L 7 SO 721/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SO 1170/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 721/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin zu 1 gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Januar 2009 wird als unzulässig verworfen. Die Berufung der Klägerin zu 2 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten, welche der Klägerin zu 1 während ihres stationären Aufenthalts im Kreiskrankenhaus S. der Klägerin zu 2 in der Zeit vom 4. und 5. August 2004 aus Anlass der Geburt ihres Sohnes A. (geb. 4. August 2004) entstanden sind; vornehmlich zu klären sind Fragen des Prozessrechts.

Die am 1975 geborene Klägerin zu 1 bezog - seinerzeit noch mit ihren beiden 1993 und 1996 geborenen Kindern D. und J. - vom Beklagten in der Zeit vom 20. August 2001 bis 31. August 2003 u.a. laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG); dieser übernahm seinerzeit auch die Beiträge zur freiW.gen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung. Durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 15. September 2003 erfolgte die "Einstellung" der Leistungen mit Wirkung vom 1. September 2003, weil die Klägerin zu 1 ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei; der Bescheid enthielt den Hinweis, dass diese mit Blick auf die ebenfalls ab 1. September 2003 nicht mehr übernommenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die anderweitige Sicherstellung ihres Krankenversicherungsschutzes zu achten habe.

Am 30. Juli 2004 sprach die Klägerin zu 1 - damals wohnhaft in der Gemeinde Meßstetten - auf dem Bürgermeisteramt der Gemeinde wegen des bevorstehenden Entbindungstermins vor, gab an, dass der Krankenversicherungsträger etwa zwei Monate zuvor die Mitgliedschaft wegen Beitragsrückständen beendet habe, weil sie die Krankenversicherungsbeiträge nicht mehr habe bezahlen können, und erkundigte sich nach dem Krankenversicherungsschutz. Ausweislich des vom Beklagten am 30. Juli 2007 gefertigten Aktenvermerks wurde der Klägerin zu 1 auf den seitens des Bürgermeisteramts Meßstetten getätigten Anruf vom selben Tage mitgeteilt, dass diese sich bei einer notfallmäßigen Behandlung ggf. mittels Abrechnung über einen Notfallschein behandeln lassen könne und bei kurzfristiger Krankenhausaufnahme von der Klinik ein Kostenübernahmeantrag nach § 121 BSHG gestellt werden könne. Ferner könne die Klägerin zu 1 einen Krankenhilfeantrag stellen, wobei allerdings der nichteheliche Kindsvater zur Kostentragung verpflichtet und von diesem die Kosten im Fall der Kostenübernahme durch das Kreissozialamt zurückgefordert würden. In dem Aktenvermerk heißt es sodann weiter, die Klägerin zu 1 sei darauf vom Bürgermeisteramt Meßstetten zur Krankenkasse geschickt worden; von jener sei auch in Erwägung gezogen worden, dass ihr Lebensgefährte gleich für die Kosten aufkomme und Sozialhilfeleistungen nicht in Anspruch genommen würden. Daraufhin sei vom Bürgermeisteramt nichts mehr veranlasst worden.

Am 2. September 2004 beantragten die Klägerin zu 1 und ihr Lebenspartner Jü. M.-Sch. beim Beklagten für sich, das gemeinsame Kind A. sowie die beiden Kinder D. und J. Sozialhilfe, die sodann bis 31. Dezember 2004 gezahlt wurde; ab 1. Januar 2005 erhielt die Familie vom zuständigen Grundsicherungsträger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Ausweislich der Auskunft der Agentur für Arbeit Albstadt hatte der Lebenspartner der Klägerin zu 1 in den Zeiträumen vom 19. Dezember 2002 bis 21. Oktober 2003 fast durchgehend Arbeitslosengeld sowie vom 22. Oktober 2003 bis 28. Januar 2004 und vom 25. Februar bis 28. März 2004 Arbeitslosenhilfe bezogen. Anschließend war er offensichtlich wieder kurze Zeit beschäftigt, erhielt jedoch danach wegen Eintritts einer Sperrzeit (31. Juli bis 22. Oktober 2004) zunächst kein Arbeitslosengeld.

Mit einem am 6. Oktober 2005 beim Beklagten eingegangenen Telefax des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2, Rechtsanwalt Dr. P., wurde für diese unter Vorlage von zwei an die Klägerin zu 1 gerichteten Rechnungen des Kreiskrankenhauses S. vom 5. September 2004 über 1.244,67 Euro und 299,44 Euro eine Kostenübernahme unter Bezugnahme auf § 121 BSHG bzw. § 25 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) beantragt. Ergänzend gab der Prozessbevollmächtigte mit Telefax vom 8. Oktober 2005 an, dass die Rechnungen nicht bezahlt worden seien und die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid gescheitert sei, weil die Klägerin zu 1 bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2005 teilte der Beklagte darauf mit, dass eine Kostenübernahme nicht erfolge, weil die Voraussetzungen des § 121 BSHG nicht vorlägen. Gegen dieses Schreiben legte die Klägerin zu 2 über ihren Prozessbevollmächtigten am 9. November 2005 Widerspruch ein. Dieser reichte ferner am 25. November 2005 mittels Telefax eine auf den 7. Oktober 2005 datierte "Vollmacht" der Klägerin zu 1 für die Klägerin zu 2 ein und führte ergänzend an, es gehe nicht nur um eine Kostenübernahme nach § 121 BSHG bzw. § 25 SGB XII, sondern auch um einen Antrag der Klägerin zu 1 auf Übernahme der Kosten; es werde um einen rechtsmittelfähigen Bescheid gebeten. Darauf erwiderte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Dezember 2005, ein rechtsmittelfähiger Bescheid sei nicht ergangen, sodass auch keine Widerspruchsmöglichkeit bestehe; zugleich wies er auf den seiner Auffassung nach bestehenden Interessenskonflikt des Rechtsanwalts hin. Dieser kam aufgrund eines Ablageversehens erst mit Telefax vom 4. August 2006 auf die Angelegenheit zurück, verwies darauf, dass er nicht die Patientin, sondern nur das Krankenhaus vertrete, und bat um Bescheidung des auf § 121 BSHG und § 25 SGB XII gestützten Antrags auf Kostenübernahme.

Mit Bescheid vom 1. September 2006 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil sich die Bestimmungen der §§ 121 BSHG, 25 SGB XII auf Eilfälle beschränkten, es sich bei einer normalen Geburt jedoch nicht um eine notfallmäßige Behandlung handele. Außerdem gehe der Anspruch gegen den Kindsvater (§ 1615 l des Bürgerlichen Gesetzbuchs) der Sozialhilfe vor. Darüber hinaus sei der Antrag auf Übernahme der Kosten nicht in einer angemessenen Frist nach der stationären Aufnahme der Klägerin zu 1 gestellt worden. Der Widerspruch der Klägerin zu 2 gegen diesen Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2006 zurückgewiesen; der Widerspruchsbescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen den Bescheid die Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben werden könne.

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2006 hat Rechtsanwalt Dr. P. Klage zum SG Konstanz (S 4 SO 2779/06) Klage erhoben und die Kliniken Landkreis S. GmbH auf Klägerseite als (ausschließliche) Beteiligte benannt; in der Klageschrift war beantragt, den vorgenannten Widerspruchsbescheid sowie den Bescheid vom 1. September 2006 aufzuheben und den Beklagten zur antragsgemäßen Leistung an die "klägerische Partei" zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2006 hat der Rechtsanwalt ferner eine beglaubigte Kopie der ihm von den Klinken unter dem 12. Oktober 2006 erteilten Prozessvollmacht sowie außerdem mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 eine wiederum von ihm beglaubigte Kopie der oben genannten "Vollmacht" vom 7. Oktober 2005 vorgelegt und außerdem die - im hiesigen Berufungsverfahren ausdrücklich als Klägerin zu 1 auftretende Beteiligte - als "Zeugin" benannt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG Konstanz vom 21. Februar 2008 hat Rechtsanwalt Dr. P. erklärt, dass er die Kliniken Landkreis S. GmbH vertrete, diese aber wiederum Si. Pl. vertrete, welche die Kliniken ermächtigt habe, ihr zustehende Ansprüche gegenüber dem Sozialamt im Zusammenhang mit der stationären Behandlung im August 2004 geltend zu machen. Auf Hinweis des Gerichts, dass für einen Rechtsstreit der Si. Pl. nicht das SG Konstanz, sondern das SG Reutlingen zuständig sei, hat Rechtswalt Dr. P. ausweislich der Niederschrift vom 21. Februar 2008 die Verweisung an das SG Reutlingen beantragt; der im Termin anwesende Bevollmächtigte des Beklagten hat im Rahmen seiner Anhörung zur beabsichtigten Verweisung zu Protokoll erklärt, er gehe davon aus, dass die Klage in diesem Fall unzulässig sei. Mit Beschluss vom 5. März 2008 hat das SG Konstanz sich sodann für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Reutlingen verwiesen. Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2008 hat der Rechtsanwalt erneut betont, dass die Patientin (Si. Pl.) die Kliniken ermächtigt habe, im vorliegenden Rechtsstreit die ihr zustehenden Ansprüche gegenüber dem Sozialamt im Zusammenhang mit der stationären Behandlung in ihrem, der Patientin Namen, geltend zu machen. Auf einen entsprechenden Hinweis des SG Reutlingen mit der Bitte um Erläuterung, wer im Verfahren als Kläger auftrete, hat Rechtsanwalt Dr. P. im Telefax vom 17. Juni 2008 geäußert, er teile die Ansicht des Gerichts, wonach der Rechtsstreit nicht nach Reutlingen hätte verwiesen werden dürfen. Das SG Reutlingen hat darauf (vgl. auch die richterliche Verfügung vom 28. November 2008) die Auffassung vertreten, dass Klägerin nicht die nach der Verweisung als solche registrierte Si. Pl., sondern die Kliniken Landkreis S. GmbH sei. Mit Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2009 hat das SG Reutlingen sodann die Klage der im Rubrum auf Klägerseite allein geführten Klägerin zu 2 abgewiesen. In den Gründen hat es im wesentlichen ausgeführt, einem Erstattungsanspruch auf der Grundlage des § 121 BSHG stehe entgegen, dass die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage nicht erfüllt seien, weil es sich bei einer Geburt im Regelfall - wie hier - nicht um eine unvorhersehbare Notlage handele. Zudem habe der Beklagte vor der Geburt Kenntnis von dem Vorgang gehabt; der Mangel der Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe von der Notlage sei aber Tatbestandsmerkmal des § 121 BSHG. Trotz der Beratung beim Bürgermeisteramt Meßstetten habe Si. Pl. sich im Übrigen gerade nicht entschlossen, einen Sozialhilfeantrag zu stellen. Darüber hinaus sei der Erstattungsantrag erst 14 Monate nach der maßgeblichen Behandlung erfolgt und damit nicht innerhalb einer angemessenen Frist geltend gemacht worden. Klarstellend sei anzumerken, dass die (Anm.: jetzige) Klägerin zu 2 wegen § 4 Abs. 1 Satz 2 BSHG einen Anspruch nicht in Vertretung der Vorgenannten geltend machen könne; außerdem liege eine Verwaltungsentscheidung diesbezüglich überhaupt nicht vor.

Gegen diesen ihm am 2. Februar 2009 mittels Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid hat Rechtsanwalt Dr. P. mittels Telefax vom 15. Februar 2009 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. In der Berufungsschrift hat er nunmehr Si. Pl. ausdrücklich als Klägerin zu 1, diese vertreten durch die Kliniken Landkreis S. GmbH, und außerdem die Letztgenannte als Klägerin zu 2 angegeben. In der Berufungsschrift hat er ferner folgenden Antrag formuliert: "unter Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheids und des/r diesem zugrunde liegenden Bescheid/e der Beklagten die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin zu Händen der sie vertretenden Kliniken Landkreis S. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn W. R. [ ] einen Betrag in Höhe von 1544.11 Euro (1244.67 + 244.44 = Rechnungsbetrag [ ]) zu bezahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts neu zu bescheiden." Auf die Senatsverfügung vom 18. Februar 2009 hat der Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 13. März 2009 mitgeteilt, dass Klägerin sowohl der "Landkreis" aus eigenem Recht (§ 121 BSHG bzw. § 25 SGB XII) als auch als Vertreter der Patientin sei, welche einen Sozialhilfeanspruch gegenüber dem Beklagten gehabt und rechtzeitig geltend gemacht habe. Jedenfalls werde vorsorglich auch der Anspruch auf Bescheidung des rechtzeitig gestellten Anspruchs auf Übernahme der Behandlungskosten im Wege einer Untätigkeitsklage geltend gemacht; gegebenenfalls werde insoweit die Abgabe an das zuständige Sozialgericht als selbständige Klage beantragt. Mit Schriftsatz vom 18. März 2009 hat Rechtsanwalt Dr. P. ferner vorgebracht, bereits in erster Instanz sei eine Untätigkeitsklage erhoben worden; er vertrete ausschließlich die Kliniken Landkreis S. GmbH, wobei die Patientin allerdings die Klinken beauftragt habe. Mit Schriftsatz vom 7. April und 4. Mai 2009 hat er unter Vorlage einer von der Klägerin zu 1 an die Klägerin zu 2 erteilten "Vollmacht" vom 6. April 2009 sowie des Originals der oben genannten Prozessvollmacht vom 12. Oktober 2006 außerdem geltend gemacht, die erstgenannte Vollmacht beinhalte auch die Geltendmachung der Ansprüche der Patientin durch die Kliniken "als Prozessstandschafter".

