L 4 R 2273/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3528/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2273/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 31. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente.

Der am 1951 in Frankreich geborene Kläger, der sich seit 01. Oktober 1971 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, absolvierte nach seinen Angaben in Frankreich zwischen 1966 und 1968 eine Ausbildung zum Elektromechaniker. Im Anschluss daran war er zunächst in Frankreich und sodann in der Bundesrepublik Deutschland bei der Firma B. zunächst als Montagearbeiter, sodann bis zur Verlagerung der Maschinen im Januar 2004 als Vorarbeiter in der Montageabteilung und zuletzt bis 05. Februar 2004 als Montagearbeiter am Fließband versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Angaben der Firma B. gegenüber der Beklagten (Auskunft vom 27. Juni 2007) handelte es sich bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Vorarbeiter um eine Facharbeitertätigkeit für die der Kläger zwischen drei und sechs Monaten angelernt worden sei. Er habe über alle praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt, sei aber nur in Teilbereichen des Facharbeiterberufes eingesetzt gewesen. Der Kläger sei nach dem Tarifvertrag der Industriegewerkschaft Metall als Facharbeiter entlohnt worden. Letzte Lohngruppe sei die Lohngruppe 10 gewesen. Dr. D. gegenüber gab der Kläger insoweit an, dass er Personen habe beaufsichtigen und die Maschinen einstellen müssen. Er habe wechselnde Körperhaltungen gehabt, nicht schwer heben und nur teilweise gebückt arbeiten müssen. Nach Beendigung der Lohnfortzahlung bezog der Kläger vom 19. März 2004 bis 24. Juli 2005 mit Ausnahme der Zeit vom 24. Dezember bis 31. Dezember 2004 Krankengeld und im Anschluss daran bis 23. September 2007 Arbeitslosengeld.

Der Kläger befand sich vom 20. Oktober bis 17. November 2004 wegen eines chronisch pseudoradikulären Lumbalsyndroms, einer Anpassungsstörung und einer arteriellen Hypertonie in einer von der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, aus der er mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für die Tätigkeit als Elektromechaniker sowie für mittelschwere Tätigkeiten in Tagschicht unter Vermeidung von Wirbelsäulenbelastungen durch regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über zehn kg sowie lang anhaltende Arbeiten in ergonomisch problematischer, z.B. vorgeneigter oder seitlich gedrehter, Körperhaltung und mit Einschränkungen bezüglich der psycho-mentalen Belastbarkeit, insbesondere unter Ausschluss von Arbeiten unter starkem Zeitdruck, entlassen wurde.

Den vom Kläger am 07. November 2005 gestellten Antrag auf weitere Leistungen zur Rehabilitation deutete die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg ausweislich ihres Schreibens vom 13. Juni 2006, da die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch die beantragte Leistung zur Rehabilitation nicht wesentlich verbessert oder wiederhergestellt werden könne und nach ihren Feststellungen teilweise Erwerbsminderung auf Zeit bis 31. August 2007 vorliege, in einen Antrag auf Rente um. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg veranlasste Begutachtungen des Klägers durch den Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. Br. und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sc ... Dr. Br. nannte nach einer Untersuchung am 05. Oktober 2006 in seinem Gutachten vom 09. Oktober 2006 ein chronisch-rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen, Funktionseinschränkung mit pseudo-radikulärer Symptomatik links und eine Periarthropathia humeroskapularis links mit Schmerzsymptomatik bei endgradigen Bewegungen und als sonstige Diagnosen eine arterielle Hypertonie, suboptimal eingestellt, ohne Spätfolgen der hypertensiven Herzerkrankung sowie eine kombinierte Persönlichkeits-, anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Er führte aus, die Belastbarkeit der Wirbelsäule sei leicht- bis mäßiggradig gemindert, Hinweise auf eine radikuläre Symptomatik lägen nicht vor. Die Beweglichkeit in den Schultergelenken sei aktiv und passiv frei mit ausgeprägter Schmerzsymptomatik auf der linken Seite. Die grobe Kraft der Hände beim Handdruck werde herabgesetzt demonstriert, die Kraft der Oberarme bei Beugung und gegen Widerstand sei jedoch unauffällig, der Faustschluss und die FinG.reckung seien komplett. Anhaltspunkte für eine depressive Verstimmung lägen nicht vor. Die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit des Elektromechanikers/Vorarbeiters mit Aufsichtsaufgaben sei aus chirurgischer-orthopädischer Sicht leidensgerecht. Im Übrigen könne der Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit Einschränkungen für langes Stehen, häufiges Bücken, kniende und hockende Tätigkeiten, Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne Heben bzw. Bewegen von Lasten über zehn kg ohne geeignete technische Hilfsmittel sowie Überkopfarbeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dr. Sc. berichtete in seinem Gutachten vom 19. Januar 2007 nach einer Untersuchung am selben Tag über eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Eine relevante psychische Komorbidität liege derzeit nicht vor. Das Ausmaß der Persönlichkeitsakzentuierungen schränke die berufliche Leistungsfähigkeit nicht ein und behindere die Behandlung der somatoformen Störung nicht. Das negative Leistungsbild umfasse derzeit die Verantwortung für Personen und für gefährliche Arbeitsplätze, Zeitdruck/Akkord, Nachtschicht, Heben und Tragen von Lasten über 15 kg, häufiges Bewegen von Lasten über zehn kg sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Unter Berücksichtigung dieses negativen Leistungsbildes im bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei noch ein täglicher Einsatz an mindestens sechs Stunden möglich. Mit Bescheid vom 08. März 2007 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz (im Folgenden Beklagte) daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten im erlernten Beruf als Elektromechaniker/Vorarbeiter Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Mit diesem Leistungsvermögen liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.

Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger im Wesentlichen vor, dass ihm die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg mit Schreiben vom 13. Juni 2006 mitgeteilt habe, dass nach ihren Feststellungen bei ihm teilweise Erwerbsminderung auf Zeit bis 31. August 2007 vorliege, weshalb sein Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation vom 07. November 2005 als Antrag auf Rente gelte. Nicht verständlich sei, dass die Beklagte nunmehr der Meinung sei, dass er im erlernten Beruf mindestens sechs Stunden täglich arbeiten könne. Die Beklagte hörte hierauf ihren beratenden Arzt Dr. R., der die Auffassung vertrat, dass durch die inzwischen durchgeführten Begutachtungen die Annahme der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, dass teilweise Erwerbsminderung auf Zeit vorliege, nicht habe bestätigt werden können (Stellungnahme vom 29. März 2007). Auch die Ärztin für Neurologie Dr. G. schloss sich in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 19. April 2007 der Leistungsbeurteilung in den Gutachten von Dr. Sc. und Dr. Br. sowie im Reha-Entlassungsbericht vom 09. Dezember 2004 an. Die Beklagte erhob sodann die genannte Auskunft der Firma B. vom 27. Juni 2007. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2007 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Einnahme von Zwangshaltungen wie Bücken, Hocken oder Knien noch vollschichtig verrichten. Er sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Zwar sei er als Facharbeiter anzusehen, er könne jedoch seine bisherige oder eine vergleichbare Tätigkeit auch weiterhin vollschichtig verrichten.

Der Kläger erhob am 26. September 2007 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Zur Begründung verwies er unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren darauf, dass er unter ständigen Schmerzen leide und sich in dauerhafter ambulanter nervenärztlicher Behandlung befinde. Die Bewältigung eines normalen und geregelten Tagesablaufs sei ihm nur unter größter Mühe und aufgrund der Unterstützung seiner Ehefrau möglich. Ferner leide er an einem Ohrgeräusch. Aufgrund seiner psychischen und physischen Beschwerden könne er den Anforderungen des Arbeitsalltags in keiner Weise genügen, weshalb von einer vollschichtigen Erwerbsunfähigkeit auszugehen sei. Der Kläger legte Arztbriefe des Internisten und Rheumatologen Dr. W. vom 03. Dezember 2007 (Diagnose: Weichteilrheumatisches Schmerzsyndrom, Cervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen, arterielle Hypertonie) und der Ärztin für Nervenheilkunde Dr. O. vom 10. Oktober 2007 (Diagnosen: Dysthymia, Somatisierungsstörung, Neurasthenie, Verdacht auf ängstliche vermeidende Persönlichkeitsstörung) sowie ein nervenärztliches Attest von Dr. O. vom 20. August 2007, wonach der Kläger aus nervenärztlicher Sicht wegen seiner psychischen Erkrankungen als erwerbsunfähig anzusehen sei, vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte die sozialmedizinische Stellungnahme des Internisten Dr. H. vom 06. August 2008 vor.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M. teilte in seiner Auskunft vom 08. September 2008 mit, dass er beim Kläger die Diagnose einer chronischen Schmerzkrankheit bei Anpassungsstörung gestellt habe. Die Beschwerden des Klägers im Bereich der Lendenwirbelsäule, des gesamten muskuloskelettalen Apparates (Weichteilrheuma) und die Herzbeschwerden seien unter dem Blickwinkel der somatoformen Schmerzstörung zu sehen. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit müsse dem Fachgebiet der Psychosomatik überlassen werden. Er fügte neben medizinischen Unterlagen aus dem Jahr 2005 Arztbriefe des Internisten Dr. G. vom 11. Juni 2008 (kein Anhalt für belastungsinduzierbare Koronarinsuffizienz oder myokardiale Insuffizienz, gute kardiale Pumpfunktion, medikamentös kompensierte arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie, anamnestisch Fibromyalgie, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Neurasthenie/Somatisierungsstörung, therapiert) und vom 26. Juli 2008 (Diagnose: unauffälliger Stress-Echokardiographie-Befund, kein Anhalt für belastungsinduzierbare koronare Insuffizienz, vorbekannte Fibromyalgie, Depression - derzeit in Remission), der Ärztin Dr. O. aus den Jahren 2007 und 2008 sowie der Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. So. und Dr. Sch. vom 02. April 2007 (degenerative Veränderungen im HWS-Bereich, Reizung des linken Schultergelenkes, Überlastung der Lendenwirbelsäule) und vom 19. Februar 2008 (die vorliegende Problematik bestehe sicherlich auch aufgrund der Fibromyalgie und durch die immer wiederkehrenden depressiven Episoden. Aufgrund der degenerativen Veränderungen mit chronischen lumbalen Beschwerden habe er ein lumbales Stützmieder in die Wege geleitet und hoffe, dass hierunter eine Beschwerdelinderung zu erzielen sei; zusätzlich habe er Krankengymnastik angeboten) bei. Diplompsychologin Helfrich führte in ihrer Auskunft vom 23. Oktober 2008 aus, dass sie beim Kläger die Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, sonstige Reaktionen auf schwere Belastung und eine Fibromyalgie gestellt habe. Er sei nicht in der Lage, Tätigkeiten über zwei Stunden täglich als Arbeiter in der Montageabteilung eines Unternehmens auszuüben.

Auf Veranlassung des SG erstattete Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. D. das Gutachten vom 16. August 2009. Auf orthopädischem Fachgebiet leide der Kläger an einer chronisch rezidivierenden Cervikocephalgie bei degenerativen Veränderungen der unteren Halswirbelsäule ohne Neurologie, einer chronisch-rezidivierenden Lumboischialgie links mit Wurzelreizsyndrom links, einer Gonalgie rechts bei freiem Gelenkkörper, Spreizfüßen beidseits, einem subacromialen Schmerzsyndrom rechts bei Acromionsporn und Bursitis subacromialis, subacromialem Schmerzsyndrom links, beidseitiger AC-Arthrose, einer initialen Heberden-Arthrose beidseits und initialen leichten Rhizarthrose. Außerdem bestehe der Verdacht auf ein weichteilrheumatisches Schmerzsyndrom bzw. differenzialdiagnostisch einer Somatisierungsstörung im Rahmen einer Depression. Auf nichtorthopädischem Fachgebiet bestehe beim Kläger eine arterielle Hypertonie, Depression, somatoforme Funktionsstörung des kardiovaskulären und gastrointestinalen Systems, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, ein Zustand nach einem Duodenalulcus und eine leichte Adipositas. Seinen zuletzt durchgeführten Beruf als Maschinenarbeiter, bei dem er ständig habe gehen und stehen und teilweise Lasten bis 15 kg habe heben müssen, könne er aufgrund seiner Schmerz- und Wirbelsäulenproblematik nur noch weniger als drei Stunden täglich durchführen. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Bewegungswechsel ohne Heben und Tragen schwerer Lasten über zehn kg, gebückte Tätigkeiten, Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, Tätigkeiten in Nässe, Kälte und Zugluft, verbunden mit Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie häufigem Treppengehen seien dem Kläger jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Hierbei böten sich z.B. Bürotätigkeiten, Bedienen bzw. Beaufsichtigen von Maschinen, ähnlich der Tätigkeit, die der Kläger vor der letzten Tätigkeit gehabt habe, etc. an. Ob der Kläger die Tätigkeit aus psychosomatischer Sicht entsprechend verrichten könne, könne er derzeit nicht sicher beantworten. Dr. D. nahm insoweit Bezug auf den ihm vom Kläger vorgelegten Bescheid des Landratsamts H. vom 20. Juli 2009, wonach der Grad der Behinderung des Klägers seit 03. Februar 2009 50 beträgt, und das psychosomatische Fachgutachten des Arztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychiatrie/Psychotherapie Dr. Kn., Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, vom 14. April 2009, das im Verfahren L 6 SB 3772/08 erstattet wurde und wonach die somatoforme Schmerzstörung, somatoforme autonome Funktionsstörung des kardiovaskulären und des gastrotestinalen Systems, Depression, Krankenhausphobie, Persönlichkeitsstörung mit einem Teil-GdB von 50 und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden; Bluthochdruck und Tinnitus jeweils mit einem Teil-GdB von 10 bewertet wurden. Die Beklagte hörte hierzu die sozialmedizinischen Berater Dr. Te. und Dr. Th ... Allgemeinmediziner Dr. Te. stimmte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 09. September 2009 der Leistungsbeurteilung von Dr. D. zu. Aus dem psychosomatischen Fachgutachten von Dr. Kn. ergäben sich keine neuen zusätzlichen medizinischen Informationen. Allgemeinmedizinerin Dr. Th. hielt den Kläger ausweislich ihrer Stellungnahme vom 15. Oktober 2009 für geeignet, die Verweisungstätigkeiten Montierer von Kleingeräten, Verdrahtungselektriker und Prüffeldelektriker zu verrichten.

Das SG erhob sodann das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Bie. vom 25. November 2009. Der Sachverständige berichtete, dass der Kläger bezüglich seines Tagesablaufs angegeben habe, er stehe zwischen 10:00 und 10:45 Uhr auf. Dann müsse er zunächst seine Arzneimittel einnehmen und mache sich Tee. Er lese etwas Zeitung und sehe fern. Dann komme schon seine Ehefrau von der Arbeit nach Hause und es gäbe Essen. Nach dem Essen mache er zusammen mit seiner Frau einen Mittagsschlaf, manchmal bis 15:30 Uhr. Dann könne es sein, dass er ein bisschen ins Freie gehe, vielleicht 600 bis 700 m vom Haus entfernt. Wenn er wieder nach Hause komme, sehe er wieder fern und gewöhnlich gehe er gegen 11:00 Uhr ins Bett. An den Wochenenden sei der Vormittag gleich. Am Nachmittag gehe er mit seiner Frau ins Freie. Einmal in der Woche begleite er seine Frau zum Einkaufen. Zu den Ärzten fahre er noch selbst mit dem Auto. Weiter führte Prof. Dr. Bie. aus, dass der Kläger bei der Prüfung der Kopfbeweglichkeit schon initial bei den geringsten Drehbewegungen seines Kopfes bzw. den geringsten Kopfseitneigebewegungen heftigste Schmerzen angegeben und diese auch gestisch und mimisch ausgedrückt habe. Die weitere passive Bewegung seines Kopfes sei jedoch bis zu den maximal erreichbaren physiologischen Endpunkten weiter möglich gewesen. Die von ihm geäußerten heftigen Schmerzempfindungen stellten seines Erachtens unverkennbar lediglich entsprechende Simulationstendenzen im Sinne einer bewusstseinsnahen Zweckreaktion dar. Auch bei der Prüfung des Lasègue links habe der Kläger heftigste Schmerzen angegeben, gleichwohl sei auch hier eine weitere Beugung in beiden Hüftgelenken mit gestreckten Kniegelenken möglich gewesen. Auch diesbezüglich seien demnach entsprechende Schmerzen unter objektiven Gesichtspunkten auszuschließen. Auch diese Schmerzempfindungen stellten unverkennbar lediglich entsprechende Simulationstendenzen seinerseits im Sinne einer bewusstseinsnahen Zweckreaktion dar. Organische Paresen seien trotz der vom Kläger insoweit demonstrierten Schwäche hinsichtlich aller Muskelfunktionen beider Hände und in allen Muskelabschnitten beider Beine auszuschließen. Auch Schmerzen könnten hierfür nicht verantwortlich gemacht werden. Der Kläger habe ein sicheres und flüssiges Gangbild bei seitengleichem Mitschwingen der Arme beim Gehen gezeigt. Im freien Gelände habe er ein schnelleres Gangbild als initial im Barfußgang demonstriert. Während der gesamten insgesamt ca. zweistündigen Explorationssituation sei der Kläger voll orientiert gewesen. Wahrnehmung und Auffassung sowie Gedächtnisleistungen seien ebenso wie Antriebssituation ungestört. Typische depressive Symptome hätten sich beim Kläger nicht feststellen lassen. Es ließen sich lediglich Hinweise auf eine sogenannte Dysthymie ableiten. Auf neurologischem Fachgebiet habe er beim Kläger aktuell keine Defizite im Hinblick auf ein aktenmäßig bekanntes und röntgenologisch beschriebenes leicht ausgeprägtes Wirbelsäulensyndrom gefunden. Auch Hinweise auf eine Claudicatio intermittens spinalis und eine Claudicatio intermittens caudae hätten sich nicht ergeben. Aus dem leicht ausgeprägten Wirbelsäulensyndrom resultierten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen einer möglichen Erwerbstätigkeit dahingehend, dass ihm nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zugemutet werden könnten. Ausgeschlossen seien Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit häufiger Überkopfhaltung und Arbeiten in Kälte und Nässe. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestünden aktuell keine relevanten objektivierbaren Krankheitssymptome. Es fänden sich lediglich in den anamnestischen Angaben Hinweise auf eine zeitweise beim Kläger bestehende negativ-getönte subjektive Befindlichkeit im Sinne einer Dysthymie. In Übereinstimmung damit habe der Kläger auch einen ausreichend breit strukturierten Tagesablauf geschildert. Eine weitere Beeinträchtigung qualitativer oder gar quantitativer Art über die oben beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen hinaus resultierten daraus nicht. Leichte und vorübergehend auch mittelschwere körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen seien dem Kläger im Rahmen eines vollen Arbeitstages zumutbar.

Mit Urteil vom 31. März 2010 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies stehe fest aufgrund der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Dres. Br. und Sc. sowie der Gutachten der Sachverständigen Dr. D. und Prof. Dr. Bie ... Mit den überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. Bie. und Dr. D. seien die gegenteiligen Äußerungen der behandelnden Ärzte wie Dr. O. und Dr. W. widerlegt. Der Kläger sei auch weiterhin in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Vorarbeiter in der Montageabteilung sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Ebenfalls möglich seien Verweisungstätigkeiten wie die eines Montierers bzw. eines Verdrahtungselektrikers oder eines Prüfelektrikers. Auch derartige Tätigkeiten seien dem Kläger als Facharbeiter zumutbar. Er könne auch diese Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Damit habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 20. April 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Mai 2010 Berufung eingelegt. Die bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen seien insgesamt so stark, dass er dadurch gehindert sei, eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens drei Stunden täglich auszuführen. Der gutachterlichen Einschätzung von Prof. Dr. Bie. sei nicht zu folgen. Bei ihm lägen weder Simulations- noch Aggravationstendenzen vor. Die Einschätzung von Prof. Dr. Bie. widerspreche auch den ärztlichen Einschätzungen der ihn langjährig behandelnden Ärzte und Psychologen. Seiner Einschätzung könne in Anbetracht seiner tatsächlichen körperlichen und seelischen Verfassung und den damit verbundenen alltäglichen Leistungseinschränkungen nicht gefolgt werden. Zum Nachweis hat der Kläger einen Arztbrief des Internisten-Rheumatologen Dr. Bä. vom 06. April 2010, wonach ihm die Ausübung eines Berufs nicht mehr möglich sei, vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 31. März 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 08. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Dezember 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Feststellung des SG, wonach der Kläger in der Lage sei, zumindest leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten, sei zutreffend. Sie hat die Stellungnahme des Allgemeinmediziners Dr. Lö. vom 07. Juni 2010 vorgelegt.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychoanalyse Dr. Hu. über den Kläger sein psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten vom 28. April 2011 aufgrund einer Untersuchung am 20. September 2010 erstattet. Der Sachverständige hat eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeit mit narzisstischen Anteilen, eine somatoforme Schmerzstörung und eine leichtgradige depressive Entwicklung diagnostiziert. Er hat ausgeführt, der Kläger habe zu seinem Tagesablauf angegeben, dass er ca. 10:00 bis 10:30 Uhr aufstehe. Er mache sich dann frisch und ziehe sich an. Seine Frau habe ihm schon sein Frühstück vorbereitet. Dann sehe er gewöhnlich fern. Mittags komme seine Frau von der Arbeit nach Hause. Manchmal bereite er "nach Anweisung" Mahlzeiten in der Mikrowelle zu. Dann würden sie gemeinsam essen, danach lese er Zeitung, für die er ewig brauche. Sodann hielten er und seine Frau bis zu einer Stunde Mittagsschlaf. Bei schönen Wetter laufe er dann um den Block und setze sich auf eine Bank. Zu Hause gäbe es um vier Uhr immer Kuchen und Äpfel, worauf er sich den ganzen Tag freue. Anschließend sehe er fern. Um 22:30 Uhr gehe er ins Bett. Er habe sich auf Anraten seiner Psychotherapeutin Geranien zugelegt, die er pflege. Sonntags "schleppe" ihn seine Frau raus, um einen kleinen Spaziergang zu machen. Gelegentlich würden er und seine Frau Ausflüge machen. Im Übrigen hat Dr. Hu. angegeben, dass der Kläger sich bei der Schilderung belastender und kränkender Situationen angespannt und aufgeregt gezeigt habe. Psychomotorisch sei er durchgängig unruhig erschienen. Mit fortschreitender Untersuchung habe er Konzentrationsprobleme beklagt. Gegen Ende der Untersuchung sei er etwas müde erschienen. Er habe neben andauernden Rückenschmerzen, Schmerzen im linken Bein, rechten Knie sowie Kopfschmerzen über ständig wechselnde Schmerzorte geklagt. An psychischen Beschwerden habe er belastungsbezogene Ängste, zeitweise Albträume, plötzliche Übelkeit, Grübeln, Verstimmung, Traurigkeit, Müdigkeit und Rückzug geschildert sowie Konzentrations- und Gedächtnisprobleme beklagt. Während der gesamten Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen von vorgetäuschten Störungsbildern ergeben. Die Fülle der vorliegenden Untersuchungsbefunde zeige auch, dass die psychischen Beschwerden nicht nur in einer Untersuchungssituation, sondern auch in gänzlich unterschiedlichen Situationen hätten diagnostiziert werden müssen. Nicht gänzlich auszuschließen sei, dass Tendenzen der Simulation oder Aggravation in das Untersuchungsgeschehen einflössen. Die Eindeutigkeit und Schwere der Symptomatologie ließen diese Tendenzen im Hinblick auf das Gesamtgeschehen aber als vernachlässigbar einschätzen. Die Persönlichkeitsvariablen und psychopathologischen Auffälligkeiten seien Ausdruck eines maladaptiven Bewältigungsstils bei erheblicher psychosozialer Belastung in der Ursprungsfamilie. Sie wirkten sich allgemein einschränkend auf die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers aus. Sie verliefen eigengesetzlich und seien nur gering Willensentschlüssen zugänglich. Der Kläger könne noch leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten. Einschränkungen bestünden hinsichtlich seiner Dauerbelastbarkeit, des Umstellungsvermögens und hinsichtlich unphysiologischer Arbeitszeiten. Ihm seien noch bis unter sechsstündige Tätigkeiten zumutbar. Bezüglich des von Prof. Dr. Bie. erstatteten Gutachtens sei auszuführen, dass sich dieses ausschließlich mit der Symptomatologie befasse ohne den im eigentlichen Sinn psychotherapeutischen, d.h. entwicklungspsychologischen Aspekt des Gesamtgeschehens zu berücksichtigen. In der Beurteilung des vorliegenden psychopathologischen Geschehens bedürfe es aber einer Aufarbeitung persönlichkeitstragender maladaptiver Prozesse, um im psychopathologischen Geschehen ab 2004 die innerseelischen Mechanismen im Sinne eines Symptom auslösenden Komplexes zu diagnostizieren. Hier zeige sich zumindest während der eigenen Untersuchung sehr deutlich, dass der Kläger psychovegetative Symptome entwickele, die in den Gesamtkontext eines psychopathologischen Geschehens, wie es die Entwicklung sogenannter somatoformer Schmerzstörungen darstelle, einzureihen seien. Entsprechend komme es zu den genannten Einschränkungen, die sowohl die aktuelle Symptomatologie als auch die Summe der Vorbefunde berücksichtige. Auf Nachfrage des Senats hat Dr. Hu. in der ergänzenden Stellungnahme vom 09. Juli 2011 dargelegt, dass dem Kläger unter Berücksichtigung der beobachtbaren Phänomene während der Untersuchung unter Beachtung von Einschränkungen drei bis unter sechsstündige Tätigkeiten zumutbar seien.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist rechtmäßig. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers (§ 54 Abs.1 Satz 1, Abs. 4 SGG) als unbegründet abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 08. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für die Zeit ab 01. Dezember 2005 weder Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Beim Kläger bestehen degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere der Hals- und Lendenwirbelsäule, eine Gonalgie rechts, Spreizfüße beidseits, ein subacromiales Schmerzsyndrom rechts und links, eine initiale Heberden-Arthrose beidseits und eine initiale leichte Rhizarthrose. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. und teilweise aus den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. Br ... Wegen der Verschleißerkrankungen bestehen Schmerzen und eine geminderte Belastbarkeit sowie geringfügige Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule. Aus den Arztbriefen von Dr. So. und Dr. Sch. sowie Dr. W. gehen keine weiteren Einschränkungen aufgrund der orthopädischen Erkrankung hervor. Nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Bie. war die passive Bewegung des Kopfes bis zu den maximal erreichbaren und physiologischen Endpunkten möglich, ebenso verhielt es sich im Hinblick auf die Beugung in beiden Hüftgelenken mit gestreckten Knien. Weitere objektive Einschränkungen ergeben sich auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Hu., nachdem dieser den Kläger insoweit nicht untersucht hat.

Beim Kläger liegt des Weiteren eine Dysthymie vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Bie. und den Arztbriefen der den Kläger auf nervenärztlichem Gebiet behandelnden Ärztin Dr. O ... Typische depressive Symptome lassen sich, wie Prof. Dr. Bie. in seinem Gutachten zutreffend herausgearbeitet hat, nicht feststellen. Auch der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Dr. Hu. geht mit der Diagnose leichtgradige depressive Entwicklung nicht von einer höhergradigen depressiven Erkrankung aus. Nach dem Arztbrief des Dr. G. vom 26. Juli 2008 befand sich die Depression in Remission.

Zudem leidet der Kläger auf internistischem Fachgebiet unter einer arteriellen Hypertonie, die jedoch medikamentös kompensiert ist. Anhaltspunkte für eine belastungsinduzierbare coronare Insuffizienz oder myokardiale Insuffizienz liegen nicht vor. Dies stützt der Senat auf die Arztbriefe des Dr. G ... Auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Bie. waren die Herztöne rein, es bestanden keine pathologischen Herzgeräusche die Pulsfrequenz war regelmäßig und der Blutdruck mit 145/95 mmHg nur grenzwertig erhöht.

Außerdem besteht beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung wie aus dem Entlassungsbericht des Orthopäden Dr. P. vom 09. Dezember 2004 über die zwischen dem 20. Oktober und 17. November 2004 durchgeführte Rehabilitationsbehandlung, den im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten des Dr. Sc. und Dr. Br., den Arztbriefen von Dr. O. und dem im Schwerbehindertenverfahren erstatteten Gutachten von Dr. Kn. hervorgeht. Bestätigt wird dies auch von Dr. Hu. in seinem auf Antrag des Klägers erstatteten Gutachten. Er diagnostizierte beim Kläger eine ängstlich vermeidende Persönlichkeit mit narzisstischen Anteilen.

Eine Schmerzerkrankung besteht beim Kläger nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Bie., dem sich der Senat anschließt, indessen nicht. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Bie. zwar immer wieder heftigste Schmerzen (z.B. bei der Kopfbeweglichkeit und der Prüfung des Lasègue`schen Zeichens) angab und diese auch gestisch und mimisch ausdrückte, eine weitere passive Bewegung sowohl des Kopfes als auch der Hüftgelenke mit gestreckten Kniegelenken jedoch jeweils passiv bis zu den physiologisch maximal erreichbaren Endpunkten möglich war. Dies wäre bei tatsächlich schmerzhaften Gelenkstrukturen nicht möglich gewesen. Auch für die vom Kläger bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Bie. demonstrierte Minderinnervation der Hände und Beine können keine Schmerzen verantwortlich gemacht werden, da Schmerzen, die zu einer schmerzinduzierten Minderinnervation führen, nur bei Gelenkbewegungen zustande kommen können, solche Gelenkbewegungen bei der Prüfung der Muskelkraft jedoch nicht erfolgen. Gegen das Vorliegen einer Schmerzerkrankung spricht auch, dass der Kläger, obwohl er schon viele Jahre über Schmerzen klagt, sich nicht in schmerztherapeutischer Behandlung befindet und lediglich nach Bedarf das Schmerzmittel Novaminsulfon einnimmt. Auch in der Psychosomatischen Klinik in Schwäbisch Hall stellte er sich nur einmalig am 30. Mai 2005 vor. Zu einer stationären Behandlung konnte er sich nach dem Konsiliarbericht des Dr. Mi. vom 08. November 2005 nicht entschließen. Beides lässt den Schluss darauf zu, dass Schmerzen zumindest nicht in gravierendem ausmaß vorliegen. Dass der Kläger nicht unter ausgeprägten Schmerzen leidet, ergibt sich überzeugend auch anhand des strukturierten Tagesablaufs des Klägers, wie er in sowohl gegenüber Prof. Dr. Bie. als auch Dr. Hu. angab. Dieser beinhaltet in gewissem Umfang auch Freizeitaktivitäten. Im Übrigen äußerte auch der weitere gerichtliche Sachverständige Dr. D. lediglich den "Verdacht auf" ein weichteilrheumatisches Schmerzsyndrom bzw. differenzialdiagnostisch eine Somatisierungsstörung im Rahmen einer Depression. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Hu. vom 28. April 2011. Zwar hat dieser in seinem Gutachten eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Er stützt sich insoweit jedoch nur auf die Angaben des Klägers, eine körperliche Untersuchung des Klägers hat er nicht durchgeführt, weshalb der Senat den Sachverständigen Prof. Dr. Bie. hierdurch nicht für widerlegt erachtet.

Die Gesundheitsstörungen, insbesondere die orthopädischen Erkrankungen und die psychischen Beschwerden, führen zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Wegen der degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule ist es zu einer Reduzierung der körperlichen Belastbarkeit des Klägers gekommen. Er kann nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von Wirbelsäulenbelastungen durch regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über zehn kg sowie lang anhaltende Arbeiten in ergonomisch problematischer Körperhaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte, Nässe und Zugluft und mit Einschränkungen für langes Stehen, häufiges Bücken, kniend und hockend sowie unter Vermeidung von häufigem Treppensteigen verrichten. Infolge der Dysthymie und Persönlichkeitsstörung hat der Kläger Arbeiten unter starkem Zeitdruck und Nachtschicht zu meiden. Dr. Br., Dr. Sc., Dr. D. und Prof. Dr. Bie. sowie Reha-Arzt Dr. P. in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 09. Dezember 2004 leiten diese Leistungseinschränkungen für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus dem bestehenden Beschwerdebild ab. Soweit nach dem von Dr. Hu. erstatteten Gutachten auch Einschränkungen hinsichtlich des Umstellungsvermögens bestehen und Dr. Sc. auch die Verantwortung für Personen ausschließt, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen, nachdem Dr. Sc. in seinem Gutachten vom 19. Januar 2007 eine relevante psychische Komorbidität verneint und auch angibt, dass das Ausmaß der Persönlichkeitsakzentuierungen die berufliche Leistungsfähigkeit nicht einschränkt, weshalb sich diese von ihm angegebenen Leistungseinschränkungen aus dem auch von ihm bestehenden Beschwerdebild nicht folgern lassen und auch aus dem von Dr. Hu. erstatteten Gutachten keine erheblichen psychopathologischen Auffälligkeiten und Persönlichkeitsvariablen hervorgehen, die diese Leistungseinschränkungen schlüssig und nachvollziehbar abbilden würden.

Aus den Gesundheitsstörungen resultieren zur Überzeugung des Senats keine Leistungseinschränkungen in zeitlicher Hinsicht auf weniger als sechs Stunden. Der Senat folgt den Gutachten von Dr. Br., Dr. Sc., Dr. D. und Prof. Dr. Bie. sowie der Einschätzung von Dr. P. darin, dass der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den genannten Funktionseinschränkungen zumindest sechs Stunden täglich verrichten kann. Dies wurde in den Gutachten sowie von dem Reha-Arzt übereinstimmend festgestellt. Widerlegt wird dies auch nicht durch die zeitliche Leistungsbeurteilung des Dr. Hu., der angab, der Kläger könne nur noch Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Dies widerspricht zum Einen den übereinstimmenden Beurteilungen in den übrigen Gutachten und ist für den Senat zum Anderen auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil sich Dr. Hu. im Wesentlichen nur auf die vom Kläger geschilderten Phänomene stützt und etwa die Schmerzangaben nicht durch eine körperliche Untersuchung des Klägers überprüft hat. Er berichtet auch über kein Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit des Klägers während der Untersuchung, sondern nur darüber, dass der Kläger gegen Ende der Untersuchung etwas müde erscheine, was nach einer mehrstündigen ambulanten Untersuchung - so Dr. Hu. - nicht weiter auffällig ist. Im Übrigen stützt er seine Leistungseinschätzung darauf dass, dies Ausdruck eines maladaptiven Bewältigungsstils bei erheblicher psychosozialer Belastung in der Ursprungsfamilie sei. Dem steht entgegen, dass der Kläger bis Februar 2004 in der Lage war, einer vollschichtigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen und die in der Ursprungsfamilie resultierende Belastung und der sich hieraus ergebende Bewältigungsstil einer beruflichen Tätigkeit nicht entgegenstanden. Dass sich hieran etwas geändert hat, vermag der Senat nicht zu erkennen.

2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris).

Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97

Ausgehend davon ist bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI die vor der zuletzt nur unter einem Monat kurzfristig ausgeübten Tätigkeit als Maschinenarbeiter verrichtete Tätigkeit als Vorarbeiter in der Montageabteilung, bei der der Kläger die Maschinenarbeiter zu beaufsichtigen und die Maschinen einzustellen hatte. Ob diese Tätigkeit als Facharbeitertätigkeit einzustufen ist, nachdem der Kläger nach der Auskunft des früheren Arbeitgebers einerseits über alle praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügte und als Facharbeiter entlohnt wurde, andererseits aber nur drei bis sechs Monate angelernt und nur in Teilbereichen der Facharbeitertätigkeit eingesetzt wurde, kann dahingestellt bleiben. Denn diese Tätigkeit kann der Kläger noch verrichten. Es handelt sich hierbei um eine leichte bis allenfalls mittelschwere Tätigkeit, die in geschlossenen Räumen im Bewegungswechsel ohne schweres Heben und Tragen und nur teilweise in Bückstellung zu verrichten ist. Dies ergibt sich aus der Auskunft des Arbeitgebers gegenüber der Beklagten vom 27. Juni 2007 und den Angaben des Klägers insbesondere gegenüber Dr. D ... Solche Tätigkeiten kann der Kläger, der diese Tätigkeit im Übrigen nicht krankheitsbedingt, sondern wegen Verlagerung der Maschinen aufgab, noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Damit ist eine Berufsunfähigkeit nicht gegeben. Darauf, ob der Kläger auf die Tätigkeiten als Verdrahtungselektriker oder Prüfelektriker verweisbar ist, kommt es nicht an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved