Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 15 U 63/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 158/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Bewertung der Folgen einer HWS-Distorison auf orthopädischem, neurologischem, nervenärztlichem und neuropsychologischem und endokrinologischem Fachgebiet.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21. März 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 v.H. über den 31. Oktober 1999 hinaus.
Die Klägerin erlitt am 18. Februar 1999 mit ihrem Pkw einen Verkehrsunfall (Zusammenstoß im Bereich der vorderen rechten Seitentüre). Es bestand keine primäre Bewusstlosigkeit oder Amnesie, die Klägerin klagte jedoch über Kopfschmerzen am Hinterkopf bis zur Stirn. Der Durchgangsarzt (Prof. Dr. D., Klinikum I.) diagnostizierte am Unfalltag eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS). Die Klägerin war im Anschluss wegen der HWS-Distorsion bzw. eines cervikoenzephalen, posttraumatischen Syndroms in ambulanter ärztlicher Behandlung. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) der HWS vom 8. März 1999 bestätigte eine vor kurzem erfolgte Distorsion des Atlantodentalgelenks mit leichter, jedoch eindeutig erkennbarer linksrotatorischer und angedeuteter linkstranslatorischer Atlasfehlstellung und konsekutiver Denssubluxation. Knöcherne Degenerationszeichen waren nicht in signifikantem Ausmaß nachweisbar.
Der von der Beklagten beauftragte Orthopäde Dr. K. stellte in einem Gutachten vom 17. Dezember 1999 fest, dass es durch den Unfall zu einer mittelschweren Zerrverletzung an den oberen Segmenten der HWS gekommen sei. Allerdings sei der Unfall nur bedingt als wesentliche Teilursache für die angegebenen Beschwerden zu werten. Unfallfremd bestünden ein Zustand nach Verletzung der HWS insbesondere der oberen Segmente der HWS vom Dezember 1988 mit einer lang anhaltenden und wiederkehrenden, bewiesenen objektiven Funktionsstörung der HWS und anhaltenden Beschwerden, ein beginnender Verschleiß an den Bandscheiben der mittleren HWS sowie eine beginnende Uncarthrose an den mittleren Segmenten der HWS. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 18. April 1999 bestanden. Es bestehe ein Rentenanspruch nach einer MdE um 20 v.H. für die Zeit vom 19. April 1999 bis 31. Oktober 1999, anschließend bis zum Ablauf des ersten Unfalljahres in Höhe von 10 v.H. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Februar 2000 hielt der Sachverständige gegenüber der Beklagten an seiner MdE-Einschätzung fest, empfahl jedoch eine neurologisch-psychiatrische Zusatzbegutachtung.
Der Neurologe Prof. Dr. T. gelangte in seinem Gutachten vom 25. Juni 2002 zu dem Ergebnis, dass aus neurologischer Sicht kein objektivierbarer Befund eines Körperschadens feststellbar sei. Es bestehe lediglich eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit der HWS. Eine MdE sei nicht festzusetzen. Die im orthopädischen Gutachten geäußerte Einschätzung sei zutreffend.
Nach Anhörung des beratenden Arztes Prof. Dr. H. erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2002 eine anteilige Bewegungseinschränkung der HWS mit Verspannungen der Nackenmuskulatur nach abgeheilter Zerrverletzung an den oberen Segmenten der HWS als Unfallfolge an und gewährte eine Rente für die Zeit vom 19. April 1999 bis 31. Oktober 1999 nach einer MdE um 20 v.H. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2003 zurück.
Mit der beim Sozialgericht Landshut erhobenen Klage hat die Klägerin die Gewährung der Rente über den 31. Oktober 1999 hinaus begehrt und Einwendungen gegen die Gutachten vorgebracht. Das Sozialgericht hat die MRT-, CT-Aufnahmen und Röntgenbilder beigezogen, Befundberichte für die Zeit ab 1990 eingeholt sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. und den Arzt für Orthopädie Dr. F. mit der Erstellung von Gutachten beauftragt.
Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 17. September 2004 als Unfallfolgen eine leichte Distorsionsverletzung beschrieben, die nicht mit neurologischen Ausfällen radikulärer Art verbunden gewesen sei. Es lägen auf nervenärztlichem Fachgebiet keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen mehr vor.
Nach dem Gutachten des Dr. F. vom 18. September 2004 hat die Klägerin durch den Unfall bei bereits stark vorgeschädigter HWS eine Distorsion der HWS des Grades I erlitten, die zu einer Ergussbildung zwischen dem 1. und 2. HWK bei bereits vorbestehender Linksrotation des Dens und vorbestehenden Bandscheibenschäden geführt habe. Die Distorsionen der HWS heilten innerhalb von längstens drei Monaten folgenlos aus. Selbst wenn eine Distorsion des Grades II, wie von Dr. K. angenommen, eingetreten sei, wären die Unfallfolgen bis Ende des zweiten Unfalljahres vollständig abgeklungen gewesen. Die noch bestehende Schmerzsymptomatik lasse sich auf den Zeitraum vor dem hier streitgegenständlichen Unfall zurückverfolgen und beruhe auf unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen von Bandscheiben der HWS und einer unfallunabhängigen, schon vorbestehenden Linksrotation des Dens axis. Eine unfallbedingte MdE sei nicht begründbar.
Auf den klägerischen Antrag auf Begutachtung gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten des Orthopäden Dr. O. vom 6. Februar 2006 eingeholt. Die Klägerin habe durch den Unfall eine exzentrische Überbelastung der Muskulatur der HWS erlitten. Der jetzige Gesundheitszustand unterscheide sich medizinisch nicht wesentlich von dem, wie er sich aus den vielfältigen Attesten des behandelnden Arztes für die Zeit vor dem Unfall darstelle. Vor dem Unfall habe ein chronisch rezidivierendes und persistierendes cervicocephales Syndrom bestanden. Es sei jedoch zumindest zu einer vorübergehenden Verschlechterung gekommen, u.a. durch die Versorgung mit einer Halskrawatte. Zum Untersuchungszeitpunkt seien daher keine Unfallfolgen mehr nachweisbar. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei für ein halbes Jahr (bis 17. August 1999) anzunehmen. Anschließend habe die MdE zunächst 50 v.H., ab Oktober 1999 bis 31. März 2000 in Höhe von 20 v.H betragen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2006 abgewiesen. Als Unfallfolge sei lediglich eine HWS-Distorsion im Schweregrad I nach Erdmann nachgewiesen. Nach der Fachliteratur und den Gutachten des Dr. F. und Dr. K. bestehe kein Anspruch auf eine Verletztenrente über den 31. Oktober 1999 hinaus. Dem Gutachten des Dr. O. sei nicht zu folgen. Dieser differenziere nicht, ob die bei der Klägerin vorhandene Schmerzproblematik als wesentliche Ursache auf den Unfall oder auf andere Ursachen zurückzuführen sei. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit setze er für ein halbes Jahr an, obwohl die Klägerin faktisch nicht ein halbes Jahr arbeitsunfähig gewesen sei. Die Beurteilung der MdE verstoße gegen die geltenden Erfahrungssätze in der gesetzlichen Unfallversicherung. Es bestehe aufgrund der Gutachten des Dr. K. und Prof. Dr. T. auch kein Anlass für die Einholung eines neuropsychologischen Gutachtens.
Im Nachgang zu der Sitzung sind noch ergänzende Stellungnahmen des Dr. O. vom 6. Februar 2006 und vom 28. April 2006 sowie 16. und 29. Juni 2006 zu dem ergangenen Urteil eingegangen.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass eine Begutachtung und Beurteilung individuell erfolgen müsse und sich nicht an die schematische Vereinfachung der Fachliteratur halten dürfe. Ferner hätte das Sozialgericht nicht von "manifesten Vorschäden" ausgehen dürfen. Der Unfall sei eine erheblich größere Zäsur in der Biographie gewesen als der frühere Unfall aus dem Jahre 1988. Vor dem Unfall sei die MdE mit 0 v.H. anzusetzen gewesen. Schließlich hat sie auf das Gutachten des Dr. O. verwiesen und die Einholung eines neuropsychologischen Gutachtens beantragt. Durch Studien seien neuropsychologische, kognitive Ausfälle nach Beschleunigungsverletzungen der HWS belegt.
Der Senat hat gemäß § 109 SGG den Neurologen Dr. F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Ohne Einbezug eines zunächst anvisierten neuro-psychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.Psych. L. ist dieser in dem Gutachten vom 15. April 2009 zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund festgestellter neurologischer Defizite von einer stattgehabten Schädigung des Rückenmarks im Bereich der HWS ausgegangen werden müsse. Als Unfallfolgen bestünden ein depressives Syndrom, eine Anpassungsstörung, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine posttraumatische Stressbelastung, eine minimale traumatische Hirnschädigung sowie eine Contusio spinalis. Über den 31. Oktober 1999 hinaus bestünden noch eine depressive Verstimmung, eine affektive Einengung, ein Tonusverlust, eine pathologische Erschöpfbarkeit, eine geminderte Belastbarkeit, eine Nervosität, Reizbarkeit, Konzentrationsminderung, herabgeminderte Psychomotorik sowie ein maßgeblich erhöhtes Schlafbedürfnis, ferner aus neurologischem Fachgebiet Defizite mit linksbetonten Armparesen und proximalen beidseitigen Beinparesen, sensible Störungen mit Parästhesien, Temperatursinnstörungen, sensiblen Defiziten im Versorgungsgebiet des Nervus Trigeminus und sensiblem Querschnitt bei Th 2, eine Gleichgewichtsstörung, Koordinationsstörung mit Ataxis, Blasenstörung sowie hormonelle Störungen. Die MdE betrage ab 1. November 1999 anhaltend 50 v.H.
Der ferner gemäß § 109 SGG beauftragte Chefarzt der Klinik für , Klinikum B., Prof. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2009 die Ansicht vertreten, dass kein Hinweis auf eine durch unfallbedingte Hirnschädigung verursachte neuropsychologische Leistungsminderung bestehe. Eine organische Hirnschädigung lasse sich nicht objektivieren. Die anamnestisch beklagten und punktuell belegten Beschwerden und Leistungsminderungen seien mit größter Wahrscheinlichkeit nicht durch hirnorganische Schädigung, sondern durch eine innere Ablenkung bei chronischen Schmerzen und verstärkter Selbstbeobachtung zu erklären. Im Übrigen würden das Fehlen einer retrograden Amnesie und einer primären Bewusstlosigkeit sowie das Fehlen einer primären Gewalteinwirkung auf den Schädel gegen die Möglichkeit einer beim Unfall erlittenen substanziellen Hirnschädigung sprechen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2009 die Einholung eines psychiatrischen sowie eines endokrinologisches Gutachten von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 SGG beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2010 hat sie den Antrag wiederholt. Der Senat hat die mündliche Verhandlung mit Beschluss zur Einholung eines Gutachtens der Neurologin und Psychiaterin Dr. D. vertagt.
Dr. D. hat in dem nervenärztlichen Gutachten vom 23. März 2010 ausgeführt, dass bei der Klägerin eine Neurathenie bei Primärpersönlichkeit mit überwiegend zwanghaften Zügen, eine unfallbedingte HWS-Distorsion, degenerative HWS-Veränderungen sowie eine substituierte Hypophysenvorderlappeninsuffizienz bestünden. Auszuschließen seien eine eigenständige relevante Depression, eine psychotische Erkrankung, eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine hirnorganische Beeinträchtigung. Für den Unfall lasse sich eine Hirnbeteiligung in keiner Weise wahrscheinlich machen. Festgestellte endokrinologische Auffälligkeiten seien ätiologisch unspezifisch und wenn überhaupt eher dem Unfall 1988 zuzuordnen, wo eine Hirnbeteiligung zumindest möglich erscheine. Die bestehenden psychischen Auffälligkeiten seien bereits aufgrund des erst späten Auftretens ab 2004 nicht mit dem Unfall, sondern mit multiplen psychosozialen Belastungen in Zusammenhang zu bringen. Es habe auch zu keiner Zeit einen Hinweis auf eine posttraumatische Belastungsstörung gegeben. Die somatoforme Störung sei im Rahmen der Neurasthenie zu erklären. Es lägen somit über die bereits anerkannten hinaus keine Unfallfolgen vor. Eine MdE über den 1. November 1999 hinaus lasse sich nicht begründen.
Zu den klägerischen Einwendungen hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme der Dr. D. vom 17. August 2010 eingeholt, die an dem Gutachtensergebnis festgehalten hat.
Gemäß § 109 SGG hat der Senat ferner ein endokrinologisches Gutachten des Prof. Dr. C. vom 20. Juli 2011 eingeholt, der als Unfallfolge eine partielle sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz, dokumentiert bis 19. April 2011, angenommen hat. Hieraus lasse sich auf endokrinologischem Fachgebiet eine MdE von 10 v.H. über den 1. November 1999 hinaus bis 19. April 2011 rechtfertigen. Eine Arbeitsunfähigkeit sei daraus nicht zu begründen.
Zu den klägerischen Einwendungen hat der Senat eine ergänzende Äußerung des Prof. Dr. C. vom 14. September 2011 eingeholt. Das tatsächliche Absetzen der Hydrocortisoneinnahme einen Tag vor der Untersuchung, wie erfolgt, führe dazu, dass die basalen Cortisol- und ACTH-Werte sowie die Ergebnisse des Stimulationstests nicht beeinflusst wurden. Er hat ferner bestätigt, dass die partielle Nebennierenrindeninsuffizienz am 20. April 2011 nicht mehr zu diagnostizieren gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 21. März 2006 sowie des Bescheides der Beklagten vom 16. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2003 zu verurteilen, ihr über den 31. Oktober 1999 hinaus eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Nicht streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII), der in dem Ereignis vom 18. Februar 1999 zu sehen ist. Zu entscheiden ist jedoch über die Frage, ob sich hieraus über den 31. Oktober 1999 hinaus ein Anspruch auf eine Rente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. ergibt.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente, § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, § 56 Abs. 2 S. 2 SGB VII. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSGE 21, 63, 66; v. 26.11.1987, SozR 2200 § 581 Nr. 27; v. 30.05.1988, a.a.O., Nr. 28).
Dabei muss die Gesundheitsbeeinträchtigung in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.
Das Vorliegen einer MdE von mindestens 20 v.H. ist über den 31. Oktober 1999 hinaus nicht zu belegen. Auf orthopädischem Fachgebiet wird dies vor allem durch das Gutachten des Dr. F. belegt. Als Folge des Unfalls beschrieb der Sachverständige eine HWS-Distorsion bzw. ein Schleudertrauma Grad I, das eine durch einen Unfall von 1988 und durch Degeneration vorgeschädigte Halswirbelsäule getroffen hat. Die Distorsion führte zu einer Ergussbildung zwischen dem 1. und 2. HKW. Eine HWS-Distorsion als Unfallfolge wird auch in dem Durchgangsarztbericht von Unfalltag sowie durch das MRT vom 8. März 1999 beschrieben. Es bestand keine Bewusstlosigkeit oder Amnesie.
Eine HWS-Distorsion Grad I bezeichnet gemäß der klinischen Klassifikation von Störungen bei HWS-Distorsion einen leichten Grad. Sie ist geprägt durch HWS-Beschwerden in Form von Schmerzen, Steifigkeitsgefühl oder Überempfindlichkeit, jedoch ohne objektivierbare Ausfälle. Selbst bei Annahme eines Grades II, bei dem zusätzlich muskuloskelettale Befunde auftreten, wird im Regelfall eine Arbeitsunfähigkeit von lediglich bis zu sechs Wochen angenommen. Eine dauerhafte MdE beträgt bis zu 10 v.H. (zum Ganzen: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 464, 465).
Zutreffend weist die Klägerin zwar darauf hin, dass trotz der medizinischen Klassifikation eine individuelle Beurteilung vorzunehmen ist, zumal vorliegend eine vorgeschädigte HWS betroffen ist. Dabei hat der Senat zu bewerten, ob sich das Unfallereignis auch über den 31. Oktober 1999 hinaus noch auf die Gesundheitsbeeinträchtigung wesentlich auswirkt oder ob konkurrierende Ursachen wie hier die degenerativen Bandscheibenschäden und der Unfall aus dem Jahre 1988 wesentlich sind.
Aus den Vorbefunden - z.B. des MRT vom 21. Oktober 1996 - ergibt sich eine bestehende geringe rotatorische und links-translatorische Fehlstellung im Atlanto-Dentalgelenk. Dr. F. bestätigt das Bestehen der Fehlstellung des Dens axis. Der MRT-Befund vom 11. März 1999 ergab zwar Zeichen einer vor Kurzem erfolgten Distorsion des Atlantodentalgelenks. Es zeigten sich aber auch altersinadäquate degenerative Veränderungen an den Halswirbelkörpern. Ein Bandscheibenprolaps oder eine -protrusion konnten ausgeschlossen werden. Der Sachverständige führt zusammenfassend aus, dass die noch bestehende Schmerzsymptomatik auf den Zeitraum vor dem hier streitgegenständlichen Unfall zurückverfolgt werden kann und auf unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen von Bandscheiben der HWS sowie der vorbestehenden Linkrotation des Dens axis beruht.
Distorsionen der HWS nach Grad I heilen innerhalb von längstens drei Monaten folgenlos au. Bei Annahme des Grades II wie von Dr. K. angenommen besteht grundsätzlich eine MdE von 20 v.H. für drei bis sechs Monate, so dass auch dann über den 31. Oktober 1999 hinaus eine MdE von 20 v.H. nicht gerechtfertigt ist (Schönberger/Mehrtens/Valen-tin, a.a.O:, S. 472). Auch unter Berücksichtigung der dargelegten individuellen Besonderheit ist vorliegend davon auszugehen, dass zumindest ab 31. Oktober 1999 die konkurrierenden Ursachen als wesentlich anzusehen sind, so dass keine MdE um 20 v.H. mehr anzunehmen ist.
Dies gilt auch im Hinblick auf neurologische und nervenärztliche Gesichtspunkte, wie sie von der Klägerin vor allem im Berufungsverfahren vorgebracht werden. Zunächst bestätigte der gemäß § 109 SGG beauftragte Prof. Dr. E., dass es durch den Unfall nicht zu einer Hirnschädigung gekommen ist. Zwar bestehen offensichtlich kognitive Probleme im Alltag der Klägerin, die diese jedoch erst ein halbes Jahr nach dem Unfall erstmals beobachtete. Dabei lieferten die testpsychologischen Untersuchungen keine Belege für funktionelle kognitive Defizite. Bereits der Unfallhergang, das Fehlen einer Bewusstlosigkeit oder Amnesie sowie das Fehlen einer primären Gewalteinwirkung auf den Schädel sprechen gegen eine durch den Unfall erlittene substanzielle Hirnschädigung.
Die Ursache für die beklagten und zum Teil belegten Beschwerden und Leistungsminderungen sehen sowohl Prof. Dr. E. als auch Dr. D. in weiteren Faktoren wie psychosozialen Probleme am früheren Arbeitsplatz, Schwierigkeiten bei einer neuen Stellensuche, den Belastungen durch die zusätzliche Osteopathie-Ausbildung neben einer Teilzeitberufstätigkeit und private Belastungen. Dr. D. diagnostizierte in diesem Zusammenhang eine Neurasthenie, die jedoch nicht unfallbedingt ist. Bis in das Jahr 2004 wird von der Klägerin und von verschiedenen Gutachtern der psychische Befund als völlig unauffällig beschrieben. Es gab zu keinem Zeitpunkt einen Hinweis auf eine posttraumatische Belastungsstörung - wobei auch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen "eines belastenden außergewöhnlichen Ereignisses oder einer Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde" (ICD 10 F 43.1), nicht gegeben wären.
Ein Zusammenhang besteht jedoch nach den beiden Gutachten zwischen den Beschwerden und der Schmerzsymptomatik. Die chronischen Schmerzen und die verstärkte Selbstbeobachtung führen zu einer inneren Ablenkung und damit zu den beklagten psychischen Beeinträchtigungen wie Leistungsabfall, Ermüdung, Ablenkung. Die Schmerzsymptomatik bzw. somatoforme Schmerzstörung ist jedoch, wie dargelegt, nicht auf den streitgegenständlichen Unfall, sondern auf die degenerativen, unfallunabhängigen Schädigungen der HWS zurückzuführen. Ausdrücklich weist auch Dr. D. darauf hin, dass die glaubhaften subjektiven Beschwerden anderen Faktoren zuzuordnen sind, auch wenn dies nicht der bewussten Wahrnehmung der Klägerin entspricht.
Festgestellte endokrinologische Auffälligkeiten sind nach der Begutachtung durch Dr. D. ätiologisch unspezifisch und allenfalls dem Unfall von 1988 zuzuordnen, bei dem eine Hirnbeteiligung zumindest im Bereich des Möglichen war. Dr. E. beschreibt in einem Bericht vom 8. Mai 2009 bei der Klägerin eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz. Hierbei handelt es sich um ein unspezifisches Phänomen, das nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen als Folge eines Schädel-Hirntraumas auftreten kann. Dr. E. bezog diese Diagnose auf den Unfall vom Dezember 1988, bei dem eine Kleinhirnblutung und Blutungen im Rückenmarkskanal aufgetreten seien. Ein derartiges schweres Ereignis lag bei dem vorliegend streitigen Unfall jedoch nicht vor. Die notwendigen Kriterien für eine substanzielle Hirnschädigung wie eine Bewusstlosigkeit länger als eine Stunde, eine Amnesie länger als acht Stunden, eine Verwirrtheit länger als 24 Stunden, fokale zentralneurologische Ausfälle oder eine bildgebende Darstellung von Substanzschäden sind nach den klinischen Befunden bei dem Unfall von 1999 nicht gegeben.
Durch das nach § 109 SGG eingeholte endokrinologische Gutachten des Prof. Dr. C. bestätigt sich, dass es auf endokrinologischem Fachgebiet nicht zu einer rentenrelevanten Gesundheitsbeeinträchtigung gekommen ist. Dies ergibt sich nach diesem Gutachten ohne Weiteres für die Zeit nach dem 19. April 2011, für die der Sachverständige weder eine Gesundheitsbeeinträchtigung noch eine MdE auf seinem Fachgebiet feststellte. Soweit er für die Zeit davor eine partielle sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz als Unfallfolge angenommen hat, führte diese jedenfalls auch nach diesem Gutachten nur zu einer vorläufigen Funktionseinschränkung der Hypophyse und somit zu einer MdE von lediglich 10 v.H., wobei der Sachverständige auf die nur im Schwerbehindertenrecht geltenden Anhaltspunkte zurückgreift. Diese unterscheiden sich von der Festsetzung der MdE. Schließlich bestätigt der Sachverständige in der ergänzenden Stellungnahme das ordnungsgemäße Zustandekommen der Test- und Untersuchungsergebnisse.
Dr. D. gelangte damit schlüssig und überzeugend zu dem Ergebnis, dass auch aus nervenärztlicher Sicht eine MdE über den 31. Oktober 1999 hinaus nicht begründbar ist. Soweit die Klägerin angibt, dass es ihr vor dem Arbeitsunfall gesundheitlich besser gegangen ist, liegen die wesentlichen Ursachen für die bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen vor allem in den degenerativen Entwicklungen sowie in sich entwickelnden Folgen aufgrund des Vorschadens.
Der Senat folgt damit nicht den Gutachten des Dr. O. auf orthopädischem und des Dr. F. auf neurologischem Fachgebiet. Hinsichtlich des Gutachtens des Dr. O. verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts.
Soweit sich die Klägerin auf einen von Dr. F. festgestellten sensiblen Querschnitt bei Th 2 beruft, ist auf das Gutachten des Dr. D. zu verweisen. Diese setzte sich mit dem Gutachten des Dr. F. ausdrücklich auseinander und kritisiert, dass sich das Gutachten nicht den notwendigen Kriterien für eine valide sozialmedizinische Beurteilung entspricht. Angaben und Befunde werden vermengt und subjektive Angaben wie die von der Klägerin geschilderten neurologischen Auffälligkeiten in Form von Differenzen in Kraftentfaltung und Sensibilität werden unkritisch übernommen. Ferner setzte sich Dr. F. nicht mit den geschilderten konkurrierenden Faktoren auseinander. Dies wäre vorliegend nahe gelegen, da auch Dr. F. von Vorschäden berichtete. Er vermochte nicht darzulegen, ob und ggf. inwieweit tatsächlich durch den Unfall eine maßgebliche und richtungsweisende Verschlechterung herbeigeführt wurde, wie von ihm angenommen. Schließlich ist für die Beurteilung der MdE nicht die Diagnose, sondern die durch eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit maßgebend, die im Rahmen der zahlreichen Gutachten umfassend medizinisch aufgeklärt wurde.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 v.H. über den 31. Oktober 1999 hinaus.
Die Klägerin erlitt am 18. Februar 1999 mit ihrem Pkw einen Verkehrsunfall (Zusammenstoß im Bereich der vorderen rechten Seitentüre). Es bestand keine primäre Bewusstlosigkeit oder Amnesie, die Klägerin klagte jedoch über Kopfschmerzen am Hinterkopf bis zur Stirn. Der Durchgangsarzt (Prof. Dr. D., Klinikum I.) diagnostizierte am Unfalltag eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS). Die Klägerin war im Anschluss wegen der HWS-Distorsion bzw. eines cervikoenzephalen, posttraumatischen Syndroms in ambulanter ärztlicher Behandlung. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) der HWS vom 8. März 1999 bestätigte eine vor kurzem erfolgte Distorsion des Atlantodentalgelenks mit leichter, jedoch eindeutig erkennbarer linksrotatorischer und angedeuteter linkstranslatorischer Atlasfehlstellung und konsekutiver Denssubluxation. Knöcherne Degenerationszeichen waren nicht in signifikantem Ausmaß nachweisbar.
Der von der Beklagten beauftragte Orthopäde Dr. K. stellte in einem Gutachten vom 17. Dezember 1999 fest, dass es durch den Unfall zu einer mittelschweren Zerrverletzung an den oberen Segmenten der HWS gekommen sei. Allerdings sei der Unfall nur bedingt als wesentliche Teilursache für die angegebenen Beschwerden zu werten. Unfallfremd bestünden ein Zustand nach Verletzung der HWS insbesondere der oberen Segmente der HWS vom Dezember 1988 mit einer lang anhaltenden und wiederkehrenden, bewiesenen objektiven Funktionsstörung der HWS und anhaltenden Beschwerden, ein beginnender Verschleiß an den Bandscheiben der mittleren HWS sowie eine beginnende Uncarthrose an den mittleren Segmenten der HWS. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 18. April 1999 bestanden. Es bestehe ein Rentenanspruch nach einer MdE um 20 v.H. für die Zeit vom 19. April 1999 bis 31. Oktober 1999, anschließend bis zum Ablauf des ersten Unfalljahres in Höhe von 10 v.H. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 15. Februar 2000 hielt der Sachverständige gegenüber der Beklagten an seiner MdE-Einschätzung fest, empfahl jedoch eine neurologisch-psychiatrische Zusatzbegutachtung.
Der Neurologe Prof. Dr. T. gelangte in seinem Gutachten vom 25. Juni 2002 zu dem Ergebnis, dass aus neurologischer Sicht kein objektivierbarer Befund eines Körperschadens feststellbar sei. Es bestehe lediglich eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit der HWS. Eine MdE sei nicht festzusetzen. Die im orthopädischen Gutachten geäußerte Einschätzung sei zutreffend.
Nach Anhörung des beratenden Arztes Prof. Dr. H. erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2002 eine anteilige Bewegungseinschränkung der HWS mit Verspannungen der Nackenmuskulatur nach abgeheilter Zerrverletzung an den oberen Segmenten der HWS als Unfallfolge an und gewährte eine Rente für die Zeit vom 19. April 1999 bis 31. Oktober 1999 nach einer MdE um 20 v.H. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2003 zurück.
Mit der beim Sozialgericht Landshut erhobenen Klage hat die Klägerin die Gewährung der Rente über den 31. Oktober 1999 hinaus begehrt und Einwendungen gegen die Gutachten vorgebracht. Das Sozialgericht hat die MRT-, CT-Aufnahmen und Röntgenbilder beigezogen, Befundberichte für die Zeit ab 1990 eingeholt sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. und den Arzt für Orthopädie Dr. F. mit der Erstellung von Gutachten beauftragt.
Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 17. September 2004 als Unfallfolgen eine leichte Distorsionsverletzung beschrieben, die nicht mit neurologischen Ausfällen radikulärer Art verbunden gewesen sei. Es lägen auf nervenärztlichem Fachgebiet keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen mehr vor.
Nach dem Gutachten des Dr. F. vom 18. September 2004 hat die Klägerin durch den Unfall bei bereits stark vorgeschädigter HWS eine Distorsion der HWS des Grades I erlitten, die zu einer Ergussbildung zwischen dem 1. und 2. HWK bei bereits vorbestehender Linksrotation des Dens und vorbestehenden Bandscheibenschäden geführt habe. Die Distorsionen der HWS heilten innerhalb von längstens drei Monaten folgenlos aus. Selbst wenn eine Distorsion des Grades II, wie von Dr. K. angenommen, eingetreten sei, wären die Unfallfolgen bis Ende des zweiten Unfalljahres vollständig abgeklungen gewesen. Die noch bestehende Schmerzsymptomatik lasse sich auf den Zeitraum vor dem hier streitgegenständlichen Unfall zurückverfolgen und beruhe auf unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen von Bandscheiben der HWS und einer unfallunabhängigen, schon vorbestehenden Linksrotation des Dens axis. Eine unfallbedingte MdE sei nicht begründbar.
Auf den klägerischen Antrag auf Begutachtung gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten des Orthopäden Dr. O. vom 6. Februar 2006 eingeholt. Die Klägerin habe durch den Unfall eine exzentrische Überbelastung der Muskulatur der HWS erlitten. Der jetzige Gesundheitszustand unterscheide sich medizinisch nicht wesentlich von dem, wie er sich aus den vielfältigen Attesten des behandelnden Arztes für die Zeit vor dem Unfall darstelle. Vor dem Unfall habe ein chronisch rezidivierendes und persistierendes cervicocephales Syndrom bestanden. Es sei jedoch zumindest zu einer vorübergehenden Verschlechterung gekommen, u.a. durch die Versorgung mit einer Halskrawatte. Zum Untersuchungszeitpunkt seien daher keine Unfallfolgen mehr nachweisbar. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei für ein halbes Jahr (bis 17. August 1999) anzunehmen. Anschließend habe die MdE zunächst 50 v.H., ab Oktober 1999 bis 31. März 2000 in Höhe von 20 v.H betragen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2006 abgewiesen. Als Unfallfolge sei lediglich eine HWS-Distorsion im Schweregrad I nach Erdmann nachgewiesen. Nach der Fachliteratur und den Gutachten des Dr. F. und Dr. K. bestehe kein Anspruch auf eine Verletztenrente über den 31. Oktober 1999 hinaus. Dem Gutachten des Dr. O. sei nicht zu folgen. Dieser differenziere nicht, ob die bei der Klägerin vorhandene Schmerzproblematik als wesentliche Ursache auf den Unfall oder auf andere Ursachen zurückzuführen sei. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit setze er für ein halbes Jahr an, obwohl die Klägerin faktisch nicht ein halbes Jahr arbeitsunfähig gewesen sei. Die Beurteilung der MdE verstoße gegen die geltenden Erfahrungssätze in der gesetzlichen Unfallversicherung. Es bestehe aufgrund der Gutachten des Dr. K. und Prof. Dr. T. auch kein Anlass für die Einholung eines neuropsychologischen Gutachtens.
Im Nachgang zu der Sitzung sind noch ergänzende Stellungnahmen des Dr. O. vom 6. Februar 2006 und vom 28. April 2006 sowie 16. und 29. Juni 2006 zu dem ergangenen Urteil eingegangen.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass eine Begutachtung und Beurteilung individuell erfolgen müsse und sich nicht an die schematische Vereinfachung der Fachliteratur halten dürfe. Ferner hätte das Sozialgericht nicht von "manifesten Vorschäden" ausgehen dürfen. Der Unfall sei eine erheblich größere Zäsur in der Biographie gewesen als der frühere Unfall aus dem Jahre 1988. Vor dem Unfall sei die MdE mit 0 v.H. anzusetzen gewesen. Schließlich hat sie auf das Gutachten des Dr. O. verwiesen und die Einholung eines neuropsychologischen Gutachtens beantragt. Durch Studien seien neuropsychologische, kognitive Ausfälle nach Beschleunigungsverletzungen der HWS belegt.
Der Senat hat gemäß § 109 SGG den Neurologen Dr. F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Ohne Einbezug eines zunächst anvisierten neuro-psychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.Psych. L. ist dieser in dem Gutachten vom 15. April 2009 zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund festgestellter neurologischer Defizite von einer stattgehabten Schädigung des Rückenmarks im Bereich der HWS ausgegangen werden müsse. Als Unfallfolgen bestünden ein depressives Syndrom, eine Anpassungsstörung, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine posttraumatische Stressbelastung, eine minimale traumatische Hirnschädigung sowie eine Contusio spinalis. Über den 31. Oktober 1999 hinaus bestünden noch eine depressive Verstimmung, eine affektive Einengung, ein Tonusverlust, eine pathologische Erschöpfbarkeit, eine geminderte Belastbarkeit, eine Nervosität, Reizbarkeit, Konzentrationsminderung, herabgeminderte Psychomotorik sowie ein maßgeblich erhöhtes Schlafbedürfnis, ferner aus neurologischem Fachgebiet Defizite mit linksbetonten Armparesen und proximalen beidseitigen Beinparesen, sensible Störungen mit Parästhesien, Temperatursinnstörungen, sensiblen Defiziten im Versorgungsgebiet des Nervus Trigeminus und sensiblem Querschnitt bei Th 2, eine Gleichgewichtsstörung, Koordinationsstörung mit Ataxis, Blasenstörung sowie hormonelle Störungen. Die MdE betrage ab 1. November 1999 anhaltend 50 v.H.
Der ferner gemäß § 109 SGG beauftragte Chefarzt der Klinik für , Klinikum B., Prof. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2009 die Ansicht vertreten, dass kein Hinweis auf eine durch unfallbedingte Hirnschädigung verursachte neuropsychologische Leistungsminderung bestehe. Eine organische Hirnschädigung lasse sich nicht objektivieren. Die anamnestisch beklagten und punktuell belegten Beschwerden und Leistungsminderungen seien mit größter Wahrscheinlichkeit nicht durch hirnorganische Schädigung, sondern durch eine innere Ablenkung bei chronischen Schmerzen und verstärkter Selbstbeobachtung zu erklären. Im Übrigen würden das Fehlen einer retrograden Amnesie und einer primären Bewusstlosigkeit sowie das Fehlen einer primären Gewalteinwirkung auf den Schädel gegen die Möglichkeit einer beim Unfall erlittenen substanziellen Hirnschädigung sprechen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2009 die Einholung eines psychiatrischen sowie eines endokrinologisches Gutachten von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 SGG beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2010 hat sie den Antrag wiederholt. Der Senat hat die mündliche Verhandlung mit Beschluss zur Einholung eines Gutachtens der Neurologin und Psychiaterin Dr. D. vertagt.
Dr. D. hat in dem nervenärztlichen Gutachten vom 23. März 2010 ausgeführt, dass bei der Klägerin eine Neurathenie bei Primärpersönlichkeit mit überwiegend zwanghaften Zügen, eine unfallbedingte HWS-Distorsion, degenerative HWS-Veränderungen sowie eine substituierte Hypophysenvorderlappeninsuffizienz bestünden. Auszuschließen seien eine eigenständige relevante Depression, eine psychotische Erkrankung, eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine hirnorganische Beeinträchtigung. Für den Unfall lasse sich eine Hirnbeteiligung in keiner Weise wahrscheinlich machen. Festgestellte endokrinologische Auffälligkeiten seien ätiologisch unspezifisch und wenn überhaupt eher dem Unfall 1988 zuzuordnen, wo eine Hirnbeteiligung zumindest möglich erscheine. Die bestehenden psychischen Auffälligkeiten seien bereits aufgrund des erst späten Auftretens ab 2004 nicht mit dem Unfall, sondern mit multiplen psychosozialen Belastungen in Zusammenhang zu bringen. Es habe auch zu keiner Zeit einen Hinweis auf eine posttraumatische Belastungsstörung gegeben. Die somatoforme Störung sei im Rahmen der Neurasthenie zu erklären. Es lägen somit über die bereits anerkannten hinaus keine Unfallfolgen vor. Eine MdE über den 1. November 1999 hinaus lasse sich nicht begründen.
Zu den klägerischen Einwendungen hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme der Dr. D. vom 17. August 2010 eingeholt, die an dem Gutachtensergebnis festgehalten hat.
Gemäß § 109 SGG hat der Senat ferner ein endokrinologisches Gutachten des Prof. Dr. C. vom 20. Juli 2011 eingeholt, der als Unfallfolge eine partielle sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz, dokumentiert bis 19. April 2011, angenommen hat. Hieraus lasse sich auf endokrinologischem Fachgebiet eine MdE von 10 v.H. über den 1. November 1999 hinaus bis 19. April 2011 rechtfertigen. Eine Arbeitsunfähigkeit sei daraus nicht zu begründen.
Zu den klägerischen Einwendungen hat der Senat eine ergänzende Äußerung des Prof. Dr. C. vom 14. September 2011 eingeholt. Das tatsächliche Absetzen der Hydrocortisoneinnahme einen Tag vor der Untersuchung, wie erfolgt, führe dazu, dass die basalen Cortisol- und ACTH-Werte sowie die Ergebnisse des Stimulationstests nicht beeinflusst wurden. Er hat ferner bestätigt, dass die partielle Nebennierenrindeninsuffizienz am 20. April 2011 nicht mehr zu diagnostizieren gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 21. März 2006 sowie des Bescheides der Beklagten vom 16. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2003 zu verurteilen, ihr über den 31. Oktober 1999 hinaus eine Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Nicht streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nach §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII), der in dem Ereignis vom 18. Februar 1999 zu sehen ist. Zu entscheiden ist jedoch über die Frage, ob sich hieraus über den 31. Oktober 1999 hinaus ein Anspruch auf eine Rente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. ergibt.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente, § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, § 56 Abs. 2 S. 2 SGB VII. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSGE 21, 63, 66; v. 26.11.1987, SozR 2200 § 581 Nr. 27; v. 30.05.1988, a.a.O., Nr. 28).
Dabei muss die Gesundheitsbeeinträchtigung in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt.
Das Vorliegen einer MdE von mindestens 20 v.H. ist über den 31. Oktober 1999 hinaus nicht zu belegen. Auf orthopädischem Fachgebiet wird dies vor allem durch das Gutachten des Dr. F. belegt. Als Folge des Unfalls beschrieb der Sachverständige eine HWS-Distorsion bzw. ein Schleudertrauma Grad I, das eine durch einen Unfall von 1988 und durch Degeneration vorgeschädigte Halswirbelsäule getroffen hat. Die Distorsion führte zu einer Ergussbildung zwischen dem 1. und 2. HKW. Eine HWS-Distorsion als Unfallfolge wird auch in dem Durchgangsarztbericht von Unfalltag sowie durch das MRT vom 8. März 1999 beschrieben. Es bestand keine Bewusstlosigkeit oder Amnesie.
Eine HWS-Distorsion Grad I bezeichnet gemäß der klinischen Klassifikation von Störungen bei HWS-Distorsion einen leichten Grad. Sie ist geprägt durch HWS-Beschwerden in Form von Schmerzen, Steifigkeitsgefühl oder Überempfindlichkeit, jedoch ohne objektivierbare Ausfälle. Selbst bei Annahme eines Grades II, bei dem zusätzlich muskuloskelettale Befunde auftreten, wird im Regelfall eine Arbeitsunfähigkeit von lediglich bis zu sechs Wochen angenommen. Eine dauerhafte MdE beträgt bis zu 10 v.H. (zum Ganzen: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 464, 465).
Zutreffend weist die Klägerin zwar darauf hin, dass trotz der medizinischen Klassifikation eine individuelle Beurteilung vorzunehmen ist, zumal vorliegend eine vorgeschädigte HWS betroffen ist. Dabei hat der Senat zu bewerten, ob sich das Unfallereignis auch über den 31. Oktober 1999 hinaus noch auf die Gesundheitsbeeinträchtigung wesentlich auswirkt oder ob konkurrierende Ursachen wie hier die degenerativen Bandscheibenschäden und der Unfall aus dem Jahre 1988 wesentlich sind.
Aus den Vorbefunden - z.B. des MRT vom 21. Oktober 1996 - ergibt sich eine bestehende geringe rotatorische und links-translatorische Fehlstellung im Atlanto-Dentalgelenk. Dr. F. bestätigt das Bestehen der Fehlstellung des Dens axis. Der MRT-Befund vom 11. März 1999 ergab zwar Zeichen einer vor Kurzem erfolgten Distorsion des Atlantodentalgelenks. Es zeigten sich aber auch altersinadäquate degenerative Veränderungen an den Halswirbelkörpern. Ein Bandscheibenprolaps oder eine -protrusion konnten ausgeschlossen werden. Der Sachverständige führt zusammenfassend aus, dass die noch bestehende Schmerzsymptomatik auf den Zeitraum vor dem hier streitgegenständlichen Unfall zurückverfolgt werden kann und auf unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen von Bandscheiben der HWS sowie der vorbestehenden Linkrotation des Dens axis beruht.
Distorsionen der HWS nach Grad I heilen innerhalb von längstens drei Monaten folgenlos au. Bei Annahme des Grades II wie von Dr. K. angenommen besteht grundsätzlich eine MdE von 20 v.H. für drei bis sechs Monate, so dass auch dann über den 31. Oktober 1999 hinaus eine MdE von 20 v.H. nicht gerechtfertigt ist (Schönberger/Mehrtens/Valen-tin, a.a.O:, S. 472). Auch unter Berücksichtigung der dargelegten individuellen Besonderheit ist vorliegend davon auszugehen, dass zumindest ab 31. Oktober 1999 die konkurrierenden Ursachen als wesentlich anzusehen sind, so dass keine MdE um 20 v.H. mehr anzunehmen ist.
Dies gilt auch im Hinblick auf neurologische und nervenärztliche Gesichtspunkte, wie sie von der Klägerin vor allem im Berufungsverfahren vorgebracht werden. Zunächst bestätigte der gemäß § 109 SGG beauftragte Prof. Dr. E., dass es durch den Unfall nicht zu einer Hirnschädigung gekommen ist. Zwar bestehen offensichtlich kognitive Probleme im Alltag der Klägerin, die diese jedoch erst ein halbes Jahr nach dem Unfall erstmals beobachtete. Dabei lieferten die testpsychologischen Untersuchungen keine Belege für funktionelle kognitive Defizite. Bereits der Unfallhergang, das Fehlen einer Bewusstlosigkeit oder Amnesie sowie das Fehlen einer primären Gewalteinwirkung auf den Schädel sprechen gegen eine durch den Unfall erlittene substanzielle Hirnschädigung.
Die Ursache für die beklagten und zum Teil belegten Beschwerden und Leistungsminderungen sehen sowohl Prof. Dr. E. als auch Dr. D. in weiteren Faktoren wie psychosozialen Probleme am früheren Arbeitsplatz, Schwierigkeiten bei einer neuen Stellensuche, den Belastungen durch die zusätzliche Osteopathie-Ausbildung neben einer Teilzeitberufstätigkeit und private Belastungen. Dr. D. diagnostizierte in diesem Zusammenhang eine Neurasthenie, die jedoch nicht unfallbedingt ist. Bis in das Jahr 2004 wird von der Klägerin und von verschiedenen Gutachtern der psychische Befund als völlig unauffällig beschrieben. Es gab zu keinem Zeitpunkt einen Hinweis auf eine posttraumatische Belastungsstörung - wobei auch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen "eines belastenden außergewöhnlichen Ereignisses oder einer Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde" (ICD 10 F 43.1), nicht gegeben wären.
Ein Zusammenhang besteht jedoch nach den beiden Gutachten zwischen den Beschwerden und der Schmerzsymptomatik. Die chronischen Schmerzen und die verstärkte Selbstbeobachtung führen zu einer inneren Ablenkung und damit zu den beklagten psychischen Beeinträchtigungen wie Leistungsabfall, Ermüdung, Ablenkung. Die Schmerzsymptomatik bzw. somatoforme Schmerzstörung ist jedoch, wie dargelegt, nicht auf den streitgegenständlichen Unfall, sondern auf die degenerativen, unfallunabhängigen Schädigungen der HWS zurückzuführen. Ausdrücklich weist auch Dr. D. darauf hin, dass die glaubhaften subjektiven Beschwerden anderen Faktoren zuzuordnen sind, auch wenn dies nicht der bewussten Wahrnehmung der Klägerin entspricht.
Festgestellte endokrinologische Auffälligkeiten sind nach der Begutachtung durch Dr. D. ätiologisch unspezifisch und allenfalls dem Unfall von 1988 zuzuordnen, bei dem eine Hirnbeteiligung zumindest im Bereich des Möglichen war. Dr. E. beschreibt in einem Bericht vom 8. Mai 2009 bei der Klägerin eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz. Hierbei handelt es sich um ein unspezifisches Phänomen, das nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen als Folge eines Schädel-Hirntraumas auftreten kann. Dr. E. bezog diese Diagnose auf den Unfall vom Dezember 1988, bei dem eine Kleinhirnblutung und Blutungen im Rückenmarkskanal aufgetreten seien. Ein derartiges schweres Ereignis lag bei dem vorliegend streitigen Unfall jedoch nicht vor. Die notwendigen Kriterien für eine substanzielle Hirnschädigung wie eine Bewusstlosigkeit länger als eine Stunde, eine Amnesie länger als acht Stunden, eine Verwirrtheit länger als 24 Stunden, fokale zentralneurologische Ausfälle oder eine bildgebende Darstellung von Substanzschäden sind nach den klinischen Befunden bei dem Unfall von 1999 nicht gegeben.
Durch das nach § 109 SGG eingeholte endokrinologische Gutachten des Prof. Dr. C. bestätigt sich, dass es auf endokrinologischem Fachgebiet nicht zu einer rentenrelevanten Gesundheitsbeeinträchtigung gekommen ist. Dies ergibt sich nach diesem Gutachten ohne Weiteres für die Zeit nach dem 19. April 2011, für die der Sachverständige weder eine Gesundheitsbeeinträchtigung noch eine MdE auf seinem Fachgebiet feststellte. Soweit er für die Zeit davor eine partielle sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz als Unfallfolge angenommen hat, führte diese jedenfalls auch nach diesem Gutachten nur zu einer vorläufigen Funktionseinschränkung der Hypophyse und somit zu einer MdE von lediglich 10 v.H., wobei der Sachverständige auf die nur im Schwerbehindertenrecht geltenden Anhaltspunkte zurückgreift. Diese unterscheiden sich von der Festsetzung der MdE. Schließlich bestätigt der Sachverständige in der ergänzenden Stellungnahme das ordnungsgemäße Zustandekommen der Test- und Untersuchungsergebnisse.
Dr. D. gelangte damit schlüssig und überzeugend zu dem Ergebnis, dass auch aus nervenärztlicher Sicht eine MdE über den 31. Oktober 1999 hinaus nicht begründbar ist. Soweit die Klägerin angibt, dass es ihr vor dem Arbeitsunfall gesundheitlich besser gegangen ist, liegen die wesentlichen Ursachen für die bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen vor allem in den degenerativen Entwicklungen sowie in sich entwickelnden Folgen aufgrund des Vorschadens.
Der Senat folgt damit nicht den Gutachten des Dr. O. auf orthopädischem und des Dr. F. auf neurologischem Fachgebiet. Hinsichtlich des Gutachtens des Dr. O. verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts.
Soweit sich die Klägerin auf einen von Dr. F. festgestellten sensiblen Querschnitt bei Th 2 beruft, ist auf das Gutachten des Dr. D. zu verweisen. Diese setzte sich mit dem Gutachten des Dr. F. ausdrücklich auseinander und kritisiert, dass sich das Gutachten nicht den notwendigen Kriterien für eine valide sozialmedizinische Beurteilung entspricht. Angaben und Befunde werden vermengt und subjektive Angaben wie die von der Klägerin geschilderten neurologischen Auffälligkeiten in Form von Differenzen in Kraftentfaltung und Sensibilität werden unkritisch übernommen. Ferner setzte sich Dr. F. nicht mit den geschilderten konkurrierenden Faktoren auseinander. Dies wäre vorliegend nahe gelegen, da auch Dr. F. von Vorschäden berichtete. Er vermochte nicht darzulegen, ob und ggf. inwieweit tatsächlich durch den Unfall eine maßgebliche und richtungsweisende Verschlechterung herbeigeführt wurde, wie von ihm angenommen. Schließlich ist für die Beurteilung der MdE nicht die Diagnose, sondern die durch eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit maßgebend, die im Rahmen der zahlreichen Gutachten umfassend medizinisch aufgeklärt wurde.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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