Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 1259/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3972/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.07.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten der Begutachtung durch Dr. J. (Gutachten vom 20.05.2011) und seine eigenen Auslagen selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Erkrankungen an der Wirbelsäule des Klägers als Berufskrankheiten nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Aufgrund der ärztlichen Anzeige vom 02.07.2008 durch Dr. N. , wonach bei dem 1962 geborenen Kläger Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in beide Beine aufgetreten seien und bei einer Tätigkeit als Lkw-Fahrer mit Be- und Entladearbeiten Berufskrankheiten nach Nrn. 2108 und 2109 in Betracht kämen, leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren ein. Der Kläger gab unter dem 16.07.2008 im übersandten Vordruck an, seit September 1980 bei verschiedenen Arbeitgebern als Metallarbeiter, Hilfsarbeiter auf Baustellen, Kranführer und Gußentgrater tätig gewesen zu sein, zuletzt vom 29.07.1996 bis 16.07.2007 als Lkw-Fahrer bei einer Spedition. In diesem Zeitraum habe er Lasten von 25-30 kg ein- und beidhändig gehoben und 20 Minuten täglich Körperhaltungen mit einer Rumpfbeugehaltung von 90° eingenommen; darüber hinaus machte er Angaben zu den von ihm von 1996 bis 2007 gefahrenen Fahrzeugtypen. Außerdem holte die Beklagte Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers ein (u.a. Berichte des Radiologiezentrum K. Dr. K. und Kollegen vom 29.05.2008 - Magnetresonanztomographie (MRT) der Lendenwirbelsäule (LWS) -, vom 06.03.2008 - MRT der Halswirbelsäule (HWS)-, Bericht des Orthopäden Dr. N. vom 19.10.2007 - Diagnosen: Zervikobrachialgie, Lumboischialgie -, Bericht des Neurologen Dr. H. vom 26.05.2008 - Diagnose: chronisches Schmerzsyndrom ungeklärter Ätiologie, Verdacht cervikale Wurzelirritation, HWS-Syndrom, LWS-Syndrom -, Entlassungsbericht der P.-Klinik, Bad N. , vom 23.01.2008). Der beratende Arzt der Beklagten Dr. B. wertete die Arztunterlagen aus und kam zu dem Ergebnis, die Bandscheibenprotrusionen an den Halswirbelkörpern C4/5, C5/6 und C6/7 ohne Höhenminderung der Zwischenwirbelräume beruhten bei Fehlen vom belastungsadaptiven degenerativen Veränderungen im Bereich der übrigen HWS hauptsächlich auf körpereigener Ursache und seien schicksalhaften Bandscheibenerkrankungen zuzuordnen. In der Lendenwirbelsäule fände sich eine monosegmentale Bandscheibenprotrusion bei L4/5. Die Zwischenwirbelräume seien sämtlich ohne Höhenminderung. Wesentliche degenerativen Veränderungen bzw. Spondylosen fänden sich im Röntgenbefund vom Mai 2002 nicht. Bei Fehlen belastungsadaptiver degenerativer Veränderungen in der gesamten Lendenwirbelsäule sei ein belastungskonformes Schadensbild nicht erkennbar. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte jeweils mit gesonderten Bescheiden vom 09.10.2008 die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Berufskrankheiten-Liste (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule) und der Berufskrankheiten nach Nrn. 2108 oder 2110 der Berufskrankheiten-Liste (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) ab. Ansprüche auf Leistungen bestünden daher nicht, ebenso wenig auf Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien dem Entstehen von Berufskrankheiten entgegenzuwirken.
Der Kläger legte gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Die Beklagte ließ die beigezogen Bilder der durchgeführten MRT-Untersuchungen durch ihren Beratungsarzt Dr. M. nachbefunden. In seiner Stellungnahme vom 19.01.2009 verneinte Dr. M. das Vorliegen der geltend gemachten Berufskrankheiten der HWS und LWS. Nach den Konsensusempfehlungen ergebe sich hierfür mangels belastungsadaptiver Veränderungen kein Anhaltspunkt. Mit jeweils gesondertem Widerspruchsbescheid vom 04.03.2009 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück.
