Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 413/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1323/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 10.604,25. Umstritten ist, ob für den von der Klägerin als "freien Mitarbeiter" bezeichneten N. J. (Beigeladener Nr. 1) Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten sind.
Die Klägerin betreibt unter der Firma C.-Th. ein Kopiergeschäft. Inhaber dieser Firma ist J. M ... Der 1946 geborene Beigeladene Nr. 1 hat das Geschäft 1980 gegründet und war bis September 1998 der frühere Inhaber der Klägerin. Er hat dann die Firma an J. M. verkauft und die weiter in seinem Eigentum stehenden Geschäftsräume in der R.str. sowie die Kopiergeräte dem J. M. vermietet. Der Beigeladene Nr. 1 besitzt darüber hinaus im Gebäude R.str. Nr. eine Wohnung. Er war in der Folge im Unternehmen der Klägerin tätig, seine Tätigkeit wurde später als die eines "freien Mitarbeiters" bezeichnet. Bei der zuständigen Einzugsstelle wurde er nicht als Beschäftigter gemeldet, Beiträge für seine Tätigkeit wurden nicht entrichtet.
Im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 gab der Beigeladene Nr. 1 auf einem Fragebogen unter dem 04.02.2009 (u.a.) an, er übe nach mündlicher Vereinbarung eine Vertretungstätigkeit aus, wobei eine regelmäßige Arbeitszeit nicht vereinbart sei. Die Arbeit werde teilweise in den Räumen seines Auftraggebers ausgeführt. Ein eigenes Gewerbe habe er nicht angemeldet, er zahle auch keine Gewerbesteuer und setze kein eigenes Kapital ein. Er unterhalte auch keine eigenen Geschäfts- bzw. Betriebsräume. Hinsichtlich seiner Tätigkeit würden die näheren Arbeitsbedingungen mündlich festgelegt. Er erhalte hinsichtlich seiner Arbeit keine Weisungen und werde auch nicht kontrolliert. Er habe nicht mehrere Auftraggeber und auch keinen eigenen Kundenstamm. Er habe kein unternehmerisches Risiko und erhalte die Vergütung in Form eines Honorars, wobei die Zahlung nach Vereinbarung erfolge. Er verfüge über keine eigenen Betriebsräume, habe allerdings ein häusliches Arbeitszimmer, die Bundesagentur für Arbeit habe keine Betriebsnummer vergeben. Lohnsteuer werde nicht entrichtet, es bestehe Umsatzsteuerpflicht. Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe er nicht. Er sei von der Rentenversicherungspflicht befreit worden und freiwillig krankenversichert. In einer gegenüber der u.-B. für Medien- und Kommunikationsberufe abgegebenen Mitgliedschaftserklärung vom 17.01.2005 bezeichnete der Beigeladene Nr. 1 die Firma der Klägerin als seinen Arbeitgeber.
Als (zwischen den Beteiligten unstreitige) Gegenleistung für seine Tätigkeit als "freier Mitarbeiter" erhielt der Beigeladene Nr. 1 im Jahr 2005 Provisionen in Höhe von viermal EUR 2.850,00. Der Betrag wurde dem Beigeladenen Nr. 1 in bar ausgezahlt. Weiterhin wurden für das Kraftfahrzeug O ... die Steuern übernommen. Im Jahr 2006 wurden dem Beigeladenen Nr. 1 elfmal EUR 1.000,00 an Provisionen in bar ausbezahlt sowie einmal EUR 2.200,00, ferner wurden die D.-Gebühren und die Kfz.-Steuer für das genannte Fahrzeug ... von der Klägerin übernommen. 2007 wurden Provisionen von viermal EUR 1.650,00 sowie eine Kraftfahrzeugrechnung in Höhe von EUR 1.491,77 von der Klägerin bezahlt, im Jahr 2008 Provisionen von zweimal EUR 1.500,00 und zweimal EUR 1.800,00.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 08.04.2009 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2009 die Bezahlung eines Nachforderungsbetrages von EUR 11.296,83 für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2008. Nach Angaben des Inhabers der Klägerin sei der Beigeladene Nr.1 ab dem 01.01.2005 für diverse Bürotätigkeiten (u.a. Botengänge, Kopierarbeiten, Vertriebs- bzw. allgemeine Büroarbeiten) im wesentlichen in den Räumen der Firma C. Th. eingesetzt worden. Sowohl die Betriebsräume, das Inventar, die Kopiergeräte als auch die zu verarbeitenden Materialien habe der Inhaber ihm zur Verfügung gestellt. Gegenüber den Kunden bzw. Geschäftspartnern sei der Beigeladene Nr. 1 als Mitarbeiter der C. Th. aufgetreten (verschiedene Aufträge seien von ihm als Ansprechpartner für das vorgenannte Unternehmen abgewickelt worden). Eigene Geschäftsräume habe der Beigeladenen Nr. 1 in diesem Zeitraum nicht unterhalten, er habe auch kein Gewerbe angemeldet gehabt. Der Beigeladene Nr. 1 habe weder den Arbeitsort noch die Arbeitszeit frei gestalten können. Bei Urlaubs- bzw. Krankheitsvertretung des einzigen weiteren Beschäftigten seien die umfangreichen Öffnungszeiten einzuhalten gewesen. Die Vergütung sei mit einem vierteljährlich bzw. monatlich gleichbleibenden Pauschalbetrag abgegolten worden. Eine Rechnungsstellung erfolgte hierbei nicht. Weiterhin habe der Firmeninhaber diverse Kosten des Beigeladenen Nr. 1 übernommen (u.a. Kfz.-Steuer, Fahrzeugreparaturen und sonstige Fahrzeugkosten der eigenen Fahrzeuge). Neben der zu beurteilenden Tätigkeit habe der Beigeladene Nr. 1 keine weiteren Auftraggeber mehr gehabt, ebenso wenig einen eigenen Kundenstamm. Öffentlichkeitsarbeit bzw. Werbung für ein eigenes Unternehmen sei nicht erfolgt. Bei Würdigung dieses Sachverhalts habe die Klägerin in allen für ihren Geschäftszweck wichtigen Fragen eine umfassende Kontrolle über die zu erledigenden Arbeiten. Es sei mit Beginn der Tätigkeit von einer "persönlichen Abhängigkeit" in Form der Weisungsbefugnis in Art/Ort/Zeit und Ausführung der Arbeit des Beigeladenen Nr. 1 gegenüber der Klägerin auszugehen. Mit der Nutzung der Betriebsmittel der Klägerin habe auch eine Eingliederung in deren Betriebsorganisation vorgelegen. Zu berücksichtigen sei bei der Entscheidung auch die wirtschaftliche Abhängigkeit vom einzigen Auftraggeber. Mit der somit vorliegenden abhängigen Beschäftigung als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer habe auch die Beitragspflicht in der Sozialversicherung bestanden.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, die Beklagte gehe zu Unrecht vom Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung aus. Der Beigeladene Nr. 1 sei grundsätzlich in der Art und Weise der Erbringung seiner Dienste frei gewesen und habe keinen Weisungen im Sinne eines Direktionsrechts unterlegen. Mit ihm sei lediglich am Anfang der Tätigkeit die Art der auszuführenden Verrichtungen näher besprochen worden. Er habe in etwa wissen müssen, was er als Vertreter des Geschäftsinhabers zu tun habe. Hierfür sei lediglich mündlich ein grober Rahmen definiert worden. Er habe dabei auch keinen festen Arbeitszeiten unterlegen, was jedoch nicht ausgeschlossen habe, dass der Beigeladene Nr. 1 seine Tätigkeit vor Ort nach Bedarf mit dem Inhaber der Klägerin oder dessen Arbeitnehmer abgestimmt habe. Weil der Beigeladene Nr. 1 über einen zweiten Wohnsitz in der R.str., also im selben Haus verfügt habe, sei er äußerst flexibel hinsichtlich Ort und Zeit der Leistungserbringung gewesen. Als Vertreter des Inhabers der Klägerin habe er während der Geschäftszeiten nicht vollständig anwesend sein müssen. Die Anwesenheit des einzigen Angestellten der Klägerin, Herrn E., habe insoweit ausgereicht. Die Tätigkeiten von Herrn E. und des Beigeladenen Nr. 1 seien nicht identisch gewesen. Als Vertreter des Geschäftsinhabers habe der Beigeladene Nr. 1 Leitungsfunktionen wahrgenommen. Die beruflichen Tätigkeiten des Beigeladenen Nr. 1 hätten sich allerdings altersbedingt auf die gelegentliche Vertretung des Inhabers der Klägerin beschränkt. Auch der Umstand, dass der Beigeladene Nr. 1 gegenüber Kunden und Geschäftspartnern als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten sei, führe zu keiner Versicherungspflicht. Der Vertreter handle lediglich nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Vertretenen. Seine Verfügungen hätten Betriebsvermögen der Klägerin betroffen. Die Vereinbarung des Pauschalbetrags als Vergütung sei ohne sozialversicherungsrechtliche Relevanz. Mit der Zahlung einer Pauschale anstelle einer stundenweisen Vergütung hätten die Beteiligten lediglich eine Rahmenvergütung vereinbaren wollen, mit der der monatlich unterschiedliche Leistungsaufwand des Beigeladenen Nr. 1 abgegolten werden sollte. Dementsprechend habe der Beigeladene Nr. 1 die Pauschalbeträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert, was von der Finanzverwaltung auch nie beanstandet worden sei. Nach dem Gesamtbild habe es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 damit weder um eine Arbeitnehmertätigkeit noch um eine unselbstständige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV gehandelt.