Zwischenzeitlich hatte Rechtsanwalt Dr. P. mit Schriftsatz vom 18. März 2009 beim SG Reutlingen (S 14 SO 859/09) eine Untätigkeitsklage erhoben und als Klägerin Si. Pl., vertreten durch die Kliniken Landkreis S. GmbH, benannt.

Schließlich hat sich im vorliegenden Berufungsverfahren Rechtsanwältin Sa. mit Schriftsatz vom 11. März 2010 unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht vom 6. März 2010 für die Klägerin zu 1 legitimiert. Die Prozessbevollmächtigte hat geltend gemacht, die Klägerin zu 1 sei, ohne Adressatin zu sein, durch die Bescheide vom 1. September und 2. Oktober 2006 beschwert, nachdem die Klägerin zu 1 Vollmachtgeberin und die Klägerin zu 2 Vollmachtnehmerin sei.

Die Klägerin zu 1 beantragt (vgl. Schriftsatz vom 9. Juni 2010):

"Der Bescheid der Beklagten vom 01.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.10.2006 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zu 1 EUR 1.244,67 und EUR 299,44 zu erstatten."

Die Klägerin zu 2 hat (vgl. Schriftsätze vom 30. Juli und 4. August 2010) mitteilen lassen, es würden alle bisher gestellten Anträge gestellt, soweit diese nicht zwischenzeitlich durch die Klägerin zu 1 gestellt worden seien.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Kliniken Landkreis S. GmbH hätten keinen Anspruch auf Erstattung der Entbindungskosten für Si. Pl ... Diese wiederum könne im Verfahren nicht selbst als Klägerin auftreten, weder in eigener Person noch als Vollmachtgeberin der Kliniken Landkreis S. GmbH.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Klageakte des SG Reutlingen (S 14 SO 1170/08), die weitere Akte des SG (S 14 SO 859/09) und die Berufungsakten des Senats (2 Bände; L 7 SO 721/09) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Klägerinnen zu 1 und 2 haben keinen Erfolg.

Die Berufung der Klägerin zu 1 ist bereits unzulässig. Die Berufung der Klägerin zu 2 ist zwar zulässig; denn sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden sowie statthaft, weil der Beschwerdewert die Grenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG übersteigt. Die Berufung der Klägerin zu 2 ist jedoch unbegründet; auch ihr gegenüber kann eine Sachentscheidung nicht ergehen.

Gemäß § 123 SGG zu entscheiden ist im Berufungsverfahren über den mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1 vom 9. Juni 2010 formulierten - im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Abs. 4 SGG) verfolgten - Anspruch der Klägerin zu 1 auf Übernahme der ihr aus Anlass der Geburt ihres Sohnes A. entstandenen Krankenhauskosten in Höhe von insgesamt 1.544,11 Euro. Über eine Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) ist dagegen mit Blick auf den mit dem vorbezeichneten Schriftsatz gestellten Antrag hier nicht zu entscheiden; dieserhalb ist im Übrigen beim SG Reutlingen ein Klageverfahren unter dem Az. S 14 SO 859/09 anhängig. Die Klägerin zu 2 wiederum verlangt im vorliegenden Verfahren offensichtlich nur noch die Erstattung von Aufwendungen auf der Grundlage eines Nothelferanspruchs nach § 121 BSHG (seit 1. Januar 2005: § 25 SGB XII). Dass sie - wie noch anfangs im Berufungsverfahren behauptet - in "gewillkürter Prozessstandschaft" weiterhin Rechte der Klägerin zu 1 im eigenen Namen geltend machen möchte, war dagegen nach dem gesamten späteren Verfahrensablauf seit der Legitimierung von Rechtsanwältin Sa. als Prozessbevollmächtigter der Klägerin zu 1 (Schriftsatz vom 11. März 2010) sowie den nachfolgenden Schriftsätzen des Rechtsanwalts Dr. P. für die Klägerin zu 2 vom 30. Juli und 4. August 2010 auszuschließen. Hieran dürfte sich auch in der Folgezeit, und zwar auch in Ansehung des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2010, mit dem Rechtsanwalt Dr. P. gleichzeitig nochmals den Schriftsatz vom 4. Mai 2009 übersandt hat, nichts geändert haben, sodass nicht weiter darauf einzugehen ist, dass eine neuerliche Klage mit behaupteter Prozessstandschaft auf der Grundlage einer angeblichen Ermächtigung der Klägerin zu 2 durch die Klägerin zu 1 aufgrund der zuvor konkludent erfolgten Klagerücknahme unzulässig wäre (vgl. hierzu auch die Ausführungen unter 2.). Ohnehin setzt die gewillkürte Prozessstandschaft ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis voraus, das nicht nur wirtschaftlicher Natur sein darf (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 37, 33, 34 f.; BSG SozR 3-1500 § 168 Nr. 2; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 54 Rdnr. 11a); ein derartiges Rechtsschutzinteresse hat die Klägerin zu 2 aber nie dargetan, weshalb es ferner nicht mehr darauf ankommt, ob seitens der Klägerin zu 1, die durch die vorliegend angegriffenen Bescheide vom 1. September und 2. Oktober 2006 nicht beschwert ist (vgl. hierzu die Ausführungen unter 1. b), überhaupt eine wirksame Ermächtigung zur Geltendmachung ihrer Rechte durch die Klägerin zu 2 vorgelegen hätte. Über die Berufungsbegehren beider Klägerinnen vermag der Senat nicht sachlich zu entscheiden.

1. a) Bezüglich der Klägerin zu 1 liegt im Berufungsverfahren ein Beteiligtenwechsel im Sinne einer subjektiven Klageänderung (§ 99 SGG; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. Juni 1993 - 12 RK 13/93 - (juris)) vor. Die Position einer Klägerin kann sie im Berufungsverfahren aber nicht mehr zulässigerweise für sich in Anspruch nehmen. Denn ein wirksamer Beteiligtenwechsel setzt eine zulässige Berufung voraus (vgl. BSG SozR 3-1500 § 29 Nr. 1). Hierzu bedarf es jedoch der Beschwer durch das erstinstanzliche Urteil (vgl. BSGE 11, 26, 29; BSG SozR a.a.O.; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 99 Rdnr. 12 und vor § 143 Rdnrn. 5, 6). Die Klägerin zu 1 ist durch den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 28. Januar 2009 indessen nicht beschwert, weil das SG nur über etwaige Ansprüche der Klägerin zu 2 entschieden hat, nicht dagegen über solche der Klägerin zu 1. Derartige Ansprüche der Letztgenannten waren erstinstanzlich bis zum Zeitpunkt der den Rechtszug abschließenden Entscheidung durch den Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2009 auch überhaupt nicht (mehr) Streitgegenstand, denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 2 hatte die Klage mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2006 ursprünglich nur in deren Namen erhoben und im Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 die (jetzige) Klägerin zu 1 gar lediglich als Zeugin benannt. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG Konstanz vom 21. Februar 2008 hat er stattdessen betont, dass er lediglich die (jetzige) Klägerin zu 2, nicht dagegen die Erstgenannte vertrete, die aber wiederum die Klägerin zu 2 ermächtigt habe, ihr zustehende Ansprüche gegenüber dem Sozialamt im Zusammenhang mit der stationären Behandlung im August 2004 geltend zu machen. Im nachfolgenden Schriftsatz an das SG Reutlingen vom 6. Mai 2008 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 2 zwar vorgebracht, die Ermächtigung beziehe sich darauf, die der Patientin (Si. Pl.) zustehenden Ansprüche in deren Namen geltend zu machen. Im Telefax vom 17. Juni 2008 an das SG Reutlingen hat er aber wiederum - wenngleich im Widerspruch zu dem von ihm im Verhandlungstermin vom 21. Februar 2008 selbst gestellten Verweisungsantrag - die Auffassung vertreten, dass der Rechtsstreit nicht hätte nach Reutlingen verwiesen werden dürfen. Auf den Hinweis des Kammervorsitzenden in der Verfügung vom 28. November 2008, dass mit Blick auf diese Mitteilung davon auszugehen sei, dass die Klägerin nicht Si. Pl., sondern die Kliniken Landkreis S. GmbH sei, hat der Prozessbevollmächtigte nicht mehr geantwortet, sodass das SG nach allem im Rahmen des § 123 SGG zu Recht annehmen konnte, auf Klägerseite beteiligt sei allein die Letztgenannte. Da das SG Reutlingen im Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2009 mithin bewusst nur über Ansprüche der Klägerin zu 2 entschieden hat - die klarstellenden Hinweise am Ende des Gerichtsbescheids können allenfalls als "obiter dicta" betrachtet werden -, war das nunmehr im Berufungsverfahren von der Klägerin zu 1 erhobene Begehren unter keinem Gesichtspunkt in die zweite Instanz "heraufholbar" (vgl. hierzu BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 27); Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 99 Rdnr. 12; Keller, a.a.O., § 140 Rdnr. 2a). Die Berufung der Klägerin zu 1 ist nach allem nicht zulässig.

b) Sonach kommt es nicht mehr darauf an, dass die Klägerin zu 1 bezüglich des von ihr ausdrücklich angefochtenen Bescheids vom 1. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Oktober 2006 überhaupt nicht Inhaltsadressatin (§ 39 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch; vgl. hierzu etwa BSG SozR 1300 § 37 Nr. 1) war. Denn der Beklagte hat in den genannten Bescheiden nur über einen von der Klägerin zu 2 mit Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 6. Oktober 2005 und 4. August 2006 formulierten, explizit auf § 121 BSHG/§ 25 SGB XII gestützten Anspruch - also über einen Erstattungsanspruch des Krankenhauses als sog. "Nothelfer", einer speziellen sozialhilferechtlichen Form der Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. BSG SozR 4-1500 § 183 Nr. 7; ferner BSGE 103, 178 = SozR 4-3500 § 25 Nr.1) - entschieden. Allein die Klägerin zu 2 war durch diese Bescheide mithin beschwert (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Eine Klagebefugnis der Klägerin zu 1, die überhaupt nur bejaht werden könnte, wenn zumindest die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte bestünde (vgl. BSGE 84, 67, 69 = SozR 3-4300 § 36 Nr. 1; ferner BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 51/09 R - (juris; Rdnr. 11); Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 54 Rdnrn. 9, 12a ff.), ist unter diesen Umständen nicht erkennbar.

2. Die Berufung der Klägerin zu 2 ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Einer Sachentscheidung des Senats steht hier indes entgegen, dass die Klägerin zu 2 ihre auf den Nothelferanspruch (§ 121 BSHG, § 25 SGB XII) gestützte Klage bereits erstinstanzlich zurückgenommen hatte (§ 102 SGG). Eine Klagerücknahme braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 102 Rdnr. 7b); sie kann beispielsweise in einer Antragsbeschränkung enthalten sein (vgl. BSG SozR Nr. 10 zu § 102 SGG; BSG, Urteil vom 23. März 1993 - 4 RA 39/91 - (juris); BSG SozR 4-1500 § 92 Nr. 2) oder auch in einer Klageänderung (BSG, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 33/91 - (juris)). Bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG Konstanz vom 21. Februar 2008 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 2 erklärt, dass er die Kliniken Landkreis S. GmbH vertrete, diese aber wiederum Si. Pl. vertrete, welche die Kliniken ermächtigt habe, ihr zustehende Ansprüche gegenüber dem Sozialamt im Zusammenhang mit der stationären Behandlung im August 2004 geltend zu machen. Auf den Hinweis des Gerichts, dass für einen Rechtsstreit der Si. Pl. nicht das SG Konstanz, sondern das SG Reutlingen zuständig sei, hat er sodann noch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2008 die Verweisung an das SG Reutlingen beantragt. Damit hat er eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass von Seiten der Klägerin zu 2 keine Nothelferansprüche mehr erhoben, sondern nur noch Sozialhilfeansprüche der Si. Pl. (im Berufungsverfahren Klägerin zu 1) geltend gemacht werden sollten, wobei es freilich - auch mit Blick auf den Schriftsatz vom 6. Mai 2008 - zunächst den Anschein hatte, dass diese von der Klägerin zu 2 als ihrer Bevollmächtigen vertreten werden solle und der Rechtsanwalt erstmals im Berufungsverfahren mit Schriftsätzen vom 7. April und 4. Mai 2009 ausdrücklich eine gewillkürte Prozessstandschaft ins Feld geführt hat. Aus den Darlegungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Konstanz vom 21. Februar 2008 sowie im Schriftsatz vom 6. Mai 2008 ergibt sich jedoch - was das SG Reutlingen im Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2009 zu Unrecht nicht überprüft hat - ohne jeden Zweifel, dass eigene, auf §§ 121 BSHG, 25 SGB XII gründende Ansprüche der Klägerin zu 2 auf Erstattung ihrer Aufwendungen anlässlich des stationären Aufenthalts der Klägerin zu 1 im Kreiskrankenhaus S. in der Zeit vom 4. bis 5. August 2004 nicht mehr streitgegenständlich sein sollten. Dies wird letztlich auch durch den mit der Berufungsschrift vom 15. Februar 2009 gestellten Sachantrag bestätigt, welcher - wie der Zusammenhang der dortigen Formulierungen ergibt - nur auf Zahlungsansprüche der Klägerin zu 1 gerichtet war, wobei freilich die Auszahlung des Gesamtbetrags von 1.544,11 Euro an die diese "vertretende" Klägerin zu 2 erfolgen sollte. Zu derartigen - die Klägerin zu 2 betreffenden - hinsichtlich des Nothelferanspruchs als Klagerücknahme zu wertenden Prozesserklärungen war Rechtsanwalt Dr. P. aufgrund der ihm von jener unter dem 12. Oktober 2006 umfassend erteilten Prozessvollmacht (vgl. hierzu BSG SozR 4-3300 § 110 Nr. 2 (Rdnr. 13)) auch befugt. Die Rücknahme der den Nothelferanspruch betreffenden Klage muss die Klägerin zu 2 über § 85 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordung i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 1 SGG (in der Fassung bis 30. Juni 2008; jetzt § 73 Abs. 6 Satz 6 SGG) gegen sich gelten lassen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 2 mit dem am 13. März 2009 beim LSG eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage für diese nunmehr erneut Ansprüche nach den §§ 121 BSHG/25 SGB XII geltend gemacht hat, vermag die Klägerin zu 2 damit eine Sachentscheidung des Senats nicht zu erreichen. Denn die diesbezüglich bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG Konstanz vom 21. Februar 2008 erklärte Klagerücknahme steht einer erneuten Klage mit demselben Streitgegenstand grundsätzlich entgegen (vgl. BSG SozR Nrn. 9 und 10 zu § 102 SGG; SozR 1500 § 102 Nr. 5; BSG, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 33/91 - (juris)). Dies gilt in jedem Fall für fristungebundene Klagen und für fristgebundene Klagen zumindest dann, wenn die Klagefrist (§ 87 SGG) - wie hier - bereits abgelaufen ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 102 Rdnr. 11; Hauck in Hennig, SGG, § 102 Rdnrn. 25 ff.). Auf die sachlichen Voraussetzungen für den Nothelferanspruch (vgl. hierzu Senatsurteil vom 22. November 2007 - L 7 SO 5195/06 - (juris); rechtskräftig aufgrund Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BSG vom 11. Juli 2008 - B 8 SO 52/07 B -) kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Nothelfer nach §§ 121 BSHG, 25 SGB XII ist gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenprivilegiert (vgl. BSG SozR 4-1500 § 183 Nr. 7; BSGE 103, 178 = SozR 4-3500 § 25 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 15)).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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