Der Kläger erhob am 20.03.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe in beiden Verfahren. Mit Beschluss vom 08.04.2009 wurden die Klageverfahren S 14 U 1259/09 und S 14 U 1260/09 unter dem führenden Aktenzeichen S 14 U 1259/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das Sozialgericht hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört, die ihren Aussagen weitere Befundberichte beigefügten. Der Neurologe Dr. S. teilte mit, der Kläger habe sich nur einmal im Juli 2002 bei ihm vorgestellt, der neurologische Befund sei unauffällig gewesen (Aussage vom 27.05.2009). Die Urologin Dr. Schr. führte aus, der Kläger habe über Blasenentleerungsstörungen geklagt. Die Miktionsbeschwerden könnten ein alterstypisches Problem darstellen, eine neurologische Mitursache sei noch nicht abschließend geklärt (Aussage vom 05.06.2009). Nach Aussage von Dr. N. zeige das im März 2008 erhobene MRT der HWS eine relative Spinalkanalstenose in den Segmenten C4/5, C5/6 und C6/7 und das MRT der LWS eine Bandscheibendegeneration und geringe Protrusion bei L4/5 ohne Hinweis auf Nervenwurzelkompression. In der LWS bestehe nur eine mäßige Osteochondrose bei L4/5, welche weder die Ischialgie und schon gar nicht die beklagte Zervikobrachialgie erkläre, weshalb eine Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 oder 2110 nicht vorliege. An der HWS bestünden ausgeprägte Bandscheibenschäden, weshalb eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 nicht ausgeschlossen sei (Aussage vom 29.05.2009). Der Neurologe Dr. Hu. verneinte aufgrund der von ihm im Zeitraum vom Januar 2005 bis Februar 2009 durchgeführten Untersuchungen das Vorliegen neurologischer Ausfallerscheinungen (Aussage vom 28.05.2009). Die Allgemeinmedizinerin U. führte unter Angabe der von ihr erhobenen Diagnosen aus, da der Kläger als Fernkraftfahrer tätig gewesen sei, gehe sie davon aus, dass eine Berufskrankheit vorliege. Langes Sitzen sowie Fahren könne im HWS- und LWS-Bereich Bandscheibenschäden hervorrufen (Aussage vom 10.07.2009). Zur richterlichen Auflage vom 13.10.2009, die beruflichen Belastungen hinsichtlich der HWS zu konkretisieren und vertiefend vorzutragen, verwies der Kläger über seinen früheren Bevollmächtigten (mit dessen Schriftsatz vom 19.10.2009) auf seine Angaben unter dem 16.07.2008 im Vordruck der Beklagten.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.07.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klage auf Leistung bzw. Gewährung einer Verletztenrente sei bereits unzulässig, weil hierüber die Beklagte noch nicht konkret entschieden habe. Es seien nur allgemein Ansprüche auf Leistungen mangels Versicherungsfall abgelehnt worden. Bei sachdienlicher Auslegung werde die Feststellung der Berufskrankheiten Nrn. 2108, 2109 und 2110 begehrt. Diese lägen beim Kläger nicht vor.
Der Kläger hat am 20.08.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, das Sozialgericht habe nicht hinreichend mit Gutachten aufgeklärt, ob die Rückenbeschwerden als Berufskrankheiten anzuerkennen seien. Er habe unstreitig 12 Jahre lang ausschließlich die Tätigkeiten eines Kraftfahrers mit Lade- und Abladetätigkeiten verrichtet. Nicht hinreichend erörtert und aufgeklärt sei der hinsichtlich der Berufskrankheit Nr. 2110 relevante Sachverhalt. Er habe nicht nur Lkw gefahren, sondern habe auch permanent mit Staplern ohne gefederte Sitze und auf holprigem Baustellengelände den Lkw entladen. Außerdem sei mittels einer Stange die mit Planen abgedeckte Ladefläche der Lkws aufzudecken gewesen, was insbesondere bei gefrorener Nässe äußerste Kraftanwendung abverlangt habe.
Der Kläger beantragt - nach sinngemäßer Auslegung -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.07.2010 und die Bescheide der Beklagten vom 09.10.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2110 und 2109 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist von Dr. J. das Gutachten vom 20.05.2011 eingeholt worden. Danach seien die Segmente der Lendenwirbelsäule L1/2 bis L3/4 altersentsprechend unauffällig. In Höhe von L4/5 zeige sich keine über das Alter hinausgehende degenerative Veränderung. Es liege eine mediale Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) ohne Nervenwurzelkompression vor. Weit im Vordergrund stünden degenerative Veränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule sowie die Einengung des knöchernen Rückenmarkskanals in Höhe L4/5 durch die erhebliche Verdickung der gelben Bänder (Ligamenta flava). Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Hals- und Lendenwirbelsäule sei nicht ausreichend wahrscheinlich zu machen. Unter Berücksichtigung der "Konsensempfehlungen" liege keine Berufskrankheiten nach Nr. 2108 vor, auszugehen sei vorliegend von der Konstellation D2 der Konsensempfehlungen. Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch Ganzkörperschwingungen nach Nr. 2110 seien ebenfalls zu verneinen, da das typische Schadensbild, wie von Wukasch definiert, nicht vorliege. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 sei deshalb zu verneinen, weil der Kläger weder einer erheblichen statische Belastung noch einer außergewöhnlichen Zwangshaltung der Halswirbelsäule durch das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter ausgesetzt gewesen sei. Zu erwarten sei außerdem eine primäre Schädigung der Halswirbelsäule im mittleren Bereich durch die nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung.
