L 5 KR 3120/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 8309/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3120/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.5.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich (noch) gegen die rückwirkende Neufestsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen bzw. eine daraus folgende Beitragsnachforderung.

Der 1947 geborene Kläger war bis 19.6.2005 als Arbeitsloser (in der Krankenversicherung der Arbeitslosen, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Am 20.6.2005 nahm er eine (offenbar bereits im Jahr 1979 ausgeübte) selbständige Erwerbstätigkeit als Maler und Lackierer (wieder) auf und meldete sich am 7.7.2005 zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten an. Hinsichtlich seines Einkommens verwies er auf den Steuerbescheid 2003 des Finanzamts B. vom 19.4.2005. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von minus 199 EUR, aus nichtselbständiger Arbeit von 37.769,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 5.126,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von 2.820,00 EUR ausgewiesen.

Mit Bescheid vom 30.6.2005 bewilligte die Agentur für Arbeit B. dem Kläger Überbrückungsgeld (§ 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, SGB III) für die Zeit vom 20.6. bis 19.12.2005 in Höhe von 1.908,18 EUR als monatlichen Zuschuss.

Mit Bescheid vom 9.7.2005 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag des Klägers auf insgesamt 276,22 EUR fest (Krankenversicherung: 240,90 EUR, Pflegeversicherung: 35,32 EUR). Zur Begründung führte sie aus, man nehme an, dass das durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers unter 1.811,25 EUR liege und ziehe ihn deshalb zum Mindestbeitrag heran. Sollte das Einkommen laut Steuerbescheid jedoch höher gewesen sein, müsse man den Beitrag rückwirkend anpassen. Der Kläger möge den Steuerbescheid übersenden, sobald er ihn erhalten habe. Er sei Grundlage für die Beitragsberechnung, einerseits für die bis dahin gezahlten Beiträge, andererseits für die zukünftigen Beiträge. Ein Hinweis darauf, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse ergehe, war dem Bescheid nicht beigefügt.

Mit Bescheid vom 10.1.2006 setzte die Beklagte den monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag des Klägers auf 272,87 EUR fest (Krankenversicherung: 237,04 EUR, Pflegeversicherung: 35,83 EUR). Der Beitragsbemessung legte sie ein Monatseinkommen von 1.837,50 EUR zugrunde. Ein Hinweis darauf, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse ergehe, war dem Bescheid wiederum nicht beigefügt.

Am 17.7.2006 gab der Kläger auf einem Einkommensfragebogen der Beklagten an, er sei als Malermeister in einem Umfang von 30 Wochenstunden selbständig erwerbstätig und habe (jährliche) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von ca. 15.000,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 4.200,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von 2.800,00 EUR.

Am 10.7.2007 legte der Kläger die Einkommenssteuerbescheide 2004 und 2005 des Finanzamtes B. vom 11.10.2006 bzw. 27.4.2007 vor. Im Einkommensteuerbescheid 2005 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 20.606,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 3.028,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von minus 8.230,00 EUR ausgewiesen.

Mit (dem streitgegenständlichen) Bescheid vom 31.8.2007 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers rückwirkend ab 20.6.2005 neu fest. Sie führte aus, nach Erhalt des Einkommensteuerbescheids 2005 werde der Beitrag unter Aufhebung des bisher geltenden Vorbehalts rückwirkend neu berechnet, wobei vom 20.6. bis 19.12.2005 zusätzlich das von der Arbeitsverwaltung gewährte Überbrückungsgeld zu berücksichtigen sei. Beiträge wurden wie folgt festgesetzt:

Zeitraum Krankenversicherung Pflegeversicherung Gesamt Monatseinkommen

Ab Juni 2005 468,83 EUR 68,74 EUR 537,57 EUR 3.525.00 EUR Ab Jan. 2006 450,06 EUR 68,03 EUR 518,09 EUR 3.488,87 EUR

Für die Zeit vom 20.6.2005 bis 31.7.2007 ergebe sich eine Nachforderung von 6.321,08 EUR. Ein Hinweis darauf, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse ergehe, war dem Bescheid nicht beigefügt.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Beklagte habe der Beitragsbemessung ein zu hohes Monatseinkommen zugrunde gelegt. Im Jahr 2007 habe er seine Arbeitszeit aus gesundheitlichen Gründen einschränken müssen (bis September 2007 drei Monate Krankenstand, Operation stehe an) und deswegen wesentlich weniger eingenommen. Das Überbrückungsgeld werde nicht mehr gezahlt.

Zur weiteren Begründung des Widerspruchs legte der Kläger betriebswirtschaftliche Kurzberichte seines Steuerberaters für die Zeit von Januar bis August 2007 vor. Darin sind aufgeführt:

Zeitraum Betriebseinnahmen Betriebsausgaben vorl. betriebswirtsch. Ergebnis Quartal 1/07 1.917,26 EUR 1.899,69 EUR 17,57 EUR Quartal 2/07 4.508,81 EUR 5.379,79 EUR minus 870,98 EUR 7/8 2007 2.606,36 EUR 1.079,60 EUR 1.526,76 EUR 1 bis 8/07 8.910,49 EUR 8.237,14 EUR 673,35 EUR

In den betriebswirtschaftlichen Kurzberichten ist jeweils dargelegt, das vorläufige Ergebnis entspreche dem derzeitigen Stand der Buchführung. Abschluss-/Abgrenzungsbuchungen könnten es noch verändern. Ergänzend führte der Steuerberater des Klägers im Begleitschreiben vom 26.9.2007 aus, die Unterlagen für die Steuererklärung 2006 lägen zwischenzeitlich ebenfalls vor; auch hieraus werde sich die Einstufung mit dem Mindestbeitrag für freiwillig versicherte Selbständige ergeben.

Mit Bescheid vom 1.10.2007 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers ab Oktober 2007 auf 237,04 EUR bzw. 35,83 EUR (insgesamt: 272,87 EUR - Mindestbeitrag) fest. Der Beitragsbemessung legte sie ein Monatseinkommen von 1.837,50 EUR zugrunde. Man habe die Beiträge aufgrund der betriebswirtschaftlichen Auswertung für Januar bis August 2007 vorbehaltlich neu berechnet. Sollten im Steuerbescheid 2007 höhere Einkünfte ausgewiesen sein, müsse der Beitrag rückwirkend ab 1.10.2007 angepasst werden. Ein Hinweis darauf, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse ergehe, war dem Bescheid nicht beigefügt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die der Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Einnahmen würden dem jeweils aktuellen Steuerbescheid entnommen. Eine Einstufung ohne Vorlage eines amtlichen Steuerbescheids sei bspw. bei Beginn einer selbständigen Tätigkeit möglich; sie müsse nach Vorlage des Steuerbescheids aber rückwirkend überprüft werden. Seinerzeit habe man außer dem Überbrückungsgeld keine weiteren Einnahmen des Klägers feststellen können. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids 2005 seien die Beiträge nach Maßgabe der darin ausgewiesenen Einkünfte neu berechnet worden und man habe den vorläufigen Beitragsbescheid vom 9.7.2005 durch den Bescheid vom 31.8.2007 ersetzt. Aus den dargelegten rechtlichen Gründen bleibe es bei der rückwirkenden Beitragseinstufung zum 20.6.2005 und der damit einhergehenden Beitragsnachforderung. Da der Kläger bereits 1.661,90 EUR gezahlt habe, sei noch eine Nachforderung von 4.659,18 EUR offen. Ein Hinweis darauf, dass die Entscheidung auch im Namen der Pflegekasse ergehe, war auch dem Widerspruchsbescheid nicht beigefügt.

