L 15 VK 7/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 V 15/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VK 7/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 36/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Schädigungsfolgen
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
München vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger wegen einer Verschlimmerung der Schädigungsfolgen Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einem höheren Grad der Schädigung (GdS) als bisher zu gewähren ist.

Der 1926 geborene Kläger, der nach eigenen Angaben seit seiner Kindheit unter Ohrenbeschwerden und wiederholten Ohrerkrankungen, so z.B. einer Mittelohrentzündung im Jahre 1943 mit danach stark herabgesetztem Hörvermögen rechts gelitten hatte, wurde am 10.02.1945 im Rahmen seines Wehrdienstes durch Granatsplitter verletzt. Die Verletzung betraf das Gesicht, den rechten Oberarm und die rechte Brustseite; er verlor dabei das rechte Auge.

Bei einer Begutachtung am 14.02.1949 wurden u.a. Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenks angefertigt, die einen Granatsplitter in den Weichteilen, sicher extrakapsulär, ergaben. Als Diagnosen wurden ein Totalverlust des rechten Auges durch Granatsplitterverletzung, ein bohnengroßer Granatstecksplitter im Musculus deltoideus rechts und eine Schwerhörigkeit rechts geringen Grades gestellt. Eine Hirnverletzung bestand nicht. Der Erwerbsminderungsgrad wurde insgesamt auf 40 % geschätzt (Augen: 30 %; Hörfähigkeit: 20 %).

Mit Bescheid vom 22.08.1952 wurden als Körperschaden anerkannt:
1. Verlust des rechten Auges durch Splitterverletzung,
2. bohnengroßer Stecksplitter in der Oberarmmuskulatur,
3. Schwerhörigkeit rechts geringen Grades.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde ab dem 01.02.1947 mit 40 v.H. eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 05.06.1956 wurde die Grundrente für Beschädigte nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. festgesetzt, nachdem sich bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung die Schwerhörigkeit rechts als hochgradig dargestellt hatte. Bei der Begutachtung war die Beweglichkeit des rechten Arms in allen Gelenken frei gewesen.

Bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung am 20.01.1959 klagte der Kläger über ein schlechtes Hörvermögen am rechten Ohr, eine Entzündung der rechten Augenhöhle und öfters Schmerzen am rechten Arm, vielleicht auch vom vielen Schreiben mit der Rechenmaschine.

Die Granatsplitter im Bereich der Schulter wurde bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung im Jahre 1963, bei der auch Röntgenaufnahmen angefertigt wurden, als reizlos in den Weichteilen eingewachsen beschrieben.

Mit Anfechtungsbescheid vom 27.05.1964 wurden die bisherigen Bescheide dahingehend berichtigt, dass die Gesundheitsstörung "hochgradige Schwerhörigkeit rechts" nicht im Sinne der Entstehung, sondern im Sinne der Verschlimmerung anerkannt wurde; der anerkannte Grad der MdE blieb gleich.

Im Jahre 1966 gab der Kläger seit fünf Monaten bestehende Schmerzen in der rechten Schulter und eine Luxation der Schulter an und stellte einen Antrag auf Neufeststellung wegen Verschlimmerung. Eine daraufhin durchgeführte HNO-ärztliche Begutachtung vom 12.10.1966 ergab keine wesentliche Veränderung. Bei einer versorgungs-fachchirurgi-schen Begutachtung am selben Tag konnten wesentliche Veränderungen nicht festgestellt worden. Radiologisch ließen sich die Stecksplitter weiterhin nachweisen, wobei am Schultergelenk selbst keine Veränderungen, auch keine Arthrose, erkennbar waren. Dass der rechte Arm etwas schwächer als der linke war, wurde damit erklärt, dass der Kläger Linkshänder sei. Die Stecksplitter könnten nicht die Ursache für die in den letzten Jahren aufgetretenen Beschwerden sein. Eine Neufeststellung wurde mit Bescheid vom 24.10.1966 abgelehnt.

Ab 1968 traten beim Kläger mehrfach habituelle - so sein behandelnder Arzt Prof. Dr. F. - Schultergelenksluxationen rechts auf. Am 22.11.1973 beantragte der Kläger, die habituelle Schultergelenksluxation rechts als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen. Am 30.11.1973 - so die Angaben des Klägers - wurde er an der rechten Schulter operiert; es erfolgte eine Verkürzung der Bänder, der bohnengroße Granatsplitter wurde entfernt.

Der Orthopäde Dr. H. sah in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.12.1973 einen Zusammenhang der habituellen Schulterluxationen mit den anerkannten Schädigungsfolgen nicht. Mit Bescheid vom 21.12.1973 wurde die Anerkennung der habituellen Schultergelenksluxation rechts als Schädigungsfolge abgelehnt.

Bei einer am 26.11.1974 durchgeführten radiologischen Beurteilung diverser Röntgenaufnahmen aus der Zeit von 1963 bis 1974 wurde - wie auch schon früher - festgestellt, dass der Grantsplitter nicht im Gelenk zu liegen scheine und knöcherne Verletzungsfolgen in der Splitterumgebung nicht zu sehen seien. Es wurde ein zweiter stecknadelgroßer Splitter in den Weichteilen des Oberarmkopfes erkannt.

Der Orthopäde Dr. H. bestätigte am 17.12.1974 seine Auffassung, dass eine Veränderung am rechten Schultergelenk nicht als Verschlimmerung anerkannt werden könne. Vor 1968 hätten niemals Schultergelenksluxationen rechts stattgefunden.

Mit Bescheid vom 20.01.1975 wurden die anerkannten Schädigungsfolgen nach der Schulteroperation wie folgt beschrieben:
1. Verlust des rechten Auges mit plastischem Ersatz des Unterlides, Verschluss des Tränenganges, dadurch bedingte Reizung der Augenhöhlenschleimhaut,
2. kleinerer, reizlos in den Weichteilen der rechten Schulter eingeheilter Granatsplitter ohne Funktionsstörung,
3. hochgradige Schwerhörigkeit rechts,
wobei die Ziffern 1 und 2 durch die schädigenden Einwirkungen hervorgerufen und die Ziffer 3 verschlimmert worden seien. Die MdE betrage 50 v.H.

Am 07.01.1987 beantragte der Kläger, der zuvor als selbständiger Steuerberater nicht unerhebliche Einkünfte (z.B. Gewinn in Höhe von 122.701,- DM in 1978) erzielt hatte, Berufsschadensausgleich, da er seit 1984 Verluste bzw. nur geringe Einkünfte erzielt habe.

Mit Bescheid vom 31.10.1989 lehnte der Beklagte die Höherbewertung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit und die Gewährung von Berufsschadensausgleich ab. Die anerkannten Schädigungsfolgen hätten weder die Berufsaufgabe noch die damit verbundene Einkommensminderung herbeigeführt.

Bei einer versorgungsärztlichen Begutachtung am 26.06.1990 gab der Kläger an, sich nach dem Krieg wieder voll leistungsfähig gefühlt zu haben und fünf Jahre aktiv Leistungssport betrieben zu haben. Dabei habe er von Seiten seiner Schulter eigentlich keine Beschwerden gehabt. Nach Beendigung der sportlichen Karriere hätten die Beschwerden erst begonnen; im Laufe der Jahre habe er sich sechsmal die Schulter ausgerenkt. Nach der Schulteroperation, bei der der große Splitter entfernt worden sei, habe er keine Schulterluxationen mehr gehabt. Einen Zusammenhang der Luxationsneigung im Bereich der rechten Schulter mit den reizlos in den Weichteilen eingeheilten Granatsplittern konnte der Gutachter nicht erkennen. Die Beschwerden seien degenerativer Art. Wesentliche Änderungen im Vergleich zu den Verhältnissen, wie sie für den Bescheid vom 20.01.1975 maßgeblich gewesen seien, lägen nicht vor.

Am 26.06.1990 erstellte Dr. N. ein HNO-ärztliches Gutachten. Die dabei festgestellte geringfügige Gehörverschlechterung beidseits könne nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis zurückgeführt werden, sondern sei durch den Altersabbau des Hörvermögens verursacht. Eine Änderung in den maßgeblichen Verhältnissen für die Feststellung des Versorgungsanspruchs sei nicht eingetreten.

Am 09.07.1990 wurde das rechte Schultergelenk des Klägers geröntgt. Dabei zeigte sich keine wesentliche Reaktion des an den Fremdkörperschatten angrenzenden Knochengewebes.

Mit Bescheid vom 20.09.1990 lehnte es der Beklagte ab, den Anspruch auf Versorgung nach dem BVG neu festzustellen, da sich keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ergeben habe.

Das dagegen unter dem Aktenzeichen S 26 V 43/90 vor dem Sozialgericht München durchgeführte Verfahren brachte dem Kläger keinen Erfolg (Urteil vom 02.02.1993). In diesem Verfahren war ein HNO-ärztliches Gutachten bei Dr. J. eingeholt worden. Eine Verschlechterung von Schädigungsfolgen liege - so der Sachverständige - nicht vor. Sofern sich die Hörfähigkeit des Klägers verschlechtert habe, sei dies neben einem in Betracht zu ziehenden Altersabbau auf eine anlagebedingte Neigung zu Mittelohrkatarrhen zurückzuführen, die beidseits gegeben sei. Seit dem zehnten Lebensjahr sei es beim Kläger immer wieder zu Mittelohrentzündungen gekommen. Bereits bei der Musterungsuntersuchung im Jahr 1943 sei eine chronische Mittelohrentzündung rechts festgestellt worden. Dem Kriegsdienst könne nur die Rolle einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung zugerechnet werden, da unter den Verhältnissen des Kriegsdienstes die Behandlung einer solchen Erkrankung nicht in der Weise vorgenommen werden könne wie in Friedenszeiten. Auch ohne Kriegsdienst wäre es mit Wahrscheinlichkeit beim Kläger in der Nachkriegszeit immer wieder zu Eiterungen gekommen.

Mit Schreiben vom 10.08.2006 stellte der Kläger erneut einen Verschlimmerungsantrag und Antrag auf Berufsausgleichsrente. Die anerkannte Schwerhörigkeit habe sich stark verschlechtert. Zudem sei die Bewegungsfähigkeit des kriegsverletzten rechten Arms zurückgegangen. Da der Sehnerv nur 2 mm vom Hauptsehnerv durch den Granatsplitter durchtrennt worden sei, würden sich durch Vernarbungen Gleichgewichtsprobleme zeigen. Er beantrage eine Versorgung mit 80 %. Wegen einer Verschlechterung des Sprachausdrucks beantrage er eine Berufsausgleichsrente, da er seinen Beruf als Steuerberater nicht mehr ausüben könne.

Im Auftrag des Beklagten gab der HNO-Arzt Dr. E. am 30.01.2007 eine ärztliche Stellungnahme ab. Bei einem Vergleich des heuten Hörvermögens mit dem, was dem rechtskräftigen Bescheid von 1975 zu Grunde liege, falle auf, dass es neben einer geringfügigen Zunahme der Hörminderung auf dem rechten Ohr jetzt schädigungsfremd zu einer Schwerhörigkeit auf dem linken Ohr gekommen sei, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bei dem mittlerweile fast 81-jährigen Kläger auf chronisch-degenerative, altersbegleitende Einflüsse im Sinne einer Presbyakusis zurückzuführen sei. In der Gesamtschau der jetzt vorliegenden Hörstörung würden bei weitem schädigungsfremde Ursachen überwiegen, so dass eine Verschlechterung der anerkannten Schädigungsfolgen nicht vorliege. Es sei weiterhin von einer hochgradigen Schwerhörigkeit rechts mit einer MdE in Höhe von 20 v.H. auszugehen. In seinem früheren Beruf als Steuerberater sei die anerkannte Schädigungsfolge einer rechtsseitigen hochgradigen Schwerhörigkeit nicht erheblich, so dass ein Berufsschadensausgleich abzulehnen sei. Auf Grund der ausführlich dokumentierten Aktenlage sei eine versorgungsärztliche Untersuchung entbehrlich.

Mit Bescheid vom 14.02.2007 lehnte es der Beklagte ab, die bisherigen Entscheidungen vom 20.01.1975 zur Versorgungsrente und vom 31.10.1989 zum Berufsschadensausgleich aufzuheben und den Anspruch auf Versorgung neu festzustellen. Eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Die geringfügige Zunahme der Hörminderung auf dem rechten Ohr sowie die Schwerhörigkeit links seien auf chronisch-degenerative altersbegleitende Einflüsse zurückzuführen und damit schädigungsfremd. Im früheren Beruf des Klägers als Steuerberater sei die als Schädigungsfolge anerkannte rechtsseitige hochgradige Schwerhörigkeit nicht erheblich, so dass an der Bindungswirkung des rechtsverbindlichen Bescheides vom 31.10.1989 über die Ablehnung des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich weiterhin festgehalten werde.

Mit Schreiben vom 27.02.2007 legte der Kläger Widerspruch ein. Für jeden normal denkenden Menschen sei es klar, dass ein Kriegsschaden im Gehör sich im Laufe der Zeit verschlechtere. Er habe bei Heilkuren erfahren können, dass Behördenbedienstete selbstverständlich bei einem Verschlimmerungsantrag eine höhere Einstufung erhalten würden. Dies sei auch beim Berufsausgleich der Fall. Er müsse es hinnehmen, dass der Staat immer mehr zum Selbstbedienungsladen der öffentlichen Hand werde. Er werde dies überstehen. An seinen Anträgen halte er fest.

In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.03.2007 führte der HNO-Arzt Dr. N. aus, dass sich für die für den Verschlimmerungsantrag veranschlagte MdE für die Schwerhörigkeit von 20 v.H. keine neuen Gesichtspunkte ergeben hätten. Nach den gültigen Anhaltspunkten entspreche eine MdE von 20 v.H. einer einseitigen Taubheit. Die MdE von 20 v.H. sei sehr hoch bewertet. Auch durch die Änderung der Anhaltspunkte sei keine wesentliche Änderung der MdE eingetreten. Die MdE sei weiterhin bei weitem ausreichend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2007 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der MdE-Grad sei mit 50 v.H. ausreichend bewertet.

Mit Schreiben vom 20.04.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Früher habe er auf dem linken Ohr 4/6 und auf dem rechten 2/6 hören können und damit einigermaßen die Umgangssprache verstanden. Jetzt höre er auf beiden Ohren nur noch 2/6 und verstehe in der normalen Unterhaltung kein Wort mehr. Dies sei - so "die schlauen Bürokraten, die nur bei Staatsbediensteten sich großzügig erweisen" - altersbedingt. Er beantrage eine unabhängige Begutachtung.

Nachdem der Kläger eine Entbindung seiner behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht als "unsinnige Erpressung" abgelehnt hatte und daher eine Einholung von Befundberichten bei den behandelnden Ärzten des Klägers nicht möglich gewesen war, hat der HNO-Arzt Dr. K. im Auftrag des Gerichts am 13.05.2009 ein Gutachten erstellt. Darin hat er Folgendes ausgeführt:

Der Kläger habe angegeben, dass er bis 2004 seiner Meinung nach gut gehört habe; seither leide er unter einer Schwerhörigkeit rechts mehr als links. Zudem habe er über eine Gangunsicherheit sowie gelegentlichen diffusen Schwindel berichtet. Die bei der Begutachtung durchgeführte Untersuchung habe aktuell eine kombinierte Schwerhörigkeit rechts, die als Taubheit zu bezeichnen sei, sowie eine mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit links ergeben. Die angegebene Gleichgewichtsstörung könne aus HNO-ärztlicher Sicht nicht eindeutig bestätigt werden.

Die Schwerhörigkeit, die dem Bescheid vom 20.01.1975 zu Grunde gelegen sei, habe sich in den letzten Jahren verschlechtert. Die heute vorliegende Taubheit rechts und die mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit links könnten aber nicht mit Wahrscheinlichkeit auf schädigende Ereignisse im Sinne des § 1 BVG zurückgeführt werden. Die Schwerhörigkeit, wie sie sich heute 64 Jahre nach dem schädigenden Ereignis auf dem linken Ohr darstelle, sei als typische Altersschwerhörigkeit anzusehen; auch der Abfall der Knochenleitungshörkurve rechts stelle einen altersentsprechenden Vorgang dar. Weitere anzuerkennende Schädigungsfolgen lägen nicht vor. Die MdE für die Schädigungsfolge auf HNO-ärztlichem Fachgebiet betrage ab August 2006 unverändert 20 v.H.

Am 06.07.2009 hat der Kläger erklärt, ein Gegengutachten erstellen zu lassen. Seiner Meinung nach könne er vor Gericht nicht Recht bekommen, da er nicht zur politischen Klasse gehöre. Mit Schreiben vom 28.10.2009 hat er das vorliegende Gutachten als wertlos bezeichnet. Zudem hat er auf einen Änderungsbescheid vom 02.10.1990, der in einer Angelegenheit nach dem Schwerbehindertengesetz ergangen war, verwiesen. Danach sei eine Schwerhörigkeit beidseits anerkannt, die - so der Kläger - allgemein mit 50 % zu bewerten sei. Zudem hat der Kläger auf seine Kriegsverletzungen am Auge aufmerksam gemacht und auf die zwar anerkannte, aber nicht bewertete Schulterarthrose hingewiesen. Alle Behinderungen zusammengerechnet, ergebe sich ein Kriegsbeschädigten-Schaden von 180 %.

Zur weiteren Sachaufklärung hat das Gericht ein augenärztliches Gutachten bei Prof. Dr. Dr. L. vom 17.12.2009 eingeholt. Bei der Begutachtung - so der Sachverständige - habe sich der Kläger verwundert gezeigt, dass er zu einem augenärztlichen Gutachter geschickt worden sei. Der Befund des rechten Auges mit Glasprothese und Unterlidplastik sowie einer chronischen Vereiterung der Augenhöhle sei unverändert geblieben. Es sei weder eine Verbesserung noch eine Verschlimmerung eingetreten. Am nicht verletzten linken Auge habe sich altersbedingt eine fortgeschrittene Linsentrübung entwickelt. Dieses Geschehen sei unabhängig von der Kriegsverletzung. Der GdS bestehe unverändert fort.

Am 18.01.2010 hat der Kläger moniert, dass staatsbedienstete Kriegsbeschädigte eine wesentlich höhere Rente - 2.500,- EUR gegenüber 300,- EUR für "freie" Menschen - erhalten würden. Er frage, warum er eine Kopie des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. L. erhalten habe und warum das Gericht nicht das ärztliche Attest des Dr. L. vom 22.10.2009, das er im Rahmen eines zwischenzeitlich gestellten Befangenheitsantrags vorgelegt hatte, akzeptieren wolle. Darin hatte der genannte Arzt dem Kläger attestiert, dass er sich seit Jahren in seiner orthopädischen Behandlung befinde. Es bestehe eine posttraumatische Arthrose der rechten Schulter mit hochgradiger Funktionsstörung als Folge der im Krieg erlittenen Granatsplitterverletzung der rechten Schulter. Die linke unverletzte Schulter sei demgegenüber absolut arthrosefrei.

Nachdem das Gericht - mit Blick auf die Angaben des Klägers zu Gleichgewichtsstörungen - ein weiteres Gutachten beim Neurologen und Psychiater Dr. K. in Auftrag gegeben hatte, hat der Kläger mitgeteilt, dass er auf weitere ärztliche Gutachten verzichte; die Gleichgewichtsstörung im Zusammenhang mit den Augen und der Gehörverletzung im Krieg solle beiseite gestellt werden.

Bei der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2010 hat der Kläger sich dahingehend geäußert, dass im Recht der Kriegsbeschädigtenversorgung eine Gesamtbetrachtung und damit ein Zusammenziehen der Leiden seiner Ansicht nach nicht statthaft seien. Eine Begutachtung wegen der Arthrose am rechten Schultergelenk halte er nicht für sinnvoll, da die Gutachter wieder nur die Vorgutachten bestätigen würden. Er hat beantragt, die festgestellten Kriegsbeschädigungsfolgen mit den festgestellten Graden der Schädigungsfolgen zusammenzuzählen und auf dieser Grundlage Beschädigtenversorgung zu leisten.

Mit Urteil vom 12.05.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Wie die auf HNO-ärztlichem und augenärztlichem Fachgebiet eingeholten Gutachten gezeigt hätten, lägen keine Verschlimmerungen der Kriegsschädigungsfolgen vor. Die beim Kläger vorliegende Schwerhörigkeit links sei auf kein schädigendes Ereignis im Sinne des § 1 BVG zurückzuführen, sondern stelle eine typische altersbedingt nachlassende Hörfähigkeit dar. Der Zustand des betroffenen rechten Auges sei nach wie vor unverändert. Weitere Ermittlungen seien nicht durchführbar, da der Kläger eine Begutachtung abgelehnt habe. Eine Beschädigtenversorgung unter Zugrundelegung eines höheren GdS als 50 ergebe sich auch nicht daraus, dass für Schädigungsfolgen festgestellte Einzel-GdS zusammengezählt werden müssten. Wie sich aus § 30 Abs.1 BVG ergebe, sei der GdS nach der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu ermitteln. Aus zunächst ermittelten Einzel-GdS sei in einem weiteren Schritt unter Berücksichtigung der zwischen den Gesundheitsstörungen bestehenden Wechselbeziehungen und des insgesamt bestehenden Gesamtleidenszustandes ein Gesamt-GdS zu bilden. Starre Rechenregeln seien dabei nicht anzuwenden, insbesondere dürften nicht sämtliche festgestellten Einzel-GdS addiert werden. Bezüglich der beim Kläger festgestellten Schädigungsfolgen bezüglich des Auges liege ein Einzel-GdS von 40, bezüglich des Stecksplitters an der Schulter ein Einzel-GdS von 10 und bezüglich der hochgradigen Schwerhörigkeit rechts im Sinne der Verschlimmerung ein Einzel-GdS von 20 vor. Daraus ergebe sich zutreffend ein Gesamt-GdS von 50.

Am 18.06.2010 hat der Kläger Berufung eingelegt. Von den gerichtlich bestellten Sachverständigen halte er gar nichts. Sie seien nicht besser als die in den vergangenen Systemen und würden immer das erklären, was das Gericht wolle. Der Gutachter Prof. Dr. Dr. L. habe sich als verlässlicher Gutachter gezeigt, als er die fortgeschrittene Linsentrübung als altersbedingt bezeichnet habe. Noch miserabler seien die Ausführungen des Gutachters Dr. K., wenn dieser die Verschlimmerung der seit der Kriegsverletzung bestehenden Schwerhörigkeit als altersentsprechenden Vorgang ansehe. Seine beiden gleichaltrigen Brüder würden noch sehr gut hören. Zudem sei ein Leiden als Schädigungsfolge anzusehen, wenn über die Ursache in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit bestehe. Das erstinstanzliche Gericht sei zu Unrecht nicht von einer Kann-Versorgung ausgegangen. Die Behandlung seiner Schulterverletzung sei als Straftat im Amt anzusehen. Es sei notwendig gewesen, die Gelenkskapsel zu öffnen, um den Splitter zu entfernen. Es stehe wissenschaftlich fest, dass sich nach Öffnung einer Gelenkkapsel eine Arthrose bilden könne. Weiter hat er auf das Attest des Dr. L. vom 22.10.2009 hingewiesen. Der Kläger meint, dass folgende Schädigungsfolgen bestünden:
- Taubheit rechts sowie Schwerhörigkeit links - GdS mindestens 40 -,
- fortschreitende Linsentrübung, fehlendes Unterlied, Verlust des Auges - GdS 50 -,
- hochgradige Funktionsstörung der rechten Schulter mit posttraumatischer Arthrose - GdS 40 - ,
- insgesamt 130 %.
Ein Gesamt-GdS von 100 sei für jedermann erkennbar. Weiter hat der Kläger klargestellt, dass er nicht nochmals zu den "angeschleimten, vom Gericht bestellten Gutachtern" gehen werde.

Nach anfänglichem Weigern, sich einer weiteren Begutachtung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen zu unterziehen, da diese Gutachter - wie auch schon in der Nazijustiz - immer so entscheiden würden, wie es das Gericht wolle, hat sich der Kläger von der Chirurgin Dr. B. untersuchen und begutachten lassen. Im Gutachten vom 22.12.2010 hat die Sachverständige Folgendes ausgeführt:

Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des rechten Schultergelenks, wie sie im Bescheid vom 20.01.1975 zu Grunde gelegt worden seien, sei nicht eingetreten. Bereits bei der Untersuchung durch Dr. H. im Jahr 1974 sei die Seitwärtshochbewegung nur um ca. 80 Grad, die Vorwärtshochbewegung um ca. 90 Grad und die Rückwärtshochbewegung um 30 Grad möglich gewesen. Bei der gutachtlichen Untersuchung hätten sich eine Seitwärtshochbewegung von 90 Grad, eine Vorwärtshochbewegung von 80 Grad und eine Rückwärtshochbewegung von 30 Grad ergeben, so dass sich die Beweglichkeit nicht wesentlich verändert habe. Der Röntgenbefund vom 10.05.1974 habe grobe arthrotische Veränderungen des rechten Schultergelenks gezeigt. Die Röntgenuntersuchung vom 19.11.2010 zeige erhebliche degenerative Veränderungen im Sinne einer fortgeschrittenen Arthrose. Eine wesentliche Änderung der Befunde sei nicht eingetreten; mutmaßlich werde sich die bereits damals diagnostizierte und radiologisch nachgewiesene fortgeschrittene Arthrose des rechten Schultergelenks verschlimmert haben.

Zur Frage, ob die vom Kläger an der rechten Schulter geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit auf die Granatsplitterverletzung zurückgeführt werden könnten, hat die Gutachterin darauf hingewiesen, dass sich in sämtlichen Attesten keinerlei Hinweise gefunden hätten, dass die Granatsplitter am rechten Schultergelenk intraartikulär gelegen sein könnten. In zahlreichen Befunden seien die Granatsplitter als reizlos in den Weichteilen eingeheilt beschrieben worden. Lediglich der Kläger selbst behaupte, dass eine Splitterverletzung im rechten Schultergelenk vorgelegen habe. Auch sei am 05.06.1963 keinerlei Beeinträchtigung der Beweglichkeit am rechten Schultergelenk angegeben worden. Die Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenks damals hätten glatte Gelenkflächen gezeigt; beide Granatsplitter seien innerhalb der Weichteile dicht hinter dem Oberarmkopf beschrieben worden. Auch am 26.11.1963 sei nochmals beschrieben worden, dass das Schultergelenk selbst von der Verletzung nicht betroffen gewesen sei. 1966 sei eine freie Beweglichkeit des rechten Schultergelenks angegeben worden. Am 15.02.1973 sei von Prof. Dr. F. bestätigt worden, dass es sich bei dem Krankheitsbild am rechten Schultergelenk um eine habituelle Schultergelenksluxation rechtsseitig handle und eine entsprechende Operation erforderlich sei, da wiederholt Luxationen aufgetreten seien.

Zur näheren Erläuterung hat die Gutachterin erklärt, dass die sog. habituelle Schulterluxation eine atraumatische Schultergelenksluxation sei. Dabei komme es zum Herausspringen des Schultergelenkes ohne jegliches Trauma, beispielsweise bei der Ausführung gewohnheitsmäßiger Bewegungen. Die Ursachen für die Entstehung habitueller Schulterluxationen seien anlagebedingt. Als Beispiel hierfür könnten zum Beispiel angeborene schlaffe Bänder genannt werden.

