L 1 KR 89/10 KL

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 89/10 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IV und § 90 SGB IV ist dem Bundesversicherungsamt für bundesunmittelbare Versicherungsträger eine umfassende und ausschließliche Rechtsaufsicht zugewiesen; für eine parallele Zuständigkeit der Kartellaufsicht durch das Bundeskartellamt über Krankenkassen besteht kein Raum.

2. Krankenkassen handeln im "Wettbewerb" um beitragszahlende Mitglieder nicht als Unternehmen im Sinne des Art. 101 AEUV oder §§ 1, 130 GWB.

3. Zur Verletzung des Selbstverwaltungsrechts einer Krankenkasse durch einen Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamts.
Der Auskunftsbeschluss der Beklagten vom 17. Februar 2010 (Bundeskartellamt Az.: B 3 – 12/10) wird aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamtes.

Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Am 25. Januar 2010 um 11.00 Uhr fand eine gemeinsame Pressekonferenz von acht gesetzlichen Krankenkassen im Haus der Bundespressekonferenz, Schiffbauer Damm 40 in Berlin, mit dem Titel "Finanzentwicklung in der GKV – Einstieg in den Zusatzbeitrag" statt. An dieser Veranstaltung nahm auch ein Vertreter der Klägerin teil. Im Rahmen dieser Pressekonferenz informierten die dort vertretenen Krankenkassen die Öffentlichkeit über ihre Planungen, kassenindividuelle Zusatzbeiträge im Sinne des § 242 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) zu erheben.

Der Verwaltungsrat der Klägerin entschied in seiner Sitzung vom 1. Februar 2010 über die Einführung eines Zusatzbeitrages in Höhe von 8,- EUR monatlich. Eine entsprechende Satzungsänderung ist erfolgt.

Mit Beschluss vom 17. Februar 2010, der Klägerin zugestellt am 19. Februar 2010, verlangte das Bundeskartellamt von der Klägerin die Erteilung von Auskünften durch Beantwortung nachfolgender Fragen sowie der Vorlage von Unterlagen:
"Beantworten Sie bitte folgende Fragen:
1. Wann hat der Vorstand Ihrer Krankenkasse beschlossen, den Zusatzbeitrag gemäß § 242 SGB V von den Versicherten zu erheben?
2. Wann hat der Verwaltungsrat Ihrer Krankenkasse die Entscheidung über die Einführung des Zusatzbeitrages getroffen bzw. wann wird er sie treffen?
3. Wann und auf welchem Wege haben die anderen an der gemeinsamen Pressekonferenz beteiligten Krankenkassen Ihre Krankenkasse jeweils von ihren Plänen zur Erhebung von Zusatzbeitragen gemäß § 242 SGB V informiert? ( ...)
4. Wann und auf welchem Wege haben die anderen an der gemeinsamen Pressekonferenz beteiligten Krankenkassen Ihre Krankenkasse jeweils von der konkret geplanten Höhe und dem voraussichtlichen Termin der Einführung der Zusatzbeiträge informiert?
5. Wann und auf welchem Wege hat Ihre Krankenkasse jeweils andere Krankenkassen über die Erhebung eines Zusatzbeitrages, dessen Höhe und das voraussichtliche Einführungsdatum unterrichtet?
6. Wie erfolgte die Auswahl des Veranstalters der gemeinsamen Pressekonferenz?
7. Nach welchen Kriterien wurden die an der Veranstaltung teilnehmenden Krankenkassen sowie die externen Sachverständigen ausgewählt, welche Krankenkassen waren zur Teilnahme an der Veranstaltung eingeladen und wer nahm tatsächlich teil?
8. Wie erfolgte die Abstimmung für Ort und Zeitpunkt der Pressekonferenz? Übermitteln Sie bitte folgende Unterlagen an das Bundeskartellamt:
9. Sämtliche im Zusammenhang mit der Empfehlung der Einführung eines Zusatzbeitrages an den Verwaltungsrat stehende Dokumente, insbesondere den Vorstandsbeschluss, das Protokoll der Vorstandssitzung, auf der der Beschluss gefasst wurde, Entscheidungsvorlagen aber auch Strategiepapiere und Präsentationen.
10. Den Beschluss des Verwaltungsrates zur Einführung des Zusatzbeitrages, soweit bereits beschlossen.
11. Das (Wort-)Protokoll der Verwaltungsratssitzung, auf der die Einführung des Zusatzbeitrages beschlossen wurde.
12. Den vollständigen Antrag auf Genehmigung des Zusatzbeitrages durch die zuständige Aufsichtsbehörde und - soweit bereits ergangen - den Bescheid der Aufsichtsbehörde.
13. Sämtlichen Schriftverkehr sowie E-Mail-Korrespondenz zwischen Ihrer Krankenkasse und anderen Krankenkassen, die im Zusammenhang mit der Pressekonferenz am 25.01.2010 geführt wurde.
14. Sämtlichen Schriftverkehr sowie E-Mail-Korrespondenz zwischen Ihrer Krankenkasse und der B. GmbH & Co. KG, die im Zusammenhang mit der Pressekonferenz am 25.01.2010 geführt wurde.
15. Kopien der Einladungsschreiben zu der gemeinsamen Pressekonferenz.
16. Das Protokoll zur gemeinsamen Pressekonferenz vom 25.01.2010 bzw. die Redebeiträge sowohl der Vertreter der Krankenkassen als auch der externen Sachverständigen im Wortlaut."

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Auskunftsbeschluss beruhe auf § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Verbindung mit §§ 1, 32 GWB. Danach könne das Bundeskartellamt zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben von Unternehmen durch Beschluss Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Unternehmen sowie die Herausgabe von Unterlagen verlangen. Der am 25. Januar 2010 abgehaltenen gemeinsamen Pressekonferenz verschiedener Krankenkassen könne eine unerlaubte Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB über die erstmalige Erhebung von Zusatzbeiträgen gemäß § 242 SGB V sowie ein abgestimmtes Verhalten im Sinne des § 1 GWB zu Grunde liegen. Gemäß § 32 Abs. 1 GWB könne das Bundeskartellamt die an einem Kartellverstoß beteiligten Unternehmen verpflichten, die Zuwiderhandlung gegen § 1 GWB abzustellen. Nach § 32 Abs. 2 GWB könne das Bundeskartellamt den Unternehmen hierzu alle Maßnahmen aufgeben, die für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich und gegenüber dem festgestellten Verstoß verhältnismäßig seien. Krankenkassen seien als Anbieter von Versicherungen Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts. Sie böten Versicherungsschutz sowie damit verbundene Dienstleistungen an. Die Krankenkassen stünden auf der Basis verschiedener Handlungsparameter untereinander in Wettbewerb um Mitglieder und die mitversicherten Familienangehörigen. Wettbewerbsparameter umfassten in den nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch zulässigen Grenzen die Leistungsqualität und -quantität (z.B. durch Hausarztverträge nach § 73b und Selektivverträge nach § 73c SGB V), Angebot und Vermittlung von Wahl- und Zusatztarifen (§§ 53 und 194 Abs. 1a SGB V), Serviceangebote und die Möglichkeit zur Erhebung von Zusatzbeiträgen bzw. Zurückzahlung von Beiträgen an die Mitglieder im Falle von Überschüssen (§ 242 SGB V). Schließlich schlössen sie als Nachfragemittler für ihre Versicherten Versorgungsverträge mit Leistungserbringern. Ein Teil dieser Wettbewerbsparameter sei mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) gezielt eingeführt worden, um den Wettbewerb zwischen gesetzlichen Krankenkassen und zwischen den Leistungserbringern zu intensivieren. Der Qualifikation von Krankenkassen als Unternehmen im Sinne des GWB stehe auch die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur Unternehmenseigenschaft von Krankenkassen nicht entgegen. Soweit die europäische Auslegung des Unternehmensbegriffs der Anwendung des § 1 GWB zu Grunde zu legen sei, genügten vorliegend die Krankenkassen jedenfalls seit Geltung der zuletzt durch das GKV-WSG und das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen den Auslegungskriterien der Unternehmenseigenschaft im Sinne der Rechtsprechung der europäischen Gerichte. Es bestehe der Verdacht, dass die an der Pressekonferenz vom 25. Januar 2010 beteiligten Krankenkassen eine Vereinbarung im Sinne des § 1 GWB über Höhe und Terminierung der Einführung von Zusatzbeiträgen nach § 242 SGB V getroffen hätten. Zumindest sei aber davon auszugehen, dass es sich bei der Pressekonferenz, die dem Ziel gedient haben könnte, wettbewerbsrelevante Informationen auszutauschen und in abgestimmter Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um ein abgestimmtes Verhalten im Sinne des § 1 GWB handele. Mit der erstmaligen Erhebung von Zusatzbeiträgen durch die beteiligten Kassen würde zum ersten Mal seit der Umstellung der Krankenkassenfinanzierung auf den Gesundheitsfonds wieder eine spürbare Preisdifferenzierung entstehen. Als Preisvereinbarung in Form der gleichzeitigen oder jedenfalls innerhalb einer engen Zeitspanne geplanten Erhebung von Zusatzbeiträgen sowie als abgestimmtes Verhalten bei der Ankündigung der erstmaligen Erhebung von Zusatzbeiträgen wäre das Verhalten der beteiligten Krankenkassen objektiv geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt für Krankenkassen zu beschränken oder zu verfälschen.

Mit Pressemitteilung vom 8. März 2010 erklärte das Bundesversicherungsamt, dass es die Bedenken des Bundeskartellamtes nicht teile. Die vom Bundeskartellamt unterstellte Unternehmenseigenschaft von Krankenkassen sei zu verneinen.

Mit Schreiben vom 22. März 2010 hat die Klägerin unter Verweis auf die Unzuständigkeit des Bundeskartellamtes und unter Verwahrung gegen eine Auskunftspflicht ausdrücklich auf freiwilliger Basis zum Auskunftsbeschluss Stellung genommen. Hinsichtlich des Umfangs der erteilten Auskunft wird auf Bl. 581 bis 821 der Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Die gegen den Auskunftsbeschluss gerichtete Klage ist am 19. März 2010 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen. Eine nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Klägerin danach vor dem Oberlandesgericht C. erhobene, gleichlautende Klage ist zwischenzeitlich zurückgenommen worden. Mit Beschluss vom 1. Juni 2010 hat der Senat den beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für zulässig erklärt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 28. September 2010 – B 1 SF 1/10 R - zurückgewiesen worden.

Die Klägerin ist der Rechtsauffassung, der angegriffene Beschluss verstoße gegen § 242 SGB V in Verbindung mit § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV), § 197 SGB V sowie § 4 Abs. 3 SGB V, §§ 86, 94 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) und verletze dadurch die Klägerin in ihrem Selbstverwaltungsrecht nach §§ 4 Abs. 1 SGB V, 29 Abs. 1 SGB IV. Der Auskunftsbeschluss sei bereits formell rechtswidrig, da sich das Bundeskartellamt Aufsichtsbefugnisse gegenüber der Klägerin anmaße, die ihm nicht zustünden. Das Bundeskartellamt sei nicht nach § 90 Abs. 1 SGB IV für die Aufsicht über die Versicherungsträger zuständig. Zudem setze sich die Beklagte mit dem Beschluss in Widerspruch zu den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften über die Erhebung von Zusatzbeiträgen sowie die Kooperation von Krankenkassen und greife damit zugleich in das - der Aufsicht nur in gewissen Grenzen unterliegende - Selbstverwaltungsrecht der Klägerin ein. Die gesetzlichen Krankenkassen seien nach § 4 Abs. 3 SGB V und § 86 SGB X untereinander generell zur engen Zusammenarbeit verpflichtet. Darüber hinaus bestehe nach § 94 Abs. 1a SGB X sogar die Möglichkeit, sich zu Arbeitsgruppen zur gegenseitigen Unterrichtung, Abstimmung, Koordinierung und Förderung der engen Zusammenarbeit im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben zusammenzuschließen und damit die Zusammenarbeit sogar zu institutionalisieren. Bereits eine Einschränkung der Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerfüllung sei vom Selbstverwaltungsrecht geschützt, eine Verletzung liege nicht erst dann vor, wenn die Aufgabenerfüllung unmöglich gemacht werde. Der Auskunftsbeschluss sei auch nicht über die herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 6 GWB in Verbindung mit §§ 1, 32 GWB zu rechtfertigen. Diese Vorschriften seien von vornherein gar nicht anwendbar, denn die gesetzlichen Krankenkassen seien nach gefestigter Rechtsprechung keine Unternehmen im Sinne des Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bzw. der §§ 1 ff. GWB und unterlägen daher auch nicht dem deutschen oder europäischen Kartellrecht. Der deutsche Gesetzgeber habe das Kartellverbot des § 1 GWB bewusst vollständig ohne Rücksicht auf einen Zwischenstaatsbezug mit dem europäischen Recht harmonisiert. Auch der Bundesgerichtshof halte nicht an einem originär-deutschen Unternehmensbegriff fest. Die so genannte Konvergenzklausel des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (VO (EG) 1/2003) sperre darüber hinaus jede Ausweitung des Tatbestandes von § 1 GWB gegenüber Art. 101 AEUV und den dazu entwickelten Auslegungsgrundsätzen. Im Bereich der sozialen Sicherheit habe der Gerichtshof entschieden, dass Einrichtungen, die mit der Verwaltung gesetzlicher Kranken- und Rentenversicherungssysteme betraut seien, einen reinen sozialen Zweck verfolgten und keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübten. Dies gelte insbesondere für gesetzliche Krankenkassen, die aufgrund gesetzlicher Vorgaben die Höhe der Beiträge nicht autonom festlegen könnten und nur in geringem Umfang die Möglichkeit hätten, auf die Bestimmung des Leistungsumfangs und die Verwendung der Mittel Einfluss zu nehmen. Ihre auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität beruhende Tätigkeit werde ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt, und die Leistungen würden von Gesetzes wegen oder aufgrund Gesetzes und unabhängig von der Höhe der entrichteten Beiträge erbracht. In der Entscheidung "Poucet und Pistre" habe der Gerichtshof den Begriff der Solidarität als Gegenbegriff zur "wirtschaftlichen Tätigkeit" entwickelt. Der Grundsatz der Solidarität werde nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs u.a. dadurch verwirklicht, dass das System durch Beiträge finanziert werde, deren Höhe nicht streng proportional zum versicherten Risiko seien. Die beschriebene Rechtsprechung habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. März 2004 (Rs. C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01 – "AOK Bundesverband") auch auf die Beurteilung der Unternehmenseigenschaft der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übertragen. Der deutsche Gesetzgeber sei bei der Novellierung des § 69 SGB V durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) dieser Rechtsansicht des Gerichtshofes gefolgt und habe Kartellrecht auf der Nachfrageseite nur "entsprechend" für anwendbar erklärt, da er ausweislich der Begründung (BT-Drs. 17/2413, 26) die Unternehmereigenschaft von Krankenkassen verneint habe. Hieran habe sich durch die GKV-Reformen der letzten Jahre nichts grundlegend geändert. Zwar mögen eng begrenzte "Wettbewerbselemente" in das GKV-System eingeführt worden sein; das Solidaritätsprinzip, der Risikoausgleich und die grundlegende staatliche Determinierung der Pflichtleistungen blieben für die gesetzlichen Krankenkassen jedoch weiterhin prägend. Den Grundsatz des gesetzlichen Krankenversicherungssystems, wonach der Anspruch auf medizinische Leistung nicht von der Höhe der gezahlten Beiträge abhänge, hätten die Gesundheitsreformen der letzten Jahre unberührt gelassen. Durch die Möglichkeit der Einführung von Selbstbehalten nach § 53 Abs. 1 SGB V und der Beitragsrückerstattung nach § 53 Abs. 2 SGB V komme es nur zu einer marginalen quantitativen Änderung der Umverteilungswirkung im gesetzlichen Krankenversicherungssystem, die nach der Entscheidung des Gerichtshofs vom 5. März 2009 in der Rechtssache "Kattner Stahlbau GmbH" (C-350/07) unbeachtlich sei. Nach § 53 Abs. 8 Satz 4 SGB V dürfe die Prämienzahlung bei Selbstbehalt grundsätzlich 20 % der vom Mitglied im Kalenderjahr gezahlten Beiträge nicht überschreiten und maximal 600 Euro betragen, während die Beitragsrückerstattung nach § 53 Abs. 2 Satz 2 SGB V auf ein Zwölftel der im Kalenderjahr gezahlten Beiträge begrenzt sei. Selbst in den seltenen Fällen, in denen der Versicherte die finanziellen Vergünstigungen in vollem Umfang erhalte, werde daher das nichtunternehmerische Grundprinzip des sozialen Sicherungssystems, die Umverteilungswirkung zu Gunsten der materiell benachteiligten Versicherungsnehmer, nicht beseitigt. Gegen eine Unternehmerstellung der gesetzlichen Krankenkassen spreche auch nach wie vor der gesetzlich angeordnete Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen. Seit dem 1. Januar 2009 werde der Risikostrukturausgleich über den Gesundheitsfonds vorgenommen. Durch die neu eingeführte Morbiditätsorientierung, welche die Kostenstruktur der in einer Krankenkasse versicherten Risiken berücksichtige und jeder Kasse idealerweise nur diejenigen Mittel zuweise, die für die Versorgung ihrer Versicherten voraussichtlich anfielen, werde das Solidarprinzip zwischen den Krankenkassen sogar noch einmal erheblich gestärkt. Die bisherigen krankenkassenabhängigen Beiträge seien durch einen einheitlichen Beitragssatz ersetzt worden, die Finanzierung der Krankenkassen erfolge durch eine Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds. Diese umfasse eine Grundpauschale sowie alters-, geschlechts- und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen der einzelnen Krankenkassen (§ 266 SGB V). Da zugleich auch die Beiträge durch Verordnung festgelegt würden, seien die Spielräume der Kassen hierdurch weiter verringert, nicht erhöht worden. Nicht nachvollziehbar sei die These der Beklagten, durch den Gesundheitsfonds sei das solidarische Element aus der GKV herausgelöst worden. Es handelt sich vielmehr um das zentrale finanzielle Steuerungselement; zudem habe bereits das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9. Juni 2004 (2 BvR 1248/03, 2 BvR 129/03) diese These verworfen. Die soziale Natur des GKV-Systems werde durch Wahltarife nicht in Frage gestellt, wie das Bundessozialgericht bestätigt habe. Die Möglichkeit des § 194 Abs. 1a SGB V zeige, dass die gesetzlichen Krankenkassen gerade keine Versicherungsleistungen außerhalb des gesetzlich festgelegten Rahmens anbieten dürften. Die anlässlich der letzten Reformen eingeführten besonderen Versorgungsformen und Sonderfälle seien von verschwindender wirtschaftlicher Bedeutung. Die von der Beklagten angeführten Neuerungen bei der Leistungsbeschaffung führten entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu einer Abweichung vom einheitlich festgelegten Leistungsumfang der GKV. Soweit die Beklagte auf Arzneimittelrabattverträge abstelle, führten diese zu einem Preiswettbewerb unter den pharmazeutischen Unternehmen, nicht zu einem Wettbewerb unter den Kassen. Auch auf die Beitragshöhe hätten die gesetzlichen Krankenkassen keinen Einfluss, der die Annahme einer Unternehmenseigenschaft rechtfertigen würde. Die Krankenkassen könnten daher den wesentlichen Wettbewerbsparameter der Beitragshöhe nur in einem vernachlässigenswertem Ausmaße selbst bestimmen. Falsch sei jedenfalls die Aussage des Bundeskartellamtes, die Einführung von Zusatzbeiträgen und die Möglichkeit der Beitragsrückerstattung hätten den Spielraum für Beitragswettbewerb zwischen den Krankenkassen erweitert. Das Gegenteil sei der Fall. Gegenüber der dem EuGH in der Rechtssache "AOK-Bundesverband" zur Beurteilung vorgelegten - und vom EuGH als unerheblich bewerteten - alten Rechtslage habe sich der Gestaltungsspielraum der Krankenkassen reduziert. Bis zum 1. Januar 2009 hätten die Krankenkassen die Möglichkeit besessen, ihren Beitragssatz selbst festzulegen und dadurch in einen gewissen "Wettbewerb" um Mitglieder mit anderen Krankenkassen zu treten. Dieses "Wettbewerbselement" sei vom EuGH in seiner Entscheidung "AOK-Bundesverband" auf Grund der dahinter stehenden Zielsetzung als unerheblich für die Beurteilung der Unternehmenseigenschaft angesehen worden. Dies müsse erst recht für die Neuregelung in § 241 SGB V Geltung beanspruchen, wonach die Beiträge nunmehr nach einem bundeseinheitlichen allgemeinen Beitragssatz zu bemessen seien, der durch die Bundesregierung nach Auswertung der Ergebnisse eines beim Bundesversicherungsamt zu bildenden Schätzerkreises durch Rechtsverordnung festgelegt werde. Die Festlegung des allgemeinen Beitragssatzes liege nun ausschließlich in der Hand des Staates, ohne dass die Krankenkassen darauf Einfluss nehmen könnten. Zur Erhebung eines über den allgemeinen Beitragssatz hinausgehenden Zusatzbeitrages seien die Krankenkassen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sogar verpflichtet. Der Gestaltungsspielraum der Krankenkassen beschränke sich daher auf die Möglichkeit, für den Fall, dass die Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds den Finanzbedarf der Krankenkasse überstiegen, Prämien an ihre Mitglieder auszuzahlen. Eine Prämienzahlung sei überdies nicht uneingeschränkt möglich, sie sei nach § 242 Abs. 2 Satz 2 SGB V an die Bedingung geknüpft, dass die Krankenkasse ihrer Verpflichtung zur Bildung der Rücklage nach § 261 SGB V nachgekommen sei. Die Spreizung der Beiträge aufgrund der Beitragssatzautonomie vor 2009, die für den EuGH unbeachtlich gewesen sei, habe die derzeit üblichen Zusatzbeiträge um bis zu das Zehnfache überstiegen. Eine Verschärfung des Wettbewerbs im Hinblick auf das Wechselverhalten sei nicht zu beobachten, wie ein Vergleich von zwei WidO-Studien aus den Jahren 2006 und 2011 zeige. Selbst bei Betrachtung des traditionellen Unternehmensbegriffs im deutschen Kartellrecht unter Ausklammerung der europarechtlichen Implikationen seien die Adressaten des Auskunftsbeschlusses im vorliegenden Fall nicht als Unternehmen anzusehen. Das GWB sei grundsätzlich nur auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse anwendbar; auf die hoheitliche Teilnahme am Markt finde es keine Anwendung, weil diese nicht unternehmerisch sei. Daran ändere auch die deklaratorische Bestimmung des § 130 Abs. 1 GWB nichts. Die Erhebung von Zusatzbeiträgen betreffe das Rechtsverhältnis zwischen den Krankenkassen und ihren Mitgliedern/Versicherten sowie das Rechtsverhältnis der Krankenkassen untereinander. Beide Rechtsverhältnisse seien nach gefestigter Rechtsprechung öffentlich-rechtlich geprägt und daher mangels einer unternehmerischen Tätigkeit der Krankenkassen dem Anwendungsbereich des GWB entzogen. Vereinzelt sei in der Vergangenheit das Leistungsbeschaffungsverhalten dem Kartellrecht unterworfen worden. Es habe aber stets Einigkeit darüber bestanden, dass die Beziehung gegenüber dem Versicherten ein rein öffentlich-rechtliches Verhältnis sei, das nicht der Anwendung des Kartell- und Wettbewerbsrechts unterliege. Auch im Übrigen fehle die erforderliche Rechtsgrundlage. Aufgrund der fehlenden verfassungsrechtlichen Verbürgung der Selbstverwaltungsgarantie könne der Gesetzgeber zwar staatliche Aufsichtsbefugnisse erweitern, dies müsse aber hinreichend deutlich erfolgen und bedürfte einer besonderen Legitimation. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei entbehrlich, da die wesentlichen Elemente, die der EuGH in der Rechtssache "AOK-Bundesverband" als ausschlaggebend für die nicht-wirtschaftliche Tätigkeit im GKV-System angesehen habe, auch gegenwärtig bis heute Bestand hätten. Dies habe das Bundessozialgericht im Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 A 1/09 R – auch klargestellt.

Die Klägerin beantragt,
den Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamtes vom 17. Februar 2010 aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamtes vom 17. Februar 2010 rechtswidrig war.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, das Selbstverwaltungsrecht der Krankenkassen werde weder durch den Auskunftsbeschluss an sich berührt, noch würde die Feststellung und Sanktionierung einer Kartellrechtsverletzung bei der Einführung der Zusatzbeiträge nach § 32 GWB das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin betreffen. Es bestehe ein Verdacht dahingehend, dass die Klägerin an einer nach § 1 GWB verbotenen Absprache über die Höhe und den Zeitpunkt der erstmaligen Einführung von Zusatzbeiträgen beteiligt gewesen sein könnte. Daneben könnte in der gemeinsamen Bekanntgabe der erstmaligen Erhebung von Zusatzbeiträgen auf der Pressekonferenz am 25. Januar 2010 ein unzulässig abgestimmtes Verhalten gelegen haben. Weder die Feststellung einer verbotenen Absprache, noch die eines unzulässig abgestimmten Verhaltens hindere die Krankenkasse daran, in eigenverantwortlicher Weise Zusatzbeiträge festzusetzen und von ihren Mitgliedern zu erheben. Die aufgrund des Auskunftsbeschlusses von den Krankenkassen erhaltenen Auskünfte seien bislang lediglich provisorisch überprüft worden, auch im Hinblick auf den Ausgang des anhängigen Verfahrens. Es sei offen, ob weitere Nachprüfungen stattfinden und zu welchem Ergebnis die Prüfungen gelangen würden. Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, es bestehe keine ausschließliche Zuständigkeit des Bundesversicherungsamtes. Gemäß §§ 87 ff. SGB IV unterlägen die Versicherungsträger staatlicher Aufsicht. Auch wenn Verstöße gegen die Verbote des GWB der Rechtsaufsicht unterlägen, begründeten die Vorschriften über die Rechtsaufsicht keine ausschließliche Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörde im Zusammenhang mit der Einhaltung der Regeln des GWB. Jedenfalls soweit aufgrund unternehmerischen Handelns materiell-rechtlich der Anwendungsbereich des GWB eröffnet sei und ein behördliches Handeln auf der Grundlage der Ermächtigungsgrundlagen des GWB erforderlich sei, bleibe die gesetzlich vorgesehene Zuständigkeit des Bundeskartellamtes unberührt. Das Bundesversicherungsamt könne nämlich nicht als "Kartellbehörde" im Sinne des § 48 GWB tätig werden. Auch spreche die Auffassung des Gesetzgebers gegen eine ausschließliche Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörde. In der Begründung zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zur Änderung des § 171a SGB V im GKV-WSG im Jahre 2007 heiße es: "Auch Vereinigungen von Krankenkassen sind nach den Regeln der Fusionskontrolle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch das Bundeskartellamt zu prüfen" (BT-Drs. 16/3100, S. 156). Der Gesetzgeber gehe somit auch im Bereich der Fusionskontrolle davon aus, dass die Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörde einerseits und des Bundeskartellamtes für die öffentlich-rechtliche Anwendung der Vorschriften des GWB andererseits ohne Weiteres parallel bestehen könnten. Das GWB sei auf die Wettbewerbsbeziehungen zwischen gesetzlichen Krankenkassen beim Angebot von Versicherungsschutz im Rahmen des SGB V anwendbar. Die Angleichung des Wortlautes des § 1 GWB an europäisches Recht erfordere nicht zwingend und ohne Ansehen des jeweils spezifischen Falles die Übernahme der Auslegungsergebnisse der europäischen Gerichte. Die von der Klägerin behauptete Sperrwirkung des Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 liege jedoch nicht vor, weil vorliegend die Zwischenstaatlichkeitsklausel des Art. 101 AEUV nicht erfüllt sei. Soweit Krankenkassen miteinander im Wettbewerb um Versicherte stünden, hätten sie als Unternehmen im Sinne des GWB zu gelten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Verhältnisse von Krankenkassen zu ihren Mitgliedern sowie bestimmte Werbemaßnahmen, die unmittelbar auf das Versicherungsverhältnis zu den Mitgliedern abzielten, unter bestimmten Umständen als öffentlich-rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet würden. Bereits in seinem Urteil vom 11. Dezember 2001 – "privater Pflegedienst" – habe der Bundesgerichtshof festgestellt, dass eine Krankenkasse "trotz ihrer Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Bindungen durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegt. Angesichts ihrer Teilnahme durch Nachfrage von Pflegeleistungen und als Anbieter von Versicherungen unterfällt sie dem weiten Unternehmensbegriff dieses Gesetzes, der auch juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließt, soweit sie als Anbieter oder Nachfrager auf dem Markt eine selbständige Tätigkeit bei der Erzeugung oder Verteilung von Waren oder gewerblichen Leistungen ausüben." Entscheidend sei im Übrigen, ob die öffentliche Hand eine Tätigkeit ausübe, die gleichartig auch von privaten Unternehmen ausgeübt werde oder jedenfalls ausgeübt werden könnte. Unabhängig davon lasse sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Unternehmensbegriff von Sozialversicherungsträgern kein Präjudiz gegen den wirtschaftlichen Charakter der Tätigkeit von Krankenkassen ableiten. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 5. März 2009 – "Kattner Stahlbau GmbH" – ausgeführt habe, genüge allerdings der soziale Zweck eines Versicherungssystems als solcher nicht, um eine Einstufung der betreffenden Tätigkeit als wirtschaftliche Tätigkeit auszuschließen. Die vom EuGH in der Rechtssache C-264/01 – "AOK-Bundesverband" - auf der Basis vorangegangener Rechtsprechung zusammengefassten Kriterien, deren Erfüllung einer Qualifizierung von Krankenkassen als Unternehmen entgegenstünden, würden von der Klägerin nach der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das Bundeskartellamt gültigen Rechtslage durchgängig nicht erfüllt: Durch die Einführung des Gesundheitsfonds nach §§ 266 ff. SGB V habe der Gesetzgeber eine eindeutige institutionelle Trennung zwischen der dem Solidaritätsbegriff zu Grunde liegenden Einkommensverteilung durch einkommensabhängige Beiträge einerseits und den dem Versicherungsprinzip folgenden Tätigkeiten der Krankenkassen vorgenommen. Damit erfüllten die Krankenkassen als Körperschaften öffentlichen Rechts zwar noch eine - prinzipiell auch an einem Markt handelbare - Versicherungsfunktion, allerdings keine Umverteilungsaufgabe mehr. Die Aufgabe der Solidarität habe der staatlich verwaltete Gesundheitsfonds übernommen. Ein wesentliches Kriterium des EuGH-Urteils in der Rechtssache C-264/01 - "AOK-Bundesverband" - der Grundsatz der nationalen Solidarität - sei daher auf die Klägerin nicht mehr anwendbar. Insoweit komme es nicht darauf an, ob einem nicht näher bezeichneten GKV-Gesamtsystem Unternehmereigenschaft zukomme, sondern der Klägerin. Das Finanzierungsmodell der Krankenkassen erlaube der Klägerin einen relevanten Handlungsspielraum bei der Beitragsfestlegung, der sich nur graduell vom Spielraum privater Krankenversicherungsunternehmen insbesondere bei der Beitragsfestlegung im Basistarif nach § 12 Abs. 1a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) unterscheide. Die einzelnen Krankenkassen und damit auch die Klägerin finanzierten sich aus zwei Quellen. Der größere Anteil der Finanzierung erfolge durch versichertenbezogene, risikoadjustierte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§§ 266 ff. SGB V). Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erfolgten unabhängig vom Einkommen der Mitglieder der jeweiligen Krankenkassen durch eine Grundpauschale sowie alters-, geschlechts- und risikobezogene Zu- und Abschläge. Dieses Vorgehen statte die Krankenkassen mit der notwendigen Finanzausstattung zur Finanzierung der gemessen an ihrer Risikostruktur im Durchschnitt zu erwartenden Leistungsausgaben aus. Die Zuweisungen erfolgten auf der Basis von Durchschnittswerten über alle Krankenkassen (§ 266 Abs. 2 SGB V) und könnten mithin nicht als Kostenausgleich sondern eben nur als versicherungstechnischer Ausgleich von Versicherungsrisiken gewertet werden. Die Zuweisungen würden vom Bundesversicherungsamt gemäß § 266 Abs. 5 SGB V ermittelt. Auf diesen Teil der Beitragsfestlegung habe die Klägerin mithin nur einen sehr begrenzten Einfluss. Hierin unterscheide sich die gesetzliche Krankenversicherung lediglich graduell von der privaten Krankenversicherung. In der privaten Krankenversicherungswirtschaft müssten die Unternehmen die der Tarifkalkulation zu Grunde liegenden erwarteten Leistungsausgaben durch einen Treuhänder prüfen lassen; die sogenannte Risikoprämie müsse auf der Basis nachvollziehbarer statistischer Daten geschätzt werden. Die privaten Krankenversicherungsunternehmen unterlägen dabei der staatlichen Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), vgl. §§ 81 ff. VAG. Folglich könne der Teil der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds, der zur Deckung der sogenannten standardisierten Leistungsausgaben diene (§ 266 Abs. 2 SGB V), als Analogie zur in der privaten Krankenversicherung auf der Basis extensiver Regulierung zu ermittelnden Risikoprämie betrachtet werden. Die Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds diene dazu, die Krankenkassen so zu stellen, als würden risikogerechte Prämien auf der Basis regulierter Risikoprämien von den Versicherten gezahlt. Auch die Tatsache, dass die Risikoprämien zwischen den unterschiedlichen privaten Krankenversicherungsunternehmen unterschiedlich sein könnten, die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds allerdings für alle Kassen auf der Basis einheitlicher Rechnungsgrundlagen kalkuliert würden, ändere an der grundsätzlichen Vergleichbarkeit nichts. Mit der einheitlich für alle privaten Krankenversicherungsunternehmen zu kalkulierenden Risikoprämie für den sogenannten Basistarif (§ 12 Abs. 4b VAG) bestehe eine entsprechende Regelung auch in der privaten Krankenversicherungswirtschaft, ohne dass dies etwas an der grundsätzlich wirtschaftlichen Tätigkeit privater Krankenversicherungsunternehmen beim Angebot auch des Basistarifs ändern würde. Daraus folge, dass die Finanzierung der Klägerin durch Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds und Zahlungen nach § 242 SGB V kein Merkmal eines Solidarsystems sei und daher der grundsätzlich wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin nicht entgegen stehe. Gleichzeitig zeige ein Vergleich mit der privaten Krankenversicherungswirtschaft, insbesondere mit dem Basistarif nach § 12 Abs. 1a VAG, dass eine vergleichbare Regulierung kein Hinderungsgrund für ein privatwirtschaftliches Angebot am Markt sei. Die mit Blick auf die frühere Gesetzeslage ergangene Rechtsprechung des EuGH, wonach der Gesetzgeber die Wettbewerbselemente lediglich zu dem Zweck eingeführt habe, die Kassen zu einer höheren Wirtschaftlichkeit zu zwingen, könne daher nur vor dem Hintergrund einer auch von den einzelnen Kassen durchgeführten Umverteilungsaufgabe im Rahmen kassenspezifischer einkommensabhängiger Beiträge gesehen werden. Da diese durch die neue Gesetzeslage auf den Gesundheitsfonds übertragen worden sei, sei auch hier eine Neubewertung erforderlich. Auch die fehlende Differenzierung von Beiträgen nach dem individuellen Risiko der Versicherten sei nicht zwingend ein Merkmal eines Solidarsystems. Die gesetzlichen Krankenkassen verfügten über einen den privatwirtschaftlichen Krankenversicherungsunternehmen zumindest vergleichbaren Spielraum bei der Beitragsfestsetzung. Neben den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds habe der Gesetzgeber den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt, einen Zusatzbeitrag zu erheben bzw. erwirtschaftete Überschüsse an die Mitglieder auszuzahlen (§ 242 SGB V). Zwar bestehe hinsichtlich Zeitpunkt und Höhe der Einführung von Zusatzbeiträgen gemäß § 242 Abs. 1 SGB V nur ein begrenzter Spielraum im Rahmen der Selbstverwaltung, da die Krankenkassen dann einen Zusatzbeitrag zu erheben hätten, wenn ihr Finanzbedarf nicht mehr durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds gedeckt werden könne. Schon der Finanzbedarf der Krankenkassen sei aber abhängig von den im Rahmen der Selbstverwaltungsspielräume getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen. Vor allem aber die entgegengesetzte Regelung einer Auszahlung im Falle von Überschüssen nach § 242 Abs. 2 SGB V sei fakultativ und könne dementsprechend im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen als Wettbewerbsinstrument eingesetzt werden. Die durch die ersten Krankenkassen bereits erfolgenden Auszahlungen nach § 242 Abs. 2 SGB V zeigten, dass sich Krankenkassen auch entsprechend wettbewerblich verhielten, und ihre Handlungsspielräume nutzten, um Wettbewerbsvorteile im Preiswettbewerb zu erlangen. Die Regelung des § 242 SGB V stehe daher auch in Auslegung des Urteils in der Rechtssache C-264/01 u.a. - "AOK-Bundesverband" - einer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht entgegen. Die Krankenkassen verfügten über einen hinreichenden Spielraum zur Beitragsfestlegung. So diene der Zusatzbeitrag sowohl nach dem Wortlaut des § 242 SGB V als auch nach der Gesetzesbegründung nicht dazu, eine finanzielle Notlage abzuwenden, sondern dazu, den Finanzbedarf ergänzend zu den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu decken, soweit dies nicht durch ein wirtschaftlicheres Management oder spezielle Tarife erfolge. Im Übrigen sehe § 12 Abs. 3 VAG auch für die private Versicherungswirtschaft vor, dass Prämien so zu kalkulieren seien, dass die dauernde Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Verpflichtungen jederzeit gewährleistet sei. Insoweit stelle die Verpflichtung zur Bildung der Rücklage ein Äquivalent zur privaten Krankenversicherung dar, das der Qualifizierung der Tätigkeit der Krankenkassen als wirtschaftliche Tätigkeit nicht entgegen stehe. Auch die für die Erhebung von Zusatzbeiträgen notwendige Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde steht der grundsätzlichen Handlungsfreiheit hinsichtlich der die Notwendigkeit und die Höhe von Zusatzbeiträgen determinierenden Faktoren nicht entgegen und finde ihre Entsprechung im Versicherungsaufsichtsrecht (§ 12b VAG). Die Erhebung von Zusatzbeiträgen könne als Wettbewerbsinstrument nicht losgelöst von den Entscheidungen des Krankenkassenmanagements über Verwaltungsstrukturen, über die im sozialrechtlichen Rahmen möglichen Leistungsgestaltungen sowie über auf die Risikostruktur ausgerichtete Marketingmaßnahmen bewertet werden. Preise seien immer ein Spiegel sowohl des Wettbewerbsumfeldes als auch der Kostenstrukturen in den Unternehmen - mithin also der Wirtschaftlichkeit, mit der die Unternehmen die von ihnen angebotenen Waren oder Leistungen produzierten. Die Ursache für die rechtlich vorgegebene Notwendigkeit, Zusatzbeiträge zu erheben, liege in den die finanzielle Lage der Kassen beeinflussenden Faktoren, die ihrerseits maßgeblich durch das Management der Krankenkassen beeinflusst werden könnten. Neben den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds werde die finanzielle Lage der Krankenkassen maßgeblich durch die Leistungen der jeweiligen Krankenkasse, durch den Vertriebsweg, die Größe des Filialnetzes und durch die Effizienz der Verwaltung bestimmt. Die Kosten der Krankenkassen unterschieden sich unter anderem dadurch, ob ein umfangreiches Filialnetz unterhalten werde, oder ob die Kundenbetreuung im Wesentlichen über das Internet oder über Call-Center erfolge. Die Entscheidung hierüber sei den Krankenkassen im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsrechte überlassen. Schließlich habe der Gesetzgeber in der Begründung zum GKV-WSG ausdrücklich die Zusatzbeiträge als Wettbewerbsinstrument vorgesehen, durch das Krankenkassen, die weniger wirtschaftlich arbeiteten, also neben den oben vorgetragenen Aspekten auch weniger effiziente Verwaltungsstrukturen haben, diese Unwirtschaftlichkeit durch einen separaten Beitrag ausgleichen müssten. Besonders wirtschaftlich arbeitende Kassen könnten dagegen Ausschüttungen vornehmen. Damit habe der Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt, dass die Frage, ob ein Zusatzbeitrag erhoben werden müsse, keiner jenseits der Einflussmöglichkeiten der Krankenkassen liegenden Gesetzmäßigkeit folge; vielmehr gehe der Gesetzgeber ausdrücklich davon aus, dass den Krankenkassen Gestaltungsspielräume gegeben seien, die Notwendigkeit und die Höhe von Zusatzbeiträgen durch ihr Management wesentlich zu beeinflussen. Die Krankenkassen seien zudem zunehmend in der Lage, ihr Leistungsangebot hinsichtlich Qualität, Preis und Umfang steuern können. Hierzu gehörten vor allem Selektivverträge nach § 73c SGB V, Behandlungsprogramme nach § 137f SGB V und die Integrierte Versorgung nach § 140a SGB V. Gerade in diesen Bereichen können durch gezieltes Versorgungsmanagement die Kosten der Leistungserbringung und deren Qualität gesteuert werden. Aber auch in Verträgen zur Hilfsmittelversorgung nach § 127 SGB V bestehe für die Krankenkassen die Möglichkeit eines Kosten- und Leistungsmanagements, gleiches gelte für Verträge zur Heilmittelversorgung nach § 125 Abs. 2 SGB V und vor allem für Arzneimittelrabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V. Die Leistungsausgaben der Krankenkassen unterlägen daher in zunehmendem Maße den individuellen Entscheidungen der Krankenkassen und seien mit entscheidend für die Notwendigkeit der Erhebung von Zusatzbeiträgen. Insoweit hätten die Krankenkassen auf der Leistungsseite in den vergangenen Jahren wesentliche Handlungsspielräume hinzugewonnen, die in einer umfassenden Würdigung der Unternehmenseigenschaft zu Grunde gelegt werden müssten. Der Basistarif nach § 12 Absatz 1a VAG als Tarif mit bei allen privaten Krankenversicherungsunternehmen identischem Leistungsversprechen zeige im Übrigen, dass ein einheitliches Leistungsversprechen der Qualifikation einer Tätigkeit als wirtschaftlich nicht zwingend entgegen stehe. Weitere Wettbewerbselemente fänden sich bei der Beitrags- und Leistungsdifferenzierung durch Wahltarife im Sinne des § 53 SGB V, beim Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten nach § 65a SGB V und bei der Vermittlung privater Zusatzkrankenversicherungen. Die Klägerin stelle diese Elemente auch bei ihrer Werbung heraus. Die vom Gesetzgeber vorgesehenen maximalen Prämienzahlungen im Rahmen von Zusatzverträgen nach § 53 SGB V einschließlich der Prämienzahlungen nach § 242 SGB V seien auf 30 % der vom Mitglied im Kalenderjahr getragenen Beiträge oder 900,- Euro begrenzt. Damit entsprächen die heute maximal möglichen Beitragsunterschiede in etwa den vor Änderung der Rechtslage möglichen Beitragsunterschieden. Dabei sei aber noch nicht berücksichtigt, dass zusätzlich zu den Prämienzahlungen an Versicherte auch Zusatzbeiträge nach § 242 SGB V von Versicherten erhoben werden könnten, wodurch sich die maximal mögliche Preisdifferenz zwischen zwei unterschiedlichen Krankenkassen für ein Mitglied mit einem Einkommen an der Beitragsbemessungsgrenze auf gegenwärtig etwa 1.341,- Euro p.a. belaufe. Die Ausgangsbelastung dieser Mitglieder mit dem an den Gesundheitsfonds abzuführenden Umverteilungsbeitrag betrage gegenwärtig maximal rund 3.484,- Euro p.a ... Damit mache also der die Nachfrageentscheidung determinierende Preisunterschied zwischen den Krankenkassen bis zu einem Drittel der jährlichen Gesamtbelastung der Mitglieder aus. Bezogen auf das beitragspflichtige Einkommen mache die maximal mögliche Differenz etwa 3 % aus. Bei derartigen Preisdifferenzen und bei einer derartig hohen Spürbarkeit der Preisdifferenzen im Hinblick auf das verfügbare Einkommen sei von einem wesentlichen Einfluss der Kassen auf die Beitragshöhe auszugehen. Aus einer Versicherungspflicht lasse sich nicht ableiten, dass der Träger der Versicherung einen sozialen Zweck verfolge; eine solche gebe es auch im Bereich der privaten Krankenversicherung. Die offenkundig unterschiedlichen Einschätzungen bezüglich der Tragweite der jüngsten Reformen für die Bewertung der Unternehmenseigenschaft von Krankenkassen legten daher eine Vorlage dieser Frage an den EuGH bereits in diesem Verfahrensstadium nahe. Eine eindeutige Klärung sei durch die Urteile "Poucet und Pistre", "AOK Bundesverband", "FENIN" und "Kattner Stahlbau GmbH" noch nicht erreicht.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die zum Verfahren beigezogen worden sind und Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 15. September 2011 gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Klage ist zulässig.

Hinsichtlich der Eröffnung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten wird auf den Beschluss des Senates vom 1. Juni 2011 sowie den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 28. September 2010 – B 1 SF 1/10 R – verwiesen. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts folgt aus § 29 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dabei ist der Begriff der Aufsichtsangelegenheit weit auszulegen. Erfasst wird nicht nur die Aufsichtsklage gegen Maßnahmen, die ausdrücklich auf §§ 87 ff. SGB IV gestützt werden, sondern jede Maßnahme eines Hoheitsträgers gegenüber den in der Vorschrift genannten Körperschaften und Verbänden, die als Beeinträchtigung der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung verstanden werden kann. Die staatliche Aufsicht über die Sozialversicherungsträger stellt nämlich das Gegenstück zu deren Recht zur Selbstverwaltung dar (Engelhard in: jurisPK SGB IV, § 87 Rdnr. 13; vgl. bereits BSG Urteil vom 28. April 1967 - 3 RK 26/63 - BSGE 26, 237, 239). Auch außerhalb der Rechtsaufsicht im engeren Sinne ist eine Konzentration bei dem Landessozialgericht gerechtfertigt, da jede Einwirkung eines Hoheitsträgers auf einen Sozialversicherungsträger außerhalb der Rechtsaufsicht im technischen Sinne gerade einen "Einbruch" in das System der Rechtsaufsicht nach dem SGB IV darstellt (vgl. Beschluss des Senats vom 1. Juni 2010 im hiesigen Verfahren).

