L 22 R 471/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 R 60/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 471/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme eines große Witwenrente gewährenden Bescheides hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 und Erstattung von 1 819,99 EUR.

Die 1938 geborene, im Beitrittsgebiet wohnhafte Klägerin ist die Witwe des 1935 geborenen und 2005 verstorbenen R G, mit dem sie seit 1960 verheiratet war.

Die Klägerin war vom 15. Mai 2005 bis 31. Mai 2007 gegen Arbeitsentgelt beschäftigt. Sie bezog außerdem ab 01. August 2005 Altersrente für Frauen in Höhe von 673,99 EUR monatlich bei einem Zahlbetrag von 607,26 EUR monatlich bis wenigstens 31. Mai 2007 (Bescheid vom 25. Juli 2005).

Im Juli 2005 beantragte die Klägerin Witwenrente. Sie gab auf die beiden Fragen "Beziehen oder bezogen Sie ab Beginn der Rente wegen Todes aus einem oder mehreren abhängigen Beschäftigungsverhältnissen Arbeitsentgelt bzw. eine der nachstehenden Leistungen (u. a. Rente aus eigener Versicherung aus der Rentenversicherung)" an, kein Arbeitsentgelt, aber Rente aus eigener Versicherung zu beziehen.

Mit Bescheid vom 15. August 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin große Witwenrente ab 01. August 2005, die für den jeweiligen Monat zum Monatsanfang ausgezahlt werde. Sie legte dieser Rente 0,5933 persönliche Entgeltpunkte und 35,3582 persönliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde. Sie ermittelte für die Zeit ab 01. August 2005 nach einem Rentenartfaktor von 1,0 eine monatliche Rente von 827,68 EUR bei einem monatlichen Zahlbetrag von 745,74 EUR und für die Zeit ab 01. November 2005 nach einem Rentenartfaktor von 0,6 eine monatliche Rente von 496,61 EUR. Die Beklagte verfügte zudem, dass die monatliche Rente ab 01. November 2005 um das anzurechnende Einkommen von 0,34 EUR Anlage 8 auf 496,27 EUR zu mindern ist, und setzte den Zahlbetrag auf 447,13 EUR fest. In Anlage 8 Seite 1 des Bescheides (Ermittlung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens) wird dargelegt: Die Rente trifft mit Einkommen zusammen. Es ist deshalb zu prüfen, ob auf die Rente Einkommen anzurechnen ist. Hierfür ist das zu berücksichtigende monatliche Einkommen zu ermitteln. Berechnung für die Zeit ab 01. August 2005: Das monatliche Einkommen ist aus dem Erwerbsersatzeinkommen für August 2005 zu ermitteln. Erwerbsersatzeinkommen ist die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Monatlicher Zahlbetrag 607,26 EUR. Die Rente ist bereits um den Beitragsanteil zur Kranken- und Pflegeversicherung vermindert. Auf die Rente ist das Einkommen anzurechnen, das das 26,4 Fache des aktuellen Rentenwertes (Ost) von 22,97 EUR (Freibetrag) übersteigt: 22,97 EUR x 26,4 = 606,41 EUR. Das Einkommen übersteigt den Freibetrag um 0,85 EUR. Hiervon sind 40 v. H. anzurechnen.

Mit Bescheid vom 21. Mai 2006 nahm die Beklagte zum 01. Juli 2006 unter Aufhebung des bisherigen Bescheides hinsichtlich der Rentenhöhe eine Neuberechnung vor, wobei sie unverändert den monatlichen Zahlbetrag bei einer monatlichen Rente von 496,61 Euro und einem anzurechnenden Einkommen von 0,34 Euro auf 447,13 Euro festsetzte.

Nachdem der Beklagten am 03. Mai 2007 maschinell eine Entgeltzahlung in Höhe von 1 600,00 EUR für das Jahr 2006 übermittelt worden war, holte sie die Auskünfte der B GmbH vom 25. Juni 2007 und 10. Juli 2007 ein.

Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 21. August 2007 mit, es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 15. August 2005 für die Zeit vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) hinsichtlich der Rentenhöhe teilweise zurückzunehmen und überzahlte Rentenbeträge in Höhe von insgesamt 1 819,99 EUR nach § 50 SGB X zurückzufordern. Die Klägerin übe seit dem 15. Mai 2005 eine Beschäftigung aus, aus der sie ein Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 400,00 EUR erhalte, das mit Ausnahme des so genannten Sterbevierteljahres auf die Witwenrente anzurechnen sei. Sie wies auf die beiliegenden Berechnungsanlagen (Rentenberechnung) vom 09. August 2007 hin.