Mit Bescheid vom 20.11.2009 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Der Beitragsberechnung legte sie nunmehr ausschließlich die durch Quittungen nachgewiesenen Provisionszahlungen, die von der Klägerin übernommenen Steuern für das Kfz ... sowie die Kfz.-Rechnung in Höhe von EUR 1.491,77 im Jahr 2007 zugrunde. Der Nachforderungsbetrag reduzierte sich damit auf EUR 10.604,25.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2009 wies die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht abgeholfen worden war, zurück. Der Beigeladene Nr. 1 sei bei seiner Tätigkeit für die Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Eine selbstständige Tätigkeit habe er nicht ausgeübt. Er habe kein Gewerbe angemeldet und über keine eigenen Betriebsräume verfügt, sondern ausschließlich in der C. Th. gearbeitet. Darüber hinaus habe er keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt und auch keine weiteren Auftraggeber oder einen eigenen Kundenstamm. Soweit er angegeben habe, an Weisungen nicht gebunden zu sein, liege dies wohl daran, dass sich der Inhaber der Klägerin vorwiegend im Ausland aufgehalten habe. Für die C. Th. habe er die Preise nicht selbst gestalten können und auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Insbesondere habe er auch kein eigenes Kapital eingesetzt. Als leitender Angestellter habe er zwar nicht der ständigen Weisung und Kontrollen des Inhabers der Klägerin unterlegen, sein Arbeitseinsatz habe sich jedoch nach den betrieblichen Erfordernissen gerichtet, die zum Wohl des Unternehmens zu erfolgen hätten. Zwar habe nach den Angaben der Klägerin keine tägliche Anwesenheitspflicht bestanden, jedoch hätten die umfangreichen Öffnungszeiten eine regelmäßige Anwesenheit entweder des Beigeladenen Nr. 1 oder des einzigen Angestellten der Klägerin, Herrn E. erfordert. Diese hätten sich insoweit jedes Mal abstimmen müssen.
Gegen den am 23.12.2009 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 25.01.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Er ergänzte und vertiefte sein bisheriges Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, als Vertreter des Geschäftsinhabers habe der Beigeladene Nr. 1 geschäftsführende Aufgaben wahrgenommen. Die Art seiner Aufgabenverrichtung sei mit ihm lediglich allgemein besprochen worden. Dies belege die Weisungsfreiheit des Beigeladenen Nr. 1, der durchaus mit dem Geschäftsführer einer GmbH vergleichbar sei. Der Beigeladene Nr. 1 habe als Vertreter des Geschäftsinhabers selbstständig über Einkauf und Verkauf entschieden, Kunden beraten, Verträge für den Betriebsinhaber abgeschlossen und über eine Kontovollmacht über das Geschäftskonto verfügt. Gegenüber dem Angestellten E. sei er weisungsberechtigt gewesen. Eine feste Arbeitszeit habe schon deshalb nicht bestanden, weil er ehemalige Kunden seines früheren, alten Geschäftes, die in ihm nach wie vor den Betriebsinhaber sehen würden, besucht habe. Wegen dieser Außendiensttätigkeit habe keine tägliche Anwesenheitspflicht bestanden. Auch den Arbeitsort habe er frei wählen können, weil er die Wahl gehabt habe, entweder in den Betriebsräumlichkeiten oder aber in seinem Arbeitszimmer im selben Gebäude zu arbeiten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch der Einsatz eigenen Kapitals kein zwingendes Kriterium für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Dienstleistende erbrächten üblicherweise ihre Leistung gegen ein bestimmtes Pauschal- oder Stundenhonorar, das vorherige Investitionen nicht zwingend vorsehe.
Der Beigeladene Nr. 1 habe sowohl das Know how als auch die Kundenbeziehungen in das Unternehmen des Klägers eingebracht und werde von der Kundschaft sogar zum Teil noch als Betriebsinhaber wahrgenommen. Aufgrund völliger Weisungsfreiheit im Umgang mit der Kundschaft und der Preisgestaltung lenke der Beigeladene Nr. 1 zugleich inzident die wirtschaftlichen Geschicke des Betriebes und trage maßgebend zum wirtschaftlichen Geschäftserfolg oder Misserfolg bei. Dieses seien Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit. Als Eigentümer der Betriebsmittel und Hauptvermieter der Betriebsräume habe er ein unmittelbares Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes. Insoweit trage er weitaus mehr wirtschaftliche Risiken als er tragen würde, wenn er Arbeitnehmer wäre.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat an ihrer Rechtsauffassung aus dem Widerspruchsbescheid festgehalten.
Mit Urteil vom 14.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, gegen die Bewertung der Tätigkeiten des Beigeladenen als selbstständige Tätigkeit spreche, dass er am Unternehmen der Klägerin nicht beteiligt sei. Ihm fehle die für eine unternehmerische Tätigkeit sprechende rechtliche Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich der Geschicke des Unternehmens. Auch wenn der Beigeladene Nr. 1 nicht an feste Arbeitszeiten gebunden gewesen sei und die Tätigkeit habe frei gestalten dürfen, stehe dies der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen. Für Angestellte, die einen leitenden Status inne hätten, seien diese Freiräume kennzeichnend und schlössen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Der Beigeladene Nr. 1 habe kein Unternehmerrisiko getragen, er habe insbesondere kein eigenes Kapital eingesetzt.
Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 01.03.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.03.2011 unter Berufung auf ihr bisheriges Vorbringen Berufung eingelegt. Das SG habe nicht alle Umstände des Falles berücksichtigt. Entscheidend seien allein die persönlichen Verhältnisse und der persönliche Einsatz des Beigeladenen Nr. 1. Die Tatsache, dass der Beigeladene Nr. 1, wie erstinstanzlich vorgetragen, sehr wohl die unternehmerischen Entscheidungen geprägt und dadurch in der Lage gewesen sei, ihm nicht genehme Entscheidungen des Betriebsinhabers zu verhindern, ergebe sich bereits daraus, dass er früher eigene Kunden für die Klägerin akquiriert und direkt betreut habe, ohne dass sich der Betriebsinhaber hier eingemischt habe. Hinzu komme, dass die Klägerin nicht einmal Inhaberin der Betriebsmittel (Kopiergeräte) sei, sondern der Beigeladene Nr. 1. Auch die Betriebsräume würden von dem Beigeladenen Nr. 1 als Hauptmieter zur Verfügung gestellt. Folglich bestimme der Beigeladene Nr. 1 über die Betriebsräume, die Betriebsmittel und nicht die Klägerin. Er trage deshalb sehr wohl ein zentrales unternehmerisches Risiko, was sich auch dann zeige, wenn er nicht genügend Kunden akquiriere und falsche Dispositionen treffe. Dann könnten seine Kopiergeräte nicht eingesetzt und die Miete nicht gezahlt werden. Das Geschäft hänge damit entscheidend von seiner weisungsunabhängigen, selbstständigen Tätigkeit ab. Der Betriebsinhaber und der Beigeladene Nr. 1 seien seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden, es bestehe zwischen ihnen ein sehr starkes Vertrauensverhältnis. Als der Beigeladene Nr. 1 1998 seinen Betrieb aufgeben wollte, habe er dem Geschäftsinhaber angeboten, den Betrieb fortzuführen. Darauf sei der Geschäftsinhaber unter der Bedingung eingegangen, dass der Beigeladene Nr. 1 ihm die Räumlichkeiten, das Inventar und den Maschinenpark zu angemessenen Bedingungen vermiete und ihm im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten bei der Einarbeitung und während seiner Abwesenheit zur Seite stehe. Der Beigeladene Nr. 1 sei damit einverstanden gewesen und habe sich bereit erklärt, seine Kunden- und Lieferantenkontakte, nunmehr im Interesse des Inhabers der Klägerin, weiterhin zu pflegen. Eine abhängige Beschäftigung sei von keinem der Parteien jemals gewollt gewesen; der Beigeladene habe stets auf seiner absoluten Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit bestanden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.12.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2009 in der Gestalt des Bescheides vom 20.11.2009 sowie des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2009 aufzuheben sowie festzustellen, dass der Beigeladene Nr. 1 kein sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Klägerin ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung des Senats die Erklärung des Beigeladenen Nr. 1 vorgelegt, wonach er entgegen seiner Selbstauskunft vom 4.2.2009 sehr wohl die Preise gestalte, die er je nach Marktsituation anpasse, teilweise als Sonderpreise. Dies stimme er lediglich nachträglich mit dem Firmeninhaber ab. Die Klägerin hat weiterhin den Angestellten der Klägerin E. in die mündliche Verhandlung als Zeugen gestellt, den der Senat daraufhin vernommen hat. Wegen Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Senats vom 28.09.2009 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des einstweiligen Anordnungsverfahrens L 5 KR 1153/10 ER-B sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch statthaft. Berufungsausschlussgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die hier streitige Nachforderung von EUR 10.604,25 übersteigt den gesetzlichen Beschwerdewert bei weitem.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 05.06.2009 in der Gestalt des Bescheides vom 20.11.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2009 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte verlangt zu Recht von der Klägerin die Nachzahlung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung für den Beigeladenen Nr. 1 in Höhe von EUR 10.604,25. Der Beigeladene Nr. 1 hat seine Tätigkeit für die Klägerin im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erbracht.
Die Beklagte war (als Prüfstelle) für den Erlass des Nachforderungsbescheids sachlich zuständig. Dies folgt aus § 28p SGB IV. Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV). Für entsprechende Regelungen sind die Träger der Rentenversicherung nach § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV i. V. m. § 17 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) auch hinsichtlich der Umlagen nach dem LFZG zuständig (BSG SozR 3-2400 § 28p Nr. 1).
Gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III bzw. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) setzt die Versicherungspflicht zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht nachgefordert worden) jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Nach diesen Grundsätzen ist auch der - von der Klägerin für den Beigeladenen Nr. 1 der Sache nach reklamierte - sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen. Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Das kann bspw. der Fall sein, wenn der Fremdgeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -, vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 -, vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04 - und vom 16.6.2010, - L 5 KR 5179/08 -). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann die Tätigkeit, die der Beigeladene Nr. 1 während der streitigen Zeit (1.1.2005 bis 21.12.2008) im Betrieb der Klägerin ausgeübt hat, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden. Der Senat teilt insoweit die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts.
Gegen die Einstufung des Beigeladenen Nr. 1 als selbständig Erwerbstätigen spricht in unternehmensrechtlicher Hinsicht zunächst, dass er nicht mehr Inhaber der Klägerin ist, er vielmehr seine Inhaberschaft an den jetzigen Inhaber J. M. übertragen hat. Dieser ist nunmehr Alleininhaber des Betriebs. Der Beigeladene Nr. 1 hat keine Möglichkeit, grundsätzliche Entscheidungen des Firmeninhabers wie etwa die Schließung der C. Th., die Verlagerung in andere Geschäftsräume, die Einstellung anderer Mitarbeiter, die Aufnahme oder den Abbruch von Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Kunden zu verhindern. Der Beigeladene Nr. 1 hat diese ihm früher selbst zustehende Rechtsmacht übertragen und sich nunmehr zurückgezogen. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass er nunmehr kein Gewerbe mehr angemeldet hat, dementsprechend auch keine Gewerbesteuer zahlt, und die in seinem Eigentum stehenden Geräte sowie seine früheren Geschäftsräume an die Klägerin vermietet hat. Der Beigeladene Nr. 1 übt darüber hinaus unstreitig keine andere selbstständige Erwerbstätigkeit aus. Insgesamt verfügt der Beigeladene Nr. 1 nicht über die Rechtsmacht, unternehmenspolitische Entscheidungen zu treffen oder solche Entscheidungen des Betriebsinhabers zu verhindern. Ihm fehlt die den Unternehmerstatus kennzeichnende rechtliche Lenkungsmacht für die Geschicke des Unternehmens. Sie liegt allein beim Inhaber der Klägerin. Dies kommt in dem von der Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 12.8.2011 dargestellten Ablauf der Geschäftsübertragung vom Beigeladenen Nr. 1 auf den Inhaber der Klägerin auch deutlich zum Ausdruck. Danach soll der Beigeladene Nr. 1 nach Übertragung des Geschäfts den Inhaber der Klägerin nur noch durch fachlichen Rat unterstützt und seine Kunden- und Lieferantenkontakte im Interesse des Inhabers der Klägerin weiter gepflegt haben. Damit ist auch nicht ersichtlich, dass der Beigeladene Nr. 1 das Unternehmen bzw. die Klägerin tatsächlich dominieren würde, sodass ungeachtet der dargestellten rechtlichen Gesichtspunkte in Wahrheit ihm und nicht der Klägerin die faktische unternehmerische Leitungsmacht zuzuordnen wäre. Hiervon ist angesichts des Umstands, dass die Geschäftsübertragung mit dem Rückzug des Beigeladenen Nr. 1 aus dem Geschäft bereits 1998 stattfand, für den hier streitigen Zeitraum ab 1.1.2005 nicht auszugehen.
Nach dem Vortrag der Klägerin besteht die Aufgabe des Beigeladenen Nr. 1 darin, den häufig ortsabwesenden Inhaber der Klägerin zu vertreten. Als Vertreter des Betriebsinhabers übt der Beigeladene Nr. 1 aber keine selbstständige Tätigkeit aus. Vielmehr kommt ihm die Aufgabe eines leitenden Angestellten zu, die üblicherweise nicht an feste Arbeitszeiten und Arbeitsplätze gebunden sind und die im Rahmen ihrer Aufgaben ihre Tätigkeit frei gestalten dürfen. Selbstverständlich gehört es zum Status eines leitenden Angestellten, dass zum jeweiligen Inhaber des Geschäfts ein Vertrauensverhältnis besteht und er über die erforderlichen Kenntnisse der Branche und der Kundenbeziehungen verfügt. Wenn dem Beigeladenen Nr. 1 weitgehende Freiheiten hinsichtlich der Art und Weise seiner Aufgabenerfüllung eingeräumt worden sind, und er aufgrund seiner Vorkenntnisse gerade der Klägerin und ihrer Geschäftspartner nur wenig Vorgaben benötigt und erhalten hat, so sind diese Freiräume gerade kennzeichnend für den Status als leitender Angestellter, von denen typischerweise erwartet wird, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess frei von Einzelweisungen erfüllen und selbstständig arbeiten können (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R -). Zu den Aufgaben eines leitenden Angestellten kann es somit auch gehören, die Preise selbstständig an veränderte Marktverhältnisse anzupassen oder in Verhandlungen in preislicher Hinsicht Zugeständnisse zu machen oder einen besonders guten Preis heraus zu handeln. Der Betreffende bleibt leitender Angestellter, solange die Preisfestsetzung - wie hier - auf fremde Rechnung erfolgt. Dass der Beigeladene Nr. 1 in ständiger Praxis dabei keinen konkreten detaillierten Vorgaben unterworfen war, er also bei seiner täglichen Arbeit praktisch weisungsfrei handeln konnte, ändert daran nichts. Der Beigeladene Nr. 1 konnte nicht nach Belieben agieren. Die Klägerin hat mehrfach vorgetragen, dass mit dem Beigeladenen Nr. 1 dessen Tätigkeit allgemein besprochen und ihm eine grober Rahmen gesetzt worden ist. Gerade die Tätigkeit innerhalb eines allgemeinen Rahmens ohne konkrete Weisung im Einzelfall ist aber typisch für leitende Angestellte.