Am 16.11.2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart, Er trug vor, das von der Arbeitsverwaltung gewährte Überbrückungsgeld dürfe bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden. Außerdem hätten die Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Berücksichtigung der Werbungskostenpauschale und des Sparerfreibetrages lediglich 1.598,00 EUR betragen. Insgesamt habe er 2005 Einkünfte von 13.947,00 EUR erzielt. Die rückwirkende Beitragsfestsetzung hätte nicht ausschließlich auf der Grundlage des Steuerbescheids 2005 erfolgen dürfen. Bei Ergehen des (angefochtenen) Beitragsbescheids vom 31.8.2007 sei bereits klar gewesen, dass die Einnahmen im Jahr 2006 und 2007 deutlich geringer ausfallen würden als im Jahre 2005. Im Jahr 2006 habe er Einkünfte nur in Höhe von 14.987,00 EUR erzielt. Das gehe aus den betriebswirtschaftlichen Zahlen für dieses Jahr bzw. einer Steuerberechnung (SG-Akte S. 21) hervor. Die Beklagte hätte dies und insbesondere die in den betriebswirtschaftlichen Kurzberichten seines Steuerberaters für Januar bis September 2007 mitgeteilten Daten bei der Beitragsbemessung berücksichtigen müssen, zumal die Beiträge zum 20.6.2005 nur unter Vorbehalt festgesetzt worden seien. Die Beiträge müssten jeweils bei Vorliegen geeigneter Einkommensnachweise neu berechnet und dürften nicht (nur) aus dem höchsten Einkommen für die Vergangenheit ermittelt werden.

Die Beklagte trug vor, der Beitragsbescheid vom 9.7.2005 sei unmissverständlich unter Vorbehalt erlassen worden. Dem Kläger sei auch aufgegeben und im dem Bescheid beigefügten Merkblatt verdeutlicht worden, dass er den für die Beitragsfestsetzung maßgeblichen Steuerbescheid jeweils unverzüglich vorlegen müsse. Für die Beitragsbemessung stehe außer dem am Einkommensteuerrecht ausgerichteten Arbeitseinkommen kein anderweitig geregeltes System der Einkommensermittlung zur Verfügung, das verwaltungsmäßig durchführbar und ohne unzumutbare Benachteiligung der Beitragsschuldner umzusetzen wäre. Die objektive Ermittlung des Einkommens ohne Heranziehung amtlicher Unterlagen scheide deswegen aus. Die Krankenkasse sei für die Einnahmen freiwillig Versicherter auf deren Angaben (in Einkommensfragebögen) und amtliche Unterlagen, insbesondere Einkommensteuerbescheide, angewiesen. Grundsätzlich sei der letzte Einkommensteuerbescheid maßgebend, während es auf die Verhältnisse im Veranlagungsjahr nicht ankomme. Im Hinblick auf den am 10.7.2007 vorgelegten Einkommensteuerbescheid 2005 habe man die vorläufige Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 9.7.2005 durch den Bescheid vom 31.8.2007 ersetzt.

Gebe der Einkommensteuerbescheid die tatsächlichen Gegebenheiten nicht zutreffend wieder und beantrage der Versicherte deswegen die Einstufung nach den aktuellen Verhältnissen, solle nur im Ausnahmefall auf andere Unterlagen, wie betriebswirtschaftliche Auswertungen eines Steuerberaters, zurückgegriffen werden, um eine – freilich unter Vorbehalt zu stellende und nach Eingang des Einkommensteuerbescheids ggf. zu korrigierende - zeitnahe Einstufung vorzunehmen. Aufgrund der vom Kläger für Januar bis August 2007 vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen seines Steuerberaters habe man ihn ab 1.10.2007 unter Vorbehalt zum Mindestbeitrag herangezogen. Dies bleibe so lange gültig, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorliege.

Am 12.9.2008 legte der Kläger der Beklagten den Einkommensteuerbescheid 2006 des Finanzamts B. vom 8.8.2008 vor. Darin sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 9.213,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 5.568,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von 1.737,00 EUR ausgewiesen. Der Monatsbeitrag des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde daraufhin mit Bescheid vom 22.9.2008 (bis zur Vorlage des Einkommensteuerbescheids 2007 unter Vorbehalt) unverändert auf 298,20 EUR festgesetzt. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids 2007 des Finanzamts B. vom 30.6.2009 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 4.939,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 3.520,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von 2.787,00 EUR) am 7.7.2009 wurde der Monatsbeitrag des Klägers auf 311,85 EUR festgesetzt; der Vorbehalt für die Zeit ab 1.10.2007 wurde aufgehoben (Bescheid vom 7.9.2009). Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids 2008 des Finanzamts B. vom 4.5.2010 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 9.345,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 4.334,00 EUR und aus Vermietung und Verpachtung von 2.719,00 EUR) am 25.8.2010 wurde der Monatsbeitrag des Klägers mit Bescheid vom 2.9.2010 ab Oktober 2010 auf 452,33 EUR festgesetzt; in diesem Bescheid ist erstmals vermerkt, dass er hinsichtlich der Festsetzung des Pflegeversicherungsbeitrags zugleich im Namen der Pflegekasse ergeht.