Mit Bescheid vom 03. Dezember 2007 nahm die Beklagte den Bescheid vom 15. August 2005 in der Fassung der Folgebescheide mit Wirkung für die Zeit vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 nach § 45 Abs. 1 SGB X hinsichtlich der Rentenhöhe zurück. Sie machte außerdem einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen in Höhe von 1 819,99 EUR nach § 50 SGB X geltend. Hinsichtlich der Neuberechnung der Rente ab 01. August 2005 und der Berechnung der Überzahlung verwies sie auf die Rentenberechnung vom 09. August 2007. Sie setzte ab 01. November 2005 die monatliche Rente auf 496,61 EUR, gemindert um das anzurechnende Einkommen von 128,34 EUR auf 368,27 EUR bei einem monatlichen Zahlbetrag von 331,82 EUR, ab 01. Juli 2006 auf 496,61 EUR, gemindert um das anzurechnende Einkommen von 91,01 EUR auf 405,60 EUR bei einem monatlichen Zahlbetrag von 365,44 EUR und ab 01. April 2007 bei einem monatlichen Zahlbetrag von 363,01 EUR und ab 01. Juni 2007 auf 496,61 EUR, gemindert um das anrechnende Einkommen um 0,34 EUR auf 496,27 EUR bei einem monatlichen Zahlbetrag von 444,16 EUR fest. Sie legte als Einkommen neben der Versichertenrente ein Arbeitsentgelt zugrunde. Zur Begründung führte sie aus: Der Bescheid vom 15. August 2005 beruhe auf Angaben, die die Klägerin in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht habe. Rechtserhebliche Gründe, die der Rücknahme dieses Bescheides entgegenstünden, habe sie nicht vorgetragen. Da das Erfordernis der Gesetzmäßigkeit jeden Verwaltungshandelns grundsätzlich die Beseitigung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes erfordere und unter den gegebenen Umständen ein schutzwürdiges Vertrauen nicht zugebilligt werden könne, habe in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens von der teilweisen Rücknahme des Bescheides nicht abgesehen werden können.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, der Bescheid vom 15. August 2005 sei nicht rechtswidrig, außerdem seien die neue Rentenhöhe und die Ermittlung des Rückforderungsbetrages unklar, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 23. Juli 2008 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben, das mit Beschluss vom 22. Oktober 2008 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Frankfurt (Oder) verwiesen hat.

Sie hat vorgetragen, der Bescheid vom 15. August 2005 dürfe allenfalls teilweise bezüglich der Rentenhöhe zurückgenommen werden. Dazu liege kein Bescheid vor. Außerdem sei der Bescheid vom 03. Dezember 2007 deswegen insgesamt unwirksam, da sich die Beklagte nicht auf Berechnungsunterlagen beziehen dürfe, die diesem Bescheid nicht beigefügt gewesen seien. Die Berechnungsunterlagen vom 09. August 2007 lägen allerdings vor und könnten hinsichtlich der Berechnung nachvollzogen werden. Der Bescheid vom 03. Dezember 2007 sei nicht hinreichend bestimmt.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 14. Mai 2010 die Klage abgewiesen: Der Bescheid vom 03. Dezember 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 sei hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Für die Bestimmtheit reiche es aus, wenn auf Anlagen oder sonstige Unterlagen verwiesen werde, aus denen sich der Erstattungsbetrag und die Rentenberechnung ergebe. Die Rentenbescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Juni (gemeint Mai) 2006 seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die Beklagte aufgrund der fehlerhaften Angaben der Klägerin über die Höhe des Einkommens geirrt habe und aufgrund dessen die Rente ohne die vorzunehmenden Abschläge in rechtswidriger Weise gewährt habe. Es sei (auch) Erwerbseinkommen in Höhe von 400,00 EUR monatlich anzurechnen gewesen. Die Klägerin genieße keinen Vertrauensschutz, da die Rentenbescheide auf unrichtigen Angaben beruhten, welche die Klägerin zumindest grob fahrlässig gemacht habe. Sie habe das weitere Einkommen in Höhe von 400,00 EUR nicht angegeben gehabt. Dass dieses von entscheidender Bedeutung sein würde, habe sich bei verständiger Würdigung beim Ausfüllen des Antragsformulars aufdrängen müssen. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Der Erstattungsbetrag ergebe sich nachvollziehbar aus der Rentenberechnung vom 09. August 2007.

Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die am 27. Mai 2010 eingelegte Berufung der Klägerin.

