Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 127 AS 15173/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 AS 1322/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerde-verfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung (§ 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zu verpflichten, der Antragstellerin Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - i. H. v. 7.531,70 EUR als Darlehen zu gewähren. Mit der Beschwerde begehrt die Antragstellerin sinngemäß noch die Gewährung eines Darlehens i. H. v. 6.927,70 EUR in Höhe ihrer zuletzt noch offenen Mietschulden.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Antragstellerin hinsichtlich der begehrten Leistung der Mietschuldenübernahme keinen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht hat.
Nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme von Mietschulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Die Antragstellerin hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
Dies folgt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) allerdings nicht bereits daraus, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft (KdU) der Wohnung der Antragstellerin, die diese gemeinsam mit ihrem am 17. Juli 1986 geborenen Sohn bewohnt, unangemessen hoch sind, worauf das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss maßgeblich abgestellt hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 73/08 R - veröffentlicht in Juris) ist bei der Angemessenheitsprüfung ab Vollendung des 25. Lebensjahres des Sohnes der Antragstellerin nicht von einer Wohnungsgröße für einen 2-Personenhaushalt, sondern von der Wohnungsgröße für zweimal eine aus einer Person bestehende Bedarfsgemeinschaft auszugehen. Abzustellen ist bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße nicht auf die Zahl der Familienmitglieder, die eine Wohnung gemeinsam nutzen, sondern allein auf die Zahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist als Rechengröße die für eine Einzelperson angemessene Wohnfläche zu Grunde zu legen. Unter Berücksichtigung dieses Rechtspruches des BSG ist von einer Angemessenheit der KdU für Mutter und Sohn ab Vollendung dessen 25. Lebensjahres, d. h. ab Juli 2011, auszugehen. Der Senat wendet insoweit die von einer Vielzahl von Kammern des SG Berlin in Anwendung der Rechtsprechung des BSG entwickelte Methode zur Berechnung der abstrakt angemessen Miethöhe an (vgl. Schifferdecker/Irgang/Silbermann/, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit Nr. 1/2010 S. 28 - 42.) Danach ist - auf Basis des Mietspiegels 2011 - für einen 1-Personen-Haushalt eine Bruttokaltmiete von 318,01 EUR abstrakt angemessen. Zusätzlich sind vom Grundsicherungsträger angemessene Heizkosten zu übernehmen. Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt dies eine anzuerkennende Bruttokaltmiete von 636,02 Euro. Die tatsächliche Bruttokaltmiete der Wohnung der Antragstellerin beträgt nach der Mitteilung der Vermieterin ab 1. August 2011 594,98 Euro bzw. 297,49 Euro anteilig für die Antragstellerin. Davon, dass die Heizkosten von 93,47 Euro den zu übernehmenden Grenzwert übersteigen (vgl. BSG vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - Juris), ist nicht auszugehen. Nach Alledem sind die Kosten der Wohnung der Antragstellerin, bzw. der auf sie entfallende Anteil, jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG nicht unangemessen hoch.
Das Ermessen des Antragsgegners ist jedoch nicht nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II aufgrund drohender Wohnungslosigkeit eingeschränkt. Soweit eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 58/09 R - Juris) drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, auch eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (etwa die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird (BSG a.a.O.).