Mit den Beteiligten ist in nicht-öffentlicher Sitzung am 20.07.2011 die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Durch Beschluss des Senats vom 22.08.2011 ist der Rechtsstreit gem. § 153 Abs. 5 SGG dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG statthafte und auch insgesamt zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 09.10.2008 (Widerspruchsbescheide vom 04.03.2009) sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der begehrten Berufskrankheiten.
Streitgegenstand ist nach sachgerechter Auslegung des Berufungsvorbringens, insbesondere unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 11.01.2011 mit Bezugnahme auf die Ausführungen des angefochtenen Gerichtsbescheids, allein die begehrte Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule als Berufskrankheiten nach Nrn. 2109, 2108, 2110 der Anlage 1 zur BKV. Die Leistungsklage auf Gewährung von Verletztenrente bzw. Präventionsleistungen wird nicht weiterverfolgt. Eine fehlerhafte Beurteilung der Zulässigkeit der Leistungsklage durch das Sozialgericht hat der Kläger mit der Berufung nicht gerügt.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch SGB VII). Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach dem § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit folgende Krankheiten als Berufskrankheiten aufgeführt sind:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nr. 2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nr. 2110 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Zur Feststellung einer Berufskrankheit muss generell die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits (erst )schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles. Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 B 2 U 9/08 R , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Grundsätzen ist die Berufung mit der vom Kläger zuletzt nur noch verfolgten Verpflichtungsklage auf Feststellung nicht begründet.
Die normativen Voraussetzungen der spezifischen Einwirkung der Berufskrankheit Nr. 2109 liegen bereits nicht vor, wie das Sozialgericht zutreffend im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt hat. Mit richterlichen Verfügungen vom 13. und 26.10.2009 war dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers Gelegenheit gegeben worden, insbesondere zu dem Tätigkeitsprofil für die Berufskrankheit nach Nr. 2109 vorzutragen. Die hierzu erfolgten Angaben, einschließlich des Vorbringens in der Berufungsbegründung, lassen nicht erkennen, dass das Tatbestandsmerkmal "Tragen schwerer Lasten auf der Schulter" der genannten Berufskrankheit erfüllt ist. Solche Verrichtungen hat der Kläger trotz der richterlichen Hinweise nicht vorgetragen. Eine medizinische Abklärung der Erkrankungen an der Halswirbelsäule des Klägers ist daher nicht geboten, weil andere ursächliche Zusammenhänge - gegebenenfalls auch beruflich bedingte - nicht entscheidungserheblich für die begehrte Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 sind.
Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen der Berufskrankheiten Nrn. 2108 und 2110 vor. Nach den oben bezeichneten Tatbeständen der Berufskrankheiten muss der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben oder getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben bzw. vertikalen Ganzkörperschwingungen im Sitzen ausgesetzt gewesen seien. Zu Gunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass diese normativ umschriebene Exposition der Berufskrankheiten Nr. 2108 und Nr. 2110 während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer bei der Spedition gegeben war. Auf die mit dem Berufungsvorbringen erhobene Rüge unzureichender Ermittlungen des Sozialgerichts zum Umfang der beruflich bedingten Belastungen kommt es zur Überzeugung des Senats daher nicht an.
Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss aber eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine Berufskrankheit Nr. 2108 oder Nr. 2110 nicht vor (BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5).
Danach ist bereits das Tatbestandsmerkmal einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht nachgewiesen. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind (BSG Urteil vom 31.05.2005, SozR 4-5671 Anl 1 Nr. 2108 Nr. 2). Die beim Kläger in der LWS aufgetretenen Rückenbeschwerden ohne neurologisch objektivierbare Ausfallerscheinungen sind nach Dr. J. nicht auf einen Bandscheibenschaden an den Lendenwirbelkörpern zurückzuführen. Die Bewegungssegmente der Lendenwirbelsäule sind nach seinem Untersuchungsbefund, der mit den Bewertungen von Dr. B. und Dr. M. übereinstimmt, durchgehend altersentsprechend unauffällig gewesen, nur das Segment L4/5 zeigt eine Bandscheibenvorwölbung, die - nach Einschätzung von Dr. J. - aber noch altersentsprechend ist. Damit fehlt es bereits an einem morphologisch gesicherten Bandscheibenschaden in der LWS. Darüber hinaus wird eine krankheitswertige Veränderung der Bandscheibe von Dr. J. damit ebenso wenig beschrieben. Er führt die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden nicht auf Veränderung der Bandscheibe, sondern auf die knöcherne Einengung des Rückenmarkskanals und die Verdickung der Ligamenta flava zurück. Seine Beurteilung stimmt im wesentlichen mit der von Dr. N. überein, der die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden ebenfalls nicht mit dem Befund am Lendenwirbelkörper L4/5 in Einklang bringen konnte. Es mangelt daher bereits am Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Die vom Kläger beklagten Beschwerden unterfallen demnach nicht den streitgegenständlichen Berufskrankheiten Nrn. 2108 und 2110. Diese von Dr. J. diagnostizierte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (knöcherne Einengung des Rückenmarkskanals und die Verdickung der Ligamenta flava) ist in der abschließenden Berufskrankheiten-Liste im Übrigen auch nicht enthalten.
Doch selbst wenn man zu Gunsten des Klägers von einer Bandscheibenerkrankung bei L 4/5 ausginge, wäre die für eine Berufskrankheit nach Nrn. 2108, 2110 erforderliche haftungsbegründende Kausalität nicht wahrscheinlich gegeben. Den Tatbestand der Berufskrankheiten nach Nr. 2108 und 2110 erfüllen nur solche Schäden der Wirbelsäule, die sich als das Resultat einer langjährigen schädigenden Einwirkung auf die Lendenwirbelsäule darstellen. Ein morphologisch objektivierbares Schadenssubstrat ist daher zwingend erforderlich. Die ausgelösten degenerativen Prozesse zu denen anlagebedingte Wirbelsäulenstörungen und Fehlhaltungen nicht gehören finden sich in durch bildgebende Verfahren objektivierbaren Formen wieder, die auch gemeinsam auftreten können: Chondrose, Osteochondrose, Spondylose, Spondylarthrose, Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenprolaps. In den am 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff Konsensempfehlungen ) entsprechen die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, welche der Senat daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 – m.w.H., veröffentlicht in Juris, www.Sozialgerichtsbarkeit.de) seiner Entscheidung zugrunde legt. Danach ist Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, bei ausreichender beruflicher Belastung mit plausibler zeitlicher Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., Nr. 1.4, S. 216). Das Krankheitsbild der Berufskrankheiten Nr. 2108 und Nr. 2110 ist nicht wesentlich different (vgl. Konsensempfehlungen Nr. 1.1.2). Danach spricht eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung, während ein Befall der Halswirbelsäule und/oder der Brustwirbelsäule je nach Fallkonstellation gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen kann. Für den Vergleich zwischen Lendenwirbelsäule und darüber gelegenen Wirbelsäulenabschnitten sind Chondrosen und Vorfälle maßgeblich (a.a.O.).
Geht man mit Dr. M. von einem grenzwertigen Befund einer Protrusion bei L4/5 mit Ausdehnung von 4 mm aus, was nach den Konsensempfehlungen als Grenzbefund gilt (vgl. die Übersicht 8 der Konsensempfehlungen - von einem Bandscheibenvorfall spricht man definitionsgemäß bei einer Vorwölbung um mehr als 5 mm -), der vorliegend einzelfallbezogen als altersuntypisch eingeordnet und daher als Bandscheibenschaden aufgefasst werden könnte, liegt gleichwohl nach der übereinstimmenden Beurteilung von Dr. M. und Dr. J. kein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der Konsensempfehlungen vor. Beide Ärzte wie auch Dr. B. gehen vom Fehlen belastungsadaptiver Veränderungen aus. Dr. J. stützt seine Beurteilung ebenso wie Dr. B. auf die fehlenden Begleitspondylosen an den übrigen Segmenten der LWS und die fehlenden Höhenminderungen der Zwischenwirbelräume der LWS. Er verweist auch auf den im Vergleich zur LWS stärkeren degenerativen Befall der unteren HWS, den er in Übereinstimmung mit der derzeitigen empirisch-medizinischen Erkenntnislage als anlagebedingt beurteilt und wertet in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlung dies als weiteres Indiz dafür, dass auch die geringeren degenerativer Veränderung der LWS auf anlagebedingten Faktoren beruhen. Dr. J. ordnet seinen Befund der Konstellation D 2 der Konsensempfehlungen (bei der zwar ein Bandscheibenschaden in Form einer Protrusion und keine konkurrierenden Ursachen für den Bandscheibenschaden erkennbar sind, aber Begleitspondylosen fehlen) zu, bei der ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung unwahrscheinlich ist. Diese Beurteilung deckt sich mit den vorausgehenden, ebenfalls mit dem Konsensempfehlungen vereinbaren und daher den Senat überzeugenden Bewertungen von Dr. N. , Dr. B. und Dr. M ... Ein belastungskonformes Schadensbild, wie es den Konsensempfehlungen zu entnehmen ist, ist nach den medizinischen Befunden nicht hinreichend wahrscheinlich belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. J. , über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 L 1 U 3854/06 KO B, veröffentlicht in juris und ww.sozialgerichtsbarkeit.de), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Das die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigende Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und zu seiner Erledigung beigetragen. Dr. J. hat die Diagnosen und die Beurteilung der Beratungsärzte der Beklagten sowie des vom Sozialgericht als sachverständigen Zeugen gehörten Dr. N. bestätigt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten der Begutachtung durch Dr. J. (Gutachten vom 20.05.2011) und seine eigenen Auslagen selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Erkrankungen an der Wirbelsäule des Klägers als Berufskrankheiten nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen sind.