Der Kläger trug ergänzend vor, er habe keine Einwendungen gegen die Beitragsfestsetzung für 2005 an Hand des für dieses Jahr ergangenen Einkommensteuerbescheids. Ab 2006 habe sich seine wirtschaftliche Lage jedoch drastisch verschlechtert. Die rückwirkend neu festgesetzten Beiträge würden für dieses Jahr etwa 42% seines Einkommens ausmachen, während er seinerzeit zunächst noch zum Mindestbeitrag veranlagt worden sei. Die Beklagte hätte die Beiträge nur für das Jahr 2005 rückwirkend neu festsetzen dürfen.

Die Beklagte machte abschließend geltend, der Kläger sei nach Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit zunächst zum Mindestbeitrag veranlagt worden, da sich die Entwicklung seiner Einnahmen noch nicht habe absehen lassen. Man habe ihn jedoch im Bescheid vom 9.7.2005 (und auch bei einem Beratungsgespräch im Juli 2005) darauf hingewiesen, dass dies nach Erhalt eines Einkommensteuerbescheids gegebenenfalls berichtigt werden müsse. Die Festlegung der beitragspflichtigen Einnahmen sei untrennbar mit dem jeweiligen Einkommensteuerbescheid verbunden und gelte solange, bis der sie tragende Bescheid durch einen neuen Einkommensteuerbescheid ersetzt werde.

Mit Urteil vom 20.5.2010 hob das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 31.7.(8.) 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2007 insofern auf, als darin rückwirkend ab 20.6.2005 Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 68,74 EUR und ab Januar 2006 von 68,03 EUR festsetzt sind. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, die angefochtenen Bescheide seien hinsichtlich der Festsetzung von Pflegeversicherungsbeiträgen mangels Zuständigkeit der Beklagten rechtswidrig, im Übrigen jedoch rechtmäßig. Die Beklagte habe die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers zu Recht rückwirkend ab 20.6.2005 neu festgesetzt. Daran sei sie durch die Beitragsbescheide vom 9.7.2005 und 10.1.2006 nicht gehindert gewesen, da diese die Beitragsschuld nur vorläufig geregelt hätten (vgl. BSG, Urt. v. 11.3.2009, - B 12 KR 30/07 R -). Streitig sei allein noch die Zeit bis 30.9.2007, da die Beklagte die Beiträge mit Bescheid vom 1.10.2007 mit Wirkung zum 1.10.2007 wieder (auf den Mindestbeitrag) herabgesetzt habe.

Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide richte sich nach der Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheids (BSG, Urt. vom 11.3.2009, - B 12 KR 30/07 R -). Gem. § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum 31.07.2006 bzw. bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtige. Die Satzung der Krankenkasse müsse mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds heranziehen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen wären (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Der monatliche Existenzgründungszuschuss nach § 421 SGB III und ab 1.8.2006 der zur sozialen Sicherung vorgesehene Teil des Gründungszuschusses nach § 57 SGB III in Höhe von monatlich 300,00 EUR dürften bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Gemäß § 240 Abs. 4 Satz 1 gelte als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für freiwillige Mitglieder, die - wie der Kläger - hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien, gelte als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste, für freiwillige Mitglieder, die Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach § 421 SGB III oder eine entsprechende Leistung nach § 16 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) oder ab 1.8.2006 auf einen monatlichen Gründungszuschuss nach § 57 SGB III hätten, der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 könnten nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V).

Die Beklagte habe diese Vorschriften rechtsfehlerfrei angewendet. Für die Zeit ab 20.6.2005 seien als beitragspflichtige Einnahmen zum Lebensunterhalt die im Einkommensbescheid 2005 des Finanzamtes B. vom 27.4.2007 ausgewiesenen Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen zu berücksichtigen, Ein vertikaler Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten und eine Saldierung von Einkünften aus Kapitalvermögen mit Verlusten aus Vermietung und Verpachtung fänden nicht statt (BSG, Urt. v. 23.2.1995, - 12 RK 66/93 -; Urt. v. 9.8.2006, - B 12 KR 8/06 R -). Die Einkünfte aus Kapitalvermögen könnten durch Abzug der Werbungskostenpauschale und des Sparerfreibetrages nicht vermindert werden, da diese die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers nicht geschmälert hätten (BSG, Urt. v. 9.8.2006, - B 12 KR 8/06 R -). Für die Zeit bis 19.12.2005, während der der Kläger weiterhin Überbrückungsgeld von der Arbeitsverwaltung erhalten habe, seien folgende Einnahmen zu berücksichtigen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb 20.606,00 EUR / 191 Tage = 107,88 EUR x 30 = 3.236,40 EUR/Monat; Einkünfte aus Kapitalvermögen 3.028,00 EUR / 12 = 252,33 EUR/Monat; Überbrückungsgeld 1.908,18 EUR. Damit habe das monatliche Einkommen des Klägers über der im Jahr 2005 geltenden monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 3.525,00 EUR gelegen, weshalb dieser Betrag der Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge zugrunde zu legen sei. Für den Anschlusszeitraum sei die Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen maßgeblich, die die Beklagte zutreffend mit 3.488, 87 EUR/Monat errechnet habe.

Niedrigere Einkünfte könnten für die Jahre 2006 und 2007 nicht angesetzt werden. Der ein geringeres Einkommen ausweisende Einkommensteuerbescheid 2006 sei erst im Jahr 2008 und damit nach Erlass der angefochtenen Bescheide ergangen und deswegen für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht maßgeblich. Die Beklagte habe als Nachweis eines niedrigeren Einkommens zu Recht nur den amtlichen Einkommenssteuerbescheid anerkannt; das entspreche der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 2.9.2009, -B 12 KR 21/08 R -).

Auf das ihm am 7.6.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6.7.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, es sei verfassungsrechtlich nicht haltbar, zum Nachweis einer Verminderung des beitragspflichtigen Einkommens nur den amtlichen Einkommenssteuerbescheid zuzulassen, da so auf plötzliche existenzbedrohende Einkommensrückgänge – wie bei ihm im Jahr 2006 - nicht reagiert werden könne. Dadurch würden freiwillig Versicherte gegenüber Pflichtversicherten unangemessen benachteiligt. Die Beklagte habe ihn ab 20.6.2005 in der Existenzgründungsphase zum Mindestbeitrag herangezogen. In dem am 10.7.2008 vorgelegten Einkommensteuerbescheid 2005 sei ein erheblich höheres Einkommen ausgewiesen gewesen, als er ab Januar 2006 tatsächlich erwirtschaftet habe. Zum Nachweis hierfür habe er aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertungen seines Steuerberaters vorgelegt und auf die Unterlagen für die Steuererklärung 2006 hingewiesen. Gleichwohl habe man ihn erst ab 1.10.2007 (wieder) zum Mindestbeitrag veranlagt. Das sei auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 2.9.2009, - B 12 KR 21/08 R -) nicht haltbar. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten werde der Krankenkassenbeitrag konkret aus dem jeweiligen Monatseinkommen berechnet, so dass sogar geringste Einkommensschwankungen berücksichtigt würden. Den freiwillig Versicherten müsse deswegen aus Gleichbehandlungsgründen jedenfalls ermöglicht werden, erhebliche, aktuelle Einkommensverringerungen im Vergleich zum letzten Steuerbescheid durch Vorlage entsprechender Gewinnberechnungen eines Steuerberaters nachzuweisen. Für die Zeit ab 1.10.2007 habe die Beklagte solche Nachweise akzeptiert; sie wäre dazu auch für die Zeit davor verpflichtet gewesen. Gründe der Verwaltungsvereinfachung könnten anderes nicht rechtfertigen, zumal man auf EDV-gestützte Berechnungen und Beitragsfestsetzungen unter Vorbehalt zurückgreifen könnte. Für das Jahr 2006 machten die Beiträge immerhin 42,04 % seiner Gesamteinkünfte aus. Gehe das Einkommen so weit zurück, dass der Mindestbeitrag anzusetzen sei, müssten auch andersgeartete Einkommensnachweises (als Steuerbescheide) zugelassen werden. Das habe im Übrigen der seinerzeit noch maßgeblichen (mittlerweile aufgegebenen) Rechtsprechung des BSG entsprochen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.5.2010 aufzuheben, soweit darin die Klage abgewiesen worden ist, und den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2007 insgesamt aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Der Kläger wendet sich gegen die im Bescheid vom 31.8.2007 (rückwirkend) verfügte Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit ab Juni 2005 (monatlich zunächst 468,83 EUR, später 450,06 EUR) bis September 2007 und eine Beitragsnachforderung von 6.321,08 EUR. aus den gestellten Anträgen ergibt sich, dass auch die Beitragsneufestsetzung für 2005 Streitgegenstand. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist jedenfalls überschritten. Die Berufung hat außerdem wiederkehrende bzw. laufende Geldleistungen (wozu auch Beiträge gehören - Senatsurteil vom 23.2.2011, - L 5 KR 3975/09 - m. w. N.) für mehr als ein Jahr zum Gegenstand (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch sonst zulässig (§ 151 SGG). Die Beklagte hat (Anschluss-)Berufung nicht eingelegt.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind (Festsetzung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 20.6.2005 bis 30.9.2007), rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die Klage daher insoweit zu Recht abgewiesen.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, dass es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 31.8.2007 bzw. des Widerspruchsbescheids vom 24.10.1007, wodurch zunächst nur vorläufig festgesetzte Krankenversicherungsbeiträge rückwirkend endgültig (neu-)festgesetzt wurden, auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung im Widerspruchsverfahren, also bei Ergehen des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2007, ankommt (BSG, Urt. v. 30.3.2011, - B 12 KR 18/09 R -). Es hat außerdem zutreffend dargelegt, auf welchen Rechtsvorschriften (insbesondere § 240 SGB V) die Beitragsfestsetzung beruht, dass diese Vorschriften rechtsfehlerfrei angewendet worden sind und die Beklagte durch die vorläufigen Beitragsbescheide vom 9.7.2005 und 10.1.2006 an der rückwirkenden Neufestsetzung nicht gehindert war. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht. Der Senat nimmt hierfür auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Kläger wendet sich mit der Berufung (nur) gegen die – wie das BSG in seiner neueren Rechtsprechung (Urt. v. 2.9.2009, - B 12 KR 21/08 R -) entschieden hat - alleinige Maßgeblichkeit amtlicher Einkommensteuerbescheide für den Nachweis niedrigerer Einnahmen nach näherer Maßgabe des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V. Das BSG hat in dem genannten und vom Sozialgericht auszugsweise wiedergegebenen Urteil darauf abgestellt, dass für die Beitragsbemessung Selbstständiger außer dem am Einkommensteuerrecht ausgerichteten Arbeitseinkommen derzeit kein gesetzlich oder anderweit geregeltes System der Einkommensermittlung zur Verfügung steht, das verwaltungsmäßig durchführbar wäre und ohne unzumutbare Benachteiligung dieses Personenkreises verwirklicht werden könnte. Ohne die Heranziehung amtlicher Unterlagen der Finanzverwaltung kann das Einkommen Selbstständiger objektiv nicht ermittelt werden. Anders als der Finanzverwaltung steht den Krankenkassen auch weder rechtlich noch organisatorisch ein Instrumentarium zur Verfügung, das sie in die Lage versetzen würde, die Höhe der Bruttoeinnahmen der Versicherten aus selbstständiger Tätigkeit festzustellen, zumal sie wegen des Steuergeheimnisses ohne ausdrückliche Zustimmung der Versicherten keine Informationen über deren Einnahmen von den Finanzämtern erhalten. Deswegen sind die Krankenkassen bei freiwillig versicherten Selbstständigen auf deren Angaben und die von ihnen vorgelegten Bescheide der Finanzämter, insbesondere die Einkommensteuerbescheide, angewiesen. Die Anknüpfung von § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V über § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) an das Steuerrecht hinsichtlich des Begriffs der Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei freiwillig Versicherten legt es - so BSG (a. a. O.) - nahe, auch hinsichtlich der Frage, wie die Höhe dieser Einnahmen nachgewiesen werde und in welchem Umfang Änderungen bei bereits verbindlich festgestellten Einnahmen Rechnung getragen werden könne, möglichst weitgehend mit den Gegebenheiten des Einkommenssteuerrechts sowie mit dem Verwaltungsverfahren der Finanzverwaltung und dessen Ergebnissen in Übereinstimmung zu bringen. Das dient auch der kostensparenden Verwaltungsvereinfachung für die Krankenkassen. Die Notwendigkeit, den Einkommensteuerbescheid zugrunde zu legen, folgt hinsichtlich des Nachweises der Höhe der Einnahmen außerdem schon aus den Besonderheiten bei der Ermittlung des Gewinns als beitragspflichtiger Einnahme. Bei hauptberuflich Selbstständigen können die tatsächlich erzielten Einnahmen und insbesondere der Gewinn, anders als bei Arbeitnehmern, in der Regel nur zeitversetzt zugrunde gelegt werden. Erst mit Vorlage des Einkommensteuerbescheids stehen den Krankenversicherungsträgern, die über keine eigenen Ermittlungs- und Feststellungsmöglichkeiten verfügen, Daten zu Verfügung, auf deren Grundlage sie ggf. am Beginn der Berufslaufbahn zunächst vorläufig festgesetzte Beiträge endgültig feststellen können und auf die ausgehend von einer ihrerseits auf einer verlässlichen Grundlage basierenden Prognose im Regelfall eine endgültige Beitragsfestsetzung für die Zukunft zulässig gestützt werden kann. Der Betrag des Gewinns kann daher verlässlich nur dem jeweils letzten Einkommenssteuerbescheid entnommen werden. Auf die Entrichtung des so festgesetzten Beitrags darf und muss sich der Versicherte einrichten und die Krankenkasse darf damit als Einnahme rechnen. Für den Nachweis einer Änderung des Gewinns als Grundlage der Beitragsbemessung gilt nichts anderes. Auch eine Änderung ist erst nachgewiesen, wenn sie auf Grund eines neuen Einkommensteuerbescheids feststeht. Soweit das BSG in der Vergangenheit in Erwägung gezogen hatte, für den Nachweis des Gewinns z. B. auch (ergänzend) die von einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater aufgestellte Gewinn- und Verlustrechnung oder Bilanzen heranzuziehen, hat es daran nicht festgehalten, weil derartige Unterlagen den Anforderungen an eine für die Vergangenheit abschließende, verlässliche und von der Finanzverwaltung erstellte Datengrundlage nicht genügen. Sie sind im Ergebnis nichts anderes als Schätzungen, die allenfalls vorläufige Beitragsfestsetzungen zulassen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dann, wenn im Verfahren der Beitragsfestsetzung andere Nachweise als der Steuerbescheid zugelassen würden, es letztendlich einseitig im Belieben des Versicherten stünde, sich im Bedarfsfall - bei sinkenden Einnahmen - derartige "Nachweise" zu beschaffen, während die Krankenkasse bei steigenden Einnahmen keine Gewähr hätte, die Beitragshöhe für die Versichertengemeinschaft entsprechend anzupassen (so BSG, Urt. v. 2.9.2009, - B 12 KR 21/08 R -).

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die dagegen vorgebrachten Bedenken des Klägers können nicht überzeugen. Eine gem. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrige Ungleichbehandlung der freiwillig versicherten Selbständigen gegenüber den pflichtversicherten Beschäftigten ist nicht erkennbar. Anders als bei (abhängig) Beschäftigten kann bei selbständig Erwerbstätigen für die Beitragsbemessung an ein bestimmtes, regelmäßig vertraglich festgelegtes, (Brutto-)Einkommen nicht angeknüpft werden. Deswegen ist es sachgerecht und auch notwendig, hierfür auf das von der Finanzverwaltung ermittelte und im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Einkommen abzustellen. Das entspricht, wie das BSG im Urteil vom 2.9.2009 (- B 12 KR 21/08 R -) näher dargelegt hat, der – verfassungsrechtlich unbedenklichen - gesetzlichen Anknüpfung an das Steuerrecht hinsichtlich des Begriffs der Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei freiwillig Versicherten (§ 15 SGB IV). Es liegt in der Natur der Sache, dass das Arbeitseinkommen (Gewinn) des Selbständigen (§ 15 SGB IV) nur zeitversetzt ermittelt und mit der Maßgeblichkeit des amtlichen Einkommensteuerbescheids in seiner Entwicklung nicht in gleicher Weise zeitnah abgebildet und der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werden kann, wie das bei abhängig Beschäftigten mit der Anknüpfung an das laufende und monatlich feststehende Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) möglich ist. Deswegen kann der Selbständige zeitweise an sich zu hohe, zeitweise aber auch zu niedrige Beiträge zahlen müssen, was sich über längere Sicht ausgleichen wird; die gesetzlich Berücksichtigung von Einkommensänderungen erst ab Vorlage des entsprechenden Steuerbescheids (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V) ist daher unbedenklich. Die vom Kläger unter Hinweis auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für den Einkommensnachweis geforderte Zulassung anderer Unterlagen als amtlicher Einkommensteuerbescheide würde eine Ungleichbehandlung demgegenüber nicht beseitigen, sondern im Gegenteil nicht zuletzt durch die Eröffnung von Manipulationsmöglichkeiten zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besserstellung der freiwillig versicherten Selbständigen vor den Pflichtversicherten führen; das BSG hat dies in seinem Urteil (a. a. O.) zu Recht hervorgehoben. Verfassungsrechtlich zulässig sind schließlich auch die vom BSG angeführten Gründe des Verwaltungsvollzugs, die bedingen, dass die Krankenkassen für die Ermittlung des Einkommens freiwillig versicherter Selbständiger auf die amtlichen Feststellungen der Finanzverwaltung zurückgreifen müssen.