Die Antragstellerin hat nicht darlegen können, dass es ihr unmöglich ist entsprechenden Wohnraum zu erhalten. Sie hat zwar vorgetragen, dass sie, weil sie keine Mietschulden-freiheitsbescheinigung vorweisen könne, einen negativen SCHUFA-Eintrag habe und laufende Leistungen nach dem SGB II beziehe, bei der Wohnungssuche lediglich Absagen erhalten habe. Sie hat dies aber nicht belegen können. Telefonische Ermittlungen des Senats bei zwei großen Wohnungsbaugesellschaften am 22. und 23. September 2011 (GSW Immobilien AG, und GESOBAU AG) haben hingegen ergeben, dass die Anmietung einer Wohnung auf dem freien Markt für die Antragstellerin, die derzeit bereits eine Wohnung im so genannten geschützten Marktsegment bewohnt und deswegen von einer erneuten Vergabe aus diesem Bereich ausgeschlossen ist, zwar schwierig, aber nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
Nach Auskunft der Mitarbeiterinnen der o. g. Wohnungsbaugesellschaften (GSW Immobilien AG, Frau P am 22. September 2011 und GESOBAU AG, Frau M am 23. September 2011) werden Mietverträge von diesen zwar grundsätzlich - auch, wenn eine Zusicherung durch das Jobcenter vorliegt, die Miete direkt zu überweisen - nur noch bei Vorliegen einer negativen SchuFa-Auskunft und einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung abgeschlossen. Es handele sich aber immer um Einzelfallentscheidungen und es werde in Ausnahmefällen auch an Personen mit Mietschulden und positiver SchuFa-Auskunft vermietet, wenn die Betroffenen bei einer persönlichen Vorsprache in einem der Vermietungsbüros ihren Fall und die Gründe für das Entstehen der Mietschulden bzw. des SchuFa-Eintrags schilderten.
Vor diesem Hintergrund ist der ohne jeden Nachweis gebliebene Vortrag der Antragstellerin, die Anmietung neuen Wohnraumes sei ihr unmöglich, ersichtlich nicht hinreichend. Eine Ermessensreduzierung auf Null bei der Entscheidung über die Schuldenübernahme ist für den Senat nicht feststellbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung (§ 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zu verpflichten, der Antragstellerin Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - i. H. v. 7.531,70 EUR als Darlehen zu gewähren. Mit der Beschwerde begehrt die Antragstellerin sinngemäß noch die Gewährung eines Darlehens i. H. v. 6.927,70 EUR in Höhe ihrer zuletzt noch offenen Mietschulden.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Antragstellerin hinsichtlich der begehrten Leistung der Mietschuldenübernahme keinen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht hat.
Nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II steht die Übernahme von Mietschulden im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dieses Ermessen ist nach Satz 2 eingeschränkt, wenn die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall sollen die Schulden übernommen werden. Die Antragstellerin hat jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
Dies folgt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) allerdings nicht bereits daraus, dass die laufenden Kosten für die Unterkunft (KdU) der Wohnung der Antragstellerin, die diese gemeinsam mit ihrem am 17. Juli 1986 geborenen Sohn bewohnt, unangemessen hoch sind, worauf das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss maßgeblich abgestellt hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 73/08 R - veröffentlicht in Juris) ist bei der Angemessenheitsprüfung ab Vollendung des 25. Lebensjahres des Sohnes der Antragstellerin nicht von einer Wohnungsgröße für einen 2-Personenhaushalt, sondern von der Wohnungsgröße für zweimal eine aus einer Person bestehende Bedarfsgemeinschaft auszugehen. Abzustellen ist bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße nicht auf die Zahl der Familienmitglieder, die eine Wohnung gemeinsam nutzen, sondern allein auf die Zahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist als Rechengröße die für eine Einzelperson angemessene Wohnfläche zu Grunde zu legen. Unter Berücksichtigung dieses Rechtspruches des BSG ist von einer Angemessenheit der KdU für Mutter und Sohn ab Vollendung dessen 25. Lebensjahres, d. h. ab Juli 2011, auszugehen. Der Senat wendet insoweit die von einer Vielzahl von Kammern des SG Berlin in Anwendung der Rechtsprechung des BSG entwickelte Methode zur Berechnung der abstrakt angemessen Miethöhe an (vgl. Schifferdecker/Irgang/Silbermann/, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit Nr. 1/2010 S. 28 - 42.) Danach ist - auf Basis des Mietspiegels 2011 - für einen 1-Personen-Haushalt eine Bruttokaltmiete von 318,01 EUR abstrakt angemessen. Zusätzlich sind vom Grundsicherungsträger angemessene Heizkosten zu übernehmen. Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt dies eine anzuerkennende Bruttokaltmiete von 636,02 Euro. Die tatsächliche Bruttokaltmiete der Wohnung der Antragstellerin beträgt nach der Mitteilung der Vermieterin ab 1. August 2011 594,98 Euro bzw. 297,49 Euro anteilig für die Antragstellerin. Davon, dass die Heizkosten von 93,47 Euro den zu übernehmenden Grenzwert übersteigen (vgl. BSG vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - Juris), ist nicht auszugehen. Nach Alledem sind die Kosten der Wohnung der Antragstellerin, bzw. der auf sie entfallende Anteil, jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG nicht unangemessen hoch.
