februar 2009 auf den 19. Dezember 2008 verlegten Leistungsfalles. Da der Kläger das Teilanerkenntnis nicht angenommen habe, sei die Verurteilung der Beklagten nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 307 Zivilprozessordnung (ZPO) geboten gewesen, ohne dass es der Prüfung der Berechtigung des Klageanspruchs bedurft hätte. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI habe der Kläger nicht. Zur Überzeugung des Gerichts sei der Kläger zu Beginn des Jahres 2007 in der Lage gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten in zeitlich nicht rentenrelevant gemindertem Umfang auszuüben. Das Gericht sei hierbei, nachdem die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Klägers vornehmlich im Bereich der psychischen Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit lägen, den umfangreichen und detaillierten Ausführungen der Dr. L. in ihrem Gutach-ten vom 25. Februar 2009 gefolgt. Die Gutachterin habe sich zudem überzeugend mit den Einschätzungen der im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Gutachterin auseinandergesetzt und schlüssig eine Veränderung der Leistungsfähigkeit im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens dargestellt.
Gegen das ihm 29. März 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. April 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) eingelegt. Streitgegenständlich sei die Festsetzung des Rentenbeginns. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm die Rente bereits ab dem 1. März 2007 zu gewähren sei. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen zur Gewährung einer vollen Er-werbsminderungsrente schon bei Antragstellung vorgelegen hätten. Die Beklagte hat das Urteil mit Bescheid vom 27. April 2010 ausgeführt; den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers gegen den Rentenbeginn am 1. Juli 2009 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2010 als unzulässig zurück-gewiesen, da die Frage des Rentenbeginns Gegenstand des Berufungsverfahrens sei; mit dem Bescheid vom 27. April 2010 sei lediglich das Urteil ausgeführt worden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 15. Februar 2010, den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. März 2007 bis zum 30. Juni 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz. Ein früherer Leistungsfall sei nicht belegt.
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2010 hat die Beklagte die Rentengewährung über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Oktober 2011 verlängert, ohne hierzu ein aktuelles Gutachten eingeholt zu haben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte unter Mitwirkung der Richterin am SG A. entscheiden, da ein Ausschlussgrund nach § 41 Nr. 6 ZPO nicht vorliegt.
Die Berufung ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 1. Juli 2009. Die dieses Begehren ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 23. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2007 sowie vom 27. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2010 sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, also wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Abweichend vom Wortlaut des § 43 Abs. 1 SGB VI haben aber auch Versicherte, die teilweise erwerbsgemindert sind, also nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) führt die teilweise Erwerbsminderung bei praktischer Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes für Tätigkeiten in einem täglichen zeitlichen Rahmen von drei bis unter sechs Stunden zu einer vollen Erwerbsminderung auf Zeit (vgl. schon zu § 1247 Reichsversicherungsordnung (RVO), BSG, Großer Senat (GS), Beschlüsse vom 12. Dezember 1976, GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 und GS 3/76; Schlegel/Voelzke, juris Praxiskommentar SGB VI, § 43, Rn. 31ff.; Reinhardt, SGB VI, Lehr- und Praxiskommentar, 2. Aufl., § 43 Rn. 11). Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Für den vom Kläger begehrten Rentengewährungszeitraum liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger verfügte bis zum 18. Dezember 2008 über ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen.
Der Kläger war bis zum 18. Dezember 2008 in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich in wechselnder Körperhaltung, mit unterdurchschnittlichen Anforderungen in Bezug auf die Stress-, Problem- und Konfliktbewältigung sowie auf die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Reaktionsfähigkeit, ohne Zeitdruck und Publikumsverkehr und ohne Nachtschicht zu verrichten. Er verfügte über eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände und war zumindest einfachen Anforderungen an geistige Fähigkeiten gewachsen.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senates aus den im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten. Die im Verwaltungsverfahren mit der Begutachtung des Klägers beauftragte Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. diagnostizierte nach der Untersuchung des Klägers am 31. Mai 2007 eine Somatisierungsstörung bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzißtischen Anteilen. Die psychische Befunderhebung ergab einen zum Zeitpunkt der Exploration bewusstseinsklaren, zum Ort, zur Zeit und Situation ausreichend orientierten, affektiv schwingungsfähigen Kläger, dessen Antriebsverhalten durchgängig regelrecht erschien. Der Kläger zeigte keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen. Nach Durchführung eines Mehrfachwortwahltests und eines Kurztests zur Erfassung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsdefiziten wurden dem Kläger eine durchschnittliche intellektuelle Befähigung und keine Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefizite attestiert. Ein erstelltes EEG ergab einen ausreichend stabilen Grundrhythmus ohne Hinweise auf eine Allgemeinveränderung, einen Herdbefund oder eine cerebrale Erregbarkeitssteigerung. Obwohl die Gutachterin eine Gedankeneinengung und Fixierung auf körperliche Beschwerden und Beeinträchtigungen feststellte, war zum Zeitpunkt der Untersuchung die soziale Integrationsfähigkeit gegeben und eine Tagestrukturierung möglich. Der Kläger zeigte zum Zeitpunkt der Exploration durch die Gutachterin ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten des Alltags und der Freizeitaktivitäten mit unterschiedlichen Interessen. Bei Schilderung der Aktivitäten zeigten sich Aufhellbarkeit und Interessiertheit. Während der Schilderung blieb der Kläger durchgängig freundlich und zugewandt.
Befunderhebung und Diagnose korrelieren mit den anamnestischen Darstellungen und Erhebungen. Der Kläger gab an, dass er seine kranke und vom Pflegedienst betreute Mutter "mitversorge", gern im Garten kleine Arbeiten erledige, sehr gern insbesondere Glaubenssachen lese, Gedanken hierzu oft für sich selbst aufschreibe und ehrenamtlich im Gartenvorstand arbeite. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung der Gutachterin, nach der der Kläger einfache intellektuelle Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich ausüben kann, ist aufgrund der dargestellten Untersuchungs- und Explorationsergebnisse nachvollziehbar und plausibel.
Der im Verwaltungsverfahren eingeholte Befundbericht der den Kläger behandelnden Nervenfachärztin Dr. G. vom 23. März 2007 steht hierzu nicht im Widerspruch. Auch sie diagnostizierte ausgeprägte Somatisierungsstörungen und befundete psychisch einen orientierten und wachen Patienten. Die darüber hinaus festgestellte neurotische Fehlentwicklung, die depressiv-verzweifelten Schwankungen sowie die diagnostizierte emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ sind von der Gutachterin bei Erstellung des Gutachtens berücksichtigt worden.
Die vom SG mit Beweisanordnung vom 16. September 2008 beauftragte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. L. kommt in ihrem Gutachten vom 25. Februar 2009 nach psychischer und testpsychologischer Befunderhebung zu dem Ergebnis, dass der Kläger unter einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, sensitiven und zwanghaften Anteilen leidet, die sich nach ihrer Auffassung am ehesten mit der Diagnose einer Neurasthenie beschreiben lässt. Der Kläger scheint bei der Exploration am 19. Dezember 2008 unsicher, hochgradig störanfällig und suggestibel sowie deutlich durch Minderwertigkeitsgefühle und Versagensängste beeinträchtigt. Die Konzentrations- und Merkfähigkeit sind deutlich gemindert. Es besteht zum Zeitpunkt der Untersuchung eine stark verminderte Konflikt-, Kritik-, Durchsetzungs- und Abgrenzungsfähigkeit. Die Abwehr- und Bewältigungsmechanismen stellen sich unreif pathologisch dar; Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sind deutlich gestört und vermindert. Der Kläger ist nicht zu altersadäquaten Kontakten in der Lage, die soziale Kompetenz ist niedrig. Es besteht eine erhöhte Ermüd- und Erschöpfbarkeit. Die testpsychologische Befundung nach der Symptomcheckliste von Derogatis (SCL 90-R) ergibt eine ausgeprägte und verfestigte psychische Symptomatik in Verbindung mit Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur. Der Test zeigt in fast allen Skalen ausgeprägt pathologische Werte. Im IPDE (International Personality Disorder Examination) -Screeningtest, einem strukturierten Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen, zeigt der Kläger sehr ausgeprägte und deutliche Hinweise auf eine schizoide Persönlichkeitsstruktur. Plausibel und nachvollziehbar kommt die Gutachterin hinsichtlich der festzustellenden Funktionseinschränkungen zu dem Ergebnis, dass der Kläger aufgrund der psychischen Symptomatik vermindert psychophysisch belastbar ist. Es besteht eine erhöhte Erschöpf- und Ermüdbarkeit, verminderte Fähigkeit zu längerer kontinuierlicher Arbeit, verminderte Stresstoleranz, gesenkte Reiztoleranz und verminderte Konzentrationsfähigkeit. Die hauptsächliche Beeinträchtigung, die durch die Persönlichkeitsstruktur und -störung verursacht wird, besteht in einer deutlich geminderten Fähigkeit zur sozialen Integration, zur Konflikt- und Problemlösung sowie zur Durchsetzung und Abgrenzung. Der Kläger kann aufgrund der erhobenen Befunde, durchgeführten Untersuchungen, mitgeteilten Diagnosen und Funktionseinschränkungen noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Tätigkeiten im Hocken, Bücken, Knien sowie Überkopfarbeiten sind möglich. Der Kläger kann nur noch sehr leichte, unterdurchschnittliche Anforderungen in Bezug auf Stress-, Problem-, und Konfliktbewältigung sowie in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Reaktionsfähigkeit bewältigen. Er ist zudem nicht in der Lage, unter Zeitdruck oder in Nachtschicht zu arbeiten. Arbeiten mit Publikumsverkehr oder in größeren Menschengruppen sind zu meiden.
Hinsichtlich des festgestellten Zeitpunkts der Einschränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers folgt der Senat den überzeugenden und detaillierten Ausführungen der Gutachterin. Das festgestellte verbliebene Leistungsvermögen des Klägers, Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen im Umfang von drei- bis unter sechs Stunden täglich auszuüben, lässt sich nur auf den Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers durch die Gutachterin am 19. Dezember 2008 mit der von der Rechtsprechung geforderten an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festlegen. Da es sich um eine chronifizierte psychische Erkrankung handelt, ist die Bestimmung des konkreten Zeitpunktes des Eintrittes der Erwerbsminderung – anders als z.B. bei einem Unfallereignis – schwierig. Zu beachten ist hierbei zudem, dass die ersten Behandlungen auf psychiatrischem Gebiet bereits 1972 bzw. 1975 stattfanden und der Kläger auch mit bereits zu diesem Zeitpunkt diagnostizierten psychischen Beeinträchtigungen vollschichtig einer beruflichen Tätigkeit als Maurer, Baggerfahrer und Maschinist mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2002 nachgegangen ist. Die Gutachterin setzt sich mit der Leistungseinschätzung der Vorgutachterin im Verwaltungsverfahren auseinander und stellt deren fachärztliche Aussage und Einschätzung des Leistungsvermögens nicht in Frage. Plausibel wird dargelegt, dass es seit dem Gutachten von Dr. S. vom 10. Juli 2007 offensichtlich noch einmal zu einer erheblichen Progredienz der Symptomatik und Verschlechterung der Befindlichkeit und des Leistungsvermögens gekommen ist, so dass zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung das festgestellte Leistungsvermögen anzunehmen ist. Sowohl die den Kläger seit 2003 behandelnde Nervenfachärztin Dr. G. als auch die Gutachterin Dr. L. stellen übereinstimmend fest, dass sich die Fehlentwicklung des Klägers seit mehreren Jahren progredient entwickelt und zu einer chronifizierten verfestigten Haltung geführt hat. Dass dieser progrediente Krankheitsverlauf letztlich zu der am 19. Dezember 2008 festgestellten Minderung des Leistungsvermögens geführt hat, ist nachvollziehbar. Ob die Erkrankung schubförmig verlaufen ist oder sich unter den ungünstigen Bedingungen der Persönlichkeitsstruktur des Klägers allmählich entwickelt hat, kann nicht nachgewiesen werden. Der Senat hält auch aus diesem Grund die gesicherte Festlegung des Leistungsfalles auf den Tag der Untersuchung für sachgerecht.