Aufgrund der ärztlichen Anzeige vom 02.07.2008 durch Dr. N. , wonach bei dem 1962 geborenen Kläger Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in beide Beine aufgetreten seien und bei einer Tätigkeit als Lkw-Fahrer mit Be- und Entladearbeiten Berufskrankheiten nach Nrn. 2108 und 2109 in Betracht kämen, leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren ein. Der Kläger gab unter dem 16.07.2008 im übersandten Vordruck an, seit September 1980 bei verschiedenen Arbeitgebern als Metallarbeiter, Hilfsarbeiter auf Baustellen, Kranführer und Gußentgrater tätig gewesen zu sein, zuletzt vom 29.07.1996 bis 16.07.2007 als Lkw-Fahrer bei einer Spedition. In diesem Zeitraum habe er Lasten von 25-30 kg ein- und beidhändig gehoben und 20 Minuten täglich Körperhaltungen mit einer Rumpfbeugehaltung von 90° eingenommen; darüber hinaus machte er Angaben zu den von ihm von 1996 bis 2007 gefahrenen Fahrzeugtypen. Außerdem holte die Beklagte Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers ein (u.a. Berichte des Radiologiezentrum K. Dr. K. und Kollegen vom 29.05.2008 - Magnetresonanztomographie (MRT) der Lendenwirbelsäule (LWS) -, vom 06.03.2008 - MRT der Halswirbelsäule (HWS)-, Bericht des Orthopäden Dr. N. vom 19.10.2007 - Diagnosen: Zervikobrachialgie, Lumboischialgie -, Bericht des Neurologen Dr. H. vom 26.05.2008 - Diagnose: chronisches Schmerzsyndrom ungeklärter Ätiologie, Verdacht cervikale Wurzelirritation, HWS-Syndrom, LWS-Syndrom -, Entlassungsbericht der P.-Klinik, Bad N. , vom 23.01.2008). Der beratende Arzt der Beklagten Dr. B. wertete die Arztunterlagen aus und kam zu dem Ergebnis, die Bandscheibenprotrusionen an den Halswirbelkörpern C4/5, C5/6 und C6/7 ohne Höhenminderung der Zwischenwirbelräume beruhten bei Fehlen vom belastungsadaptiven degenerativen Veränderungen im Bereich der übrigen HWS hauptsächlich auf körpereigener Ursache und seien schicksalhaften Bandscheibenerkrankungen zuzuordnen. In der Lendenwirbelsäule fände sich eine monosegmentale Bandscheibenprotrusion bei L4/5. Die Zwischenwirbelräume seien sämtlich ohne Höhenminderung. Wesentliche degenerativen Veränderungen bzw. Spondylosen fänden sich im Röntgenbefund vom Mai 2002 nicht. Bei Fehlen belastungsadaptiver degenerativer Veränderungen in der gesamten Lendenwirbelsäule sei ein belastungskonformes Schadensbild nicht erkennbar. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte jeweils mit gesonderten Bescheiden vom 09.10.2008 die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Berufskrankheiten-Liste (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule) und der Berufskrankheiten nach Nrn. 2108 oder 2110 der Berufskrankheiten-Liste (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) ab. Ansprüche auf Leistungen bestünden daher nicht, ebenso wenig auf Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien dem Entstehen von Berufskrankheiten entgegenzuwirken.
Der Kläger legte gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Die Beklagte ließ die beigezogen Bilder der durchgeführten MRT-Untersuchungen durch ihren Beratungsarzt Dr. M. nachbefunden. In seiner Stellungnahme vom 19.01.2009 verneinte Dr. M. das Vorliegen der geltend gemachten Berufskrankheiten der HWS und LWS. Nach den Konsensusempfehlungen ergebe sich hierfür mangels belastungsadaptiver Veränderungen kein Anhaltspunkt. Mit jeweils gesondertem Widerspruchsbescheid vom 04.03.2009 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück.
Der Kläger erhob am 20.03.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe in beiden Verfahren. Mit Beschluss vom 08.04.2009 wurden die Klageverfahren S 14 U 1259/09 und S 14 U 1260/09 unter dem führenden Aktenzeichen S 14 U 1259/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das Sozialgericht hat die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört, die ihren Aussagen weitere Befundberichte beigefügten. Der Neurologe Dr. S. teilte mit, der Kläger habe sich nur einmal im Juli 2002 bei ihm vorgestellt, der neurologische Befund sei unauffällig gewesen (Aussage vom 27.05.2009). Die Urologin Dr. Schr. führte aus, der Kläger habe über Blasenentleerungsstörungen geklagt. Die Miktionsbeschwerden könnten ein alterstypisches Problem darstellen, eine neurologische Mitursache sei noch nicht abschließend geklärt (Aussage vom 05.06.2009). Nach Aussage von Dr. N. zeige das im März 2008 erhobene MRT der HWS eine relative Spinalkanalstenose in den Segmenten C4/5, C5/6 und C6/7 und das MRT der LWS eine Bandscheibendegeneration und geringe Protrusion bei L4/5 ohne Hinweis auf Nervenwurzelkompression. In der LWS bestehe nur eine mäßige Osteochondrose bei L4/5, welche weder die Ischialgie und schon gar nicht die beklagte Zervikobrachialgie erkläre, weshalb eine Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 oder 2110 nicht vorliege. An der HWS bestünden ausgeprägte Bandscheibenschäden, weshalb eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 nicht ausgeschlossen sei (Aussage vom 29.05.2009). Der Neurologe Dr. Hu. verneinte aufgrund der von ihm im Zeitraum vom Januar 2005 bis Februar 2009 durchgeführten Untersuchungen das Vorliegen neurologischer Ausfallerscheinungen (Aussage vom 28.05.2009). Die Allgemeinmedizinerin U. führte unter Angabe der von ihr erhobenen Diagnosen aus, da der Kläger als Fernkraftfahrer tätig gewesen sei, gehe sie davon aus, dass eine Berufskrankheit vorliege. Langes Sitzen sowie Fahren könne im HWS- und LWS-Bereich Bandscheibenschäden hervorrufen (Aussage vom 10.07.2009). Zur richterlichen Auflage vom 13.10.2009, die beruflichen Belastungen hinsichtlich der HWS zu konkretisieren und vertiefend vorzutragen, verwies der Kläger über seinen früheren Bevollmächtigten (mit dessen Schriftsatz vom 19.10.2009) auf seine Angaben unter dem 16.07.2008 im Vordruck der Beklagten.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.07.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klage auf Leistung bzw. Gewährung einer Verletztenrente sei bereits unzulässig, weil hierüber die Beklagte noch nicht konkret entschieden habe. Es seien nur allgemein Ansprüche auf Leistungen mangels Versicherungsfall abgelehnt worden. Bei sachdienlicher Auslegung werde die Feststellung der Berufskrankheiten Nrn. 2108, 2109 und 2110 begehrt. Diese lägen beim Kläger nicht vor.
Der Kläger hat am 20.08.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, das Sozialgericht habe nicht hinreichend mit Gutachten aufgeklärt, ob die Rückenbeschwerden als Berufskrankheiten anzuerkennen seien. Er habe unstreitig 12 Jahre lang ausschließlich die Tätigkeiten eines Kraftfahrers mit Lade- und Abladetätigkeiten verrichtet. Nicht hinreichend erörtert und aufgeklärt sei der hinsichtlich der Berufskrankheit Nr. 2110 relevante Sachverhalt. Er habe nicht nur Lkw gefahren, sondern habe auch permanent mit Staplern ohne gefederte Sitze und auf holprigem Baustellengelände den Lkw entladen. Außerdem sei mittels einer Stange die mit Planen abgedeckte Ladefläche der Lkws aufzudecken gewesen, was insbesondere bei gefrorener Nässe äußerste Kraftanwendung abverlangt habe.
Der Kläger beantragt - nach sinngemäßer Auslegung -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.07.2010 und die Bescheide der Beklagten vom 09.10.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2110 und 2109 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist von Dr. J. das Gutachten vom 20.05.2011 eingeholt worden. Danach seien die Segmente der Lendenwirbelsäule L1/2 bis L3/4 altersentsprechend unauffällig. In Höhe von L4/5 zeige sich keine über das Alter hinausgehende degenerative Veränderung. Es liege eine mediale Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) ohne Nervenwurzelkompression vor. Weit im Vordergrund stünden degenerative Veränderungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule sowie die Einengung des knöchernen Rückenmarkskanals in Höhe L4/5 durch die erhebliche Verdickung der gelben Bänder (Ligamenta flava). Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Hals- und Lendenwirbelsäule sei nicht ausreichend wahrscheinlich zu machen. Unter Berücksichtigung der "Konsensempfehlungen" liege keine Berufskrankheiten nach Nr. 2108 vor, auszugehen sei vorliegend von der Konstellation D2 der Konsensempfehlungen. Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch Ganzkörperschwingungen nach Nr. 2110 seien ebenfalls zu verneinen, da das typische Schadensbild, wie von Wukasch definiert, nicht vorliege. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 sei deshalb zu verneinen, weil der Kläger weder einer erheblichen statische Belastung noch einer außergewöhnlichen Zwangshaltung der Halswirbelsäule durch das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter ausgesetzt gewesen sei. Zu erwarten sei außerdem eine primäre Schädigung der Halswirbelsäule im mittleren Bereich durch die nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung.
Mit den Beteiligten ist in nicht-öffentlicher Sitzung am 20.07.2011 die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Durch Beschluss des Senats vom 22.08.2011 ist der Rechtsstreit gem. § 153 Abs. 5 SGG dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG statthafte und auch insgesamt zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 09.10.2008 (Widerspruchsbescheide vom 04.03.2009) sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der begehrten Berufskrankheiten.