Die Tätigkeit eines leitenden Angestellten erfolgt stets in abhängiger, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Dem entspricht, dass dem Beigeladenen Nr. 1 lediglich eine Vollmacht über die Betriebskonten erteilt wurde, er war gerade nicht Inhaber dieser Betriebskonten. Durch seine Tätigkeit wurde rechtlich die Klägerin verpflichtet und berechtigt, nicht aber der Beigeladene Nr. 1, der stets in fremdem Namen gehandelt hat. Wenn er von seinem Auftreten her von Kunden teilweise noch als der Betriebsinhaber angesehen wurde, so ist dies rechtlich ohne Bedeutung, denn dass er für sich auf eigene Rechnung gehandelt haben könnte, wird von der Klägerin selbst nicht behauptet. Soweit die Bevollmächtigte der Klägerin einen Vergleich mit einem Fremdgeschäftsführer einer GmbH gezogen hat, geht dies fehl. Denn der Fremdgeschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich abhängig Beschäftigter. Einen vergleichbaren Status hatte der Beigeladene Nr. 1 aber nicht. Ihm fehlte jede schriftliche Vollmacht, um einem Fremdgeschäftsführer vergleichbar auftreten zu können. Sein ganzes Handeln beruht vielmehr allein auf einer Duldungsvollmacht des Inhabers der Klägerin. Diese Duldungsvollmacht hätte jederzeit auch widerrufen werden können.
Dass für die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 ein (schriftlicher) Arbeitsvertrag (oder Geschäftsführeranstellungsvertrag) nicht abgeschlossen wurde und nur mündliche Abreden getroffen worden sind, begründen noch keine selbstständige Tätigkeit. Die Vorenthaltung typischer Arbeitnehmerrechte, wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder des Anspruchs auf Urlaub, macht den Arbeitnehmer nicht zum selbstständig erwerbstätigen Unternehmer. Auch der Umstand, dass kein festes Arbeitsentgelt zwischen dem Beigeladenen Nr. 1 und der Klägerin vereinbart wurde, spricht nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft. Die regelmäßig geleisteten Provisionszahlungen legen vielmehr den Schluss nahe, dass zwischen dem Inhaber der Klägerin und dem Beigeladenen Nr. 1 klare Absprachen getroffen worden sind, in welcher Weise die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 zu vergüten ist. Die pauschale Abgeltung seiner Tätigkeit spricht dagegen, dass der Beigeladene Nr. 1 nur gelegentlich auf Anfrage tätig geworden ist, vielmehr liegt dem eine regelmäßige, zwischen den Beteiligten abgesprochene Leistung zugunsten der Klägerin zugute. Als geschuldete Leistung hat der Beigeladene Nr. 1 aber allein seine Arbeitskraft eingesetzt. Er ist damit einem Arbeitnehmer vergleichbar, was als Indiz für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung zu werten ist. Dass er auch in der täglichen Praxis wie ein Arbeitnehmer eingesetzt war, der teilweise die gleichen Arbeiten wie der Angestellte E. verrichtet hat, hat die Vernehmung des Zeugen E. in der mündlichen Verhandlung des Senats ergeben. So hat der Beigeladene Nr. 1 den Zeugen E. immer dann vertreten, wenn dieser seine Verpflichtung zur Ableistung von wöchentlich 35 Arbeitsstunden (bei Öffnungszeiten von 48 Stunden) erbracht hat oder in Urlaub war und darüber hinaus die übrigen kaufmännischen Aufgaben im Geschäft der Klägerin erledigt.
Schließlich hat der Beigeladene Nr. 1 auch keinerlei Unternehmerrisiko übernommen. Dies hat er selbst in dem Fragebogen vom 06.04.2009 angegeben. Eigenes Wagniskapital hat er nicht eingebracht. Zwar stehen die Kopiergeräte und die Geschäftsräume in seinem Eigentum, dies begründet jedoch kein Unternehmerrisiko. Im Falle einer Unternehmensinsolvenz könnte er als Eigentümer seine Eigentumsrechte geltend machen. Insoweit trägt er lediglich das Risiko eines Vermieters. Die Aussicht auf unternehmerischen Gewinn bzw. das Verlustrisiko des Unternehmers steht ausschließlich der Klägerin als Betriebsinhaberin zu. Der Beigeladene Nr. 1 trägt demgegenüber das für Arbeitnehmer typische Arbeitsplatzrisiko, da er im Falle der Insolvenz der Klägerin nur die dort innegehabte Arbeitsstelle verlieren würde.
Auch die wohl von Anfang an vorhandene übereinstimmenden Auffassung sowohl des Beigeladenen Nr. 1 als auch des Inhabers der Klägerin, der Beigeladene Nr. 1 sei nicht als abhängig Beschäftigter für die Klägerin tätig, stellt allenfalls ein schwaches Indiz dar. Grundsätzlich vermag der Wille der Beteiligten, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auszuschließen, dies nur dann zu bewirken, wenn die objektiven Voraussetzungen dafür vorliegen. Auf die innere Willensrichtung ist grundsätzlich ansonsten nicht abzustellen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, über dessen Normen grundsätzlich nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden kann, schließen es nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 51, 164 bis 172, Urteil vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R und vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R) aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person allein die von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden. Der in einer entsprechenden Abrede verlautbarte Wille der Vertragspartner kann für die Beurteilung der Versicherungspflicht eines der Partner nur dann maßgebend sein, wenn die übrigen Bestimmungen eines Vertrags und insbesondere seine tatsächliche Durchführung der gewählten Vertragsform entsprechen (so BSG, Urteil vom 29.01.1981 - 12 RK 63/79 R).
Bei Würdigung aller Umstände ergibt sich damit auch für den Senat das Gesamtbild einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1. Dies entspricht im Übrigen auch dessen Selbsteinschätzung in der gegenüber der u. Krankenkasse abgegebenen Mitgliedschaftserklärung vom 17.1.2005, in der er die Klägerin als seine Arbeitgeberin bezeichnet hat. Die Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 unterliegt damit der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die nachzuentrichtenden Sozialversicherungsbeiträge hat die Beklagte (nach Herabsetzung des Nachforderungsbetrags im Teilabhilfebescheid vom 20.11.2009) zutreffend errechnet (vgl. §§ 341 ff. SGB III bzw. 157 ff. SGB VI). Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch geltend gemacht. Die Nacherhebung der U1- und U2-Umlagen erfolgte ebenfalls zu Recht (vgl. § 7 AAG). Verjährung ist nicht eingetreten; die rückständigen Beiträge (ab 01.01.2005) wurden innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) durch Bescheid vom 05.06.2009 rechtzeitig geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind der Klägerin nicht aufzuerlegen, da diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Die auf § 197a SGG gestützte Kostenentscheidung des SG war vom Senat klarzustellen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 10.604,25. Umstritten ist, ob für den von der Klägerin als "freien Mitarbeiter" bezeichneten N. J. (Beigeladener Nr. 1) Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten sind.
Die Klägerin betreibt unter der Firma C.-Th. ein Kopiergeschäft. Inhaber dieser Firma ist J. M ... Der 1946 geborene Beigeladene Nr. 1 hat das Geschäft 1980 gegründet und war bis September 1998 der frühere Inhaber der Klägerin. Er hat dann die Firma an J. M. verkauft und die weiter in seinem Eigentum stehenden Geschäftsräume in der R.str. sowie die Kopiergeräte dem J. M. vermietet. Der Beigeladene Nr. 1 besitzt darüber hinaus im Gebäude R.str. Nr. eine Wohnung. Er war in der Folge im Unternehmen der Klägerin tätig, seine Tätigkeit wurde später als die eines "freien Mitarbeiters" bezeichnet. Bei der zuständigen Einzugsstelle wurde er nicht als Beschäftigter gemeldet, Beiträge für seine Tätigkeit wurden nicht entrichtet.
Im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 gab der Beigeladene Nr. 1 auf einem Fragebogen unter dem 04.02.2009 (u.a.) an, er übe nach mündlicher Vereinbarung eine Vertretungstätigkeit aus, wobei eine regelmäßige Arbeitszeit nicht vereinbart sei. Die Arbeit werde teilweise in den Räumen seines Auftraggebers ausgeführt. Ein eigenes Gewerbe habe er nicht angemeldet, er zahle auch keine Gewerbesteuer und setze kein eigenes Kapital ein. Er unterhalte auch keine eigenen Geschäfts- bzw. Betriebsräume. Hinsichtlich seiner Tätigkeit würden die näheren Arbeitsbedingungen mündlich festgelegt. Er erhalte hinsichtlich seiner Arbeit keine Weisungen und werde auch nicht kontrolliert. Er habe nicht mehrere Auftraggeber und auch keinen eigenen Kundenstamm. Er habe kein unternehmerisches Risiko und erhalte die Vergütung in Form eines Honorars, wobei die Zahlung nach Vereinbarung erfolge. Er verfüge über keine eigenen Betriebsräume, habe allerdings ein häusliches Arbeitszimmer, die Bundesagentur für Arbeit habe keine Betriebsnummer vergeben. Lohnsteuer werde nicht entrichtet, es bestehe Umsatzsteuerpflicht. Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe er nicht. Er sei von der Rentenversicherungspflicht befreit worden und freiwillig krankenversichert. In einer gegenüber der u.-B. für Medien- und Kommunikationsberufe abgegebenen Mitgliedschaftserklärung vom 17.01.2005 bezeichnete der Beigeladene Nr. 1 die Firma der Klägerin als seinen Arbeitgeber.
Als (zwischen den Beteiligten unstreitige) Gegenleistung für seine Tätigkeit als "freier Mitarbeiter" erhielt der Beigeladene Nr. 1 im Jahr 2005 Provisionen in Höhe von viermal EUR 2.850,00. Der Betrag wurde dem Beigeladenen Nr. 1 in bar ausgezahlt. Weiterhin wurden für das Kraftfahrzeug O ... die Steuern übernommen. Im Jahr 2006 wurden dem Beigeladenen Nr. 1 elfmal EUR 1.000,00 an Provisionen in bar ausbezahlt sowie einmal EUR 2.200,00, ferner wurden die D.-Gebühren und die Kfz.-Steuer für das genannte Fahrzeug ... von der Klägerin übernommen. 2007 wurden Provisionen von viermal EUR 1.650,00 sowie eine Kraftfahrzeugrechnung in Höhe von EUR 1.491,77 von der Klägerin bezahlt, im Jahr 2008 Provisionen von zweimal EUR 1.500,00 und zweimal EUR 1.800,00.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 08.04.2009 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2009 die Bezahlung eines Nachforderungsbetrages von EUR 11.296,83 für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2008. Nach Angaben des Inhabers der Klägerin sei der Beigeladene Nr.1 ab dem 01.01.2005 für diverse Bürotätigkeiten (u.a. Botengänge, Kopierarbeiten, Vertriebs- bzw. allgemeine Büroarbeiten) im wesentlichen in den Räumen der Firma C. Th. eingesetzt worden. Sowohl die Betriebsräume, das Inventar, die Kopiergeräte als auch die zu verarbeitenden Materialien habe der Inhaber ihm zur Verfügung gestellt. Gegenüber den Kunden bzw. Geschäftspartnern sei der Beigeladene Nr. 1 als Mitarbeiter der C. Th. aufgetreten (verschiedene Aufträge seien von ihm als Ansprechpartner für das vorgenannte Unternehmen abgewickelt worden). Eigene Geschäftsräume habe der Beigeladenen Nr. 1 in diesem Zeitraum nicht unterhalten, er habe auch kein Gewerbe angemeldet gehabt. Der Beigeladene Nr. 1 habe weder den Arbeitsort noch die Arbeitszeit frei gestalten können. Bei Urlaubs- bzw. Krankheitsvertretung des einzigen weiteren Beschäftigten seien die umfangreichen Öffnungszeiten einzuhalten gewesen. Die Vergütung sei mit einem vierteljährlich bzw. monatlich gleichbleibenden Pauschalbetrag abgegolten worden. Eine Rechnungsstellung erfolgte hierbei nicht. Weiterhin habe der Firmeninhaber diverse Kosten des Beigeladenen Nr. 1 übernommen (u.a. Kfz.-Steuer, Fahrzeugreparaturen und sonstige Fahrzeugkosten der eigenen Fahrzeuge). Neben der zu beurteilenden Tätigkeit habe der Beigeladene Nr. 1 keine weiteren Auftraggeber mehr gehabt, ebenso wenig einen eigenen Kundenstamm. Öffentlichkeitsarbeit bzw. Werbung für ein eigenes Unternehmen sei nicht erfolgt. Bei Würdigung dieses Sachverhalts habe die Klägerin in allen für ihren Geschäftszweck wichtigen Fragen eine umfassende Kontrolle über die zu erledigenden Arbeiten. Es sei mit Beginn der Tätigkeit von einer "persönlichen Abhängigkeit" in Form der Weisungsbefugnis in Art/Ort/Zeit und Ausführung der Arbeit des Beigeladenen Nr. 1 gegenüber der Klägerin auszugehen. Mit der Nutzung der Betriebsmittel der Klägerin habe auch eine Eingliederung in deren Betriebsorganisation vorgelegen. Zu berücksichtigen sei bei der Entscheidung auch die wirtschaftliche Abhängigkeit vom einzigen Auftraggeber. Mit der somit vorliegenden abhängigen Beschäftigung als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer habe auch die Beitragspflicht in der Sozialversicherung bestanden.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, die Beklagte gehe zu Unrecht vom Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung aus. Der Beigeladene Nr. 1 sei grundsätzlich in der Art und Weise der Erbringung seiner Dienste frei gewesen und habe keinen Weisungen im Sinne eines Direktionsrechts unterlegen. Mit ihm sei lediglich am Anfang der Tätigkeit die Art der auszuführenden Verrichtungen näher besprochen worden. Er habe in etwa wissen müssen, was er als Vertreter des Geschäftsinhabers zu tun habe. Hierfür sei lediglich mündlich ein grober Rahmen definiert worden. Er habe dabei auch keinen festen Arbeitszeiten unterlegen, was jedoch nicht ausgeschlossen habe, dass der Beigeladene Nr. 1 seine Tätigkeit vor Ort nach Bedarf mit dem Inhaber der Klägerin oder dessen Arbeitnehmer abgestimmt habe. Weil der Beigeladene Nr. 1 über einen zweiten Wohnsitz in der R.str., also im selben Haus verfügt habe, sei er äußerst flexibel hinsichtlich Ort und Zeit der Leistungserbringung gewesen. Als Vertreter des Inhabers der Klägerin habe er während der Geschäftszeiten nicht vollständig anwesend sein müssen. Die Anwesenheit des einzigen Angestellten der Klägerin, Herrn E., habe insoweit ausgereicht. Die Tätigkeiten von Herrn E. und des Beigeladenen Nr. 1 seien nicht identisch gewesen. Als Vertreter des Geschäftsinhabers habe der Beigeladene Nr. 1 Leitungsfunktionen wahrgenommen. Die beruflichen Tätigkeiten des Beigeladenen Nr. 1 hätten sich allerdings altersbedingt auf die gelegentliche Vertretung des Inhabers der Klägerin beschränkt. Auch der Umstand, dass der Beigeladene Nr. 1 gegenüber Kunden und Geschäftspartnern als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten sei, führe zu keiner Versicherungspflicht. Der Vertreter handle lediglich nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Vertretenen. Seine Verfügungen hätten Betriebsvermögen der Klägerin betroffen. Die Vereinbarung des Pauschalbetrags als Vergütung sei ohne sozialversicherungsrechtliche Relevanz. Mit der Zahlung einer Pauschale anstelle einer stundenweisen Vergütung hätten die Beteiligten lediglich eine Rahmenvergütung vereinbaren wollen, mit der der monatlich unterschiedliche Leistungsaufwand des Beigeladenen Nr. 1 abgegolten werden sollte. Dementsprechend habe der Beigeladene Nr. 1 die Pauschalbeträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert, was von der Finanzverwaltung auch nie beanstandet worden sei. Nach dem Gesamtbild habe es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 damit weder um eine Arbeitnehmertätigkeit noch um eine unselbstständige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV gehandelt.
Mit Bescheid vom 20.11.2009 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Der Beitragsberechnung legte sie nunmehr ausschließlich die durch Quittungen nachgewiesenen Provisionszahlungen, die von der Klägerin übernommenen Steuern für das Kfz ... sowie die Kfz.-Rechnung in Höhe von EUR 1.491,77 im Jahr 2007 zugrunde. Der Nachforderungsbetrag reduzierte sich damit auf EUR 10.604,25.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2009 wies die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht abgeholfen worden war, zurück. Der Beigeladene Nr. 1 sei bei seiner Tätigkeit für die Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Eine selbstständige Tätigkeit habe er nicht ausgeübt. Er habe kein Gewerbe angemeldet und über keine eigenen Betriebsräume verfügt, sondern ausschließlich in der C. Th. gearbeitet. Darüber hinaus habe er keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt und auch keine weiteren Auftraggeber oder einen eigenen Kundenstamm. Soweit er angegeben habe, an Weisungen nicht gebunden zu sein, liege dies wohl daran, dass sich der Inhaber der Klägerin vorwiegend im Ausland aufgehalten habe. Für die C. Th. habe er die Preise nicht selbst gestalten können und auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Insbesondere habe er auch kein eigenes Kapital eingesetzt. Als leitender Angestellter habe er zwar nicht der ständigen Weisung und Kontrollen des Inhabers der Klägerin unterlegen, sein Arbeitseinsatz habe sich jedoch nach den betrieblichen Erfordernissen gerichtet, die zum Wohl des Unternehmens zu erfolgen hätten. Zwar habe nach den Angaben der Klägerin keine tägliche Anwesenheitspflicht bestanden, jedoch hätten die umfangreichen Öffnungszeiten eine regelmäßige Anwesenheit entweder des Beigeladenen Nr. 1 oder des einzigen Angestellten der Klägerin, Herrn E. erfordert. Diese hätten sich insoweit jedes Mal abstimmen müssen.
Gegen den am 23.12.2009 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 25.01.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Er ergänzte und vertiefte sein bisheriges Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, als Vertreter des Geschäftsinhabers habe der Beigeladene Nr. 1 geschäftsführende Aufgaben wahrgenommen. Die Art seiner Aufgabenverrichtung sei mit ihm lediglich allgemein besprochen worden. Dies belege die Weisungsfreiheit des Beigeladenen Nr. 1, der durchaus mit dem Geschäftsführer einer GmbH vergleichbar sei. Der Beigeladene Nr. 1 habe als Vertreter des Geschäftsinhabers selbstständig über Einkauf und Verkauf entschieden, Kunden beraten, Verträge für den Betriebsinhaber abgeschlossen und über eine Kontovollmacht über das Geschäftskonto verfügt. Gegenüber dem Angestellten E. sei er weisungsberechtigt gewesen. Eine feste Arbeitszeit habe schon deshalb nicht bestanden, weil er ehemalige Kunden seines früheren, alten Geschäftes, die in ihm nach wie vor den Betriebsinhaber sehen würden, besucht habe. Wegen dieser Außendiensttätigkeit habe keine tägliche Anwesenheitspflicht bestanden. Auch den Arbeitsort habe er frei wählen können, weil er die Wahl gehabt habe, entweder in den Betriebsräumlichkeiten oder aber in seinem Arbeitszimmer im selben Gebäude zu arbeiten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch der Einsatz eigenen Kapitals kein zwingendes Kriterium für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Dienstleistende erbrächten üblicherweise ihre Leistung gegen ein bestimmtes Pauschal- oder Stundenhonorar, das vorherige Investitionen nicht zwingend vorsehe.
Der Beigeladene Nr. 1 habe sowohl das Know how als auch die Kundenbeziehungen in das Unternehmen des Klägers eingebracht und werde von der Kundschaft sogar zum Teil noch als Betriebsinhaber wahrgenommen. Aufgrund völliger Weisungsfreiheit im Umgang mit der Kundschaft und der Preisgestaltung lenke der Beigeladene Nr. 1 zugleich inzident die wirtschaftlichen Geschicke des Betriebes und trage maßgebend zum wirtschaftlichen Geschäftserfolg oder Misserfolg bei. Dieses seien Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit. Als Eigentümer der Betriebsmittel und Hauptvermieter der Betriebsräume habe er ein unmittelbares Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes. Insoweit trage er weitaus mehr wirtschaftliche Risiken als er tragen würde, wenn er Arbeitnehmer wäre.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat an ihrer Rechtsauffassung aus dem Widerspruchsbescheid festgehalten.
Mit Urteil vom 14.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, gegen die Bewertung der Tätigkeiten des Beigeladenen als selbstständige Tätigkeit spreche, dass er am Unternehmen der Klägerin nicht beteiligt sei. Ihm fehle die für eine unternehmerische Tätigkeit sprechende rechtliche Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich der Geschicke des Unternehmens. Auch wenn der Beigeladene Nr. 1 nicht an feste Arbeitszeiten gebunden gewesen sei und die Tätigkeit habe frei gestalten dürfen, stehe dies der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen. Für Angestellte, die einen leitenden Status inne hätten, seien diese Freiräume kennzeichnend und schlössen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Der Beigeladene Nr. 1 habe kein Unternehmerrisiko getragen, er habe insbesondere kein eigenes Kapital eingesetzt.
Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 01.03.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.03.2011 unter Berufung auf ihr bisheriges Vorbringen Berufung eingelegt. Das SG habe nicht alle Umstände des Falles berücksichtigt. Entscheidend seien allein die persönlichen Verhältnisse und der persönliche Einsatz des Beigeladenen Nr. 1. Die Tatsache, dass der Beigeladene Nr. 1, wie erstinstanzlich vorgetragen, sehr wohl die unternehmerischen Entscheidungen geprägt und dadurch in der Lage gewesen sei, ihm nicht genehme Entscheidungen des Betriebsinhabers zu verhindern, ergebe sich bereits daraus, dass er früher eigene Kunden für die Klägerin akquiriert und direkt betreut habe, ohne dass sich der Betriebsinhaber hier eingemischt habe. Hinzu komme, dass die Klägerin nicht einmal Inhaberin der Betriebsmittel (Kopiergeräte) sei, sondern der Beigeladene Nr. 1. Auch die Betriebsräume würden von dem Beigeladenen Nr. 1 als Hauptmieter zur Verfügung gestellt. Folglich bestimme der Beigeladene Nr. 1 über die Betriebsräume, die Betriebsmittel und nicht die Klägerin. Er trage deshalb sehr wohl ein zentrales unternehmerisches Risiko, was sich auch dann zeige, wenn er nicht genügend Kunden akquiriere und falsche Dispositionen treffe. Dann könnten seine Kopiergeräte nicht eingesetzt und die Miete nicht gezahlt werden. Das Geschäft hänge damit entscheidend von seiner weisungsunabhängigen, selbstständigen Tätigkeit ab. Der Betriebsinhaber und der Beigeladene Nr. 1 seien seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden, es bestehe zwischen ihnen ein sehr starkes Vertrauensverhältnis. Als der Beigeladene Nr. 1 1998 seinen Betrieb aufgeben wollte, habe er dem Geschäftsinhaber angeboten, den Betrieb fortzuführen. Darauf sei der Geschäftsinhaber unter der Bedingung eingegangen, dass der Beigeladene Nr. 1 ihm die Räumlichkeiten, das Inventar und den Maschinenpark zu angemessenen Bedingungen vermiete und ihm im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten bei der Einarbeitung und während seiner Abwesenheit zur Seite stehe. Der Beigeladene Nr. 1 sei damit einverstanden gewesen und habe sich bereit erklärt, seine Kunden- und Lieferantenkontakte, nunmehr im Interesse des Inhabers der Klägerin, weiterhin zu pflegen. Eine abhängige Beschäftigung sei von keinem der Parteien jemals gewollt gewesen; der Beigeladene habe stets auf seiner absoluten Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit bestanden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.12.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.06.2009 in der Gestalt des Bescheides vom 20.11.2009 sowie des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2009 aufzuheben sowie festzustellen, dass der Beigeladene Nr. 1 kein sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Klägerin ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung des Senats die Erklärung des Beigeladenen Nr. 1 vorgelegt, wonach er entgegen seiner Selbstauskunft vom 4.2.2009 sehr wohl die Preise gestalte, die er je nach Marktsituation anpasse, teilweise als Sonderpreise. Dies stimme er lediglich nachträglich mit dem Firmeninhaber ab. Die Klägerin hat weiterhin den Angestellten der Klägerin E. in die mündliche Verhandlung als Zeugen gestellt, den der Senat daraufhin vernommen hat. Wegen Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Senats vom 28.09.2009 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des einstweiligen Anordnungsverfahrens L 5 KR 1153/10 ER-B sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch statthaft. Berufungsausschlussgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die hier streitige Nachforderung von EUR 10.604,25 übersteigt den gesetzlichen Beschwerdewert bei weitem.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 05.06.2009 in der Gestalt des Bescheides vom 20.11.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2009 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte verlangt zu Recht von der Klägerin die Nachzahlung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung für den Beigeladenen Nr. 1 in Höhe von EUR 10.604,25. Der Beigeladene Nr. 1 hat seine Tätigkeit für die Klägerin im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erbracht.
Die Beklagte war (als Prüfstelle) für den Erlass des Nachforderungsbescheids sachlich zuständig. Dies folgt aus § 28p SGB IV. Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV). Für entsprechende Regelungen sind die Träger der Rentenversicherung nach § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV i. V. m. § 17 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) auch hinsichtlich der Umlagen nach dem LFZG zuständig (BSG SozR 3-2400 § 28p Nr. 1).
Gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III bzw. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) setzt die Versicherungspflicht zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht nachgefordert worden) jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Nach diesen Grundsätzen ist auch der - von der Klägerin für den Beigeladenen Nr. 1 der Sache nach reklamierte - sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen. Ist der Geschäftsführer nicht Gesellschafter, am Kapital der Gesellschaft also nicht beteiligt (Fremdgeschäftsführer), ist regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Das kann bspw. der Fall sein, wenn der Fremdgeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind. Dies hat das Bundessozialgericht insbesondere bei Geschäftsführern angenommen, die mit den Gesellschaftern familiär verbunden waren (BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -; Urt. v. 17.5.2001, - B 12 KR 34/00 R -; Urt. v. 6.3.2003, - B 11 AL 25/02 R -; auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2004, - L 9 AL 150/02 -).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 13.6.2007, - L 5 KR 2782/06 -, vom 25.4.2007, - L 5 KR 2056/06 -, vom 14.2.2007, - L 5 R 3363/06 -, vom 1.2.2006, - L 5 KR 3432/05 -, vom 11.10.2006, - L 5 KR 5117/04 - und vom 16.6.2010, - L 5 KR 5179/08 -). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend kann die Tätigkeit, die der Beigeladene Nr. 1 während der streitigen Zeit (1.1.2005 bis 21.12.2008) im Betrieb der Klägerin ausgeübt hat, nach ihrem Gesamtbild nicht als selbständige Erwerbstätigkeit eingestuft werden. Der Senat teilt insoweit die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts.
Gegen die Einstufung des Beigeladenen Nr. 1 als selbständig Erwerbstätigen spricht in unternehmensrechtlicher Hinsicht zunächst, dass er nicht mehr Inhaber der Klägerin ist, er vielmehr seine Inhaberschaft an den jetzigen Inhaber J. M. übertragen hat. Dieser ist nunmehr Alleininhaber des Betriebs. Der Beigeladene Nr. 1 hat keine Möglichkeit, grundsätzliche Entscheidungen des Firmeninhabers wie etwa die Schließung der C. Th., die Verlagerung in andere Geschäftsräume, die Einstellung anderer Mitarbeiter, die Aufnahme oder den Abbruch von Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Kunden zu verhindern. Der Beigeladene Nr. 1 hat diese ihm früher selbst zustehende Rechtsmacht übertragen und sich nunmehr zurückgezogen. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass er nunmehr kein Gewerbe mehr angemeldet hat, dementsprechend auch keine Gewerbesteuer zahlt, und die in seinem Eigentum stehenden Geräte sowie seine früheren Geschäftsräume an die Klägerin vermietet hat. Der Beigeladene Nr. 1 übt darüber hinaus unstreitig keine andere selbstständige Erwerbstätigkeit aus. Insgesamt verfügt der Beigeladene Nr. 1 nicht über die Rechtsmacht, unternehmenspolitische Entscheidungen zu treffen oder solche Entscheidungen des Betriebsinhabers zu verhindern. Ihm fehlt die den Unternehmerstatus kennzeichnende rechtliche Lenkungsmacht für die Geschicke des Unternehmens. Sie liegt allein beim Inhaber der Klägerin. Dies kommt in dem von der Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 12.8.2011 dargestellten Ablauf der Geschäftsübertragung vom Beigeladenen Nr. 1 auf den Inhaber der Klägerin auch deutlich zum Ausdruck. Danach soll der Beigeladene Nr. 1 nach Übertragung des Geschäfts den Inhaber der Klägerin nur noch durch fachlichen Rat unterstützt und seine Kunden- und Lieferantenkontakte im Interesse des Inhabers der Klägerin weiter gepflegt haben. Damit ist auch nicht ersichtlich, dass der Beigeladene Nr. 1 das Unternehmen bzw. die Klägerin tatsächlich dominieren würde, sodass ungeachtet der dargestellten rechtlichen Gesichtspunkte in Wahrheit ihm und nicht der Klägerin die faktische unternehmerische Leitungsmacht zuzuordnen wäre. Hiervon ist angesichts des Umstands, dass die Geschäftsübertragung mit dem Rückzug des Beigeladenen Nr. 1 aus dem Geschäft bereits 1998 stattfand, für den hier streitigen Zeitraum ab 1.1.2005 nicht auszugehen.
Nach dem Vortrag der Klägerin besteht die Aufgabe des Beigeladenen Nr. 1 darin, den häufig ortsabwesenden Inhaber der Klägerin zu vertreten. Als Vertreter des Betriebsinhabers übt der Beigeladene Nr. 1 aber keine selbstständige Tätigkeit aus. Vielmehr kommt ihm die Aufgabe eines leitenden Angestellten zu, die üblicherweise nicht an feste Arbeitszeiten und Arbeitsplätze gebunden sind und die im Rahmen ihrer Aufgaben ihre Tätigkeit frei gestalten dürfen. Selbstverständlich gehört es zum Status eines leitenden Angestellten, dass zum jeweiligen Inhaber des Geschäfts ein Vertrauensverhältnis besteht und er über die erforderlichen Kenntnisse der Branche und der Kundenbeziehungen verfügt. Wenn dem Beigeladenen Nr. 1 weitgehende Freiheiten hinsichtlich der Art und Weise seiner Aufgabenerfüllung eingeräumt worden sind, und er aufgrund seiner Vorkenntnisse gerade der Klägerin und ihrer Geschäftspartner nur wenig Vorgaben benötigt und erhalten hat, so sind diese Freiräume gerade kennzeichnend für den Status als leitender Angestellter, von denen typischerweise erwartet wird, dass sie ihre Aufgaben im Rahmen dienender Teilhabe am Arbeitsprozess frei von Einzelweisungen erfüllen und selbstständig arbeiten können (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R -). Zu den Aufgaben eines leitenden Angestellten kann es somit auch gehören, die Preise selbstständig an veränderte Marktverhältnisse anzupassen oder in Verhandlungen in preislicher Hinsicht Zugeständnisse zu machen oder einen besonders guten Preis heraus zu handeln. Der Betreffende bleibt leitender Angestellter, solange die Preisfestsetzung - wie hier - auf fremde Rechnung erfolgt. Dass der Beigeladene Nr. 1 in ständiger Praxis dabei keinen konkreten detaillierten Vorgaben unterworfen war, er also bei seiner täglichen Arbeit praktisch weisungsfrei handeln konnte, ändert daran nichts. Der Beigeladene Nr. 1 konnte nicht nach Belieben agieren. Die Klägerin hat mehrfach vorgetragen, dass mit dem Beigeladenen Nr. 1 dessen Tätigkeit allgemein besprochen und ihm eine grober Rahmen gesetzt worden ist. Gerade die Tätigkeit innerhalb eines allgemeinen Rahmens ohne konkrete Weisung im Einzelfall ist aber typisch für leitende Angestellte.
Die Tätigkeit eines leitenden Angestellten erfolgt stets in abhängiger, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Dem entspricht, dass dem Beigeladenen Nr. 1 lediglich eine Vollmacht über die Betriebskonten erteilt wurde, er war gerade nicht Inhaber dieser Betriebskonten. Durch seine Tätigkeit wurde rechtlich die Klägerin verpflichtet und berechtigt, nicht aber der Beigeladene Nr. 1, der stets in fremdem Namen gehandelt hat. Wenn er von seinem Auftreten her von Kunden teilweise noch als der Betriebsinhaber angesehen wurde, so ist dies rechtlich ohne Bedeutung, denn dass er für sich auf eigene Rechnung gehandelt haben könnte, wird von der Klägerin selbst nicht behauptet. Soweit die Bevollmächtigte der Klägerin einen Vergleich mit einem Fremdgeschäftsführer einer GmbH gezogen hat, geht dies fehl. Denn der Fremdgeschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich abhängig Beschäftigter. Einen vergleichbaren Status hatte der Beigeladene Nr. 1 aber nicht. Ihm fehlte jede schriftliche Vollmacht, um einem Fremdgeschäftsführer vergleichbar auftreten zu können. Sein ganzes Handeln beruht vielmehr allein auf einer Duldungsvollmacht des Inhabers der Klägerin. Diese Duldungsvollmacht hätte jederzeit auch widerrufen werden können.
Dass für die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 ein (schriftlicher) Arbeitsvertrag (oder Geschäftsführeranstellungsvertrag) nicht abgeschlossen wurde und nur mündliche Abreden getroffen worden sind, begründen noch keine selbstständige Tätigkeit. Die Vorenthaltung typischer Arbeitnehmerrechte, wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder des Anspruchs auf Urlaub, macht den Arbeitnehmer nicht zum selbstständig erwerbstätigen Unternehmer. Auch der Umstand, dass kein festes Arbeitsentgelt zwischen dem Beigeladenen Nr. 1 und der Klägerin vereinbart wurde, spricht nicht gegen die Arbeitnehmereigenschaft. Die regelmäßig geleisteten Provisionszahlungen legen vielmehr den Schluss nahe, dass zwischen dem Inhaber der Klägerin und dem Beigeladenen Nr. 1 klare Absprachen getroffen worden sind, in welcher Weise die Tätigkeit des Beigeladenen Nr. 1 zu vergüten ist. Die pauschale Abgeltung seiner Tätigkeit spricht dagegen, dass der Beigeladene Nr. 1 nur gelegentlich auf Anfrage tätig geworden ist, vielmehr liegt dem eine regelmäßige, zwischen den Beteiligten abgesprochene Leistung zugunsten der Klägerin zugute. Als geschuldete Leistung hat der Beigeladene Nr. 1 aber allein seine Arbeitskraft eingesetzt. Er ist damit einem Arbeitnehmer vergleichbar, was als Indiz für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung zu werten ist. Dass er auch in der täglichen Praxis wie ein Arbeitnehmer eingesetzt war, der teilweise die gleichen Arbeiten wie der Angestellte E. verrichtet hat, hat die Vernehmung des Zeugen E. in der mündlichen Verhandlung des Senats ergeben. So hat der Beigeladene Nr. 1 den Zeugen E. immer dann vertreten, wenn dieser seine Verpflichtung zur Ableistung von wöchentlich 35 Arbeitsstunden (bei Öffnungszeiten von 48 Stunden) erbracht hat oder in Urlaub war und darüber hinaus die übrigen kaufmännischen Aufgaben im Geschäft der Klägerin erledigt.
Schließlich hat der Beigeladene Nr. 1 auch keinerlei Unternehmerrisiko übernommen. Dies hat er selbst in dem Fragebogen vom 06.04.2009 angegeben. Eigenes Wagniskapital hat er nicht eingebracht. Zwar stehen die Kopiergeräte und die Geschäftsräume in seinem Eigentum, dies begründet jedoch kein Unternehmerrisiko. Im Falle einer Unternehmensinsolvenz könnte er als Eigentümer seine Eigentumsrechte geltend machen. Insoweit trägt er lediglich das Risiko eines Vermieters. Die Aussicht auf unternehmerischen Gewinn bzw. das Verlustrisiko des Unternehmers steht ausschließlich der Klägerin als Betriebsinhaberin zu. Der Beigeladene Nr. 1 trägt demgegenüber das für Arbeitnehmer typische Arbeitsplatzrisiko, da er im Falle der Insolvenz der Klägerin nur die dort innegehabte Arbeitsstelle verlieren würde.
Auch die wohl von Anfang an vorhandene übereinstimmenden Auffassung sowohl des Beigeladenen Nr. 1 als auch des Inhabers der Klägerin, der Beigeladene Nr. 1 sei nicht als abhängig Beschäftigter für die Klägerin tätig, stellt allenfalls ein schwaches Indiz dar. Grundsätzlich vermag der Wille der Beteiligten, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auszuschließen, dies nur dann zu bewirken, wenn die objektiven Voraussetzungen dafür vorliegen. Auf die innere Willensrichtung ist grundsätzlich ansonsten nicht abzustellen. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, über dessen Normen grundsätzlich nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden kann, schließen es nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 51, 164 bis 172, Urteil vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R und vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R) aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person allein die von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden. Der in einer entsprechenden Abrede verlautbarte Wille der Vertragspartner kann für die Beurteilung der Versicherungspflicht eines der Partner nur dann maßgebend sein, wenn die übrigen Bestimmungen eines Vertrags und insbesondere seine tatsächliche Durchführung der gewählten Vertragsform entsprechen (so BSG, Urteil vom 29.01.1981 - 12 RK 63/79 R).
Bei Würdigung aller Umstände ergibt sich damit auch für den Senat das Gesamtbild einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1. Dies entspricht im Übrigen auch dessen Selbsteinschätzung in der gegenüber der u. Krankenkasse abgegebenen Mitgliedschaftserklärung vom 17.1.2005, in der er die Klägerin als seine Arbeitgeberin bezeichnet hat. Die Beschäftigung des Beigeladenen Nr. 1 unterliegt damit der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die nachzuentrichtenden Sozialversicherungsbeiträge hat die Beklagte (nach Herabsetzung des Nachforderungsbetrags im Teilabhilfebescheid vom 20.11.2009) zutreffend errechnet (vgl. §§ 341 ff. SGB III bzw. 157 ff. SGB VI). Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch geltend gemacht. Die Nacherhebung der U1- und U2-Umlagen erfolgte ebenfalls zu Recht (vgl. § 7 AAG). Verjährung ist nicht eingetreten; die rückständigen Beiträge (ab 01.01.2005) wurden innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) durch Bescheid vom 05.06.2009 rechtzeitig geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind der Klägerin nicht aufzuerlegen, da diese keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen haben (§ 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Die auf § 197a SGG gestützte Kostenentscheidung des SG war vom Senat klarzustellen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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