Dem Vortrag des Klägers, die Leistungsminderung habe schon bei Antragstellung am 20. März 2007 vorgelegen, kann nicht gefolgt werden. Die in diesem Zusammenhang benannte Leistungseinschätzung der Dr. G. in ihrem Befundbericht vom 10. April 2008 überzeugt den Senat nicht. Sofern die behandelnde Ärztin eine Verschlechterung mit Leistungsdefiziten zu Beginn des Jahres 2007 beschreibt, legt der im Befundbericht mitgeteilte stationäre Aufenthalt des Klägers im Krankenhaus M ... H. gGmbH vom 11. bis zum 19. Februar 2008 wegen einer Dyspnoe und allgemeiner körperlicher Schwäche, der auf eigenen Wunsch des Klägers erfolgte, eher nahe, dass eine deutliche Progredienz der Erkrankung zu Beginn des Jahres 2008 eingetreten ist. Ungeachtet dieser unsicheren Einschätzung des Krankheitsverlaufes, überzeugt die Begründung des festgestellten unter dreistündigen Leistungsvermögens nicht. Der Umstand, dass die Ärztin lange und oft mit dem Kläger über seine "Problematik" gesprochen hat und sie wegen seines "allgemeinen" körperlichen und psychischen Schwächegefühls eine berufliche Eingliederung nicht für sinnvoll erachtet, genügt den Anforderungen einer fundierten Leistungsanalyse nicht. Der Senat misst der im Rahmen der Begutachtung von Dr. L. durchgeführten testpsychologischen Befunder-hebung (SCL-90 nach Derogatis, IPDE-Screeningtest) einen wesentlich höheren Beweiswert zu.
Der Befundbericht des den Kläger behandelnden Nephrologen Dr. L. lässt keine Schlüsse hinsichtlich einer rentenrelevanten Leistungsminderung zu. Seit 2005 besteht eine nephrologisch konstante Befundsituation, die aus dieser fachärztlichen Sicht eine leichte körperliche Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zulässt.
Auch der Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin H. vom 15. April 2008 steht der Annahme einer Leistungsminderung des Klägers von drei bis unter sechs Stunden täglich ab dem 19. Dezember 2008 nicht entgegen. Die den Kläger seit 1993 behandelnde Allgemeinmedizinerin beschreibt einen insgesamt schwierigen Patienten mit Non-Compliance, der aufgrund der Nichteinhaltung ärztlicher Anordnungen und eigenmächtigen Einnahme oder Nichteinnahme von Medikamenten Gesundheitsrisiken provoziert. Die Mitteilung, dass dem Kläger ihres Erachtens nach keine Tätigkeit von täglich sechs Stunden zuzumuten ist, wird mit Konzentrations-schwierigkeiten, Müdigkeit, Schwindel und Luftnot begründet. Dabei basiert die Begründung nicht auf den mitgeteilten Fremd- und Eigendiagnosen, sondern auf vom Kläger beschriebenen Beschwerden. Auch die in der Begründung zur Leistungseinschätzung mitgeteilte Information, der Kläger "schlafe viel", lässt eine Kausalität zur Beurteilung der Leistungsminderung vermissen.
Hinsichtlich der nicht vorliegenden Anhaltspunkte für eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen verweist der Senat nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage auf die zutreffenden Ausführungen des SG (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat gemäß § 101 Abs. 1 SGB VI ab dem Beginn des siebten Monats nach dem Eintritt der teilweisen Minderung der Erwerbsfähigkeit Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand April 2010, § 43 SGB VI, Rn. 30 ff. m.w.N.). Ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalles am Tag der Untersu-chung durch Dr. L. , d.h. am 19. Dezember 2008, beginnt die Rente mithin am 1. Juli 2009.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Kosten sind zwischen den Beteiligten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Beginn einer dem Kläger mit Urteil des Sozialgerichts Halle (SG) vom 15. Februar 2010 zugesprochenen befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI).
Der am 1952 geborene Kläger erlernte nach Abschluss der 7. Klasse der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule den Beruf eines Maurers. Bis zum Jahr 2002 übte der Kläger wechselnd den erlernten Beruf als auch langjährig eine Tätigkeit als Baggerfahrer aus. Seit dem 1. September 2006 bezog er eine mit Bescheid vom 6. März 2007 dauerhaft gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Höhe von monatlich 375,75 EUR aufgrund eines am 26. Januar 2007 vor dem SG geschlossenen Vergleiches.
Am 20. März 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er begründete seinen Antrag damit, dass er seit dem 14. Februar 2004 unter Bluthochdruck, Erschöpfungszuständen, Atemnot, Benommenheit, einer reaktiven Depression, Nierenzysten und der Erweiterung seines linken Herzmuskels leide. Aufgrund seiner Erkrankungen könne er keinerlei Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.