Sie meint, keine falschen Angaben gemacht zu haben. Arbeitsentgelt habe sie nicht ab Beginn der Rente wegen Todes, sondern bereits ab 15. Mai 2005 bezogen. Der Bescheid vom 03. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 sei nicht hinreichend bestimmt. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der genannten Folgebescheide. Die Klägerin habe nicht ausreichend prüfen können, welche konkreten Bescheide tatsächlich aufgehoben worden seien. Es fehle eine konkrete Berechnung des Erstattungsanspruchs. Es könne von der Klägerin nicht erwartet werden, dass sie sich bezüglich der Berechnung das Anhörungsschreiben zur Prüfung vornehme. Die Beklagte habe zudem Ermessen dahingehend auszuüben, ob sie tatsächlich die Rückforderung vollständig erhebe. Im Übrigen seien die Ausführungen des Gerichtsbescheides widersprüchlich, soweit er einerseits von einer Aufhebung und andererseits von einer Teilaufhebung spreche.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Mai 2010 zu ändern und den Bescheid vom 03. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 03. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 ist rechtmäßig. Mit diesem Bescheid nahm die Beklagte die Bescheide vom 15. August 2005 und 21. Mai 2006 hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 im Umfang der Neuberechnung vom 09. August 2007 zurück. Dazu war sie berechtigt, denn die Bescheide vom 15. August 2005 und 21. Mai 2006 sind rechtswidrig, da sie zu Unrecht das für diesen Zeitraum anzurechnende Arbeitsentgelt aus der versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung nicht berücksichtigten und deswegen eine zu hohe große Witwenrente festgesetzt wurde. Vertrauensschutz kann die Klägerin nicht beanspruchen, weil diese Bescheide auf Angaben beruhen, die die Klägerin zumindest grob fahrlässig bezogen auf das von ihr erzielte Arbeitsentgelt unvollständig gemacht hat. Damit durften auch die zu viel geleisteten Rentenbeträge in Höhe von insgesamt 1.819,99 Euro zurückgefordert werden.

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Mai 2006 hinsichtlich der Rentenhöhe ist § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 bis 3 Nr. 2 SGB X.

Danach gilt: Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die Bescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Mai 2006 sind begünstigende Verwaltungsakte, denn sie begründen - neben dem hier nicht streitigen Recht auf die große Witwenrente - auch das Recht der Klägerin auf Zahlung dieser Rente in bestimmter Höhe. Diese Bescheide sind rechtswidrig, denn sie setzen unter Anwendung der Vorschriften über das Zusammentreffen von Einkommen die monatliche Rente und damit zugleich den Zahlbetrag für die Zeit vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 rechtsfehlerhaft, nämlich zu hoch, fest.

Dies folgt aus § 97 SGB VI i. V. m. den §§ 18 a bis 18 e Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV).

Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI wird Einkommen (§§ 18 a bis 18 e SGB IV) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, hierauf angerechnet. Dies gilt nicht bei Witwenrenten, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0 beträgt.

Die Klägerin erzielte solches Einkommen.

Nach § 18 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I 2001, 403) sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berücksichtigen 1. Erwerbseinkommen, 2. Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen), 3. Vermögenseinkommen (und 4. Elterngeld seit 01. Januar 2007, Gesetz vom 05. Dezember 2006, BGBl 1 2006, 2748).

Allerdings sind, wenn der versicherte Ehegatte vor dem 01. Januar 2002 verstorben ist oder die Ehe vor diesem Tag geschlossen wurde und mindestens ein Ehegatte vor dem 02. Januar 1962 geboren ist, bei Renten wegen Todes als Einkommen (nur) zu berücksichtigen: 1. Erwerbseinkommen, 2. Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen), mit Ausnahme von Zusatzleistungen (§ 114 Abs. 1 SGB IV).

Erwerbseinkommen im Sinne des § 18 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen (§ 18 a Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Dabei bezeichnet Arbeitsentgelt - mangels einer wie für das Arbeitseinkommen in § 18 a Abs. 2 a SGB IV geregelten eigenständigen Definition - alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV sind u. a. Renten der Rentenversicherung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV).

Die Klägerin erzielte zum einen Arbeitsentgelt, das aus ihrer versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung vom 15. Mai 2005 bis 31. Mai 2007 bei der B GmbH resultierte. Nach den Auskünften dieses Unternehmens vom 25. Juni 2007 und 10. Juli 2007 betrug das monatliche Arbeitsentgelt ab August 2005 400,00 EUR und im Kalenderjahr 2005 3.400,00 Euro.

Zum anderen bezog die Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (zwischenzeitlich Rentenversicherung Bund) Altersrente für Frauen ab 01. August 2005. Nach dem Bescheid vom 25. Juli 2005 betrug die monatliche Rente 673,99 EUR und der monatliche Zahlbetrag 607,26 EUR bis zumindest dem 31. Mai 2007.

Für die Anrechnung maßgebend ist grundsätzlich das für denselben Zeitraum erzielte monatliche Einkommen. Mehrere zu berücksichtigende Einkommen sind zusammenzurechnen (§ 18 b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IV).

Bei Erwerbseinkommen gilt als monatliches Einkommen im Sinne von § 18 b Abs. 1 Satz 1 SGB IV das im letzten Kalenderjahr aus dieser Einkommensart erzielte Einkommen, geteilt durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde (§ 18 b Abs. 2 Satz 1 1. Alternative SGB IV). Die für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt in § 23a SGB IV getroffene zeitliche Zuordnung gilt entsprechend (§ 18 b Abs. 2 Satz 3 SGB IV).

Ist im letzten Kalenderjahr Einkommen nach § 18 b Abs. 2 SGB IV nicht erzielt worden, gilt als monatliches Einkommen im Sinne von § 18 b Abs. 1 Satz 1 SGB IV das laufende Einkommen (§ 18 b Abs. 3 Satz 1 1. Alternative SGB IV). § 18 b Abs. 3 Satz 1 SGB IV gilt auch bei der erstmaligen Feststellung der Rente, wenn das laufende Einkommen im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens zehn vom Hundert geringer ist als das nach § 18 b Abs. 2 SGB IV maßgebende Einkommen; jährliche Sonderzuwendungen sind beim laufenden Einkommen mit einem Zwölftel zu berücksichtigen (§ 18 b Abs. 3 Satz 2 SGB IV).

Das monatliche Einkommen der Klägerin aus dem Arbeitsentgelt bestimmt sich somit für die Zeit des erstmaligen Zusammentreffens im Kalenderjahr 2005 aus dem laufenden Einkommen, denn im Kalenderjahr 2004 wurde Arbeitsentgelt nicht erzielt. Maßgebend ist mithin ein Arbeitsentgelt von 400,00 EUR monatlich.

Für die nachfolgenden Kalenderjahre, hier also für das Kalenderjahr 2006, gilt hingegen als monatliches Einkommen aus Arbeitsentgelt das im letzten Kalenderjahr, also im Kalenderjahr 2005, daraus erzielte Arbeitsentgelt. Maßgebend ist mithin ein Arbeitsentgelt von 3 400,00 EUR, denn dieses wurde nach der Bescheinigung der B GmbH vom 10. Juli 2007 vom 15. Mai bis 31. Dezember 2005 erzielt. Dieses Arbeitsentgelt ist aber nicht, wie von der Beklagten vorgenommen, durch 12, sondern durch 8 zu teilen, denn es wurde nicht während zwölf, sondern lediglich während acht Kalendermonaten erzielt. Durch diesen Berechnungsfehler wird allerdings die Klägerin nicht benachteiligt, da sich dadurch ein geringeres monatlich anzurechnendes Arbeitsentgelt ergibt.

Bei Erwerbsersatzeinkommen nach § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV gilt als monatliches Einkommen im Sinne von § 18 b Abs. 1 Satz 1 SGB IV das laufende Einkommen; jährliche Sonderzuwendungen sind beim laufenden Einkommen mit einem Zwölftel zu berücksichtigen (§ 18 b Abs. 4 SGB IV).

Als monatliches Einkommen der Klägerin aus dem Erwerbsersatzeinkommen in Form der Altersrente für Frauen gilt danach das laufende Einkommen, also die monatliche Rente in Höhe von 673,99 EUR.

Das monatliche Einkommen der Klägerin ist allerdings um die vom Berechtigten zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung zu mindern.

Das monatliche Einkommen ist bei Arbeitsentgelt um 40 vom Hundert zu kürzen (§ 18 b Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB IV), jedoch nach § 18 b Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Bst. c SGB IV i. d. F. des ab 01. Januar 2002 geltenden Gesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I 2001, 403), geändert zum 01. Juli 2007 durch Gesetz vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554) bei Beschäftigten, die die Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 SGB VI erfüllen – also bei Beschäftigen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (deren Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt), die in dieser Beschäftigung versicherungsfrei sind - um 20 vom Hundert.

Das Arbeitsentgelt von 400,00 EUR monatlich ist damit um 80,00 EUR monatlich auf 320,00 EUR monatlich und das Arbeitsentgelt von 425,00 EUR monatlich um 85,00 EUR monatlich auf 340,00 EUR monatlich zu mindern.

Renten der Rentenversicherung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit sind um den Anteil der vom Berechtigten zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit zu kürzen (§ 18 b Abs. 5 Satz 2 SGB IV in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung der Gesetze vom 23. Dezember 2003 - BGBl I 2003, 2848 - und vom 27. Dezember 2003 - BGBl I 2003, 3013 -, geändert zum 01. Juli 2007 durch Gesetz vom 20. April 2007 - BGBl I 2007, 554).

Bei der Altersrente für Frauen sind der Beitragsanteil zur Krankenversicherung von 49,20 EUR, der Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung von 6,07 EUR und der Beitrag zur Pflegeversicherung von 11,46 EUR abzuziehen, woraus ein Betrag von 607,26 EUR resultiert.

Daraus folgt ein maßgebendes Einkommen ab 01. November 2005 von 927,26 EUR und ab 01. Juli 2006, denn nach § 18 d Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB IV in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. März 2001 (BGBl. I 2001 403), geändert zum 23. Juni 2006 durch Gesetz vom 15. Juni 2006 (BGBl. I 2006 1304) sind Einkommensänderungen erst vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung an, also vom nächstfolgenden 01. Juli an, zu berücksichtigen, von 947,26 EUR.

Der Klägerin steht jedoch ein Freibetrag zu, so dass nicht das gesamte monatliche Einkommen zur Einkommensanrechnung heranzuziehen ist.

Nach § 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist anrechenbar das Einkommen, das monatlich bei Witwenrenten das 26,4fache des aktuellen Rentenwertes übersteigt.

Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer monatlichen Rente wegen Alters der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, wenn für ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind (§ 68 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Soweit Vorschriften des SGB VI (jedoch) bei Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes an den aktuellen Rentenwert anknüpfen, ist der aktuelle Rentenwert (Ost) maßgebend, wenn der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hat.

Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt vom 01. Juli 2005 an 22,97 EUR (§ 1 Abs. 2 Rentenwertbestimmungsverordnung 2005, BGBl. I 2005 1578).

Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt vom 01. Juli 2006 an (weiter) 22,97 EUR (Art. 1 Gesetz vom 15. Juni 2006; BGBl I 2006, 1304).

Der Freibetrag, bis zu dem keine Einkommensanrechnung stattfindet, also das 26,4fache des aktuellen Rentenwertes (Ost), beträgt mithin zum 01. Juli 2005 und zum 01. Juli 2006 jeweils 606,41 EUR.

Bei einem zu berücksichtigenden monatlichen Einkommen ab 01. November 2005 von 927,26 EUR und ab 01. Juli 2006 von 947,26 EUR verbleiben nach Abzug des Freibetrages von 606,41 EUR monatlich ein Betrag von 320,85 EUR bzw. von 340,85 EUR monatlich.

Nach § 97 Abs. 2 Satz 3 SGB VI werden von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen 40 v. H. angerechnet.

Aus 40 v. H. des Einkommens von 320,85 EUR bzw. von 340,85 EUR monatlich resultieren 128,34 EUR bzw. 136,34 EUR monatlich.

Bei einem anzurechnenden Einkommen von 128,34 EUR monatlich auf die große Witwenrente von 496,61 EUR monatlich verbleibt für den Zeitraum vom 01. November 2005 bis 30. Juni 2006 eine monatliche Rente von 368,27 EUR und nach Abzugs des Beitragsanteils zur Krankenversicherung, des Zusatzbeitrages zur Krankenversicherung und des Beitrags zur Pflegeversicherung ein Zahlbetrag von 331,82 EUR.

Bei einem anzurechnenden Einkommen von 136,34 EUR monatlich auf die große Witwenrente von 496,61 EUR monatlich verbleibt für den Zeitraum vom 01. Juli 2006 bis 31. Mai 2007 eine monatliche Rente von 360,27 EUR und nicht - wie von der Beklagten zu Unrecht zugunsten der Klägerin ermittelt - von 405,60 EUR, woraus ein Zahlbetrag nach Abzug der o. g. Beiträge ab 01. Juli 2006 von 365,44 EUR und ab 01. April 2007 von 363,01 EUR gleichfalls zu Unrecht zugunsten der Klägerin errechnet wurde.

Die Bescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Mai 2006 erweisen sich mithin als rechtswidrig, weil sie den monatlichen Zahlbetrag ab 01. November 2005 auf 447,13 EUR und ab 01. April 2007 (bis 31. Mai 2007) auf 444,16 EUR wegen des nicht berücksichtigten Arbeitsentgelts monatlich zu hoch festsetzten.