Wenn ein freiwillig versicherter Selbständiger durch die Pflicht zur Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge wegen der schlechten Ertragslage seines Unternehmens im Einzelfall aktuell wirtschaftlich überfordert wird, stellt das weder die gesetzliche Regelung des § 240 SGB V über die Beitragsbemessung noch das vom BSG verlangte Verfahren zum Nachweis von Einkommensänderungen in Frage. Härten im Einzelfall kann ggf. durch (Raten-)Stundung der Beiträge bzw. einer entstandenen Nachforderung nach näherer Maßgabe des § 76 Abs. 2 SGB IV (ggf. auch durch einen Erlass) begegnet werden. Dies ist für die Rechtmäßigkeit von Bescheiden über die rückwirkende Neufestsetzung von Beiträgen und die Beitragsnachforderung freilich nicht von Belang und auch hier nicht Gegenstand des Rechtstreits.

Damit kommt es nicht in Betracht, zum Nachweis einer Verminderung der Einkünfte des Klägers im Jahr 2006 auf Unterlagen oder vorläufige Berechnungen seines Steuerberaters zurückzugreifen. Insoweit ist allein der amtliche Einkommensteuerbescheid rechtlich von Belang. Daraus, dass die Beklagte davon abweichend für die Zeit ab 1.10.2007 Unterlagen des Steuerberaters akzeptiert hat, kann der Kläger weitergehende Rechte für sich nicht herleiten. Der ein geringeres Einkommen als bisher auf der Grundlage des Steuerbescheids 2005 angenommen ausweisende Einkommensteuerbescheid 2006 ist erst im Jahr 2008 und damit nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens durch den Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007 ergangen und für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide daher nicht maßgeblich. Er ist erst für die Zeit nach seiner Vorlage von Belang (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V).

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weswegen die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des BSG geklärt.
Rechtskraft
Aus
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