Streitgegenstand ist nach sachgerechter Auslegung des Berufungsvorbringens, insbesondere unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 11.01.2011 mit Bezugnahme auf die Ausführungen des angefochtenen Gerichtsbescheids, allein die begehrte Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule als Berufskrankheiten nach Nrn. 2109, 2108, 2110 der Anlage 1 zur BKV. Die Leistungsklage auf Gewährung von Verletztenrente bzw. Präventionsleistungen wird nicht weiterverfolgt. Eine fehlerhafte Beurteilung der Zulässigkeit der Leistungsklage durch das Sozialgericht hat der Kläger mit der Berufung nicht gerügt.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch SGB VII). Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach dem § 2, § 3 oder § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der derzeit folgende Krankheiten als Berufskrankheiten aufgeführt sind:
Nr. 2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nr. 2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nr. 2110 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Zur Feststellung einer Berufskrankheit muss generell die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits (erst )schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles. Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 B 2 U 9/08 R , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Grundsätzen ist die Berufung mit der vom Kläger zuletzt nur noch verfolgten Verpflichtungsklage auf Feststellung nicht begründet.
Die normativen Voraussetzungen der spezifischen Einwirkung der Berufskrankheit Nr. 2109 liegen bereits nicht vor, wie das Sozialgericht zutreffend im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeführt hat. Mit richterlichen Verfügungen vom 13. und 26.10.2009 war dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers Gelegenheit gegeben worden, insbesondere zu dem Tätigkeitsprofil für die Berufskrankheit nach Nr. 2109 vorzutragen. Die hierzu erfolgten Angaben, einschließlich des Vorbringens in der Berufungsbegründung, lassen nicht erkennen, dass das Tatbestandsmerkmal "Tragen schwerer Lasten auf der Schulter" der genannten Berufskrankheit erfüllt ist. Solche Verrichtungen hat der Kläger trotz der richterlichen Hinweise nicht vorgetragen. Eine medizinische Abklärung der Erkrankungen an der Halswirbelsäule des Klägers ist daher nicht geboten, weil andere ursächliche Zusammenhänge - gegebenenfalls auch beruflich bedingte - nicht entscheidungserheblich für die begehrte Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 sind.
Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen der Berufskrankheiten Nrn. 2108 und 2110 vor. Nach den oben bezeichneten Tatbeständen der Berufskrankheiten muss der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben oder getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben bzw. vertikalen Ganzkörperschwingungen im Sitzen ausgesetzt gewesen seien. Zu Gunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass diese normativ umschriebene Exposition der Berufskrankheiten Nr. 2108 und Nr. 2110 während seiner Tätigkeit als Kraftfahrer bei der Spedition gegeben war. Auf die mit dem Berufungsvorbringen erhobene Rüge unzureichender Ermittlungen des Sozialgerichts zum Umfang der beruflich bedingten Belastungen kommt es zur Überzeugung des Senats daher nicht an.
Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss aber eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine Berufskrankheit Nr. 2108 oder Nr. 2110 nicht vor (BSG SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5).
Danach ist bereits das Tatbestandsmerkmal einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht nachgewiesen. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind (BSG Urteil vom 31.05.2005, SozR 4-5671 Anl 1 Nr. 2108 Nr. 2). Die beim Kläger in der LWS aufgetretenen Rückenbeschwerden ohne neurologisch objektivierbare Ausfallerscheinungen sind nach Dr. J. nicht auf einen Bandscheibenschaden an den Lendenwirbelkörpern zurückzuführen. Die Bewegungssegmente der Lendenwirbelsäule sind nach seinem Untersuchungsbefund, der mit den Bewertungen von Dr. B. und Dr. M. übereinstimmt, durchgehend altersentsprechend unauffällig gewesen, nur das Segment L4/5 zeigt eine Bandscheibenvorwölbung, die - nach Einschätzung von Dr. J. - aber noch altersentsprechend ist. Damit fehlt es bereits an einem morphologisch gesicherten Bandscheibenschaden in der LWS. Darüber hinaus wird eine krankheitswertige Veränderung der Bandscheibe von Dr. J. damit ebenso wenig beschrieben. Er führt die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden nicht auf Veränderung der Bandscheibe, sondern auf die knöcherne Einengung des Rückenmarkskanals und die Verdickung der Ligamenta flava zurück. Seine Beurteilung stimmt im wesentlichen mit der von Dr. N. überein, der die vom Kläger geltend gemachten Beschwerden ebenfalls nicht mit dem Befund am Lendenwirbelkörper L4/5 in Einklang bringen konnte. Es mangelt daher bereits am Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Die vom Kläger beklagten Beschwerden unterfallen demnach nicht den streitgegenständlichen Berufskrankheiten Nrn. 2108 und 2110. Diese von Dr. J. diagnostizierte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (knöcherne Einengung des Rückenmarkskanals und die Verdickung der Ligamenta flava) ist in der abschließenden Berufskrankheiten-Liste im Übrigen auch nicht enthalten.
Doch selbst wenn man zu Gunsten des Klägers von einer Bandscheibenerkrankung bei L 4/5 ausginge, wäre die für eine Berufskrankheit nach Nrn. 2108, 2110 erforderliche haftungsbegründende Kausalität nicht wahrscheinlich gegeben. Den Tatbestand der Berufskrankheiten nach Nr. 2108 und 2110 erfüllen nur solche Schäden der Wirbelsäule, die sich als das Resultat einer langjährigen schädigenden Einwirkung auf die Lendenwirbelsäule darstellen. Ein morphologisch objektivierbares Schadenssubstrat ist daher zwingend erforderlich. Die ausgelösten degenerativen Prozesse zu denen anlagebedingte Wirbelsäulenstörungen und Fehlhaltungen nicht gehören finden sich in durch bildgebende Verfahren objektivierbaren Formen wieder, die auch gemeinsam auftreten können: Chondrose, Osteochondrose, Spondylose, Spondylarthrose, Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenprolaps. In den am 04.08.2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen der interdisziplinären Arbeitsgruppe "Medizinische Beurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff Konsensempfehlungen ) entsprechen die im vollen Konsens aller Teilnehmer verabschiedeten Kriterien zur Überzeugung des Senats der gegenwärtigen herrschenden Meinung der Wissenschaft, welche der Senat daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 28.01.2011 - L 8 U 4946/08 – m.w.H., veröffentlicht in Juris, www.Sozialgerichtsbarkeit.de) seiner Entscheidung zugrunde legt. Danach ist Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Ursachenzusammenhangs eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, die ihrer Ausprägung nach altersuntypisch sein muss, bei ausreichender beruflicher Belastung mit plausibler zeitlicher Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., Nr. 1.4, S. 216). Das Krankheitsbild der Berufskrankheiten Nr. 2108 und Nr. 2110 ist nicht wesentlich different (vgl. Konsensempfehlungen Nr. 1.1.2). Danach spricht eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der Lendenwirbelsäule eher für einen Ursachenzusammenhang der beruflichen Belastung, während ein Befall der Halswirbelsäule und/oder der Brustwirbelsäule je nach Fallkonstellation gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen kann. Für den Vergleich zwischen Lendenwirbelsäule und darüber gelegenen Wirbelsäulenabschnitten sind Chondrosen und Vorfälle maßgeblich (a.a.O.).
Geht man mit Dr. M. von einem grenzwertigen Befund einer Protrusion bei L4/5 mit Ausdehnung von 4 mm aus, was nach den Konsensempfehlungen als Grenzbefund gilt (vgl. die Übersicht 8 der Konsensempfehlungen - von einem Bandscheibenvorfall spricht man definitionsgemäß bei einer Vorwölbung um mehr als 5 mm -), der vorliegend einzelfallbezogen als altersuntypisch eingeordnet und daher als Bandscheibenschaden aufgefasst werden könnte, liegt gleichwohl nach der übereinstimmenden Beurteilung von Dr. M. und Dr. J. kein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der Konsensempfehlungen vor. Beide Ärzte wie auch Dr. B. gehen vom Fehlen belastungsadaptiver Veränderungen aus. Dr. J. stützt seine Beurteilung ebenso wie Dr. B. auf die fehlenden Begleitspondylosen an den übrigen Segmenten der LWS und die fehlenden Höhenminderungen der Zwischenwirbelräume der LWS. Er verweist auch auf den im Vergleich zur LWS stärkeren degenerativen Befall der unteren HWS, den er in Übereinstimmung mit der derzeitigen empirisch-medizinischen Erkenntnislage als anlagebedingt beurteilt und wertet in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlung dies als weiteres Indiz dafür, dass auch die geringeren degenerativer Veränderung der LWS auf anlagebedingten Faktoren beruhen. Dr. J. ordnet seinen Befund der Konstellation D 2 der Konsensempfehlungen (bei der zwar ein Bandscheibenschaden in Form einer Protrusion und keine konkurrierenden Ursachen für den Bandscheibenschaden erkennbar sind, aber Begleitspondylosen fehlen) zu, bei der ein Zusammenhang mit der beruflichen Belastung unwahrscheinlich ist. Diese Beurteilung deckt sich mit den vorausgehenden, ebenfalls mit dem Konsensempfehlungen vereinbaren und daher den Senat überzeugenden Bewertungen von Dr. N. , Dr. B. und Dr. M ... Ein belastungskonformes Schadensbild, wie es den Konsensempfehlungen zu entnehmen ist, ist nach den medizinischen Befunden nicht hinreichend wahrscheinlich belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. J. , über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 L 1 U 3854/06 KO B, veröffentlicht in juris und ww.sozialgerichtsbarkeit.de), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Das die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigende Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und zu seiner Erledigung beigetragen. Dr. J. hat die Diagnosen und die Beurteilung der Beratungsärzte der Beklagten sowie des vom Sozialgericht als sachverständigen Zeugen gehörten Dr. N. bestätigt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved