L 12 AS 4617/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 968/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4617/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 2. September 2009 abgeändert und der Bescheid des Beklagten vom 22. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2009 aufgehoben. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2009 wird insofern aufgehoben, als der Beklagte die Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 1. bis zum 31. August 2008 über den Betrag von 501,92 EUR hinaus aufhebt und einen Erstattungsbetrag von mehr als 2.648,06 EUR verlangt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) und die Erstattung des in der Zeit vom 1. August bis zum 30. November 2008 geleisteten Alg II nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.861,52 EUR sowie die Versagung der Leistungen ab 1. Dezember 2008 streitig.

Der 1980 geborene Kläger bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung (Wohnfläche 38 Quadratmeter) im Haus seiner Großmutter und muss an diese für Nebenkosten (u.a. Zentralheizung, Warmwasser, Wasser/Abwasser, Haushaltsstrom) pauschal monatlich 250,00 EUR zahlen.

Der Kläger stand bis zum 13. Mai 2008 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma S ... In der Zeit vom 25. April bis zum 31. Mai 2008 war der Kläger arbeitsunfähig.

Am 16. Mai 2008 beantragte der erwerbsfähige Kläger, der lediglich über eine Fondpolice der A.-M. mit einem Rückkaufwert inklusive bereits vorhandener Überschussanteile in Höhe von 2.125,90 EUR bei Beitragszahlungen in Höhe von 3.783,36 EUR verfügte (Stand 1. Juni 2008), Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. In der "Anlage EK" verneinte der Kläger die Fragen nach Arbeitsentgelt und Krankengeld. Am 30. Mai 2008 wurde dem Konto des Klägers Arbeitsentgelt in Höhe von 373,47 EUR gutgeschrieben.

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 4. Juli 2008 dem Kläger für die Zeit vom 16. Mai bis zum 30. November 2008 Alg II in Höhe von 197,56 EUR (Mai 2008), 575,53 EUR (Juni 2008) und ab 1. Juli 2008 monatlich 579,53 EUR (351,00 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts und 228,53 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung nach Abzug einer Warmwasser- und Energiepauschale).

Die Firma S. überwies an den Kläger am 31. Juli 2008 eine Gehaltsnachzahlung für mehrere Monate in Höhe von insgesamt 1.488,84 EUR netto (1.628,59 EUR brutto). Der Kläger legte die entsprechenden Entgeltnachweise der Beklagten im November 2008 vor.

Am 6. August 2008 bewilligte die D. BKK dem Kläger für die Zeit vom 14. bis zum 31. Mai 2008 Krankengeld in Höhe von täglich 44,36 EUR und überwies an den Kläger am 7. August 2008 den Gesamtbetrag von 798,84 EUR.

Nach Anhörung (Schreiben vom 26. November 2008) hob der Beklagte durch Bescheid vom 18. Dezember 2008 die Entscheidung vom 4. Juli 2008 über die Bewilligung von Alg II vom 1. August bis zum 30. November 2008 teilweise in Höhe von 1.488,84 EUR auf und forderte die Erstattung dieses Betrages.

Auf Fortzahlungsantrag des Klägers (Antrag vom 14. November 2008) forderte der Beklagte die Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate zur Einsicht sowie Angaben zum beantragten Lohnsteuerjahresausgleich und wies darauf hin, dass die Leistungen nach §§ 60, 66 SGB I ganz versagt werden könnten, wenn der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht bis spätestens 13. Dezember 2008 nachkomme. Der Beklagte versagte durch Bescheid vom 22. Dezember 2008 die Leistungen ab 1. Dezember 2008 ganz, da der Kläger die fehlenden Unterlagen bzw. Nachweise trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt habe. Dadurch sei der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Anspruchsvoraussetzungen könnten deshalb nicht geprüft werden. Grundlage für diese Entscheidung seien die §§ 60 und 66 SGB I.

Gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Dezember 2008 und den Versagungsbescheid vom 22. Dezember 2008 legte der Kläger Widerspruch ein (Schreiben vom 2. Januar 2009).

Mit E-Mail vom 3. Januar 2009 übersandte der Kläger an den Beklagten die angeforderten Kontoauszüge sowie den Steuerbescheid des Finanzamts T. vom 22. September 2008 über eine Erstattung von Einkommenssteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2007 in Höhe von 1.078,86 EUR, die dem Konto des Klägers am 24. September 2008 gutgeschrieben worden war. Nach Vorlage der Unterlagen bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 3. Januar bis zum 31. Mai 2009 Alg II (Bescheid vom 24. Februar 2009).

Nach Anhörung (Schreiben vom 9. Februar 2009) hob der Beklagte durch Bescheid vom 26. Februar 2009 nun den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Dezember 2009 sowie die Entscheidung vom 4. Juli 2008 über die Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 1. August bis zum 30. November 2008 ganz auf und forderte die Erstattung der Regelleistung in Höhe von insgesamt 1.404,00 EUR, der Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 914,12 EUR sowie der Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 473,24 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 70,16 EUR, mithin insgesamt 2.861,52 EUR. Der Kläger habe Einkommen aus einer Lohnnachzahlung im Juli 2008, einer Zahlung der D. BKK im August 2008 und einer Steuererstattung im September 2008 erzielt. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei der Kläger nicht hilfebedürftig, sodass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht bestehe. Der Kläger sei nach § 60 SGB I verpflichtet, dem Beklagten alle Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, die für die Leistung erheblich seien. Dieser Verpflichtung sei er zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Nach Erteilung dieses Bescheides wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2009).

Hiergegen hat der Kläger am 27. März 2009 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Die Anrechnung der Lohn- und Krankengeldnachzahlung stelle eine besondere Härte dar. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte den Anrechnungsbetrag berechnet habe. Mit der Steuererstattung im September 2008 sei der Kläger in diesem Monat nicht hilfebedürftig gewesen. Einkommen sei nur im Juli, August und September 2008 zugeflossen, jedoch nicht im Oktober und November 2008. Eine Verteilung auf vier, anstatt auf drei Monate sei nicht nachvollziehbar. Auch liege keine fehlende Mitwirkung des Klägers vor.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 2. September 2009 abgewiesen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2009 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte habe zu Recht den ursprünglichen Bewilligungsbescheid wegen Wegfall der Hilfebedürftigkeit aufgrund nachträglicher Zahlung von Einkommen, Krankengeld sowie einer Steuerrückerstattung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 SGB II und § 330 Abs. 3 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung in den Verhältnissen aufgehoben und die Überzahlung gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückgefordert. Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II habe beim Kläger ab 1. August 2008 bis zum Ende des Bewilligungsabschnittes am 30. November 2008 nicht mehr vorgelegen. Sowohl das am 31. Juli 2008 nachgezahlte Arbeitseinkommen als auch das am 6. August 2008 ausgezahlte Krankengeld und die im September 2008 eingegangene Steuerrückerstattung seien Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II. Das Arbeitseinkommen sei nach § 2 Abs. 4 Satz 2 Alg II-V ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folge, anzurechnen. Dem stehe nicht entgegen, dass mit der Zahlung die Entgeltforderung für vergangene Zeiträume erfüllt worden sei. Schließlich sei es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das dem Kläger zugeflossene Arbeitsentgelt als Einkommen auf mehrere Monate anteilsmäßig verteilt habe. Ebenso verhalte es sich mit der im September 2008 ausgezahlten Steuerrückerstattung. Diese könne als Einmalzahlung gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V von dem Beklagten auf mehrere Monate anteilsmäßig verteilt werden. Schließlich erweise sich auch die Berücksichtigung der nachträglichen Krankengeldzahlung als rechtmäßig. Diese dürfe im August 2008 als Einkommen berücksichtigt werden. Auch der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 22. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2009 wegen fehlender Mitwirkung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger sei der Aufforderung des Beklagten vom 26. November 2008, bis spätestens zum 13. Dezember 2008 Kontoauszüge der letzten drei Monate zur Einsicht vorzulegen und Auskunft über den Jahreslohnsteuerausgleich für das Jahr 2007 zu erteilen, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen, sodass die Ablehnung der Leistungen ab 1. Dezember 2008 rechtmäßig gewesen sei.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 10. September 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 8. Oktober 2009 eingelegte Berufung des Klägers. Vorliegend sei die Härtefallklausel nach § 2 Alg II-V anzuwenden. Hinsichtlich der Krankengeldzahlung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger erst ab 16. Mai 2008 Alg II bezogen habe und aufgrund der Anrechnung für die Zeit vom 14. und 15. Mai 2008 keine Leistungen erhalten habe. Die Entgeltnachzahlung betreffe u.a. den Zeitraum vom 25. April bis zum 13. Mai 2008, für die der Kläger weder Entgelt noch Alg II erhalten habe. Auch habe der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum von August bis November 2008 vollständig aufgehoben, sodass auch die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung entfallen sei. Dies sei nach der Rechtsprechung des BSG möglichst zu vermeiden. Bei der Ermittlung der Höhe der Erstattungsleistung sei weder § 30 SGB II noch § 3 Alg II-V berücksichtigt worden.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 2. September 2009 aufzuheben, 2. den Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2009 aufzuheben, 3. den Bescheid des Beklagten vom 22. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und zulässig, da Berufungsausschlussgründe (vgl. 144 Abs. 1 SGG) nicht vorliegen.

2. Die Berufung hat insoweit Erfolg, als sich der Kläger statthaft mit einer isolierten Anfechtungsklage (vgl. beispielsweise BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R -) gegen den Versagungsbescheid des Beklagten vom 22. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2009 wendet. Denn der Bescheid vom 22. Dezember 2008 stellt sich als rechtswidrig dar und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I). § 66 Abs. 1 SGB I räumt nach seinem Wortlaut der Behörde einen Entscheidungsspielraum ein (vgl. nur BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R -; Seewald in Kasseler Kommentar, § 66 SGB I Rdnr. 23; Hase in Beck´scher Online-Kommentar, § 66 SGB I Rdnr. 8). Vorliegend fehlt es an einer Ermessensausübung jedoch gänzlich, sodass der Versagungsbescheid aufgrund des Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig und aufzuheben ist. Abgesehen davon, dass schon die fehlende Begründung hinsichtlich der Ermessensgesichtspunkte (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X) sowohl im Versagungsbescheid als auch im Widerspruchsbescheid Indiz für ein nicht ausgeübtes Ermessen darstellt (vgl. beispielsweise BSG, Urteil vom 1. März 2011 - B 7 AL 2/10 R -), zeigt der Inhalt der Bescheide, dass der Beklagte Ermessen nicht ausgeübt hat. In dem Bescheid vom 22. Dezember 2008 bringt er nämlich zum Ausdruck, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen die Rechtsfolge der Versagung aufgrund der Norm der §§ 60 und 61 SGB I eintritt. Danach hat der Beklagte überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt und so gehandelt, als ob eine gebundene Entscheidung zu treffen ist.

3. Die Berufung des Klägers hinsichtlich des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18. Dezember 2008 in der Fassung des Bescheides vom 26. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 hat im tenorierten Umfang Erfolg. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 1. August bis zum 30. November 2008 ist mit Blick auf den ursprünglich rechtmäßigen Bewilligungsbescheid vom 4. Juli 2008 die Bestimmung des § 48 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 3 SGB III. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Bewilligung von Alg II - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Dabei ist die Aufhebung der Bewilligung unter den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen über § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung), § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III zwingend vorgeschrieben, sodass kein Raum für eine Ermessensentscheidung verbleibt.

Der Kläger hat vorliegend durch den Zufluss von 1.488,84 EUR am 31. Juli 2008, von weiteren 798,84 EUR am 7. August 2008 und von 1.078,68 EUR am 24. September 2008 Einkommen erzielt, welches den Leistungsanspruch für August um 501,92 EUR gemindert und zum vollständigen Wegfall des Leistungsanspruchs im Zeitraum September bis November 2008 geführt hat.

Der Kläger war dem Grunde nach als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II anspruchsberechtigt für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er war jedoch im hier streitigen Zeitraum nur teilweise bzw. nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II, weil er seinen Lebensunterhalt ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern konnte, insbesondere aus dem zu berücksichtigenden Einkommen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldwert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und anderer im Einzelnen genannter - hier nicht einschlägiger - Leistungen. Zum Einkommen zählen auch die aus der Nachzahlung von Arbeitsentgelt (beispielsweise BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 -), der Nachzahlung von Krankengeld (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 70/07 R -) und der Einkommenssteuererstattung (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R -) resultierenden Beträge. Nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (sogenannte Zuflusstheorie). Abzustellen ist somit darauf, ob der Zufluss vor oder nach der im Grundsatz für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen maßgeblichen (ersten) Antragstellung eingetreten ist (vgl. BSG, Urteile vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 -; vom 28. Oktober 2009 B 14 AS 62/08 R -, vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 29/08 R -). Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Ansprüche des Klägers gegen seine ehemalige Arbeitgeberin und seine Krankenkasse bereits zum Zeitpunkt vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit bestanden haben, denn Einnahmen werden in aller Regel aus bereits zuvor bestehenden Rechtspositionen erzielt. Im Falle der Erfüllung einer Forderung ist bei wertender Betrachtung allein auf die letztlich im Geldwert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung (beispielsweise BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R -).

Während für den Monat August 2008 lediglich 501,92 EUR als Einkommen anzurechnen sind, ist die Anrechnung der Einnahmen auf den Zeitraum September bis November 2008 nicht zu beanstanden.

Nach § 2 Abs. 2 Alg II-V in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung (vgl. nunmehr § 11 Abs. 2 SGB II) sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (Satz 1). Für laufende Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen zufließen, gilt § 2 Abs. 4 Alg II-V (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung; vgl. § 11 Abs. 3 SGB II) entsprechend. Danach sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (Satz 1). Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen (Satz 3). Ob eine laufende Einnahme oder aber eine einmalige Einnahme im Sinne des § 2 Abs. 2 bzw. 4 Alg II-V a.F. vorliegt, hängt davon ab, ob diese Einnahme ihrer Art nach üblicherweise wiederkehrend gezahlt wird. Laufende Einnahmen sind solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden, bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R -). Dabei ändert sich die Qualifizierung als laufende Einnahme nicht dadurch, dass es sich bei der Zahlung um die letzte einer typischerweise regelmäßig erfolgenden Leistung handelt wie etwa bei der letztmaligen Arbeitsentgeltzahlung oder der letzten Zahlung in einer laufenden Reihe von Krankengeldzahlungen (BSG, Urteile vom 30. Juli 2008 B 14 AS 26/07 R -; vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 70/07 R -). Danach mag die Nachzahlung des Arbeitsentgelts durch die Firma Siemens eine laufende Einnahme i.S. des § 2 Abs. 2 Alg II-V a.F. darstellen, jedoch ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht um eine regelmäßig wiederkehrende Zahlung in gleicher Höhe (bspw. monatliches Arbeitsentgelt) gehandelt hat, sondern um eine Schlusszahlung nach der Abrechnung der rückständigen Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis für die Zeit von Februar bis Juli 2008 mit der Folge, dass diese gem. § 2 Abs. 2 S. 3 Alg II-V a.F. wie eine einmalige Einnahme zu behandeln ist. Die Nachzahlung des Krankengeldes ist als einmalige Einnahme i.S. des § 2 Abs. 4 Alg II-V a.F. zu qualifizieren, da diese einmalig im Hinblick auf die bereits am 31. Mai 2008 beendete Arbeitsunfähigkeit als Einmalzahlung und nicht als regelmäßige Leistung erbracht wurde, mithin sich das Geschehen in einer einzigen Leistung erschöpft. Auch die Steuerrückerstattung stellt eine einmalige Einnahme i.S. des § 2 Abs. 4 Alg II-V dar. Danach war der Beklagte berechtigt, die dem Kläger am 31. Juli 2008 zugeflossene Nachzahlung des Arbeitsentgelts als einmalige Einnahme dem Monat August 2008 zuzuordnen, nachdem die Auszahlung des Alg II für Juli 2008 schon erfolgt war, und dieses Einkommen, weil es den monatlichen Bedarf des Klägers von 579,53 EUR offensichtlich übersteigt, auf mehrere Monate zu verteilen. Auch als einmalige Einnahme dem Monat August 2008 ist die Nachzahlung des Krankengeldes zuzurechnen, so dass der Kläger im August 2008 über Einkommen in Höhe von 2.287,68 EUR verfügte, dass angemessen auf vier Monate bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 30. November 2008 zu verteilen ist. Entgegen der Annahme des SG ist die Krankengeldzahlung nicht als Einkommen allein im August 2008 zu berücksichtigen, sondern zusammen mit dem nachgezahlten Arbeitseinkommen auf vier Monate zu verteilen, da der Kläger seinen Bedarf vollständig allein aus der Krankengeldnachzahlung hätte bestreiten können mit der Folge, dass im August 2008 keine Hilfebedürftigkeit vorgelegen hätte und die am 31. Juli 2008 erfolgte Nachzahlung des Arbeitsentgelts nicht als Einkommen im Zeitraum September bis November 2008 hätte berücksichtigt werden können.