Somit erscheine es aus medizinischer Sicht nicht schlüssig nachweisbar, dass die festgestellte Arthrose des rechten Schultergelenkes auf die extraartikulär liegenden Granatsplitter zurückzuführen sei, sie stelle eine Folgeerscheinung nach mehrfacher Schulterluxation dar. Die heute hochgradige Arthrose des rechten Schultergelenks sei daher auf schädigungsunabhängige Umstände zurückzuführen.

Die medizinischen Voraussetzungen für eine Kann-Versorgung lägen nicht vor. Die Ursache des festgestellten Leidens sei in den mehrfach stattgefundenen habituellen Schulterluxationen zu sehen.

Mit Schreiben vom 19.01.2011 hat der Kläger das eingeholte Gutachten als wertlos bezeichnet. Er hat beanstandet, dass die in den Sechziger- und Siebzigerjahren angefertigten Röntgenaufnahmen bei der Begutachtung nicht vorgelegen hätten, da sie aus der Akte entfernt worden seien. Dieses Verschwinden könne ihm nicht angelastet werden. Wenn die Gutachterin ausgeführt habe, dass sich in allen Attesten keinerlei Hinweise darauf befunden hätten, dass die Granatsplitter intraartikulär gelegen sein könnten, sei es geradezu absurd, aus diesem Weglassen einen Beweis zu konstruieren. Die "angeschleimten" Gutachter hätten selbstverständlich diese Feststellung vermieden. Bei einer Röntgenaufnahme am 05.06.1963 sei beschrieben worden, dass der Granatsplitter dicht hinter dem Oberarmkopf sitze. Er befinde sich also an der Innenseite und nicht in einem Weichteil. Es gehöre zum Allgemeinwissen, dass ein Fremdkörper, falls er sich nicht entzünde oder auseitere, verkapselt werde. Wie weit sich das Verkapseln des dicht hinter dem Oberarmkopf liegenden Splitters abgespielt habe und welche Wirkung daraus entstanden sei, werde in keinem Gutachten dargestellt. Die Schulterluxationen hätten sich alle in einem kurzen Zeitraum vor der Operation ereignet und danach nicht mehr. Auf die Operation im November 1973 habe er gedrängt, da ihm die Ärzte erklärt hätten, dass er ohne Entfernen des Splitters immer mit Luxationen rechnen müsse. Inwieweit die Verkapselung sich ausgeweitet habe und den Oberarmkopf weggedrückt habe, sei auf den Röntgenbildern nicht erkennbar. Das Gutachten sei fehlerhaft und widersprüchlich; die Gutachter würden auch heute noch so wie in den vorangegangenen Systemen arbeiten. Rechtlich stehe fest, dass die Anerkennung der Schulterverletzung als Kriegsbeschädigung schon im ersten Rentenbescheid vom 06.05.1955 erfolgt sei. Daraus ergebe sich logisch, dass alle danach auftretenden Veränderungen in der Schulter als Folgeschäden anzuerkennen seien, zumal der linke Arm völlig in Ordnung sei. Es sei ein GdS von 100 festzusetzen. Alle im Staatsdienst beschäftigten Kriegsbeschädigten würden auf jedes einfache ärztliche Attest hin eine Erhöhung der Rente erhalten.

Mit Schreiben vom 26.01.2011 hat der Kläger mitgeteilt, dass mit ihm verwandte Ärzte durchaus eine intraartikuläre Lage des Granatsplitters annehmen würden. Durch die Verkapselung des Granatsplitters habe sicherlich eine Verbindung zum rechten Oberarmkopf stattgefunden. Das Entfernen von Röntgenaufnahmen aus der Akte durch das Versorgungsamt stelle einen absichtlichen Prozessbetrug dar. Da keiner der freien Ärzte bereit sei, zu dem als Unsinn zu bezeichnenden Gutachten detailliert Stellung zu nehmen, übersende er ein Attest des Dr. L. vom 20.01.2011. Darin hat dieser Arzt ohne irgendeine weitere Begründung ausgeführt, dass er keine Veranlassung sehe, von seinem Attest vom 22.10.2009 abzuweichen.

Die gerichtliche Gutachterin Dr. B. hat sich am 18.02.2011 ergänzend zu den Einwendungen des Klägers geäußert. Der Kläger versuche in laienhafter Art und Weise, die vorliegende Befunddokumentation für seine Bedürfnisse umzudeuten. Die von ihm vermutete Verkapselung des Fremdkörpers bleibe eine reine Spekulation. Eine Verkapselung sei nirgendwo beschrieben und würde im Übrigen auch an der Befundbeurteilung nichts ändern. Es fehle in der gesamten dokumentierten Krankheitsgeschichte jeglicher Hinweis auf einen intraartikulär liegenden Granatsplitter im rechten Schultergelenk. Vielmehr sei zahlreich und mehrfach immer von einem extraartikulär gelegenen Fremdkörper die Rede gewesen. Das Attest des Dr. L. sei wenig hilfreich; offensichtlich würden diesem Arzt nicht ausreichende Informationen vorliegen. Auch habe dieser die Krankheit der habituellen Schulterluxation rechts nicht erwähnt. Fraglich sei, ob diese Vorerkrankung dem Dr. L. bekannt gewesen sei. Sollte die Behauptung des Klägers tatsächlich stimmen, dass sich der Granatsplitter intraartikulär befunden habe, wäre es sehr fraglich, warum er dann viele Jahre mit dem rechten Arm problemlos und ohne Bewegungseinschränkung gelebt habe. Schulterluxationen seien in der Aktenlage dokumentiert über einen Zeitraum von 1966 bis 1973. Für die Behauptung, dass die behandelnden Ärzte im November 1973 erklärt hätten, dass er ohne Entfernung des Splitters immer mit Luxationen zu rechnen habe, fänden sich in den Akten keinerlei Belege. Die Mutmaßung, dass eine eventuell vorhandene Verkapselung des Granatsplitters sich ausgeweitet und den Oberarmkopf weggedrückt habe, entbehre jeder medizinischen Grundlage. Mehrfach sei die extraartikuläre Lage des Granatsplitters beschrieben worden. Das Herausrenken des Oberarmkopfs aus der Pfanne (Luxation) verursache üblicherweise fast immer einen im Gelenk liegenden Schaden. Derartige Schäden würden üblicherweise zu einer früher oder später eintretenden arthrotischen Verschleißerscheinung führen.

Dazu hat der Kläger mit Schreiben vom "04.03.2010" (richtig: 2011) darauf hingewiesen, dass der Befund von 1963 (dicht hinter dem Oberarmkopf liegender Splitter) ausreichend die intraartikuläre Lage bestätigt habe, auch wenn das Wort dafür nicht angewendet worden sei. Die Aussage des Dr. L., der viele Gelenksoperationen durchführe, sei fundiert. Zu der Operation (vom November 1973) liege kein Operationsbericht mehr vor, da die Akten vernichtet worden seien. Dr. L. würde sich noch ergänzend äußern; das Verfahren sei daher bis zur Stellungnahme auszusetzen. Eine weitere Stellungnahme des Dr. L. hat der Kläger dann aber nicht mehr vorgelegt, da das Gericht dieser seiner Meinung nach ohnehin nicht folgen würde.

Mit Schreiben vom 10.07.2011 hat der Kläger beantragt, wegen fehlender Prozessfähigkeit des Versorgungsamts alle vorausgegangenen Entscheidungen der Gerichte und des Versorgungsamts aufzuheben und dem Verschlimmerungsantrag in vollem Umfang (GdS 100) stattzugeben. Dem Versorgungsamt fehle die Prozessfähigkeit gemäß § 50 Zivilprozessordnung (ZPO) wegen Straftaten im Amt nach § 339 Strafgesetzbuch (StGB).

Der Kläger, der zur mündlichen Verhandlung am 17.09.2011 nicht erschienen ist, beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.05.2010 und den Bescheid des Beklagten vom 14.02.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2007 aufzuheben und ihm eine Versorgung nach einem GdS von 100 zuzusprechen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des Sozialgerichts München zum Az. S 33 V 15/07 beigezogen. Zudem haben die Akten des Sozialgerichts München zu den Az. S 29 V 26/04, S 29 V 48/00, S 29 V 53/99, S 29 V 431/90 und S 29 V 931/84 sowie des Bayerischen Landessozialgerichts zu den Az. L 5 SF 240/09 AB und L 15 VK 8/10 ER vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -)

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Gegenstand der Berufung ist die Frage, ob dem Kläger wegen einer Verschlechterung der Folgen seiner Kriegsverletzung ein höherer GdS zusteht, was zu höheren Versorgungsleistungen führen würde. Nicht Gegenstand ist ein Berufsschadensausgleich gem. § 30 Abs. 3 BVG oder Anspruch auf Ausgleichsrente gem. § 32 BVG. Die Anträge des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht haben derartige Ansprüche nicht umfasst, sodass diese Regelungsbereiche des angefochtenen Bescheids nicht mehr Streitgegenstand sind; dem entsprechend hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nur einen höheren GdS - nämlich von 100 - angestrebt, wie sich seinem Schriftsatz vom 17.06.2010 entnehmen lässt.

Der Kläger hätte gem. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) einen Anspruch auf eine höhere Beschädigtenversorgung in Form von höherer Beschädigten-Grundrente gem. § 31 BVG nur dann, wenn sich bei den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, wie sie der Gewährung von Versorgung zugrunde liegen, eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlechterung ergeben hätte. In Betracht dafür kommen eine Verschlimmerung der als Schädigungsfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen oder das Auftreten weiterer als Schädigungsfolgen anzuerkennender Gesundheitsstörungen.

Nichts davon ist vorliegend der Fall:

1.
Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt einer Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen:

Als Schädigungsfolgen mit Bescheid vom 20.01.1975 anerkannt - und mit einem Gesamt-GdS von 50 zutreffend bewertet - sind:
- Verlust des rechten Auges mit plastischem Ersatz des Unterlides, Verschluss des Tränenganges, dadurch bedingte Reizung der Augenhöhlenschleimhaut,
- kleinerer, reizlos in den Weichteilen der rechten Schulter eingeheilter Granatsplitter ohne Funktionsstörung,
- hochgradige Schwerhörigkeit rechts.

Eine Verschlimmerung dieser anerkannten Schädigungsfolgen liegt nicht vor:

1.1. Rechtes Auge:

Eine Verschlechterung des Zustandes des rechten Auges ist nicht gegeben. Der Zustand, wie er mit Bescheid vom 20.01.1975 anerkannt worden ist - Verlust des rechten Auges mit plastischem Ersatz des Unterlides, Verschluss des Tränenganges, dadurch bedingte Reizung der Augenhöhlenschleimhaut - liegt auch heute in weitgehend unveränderter Form vor. Dies hat der gerichtliche Gutachter Prof. Dr. Dr. L. in seinem überzeugenden, schlüssigen und ausführlich begründeten Gutachten vom 17.12.2009 dargestellt. Im Übrigen hat auch der Kläger selbst keine Verschlechterung des Zustandes am rechten Auge behauptet und war erstaunt, dass überhaupt auf augenärztlichem Gebiet eine Begutachtung durchgeführt worden ist.

1.2. Schwerhörigkeit:

Mit Bescheid vom 20.01.1975 ist bereits eine hochgradige und mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete Schwerhörigkeit rechts - nicht aber links - anerkannt worden. Ob diese Anerkennung als Schädigungsfolge ihrerseits zutreffend erfolgt ist oder ob nicht eher - wofür einiges spricht - eine Anerkennung mangels hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhangs nicht hätte erfolgen dürfen, ist für die jetzt zu treffende Entscheidung unerheblich, da das Gericht an die durch den Beklagten erfolgte Anerkennung der Schwerhörigkeit rechts als Schädigungsfolge gebunden ist und damit diese Frage nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist. Wie der Stellungnahme des HNO-Arztes Dr. E. im Verwaltungsverfahren, der Äußerung des HNO-Arztes Dr. N. im Widerspruchsverfahren und dem gerichtlichen Gutachten des HNO-Arztes Dr. K. vom 13.05.2009, dessen Ausführungen den Senat überzeugen, zu entnehmen ist, hat sich das schon bei Erlass des Bescheides vom 20.01.1975 hochgradig eingeschränkte Hörvermögen des rechten Ohrs seitdem nur noch geringfügig weiter verschlechtert - und auch nur geringfügig und rechtlich irrelevant weiter verschlechtern können. Denn bereits im Jahr 1975 ist von einer so stark ausgeprägten Schwerhörigkeit ausgegangen worden, dass diese mit einem GdS bewertet worden ist, wie er für eine einseitige Taubheit festzusetzen ist, die nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) mit einem GdS von 20 zu bewerten ist (vgl. VG, Teil B Nr. 5.2.4). Für eine weitere Verschlechterung ist insofern kein Raum mehr - schlechter als im Falle von Taubheit kann sich das Hörvermögen nicht darstellen. Die Argumentation des Klägers, dass es jedermann klar sein müsse, dass sich ein Kriegsschaden im Gehör sich im Laufe der Zeit verschlechtere, verkennt insofern die Tatsache, dass die anerkannte Schädigungsfolge bereits den mit Blick auf den GdS maximalen Zustand einer Schädigung darstellt.

Wenn der Kläger der - sicherlich zutreffenden - Einschätzung ist, dass sich sein Hörvermögen insgesamt verschlechtert und er daher jetzt größere Verständigungsprobleme hat, ist dies für die Höhe des GdS ohne Bedeutung. Denn der Rückgang des Hörvermögens ist darauf zurückzuführen, dass sich zwischenzeitlich auch das Hörvermögen des von Schädigungsfolgen nicht betroffenen linken Ohrs im Rahmen einer Altersschwerhörigkeit verschlechtert hat. Diese Verschlechterung steht aber mit den anerkannten Schädigungsfolgen - anerkannt als Schädigungsfolge ist nur die Beeinträchtigung des Hörvermögens rechts -, die den Versorgungsanspruch des Klägers begründen, in keinem Zusammenhang und ist bei der Bemessung des GdS nicht zu berücksichtigen. Insofern ist es auch kein Widerspruch, wenn für die Gewährung von Versorgung von einem GdS von 20 für die als Schädigungsfolge anerkannte Schwerhörigkeit/Taubheit rechts, im Rahmen des Schwerbehindertenrechts aber von einem GdB von 50 für die Einschränkung des Hörvermögens auf beiden Seiten ausgegangen wird.

1.3. Rechte Schulter:

Anerkannt als Schädigungsfolge ist ein kleinerer, reizlos in den Weichteilen der rechten Schulter eingeheilter Granatsplitter ohne Funktionsstörung. Demgegenüber macht der Kläger geltend, dass sich die Bewegungsfähigkeit der rechten Schulter verschlechtert habe (so sein Verschlimmerungsantrag) und hat diesen Vortrag im Rahmen des Berufungsverfahrens, nachdem der Schulterschaden im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens völlig im Hintergrund geblieben ist, dahingehend ausgebaut, dass die Granatsplitterverletzung zu der jetzt vorliegenden deutlichen Bewegungseinschränkung der Schulter auf der Grundlage einer Arthrose geführt habe.

Irgendwelche Anhaltspunkte, dass sich diese Schädigungsfolge weiter verschlimmert und sich zu dem jetzt vorliegenden Schaden an der Schulter ausgeweitet haben könnte, sind nicht ersichtlich. Auch der Kläger selbst hat dies nicht behauptet. Vielmehr geht er davon aus, dass die jetzt vorliegenden erheblichen Schulterbeschwerden auf den größeren (bohnengroßen) Granatsplitter zurückzuführen sind, der im Jahr 1973 operativ entfernt worden ist. Seiner Ansicht nach hat dieser Splitter die Schulterluxationen und weitergehende Schädigungen am Schultergelenk nach sich gezogen.

Folgt man - ohne dass an dieser Stelle eine Aussage zur medizinischen Richtigkeit der klägerischen Ausführungen zu treffen wäre - dieser Argumentation des Klägers, würde sich der jetzt vorliegende Zustand an der rechten Schulter nicht als Folge des zuletzt mit Bescheid vom 20.01.1975 anerkannten kleineren, reizlos in den Weichteilen der rechten Schulter eingeheilten Granatsplitters darstellen, sondern allenfalls als Folge des im Jahre 1973 operativ entfernten größeren (bohnengroßen) Granatsplitters, der ursprünglich auch als Schädigungsfolge anerkannt worden war. Insofern ist der heute vorliegende Schaden an der Schulter nicht unter dem Aspekt der Verschlimmerung einer (heute) anerkannten Schädigungsfolge, sondern des Auftretens einer weiteren, ggf. als Schädigungsfolge anzuerkennenden Gesundheitsstörung zu prüfen (dazu s.u.).

2. Keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem Gesichtspunkt eines Auftretens weiterer als Schädigungsfolgen anzuerkennender Gesundheitsstörungen:

Für die Anerkennung weiterer Gesundheitsschäden als Schädigungsfolgen wäre gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ein wahrscheinlicher Zusammenhang von Wehrdienst und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen erforderlich. Wahrscheinlichkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Eine bloße - abstrakte oder konkrete - Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs reicht nicht aus (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 26.11.1968, Az.: 9 RV 610/66).

2.1. Gleichgewichtsprobleme, Gangunsicherheit:

Der Kläger hat bei seinem Verschlimmerungsantrag vom 10.08.2006 Gleichgewichtsprobleme angegeben. Der HNO-Arzt Dr. K. hat dafür eine Erklärung nicht finden können. Auf eine zur weiteren Aufklärung angezeigte und vom Sozialgericht angeordnete neurologisch-psychiatrische Begutachtung hat der Kläger mit bei Gericht am 20.03.2010 eingegangenem Schreiben "verzichtet" und gebeten, die Gleichgewichtsstörung beiseite zu stellen. Aufgrund dieses ausdrücklichen Begehrens des Klägers sind Gleichgewichtsstörungen daher nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Im Übrigen würde eine fehlende Aufklärbarkeit wegen einer fehlenden Mitwirkung des Klägers nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast auch zu dessen Lasten gehen.

2.2. Schwerhörigkeit links:

Die Schwerhörigkeit links, die sich erst Jahrzehnte nach dem schädigenden Ereignis entwickelt hat, kann schon wegen des großen zeitlichen Abstands nicht mehr auf das schädigende Ereignis zurückgeführt werden; traumatische/lärmbedingte Hörschäden entwickeln sich typischerweise in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Lärmexposition (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 323 ff, 330 f). Irgendein Zusammenhang mir dem schädigenden Ereignis lässt sich nicht herstellen. Vielmehr handelt es sich, wie der Gutachter Dr. K. überzeugend ausgeführt hat, um eine typische Altersschwerhörigkeit. Dass diese bei den Brüdern des Klägers möglicherweise nicht in dieser Form vorliegt, vermag die Richtigkeit der Einschätzung nicht in Zweifel zu ziehen.

2.3.
Linkes Auge:

Das linke Auge war von der Kriegsverletzung nicht betroffen. Irgendwelche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Gutachters Prof. Dr. Dr. L., dass die bei diesem Auge vorliegende Linsentrübung nicht mit der Kriegsverletzung in Zusammenhang steht, bestehen daher nicht. Vielmehr ist von einer altersbedingten Veränderung auszugehen.

2.4. Schulterbeschwerden rechts:

Die Sachverständige Dr. B. hat in ihrem eingehend begründeten Gutachten und ihrer ergänzenden Stellungnahme schlüssig und jeden Gesichtspunkt beleuchtend dargestellt, warum ein Zusammenhang zwischen den jetzt vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen an der rechten Schulter und der Verletzung im Wesentlichen durch den bohnengroßen Granatsplitter nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Die Granatsplitterverletzung hat das Schultergelenk nicht betroffen. Es liegen seit 1949 zahlreiche Befunde vor, die eine extraartikuläre, d.h. außerhalb der Gelenkkapsel befindliche Lage der Granatsplitter, nämlich reizlos in den Weichteilen eingeheilt, beschreiben. Auch hat, soweit dies den in den Akten befindlichen radiologischen Befunden zu entnehmen ist, sich nie eine Gelenkbetroffenheit durch den Granatsplitter nachweisen lassen. So sind z.B. bei Röntgenaufnahmen im Jahre 1963 noch glatte Gelenkflächen beschrieben worden. Einen Zusammenhang mit den Schulterluxationen ab 1966/1968 bis 1973 - und den sich aus derartigen Luxationen ergebenden weitergehenden Schäden in Form einer Arthrose des Schultergelenks - kann die Gutachterin nicht erkennen. Sie bewertet diese Schulterluxationen als habituell, d.h. als atraumatisch und anlagebedingt. Dabei stützt sie sich auch auf die Einschätzung des behandelnden Arztes Prof. Dr. F. im Jahr 1973. Die Bewertung als habituelle Schulterluxation steht im Übrigen in Einklang mit den Angaben des Klägers zur Operation im Jahr 1973. Ursache für habituelle Schulterluxationen sind z.B. angeborene schlaffe Bänder. Bei der Operation im Jahr 1973 sind - so die Auskunft des Klägers - die Bänder im Schulterbereich verkürzt worden. Damit ist eine plausible Erklärung für die Schulterluxationen des Klägers, die nach der Bänderkürzung nicht mehr aufgetreten sind, gegeben.

Die Einschätzung der Sachverständigen Dr. B. stimmt zudem mit allen zuvor erstellten Gutachten und versorgungsärztlichen Stellungnahmen überein, was die Beurteilung des Schulterschadens angeht.

Eine intraartikuläre Lage des Splitters, wovon der Kläger ausgeht, ist, wie die Sachverständige ausgeführt hat, nicht mit den vorliegenden Befunden und Beschwerdeangaben des Klägers vereinbar. So hat der Kläger selbst bei der versorgungsärztlichen Begutachtung am 26.06.1990 angegeben, sich nach dem Krieg wieder voll leistungsfähig gefühlt zu haben und fünf Jahre aktiv Leistungssport (Handball) betrieben zu haben. Dabei habe er von Seiten seiner Schulter eigentlich keine Beschwerden gehabt. Diese Angaben sind mit einem intraartikulär liegenden Splitter, der erhebliche Beschwerden verursacht hätte, nicht vereinbar.

Wenn sich der Kläger gegen die überzeugenden sachverständigen Äußerungen wendet, stützt er sich dabei auf zwei von ihm aufgestellte Theorien, mit denen er meint, den Zusammenhang zwischen der Granatsplitterverletzung und dem jetzt vorliegenden Schulterschaden begründen zu können. Beide Theorien sind aber nicht haltbar:

- 1. Theorie: Der bohnengroße Granatsplitter lag innerhalb der Gelenkkapsel und hat daher den jetzt vorliegenden Schulterschaden verursacht.

Diese Theorie ist durch nichts belegt. Zwar wäre es durchaus möglich, dass ein intraartikulär liegender Granatsplitter den jetzt vorliegenden Schaden nach sich hätte ziehen können. Es gibt aber - wie bereits ausgeführt - keinerlei stichhaltige Belege für eine intraartikuläre Lage eines Granatsplitters. Der Schluss des Klägers, dass der Splitter innerhalb der Gelenkkapsel liegen müsse, weil er bei Röntgenaufnahmen als dicht hinter dem Oberarmkopf liegend beschrieben worden sei, ist nicht zulässig. Der Kläger verkennt, dass sich auch hinter dem Oberarmkopf Weichteile befinden. Röntgenaufnahmen, die eine intraartikuläre Lage beschreiben, sind in den gesamten Akten nicht enthalten.

Dass dem Bericht über die Operation vom Jahre 1973, bei der nach Aussage des Klägers sowohl die Bänder des Schulterapparats verkürzt als auch der bohnengroße Granatsplitter entfernt worden sind, weitergehende Hinweise zu der vom Kläger angenommenen Lage des Granatsplitters entnommen werden könnten, hält der Senat angesichts der vorliegenden vielfachen Befunde für äußerst unwahrscheinlich. Im Übrigen ist dieser Operationsbericht, der in der Vergangenheit nie an den Beklagten weitergegeben worden ist, zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr vorhanden (so die Auskunft der Klinik an den Kläger). Der Grundsatz der objektiven Beweislast verbietet es, bei Unauffindbarkeit des Operationsberichts vom Nachweis der Behauptung des Klägers auszugehen.

- 2. Theorie: Die Verkapselung des dicht hinter dem Oberarmkopf liegenden Granatsplitters hat den Oberarmkopf weggedrückt und damit die Luxationen nach sich gezogen.

Wie die Gutachterin Dr. B. überzeugend ausgeführt hat, handelt es sich bei dieser Theorie nicht um "Allgemeinwissen", wie dies der Kläger meint, sondern um eine reine Spekulation und den laienhaften Versuch des Klägers, die vorliegende Befunddokumentation für seine Bedürfnisse umzudeuten, also um Vermutungen ohne irgendeine medizinisch nachvollziehbare Begründung.

Keinerlei Erkenntnisse lassen sich den vom Kläger vorgelegten "Attesten" seines behandelnden Arztes Dr. L. entnehmen. Dieser Arzt behauptet - auch in Kenntnis des überzeugend begründeten Gutachten von Dr. B. - ohne irgendeine weitergehende Begründung nur mit Hinweis auf das Nichtvorliegen von Arthrose bei der anderen Schulter einen Zusammenhang zwischen der Granatsplitterverletzung und dem jetzt vorliegenden Schulterschaden rechts. Irgendwelche Ansatzpunkte, von der Richtigkeit der Atteste auszugehen, gibt es nicht. Unterstellt man zugunsten dieses Arztes, dass er mit seinen Attesten nicht absichtlich falsche Bescheinigungen ausgestellt hat oder Erwartungen und Wünsche seines Patienten erfüllen wollte, kann nur angenommen werden, dass ihm die Vorgeschichte insbesondere mit den Schulterluxationen unbekannt ist oder ihm schon die für eine Zusammenhangsbeurteilung erforderlichen Grundkenntnisse fehlen.

Jeglicher rechtlicher Grundlage entbehrt die Forderung des Klägers, wegen fehlender Prozessfähigkeit des Beklagten ein ihm genehmes Urteil zu sprechen. Ganz abgesehen davon, dass der Vorwurf des Klägers, das Versorgungsamt habe absichtlich und zu seinem Nachteil Röntgenaufnahmen aus den Akten entfernt, schon eine haltlose Behauptung darstellt, kennt das sozialgerichtliche Verfahren die vom Kläger begehrte Konsequenz nicht.

Wenn der Kläger eine Berücksichtigung seiner Schulterbeschwerden im Rahmen einer Kann-Versorgung gem. § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG begehrt, verkennt er die dafür erforderlichen Voraussetzungen. Denn die Vorschrift des § 1 Abs 3 Satz 2 BVG trägt nicht allgemeinen Beweisschwierigkeiten bei der Sammlung von Tatsachen Rechnung. Die Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft darf nicht auf mangelnde Tatsachenfeststellungen im konkreten Fall zurückzuführen sein, sondern es muss sich um eine wissenschaftliche Unsicherheit genereller Art handeln, die allein die Ursächlichkeit betrifft (vgl. BSG, Beschluss vom 11.09.1991, Az.: 9a BV 147/90). Eine derartige Ungewissheit gibt es bei der Beurteilung von Schulterschäden, wie sie beim Kläger vorliegen, nicht. Darauf hat die gerichtliche Gutachterin Dr. B. hingewiesen.

Die Berufung kann daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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