Die mit dem Hauptantrag verfolgte Anfechtungsklage ist statthaft.
Bei dem angegriffenen Auskunftsbeschluss handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der sich noch nicht erledigt hat. Unerheblich ist, dass die Beklagte eine Verfügung nach § 61 GWB erlassen wollte, da die kartellbehördliche Verfügung (vgl. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB 4. Aufl., § 61 Rdnr. 2) regelmäßig – wie auch hier – die Merkmale des Verwaltungsaktsbegriffs erfüllt. Zwar kann sich im Einzelfall ein Auskunftsbeschluss mit den entsprechenden prozessualen Folgen dadurch erledigen, dass der Verpflichtete die aufgegebene Auskunft erteilt hat (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 25. März 1981 - Kart 8/81). Insoweit gilt im sozialgerichtlichen Verfahren nichts anderes als im Kartellrechtsschutz nach §§ 63 ff. GWB als ebenfalls besondere Form des Verwaltungsrechtsschutzes. Da aber die Beklagte nach eigenen Angaben noch nicht abschließend geprüft hat, ob auf der Rechtsgrundlage des Auskunftsbeschlusses noch weitere Handlungen von der Klägerin verlangt werden können und ob die erteilten Auskünfte vollständig sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Auskunftsbeschluss gegenwärtig keine weiteren Rechtswirkungen mehr entfaltet. Der Vollzug oder die Erfüllung des im Verwaltungsakt geregelten Handlungsgebotes führt nicht allein zu dessen Erledigung; eine prozessrechtlich bedeutsame Erledigung der Hauptsache im Verfahren über die Anfechtung eines Verwaltungsakts tritt erst dann ein, wenn die angefochtene Verfügung keine rechtlichen Wirkungen mehr entfalten kann und deshalb gegenstandslos ist (BVerwG, Beschluss vom 17. November 1998 – 4 B 100/98; BGH, Beschluss vom 31. Mai 2006 – KVR 1/05, WuW/E DE-R 1783, 1785 Tz. 13 – "Call-Option" m.w.N.). Zudem ist es möglich, dass in dem vom Bundeskartellamt geplanten, durch eine Stufung geprägten Vorgehen der Auskunftsbeschluss Rechtsgrundlage für die Verwertung der erhobenen Daten im Rahmen späterer Verfahrensschritte bleiben soll (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 – KVR 17/06 – juris Rdnr. 18 f.).

B.

Die Klage ist auch begründet.

Der Auskunftsbeschluss ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem Selbstverwaltungsrecht.

Die einfachgesetzlich gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie der Sozialversicherungsträger (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. April 1975 – 2 BvR 879/73 –E 39, 302; Beschluss vom 9. Juni 2004 - 2 BvR 1248/03, 2 BvR 1249/03 - juris) umfasst u.a. nach § 29 Abs. 3 SGB IV die Garantie, die Aufgaben des Trägers im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts in eigener Verantwortung zu erfüllen (so genannte juristische Selbstverwaltung). Gewährleistet ist damit Weisungsfreiheit und eine Beschränkung aufsichtsbehördlicher Befugnisse auf Rechtsaufsicht. In Verbindung mit der Verleihung der Rechtsfähigkeit folgt aus der Verleihung des Rechts zur Selbstverwaltung, dass die Versicherungsträger ein subjektives Recht gegenüber der Staatsverwaltung auf Wahrung ihrer gesetzlich eingeräumten Kompetenzen haben; gegenüber der Einflussnahme durch die unmittelbare Staatsverwaltung geschützt wird neben dem Kernbereich der Aufgabenerfüllung auch die Organisation des internen Geschäftsablaufes (BSG, Urteil vom 17. Juli 1985 - 1 RS 6/83 - BSGE 58, 247).

Der Auskunftsbeschluss der Beklagten legt der Klägerin ein Informationshandeln auf, welches ihre Aufgabenerfüllung als Sozialversicherungsträger betrifft, nämlich die eigenverantwortliche Beitragserhebung nach § 3 SGB V, die Vorbereitung einer Satzungsregelung zur Erhebung eines Zusatzbeitrages nach § 242 SGB V und die Zusammenarbeit der Krankenkassen in diesem Kernbereich der Aufgabenerfüllung nach § 86 SGB X. § 29 Abs. 3 SGB IV gewährleistet insoweit zugunsten des Sozialversicherungsträgers, unbehelligt von Auskunftspflichten die Festlegung des Beitragssatzes vorzubereiten und zu beschließen sowie hierfür in gebotenem Umfange mit anderen Krankenkassen zusammenzuarbeiten.

Für den hierin eingreifenden Auskunftsbeschluss fehlt die Rechtsgrundlage.

I.

Die seitens der Beklagten tätig gewordene Behörde ist bereits nicht zuständig. Die Zuständigkeit der Rechtsaufsicht ist für den hier betroffenen Bereich abschließend in §§ 87 ff. SGB IV geregelt und wird für die Klägerin durch das Bundesversicherungsamt ausgeübt.

Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unterliegen die Versicherungsträger staatlicher Aufsicht. Sie erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht, das für die Versicherungsträger maßgebend ist (§ 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesunmittelbare Versicherungsträger), führt nach § 90 Abs. 1 SGB IV das Bundesversicherungsamt. Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IV und § 90 SGB IV ist dem Bundesversicherungsamt für bundesunmittelbare Versicherungsträger wie die Klägerin eine umfassende und ausschließliche Rechtsaufsicht zugewiesen; die Eröffnung der Kartellaufsicht durch das Bundeskartellamt bedürfte daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (Engelmann in: jurisPK-SGB V, § 69 Rdnr. 130; Möschel JZ 2007, 601, 604; differenzierend Roth, GRUR 2007, 645, 655 f. zur Fusionskontrolle), zumal der Gesetzgeber mit § 69 Abs. 2 SGB V die Notwendigkeit gesehen hat, die Anwendbarkeit des GWB im Bereich des Handelns der Krankenkassen gegenüber den Leistungserbringern ausdrücklich und differenziert zu regeln. Eine entsprechende Regelung für das Handeln im Verhältnis der Krankenkassen untereinander und im Verhältnis zum Versicherten fehlt. Die Anerkennung eines nicht näher geklärten Nebeneinanders von Zuständigkeiten der Rechtsaufsicht und der Missbrauchsaufsicht würde aber dem staatsorganisationsrechtlichen Ziel der Art. 83 ff. GG zuwiderlaufen, durch eine klare und auf Vollständigkeit angelegte Zuordnung von Kompetenzen die Verantwortlichkeit der handelnden Organe zu gewährleisten (Becker/Kingreen, NZS 2010, 417, 423, unter Bezugnahme auf BVerfGE 119, 331, 365). Dem entspricht der verwaltungsrechtliche Grundsatz, dass es neben der Rechts- und ggf. der Fachaufsicht zwar kein absolutes Verbot des Eingriffs eines Hoheitsträgers in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers gibt. Ein solcher Eingriff bedarf jedoch einer hinreichend klaren Ermächtigung aus der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung bzw. eines fehlenden sachlichen Grundes, eine vorhandene Ermächtigung zur Durchbrechung der Zuständigkeit einschränkend in Bezug auf Hoheitsträger auszulegen (im Einzelnen str., vgl. Glöckner, NVwZ 2003, 1207, 1208 m.w.N. zur sog. formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2002 - 7 C 24/01 – juris Rdnr. 11 ff.). Auch aus der gesetzgeberischen Reaktion im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum GKV-WSG auf die durch das Bundeskartellamt praktizierte Fusionskontrolle bei den Krankenkassen kann nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Da die Zulässigkeit der Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt seit jeher umstritten war und ist (ablehnend z.B. BR-Drs. 755/06 (Beschluss), 63; Gaßner/Eggert, NZS 2011, 249, 252; Krasney, NZS 2007, 574, 580; Mühlhausen in: Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 171a Rdnr. 8), wäre eine gesetzgeberische Klarstellung geboten gewesen. Diese ist unterblieben. Es kann daher trotz Kenntnisnahme der Praxis des Bundeskartellamtes durch die Bundesregierung (BT-Drs. 16/3100, 156) nicht davon ausgegangen werden, dass dem Bundeskartellamt durch gesetzgeberisches Schweigen Kompetenzen eingeräumt werden sollten, zumal sich der Bundesrat ausdrücklich gegen eine Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt ausgesprochen hat (BR-Drs. 755/06 (Beschluss), 63). Tragende Erwägungen für die Ablehnung waren das Bestehen einer gesetzlich geregelten Aufsicht über die Krankenkassen und der abschließende Charakter des § 69 SGB V für die Anwendung des GWB. Zuletzt im Gesetzgebungsverfahren zum AMNOG wies der Bundesrat auf den "Vorrang des sozialversicherungsrechtlichen Ordnungsrahmens gegenüber dem Wettbewerbsrecht für das Handeln der Kassen und ihrer Verbände" hin. "Die parallele Rechtsaufsicht nach dem Sozialrecht und die Missbrauchsaufsicht nach dem Kartellrecht führen zu Wertungswidersprüchen und neuer Bürokratie" (BR-Drs. 484/1/10, 16). Dass die Sorge vor Widersprüchen nicht unbegründet ist, zeigt die öffentliche Äußerung einer abweichenden Rechtsauffassung zum streitgegenständlichen Beschluss durch das Bundesversicherungsamt (Pressemitteilung vom 8. März 2010). Für einen Vorrang im Sinne einer Spezialität der Rechtsaufsicht spricht schließlich auch die unter bundesstaatlichen Gesichtspunkten im Vergleich zu § 48 Abs. 2 GWB präziser ausdifferenzierte Kompetenzverteilung zwischen Bundes- und Landesaufsicht in § 90 SGB IV (zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine umfassende Kompetenz des Bundeskartellamtes vgl. Becker/Kingreen, NZS 2010, 417, 422).

II.

Selbst wenn nicht von einer Ausschließlichkeit der Rechtsaufsicht durch das Bundesversicherungsamt auszugehen wäre, so könnte für das Bundeskartellamt in der vorliegenden Konstellation keine Zuständigkeit aus §§ 48 Abs. 2, 59 GWB hergeleitet werden, da das GWB nicht auf die hier einschlägigen Beziehungen der Krankenkassen untereinander im Wettbewerb um beitragszahlende Mitglieder anzuwenden ist. Insoweit handeln die Krankenkassen nicht als Unternehmen im Sinn der §§ 1, 130 Abs. 1 GWB.

Nach § 1 GWB sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten. Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 GWB findet das Gesetz auch Anwendung auf Unternehmen, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden. Es gilt sowohl im GWB als auch im europäischen Kartellrecht ein funktionaler Unternehmensbegriff, nachdem jedwede Teilnahme am geschäftlichen Verkehr als wirtschaftliche Tätigkeit hinreichend ist und mit dem die Tätigkeit einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen ihres gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich des GWB ausgeklammert ist (st. Rspr. zu § 1 GWB seit BGH, Beschluss vom 22. März 1976 - GSZ 2/75 – "Auto-Analyzer"; siehe zu Art. 81 EG auch EuGH, Urteil vom 11. Juli 2006 – Rs. C-205/03 P – "FENIN", Slg. 2006, I-6295 Rdnr. 25; zusammenfassend Klees, EWS 2010, 1 ff.). Nach dem funktionalen Unternehmensbegriff unterfällt die Tätigkeit des Staates jedenfalls dann dem GWB, wenn er sich auf dem Markt als Anbieter wirtschaftlicher Leistungen betätigt (vgl. jüngst OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - VI-2 Kart 1/10 (V), 2 Kart 1/10 (V) m.w.N.). Abzustellen ist dabei auf die konkrete Tätigkeit und die konkreten Wettbewerbsbeziehungen auf Angebots- oder Nachfragerseite, die der kartellrechtlichen Würdigung unterliegen sollen (sog. relativer Unternehmensbegriff; Klees, EWS 2010, 1, 2; vgl. auch Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 130 Rdnr. 55-57). Unter Berücksichtigung der Grundsätze von Funktionalität (des kartellrechtlichen Regelungszusammenhangs) und Relativität (der streng tätigkeitsbezogenen Perspektive) hat auch die Abgrenzung zu erfolgen, ob es sich um wirtschaftliche Tätigkeit des Staates oder vielmehr um genuin hoheitliche Tätigkeit handelt. Letztere ist sowohl nach der hergebrachten deutschen Begriffsbildung als auch nach der an Art. 101 AEUV orientierten Auslegung aus dem Anwendungsbereich des Kartellrechts ausgenommen (zusf. Zimmer in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 1 Rdnr. 30).

Hiernach ist der Prüfungsumfang dahingehend zu konkretisieren, dass die Unternehmenseigenschaft unter Beschränkung auf den Wettbewerb der Krankenkassen untereinander um die beitragszahlenden Mitglieder zu ermitteln ist; insoweit zutreffend hat die Beklagte im Rahmen ihrer Klageerwiderung auf den "Preiswettbewerb" als dem maßgeblichen Sachverhalt und dem maßgeblichen Marktsegment abgestellt. Dieses Tätigkeitsfeld bezieht sich auf die Angebotsseite im Sinne der Gestaltung der Parameter, die auf Seiten der Versicherten die Attraktivität der Mitgliedschaft in der Krankenkasse bedingen.

Auf der Grundlage der am europäischen Kartellrecht auszurichtenden Begriffsbildung handelt es sich beim Handeln auf Angebotsseite im Beitragswettbewerb der Krankenkassen untereinander um keine wirtschaftliche Tätigkeit (dazu II.1.). Auf der Grundlage einer von der Beklagten geforderten autonom-nationalen Auslegung des Unternehmensbegriffs gilt im Ergebnis nichts anderes (dazu II.2.). Offen bleiben kann daher, ob eine autonom-nationale Begriffsbildung im vorliegenden Fall bereits nach Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 ausgeschlossen ist.

1. Mit der 7. GWB-Novelle wurde das deutsche Kartellrecht den Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechtes für das Recht vereinbarter Wettbewerbsbeschränkungen angeglichen. Art. 101 AEUV ist mit §§ 1 und 2 GWB hinsichtlich der Beschränkungs- und Ausnahmetatbestände im Wesentlichen wortgleich. Nach § 2 Abs. 2 GWB gelten die Gruppenfreistellungsverordnungen des Unionsrechts entsprechend. Jedenfalls außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs von Art. 101 AEUV und der Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 ist die Angleichung eine autonome Entscheidung des deutschen Gesetzgebers (auch zum Folgenden: Immenga/Mestmäcker in: dies., GWB, 4. Aufl. Einl. Rn. 81 m.w.N). Mit der weitergehenden, vom zwischenstaatlichen Bezug unabhängigen Übernahme von Art. 81 EG bzw. nunmehr Art. 101 AEUV wollte der deutsche Gesetzgeber die Trennung von zwingend harmonisierten und autonomen angeglichenen Recht für die Rechtsanwendung verhindern. Es handelt sich mithin jenseits von Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 – nicht um eine aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts folgende zwingende Rechtsgleichheit, sondern vielmehr um einen prägenden Auslegungsgesichtspunkt von hohem Gewicht, bei § 1 GWB eine mit Art. 101 AEUV deckungsgleiche Auslegung zu erzielen. Eine abweichende Auslegung ist daher nicht ausgeschlossen, aber sie widerspricht der Intention des Gesetzgebers. Die vom Europäischen Gerichtshof herausgearbeiteten Merkmale des Unternehmensbegriffs sind daher bei der Anwendung des § 1 GWB zu berücksichtigen, was im Übrigen auch der Praxis des Bundesgerichtshofes entspricht (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2008 - KVR 26/07 - juris Rdnr. 21). Diesem gesetzgeberischen Ziel der 7. GWB-Novelle folgt auch die Auslegung des Senates.

Die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist hiernach sowohl am Maßstab von Art. 101 AEUV als auch von § 1 GWB zu verneinen, wenn der Träger eine Aufgabe mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllt, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (EuGH, Urteil vom 16. März 2004, Rs. C-264/01, C-306/01, C-354/01, C-355/01 – AOK-Bundesverband – Slg. 2004, I-2493; BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 A 1/09 R – juris Rdnr. 23 ff.). Der Europäische Gerichtshof unterscheidet auch bei Trägern der Systeme der sozialen Sicherheit bei der Anwendung des Unternehmensbegriffs implizit das Angebotshandeln (im Verhältnis zu den Versicherten) und das Nachfragehandeln (im Verhältnis zu den Leistungserbringern). Allerdings geschieht dies nicht ausdrücklich unter Anknüpfung an den Dualismus von Angebot und Nachfrage; unterschieden wird vielmehr ein Hauptzweck und eine Haupttätigkeit und ein Ausnahmefall einer hiervon abweichenden wirtschaftlichen Tätigkeit im konkreten Einzelfall (Koenig/Engelmann, EuZW 2004, 682, 684). Nachfragehandeln wird dann nicht als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen, wenn es akzessorisch der sozialen Aufgabe folgt. Konsequent hat der Bundesgesetzgeber bei den letzten Novellierungen des § 69 SGB V mangels Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen im Nachfragebereich lediglich die "entsprechende" Anwendung von Vorschriften des GWB angeordnet. Für die Abgrenzung von wirtschaftlicher Tätigkeit und nicht-unternehmerischer Aufgabenwahrnehmung mit sozialem Charakter ist von folgenden Grundsätzen auszugehen (EuGH, Urteil vom 16. März 2004, Rs. C-264/01, C 306/01, C-354/01, C-355/01 - AOK -Bundesverband - Slg.2004, I-2493 - Rdnr. 52 bis 56): "Besonders hervorzuheben ist, dass die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind. Die Krankenkassen haben somit keine Möglichkeit, auf diese Leistungen Einfluss zu nehmen. Der Bundesgerichtshof weist hierzu in seinen Vorlagebeschlüssen darauf hin, dass die Krankenkassen zu einer Art Solidargemeinschaft zusammengeschlossen seien, die es ihnen ermöglichen, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen. So erfolge nach den §§ 265 ff. SGB V ein Ausgleich zwischen den Krankenkassen mit den niedrigsten Gesundheitsausgaben und den Krankenkassen, die kostenträchtige Risiken versicherten und deren Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Risiken am höchsten seien. Die Krankenkassen konkurrieren somit weder miteinander noch mit den privaten Einrichtungen hinsichtlich der Erbringung der im Bereich der Behandlung oder der Arzneimittel gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen, die ihre Hauptaufgabe darstellt. ( ) Der Spielraum, über den die Krankenkassen verfügen, um ihre Beitragssätze festzulegen und einander einen gewissen Wettbewerb um Mitglieder zu liefern, zwingt nicht zu einer anderen Betrachtung. Wie sich nämlich aus den vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen ergibt, hat der Gesetzgeber bei den Beiträgen ein Wettbewerbselement eingeführt, um die Krankenkassen zu veranlassen, im Interesse des ordnungsgemäßen Funktionierens des deutschen Systems der sozialen Sicherheit ihre Tätigkeit nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit auszuüben, d. h. so effizient und kostengünstig wie möglich. Die Verfolgung dieses Zieles ändert nichts an der Natur der Tätigkeit der Krankenkassen." Der Ausnahmefall einer zur sozialen Aufgabenwahrnehmung nicht akzessorischen wirtschaftlichen Tätigkeit wird wie folgt beschrieben (EuGH a.a.O. Rdnr. 58): "Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass die Krankenkassen und die sie vertretenden Einheiten, d. h. die Kassenverbände, außerhalb ihrer Aufgaben rein sozialer Art im Rahmen der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit Geschäftstätigkeiten ausüben, die keinen sozialen, sondern einen wirtschaftlichen Zweck haben. In diesem Fall wären die von ihnen zu treffenden Entscheidungen möglicherweise als Beschlüsse von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen anzusehen."

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die vorgenannten Rechtssätze auch auf den Wettbewerb der Krankenkassen um die beitragszahlenden Mitglieder auf Angebotsseite anzuwenden sind. Zum einen ging es in den dem Gerichtshof vorgelegten Ausgangsverfahren um Festbetragsregelungen, deren Reflexwirkungen auf die Leistungserbringer von diesen angegriffen worden sind; unmittelbare Rechtswirkungen entfalten Festbetragsregelungen aber als Leistungsbeschränkungen im Verhältnis zu den Versicherten, sie sind daher (auch) der Angebotssphäre zuzurechnen. Zum anderen hat der Gerichtshof die Anwendung der vorgenannten Rechtssätze in einer Entscheidung um das Unfallversicherungsmonopol bestätigt, in der es aus Sicht eines Versicherten allein um den Angebotswettbewerb zwischen gesetzlicher und privater Unfallversicherung ging (Rs. C-350/07 – "Kattner Stahlbau GmbH" – Slg. 2009, I-1513- Rdnr. 35, 48, 59): "Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Berufsgenossenschaften wie die MMB als öffentlich-rechtliche Körperschaften an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mitwirken und insoweit eine soziale Aufgabe wahrnehmen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2004, AOK Bundesverband u. a., C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01, Slg. 2004, I-2493, Rdnr. 51). ( ) Überdies sind die Berufsgenossenschaften nach § 176 SGB VII untereinander zum Ausgleich verpflichtet, wenn die Ausgaben einer von ihnen die durchschnittlichen Ausgaben aller Berufsgenossenschaften erheblich übersteigen. Daraus folgt, dass der Grundsatz der Solidarität auf diese Weise auch auf nationaler Ebene zwischen allen Gewerbezweigen umgesetzt wird, da die verschiedenen Berufsgenossenschaften ihrerseits in einer Gefahrengemeinschaft zusammengeschlossen sind, die es ihnen ermöglicht, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen (vgl. entsprechend Urteile vom 17. Februar 1993, Poucet und Pistre, C-159/91 und C-160/91, Slg. 1993, I-637, Rdnr. 12, und AOK Bundesverband, Rdnr. 53). ( ) Das Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen den entrichteten Beiträgen und den gewährten Leistungen bewirkt somit eine Solidarität zwischen den am besten bezahlten Arbeitnehmern und denjenigen, die in Anbetracht ihrer niedrigen Einkünfte keine angemessene soziale Absicherung hätten, wenn ein solcher Zusammenhang bestünde (vgl. Urteil Cisal, Randnr. 42)."

Gemessen an diesem Maßstab ist das Handeln im Wettbewerb der Krankenkassen untereinander um beitragszahlende Mitglieder auch unter Berücksichtigung der Novellierungen des SGB V seit 2004 keine wirtschaftliche Tätigkeit.

Krankenkassen sind nach wie vor gesetzlich verpflichtet, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind. Sie haben außerhalb der geringfügigen Bandbreite der Wahltarife keine Möglichkeit, auf diese Leistungen Einfluss zu nehmen. Sie sind auch nach der Gesundheitsreform 2007 zu einer kassenübergreifenden Solidargemeinschaft zusammengeschlossen, die es ihnen ermöglicht, untereinander einen Kosten- und Risikoausgleich vorzunehmen. So erfolgt nach den §§ 265 ff. SGB V ein Ausgleich zwischen den Krankenkassen mit den niedrigsten Gesundheitsausgaben und den Krankenkassen, die kostenträchtige Risiken versichern und deren Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Risiken am höchsten sind (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 A 1/09 R – juris Rdnr. 23 ff.). Aus der von der Beklagten vorgenommenen Differenzierung eines Solidarausgleichs im Gesundheitsfonds außerhalb der Krankenkasse einerseits und dem Wettbewerbshandeln der Krankenkassen gleichsam "vor" dem Gesundheitsfonds andererseits kann für die Frage eines am Grundsatz der Solidarität ausgerichteten Handelns nach Auffassung des Senats nichts abgeleitet werden. Bei der Einführung des Gesundheitsfonds handelt es sich um eine Schwächung des Selbstverwaltungsgedankens, nicht aber um eine Verantwortungsverlagerung, die den Solidarcharakter des Krankenkassenhandelns beseitigen könnte. Der Spielraum, über den die Krankenkassen verfügen, um ihre Wahltarife festzulegen und untereinander einen gewissen Wettbewerb um Mitglieder auszulösen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. So ist die Einführung der Wahltarife nach § 53 SGB V im Zusammenhang mit der Abschaffung unterschiedlicher Beitragssätze in der GKV durch das GKV-WSG zu sehen, die ab 2009 zu einem bundeseinheitlichen Beitragssatz für alle Krankenkassen geführt hat und kassenindividuell nur noch die Erhebung eines Zusatzbeitrags in Höhe von maximal 1 v.H. der Bemessungsgrundlage zulässt (vgl. § 242 SGB V in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung). Dem damit einhergehenden Abbau von Gestaltungsräumen der Krankenkassen hat der Gesetzgeber zur Effizienzsteigerung neue Versorgungsformen und Wahltarife flankierend an die Seite gestellt, um auch weiterhin im Rahmen eines eingeschränkten Wettbewerbs das Funktionieren des Gesamtsystems so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten (BSG, Urteil vom 22. Juni 2010 – B 1 A 1/09 R – juris Rdnr. 25). Zudem hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. März 2004 – wie oben ausgeführt – ausdrücklich auf den "Beitragswettbewerb" zwischen den Krankenkassen Bezug genommen. Die maßgeblich auf die neuen Gestaltungsspielräume aber auch auf die Mobilisierung von Wirtschaftlichkeitsreserven im Rahmen der Verwaltungskostensenkung abstellende Argumentation der Beklagten übersieht, dass nach dem vom Europäischen Gerichtshof angelegten Maßstab zwingend ein im öffentlichen Interesse stehendes gesetzliches Anreiz- oder Steuerungssystem, das darauf abzielt, eine Aufgabe so effizient und kostengünstig wie möglich zu erfüllen, von der Zulassung einer Tätigkeit mit wirtschaftlicher Zwecksetzung abzugrenzen ist (so EuGH, Urteil vom 16. März 2004, Rs. C-264/01, C-306/01, C-354/01, C-355/01 – AOK-Bundesverband – Slg. 2004, I-2493 – Rdnr. 56 einerseits und Rdnr. 58 andererseits). Der Gerichtshof erkennt damit an, dass der Gesetzgeber den Trägern sozialer Sicherheit ökonomische Instrumente in die Hand geben kann, um im Rahmen eines "best practice" zu einer bestmöglichen Allokation öffentlicher Mittel zu gelangen, ohne dass dies als wirtschaftliche Tätigkeit gewertet werden muss. Der "Krankenkassenwettbewerb" dient ausweislich der Begründung des Entwurfs des GKV-WSG der Qualitäts- und Effizienzsteigerung bei der Aufgabenerfüllung (BT-Drs. 16/3100, 85); im Übrigen zielt "Wettbewerbsstärkung" nach den Materialien im Wesentlichen auf die Stärkung des Wettbewerbs der Leistungserbringer untereinander und auf das – hier nicht einschlägige – Verhältnis der Krankenkassen untereinander als Nachfrager. Die Nutzung des Wettbewerbs zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung der Tätigkeit der Träger eines Systems der sozialen Sicherheit wahrt am o.g. Maßstab gerade die Zielsetzung sozialer Art und ist keine wirtschaftliche Tätigkeit außerhalb der Aufgaben rein sozialer Art. Auch im Übrigen bleibt die Beitragsbemessung im System der Gesetzlichen Krankenversicherung im vom Europäischen Gerichtshof gesetzten Rahmen. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie grundsätzlich einkommensabhängig und nicht risikoabhängig ist und auf diese Weise den Solidargedanken verwirklicht; auch der Zusatzbeitrag weist keinen Bezug zum Gesundheitsrisiko auf. Soweit durch Wahltarife und Bonusprogramme ein mittelbarer Risikobezug hergestellt werden könnte, darf dieser gerade keine Auswirkungen auf die dem Solidargedanken verpflichtete Mittelverwendung haben (zum Folgenden: Urteil des Senats vom 4. Dezember 2008 – L 1 KR 150/08 KL). So hat der erkennende Senat zur Unzulässigkeit einer sog. Gesundheitsprämie in einem Bonusprogramm ausgeführt: "Der soziale Ausgleich wird in der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht zuletzt durch die solidarische Finanzierung nach §§ 3, 220 ff. SGB V verwirklicht. Die Finanzierung durch Beiträge ist ausgerichtet an den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder; maßgeblich ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitgliedes und nicht die Risikoadäquanz der Prämie, wie etwa in der Privaten Krankenversicherung. Das Verhältnis der Beitragslast zu den Leistungen ist auch grundsätzlich nicht durch das Äquivalenzprinzip geprägt. In Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips wird der volle Versicherungsschutz unabhängig von der Höhe der Beiträge gewährt. Die Gesundheitsprämie hat demgegenüber die wirtschaftliche Bedeutung einer Beitragsrückerstattung, die den Grundsatz der gleichmäßigen Belastung der Mitglieder entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit (§ 241 Satz 2 SGB V) durchbricht ( ). Das Prinzip der solidarischen Finanzierung der Krankenversicherung würde zudem ausgehöhlt, wenn durch die Nichtinanspruchnahme von Leistungen Prämienansprüche gesunder Versicherter begründet würden, die wiederum solidarisch zu finanzieren wären (vgl. die Kritik der Spitzenverbände der Krankenkassen am Wahltarif des § 53 Abs. 2 SGB V, Stellungnahme vom 24.10.2006 zum Entwurf des GKV-WSG, S. 88.). Der Wahltarif nach § 53 Abs. 2 SGB V ist daher auch nur rechtmäßig, wenn die Gesundheitsprämie durch die aus dem Wahltarif selbst folgenden Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gegenfinanziert werden kann (§ 53 Abs. 9 SGB V). Außerhalb der engen Voraussetzungen des § 53 SGB V ist daher aus systematischen Gründen keine dem Wahltarif gleichende Rechtsfolge einer Geldleistung oder Erstattung für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen auf der Grundlage des § 65a Abs. 1 SGB V zulässig." Zudem stellen Bonusprogramme und Wahltarife primär ein Instrument zur ökonomischen Aktivierung des Versicherten bzw. zur Verhaltenslenkung durch ökonomischen Anreiz im Sinne des öffentlichen Interesse am Gesundheitsschutz und der Gesundheitsprävention dar und allenfalls sekundär ein Wettbewerbselement unter den Kassen (vgl. Urteil des Senats vom 4. Dezember 2008 a.a.O.).

Auch bei der Erhebung des Zusatzbeitrages nach § 242 SGB V ist die Krankenkasse gesetzlich gebunden. Ihr wird im Falle einer fehlenden Deckung des Finanzbedarfes kein Ermessen eingeräumt, welches durch genuin wirtschaftlich-wettbewerbliche Erwägungen auszufüllen wäre, da sie den Beitrag zu erheben "hat" (§ 242 Abs. 1 Satz 1 SGB V), wenn der Finanzbedarf durch Zuweisungen aus dem Fonds nicht gedeckt ist. Allenfalls bei der Frage, ob eine fehlende Deckung auf andere Weise durch Mobilisierung von Wirtschaftlichkeitsreserven verhindert werden kann, steht der Krankenkasse ein (mittelbarer) Gestaltungsspielraum zu, jedenfalls im Verhältnis zur Aufsichtsbehörde (Rixen in: Becker/Kingreen, SGB V, § 242 Rdnr. 3 m.w.N.). Auch dies bewegt sich im Rahmen des vom Gerichtshof gebilligten Spielraums bei der Beitragshöhe, da das "Ob" der Erhebung eines Zusatzbeitrages zwingend mit dem aufgabenbezogenen Finanzbedarf verknüpft bleibt.

Der von der Beklagten angestellte Vergleich der Krankenkassen mit den Anbietern des Basistarifs der Privaten Krankenversicherung kann nicht für ein wirtschaftliches Handeln der Krankenkassen herangezogen werden. Im Gegenteil: Mit guten Gründen kann die Unternehmereigenschaft der privaten Versicherungsgesellschaften im Bereich des Basistarifs aufgrund des engen Regulierungskorsetts des VAG angezweifelt werden (vgl. Roth, GRUR 2007, 445, 459). Im Europäischen Sozialrecht werden die Träger des Basistarifs als Träger eines Systems der sozialen Sicherheit i.S.d. Art. 1 lit. p VO (EG) 883/2004 angesehen (Eichenhofer, MedR 2010, 298). Auch im Übrigen kann aus dem von der Beklagten angestellten Vergleich mit den privaten Krankenversicherungsunternehmen nichts hergeleitet werden, denn eine Wettbewerbsrelevanz des beanstandeten Handelns in Bezug auf den Markt der freiwillig Versicherten im Verhältnis zur privaten Krankenversicherungswirtschaft erschließt sich dem Senat nicht. Im Übrigen stehen die Krankenkassen nicht im Wettbewerb mit der privaten Versicherungswirtschaft um Pflichtversicherte, da die Pflichtmitgliedschaft nicht zur Disposition der Versicherten steht.

2. Nach überkommenem Verständnis ist der öffentlich-rechtlich, durch Normierung hoheitlicher Befugnisse ausgestaltete Tätigkeitsbereich des Staates vom Anwendungsbereich des GWB ausgenommen. Tritt eine öffentlich-rechtliche Körperschaft als Anbieter von Gütern auf, so handelt es sich nicht um ein Unternehmen, wenn gerade das Rechtsverhältnis zwischen Verbraucher und Körperschaft durch hoheitliche Befugnisse gekennzeichnet ist (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. am Beispiel des Anschluss- und Benutzungszwangs; grundlegend BGH, Urteil vom 26. Oktober 1961 - KZR 1/61, NJW 1962, 196, 199). Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich das betreffende Handeln der Körperschaft innerhalb des öffentlich-rechtlich zugewiesenen Aufgabenbereichs hält (BGH, Beschluss vom 19. März 1991 – KVR 4/89 – juris, für den wettbewerbsrechtlichen Unternehmensbegriff). Das Tätigwerden im Wettbewerb der Kassen untereinander ist auch im Gleichordnungsverhältnis (z.B. Mitgliederwerbung) öffentlich-rechtlicher Natur (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. Juli 1989 - GmS-OGB 1/88 - BGHZ 108, 284), die Beziehungen der Mitglieder zu ihrer Kasse im Statusverhältnis (§§ 5 ff., 173 ff., 186 ff. SGB V) sind öffentlich-rechtlicher Natur. Auch Grund und Grenzen der Ausübung des Wahlrechts des Versicherten zwischen den Kassen als Schnittpunkt der vorgenannten Rechtsverhältnisse und zugleich als Basis des Wettbewerbs zwischen den Kassen ist nach §§ 173 ff. SGB V rein öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Die beitragsrechtlichen Beziehungen zwischen Kasse und Mitglied (§§ 220 ff. SGB V) sind schließlich in Verbindung mit dem Einzugsstellenverfahren des Vierten Buch des Sozialgesetzbuches durch die Merkmale der klassischen Eingriffsverwaltung im Über-/Unterordnungsverhältnis gekennzeichnet. Das Handeln im Bereich der Angebotstätigkeit im Sinne der Durchführung der Versicherung einschließlich der Beitragserhebung im Verhältnis zum Versicherten bzw. den daraufhin gerichteten Wettbewerb der öffentlich-rechtlichen Körperschaften untereinander ist hiernach grundsätzlich nicht als Teilnahme am geschäftlichen Verkehr im Sinne einer wirtschaftlichen Tätigkeit sondern als hoheitliches Handeln zu qualifizieren, das der Kartellrechtsanwendung entzogen ist (Gaßner/Eggert, NZS 2011, 249, 251 ff.; Mühlhausen in: Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl., § 171a Rdnr. 10; Schlegel, SozSich 2006, 378, 381; im Erg. auch: Emmerich in: Immenga/Mestmäcker a.a.O., § 130 Rdnr. 57; Knispel, NZS 2000, 379, 381 f.; in wettbewerbsrechtlichem Kontext nach alter Rechtslage: BSG, Urteil vom 31. März 1998 - B 1 KR 9/95 R). Nur soweit das Sozialrecht der Krankenkasse im Verhältnis zu den Versicherten die Möglichkeit gibt, über zivilrechtliches Handeln in einen Wettbewerb mit anderen Krankenkassen zu treten, handeln sie im Angebotsbereich unternehmerisch, z.B. bei der nach § 194 Abs. 1a SGB V zulässigen Vermittlung von Zusatzversicherungen (dazu OLG Braunschweig, Urteil vom 16. Dezember 2008 – 2 U 9/08). Die – soweit ersichtlich – allein vom BGH (Urteil vom 11. Dezember 2001 - KZR 5/00 - "privater Pflegedienst") pauschal vertretene Gegenauffassung vermag ohne weitere Begründung nicht zu überzeugen, zumal es dort um eine Streitfrage im Bereich des Nachfragehandelns ging, mithin die Ausführungen zum Versicherungsangebot nicht tragend gewesen sind.

Zwar hat die Anknüpfung an das "hoheitliche Handeln" bereits seit einiger Zeit an Trennschärfe verloren, wenn einerseits Handlungsformen (z.B. öffentlich-rechtlicher Vertrag) zur Verfügung stehen, die dem Privatwirtschaftsrecht entsprechen und sich außerhalb von Über-/Unterordnungsverhältnissen bewegen und andererseits wirtschaftsrechtliche Paradigmen im Rahmen von Deregulierung und Neuer Verwaltungssteuerung auf Kernbereiche der öffentlichen Verwaltung übertragen werden. Zunehmend wird daher eine "Handlungsformenneutralität wirtschaftlicher Tätigkeit" bei der Anwendung des GWB auf öffentlich-rechtliche Körperschaften postuliert (dazu Wolf, BB 2011, 648, 650 f. m.w.N.). Eine solche kann aber nur dort anerkannt werden, wo es der jeweiligen Körperschaft freigestellt ist, mit den Handlungsformen des Öffentlichen Rechts oder des Privatrechts tätig zu werden, denn nur dann handelt es sich um eine Tätigkeit, die gleichermaßen vom Staat wie von einem privaten Unternehmen ausgeübt werden kann. Anzuknüpfen ist dann an eine gesetzgeberische Privatisierungs- oder Verstaatlichungsentscheidung (vgl. Wolf, BB 2011, 648, 650 f.). In der gesetzgeberischen Entscheidung für ein gerade öffentlich-rechtlich organisiertes Pflichtversicherungssystem, das dem Solidarprinzip folgt, ist zugleich eine Grundentscheidung zu sehen, diesen Bereich gerade nicht dem allgemeinen Markt privatwirtschaftlicher Versicherungstätigkeit zu öffnen (wie etwa bei der Kfz-Haftpflichtversicherung). Der Gesetzgeber hat damit eine Entscheidung getroffen, dass die Gesundheitsversorgung im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V gerade keine Tätigkeit ist, die in gleicher Weise von einem Privaten durch wirtschaftliche Tätigkeit verwirklicht werden kann.

III.

Dem Senat stellt sich nach Würdigung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen "AOK-Bundesverband" und "Kattner Stahlbau GmbH" keine Auslegungsfrage, die dem Gerichtshof vorzulegen geeignet wäre, zumal der Senat sich die maßgeblichen Rechtssätze der beiden vorgenannten Entscheidungen zu Eigen gemacht hat. Insbesondere ist mit der Entscheidung "Kattner Stahlbau GmbH" klargestellt worden, dass die tragenden Rechtssätze der Rechtsprechung zur Unternehmenseigenschaft von Trägern der Systeme der sozialen Sicherheit auf die Angebotsseite des Wettbewerbs um Mitglieder zu übertragen sind. Eine für die Entscheidung "erforderliche" Auslegungsfrage im Sinne des Art. 267 Abs. 2 AEUV hätte sich allenfalls dann aufgedrängt, wenn der Senat eine von den o.g. Entscheidungen abweichende Auslegung erwogen hätte. Schließlich fällt die Frage, ob eine Veränderung auf der Ebene des nationalen Rechts (hier: die Wettbewerbssituation aufgrund der Novellierung des SGB V durch das GKV WSG) eine andere Subsumtion bei einer geklärten Auslegungsfrage des Unionsrechts nahelegt, nicht in den Zuständigkeitsbereich des EuGH.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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