Das Einkommen ist, worauf der Kläger zutreffend hinweist, um die Absetzbeträge des § 11 Abs. 2 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) zu bereinigen. Dabei setzt der Senat - entsprechend der zum 1. April 2011 eingeführten Regelung des § 11b Abs. 1 S. 2 SGB II (Gesetz vom 24. März 2011, BGBl. I., S. 453), mit der der Gesetzgeber klarstellen wollte, dass vor Aufteilung der einmaligen Einnahme die auf den Zuflussmonat entfallenden, unvermeidbaren Beträge (wie die auf den Zuflussmonat entfallenden Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, die mit der Einkommenserzielung notwendig verbundenen Aufwendungen sowie bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit die darauf entfallenden Freibeträge) abzusetzen sind, bei der Verteilung der bereinigten einmaligen Einnahmen monatlich weitere Absetzbeträge zu berücksichtigen sind, soweit sie in den einzelnen Monaten des Verteilzeitraums anfallen, und eine doppelte Gewährung von Absetz- und Freibeträgen auf dasselbe Einkommen ausgeschlossen ist (BT-Drs. 17/3404, S. 95; Söhngen in: juris-PK-SGB II, § 11b Rdnr. 35) - bei der Verteilung einmaliger Einnahmen vorweg die im Zuflussmonat angefallenen Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 (Steuern), 2 (Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung), 5 (die mit der Einkommenserzielung verbundenen notwendigen Ausgaben) und 6 (Freibeträge bei Erwerbstätigkeit, § 30 SGB II a.F.) und Satz 2 (Pauschalabsetzung bei Erwerbstätigen) SGB II a.F. ab. Daraus ergibt sich ein monatlicher Anrechnungsbetrag im August 2008 in Höhe von 501,92 EUR (1.208,84 EUR [1488,84 EUR - 100,- EUR (§ 11 Abs. 2 S. 1 SGB II a.F.) - 180,- EUR (§§ 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6, 30 SGB II a.F.)] + 798,84 EUR = 2.007,68 EUR / 4 = 501,92 EUR). Von diesem Betrag ist in den Monaten September bis November 2008 die Versicherungspauschale in Höhe von je 30,- EUR (§§ 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II a.F., 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) abzusetzen, sodass sich in diesem Zeitraum ein anzurechnendes Einkommen von monatlich 471,92 EUR ergibt. Die als einmalige Einnahme im September 2008 erzielte Einkommenssteuerrückerstattung in Höhe von 1.078,84 EUR hat der Beklagte auf die Zeit bis November 2008, mithin auf drei Monate verteilt (359,61 EUR), wobei hiervon nicht erneut die Versicherungspauschale abzusetzen ist. Daraus ergibt sich ein im August 2008 anzurechnendes Einkommen in Höhe von 501,92 EUR, sodass lediglich eine Hilfebedürftigkeit hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung von anteilig 77,61 EUR bestand. Dagegen bestand in den Monaten September bis November 2008 keine Hilfebedürftigkeit. Die erfolgte Aufteilung der Einnahmen auf einen Zeitraum von vier Monaten und eine damit verbundene vollständige Aufhebung der Leistungsbewilligung für September bis November 2008 ist nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die erfolgte nachträgliche Aufhebung der Bewilligung von Alg II die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht beseitigt hat (vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V, 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI) und daher auch keine entsprechende Abmeldung durch den Beklagten erfolgen musste. Die vollständige Aufhebung der Leistungsbewilligung bewirkt nur, dass der Kläger die von dem Beklagten erbrachten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten hat (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II a.F. i.V.m. § 335 Abs.1 und 5 SGB III). Dabei übersteigt das in den Monaten September bis November 2008 anzurechnende Einkommen den Bedarf des Klägers um je 252,- EUR, so dass auch die aufgewandten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von monatlich 135,85 EUR gedeckt sind.

Eine Berücksichtigung der Nachzahlung des Arbeitsentgelt und des Krankengeldes kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Härte außer Betracht bleiben. Das BSG hat offen gelassen, ob § 2 Abs. 4 Satz 3 Alg II-V a.F. überhaupt eine Ausnahmeregelung für Härtefälle normiert (vgl. bspw. BSG, Urteil des 21. Dezember 2009 - B 14 AS 46/08 R -). Die Vorschrift regelt ausschließlich die Verteilung einmaliger Einnahmen ggf auch über den Monat des Zuflusses hinaus. Die Leistungen sollen auf einen bestimmten Zeitraum (sog. Verteilzeitraum) umgelegt werden, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist. Zudem ist kein Gesichtspunkt erkennbar, weshalb gerade die Berücksichtigung der Nachzahlung des Arbeitsentgelts und des Krankengeldes abweichend von der Grundregel, dass Leistungen ab dem Monat des Zuflusses oder dem Folgemonat auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zur Bedarfsdeckung heranzuziehen sind, eine besondere Härte darstellen sollte (vgl. BSG, Urteile vom 28. September 2009 - B 14 AS 64/08 -; vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 4/08 R -; vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R -).

Der Kläger hat es unterlassen, dem Beklagten den Zufluss seiner Einnahmen unverzüglich mitzuteilen, und stattdessen diesen erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung über seine Einnahmen unterrichtet. Zu einer unverzüglichen Mitteilung war er gesetzlich verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, u.a. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Diese Pflicht hat der Kläger grob fahrlässig verletzt. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Der Kläger wurde klar, eindeutig und unmissverständlich in der "Anlage EK" zu seinem Antrag vom 16. Mai 2008 darauf hingewiesen, dass wesentliche Änderungen der Einkommenshöhe unverzüglich mitzuteilen sind und bei falschen und unvollständigen Angaben oder bei einer nicht unverzüglichen Mitteilung der Änderungen mit der Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen zu rechnen ist. Er hat diesen Hinweis mit seiner Unterschrift bestätigt. Der Kläger war zur Überzeugung des Senats nach seinen intellektuellen Fähigkeiten in der Lage, den entsprechenden Hinweis zu verstehen und auch danach zu handeln.

Die Fristen des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 hat der Kläger die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit die Bewilligung zu Recht aufgehoben worden ist. Der Erstattungsbetrag für die im Zeitraum August bis November 2008 erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den im August 2008 zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 501,92 EUR sowie von September bis November 2008 von 1.738,59 EUR. Dabei ist nicht nach § 40 Abs. 2 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) abweichend von § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X die Erstattung der Kosten der Unterkunft begrenzt, da die Bewilligung für August 2008 nur teilweise aufzuheben ist und für den Zeitraum von September bis November 2008 ein Fall des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X vorliegt. Die nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II a.F. i.V.m. § 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstattenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung belaufen sich für den Zeitraum der vollständigen Aufhebung der Leistungsbewilligung (September bis November 2008) auf 407,55 EUR (354,93 EUR Beiträge zur Krankenversicherung + 52,62 EUR Beiträge zur Pflegeversicherung). Insgesamt beläuft sich der zu erstattende Betrag somit auf 2.648,06 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG und berücksichtigt das jeweilige Teilunterliegen der Beteiligten.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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