Es entstand daher eine Überzahlung von insgesamt 1 819,99 EUR (01. November 2005 bis 30. Juni 2006: 8 x 447,13 EUR = 3 577,04 EUR abzüglich 8 x 331,82 EUR = 2 654,56 EUR = 922,48 EUR; 01. Juli 2006 bis 31. März 2007: 9 x 447,13 EUR = 4 024,17 EUR abzüglich 9 x 365,44 EUR = 3 288,96 EUR = 735,21 EUR; 01. April 2007 bis 31. Mai 2007: 2 x 444,16 EUR = 888,32 EUR abzüglich 2 x 363,01 EUR = 726,02 EUR = 162,30 EUR).

Die rechtswidrigen begünstigenden Bescheide vom 15. August 2005 und 21. Mai 2006 hat die Beklagte mit Bescheid vom 03. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2008 mit einer entsprechenden Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes insbesondere hinsichtlich der Rentenhöhe hinreichend bestimmt zurückgenommen.

Verwaltungsakt ist nach § 31 Satz 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, nicht jedoch auf dessen Gründe. Aus dem Verfügungssatz muss für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will (Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. Februar 1989 - 11/7 RAr 103/87, abgedruckt in SozR 1500 § 55 Nr. 35 S 39) Eine Aufhebung früherer Bescheide muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen. Es genügt, wenn aus den Formulierungen, Hinweisen und Auskünften des Verwaltungsaktes für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger klar erkennbar zum Ausdruck, dass die nach dem bisherigen Verwaltungsakt bewilligte Leistung nicht mehr zusteht (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 42/99 R, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 32/98 R, zitiert nach juris; jeweils in Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96, zitiert nach juris und BSG, Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96, zitiert nach juris). Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Zudem kann auf ihm beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 m. w. N.) Mit der Ablehnung der Zahlung der Leistung in der bisherigen Höhe wird daher auch noch deutlich erkennbar, dass die vorangegangene Leistungsbewilligung nicht mehr aufrechterhalten wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Berechtigte mit Änderungen in der Höhe der bisher gewährten Leistung rechnen musste. In diesem Fall bringt ein solcher Verwaltungsakt unzweideutig zum Ausdruck, dass ab dem genannten Zeitpunkt die bisherige Leistung nicht mehr gewährt wird; damit bekundet der Leistungsträger seinen unmissverständlichen Willen, dass früheren Bewilligungen keine Rechtswirkung mehr zukommt (BSG, Urteil vom 08. Oktober 1998 - B 10 LW 3/97 R, abgedruckt in SozR 3-5868§ 32 Nr. 2).

Ausgehend von einem verständigen, objektiven Erklärungsempfänger war ersichtlich, dass die Beklagte an ihren Verwaltungsentscheidungen über die zu leistende große Witwenrente hinsichtlich der Rentenhöhe für den Zeitraum vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 nicht mehr festhalten wollte. So verfügte sie zum einen, dass der Bescheid vom 15. August 2005 in der Fassung der Folgebescheide mit Wirkung für die Zeit vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 hinsichtlich der Rentenhöhe zurückgenommen wird. Zum anderen verwies sie wegen der Neuberechnung der Rente und damit der für den maßgebenden Zeitraum zustehenden Rentenhöhe auf ihre Rentenberechnung vom 09. August 2007, die der Klägerin im Rahmen der Anhörung übermittelt worden war, und die damit als weitere Verfügung Inhalt des Bescheides vom 03. Dezember 2007 war. Schließlich regelte sie, dass die in der Rentenberechnung vom 09. August 2007 ermittelte und ausgewiesene Überzahlung in Höhe von 1 819,99 EUR zu erstatten ist.

Danach ist nicht ansatzweise zweifelhaft, dass und in welchem Umfang die Beklagte die Bescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Mai 2006 zurückgenommen hat. Bei der Auslegung eines Verwaltungsaktes als öffentlich-rechtliche Willenserklärung ist der allgemeine Grundsatz über die Auslegung von Willenserklärungen, wie er in § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) niederlegt ist, wonach bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist, heranzuziehen. Dies bedeutet auch, dass sich eine Behörde auf solche Tatsachen und Umstände außerhalb ihrer Willenserklärung beziehen kann, die dem Erklärungsempfänger bekannt sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt es daher, wenn sich die Beklagte wegen der zutreffenden Rentenhöhe und der Zusammensetzung des Rückforderungsbetrages auf ihre Rentenberechnung vom 09. August 2007 und wegen eines oder mehrerer Bescheide(s), die nach dem Bescheid vom 15. August 2005 erlassen wurden, pauschal auf die Verfügung entsprechender Folgebescheide beschränkt. Weder objektiv noch aus der jeweiligen Sicht des Erklärungsempfängers (subjektiv) besteht nämlich ein Bedürfnis, Umstände und Tatsachen mitzuteilen, die ohnehin bekannt sind. Dem Empfänger eines solchen Verwaltungsaktes und mithin der Klägerin ist daher auch zuzumuten, sich den oder die Folgebescheid(e) und die in Bezug genommene Rentenberechnung vorzunehmen, um diese zu überprüfen. Damit lösen sich alle von der Klägerin aufgeworfenen Fragen der für den Zeitraum vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 getroffenen Regelungen, so dass es dem Bescheid vom 03. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 nicht an der hinreichenden Bestimmtheit mangelt.

Mit diesem Bescheid durfte die Beklagte die rechtswidrigen begünstigenden Bescheide vom 15. August 2005 und 21. Mai 2006 für die Zeit vom 01. November 2005 bis 31. Mai 2007 zurücknehmen, weil sich die Klägerin auf Vertrauen nicht berufen kann. Diese Bescheide beruhen auf Angaben, die sie grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständig gemacht hat. Obwohl sie ab Beginn der Rente wegen Todes aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis Arbeitsentgelt erzielte, gab sic dieses trotz entsprechenden Hinweises in der Anlage zum Antrag nicht an.

Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Ausmaßes vorliegt, das heißt eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung besteht, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Subjektiv schlechthin unentschuldbar ist ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn also nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Voraussetzung dafür ist, dass sich die maßgebenden Tatsachen aus Umständen ergeben, die für das Einsichtsvermögen des Betroffenen ohne weiteres erkennbar sind. Ob danach grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist im Wesentlichen eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (BSG, Urteil vom 08. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R, abgedruckt in SozR 3 1300 § 45 Nr. 45; BSG, Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 105/85, abgedruckt in BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 71 Nr. 2; BSG, Urteil vom 19. Februar 1986 – 7 RAr 55/84, abgedruckt in SozR 1300 § 48 Nr. 22; BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 10 RKg 21/83, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 01. August 1978 – 7 RAr 37/77, abgedruckt in BSGE 47, 28 = SozR 4100 § 152 Nr. 6, BSG, Urteil vom 31. August 1976, 7 RAr 112/74, abgedruckt in BSGE 42, 184 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG, Urteil vom 19. Juni 1975 – 8/7 RKg 11/73, zitiert nach juris).

Davon ausgehend ist der Anlage zum Antrag auf Hinterbliebenenrente, wenn einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen angestellt werden, zu entnehmen, dass Arbeitsentgelt, auch wenn es aus einem Beschäftigungsverhältnis herrührt, das vor Beginn der Rente begründet wurde, ab Beginn der Rente für die Rentenhöhe wesentlich ist und daher anzugeben ist.

Im Ausfüllhinweis dieser Anlage wird darauf hingewiesen, dass nachstehend das Einkommen der Witwe ab Beginn der Rente und im Kalenderjahr vor dem Beginn der Rente anzugeben ist. Schon daraus wird ersichtlich, dass es nicht auf ein Beschäftigungsverhältnis mit daraus resultierendem Arbeitsentgelt ankommen kann, das erst ab Beginn der Rente begründet wird. Die Frage nach dem Arbeitsentgelt stellt folgerichtig auch nicht darauf ab, seit wann das Beschäftigungsverhältnis besteht. Gefragt wird vielmehr allein danach, ob der Antragsteller ab Beginn der Rente wegen Todes aus einem oder mehreren abhängigen Beschäftigungsverhältnissen Arbeitsentgelt bezieht oder bezog. Diese Frage ist weit gefasst, denn sie erfasst jegliches Arbeitsentgelt, das ab Beginn der Rente wegen Todes erzielt wird. Die von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene Lesart verengt diese Frage hingegen darauf, ob ab Beginn der Rente wegen Todes Arbeitsentgelt aus einem davor bereits geschlossenen und bestandenen Beschäftigungsverhältnis herrührt, denn dass ab Beginn der Rente wegen Todes Arbeitsentgelt aus einem solchen Beschäftigungsverhältnis bezogen wird, ist auch für die Klägerin offensichtlich. Die Anlage zum Antrag auf Hinterbliebenenrente gibt allerdings keinerlei Anlass für die von der Klägerin vorgenommene eingeengte Lesart und bietet daher keine mehrdeutigen Auslegungsmöglichkeiten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 31. August 1976 – 7 RAr 112/74; aber auch BSG, Urteil vom 19. Juni 1975 – 8/7 RKg 11/73). Es wird gerade nicht danach gefragt, ob das Beschäftigungsverhältnis, aus dem Arbeitsentgelt bezogen wird, vor oder nach Beginn der Rente geschlossen wurde. Dies ist bei Anlegung einfachster, ganz nahe liegender Überlegungen für einen durchschnittlichen Bescheidempfänger ohne weiteres ersichtlich. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, dies zu erkennen. Besondere Umstände, die dies ausschlössen, werden von ihr auch nicht vorgetragen. Insbesondere fehlt eine Begründung dafür, weswegen es nach ihrer Ansicht für die Einkommensanrechnung wesentlich sein könnte, ob das Beschäftigungsverhältnis bereits vor oder erst ab Beginn der Rente begründet wurde bzw. wird. Damit durfte die Klägerin aus der gestellten Frage nicht, ohne zugleich grob fahrlässig zu handeln, die Schlussfolgerung ziehen, allein ein Beschäftigungsverhältnis, das ab Beginn der Rente besteht, sei mit dem daraus erzielten Arbeitsentgelt wesentlich. Mithin beruhen die Bescheide vom 15. August 2005 und 21. Mai 2006 auf Angaben, die die Klägerin grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständig, nämlich bezüglich des erzielten Arbeitsentgelts, gemacht hat.

Kann sich die Klägerin somit nicht auf Vertrauen berufen, ist zugleich ausgeschlossen, dass ein schutzwürdiges Vertrauen vorliegt, das in die Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme der Bescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Mai 2006 einzustellen wäre.

Die Beklagte durfte diese Bescheide auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen.

Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 SGB X zurückgenommen.

Wie bereits ausgeführt, besteht ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X, nämlich nach Nr. 2, so dass es auf die andere Voraussetzung, dem Vorliegen von Wiederaufnahmegründen entsprechend § 580 Zivilprozessordnung (ZPO), nicht ankommt.

Die maßgebenden Fristen, die bei der Rücknahme zu beachten sind, sind gewahrt.

Nach § 45 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 Nr. 1 und Sätze 4 und 5 SGB X gilt: Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs. 2 zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind. In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

Die danach wegen § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X maßgebende Zehnjahresfrist ist gewahrt. Bei Erteilung des Bescheides vom 03. Dezember 2007 war diese Frist bezogen auf die Bescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Mai 2006 noch offen.

Die weitere Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, die im Falle einer Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit maßgebend ist (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X), ist ebenfalls gewahrt. Danach muss die Behörde dies (die Rücknahme) innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

Die Tatsachen, welche die Rücknahme der Bescheide vom 15. August 2005 und vom 21. Mai 2006 für die Vergangenheit rechtfertigen, waren der Beklagten frühestens aufgrund der am 03. Mai 2007 erfolgten maschinellen Übermittlung des für 2006 gezahlten Arbeitsentgelts bekannt. Der Bescheid vom 03. Dezember 2007 wurde somit rechtzeitig erlassen.

Die Beklagte hat auch eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung getroffen.

Eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung erfordert nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I, dass die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausübt und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Der von der Ermessensentscheidung Betroffene hat dementsprechend einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem eingeschränkten Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle (§ 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz SGG ). Rechtswidrig können demnach Verwaltungsakte bei Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch sein.

Solche Sachverhalte liegen nicht vor. Die Beklagte hat als öffentliches Interesse an der Rücknahme hinsichtlich der Rentenhöhe das Erfordernis der Gesetzmäßigkeit jeden Verwaltungshandelns, das die Beseitigung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes erfordert, bei ihrer Ermessensentscheidung eingestellt. Im Rahmen der Anhörung und des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin lediglich Gründe geltend gemacht, aus denen sich die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 15. August 2005 und die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 03. Dezember 2007 ergeben sollen. Gesichtspunkte, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung in Betracht zu ziehen sind, hat sie hingegen nicht vorgetragen. Ermessen braucht jedoch nur insoweit ausgeübt zu werden, als hierfür geeignete Tatsachen vorhanden sind. Diese sind, soweit sie nicht aktenkundig sind, vom Betroffenen bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens geltend zu machen (vgl. Wiesner in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 45 Rdnr. 94 m. w. N.). Angesichts dessen, dass solche vorliegend nicht vorgetragen wurden und auch nicht aktenkundig sind, ist es genügend, wenn die Beklagte dargelegt hat, dass in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens (auch) von der teilweisen Rücknahme nicht abgesehen werden konnte.

War die Beklagte somit berechtigt, den die große Witwenrente bewilligenden Bescheid vom 15. August 2005 und den Bescheid vom 21. Mai 2006 hinsichtlich der Rentenhöhe zurückzunehmen, so sind nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X die zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 1 819,99 EUR zu erstatten.

Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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