Die Beklagte holte im Verwaltungsverfahren einen Befundbericht der den Kläger behandelnden Nervenfachärztin Dr. G. ein, die in ihrem Bericht vom 23. März 2007 diagnostizierte, dass der Kläger unter einer neurotischen Fehlentwicklung mit ausgeprägten Somatisierungsstörungen, depressivverzweifelten Schwankungen und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ leide. Der Kläger befinde sich deshalb seit 1975 in nervenärztlicher Behandlung; seit dem 19. Februar 2005 behandele sie den Kläger monatlich regelmäßig. Seine Erkrankung zeige ein allmähliches, jetzt nicht mehr korrigierbares Beschwerdebild. Eine Verschlechterung der Befunde sei seit 2005 festzustellen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin die Begutachtung durch die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. , die in ihrem Gutachten vom 10. Juli 2007 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 31. Mai 2007 eine Somatisierungsstörung bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzißtischen Anteilen diagnostizierte. Die Durchführung des Mehrfachwortwahltestes (MWT) habe eine durchschnittliche intellektuelle Befähigung ergeben; der Kurztest zur Erfassung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistungen (SKT) habe keine Defizite gezeigt. Im EEG sei ein ausreichend stabiler Grundrhythmus ohne Hinweise auf eine Allgemeinveränderung, einen Herdbefund oder eine cerebrale Erregbarkeitssteigerung nachweisbar gewesen. Zusammenfassend stellte sie u.a. fest, dass der Kläger – insbesondere auch in der psychodynamischen Betrachtung – im Hinblick auf seine soziale Integrationsfähigkeit, die Strukturierung des Alltags sowie die Freizeitmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Konkurrenzbedingungen sowie unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen täglich im Umfang von sechs Stunden und mehr belastbar sei. Der Kläger könne unter Meidung von Stressbelastung durch Akkordarbeit und Zeitdruck einfache intellektuelle Tätigkeiten im genannten Umfang ausführen.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 23. Juli 2007 ab. Nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen sei die Erwerbsfähigkeit zwar durch eine psychische Gesundheitsstörung, Bluthochdruck, einen Zustand nach Darmpolypenabtragung sowie eine Nierenzyste beeinträchtigt. Gleichwohl könne der Kläger eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Hiergegen erhob der Kläger am 26. Juli 2007 mit der Begründung Widerspruch, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei und sein Gesundheitszustand sich weiter verschlechtert habe. Die Beklagte stellte im Widerspruchsverfahren fest, dass weitere medizinische Erhebungen nicht erforderlich seien, und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2007 zurück.
Mit der am 10. Dezember 2007 vor dem SG erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich der Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterverfolgt. Seine soziale Absicherung sei mit Beginn seiner Erkrankung am 12. Dezember 2004 verloren gegangen. Nach nunmehr fünfjähriger Arbeitsunfähigkeit habe er Schulden in Höhe von über 15.000 EUR. Die zunehmenden sozialen und gesundheitlichen Probleme sowie der Umgang mit Behörden machten es erforderlich, auf "soziale Absicherung (volle Erwerbsunfähigkeitsrente)" zu klagen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. G. hat in ihrem Befundbericht vom 10. April 2008 mitgeteilt, dass bei dem Kläger eine ausgeprägte psychosomatische Störung, ein Antriebsdefizit mit depressiven Verstimmungen und Selbstwertkrisen sowie eine soziale Phobie mit hohem Leidensdruck vorlägen. Seit Beginn 2007 sei eine deutliche Verschlechterung mit Leistungsdefizit und Lebensüberdrussgedanken, "weil keiner ihn verstehen könne", zu beobachten. Der Kläger sei ihrer Auffassung nach weniger als drei Stunden täglich belastbar. Zur Begründung des eingeschätzten Leistungsvermögens hat sie ausgeführt, dass sie lange und oft mit dem Kläger über seine Problematik gesprochen habe. Aufgrund seines allgemeinkörperlichen und psychischen Schwächegefühls mit einhergehendem hohem Leidensdruck sei eine berufliche Wiedereingliederung nicht sinnvoll.
Der Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie Dr. L. hat mit Befundbericht vom 14. April 2008 mitgeteilt, dass er den Kläger seit 1998 regelmäßig behandele. Der diagnostizierte Bluthochdruck sei medikamentös eingestellt. Der Kläger leide zudem unter einem Nierenversagen Stadium 1 (Skala 1 – 5), einer chronischen Harnsäureer-höhung und einem Zustand nach B-Hepatitis (nicht mehr aktiv). Seit 2005 bestehe eine nephrologisch konstante Befundsituation. Im Vordergrund stünden bei dem Kläger die psychiatrischen Beschwerden. Aus nephrologischer Sicht könne der Kläger leichte körperliche Arbeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die den Kläger seit 1993 behandelnde Allgemeinmedizinerin H. hat dem SG in ihrem Bericht vom 15. April 2008 u.a. mitgeteilt, dass sie beim Kläger eine Hypertonie mit krisenhaften Anstiegen und Schwindel, eine hypertensive Herzkrankheit, eine pulmonale Hypertonie, eine Polyposis coli, Nierenzysten beidseits, eine Somatisierungsstörung, depressive Episoden und eine Non-Compliance diagnostiziert habe. Es handele sich um einen insgesamt schwierigen Patienten mit unzureichender Bereitschaft zur Mitarbeit bei therapeutischen Maßnahmen. Die sozialen Verhältnisse seien aufgrund von Schulden schwierig. Wegen der Nichteinhaltung der ärztlichen Anordnungen und der eigenmächtigen Einnahme bzw. Nichteinnahme von Medikamenten seien Folgeerkrankungen der Hypertonie aufgetreten. In diesem Zusammenhang hat die behandelnde Allgemeinmedizinerin auf die Epikrise über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 11. bis zum 19. Februar 2008 im Krankenhaus M. H. gGmbH verwiesen. Danach sei dieser wegen einer Dyspnoe und allgemeiner körperlicher Schwäche auf eigenen Wunsch eingewiesen worden.
Mit Beweisanordnung vom 16. September 2008 hat das SG die nervenärztliche Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. L. veranlasst. Diese hat am 25. Februar 2009 ihr Gutachten erstattet und ausgeführt, dass der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, sensitiven und zwanghaften Anteilen sowie einer Neurasthenie leide. Es fände sich eine sehr auffällig strukturierte Persönlichkeit mit hohen schizoiden, sensitiven und zwanghaften Anteilen sowie eine allgemeine Schwäche, Minderbelastbarkeit und Empfindlichkeit, die sich aus ihrer Sicht am ehesten mit der Diagnose Neurasthenie beschreiben lasse. Es bestünden zudem deutliche Störungen der ich-strukturellen Fähigkeiten. Daraus erwüchsen ein Mangel an sozialer Integrationsfähig-keit, Verarbeitungsfähigkeit für soziale Ereignisse und eine mangelnde Kontakt-, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit, die die Bewältigung des Alltags deutlich erschwerten und zu gehäuften Konflikten und Problemen führten. Das sich reaktiv entwickelnde neurasthenische Syndrom führe zu einer starken Ermüd-, Erschöpf- und Minderbelastbarkeit sowie einem überhöhten Schlafbedürfnis, welches gleichzeitig einen Abwehr- und Bewältigungsmechanismus bei ständig bestehender Überforderungs- und Überlastungssituation durch den Alltag darstelle. Der Kläger sei aufgrund dieser psychischen Symptomatik vermindert psychophysisch belastbar. Die erhöhte Erschöpf- und Ermüdbarkeit sowie der erhöhte Regenerationsbedarf des Klägers führten zu einer verminderten Fähigkeit zu längerer kontinuierlicher Arbeit. Zudem bestünden eine verminderte psychische Belastbarkeit im Sinne einer verminderten Stresstoleranz, gesenkten Reiztoleranz und -verarbeitung, erhöhten Reiz- und Erregbarkeit sowie eine verminderte Konzentrationsfähigkeit. Die hauptsächliche Beeinträch-tigung werde durch die Persönlichkeitsstruktur und -störung des Klägers verursacht. In Bezug auf das Gutachten der Dr. S. bestünden deutliche Abweichungen. Dies beziehe sich vor allem darauf, dass Dr. S. eine Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert habe, während sie - Dr. L. - eine Persönlichkeitsstörung mit erheblichen ich-strukturellen Defiziten festgestellt habe. Die bisherigen Behandlungen hätten keine Änderungen im Gesundheitszustand des Klägers bewirkt; im Gegenteil fände sich eine progrediente Verschlechterung, die sich nach ihrer Auffassung nicht mehr mit den Anforderungen eines normalen Arbeitslebens in Einklang bringen lasse. Der Kläger könne nur noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen verrichten. Die Arbeiten sollten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen erfolgen. Der Kläger könne nur noch sehr leichte, unterdurchschnittliche Anforderungen in Bezug auf die Stress-, Problem- und Konfliktbewältigung sowie in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Reaktionsfä-higkeit bewältigen. Innerhalb dieses verbliebenen Leistungsvermögens könne der Kläger Tätigkeiten im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Eine strikte Einhaltung der vorgeschriebenen Pausen sei dringend erforderlich. Zusätzliche Pausen seien unter Umständen erforderlich, da eine stark erhöhte Ermüdbarkeit bestehe. Die zum Zeitpunkt der Begutachtung des Klägers bestehenden Einschränkungen ließen sich nach Aktenlage nur auf den Zeitpunkt der Untersuchung festlegen, da zuvor andere Leistungseinschätzungen getroffen worden seien, denen aus ihrer Sicht zu folgen sei. Es sei also seit dem Gutachten der Dr. S. vom 10. Juli 2007 offensichtlich noch einmal zu einer erheblichen Progredienz der Symptomatik und Verschlechterung der Befindlichkeit und des Leistungsvermögens gekommen, so dass zum Zeitpunkt der Untersuchung bzw. Begutachtung das geschilderte Leistungsvermögen anzunehmen sei. Es handele sich aus der Sicht ihres Fachgebietes um eine sich seit mehreren Jahren progredient entwickelnde und chronifizierte psychische Symptomatik ohne adäquate Behandlung, prognostisch ungünstig auf dem Boden einer Persönlichkeitsfehlentwicklung mit erheblichen ich-strukturellen Defiziten und schizoiden Anteilen bei einem inzwischen 57-jährigen Mann ohne Psychogeneseeinsicht. Die Behandelbarkeit sei aufgrund dieser Fakten erheblich in Frage gestellt. Mit einiger Wahrscheinlichkeit sei von einer Einschränkung auf Dauer auszugehen; dennoch sollte ein Behandlungsversuch einer ambulanten psychotherapeutischen Langzeittherapie durchgeführt werden.
In einem vor dem SG am 27. Oktober 2009 durchgeführten Erörterungstermin hat die Beklagte auf Anregung der damaligen Vorsitzenden, Richterin am SG A. , einen Vergleichsvorschlag zur Beendigung des Rechtsstreits unterbreitet, der die Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. September 2009 bis zum 31. August 2010 zum Gegenstand hatte. Als Eintritt der Erwerbsminderung (Leistungsfall) ist der "Tag der Begutachtung" des Klägers angenommen worden. Den im Termin unter dem Vorbehalt des Widerrufs geschlossenen Vergleich hat der Kläger am 3. November 2009 widerrufen. Er begehre die Rente wegen voller Erwerbsminderung seit Antragstellung. Auf Nachfrage des SG hat die Gutachterin Dr. L. am 11. Februar 2010 mitgeteilt, dass die dem Gutachten vom 25. Februar 2009 zugrundeliegende Untersuchung des Klägers am 19. Dezember 2008 stattgefunden hat.
Das SG hat unter dem Vorsitz der Richterin am SG N. mit Urteil vom 15. Februar 2010 die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2010. Dies ergäbe sich schon aus dem Teilanerkenntnis der Beklagten aus Punkt 2 des Vergleichsvorschlages des Gerichtes vom 27. Oktober 2010 in Verbindung mit der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2010 unter Einbeziehung des vom 25. Februar 2009 auf den 19. Dezember 2008 verlegten Leistungsfalles. Da der Kläger das Teilanerkenntnis nicht angenommen habe, sei die Verurteilung der Beklagten nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 307 Zivilprozessordnung (ZPO) geboten gewesen, ohne dass es der Prüfung der Berechtigung des Klageanspruchs bedurft hätte. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI habe der Kläger nicht. Zur Überzeugung des Gerichts sei der Kläger zu Beginn des Jahres 2007 in der Lage gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten in zeitlich nicht rentenrelevant gemindertem Umfang auszuüben. Das Gericht sei hierbei, nachdem die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Klägers vornehmlich im Bereich der psychischen Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit lägen, den umfangreichen und detaillierten Ausführungen der Dr. L. in ihrem Gutach-ten vom 25. Februar 2009 gefolgt. Die Gutachterin habe sich zudem überzeugend mit den Einschätzungen der im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Gutachterin auseinandergesetzt und schlüssig eine Veränderung der Leistungsfähigkeit im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens dargestellt.
Gegen das ihm 29. März 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. April 2010 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) eingelegt. Streitgegenständlich sei die Festsetzung des Rentenbeginns. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm die Rente bereits ab dem 1. März 2007 zu gewähren sei. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen zur Gewährung einer vollen Er-werbsminderungsrente schon bei Antragstellung vorgelegen hätten. Die Beklagte hat das Urteil mit Bescheid vom 27. April 2010 ausgeführt; den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers gegen den Rentenbeginn am 1. Juli 2009 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2010 als unzulässig zurück-gewiesen, da die Frage des Rentenbeginns Gegenstand des Berufungsverfahrens sei; mit dem Bescheid vom 27. April 2010 sei lediglich das Urteil ausgeführt worden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 15. Februar 2010, den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. März 2007 bis zum 30. Juni 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz. Ein früherer Leistungsfall sei nicht belegt.
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2010 hat die Beklagte die Rentengewährung über den 31. Dezember 2010 hinaus bis zum 31. Oktober 2011 verlängert, ohne hierzu ein aktuelles Gutachten eingeholt zu haben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte unter Mitwirkung der Richterin am SG A. entscheiden, da ein Ausschlussgrund nach § 41 Nr. 6 ZPO nicht vorliegt.
Die Berufung ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 1. Juli 2009. Die dieses Begehren ablehnenden Bescheide der Beklagten vom 23. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2007 sowie vom 27. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2010 sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, also wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Abweichend vom Wortlaut des § 43 Abs. 1 SGB VI haben aber auch Versicherte, die teilweise erwerbsgemindert sind, also nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) führt die teilweise Erwerbsminderung bei praktischer Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes für Tätigkeiten in einem täglichen zeitlichen Rahmen von drei bis unter sechs Stunden zu einer vollen Erwerbsminderung auf Zeit (vgl. schon zu § 1247 Reichsversicherungsordnung (RVO), BSG, Großer Senat (GS), Beschlüsse vom 12. Dezember 1976, GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 und GS 3/76; Schlegel/Voelzke, juris Praxiskommentar SGB VI, § 43, Rn. 31ff.; Reinhardt, SGB VI, Lehr- und Praxiskommentar, 2. Aufl., § 43 Rn. 11). Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Für den vom Kläger begehrten Rentengewährungszeitraum liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger verfügte bis zum 18. Dezember 2008 über ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen.
Der Kläger war bis zum 18. Dezember 2008 in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich in wechselnder Körperhaltung, mit unterdurchschnittlichen Anforderungen in Bezug auf die Stress-, Problem- und Konfliktbewältigung sowie auf die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Reaktionsfähigkeit, ohne Zeitdruck und Publikumsverkehr und ohne Nachtschicht zu verrichten. Er verfügte über eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände und war zumindest einfachen Anforderungen an geistige Fähigkeiten gewachsen.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senates aus den im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten. Die im Verwaltungsverfahren mit der Begutachtung des Klägers beauftragte Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. diagnostizierte nach der Untersuchung des Klägers am 31. Mai 2007 eine Somatisierungsstörung bei Persönlichkeitsakzentuierung mit narzißtischen Anteilen. Die psychische Befunderhebung ergab einen zum Zeitpunkt der Exploration bewusstseinsklaren, zum Ort, zur Zeit und Situation ausreichend orientierten, affektiv schwingungsfähigen Kläger, dessen Antriebsverhalten durchgängig regelrecht erschien. Der Kläger zeigte keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen. Nach Durchführung eines Mehrfachwortwahltests und eines Kurztests zur Erfassung von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsdefiziten wurden dem Kläger eine durchschnittliche intellektuelle Befähigung und keine Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefizite attestiert. Ein erstelltes EEG ergab einen ausreichend stabilen Grundrhythmus ohne Hinweise auf eine Allgemeinveränderung, einen Herdbefund oder eine cerebrale Erregbarkeitssteigerung. Obwohl die Gutachterin eine Gedankeneinengung und Fixierung auf körperliche Beschwerden und Beeinträchtigungen feststellte, war zum Zeitpunkt der Untersuchung die soziale Integrationsfähigkeit gegeben und eine Tagestrukturierung möglich. Der Kläger zeigte zum Zeitpunkt der Exploration durch die Gutachterin ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten des Alltags und der Freizeitaktivitäten mit unterschiedlichen Interessen. Bei Schilderung der Aktivitäten zeigten sich Aufhellbarkeit und Interessiertheit. Während der Schilderung blieb der Kläger durchgängig freundlich und zugewandt.
Befunderhebung und Diagnose korrelieren mit den anamnestischen Darstellungen und Erhebungen. Der Kläger gab an, dass er seine kranke und vom Pflegedienst betreute Mutter "mitversorge", gern im Garten kleine Arbeiten erledige, sehr gern insbesondere Glaubenssachen lese, Gedanken hierzu oft für sich selbst aufschreibe und ehrenamtlich im Gartenvorstand arbeite. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung der Gutachterin, nach der der Kläger einfache intellektuelle Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich ausüben kann, ist aufgrund der dargestellten Untersuchungs- und Explorationsergebnisse nachvollziehbar und plausibel.
Der im Verwaltungsverfahren eingeholte Befundbericht der den Kläger behandelnden Nervenfachärztin Dr. G. vom 23. März 2007 steht hierzu nicht im Widerspruch. Auch sie diagnostizierte ausgeprägte Somatisierungsstörungen und befundete psychisch einen orientierten und wachen Patienten. Die darüber hinaus festgestellte neurotische Fehlentwicklung, die depressiv-verzweifelten Schwankungen sowie die diagnostizierte emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ sind von der Gutachterin bei Erstellung des Gutachtens berücksichtigt worden.
Die vom SG mit Beweisanordnung vom 16. September 2008 beauftragte Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. L. kommt in ihrem Gutachten vom 25. Februar 2009 nach psychischer und testpsychologischer Befunderhebung zu dem Ergebnis, dass der Kläger unter einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, sensitiven und zwanghaften Anteilen leidet, die sich nach ihrer Auffassung am ehesten mit der Diagnose einer Neurasthenie beschreiben lässt. Der Kläger scheint bei der Exploration am 19. Dezember 2008 unsicher, hochgradig störanfällig und suggestibel sowie deutlich durch Minderwertigkeitsgefühle und Versagensängste beeinträchtigt. Die Konzentrations- und Merkfähigkeit sind deutlich gemindert. Es besteht zum Zeitpunkt der Untersuchung eine stark verminderte Konflikt-, Kritik-, Durchsetzungs- und Abgrenzungsfähigkeit. Die Abwehr- und Bewältigungsmechanismen stellen sich unreif pathologisch dar; Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sind deutlich gestört und vermindert. Der Kläger ist nicht zu altersadäquaten Kontakten in der Lage, die soziale Kompetenz ist niedrig. Es besteht eine erhöhte Ermüd- und Erschöpfbarkeit. Die testpsychologische Befundung nach der Symptomcheckliste von Derogatis (SCL 90-R) ergibt eine ausgeprägte und verfestigte psychische Symptomatik in Verbindung mit Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur. Der Test zeigt in fast allen Skalen ausgeprägt pathologische Werte. Im IPDE (International Personality Disorder Examination) -Screeningtest, einem strukturierten Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen, zeigt der Kläger sehr ausgeprägte und deutliche Hinweise auf eine schizoide Persönlichkeitsstruktur. Plausibel und nachvollziehbar kommt die Gutachterin hinsichtlich der festzustellenden Funktionseinschränkungen zu dem Ergebnis, dass der Kläger aufgrund der psychischen Symptomatik vermindert psychophysisch belastbar ist. Es besteht eine erhöhte Erschöpf- und Ermüdbarkeit, verminderte Fähigkeit zu längerer kontinuierlicher Arbeit, verminderte Stresstoleranz, gesenkte Reiztoleranz und verminderte Konzentrationsfähigkeit. Die hauptsächliche Beeinträchtigung, die durch die Persönlichkeitsstruktur und -störung verursacht wird, besteht in einer deutlich geminderten Fähigkeit zur sozialen Integration, zur Konflikt- und Problemlösung sowie zur Durchsetzung und Abgrenzung. Der Kläger kann aufgrund der erhobenen Befunde, durchgeführten Untersuchungen, mitgeteilten Diagnosen und Funktionseinschränkungen noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Tätigkeiten im Hocken, Bücken, Knien sowie Überkopfarbeiten sind möglich. Der Kläger kann nur noch sehr leichte, unterdurchschnittliche Anforderungen in Bezug auf Stress-, Problem-, und Konfliktbewältigung sowie in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Reaktionsfähigkeit bewältigen. Er ist zudem nicht in der Lage, unter Zeitdruck oder in Nachtschicht zu arbeiten. Arbeiten mit Publikumsverkehr oder in größeren Menschengruppen sind zu meiden.
Hinsichtlich des festgestellten Zeitpunkts der Einschränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers folgt der Senat den überzeugenden und detaillierten Ausführungen der Gutachterin. Das festgestellte verbliebene Leistungsvermögen des Klägers, Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen im Umfang von drei- bis unter sechs Stunden täglich auszuüben, lässt sich nur auf den Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers durch die Gutachterin am 19. Dezember 2008 mit der von der Rechtsprechung geforderten an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festlegen. Da es sich um eine chronifizierte psychische Erkrankung handelt, ist die Bestimmung des konkreten Zeitpunktes des Eintrittes der Erwerbsminderung – anders als z.B. bei einem Unfallereignis – schwierig. Zu beachten ist hierbei zudem, dass die ersten Behandlungen auf psychiatrischem Gebiet bereits 1972 bzw. 1975 stattfanden und der Kläger auch mit bereits zu diesem Zeitpunkt diagnostizierten psychischen Beeinträchtigungen vollschichtig einer beruflichen Tätigkeit als Maurer, Baggerfahrer und Maschinist mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2002 nachgegangen ist. Die Gutachterin setzt sich mit der Leistungseinschätzung der Vorgutachterin im Verwaltungsverfahren auseinander und stellt deren fachärztliche Aussage und Einschätzung des Leistungsvermögens nicht in Frage. Plausibel wird dargelegt, dass es seit dem Gutachten von Dr. S. vom 10. Juli 2007 offensichtlich noch einmal zu einer erheblichen Progredienz der Symptomatik und Verschlechterung der Befindlichkeit und des Leistungsvermögens gekommen ist, so dass zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung das festgestellte Leistungsvermögen anzunehmen ist. Sowohl die den Kläger seit 2003 behandelnde Nervenfachärztin Dr. G. als auch die Gutachterin Dr. L. stellen übereinstimmend fest, dass sich die Fehlentwicklung des Klägers seit mehreren Jahren progredient entwickelt und zu einer chronifizierten verfestigten Haltung geführt hat. Dass dieser progrediente Krankheitsverlauf letztlich zu der am 19. Dezember 2008 festgestellten Minderung des Leistungsvermögens geführt hat, ist nachvollziehbar. Ob die Erkrankung schubförmig verlaufen ist oder sich unter den ungünstigen Bedingungen der Persönlichkeitsstruktur des Klägers allmählich entwickelt hat, kann nicht nachgewiesen werden. Der Senat hält auch aus diesem Grund die gesicherte Festlegung des Leistungsfalles auf den Tag der Untersuchung für sachgerecht.
Dem Vortrag des Klägers, die Leistungsminderung habe schon bei Antragstellung am 20. März 2007 vorgelegen, kann nicht gefolgt werden. Die in diesem Zusammenhang benannte Leistungseinschätzung der Dr. G. in ihrem Befundbericht vom 10. April 2008 überzeugt den Senat nicht. Sofern die behandelnde Ärztin eine Verschlechterung mit Leistungsdefiziten zu Beginn des Jahres 2007 beschreibt, legt der im Befundbericht mitgeteilte stationäre Aufenthalt des Klägers im Krankenhaus M ... H. gGmbH vom 11. bis zum 19. Februar 2008 wegen einer Dyspnoe und allgemeiner körperlicher Schwäche, der auf eigenen Wunsch des Klägers erfolgte, eher nahe, dass eine deutliche Progredienz der Erkrankung zu Beginn des Jahres 2008 eingetreten ist. Ungeachtet dieser unsicheren Einschätzung des Krankheitsverlaufes, überzeugt die Begründung des festgestellten unter dreistündigen Leistungsvermögens nicht. Der Umstand, dass die Ärztin lange und oft mit dem Kläger über seine "Problematik" gesprochen hat und sie wegen seines "allgemeinen" körperlichen und psychischen Schwächegefühls eine berufliche Eingliederung nicht für sinnvoll erachtet, genügt den Anforderungen einer fundierten Leistungsanalyse nicht. Der Senat misst der im Rahmen der Begutachtung von Dr. L. durchgeführten testpsychologischen Befunder-hebung (SCL-90 nach Derogatis, IPDE-Screeningtest) einen wesentlich höheren Beweiswert zu.
Der Befundbericht des den Kläger behandelnden Nephrologen Dr. L. lässt keine Schlüsse hinsichtlich einer rentenrelevanten Leistungsminderung zu. Seit 2005 besteht eine nephrologisch konstante Befundsituation, die aus dieser fachärztlichen Sicht eine leichte körperliche Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zulässt.
Auch der Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin H. vom 15. April 2008 steht der Annahme einer Leistungsminderung des Klägers von drei bis unter sechs Stunden täglich ab dem 19. Dezember 2008 nicht entgegen. Die den Kläger seit 1993 behandelnde Allgemeinmedizinerin beschreibt einen insgesamt schwierigen Patienten mit Non-Compliance, der aufgrund der Nichteinhaltung ärztlicher Anordnungen und eigenmächtigen Einnahme oder Nichteinnahme von Medikamenten Gesundheitsrisiken provoziert. Die Mitteilung, dass dem Kläger ihres Erachtens nach keine Tätigkeit von täglich sechs Stunden zuzumuten ist, wird mit Konzentrations-schwierigkeiten, Müdigkeit, Schwindel und Luftnot begründet. Dabei basiert die Begründung nicht auf den mitgeteilten Fremd- und Eigendiagnosen, sondern auf vom Kläger beschriebenen Beschwerden. Auch die in der Begründung zur Leistungseinschätzung mitgeteilte Information, der Kläger "schlafe viel", lässt eine Kausalität zur Beurteilung der Leistungsminderung vermissen.
Hinsichtlich der nicht vorliegenden Anhaltspunkte für eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen verweist der Senat nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage auf die zutreffenden Ausführungen des SG (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat gemäß § 101 Abs. 1 SGB VI ab dem Beginn des siebten Monats nach dem Eintritt der teilweisen Minderung der Erwerbsfähigkeit Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand April 2010, § 43 SGB VI, Rn. 30 ff. m.w.N.). Ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalles am Tag der Untersu-chung durch Dr. L. , d.h. am 19. Dezember 2008, beginnt die Rente mithin am 1. Juli 2009.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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