Das Ermessen des Antragsgegners ist jedoch nicht nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II aufgrund drohender Wohnungslosigkeit eingeschränkt. Soweit eine angemessene neue Wohnung gefunden werden kann, liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 58/09 R - Juris) drohende Wohnungslosigkeit regelmäßig nicht vor. Es ist von dem Hilfebedürftigen jedenfalls dann zu fordern, auch eine an sich kostenangemessene Wohnung zu verlassen und nach einem Umzug (der sich dann als notwendig im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II darstellt) eine neue Wohnung zu beziehen, wenn durch sein unwirtschaftliches Verhalten (etwa die zweckwidrige Verwendung der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gewährten Mittel) eine Schuldenlage entstanden ist. Es geht auch im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht darum, den Hilfebedürftigen finanziell durch die Übernahme der Schulden zu entlasten. Deshalb kann dem Verlust einer angemessenen Unterkunft auch dadurch begegnet werden, dass eine neue Wohnung bezogen wird (BSG a.a.O.).
Die Antragstellerin hat nicht darlegen können, dass es ihr unmöglich ist entsprechenden Wohnraum zu erhalten. Sie hat zwar vorgetragen, dass sie, weil sie keine Mietschulden-freiheitsbescheinigung vorweisen könne, einen negativen SCHUFA-Eintrag habe und laufende Leistungen nach dem SGB II beziehe, bei der Wohnungssuche lediglich Absagen erhalten habe. Sie hat dies aber nicht belegen können. Telefonische Ermittlungen des Senats bei zwei großen Wohnungsbaugesellschaften am 22. und 23. September 2011 (GSW Immobilien AG, und GESOBAU AG) haben hingegen ergeben, dass die Anmietung einer Wohnung auf dem freien Markt für die Antragstellerin, die derzeit bereits eine Wohnung im so genannten geschützten Marktsegment bewohnt und deswegen von einer erneuten Vergabe aus diesem Bereich ausgeschlossen ist, zwar schwierig, aber nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
Nach Auskunft der Mitarbeiterinnen der o. g. Wohnungsbaugesellschaften (GSW Immobilien AG, Frau P am 22. September 2011 und GESOBAU AG, Frau M am 23. September 2011) werden Mietverträge von diesen zwar grundsätzlich - auch, wenn eine Zusicherung durch das Jobcenter vorliegt, die Miete direkt zu überweisen - nur noch bei Vorliegen einer negativen SchuFa-Auskunft und einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung abgeschlossen. Es handele sich aber immer um Einzelfallentscheidungen und es werde in Ausnahmefällen auch an Personen mit Mietschulden und positiver SchuFa-Auskunft vermietet, wenn die Betroffenen bei einer persönlichen Vorsprache in einem der Vermietungsbüros ihren Fall und die Gründe für das Entstehen der Mietschulden bzw. des SchuFa-Eintrags schilderten.
Vor diesem Hintergrund ist der ohne jeden Nachweis gebliebene Vortrag der Antragstellerin, die Anmietung neuen Wohnraumes sei ihr unmöglich, ersichtlich nicht hinreichend. Eine Ermessensreduzierung auf Null bei der Entscheidung über die Schuldenübernahme ist für den Senat nicht feststellbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, § 177 SGG.
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