L 13 AS 2870/11 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 1218/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2870/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg; das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren S 4 AS 1218/11 zu Recht abgelehnt.

Die Beschwerde ist zwar statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Die Ausschlusstatbestände des § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 und Nr. 2 SGG greifen nicht ein. Da das SG seine Entscheidung nicht auf das Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt, sondern die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussicht in der Hauptsache abgelehnt hat, liegt ein Fall des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht vor. Der Statthaftigkeit der Beschwerde steht ferner nicht entgegen, dass in der Hauptsache der Wert des Beschwerdegegenstands - die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Bewilligung eines Kleiderzuschusses in Höhe von 150,00 EUR - 750,00 EUR nicht übersteigt und die Berufung deshalb der Zulassung bedarf (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Beschwerde (gegen den PKH ablehnenden Beschluss) ist in einem solchen Fall nur dann ausgeschlossen, wenn PKH für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (in der Hauptsache) begehrt wird (§ 173 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG in der hier anwendbaren mit Wirkung vom 11. August 2010 in Kraft getretenen Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 [BGBl. I S. 1127]). Handelt es sich - wie hier - in der Hauptsache um ein Klageverfahren, steht der Statthaftigkeit der Beschwerde nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. z. B. Beschluss vom 31. Januar 2011 - L 13 AS 5223/10 B) nicht entgegen, dass in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedarf. Nachdem der Gesetzgeber die von der Gegenauffassung (vgl. z. B. Landessozialgericht [LSG] Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Dezember 2010 - L 5 AS 426/10 B - veröffentlicht in Juris; für die Rechtslage vor der Gesetzesänderung u. a. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - L 8 AS 4968/08 PKH-B - veröffentlicht in Juris) allgemein geforderte Konvergenz zwischen Berufungsfähigkeit im Hauptsache- und Beschwerdefähigkeit im Nebenverfahren ausdrücklich nur für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes normiert hat, kann eine durch die analoge Anwendung des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordung (ZPO) zu schließende planwidrige Lücke erst recht nicht mehr angenommen werden (stRspr. des Senats, vgl. u. a. Beschluss vom 9. März 2011 - L 13 AS 179/11; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - L 25 B 2246/08 AS PKH; a. A. LSG Sachsen-Anhalt a.a.O., Hessisches LSG, Beschluss vom 4. Oktober 2010 - L 7 AS 436/10 B - alle veröffentlicht in Juris).

Die Beschwerde ist aber unbegründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; hinreichende Erfolgsaussicht ist z. B. zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die PKH begehrenden Partei ausgehen wird (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29. September 2004 - 1 BvR 1281/04, Beschluss vom 14. April 2003 - 1 BvR 1998/02 und Beschluss vom 12. Januar 1993 - 2 BvR 1584/92 - alle veröffentlicht in Juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19, veröffentlicht auch in Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7a m.w.N.) Wirft der Rechtsstreit hingegen eine Rechtsfrage auf, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, aber klärungsbedürftig ist, liegt hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls vor; in diesem Fall muss PKH bewilligt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7b unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das SG die für die Bewilligung von PKH erforderliche Erfolgsaussicht zu Recht verneint. Nach der auch hier nur vorzunehmenden summarischen Prüfung erweist sich der mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffene Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2011 - unter Zugrundelegung des bisherigen Vortrags der Klägerin - nicht als rechtswidrig; die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung des begehrten Kleiderzuschusses jedenfalls nicht mit der für die Bejahung einer hinreichenden Erfolgsaussicht im Sinne der Vorschriften über die PKH erforderlichen Substantiierung begründet. Für einen durch den Wechsel der Jahreszeiten bedingten Kauf neuer Kleidung sieht das Gesetz auch bei im Wachstum befindlichen Kindern - über die Regelleistung hinaus - die Gewährung eines Zuschusses nicht vor (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23. März 2010 - B 14 AS 81/08 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 8). Soweit die Klägerin sich auf eine Gewichtsabnahme und das hieraus resultierende Erfordernis des Kaufs neuer Kleidung beruft, hat sie einen Anspruch auf eine Erstausstattung für Bekleidung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II jedenfalls nicht schlüssig dargetan. Nach der Rechtsprechung des BSG kommt eine solcher Anspruch zwar ggf. auch bei erheblichen Gewichtsschwankungen in Betracht (BSG, Urteil vom 13. April 2011 - B 14 AS 53/10 R - veröffentlicht in Juris); weitere Voraussetzung ist aber, dass wegen der Gewichtsschwankungen (hier: Gewichtsabnahme) so gut wie keine brauchbaren Kleidungsstücke mehr vorhanden sind. Dass dies im Fall der Klägerin der Fall sein soll, hat diese (jedenfalls bislang) nicht frei von Widersprüchen vorgetragen. Sie hat zwar mit an den Beklagten gerichteten Schriftsatz vom 31. Januar 2011 ausgeführt, wegen der Gewichtsabnahme passe ihre gesamte Kleidung (Unterwäsche, Hosen, Jacken, etc.) nicht mehr; ihre Kleidergröße habe sich um 4 bis 5 Größen vermindert. Mit Schreiben vom 14. Februar 2011 hat sie dann aber mitgeteilt, sie benötige lediglich Unterwäsche und geringfügig passende Kleidung für ihre Berufstätigkeit. Vor dem Hintergrund dieser Angabe und der Ausführungen in der Klageschrift 15. März 2011, mit der wiederum nur Unterwäsche und angemessene Kleidung für Vorstellungsgespräche und Berufsausübung begehrt wird, kann nicht unterstellt werden, dass praktisch keine brauchbare Kleidung mehr vorhanden ist; die Klägerin mithin (ausnahmsweise) einen Anspruch auf Erstausstattung für Bekleidung hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved