L 9 U 613/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2350/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 613/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. November 2007 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beklagte wendet sich gegen die Feststellung von Unfallfolgen und die Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente durch das Sozialgericht Stuttgart (SG) wegen des Arbeitsunfalls des verstorbenen Ehemannes der Klägerin, des Versicherten (V.), vom 13.5.2001. Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin von V. die Feststellung einer Schallempfindungsschwerhörigkeit als weitere Unfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. über den 30.4.2004 hinaus.

Der 1950 geborene V. war als Fluglotse am S. Flughafen beschäftigt. Am 13.5.2001 stürzte er um 5:38 Uhr die Towertreppe hinunter. Ausweislich des Notarztprotokolls war V. bei Eintreffen des Notarztes nicht ansprechbar und zeigte keine Reaktion auf Schmerzen. Der Notarzt stellte ein Hämatom occipital fest und verneinte sonstige Verletzungserscheinungen. Er erwähnte fremdanamnestisch eine Schilddrüsenerkrankung mit Dauermedikation. Mit dem Hubschrauber wurde V. um 7:43 Uhr intubiert und beatmet in den Schockraum des Katharinenhospitals (KH) Stuttgart eingeliefert.

Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am KH, diagnostizierte bei V. aufgrund einer Untersuchung vom 14.5.2001 ein isoliertes Schädel-Hirn-Trauma. Er stellte im Bereich des Hinterkopfes eine ausgedehnte Beule fest; sonogra-phisch konnte keine Flüssigkeit festgestellt werden. Die Röntgenaufnahmen vom Schädel, von der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie vom Becken zeigten keine Frakturen. V. wurde zur weiteren Diagnostik (CT Schädel) auf der Neurochirurgischen Station aufgenommen. In einem Zwischenbericht (ohne konkretes Datum: 2001) führte Dr. V., Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am KH, aus, V. sei vom 13.5.2001 bis 18.5.2001 stationär behandelt worden. Es seien die Diagnosen Commotio cerebri, Unterkieferprellung sowie Sehschwäche gestellt worden. Die Ursache des Sturzes vom 13.5.2001 sei ungeklärt. Nach Angaben von V. hätten seit längerem Kopfschmerzen bestanden. CCT, MRT Schädel und MRT-Angio hätten einen unauffälligen Normalbefund und insbesondere keine intracerebrale Verletzung ergeben. Die Darstellung der Arteria basilaris sei unauffällig gewesen. Auf HNO-ärztlichem Gebiet sei weitere Abklärung (Felsenbein-CT) empfohlen worden; auf augenärztlichem Gebiet sei keine organische Läsion erkennbar. Während der Überwachung sei V. unauffällig und zunehmend orientiert gewesen. Am 16.5.2001 sei V. bei bis dahin bereits guter Mobilisierung auf dem Stationsflur gestürzt. Eine Sturzursache sei nicht erkennbar gewesen. Im weiteren Verlauf habe es keine Besonderheiten gegeben. Zur weiteren Abklärung werde V. in die Neurologische Abteilung des B. verlegt. Aufgrund der ungeklärten Sturzursache und dem neuerlichen Sturz auf Station werde durch die Berufsgenossenschaft (BG) zu klären sein, ob ein Arbeitsunfall vorliege.

Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik des B., führte am 12.6.2001 aus, V. habe im Rahmen des zur Aufnahme ins KH führenden Treppensturzes ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades erlitten, das auch zum Verlegungszeitpunkt bei ihnen noch deutliche Zeichen einer posttraumatischen peripher-vestibulären Funktionsstörung rechts aufgewiesen habe. Bei dem Sturz im KH sei es zu keiner Bewusstlosigkeit gekommen. V. habe über eine Gangunsicherheit berichtet, die zu dem plötzlichen Sturz geführt habe. Sie gingen daher davon aus, dass die beim Sturz am 13.5.2001 erlittene Commotio cerebri für den zweiten Sturz ursächlich gewesen sei; für körpereigene Ursachen gebe es keinen Anhalt.

Vom 18.5.2001 bis 30.5.2001 wurde V. in der Neurologischen Klinik des B. stationär behandelt. Im Arztbrief vom 12.6.2001 führten die dortigen Ärzte aus, zusammenfassend lasse sich aus neurologischer Sicht keine eindeutige Ursache für die Bewusstlosigkeit finden; insbesondere hätten sich keine Hinweise für eine erhöhte cerebrale Erregbarkeit in den EEGs ergeben. Sie diagnostizierten eine unklare Bewusstlosigkeit, ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades (Commotio cerebri) sowie eine posttraumatische periphere vestibulo-cochleäre Funktionsstörung rechts und führten aus, bis zum Entlassungszeitpunkt sei die von V. geklagte Sehminderung rechts, verbunden mit nicht sicher ableitbaren visuell evozierten Potentialen rechts, unklar geblieben. Sollte sich hier keine Besserung einstellen, so sei eine weitere augenärztliche Abklärung dringend erforderlich. Im NMR habe sich kein Anhalt für eine Schädigung im Verlauf des Nervus opticus oder der Sehbahn gefunden.

Dr. K., Hausarzt von V., berichtete am 25.6.2001 auf Bitten von V. der Ausführungsbehörde für Unfallversicherung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, ab 1.1.2003 Unfallkasse des Bundes, der späteren Beklagten, über Vorstellungen von V. am 5.6.2001 und 22.6.2001. V. habe sich am 5.6.2001 in Begleitung seiner Ehefrau in der Praxis vorgestellt und angegeben, wegen Schwindelattacken könne er sich nicht ohne Begleitung bewegen. Es bestünden noch eine deutliche Herabsetzung des Hörvermögens rechts sowie erhebliche Sehstörungen des rechten Auges, mit welchem er lediglich Umrisse wahrnehmen könne. Bei der erneuten Vorstellung am 22.6.2001 sei weiterhin die Begleitung der Ehefrau erforderlich gewesen. Am 18.6.2001 sei es zu einem Sturz vor dem Wohnhaus mit Stirnprellung gekommen. Weiterhin bestünden Schwindelattacken, ein herabgesetztes Hörvermögen rechts und ein eingeschränktes Sehvermögen rechts. Darüber hinaus werde eine Schwäche der rechten Hand angegeben; Gegenstände würden aus der Hand fallen. Dr. K. übersandte einen Arztbrief des Internisten und Kardiologen Dr. S. vom 21.6.2001 (elektrokardiographisch und echokardiographisch Normalbefund; falls die übrigen Untersuchungen negativ bezüglich der Genese der Synkope ausgingen, empfehle er eine Kipptisch-Untersuchung).

Die Deutsche Flugsicherung (D.) übersandte Fotos von der Unfallstelle und erklärte, V. habe seinen Arbeitsplatz im Tower verlassen, weil er von der Frühschicht abgelöst worden sei. An der Towertreppe seien keinerlei unfallträchtige Schäden vorhanden. Durch die durch den Sturz verursachten Geräusche seien die Kollegen auf den Sturz aufmerksam geworden und hätten über die Feuerwehr des Flughafens den Sanitätsdienst informiert, der wiederum das KH, den Hubschrauber, die Polizei etc. hinzugezogen habe. Im Vorfeld des Sturzes habe V. nicht über Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Schwindel geklagt.

Dr. K. teilte unter dem 13.7.2001 mit, bei V. stehe nach dem Unfallereignis und der Entlassung aus der stationären Behandlung noch die vestibulo-cochleäre Störung mit Schwindelattacken im Vordergrund. Es hätten sich seitdem noch mehrere folgenlose Stürze ereignet. V. gebe noch eine Sehstörung des rechten Auges an.

Der Augenarzt Dr. P. beschrieb im Arztbrief vom 27.6.2001 eine Sehminderung rechts und führte aus, auf eine Gesichtsfelduntersuchung sei verzichtet worden, V. gebe an, nur schwarz-weiß zu erkennen.

Die Beklagte zog Leistungsauszüge der M. Krankenversicherung AG, den Zeitraum vom 7.3.1995 bis 1.12.1999 betreffend, sowie Befundberichte von Dr. L., Oberärztin der Augenklinik der Universität T., vom 12.4.2000 (mit entsprechender Korrektur der Myopie und des Astigmatismus beidseits volle Sehschärfe, morphologischer Befund beider Augen regelrecht, Augeninnendruck im Normbereich) und der HNO-Klinik des KH vom 1.8.2001 (Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts nach Sturz mit konsekutiver Commotio cerebri am 12.5.2001; eine unfallbedingte Hörstörung im Sinne einer Commotio labyrinthi sei möglich. Die unterschiedlichen Untersuchungsergebnisse bei den subjektiven Hörtests, verglichen mit den objektiven Tests, ließen jedoch keine sichere Abgrenzung zu möglichen anderen Ursachen zu. Hierzu wäre eine nochmalige ausführliche Begutachtung mit erweiterter audiologischer Diagnostik nötig) bei.

Dr. K. erklärte am 20.8.2001, V. habe sich seit 1977 immer wieder in seiner Behandlung befunden. Schwindel, Kopfschmerzen, Herz-Kreislauf-Störungen oder Störungen der Sinnesorgane seien nie angegeben worden.

Die Beklagte beauftragte am 4.9.2001 Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T., mit der Erstattung eines Gutachtens ("mit allem erforderlichen Zusatzgutachten"), ohne V. vor Erteilung des Gutachtensauftrages mehrere Gutachter zur Auswahl zu benennen und ihn auf sein Widerspruchsrecht gem. § 76 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinzuweisen (§ 200 Abs. 2 SGB VII).

Prof. Dr. W. teilte der Beklagten unter dem 13.9.2001 mit, eine unfallchirurgische Begutachtung sei nicht erforderlich. Es handele sich allein um Diagnosen auf neurologischem und HNO-ärztlichem Gebiet, so dass er hiermit den Gutachtensauftrag zurückgebe bzw. - das Einverständnis der Beklagten voraussetzend - den Gutachtensauftrag an den Neurologen und Psychiater Prof. Dr. Dr. M. weitergeleitet habe.

Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Augenklinik des KH, berichtete unter dem 29.10.2001 über Untersuchungen des V. am 15.5.2001 und 16.5.2001, wonach am rechten Auge eine unklare Sehschärfenminderung auf Wahrnehmung von Handbewegungen bei Verdacht auf Aggravation oder Simulation diagnostiziert wurden. Der behandelnde Augenarzt Dr. P. habe am 6.6.2001 über eine Pupillenreaktion beidseits ohne Befund bei weiterhin bestehendem Visusverlust des rechten Auges berichtet. Eine vorgeschlagene nochmalige Untersuchung in der Klinik sei nicht erfolgt.

Die Beklagte beauftragte - ohne Beachtung von § 200 Abs. 2 SGB VII - Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am KH, mit der Erstattung eines Gutachtens sowie mit der Einholung eines augenärztlichen Zusatzgutachtens bei Prof. Dr. W. und eines HNO-ärztlichen Zusatzgutachtens bei Prof. Dr. H ...

In einem der Beklagten am 28.6.2002 übersandten Arztbrief von Dr. K. vom 13.9.2001 berichtete dieser, nach der Entlassung aus der stationären Behandlung habe V. über ein herabgesetztes Hörvermögen rechts, Sehstörungen rechts, eine Blendempfindlichkeit, einen Räusper- und Schluckzwang sowie eine Schwäche der rechten Hand geklagt. Aufgrund der Empfehlung im Entlassungsbericht seien eine kardiologische (Dr. S. vom 21.6.2001) sowie eine augenärztliche Untersuchung (Dr. P./Dr.K. vom 27.6.2001) durchgeführt worden. Am 28.06.2002 machte der Kläger u. a. geltend, vor Beauftragung von Prof. Dr. H. seien ihm keine 3 Gutachter zur Auswahl benannt worden.

Mit Bescheid vom 13.12.2002 teilte die Beklagte V. mit, als Folge seines Arbeitsunfalls vom 13.5.2001 werde eine folgenlos ausgeheilte Commotio cerebri mit Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.5.2001 und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 24.6.2001 anerkannt. Unfallverletzungen auf neurologischem, HNO-ärztlichem und augenärztlichem Fachgebiet hätten nicht bestanden. Zur Begründung führte sie aus, da die behandelnden Ärzte keine Erklärungen für die von V. geschilderten Beschwerden gehabt hätten, habe sie mit Einverständnis von V. ein Gutachten bei Prof. Dr. W. und Dr. M. in Auftrag gegeben. Da diese auf ihrem (unfallchirurgischen) Fachgebiet keine Unfallfolgen festgestellt hätten, sei daraufhin ein Zusatzgutachten auf fachpsychologischem Gebiet bei Prof. Dr. Dr. M. und Dipl.-Psychologe N. sowie auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet bei Prof. Dr. Dr. M. und PD Dr. S. veranlasst worden. Hierbei hätten jeweils keine eindeutigen Unfallfolgen festgestellt werden können. Daraufhin seien mit Einverständnis von V. ein weiteres Gutachten bei Prof. Dr. H. sowie Zusatzgutachten auf HNO- und augenärztlichem Gebiet (Prof. Dr. H. und Dr. H. bzw. Prof. Dr. W. und Dr. R.) in Auftrag gegeben worden. Anhand der objektiven Befunde hätten auf diesen Fachgebieten jedoch keine Unfallfolgen festgestellt werden können.

Hiergegen legte V. am 24.12.2002 Widerspruch ein. Sein Bevollmächtigter, der sich mit Schreiben vom 28.08.2002 gegenüber der Beklagten legitimiert hatte, beanstandete, dass die eingeholten Gutachten nicht von den in den Beweisanordnungen bezeichneten Ärzten persönlich erstattet worden seien. So sei die Weitergabe des Gutachtensauftrages von Prof. Dr. W. an Prof. Dr. Dr. M. stillschweigend geduldet worden. Allerdings habe dann PD Dr. S. unter dem Briefkopf von Prof. Dr. Dr. M. das Gutachten von 24.9.2001 erstattet. Dies widerspreche der persönlichen Gutachtenserstattung und mache das Gutachten von PD Dr. S. nicht verwertbar. Auch das fachpsychologische Gutachten vom 20.9.2001 sei nicht verwertbar, da Prof. Dr. Dr. M. nicht beauftragt worden sei und er - V. - diesen zu keinem Zeitpunkt gesehen habe. Prof. Dr. H., der mit der Begutachtung beauftragt worden sei, habe ihn zu keinem Zeitpunkt persönlich untersucht. Die Stellungnahmen von Prof. Dr. H. vom 18.9.2002 und 31.10.2002 beruhten im Wesentlichen auf den nicht verwertbaren gutachterlichen Einschätzungen von Prof. Dr. Dr. M. und Dr. H ... Er - V. - habe demgegenüber unabhängige Fachärzte mit der Begutachtung seiner Unfallfolgen beauftragt.

V. legte ärztliche Unterlagen von Prof. Dr. S., HNO-Arzt, vom 10.1.2002 und 15.8.2002 (Erstuntersuchung 10.1.2002; Taubheit am rechten Ohr, Herabsetzung der Erregbarkeit des rechten Vorhofbogengangsystems, Hirnstammaudiometrie ergab pathologische zentrale Hörkurven mit einem verlängerten Interpeak rechts, HNO-seits bestehe für ihn kein Zweifel, dass die Funktionsstörungen am rechten Ohr Folgen einer Contusio labyrinthi nach Treppensturz rechts seien) und Prof. Dr. M., Neurologische Universitätsklinik H., vom 23.10.2002 (gering- bis mittelgradige Hörstörung am rechten Ohr) vor.

Die Beklagte zog Arztbriefe von Prof. Dr. M. vom 11.4.2002 und Dr. R. vom 2.10.2002 (kein vollständiger funktioneller Ausfall der Hörstrahlung), der HNO-Klinik H. vom 31.7.2002 (am ehesten eine gering- bis mittelgradige Hörstörung, eine Taubheit rechts könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden), von Dr. L. vom 2.4.2002 (angegebene Sehschärfe deutlich schlechter als nach den übrigen Untersuchungsbefunden zu erwarten; eine Erklärung dafür habe sie nicht), von der HNO-Gemeinschaftspraxis Dr. Z., Prof. Dr. S., Dr. B. vom 29.1.2003 sowie weitere Unterlagen über HNO-ärztliche Untersuchungen bei. Anschließend beauftragte die Beklagte - nach Auswahl durch V. - Prof. Dr. Z., Direktor der Augenklinik der Universität T., den HNO-Arzt Dr. de V. und die Neurologin und Psychiaterin Dr. R. mit der Erstattung von Gutachten.

Dr. de V. gelangte im Gutachten vom 23.4.2004 und seiner Stellungnahme vom 13.05.2004 zum Ergebnis, beim Kläger liege eine psychogene Hörstörung vor. Die subjektiven Angaben und Hörprüfungen bestätigten eine vollständige Hörminderung, die objektiven Hörprüfungen zeigten ein intaktes Gehör. Eine unfallbedingte MdE liege nicht vor.

Dr. R. führte im neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 10.5.2004 aus, auf neurologischem Gebiet seien Beschwerden über Kopfschmerzen, teilweise Gleichgewichtsstörungen und anfallsartige Stürze zu bewerten. Diagnostisch sei von einer Commotio cerebri ausgegangen worden. Diese Diagnose sei ohne Zweifel richtig. Allerdings stelle sich die Frage, ob trotz der initialen unauffälligen radiologischen Diagnostik des Gehirns nicht eine contusionelle Hirnschädigung vorgelegen habe. Unmittelbar nach dem traumatischen Ereignis müsse sich nicht notwendigerweise ein Contusionsherd feststellen lassen. Soweit aus der vorliegenden Akte ersichtlich seien spätere Kontrollen nicht durchgeführt worden. Unauffällige EEG-Befunde, wie im B. erhoben, schlössen eine contusionelle Hirnschädigung nicht aus. Es müsse offen bleiben, ob V. eine contusionelle Hirnschädigung erlitten habe. Ihres Erachtens spreche mehr für eine contusionelle Hirnschädigung. Sie gehe davon aus, dass die Stürze mit Bewusstseinsstörungen, welche unter antikonvulsiver Behandlung sich gewandelt hätten, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 13.5.2001 zurückzuführen seien. Eine unfallunabhängige Erkrankung auf neurologischem Gebiet habe sie nicht feststellen können. Wegen der symptomatischen cerebral-organischen Anfälle schätze sie die unfallbedingte MdE auf neurologischem Gebiet auf 50 v.H. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestehe seit dem Unfallereignis.

In einem weiteren (psychiatrischen) Gutachten vom 3.1.2005 führte Dr. R. (aufgrund einer weiteren Untersuchung des V. vom 24.9.2004) aus, die Diagnose einer psychogenen Taubheit, wie von Dr. de V. angenommen, könne sie nicht nachvollziehen. Die Widersprüchlichkeiten zwischen den objektiven und subjektiven Befunden könnten von ihr nicht geklärt werden. Die psychiatrische Untersuchung ergebe hierfür keine plausiblen Gründe.

In einem neuroradiologischen Zusatzgutachten vom 12.10.2004 (zum augenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. Z.) gelangte Prof. Dr. V., Ärztlicher Direktor der Abteilung für Neuroradiologie der Radiologischen Klinik der Universität T., aufgrund einer kernspintomographischen Untersuchung des Schädels vom 4.10.2004 zum Ergebnis, Veränderungen, die eine Beeinträchtigung des Sehens auf dem rechten Auge erklären könnten, seien MR-tomographisch nicht abgrenzbar. Insgesamt zeigten sich in der aktuellen Untersuchung keine posttraumatischen Veränderungen. Bis auf eine das Altersmaß gering überschreitende Volumenminderung des Kleinhirnwurms zeige sich insgesamt ein altersentsprechender unauffälliger intracranieller Befund.

Prof. Dr. Z. und Oberärztin Dr. L. gelangten im Gutachten vom 28.9.2005 zum Ergebnis, die von V. beklagte Sehstörung des rechten Auges sei aller Wahrscheinlichkeit nach geringer als er sie angebe. Die minimale Aufhellung des Sehnervenkopfes im schläfenwärtigen Bereich und die relative minimale Reduktion der afferenten Pupillenreaktion des rechten Auges könne Ausdruck einer Schädigung des Sehnerven sein, müsse es aber nicht, weil der Seitenunterschied nicht ausreiche, am rechten Auge eine partielle Opticusatrophie (= teilweisen Sehnervenschwund) gegenüber dem linken Auge festzustellen oder eine sichere, durch die Pupillenreaktion im Seitenvergleich erkennbare Schädigung des rechten Sehnerven zu bestätigen. Es liege eine Störung im Sehnerven des rechten Auges auf der Strecke vom Auge bis zur Sehnervenkreuzung vor. Das Ausmaß dieser Störung sei nicht genau quantifizierbar. Es sei von augenärztlicher Seite nicht zu klären, ob die von V. gemachten Angaben bezüglich des Ausmaßes der Einschränkung des Sehvermögens des rechten Auges, die eine geschätzte Sehschärfe von 0,5 am rechten Auge zulasse, Ausdruck einer psychiatrischen Erkrankung seien oder ob man eine bewusste Vortäuschung im Sinne einer Aggravation annehmen müsse. Gehe man von einer Sehschärfe von 0,4 bis 0,5 am rechten Auge aus, so sei bei regelrechtem Befund am linken Auge eine MdE von 5 v.H. auf augenärztlichem Gebiet anzusetzen. Sie hielten die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens für zwingend erforderlich.

Die Beklagte holte eine Auskunft bei der HNO-Klinik des KH vom 15.2.2006 ein. Die dortigen Ärzte erklärten, V. sei ihnen erstmals am 15.5.2005 (gemeint wohl: 2001) konsiliarisch durch die Chirurgie vorgestellt worden. Damals habe er berichtet, drei Tage zuvor zuhause von der Treppe gestürzt zu sein. Demnach handle es sich um einen häuslichen Unfall vom 12.05.2001. Weitere Angaben lägen ihnen nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6.3.2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, der Bescheid vom 13.12.2002 habe sich auf die bis dahin eingeholten Gutachten gestützt, die jedoch aufgrund des Einwandes des Bevollmächtigten von V. aus verfahrensrechtlichen Gründen im Widerspruchsverfahren unberücksichtigt bleiben müssten und zur Entscheidungsfindung nicht verwendet worden seien. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen - insbesondere den Gutachten von Dr. de V., Dr. R. und Prof. Dr. Z. - bestünden auf augenärztlichem und HNO-ärztlichem Fachgebiet ganz eindeutig Diskrepanzen zwischen den von V. geschilderten Beschwerden und den objektiven Befunden. Dies bedeute, dass die Beschwerden ärztlicherseits bzw. messtechnisch nicht hätten bestätigt werden können und somit ihr Vorliegen nicht bewiesen sei. Frau Dr. R. habe auch eine psychiatrische Erkrankung ausgeschlossen. Für das Vorliegen der in der Vergangenheit angegebenen anfallsartigen Stürze bzw. der Schwindelattacken seit Einnahme von Orfiril habe der Beweis ebenfalls nicht erbracht werden können. Die nach dem 13.5.2001 angegebenen Stürze und Schwindelattacken seien von keinen ärztlichen oder anderen neutralen Personen beobachtet worden. Diese in den ärztlichen Berichten beschriebenen Folgen beruhten auf den Angaben von V. und den Aussagen seiner Ehefrau. Angesichts der Widersprüchlichkeiten der Aussagen von V. während der Begutachtungen und Untersuchungen werde seitens der Beklagten das Vorliegen dieser Unfallfolgen bestritten. Es bleibe letztlich ungeklärt, ob es sich hierbei um Aggravation oder Simulation handle.

Hiergegen hat V. am 5.4.2006 Klage zum SG erhoben und die Feststellung von Unfallfolgen sowie die Festsetzung der "unfallbedingten MdE mit mindestens 50%" begehrt. Er hat eine Bescheinigung von Prof. Dr. Z., Direktor der HNO-Universitätsklinik T., vom 20.10.2003 vorgelegt, worin als Diagnose eine Ertaubung rechts bei Zustand nach Sturz im Mai 2001 genannt und eine periphere Vestibularisschädigung links ausgeschlossen wurde.

Das SG hat Prof. Dr. L., Ärztlicher Direktor der Neurologischen Universitätsklinik U., mit der Begutachtung des V. beauftragt. Dieser ist im zusammen mit Oberärztin Dr. S. erstatteten Gutachten vom 26.2.2007 zum Ergebnis gelangt, als Folge des Arbeitsunfalls lägen ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades, eine symptomatische Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen, eine latente beinbetonte Hemiparese und Hemiataxie rechts, eine Schallempfindungsstörung rechts sowie eine unklassifizierte Sehstörung rechts vor. Die posttraumatischen Kopfschmerzen und das postkontusionelle Syndrom seien nicht mehr vorhanden. Obwohl die cerebrale Bildgebung unauffällig gewesen sei, werde bei den aktuellen, unzweifelhaft diskreten, aber auch von einem medizinischen Sachkundigen nicht bewusst induzierbaren Ausfallserscheinungen eine Läsion im Hirnstammbereich "favorisiert". Die von V. geschilderten Stürze, die laut fremdanamnestischen Angaben in der Aktenlage nach einem gleichen Muster abliefen, würden als epileptische Anfälle im Sinne einer posttraumatischen Epilepsie eingeordnet. Die beklagte Sehstörung des rechten Auges könne aus neurologischer Sicht nicht abschließend eingeordnet werden, ebenso wenig die rechtsseitige Hörminderung. Die unfallbedingte MdE betrage ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit 50 v.H.

Die Beklagte hat daraufhin - ohne Beachtung von § 200 Abs. 2 SGB VII - ein Gutachten nach Aktenlage bei dem Neurologen und Psychiater Dr. N. eingeholt.

Zu dem Gutachten von Dr. N. haben Prof. Dr. L. und Dr. S. unter dem 24.6.2007 ergänzend Stellung genommen und ausgeführt, die Aktenlage berge in einzelnen diskutierten Bereichen Informationslücken, die die Bewertung nicht unerheblich erschwerten. Da es vorliegend insbesondere um das Ausmaß der Schädelverletzung gehe, werde dem SG empfohlen, das Notarztprotokoll beizuziehen. Nach den Leitlinien zur Primärversorgung von Patienten mit Schädelhirntraumen seien bewusstlose traumatisierte Patienten zu intubieren. Somit sei mindestens von einer Commotio cerebri auszugehen. Sie meinten, dass es eine Contusio cerebri gewesen sein müsse. Nach ihrer Einschätzung hätten sich posttraumatische Kopfschmerzen (die zu ihrer Begutachtung regredient gewesen seien), eine diskrete Herdneurologie sowie eine fokale Epilepsie entwickelt. Zweifelsohne habe V. kein schweres Schädel-Hirntrauma erlitten. Milde Schädelhirntraumen könnten in der initialen Bildgebung normal sein. Im MRT vom 4.10.2004 werde eine Volumenminderung des Kleinhirnwurms beschrieben, was als Traumafolge gewertet werden und zumindest die Hemiataxie erklären könnte. Sie widersprächen Dr. N., dass das MRT vom 4.10.2004 keine contusionelle Hirnschädigung aufzeige. Sie blieben bei ihrer bisherigen Beurteilung.

Mit Urteil vom 15.11.2007 hat das SG den Bescheid vom 13.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.3.2006 abgeändert und festgestellt, dass Folge des Versicherungsfalls vom 13.5.2001 ein Schädel-Hirn-Trauma II. Grades mit postkontusionellem Syndrom, mit posttraumatischen Kopfschmerzen und eine symptomatische Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen, eine latent betonte Hemiparese und eine Hemiataxie rechts und eine Sehstörung rechts sind. Das SG hat die Beklagte ferner verurteilt, dem V. (damaligen Kläger) wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 13.5.2001 eine Verletztenrente nach einer MdE von 50 % vom 1.7.2002 bis 30.4.2004, nach einer MdE von 40 % vom 1.5.2004 bis zum 28.2.2007 und nach einer MdE von 30 % ab dem 1.3.2007 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es stütze seine Überzeugung auf das neurologische Gutachten von Prof. Dr. L. vom 26.2.2007 sowie die neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. R. vom 10.5.2004 und 3.1.2005. Dem Gutachten nach Aktenlage des Neurologen und Psychiaters Dr. N. vom 26.3.2007 schließe sich das SG nicht ein. Das Gutachten von Prof. Dr. L. werde auch durch das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. R. vom 10.5.2004 sowie deren psychiatrisches Zusatzgutachten vom 3.1.2005 gestützt. Dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. vom 24.9.2001 vermöge es nicht zu folgen. Die Sehminderung des rechten Auges sei ebenfalls auf den Unfall zurückzuführen. Es stütze sich diesbezüglich auf das augenärztliche Gutachten von Prof. Dr. Z. vom 28.9.2005. Das Gutachten von Prof. Dr. W. vermöge insofern nicht zu überzeugen, da sich nach dem Gutachten von Prof. Dr. Z. eine Läsion des rechten Sehnervs objektivieren lasse und daher zumindest teilweise die Herabsetzung der Sehschärfe und die Gesichtsfeldausfälle erklärbar seien. Die Hörminderung des rechten Ohres könne dagegen nicht mit der erforderlichen Gewissheit auf das Unfallereignis vom 13.5.2001 zurückgeführt werden. Das Gutachten von Prof. Dr. H. sei schlüssig, da nach den von ihm erhobenen Befunden eine objektive Erklärung für den Verlust des Hörvermögens auf dem rechten Ohr nicht vorliege. Auch nach dem HNO-ärztlichen Gutachten von Dr. de V. vom 23.4.2007 sei eine objektive Diagnose zur Erklärung der subjektiven Taubheit des rechten Ohres nicht zu erkennen. Dr. de V. halte eine psychogene Hörstörung als psychosomatische Reaktion auf eine berufliche Versagenssituation für möglich. Bezüglich der MdE für die Verletztenrente stütze sich das SG auf das neurologische Gutachten von Prof. Dr. L., das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. R. und das augenärztliche Gutachten von Dr. Z ... Nach Ansicht des SG sei eine MdE von 50 % für den Zeitraum vom 1.7.2002, d.h. ab dem Zeitpunkt der Versetzung in den Vorruhestand, bis zum 30.4.2004, d.h. dem Zeitpunkt des Gutachtens von Dr. R. (Untersuchung am 23.4.2004) angemessen. In diesem Zeitraum hätten nach den anamnestischen Angaben häufige wöchentliche Anfälle bestanden, die sich erst nach Gabe des Antiepileptikums Ofiril gebessert hätten. Ab dem 1.5.2004 bis zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. L. im Februar 2007 habe sich die Anfallshäufigkeit der Epilepsie gebessert, und es sei auch eine Besserung der Kopfschmerzbeschwerden eingetreten, weswegen für die Zeit vom 1.5.2004 bis 28.2.2007 eine MdE um 40 % und ab dem Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. L. ab 1.3.2007 eine MdE von 30 % angemessen sei. Auch sei dabei die latent bestehende Hemiparese und Hemiataxie rechts sowie die mit einer MdE von 5 % zu bewertende Sehminderung zu berücksichtigen. Soweit V. darüber hinaus die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 50 % über den 30.4.2004 hinaus beantragt habe, sei die Klage abzuweisen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat auf das ihr am 8.1.2008 zugestellte Urteil unter Angabe des Aktenzeichens des SG und des zutreffenden Entscheidungsdatums, aber unter Angabe "Sozialgericht Leipzig" am 7.2.2008 Berufung eingelegt. V. hat gegen das ihm am 9.1.2008 zugestellte Urteil am Montag, dem 11.2.2008 Berufung eingelegt.

Im Jahr 2004 ist bei V. ein Prostatakarzinom aufgetreten und am 22.8.2008 ist ein Glioblastom (bösartiger Hirntumor) entfernt worden. Am 19.11.2010 ist V. verstorben. Die Klägerin führt den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolgerin fort.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, das SG habe sie zu Unrecht verurteilt, V. wegen der Folgen seines Unfalls vom 13.5.2001 Rentenleistungen zu gewähren, da Unfallfolgen in rentenberechtigendem Grade nicht vorlägen. Das SG habe sich bei seiner Entscheidung auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. R. vom 10.5.2004, das augenärztliche Gutachten von Dr. Z. vom 28.9.2005 und das von ihm eingeholte neurologische Gutachten von Dr. L. vom 26.2.2007 gestützt. Die diesen Gutachten entgegenstehenden Gutachten bzw. Stellungnahmen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet von Prof. Dr. Dr. M. vom 24.9.2001, auf augenärztlichem Gebiet von Prof. Dr. W. vom 28.2.2002 und auf nervenärztlichem Gebiet von Dr. N. vom 26.3.2007 habe es dagegen nicht hinreichend gewürdigt, obwohl es die von Prof. Dr. Dr. M. und Prof. Dr. W. erstellten Gutachten offenbar - im Gegensatz zu der im Widerspruchsbescheid vom 6.3.2006 vertretenen Auffassung - für verwertbar gehalten habe. Dr. N. sei nach eingehender Auseinandersetzung mit sämtlichen vorliegenden Gutachten mit nachvollziehbarer Begründung - wie auch Prof. Dr. Dr. M. und Prof. Dr. W. - zu dem Ergebnis gelangt, dass sich Folgen des Unfalls von V. vom 13.5.2001 nicht wahrscheinlich machen ließen. Den Ausführungen von Dr. N. schließe sie sich an. Das angefochtene Urteil könne keinen Bestand haben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. November 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. März 2006 abzuändern, die Beklagte zu verurteilen, auch eine Schallempfindungsstörung als Folge des Arbeitsunfalls vom 13. Mai 2001 anzuerkennen und über den 30. April 2004 hinaus bis 30. November 2010 eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie erwidert, sie rüge die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten, da diese zunächst Berufung gegen ein näher bezeichnetes Urteil des SG Leipzig eingelegt habe. Das Rechtsmittel sei deswegen nicht hinreichend bestimmt, da das in der Sache der Parteien verkündete Urteil des SG Stuttgart vom 15.11.2007 gemeint sei. In der Sache begehre sie auch für die Zeit nach dem 30.4.2004 eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H., wie Prof. Dr. L. vorgeschlagen habe. Aufgrund dieses Gutachtens begehre sie auch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten. Dem Begehren, ein weiteres Gutachten einzuholen, trete sie im Hinblick auf die überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. R. entgegen. Der Rechtsstreit erscheine entscheidungsreif.

Der Senat hat ärztliche Unterlagen von der Chirurgischen Klinik des KH, dem B. (Original-Krankengeschichte), der Radiologischen Klinik T. sowie den Kreiskliniken E. (Fachbereich Neurologie) beigezogen und versucht, eine Auskunft bei der D. und der Flughafenfeuerwehr einzuholen. Die D. und die Flughafen GmbH (Feuerwehr) haben am 3.3.2009 bzw. 6.5.2009 mitgeteilt, zu dem Arbeitsunfall lägen keine Unterlagen mehr vor.

Nachdem der Senat V. mitgeteilt hatte, dass die Einholung eines weiteren neurologisch-psychia-trischen Gutachtens nach Aktenlage (bzw. erforderlichenfalls aufgrund erneuter Untersuchung) beabsichtigt sei, und angefragt hatte, ob V. damit einverstanden sei, dass die von der Beklagten unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII eingeholten Gutachten von Prof. Dr. Dr. M./ Dr. S., Prof. Dr. Dr. M./Diplom-Psychologe N., Prof. Dr. H./Dr. H., Prof. Dr. W./Dr. R. und Dr. N. mit übersandt werden sollten oder aus den Akten entnommen und nicht mit übersandt werden sollten, hat V. unter dem 24.4.2009 erklärt, dass die genannten Unterlagen aus den Akten entfernt werden sollten, wenn die Unterlagen einem Sachverständigen übersandt würden.

Die Beklagte hat unter dem 8.5.2009 mitgeteilt, sie erhebe keine Einwände gegen die Entfernung der genannten Gutachten aus der Akte vor Übersendung an den Sachverständigen.

Der Senat hat Prof. Dr. Dr. W. mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage (bzw. erforderlichenfalls aufgrund erneuter Untersuchung) beauftragt, wobei die unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII eingeholten Gutachten nicht mit übersandt worden sind. Auf Anforderung von Prof. Dr. Dr. W. hat der Senat weitere Unterlagen der Neurochirurgie (Prof. Dr. U.), der Radioonkologie und Strahlentherapie (Prof. Dr. D.) und der Neuroonkologie (Prof. Dr. W.) von der Universitätsklinik H. sowie des D. Krebsforschungszentrums H. beigezogen.

Im Gutachten vom 2.11.2009 hat Prof. Dr. Dr. W. ausgeführt, im Notarztprotokoll sei ein Hämatom am Hinterkopf (occipital) vermerkt, das in dem rund vier Stunden später durchgeführten kranialen CT, das bei der jetzigen Begutachtung vorliege, auch nicht im Ansatz zu erkennen sei. Später werde dann davon gesprochen, es könne sich hierbei um ein Lipom, also eine Fettgewebsgeschwulst, handeln, und die Lokalisation wechsele im Abschlussbericht auf "hoch-parietal", was der Scheitelmitte des Kopfes entspreche. Auch der MRT-Befund vom 15.5.2001 spreche von einer Weichteilraumforderung hoch-parietal. Nachdem hoch-parietale Auffälligkeiten ausschließlich im MRT, nicht jedoch im CT, zu beobachten seien, lasse sich angesichts dieser Befundkonstellation eine äußere Kopfverletzung nicht sichern. Beschrieben seien ansonsten lediglich Schürfungen thorakal, am rechten Ellenbogen und am rechten Knie. Rund drei Stunden nach Intubation sei eine gemäß den Unterlagen problemlose Extubation erfolgt. Das Protokoll des KH nenne für den weiteren Verlauf des Tages Klagen über Kopfschmerzen; ansonsten würden keine Auffälligkeiten berichtet. Rund eineinhalb Jahre nach der Begutachtung durch Prof. Dr. L. habe sich diese Situation dramatisch geändert. Nach Auftreten eines fokalen Status epilepticus (13.8.2008) habe sich im Bereich der linken Zentralregion ein Hirntumor gezeigt, der zunächst angesichts eines im Jahr 2004 diagnostizierten und behandelten Prostatakarzinoms als Metastase angesehen worden sei. Intraoperativ habe sich jedoch ein bösartiger, hirneigener Tumor (Glioblastom) gezeigt, der im Herbst 2008 in der Neurochirurgischen Universitätsklinik H. operativ entfernt worden sei. Im Laufe dieser Entwicklung ergäben sich drei patho-physiologische mögliche "Wege" für den Verlauf des Ereignisses vom 2001: 1. Das Ereignis des Jahres 2001 mit seinen Folgen und der bösartige Hirntumor stünden in keinem Zusammenhang und seien separat zu beurteilen. Hiergegen spreche jedoch, dass die geklagte Halbseitensymptomatik bei V. stets rechtsseitig gewesen sei und sich der Tumor jetzt im Bereich der linken Zentralregion befinde, die gemäß den anatomischen Bedingungen für die rechte Körperseite zuständig sei. 2. Bei dem Sturzereignis vom 13.5.2001 sei es zu einer linksseitigen Hirnschädigung gekommen, die in der Folgezeit symptomatische Krampfanfälle verursacht und sich auch in einer leichten Hemisymptomatik rechts ausgedrückt habe. Sekundär sei es dann zu einer Entartung der posttraumatischen Narbenbildung mit Entwicklung eines Glioblastoms gekommen. Zwar seien die diesbezüglichen Zusammenhänge wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Es bestehe jedoch insoweit Übereinstimmung, dass ein Zusammenhang dann anzunehmen sei, wenn a) ein geeigneter Schweregrad des Traumas mit erheblichen Regenerationsvorgängen im Hirngewebe vorliege, b) der Ort des Tumors und des Traumas übereinstimme, und c) der Wachstumsverlauf des Tumors mit dem Zeitpunkt des Traumas vereinbar sei. Hiergegen spreche jedoch, dass ein belangvoller Hirnschaden nicht nachzuweisen gewesen sei, V. nach dem Unfallereignis über Schmerzen im Bereich der rechten und nicht der linken Kopfseite geklagt habe und dass zwischen der Traumatisierung und dem allenfalls 2 cm großen Glioblastom ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren gelegen habe. 3. Bei dem Ereignis vom 13.5.2001 habe es sich gar nicht um einen primären Sturz, sondern um einen ersten cerebralen Krampfanfall bei Vorliegen eines seinerzeit gutartigen hirneigenen Tumors, der dem kernspintomographischen Nachweis aufgrund seiner geringen Größe und/oder seiner hirnähnlichen morphologischen Eigenschaften entgangen sei, gehandelt. Für diese Annahme könnte der Befund sprechen, dass V. bei Eintreffen des Rettungsdienstes trotz eines eindeutig minderschweren Traumas ohne nachweisbare Schädelverletzungen keinerlei motorische Reaktion gezeigt habe, die Extubation wenige Stunden später jedoch problemlos gelungen sei und V. danach auch adäquat reagiert habe. In dieselbe Richtung weise auch der Befund, dass in den Tagen danach neurologischerseits ausdrücklich keinerlei Halbseitensymptomatik beschrieben sei und diese erstmals nach einem erneuten Sturz vermerkt worden sei. Auch in den Unterlagen der späteren Jahre werde immer wieder von der subjektiven Ungeschicklichkeit gesprochen, die sich 2002 noch nicht, 2004 jedoch auch erstmals habe objektivieren lassen. Wäre es bei dem Ereignis vom 13.5.2001 zu einer Hirnkontusion gekommen, wäre der Verlauf gerade umgekehrt gewesen. Die Symptomatik wäre dann unmittelbar nach dem Trauma am stärksten gewesen und hätte sich nach aller Erfahrung dann langsam gebessert.

Ein belangvoller Erstschaden als Folge des Arbeitsunfalls vom 13.5.2001 (Sturz auf einer Treppe) sei nicht im erforderlichen "Vollbeweis" zu sichern. Dies gelte auch für den Nachweis einer Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) als Erstschaden, da auch die Möglichkeit bestehe, dass es sich um einen cerebralen Krampfanfall gehandelt habe, der die nachfolgende Bewusstlosigkeit verursacht habe. Bei fehlendem Nachweis eines cerebralen Erstschadens erübrige sich die weitere Diskussion, ob und in welchem Umfang die jetzt erkennbaren Gesundheitsstörungen (symptomatische cerebrale Krampfanfälle, leichtgradige Halbseitensymptomatik) mit dem Ereignis vom 13.5.2001 in einem ursächlichen Zusammenhang stünden. Auf neurologischem Gebiet bestünden bei V. symptomatische cerebrale Krampfanfälle sowie eine - soweit anhand der nicht mehr ganz aktuellen Unterlagen beurteilbar - leichtgradige Halbseitensymptomatik rechts. Die geklagte Sehstörung und die Hörminderung rechts seien, wie auch bereits von den neurologischen Vorgutachtern vermerkt, neurologischerseits nicht zu erklären, auch nicht mit dem Hirntumor.

In der ergänzenden Stellungnahme nach Aktenlage hat Prof. Dr. L. zusammen mit der Ärztin für Neurologie Dr. R. unter dem 23.6.2010 ausgeführt, auch sie seien der Meinung, dass es keinen wissenschaftlich fundierten Zusammenhang zwischen leicht- bis mittelgradigen Schädeltraumata und der Entwicklung eines malignen Tumors bei fehlendem Nachweis einer entsprechenden Narbe des Hirngewebes gebe. Ihres Erachtens ergäben sich jedoch deutliche Diskrepanzen sowohl zwischen der neurologischen rechtsseitigen Symptomatik, die durch das Glioblastom ausgelöst worden sei (sensible Symptomatik rechts mit einfach-fokalem Status epilepticus ohne Bewusstseinsstörung), und den Seh- und Hörstörungen, die nicht durch die Lokalisation des Tumors erklärbar seien. Der klinische Befund, den sie in ihrem Gutachten dokumentiert hätten, sei mit einer links-frontalen Tumorlokalisation nicht in Übereinstimmung zu bringen. Lediglich die Seitenlokalisation würde passen, nicht jedoch die Seh- und Hörstörungen, der Nystagmus und auch nicht die Semiologie der Anfälle, die deutlich diskrepant zu der Semiologie beim später aufgetretenen Status epilepticus gewesen sei. V. habe klar angegeben, dass er nach dem streitgegenständlichen Treppensturz erstmalig attackenförmige Sturzereignisse mit Aura erlebt habe, die erstmals während des darauf folgenden stationären Aufenthaltes im KH aufgetreten seien. Bei dieser Symptomatik habe es sich regelmäßig um attackenförmige Stürze gehandelt, bei denen V. ungebremst und ohne Abstützreaktionen nach vorne zu Boden gestürzt sei und sich verletzt habe. Diese von ihnen als posttraumatische Epilepsie eingeschätzte Symptomatik habe einen sich bessernden Verlauf unter einer antiepileptischen Medikation gezeigt, ebenso auch die beklagte Kopfschmerzsymptomatik und die initiale Desorientierung von V., die innerhalb weniger Tage rasch rückläufig gewesen sei. Sie sähen also im Gegensatz zu Prof. Dr. Dr. W. eine Abnahme der Beschwerdesymptomatik mit zeitlicher Distanz zum Unfall. Seine These, dass ihr Gutachten fälschlicherweise eine Lokalisation der möglichen Schädigung im Hirnstammbereich annehme, müsse zurückgewiesen werden. Der von ihnen erhobene Befund eines pathologischen Nystagmus lasse sich mit einem links-frontalen Tumor nicht erklären. Gegen seine Annahme, dass ein Zusammenhang zwischen dem Ereignis von 2001 und dem bösartiger Hirntumor bestehen könne, sprächen die Reflexbetonung und Hemiataxie rechts sowie der Blickrichtungsnystagmus rechts, die nicht mit einem frontal gelegenen linksseitigen Tumor erklärbar seien. Auch falle es schwer, sich vorzustellen, dass beim streitgegenständlichen Unfall keine Schädigung aufgetreten sei, wenngleich hinterher eine eindeutige Epilepsie erstmalig aufgetreten sei und über Jahre angehalten habe. Zum Zeitpunkt der Tumormanifestation sieben Jahre später manifestiere sich zwar ebenfalls eine rechtsseitige epileptische Symptomatik durch den linksseitigen Tumor. Die Anfallssemiologie habe jedoch große Unterschiede aufgewiesen. Die von Prof. Dr. Dr. W. postulierte zweite These, dass beim streitgegenständlichen Unfall erstmals eine rechtsseitige Halbseitensymptomatik und auch eine Seh- und Hörstörung als Läsionshinweis aufgetreten sei, diese Läsion über sieben Jahre zwar epileptische Anfälle ausgelöst haben solle, aber niemals bildgebend nachweisbar gewesen sei, hielten sie - ebenso wie Prof. Dr. Dr. W. selbst - für wenig plausibel. Er berücksichtige auch nicht, dass bis zum Unfall weder anfallsartige Sturzattacken noch Beeinträchtigungen des Sehens und Hörens aufgetreten seien. Sie hielten deswegen an ihrer Einschätzung fest, dass die von ihnen genannten Gesundheitsstörungen auf den Arbeitsunfall vom 13.5.2001 zurückzuführen seien und eine MdE um 50 v.H. bedingten. Sie könnten jedoch nachvollziehen, dass aufgrund der Besserungstendenzen von gerichtlicher Seite eine Staffelung der MdE vorgenommen worden sei.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Der Umstand, dass die Beklagte das im Rechtsstreit zwischen V. und ihr ergangene Urteil des SG Stuttgart vom 15.11.2007 fälschlicherweise als Urteil des SG Leipzig bezeichnet hat, berührt die Zulässigkeit der Berufung nicht, da nach § 151 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Berufungsschriftsatz das angefochtene Urteil lediglich bezeichnen soll und vorliegend auch keine Zweifel bestanden bzw. bestehen, welches Urteil (Datum und Aktenzeichen sind zutreffend angegeben) angefochten worden ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 151 Rn. 11b). Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor. Im Übrigen ist inzwischen klargestellt, dass sich die Berufung gegen das Urteil des SG vom 15. November 2007 richtet.

Die Berufung der Klägerin ist ebenfalls zulässig. Die Klägerin ist Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Als Ehegattin des V. lebte sie zum Zeitpunkt seines Todes mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt. Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I stehen ihr (an erster Stelle vor gegebenenfalls anderen Berechtigten) fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen zu. Auch wenn sich diese Vorschrift allein auf fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen bezieht, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) von einer Sonderrechtsnachfolge auch bei einer Feststellungsklage auszugehen, wenn aus der begehrten Feststellung Ansprüche auf (weitere) Geldleistungen erwachsen können (BSG, Urteile vom 5.2.2008 - B 2 U 18/06 R - in SozR 4-1200 § 56 Nr. 3 und vom 12.1.2010 - B 2 U 21/08 R - in Juris; so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.9.2011 - L 10 U 3099/07 - und Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 30.11.2010 - L 3 U 232/05 - in www.sozial-gerichtsbarkeit de).

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 13.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.3.2006, mit dem die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin als Folge des Arbeitsunfalls von V. vom 13.5.2001 eine folgenlos ausgeheilte Commotio cerebri (Gehirnerschütterung) mit Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.5.2001 und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 24.6.2001 anerkannt und Unfallverletzungen auf neurologischem, HNO-ärztlichem und augenärztlichem Fachgebiet verneint hat. Da die Beklagte dauerhafte Folgen des Arbeitsunfalls abgelehnt hat, hat sie über einzelne Leistungen, insbesondere über die Gewährung einer Verletztenrente, gar nicht entschieden. Somit liegt ein Leistungen versagender Verwaltungsakt über die Gewährung von Verletztenrente bisher nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem gem. § 54 Abs. 1 SGG erforderlichen Verwaltungsakt durch den die Klägerin (bzw. zuvor V.) beschwert sein könnte. Die Formulierung im letzten Satz der Entscheidungsgründe des Bescheides: "Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund von Unfallfolgen besteht laut Einschätzung der Gutachter nicht" stellt keine Entscheidung der Beklagten über die Verletztenrente dar, zumal dieser Satz lediglich in den Entscheidungsgründen (zur Begründung) des Bescheides enthalten ist, die Einschätzung der Gutachter wiedergibt und nicht eine eigene Entscheidung der Beklagten beinhaltet. Eine Überprüfung, ob Unfallfolgen eine rentenberechtigende MdE bedingen, hat die Beklagte nicht vorgenommen und musste sie von ihrem Rechtsstandpunkt auch nicht vornehmen. Im Widerspruchsverfahren hat V. eine Verletztenrente auch nicht beantragt. Hierüber hat die Beklagte - abgesehen davon, dass der Widerspruchsausschuss bzw. die Widerspruchsstelle funktional und sachlich nicht zuständig ist, an Stelle der Ausgangsbehörde über ein Recht zu befinden, über das diese nicht entschieden hat - demgemäß im Widerspruchsbescheid nicht entschieden. Mangels einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung über eine Verletztenrente ist eine Leistungsklage auf Gewährung von Verletztenrente nicht zulässig. Insoweit hätte das SG die Klage als unzulässig abweisen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 21.09.2010 - B 2 U 25/09 R - in Juris).

Mit seiner Klage kann ein Versicherter in einem solchen Fall zulässigerweise lediglich die Feststellung begehren, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls ist bzw. die Verurteilung zur Anerkennung von Unfallfolgen.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Mit dem angefochtenen Urteil hat das SG zu Unrecht die angefochtenen Bescheide der Beklagten abgeändert, weitere Unfallfolgen festgestellt und die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente verurteilt.

Die Berufung der Klägerin ist dagegen unbegründet. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Schallempfindungsstörung bei V. als weitere Unfallfolge und auf Gewährung einer (bzw. noch höheren) Verletztenrente.

Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründeten Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründete Kausalität). Der Gesundheitserstschaden (Gesundheitsbeeinträchtigung, Tod oder Krankheit) ist eine den Versicherungsfall selbst begründende Tatbestandsvoraussetzung und damit keine Folge des Arbeitsunfalls; er muss grundsätzlich bei der Feststellung des Versicherungsfalls benannt werden (BSG, Urteil vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 in Juris). Die Beklagte hat im Bescheid vom 13.2.2002 als Gesundheitserstschaden eine (inzwischen abgeheilte) Commotio cerebri benannt. Das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (s. BSG, Urteil vom 2.4.2009 - B 2 U 29/07/R - in Juris m. w. N.). Dass V. einen solchen Arbeitsunfall am 13.5.2001 erlitten hat, als er während seiner versicherten Tätigkeit die Treppe hinabgestürzt ist, hat die Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2002 anerkannt.

Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls (und ihrer Berücksichtigung bei der Bemessung der MdE) ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - in BSGE 103, 45 ff. und SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4).

Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und Juris).

Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9.5.2006 (aaO Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.

Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhang zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäbe überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - aaO).

Von diesen Grundsätzen ausgehend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines Schädel-Hirn-Traumas II. Grades mit postkontusionel-lem Syndrom und posttraumatischen Kopfschmerzen, einer symptomatischen Epilepsie mit kom-plex-fokalen Anfällen, einer latent betonten Hemiparese und einer Hemiataxie rechts, einer Sehstörung rechts sowie einer Schallempfindungsstörung als Folgen des Arbeitsunfalls von V. vom 13.5.2001 hat.

Diese Beurteilung des Senats beruht auf den Gutachten des HNO-Arztes Dr. de V. vom 23.4.2004, des Ärztlichen Direktors der Augenklinik der Universität T. Prof. Dr. Z. vom 28.9.2005 und des Chefarztes der Neurologischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses G. Prof. Dr. Dr. W. vom 2.11.2009 sowie auf den Unterlagen der Chirurgischen Klinik des KH, des B. (Original-Krankengeschichte) und der Radiologischen Klinik der Universität T ...

Die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. Dr. M./PD Dr. S. vom 24.9.2001, Prof. Dr. Dr. M./Diplom-Psych. N. vom 20.9.2001, Prof. Dr. H./Dr. H. vom 10.7.2002, Prof. Dr. W./Dr. R. vom 28.8.2002 nebst den gutachterlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. H. vom 30.1.2002 und 18.9.2002 sowie das im gerichtlichen Verfahren von der Beklagten eingeholte und vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. N. vom 26.3.2007 hat der Senat dagegen nicht berücksichtigt und dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. zur Gutachtenserstattung auf Wunsch des V. und mit Zustimmung der Beklagten nicht übersandt. Denn bei Einholung der oben genannten Gutachten hat die Beklagte gegen die Vorschrift in § 200 Abs. 2 SGB VII verstoßen, weil sie V. weder auf sein Widerspruchsrecht gegen die Übermittlung seiner Sozialdaten hingewiesen noch ihm mehrere Gutachter zur Auswahl benannt hat.

V. hat sich auch gegen die Verfahrensweise der Beklagten - Weiterleitung des an Prof. Dr. W. gerichteten Gutachtensauftrages an Prof. Dr. Dr. M. - und gegen die Verwertung der Gutachten von Prof. Dr. Dr. M./PD Dr. S. sowie Prof. Dr. Dr. M./Dipl. Psychologe N. und Prof. Dr. H./Dr. H. sowie der gutachterlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. H. gewandt, wenn auch nicht unter Bezug auf § 200 Abs. 2 SGB VII. Aufgrund dessen hat die Beklagte erneut Beweiserhebungen auf HNO-ärztlichem (Gutachten von Dr. de V. vom 23.4.2004), auf neurologischem und psychiatrischem (Gutachten von Dr. R. vom 10.5.2004 und 3.1.2005) und auf augenärztlichem Gebiet (Gutachten von Prof. Dr. Z./Dr. L. vom 28.9.2005) durchgeführt und die zuvor unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII eingeholten Gutachten im Widerspruchsbescheid nicht mehr verwertet. Bei Einholung des Gutachtens bei Prof. Dr. N. hat die Beklagte jedoch erneut gegen § 200 Abs. 2 SGB VII verstoßen. Denn das Gutachterauswahlrecht des Versicherten und die Pflicht des Unfallversicherungsträgers, auf das Widerspruchsrecht des Versicherten gegen die Übermittlung seiner Sozialdaten hinzuweisen, gelten auch im Gerichtsverfahren (vgl. Urteil des BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - in BSGE 100, 25 ff und in SozR 4-2700 § 200 Nr. 1 und in Juris).

Als Gesundheitserstschaden bei V. stellt der Senat - aufgrund des Aufnahmebefundes im KH - Schürfungen thorakal, am rechten Ellenbogen und rechten Knie fest. Da die Beklagte im Bescheid vom 13.12.2002 eine (folgenlos abgeheilte) Commotio cerebri als Unfallfolge bindend anerkannt hat, geht der Senat davon aus, dass eine solche als Gesundheitserstschaden vorgelegen hat. Es kann deswegen dahinstehen, ob eine solche tatsächlich nachgewiesen ist, da Schürfungen und äußere Verletzungszeichen am Kopf - ausweislich des Aufnahmebefunds im KH - nicht vorlagen. Dort wurde zwar hochparietal eine prall elastische "Beule" beschrieben, wobei unklar war, ob es sich hierbei differentialdiagnostisch um ein umschriebenes Hämatom oder um ein Lipom (Fettgewebsgeschwulst) gehandelt hat. Der Notarzt war von einem großen Hämatom occipital ausgegangen.

Ein höhergradiges Schädel-Hirn-Trauma bzw. eine Contusio cerebri ist jedenfalls nicht feststellbar. Allenfalls hat eine Commotio cerebri vorgelegen, wie von der Chirurgischen Klinik des KH in den Zwischenberichten an die Beklagte diagnostiziert wurde. Der Röntgenbefund des Schädels ergab ausweislich des DA-Berichts vom 14.5.2001 keine Fraktur im Bereich des Schädels. CCT, MRT Schädel und MRT-Angio zeigten ebenfalls einen unauffälligen Normalbefund und eine unauffällige Darstellung der Arteria basilaris und insbesondere keine intracerebrale Verletzung. V. konnte schon am Unfalltag gegen 11:00 Uhr extubiert und am Folgetag auf Normalstation verlegt werden, wobei das Übergabeprotokoll ihn als neurologisch unauffällig (bei Klagen über Kopfschmerzen und Druckschmerz im Bereich der rechten Backe) beschreibt.

Die aufgrund des zweiten Sturzereignisses am 16.5.2001 im KH veranlassten weitergehenden stationären neurologischen Untersuchungen im B. vom 18.5.bis 30.5.2001 belegen ebenfalls keinen gravierenden Gesundheitserstschaden aufgrund des Treppensturzes. Die dortigen Ärzte diagnostizierten ebenfalls ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades (Commotio cerebri), ohne sich näher mit dem Erstbefund (fehlende äußere Verletzungen am Kopf, fragliches Hämatom am Kopf) auseinander zu setzen. Eine Ursache für die Bewusstlosigkeit von V. fanden sie nicht und diagnostizierten eine unklare Bewusstlosigkeit, wie ihrem Arztbrief vom 12.6.2001 zu entnehmen ist. Abgesehen von Kopfschmerzen ergaben sich keine Besonderheiten und keine neue Bewusstlosigkeit während des stationären Aufenthalts, wobei sich V. selbstständig zeigte und viel unterwegs war. Eine Hemiparese rechts bzw. eine Halbseitenstörung rechts sowie ein Nystagmus wurden während des stationären Aufenthalts nicht festgestellt. Der vestibulo-okuläre Reflex sowie der Arm- und Beinhalteversuch waren seitengleich unauffällig. Der Kraftgrad betrug allseits 5/5, die Feinmotorik war ungestört. Das monopedale Stehen war unauffällig, während das Gangbild etwas unsicher war.

Ferner stellt der Senat fest, dass bei V. symptomatische cerebrale Krampfanfälle sowie eine leichtgradige Halbseitensymptomatik rechts aufgetreten sind, wie sowohl Dr. R. im Gutachten vom 10.5.2004 als auch Prof. Dr. Dr. W. im Gutachten vom 2.11.2009 diagnostiziert haben.

Ein Kausalzusammenhang zwischen diesen Anfällen und dem Treppensturz vermag der Senat nicht festzustellen, zumal ein sie erklärender Gesundheitserstschaden (z.B. Contusio cerebri, Hirnblutung, schweres Schädel-Hirn-Trauma) bei V. nicht festgestellt werden konnte. Mangels Nachweises eines entsprechenden Gesundheitserstschadens kann ein solcher auch nicht als ursächlich für die später aufgetretene Gesundheitsstörungen in Betracht kommen.

Ein Schädel-Hirntrauma II. Grades am 13.5.2001 im Rahmen eines Sturzes mit postkontusionel-lem Syndrom und posttraumatischen Kopfschmerzen, eine symptomatischen Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen sowie eine latente beinbetonte Hemiparese und eine Hemiataxie rechts sind nicht mit Wahrscheinlichkeit Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.5.2001. Ein Schädel-Hirntrauma II. Grades, d.h. eine Contusio cerebri, im Rahmen des Sturzes vom 13.5.2001 ist schon nicht nachgewiesen, wie oben dargelegt wurde, so dass auch ein postkontusionelles Syndrom als Unfallfolge nicht in Betracht kommt. Mangels eines belangvollen Erstschadens, der über eine ausgeheilte Commotio cerebri hinausgeht, können die bei V. (vorübergehend vorhandenen) Kopfschmerzen, die symptomatische Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen sowie die latente Hemiparese und Hemiataxie rechts nicht auf den Arbeitsunfall bzw. dem Treppensturz vom 13.5.2001 zurückgeführt werden, wie Prof. Dr. Dr. W. im Gutachten vom 2.11.2009 nachvollziehbar ausgeführt hat. Unerheblich ist dabei, dass er schon das Vorliegen einer Commotio cerebri (Gehirnerschütterung) mangels eindeutiger äußerer Verletzungen bezweifelt, da allgemein bekannt ist, dass Gehirnerschütterungen innerhalb weniger Tage (vgl. z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. Seite 172) folgenlos abheilen und weder Prof. Dr. L. noch Dr. R. darlegen und davon ausgehen, dass die bei V. aufgetretenen Anfälle und Stürze mit der Halbseitensymptomatik rechts auf eine Commotio cerebri zurückzuführen sind.

Da eine Contusio bzw. ein höhergradiges Schädeltrauma nicht nachgewiesen ist, können die nach dem Arbeitsunfall bei V. aufgetretenen Beschwerden (passagere Wesensveränderung, Kopfschmerzen, leichte Gangstörung, erneutes Sturzereignis am 16.5.2001) nicht als postkontu-sionelles Syndrom (mit epileptischen Anfällen im Sinne einer posttraumatischen Epilepsie) auf den Arbeitsunfall bzw. den Treppensturz vom 13.5.2001 zurückgeführt werden, auch wenn entsprechende Symptome ansonsten bei postkontusionellen Syndromen auftreten. Da die von Prof. Dr. L. angenommene Contusio schon nicht nachgewiesen ist, er jedoch bei seiner Kausalitätsbeurteilung von einer solchen ausgeht, vermag der Senat aus rechtlichen Gründen seiner Beurteilung nicht zu folgen. Entsprechendes gilt für die Kausalitätsbeurteilung von Dr. R ... Sie vermutet aufgrund der im B. genannten Diagnose einer posttraumatischen vestibulo-cochleären Funktionsstörung und des dort bei V. erhobenen psychischen Befundes (weitschweifiger Gedankengang, dysphorische Stimmung) eine ausgeprägte Gewalteinwirkung auf den Schädel und hält eine contusionelle Hirnschädigung für wahrscheinlich. Eine solche ist jedoch nicht nachgewiesen. Der Umstand, dass eine vorbestehende Neigung zu Krampfanfällen oder Synkopen nicht nachgewiesen ist, rechtfertigt es nicht, die von V. beschriebenen Stürze und Bewusstseinsstörungen, die sich unter antikonvulsiver Behandlung gewandelt haben, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen.

Soweit Prof. Dr. L. und Dr. R. in der ergänzenden Stellungnahme vom 23.6.2010 ausführen, die These von Prof. Dr. Dr. W., sie gingen in ihrem Gutachten vom 26.2.2007 fälschlicherweise von einer Lokalisation der möglichen Schädigung im Hirnstammbereich aus, müsse zurückgewiesen werden, der Befund eines pathologischen Nystagmus - wie von ihnen in ihrem Gutachten erhoben - lasse sich nicht mit einem links frontalen Tumor erklären, ist dieses Argument nicht geeignet, einen Kausalzusammenhang zwischen dem Treppensturz und den nachfolgenden Anfällen von V. wahrscheinlich zu machen, zumal eine Schädigung im Hirnstammbereich nicht nachgewiesen wurde. Darüber hinaus haben Prof. Dr. L. und Dr. R. auch nicht berücksichtigt und sich auch nicht damit auseinandergesetzt, dass ausweislich des Arztbriefes des B. vom 12.6.2001 bei V. kein Nystagmus nachweisbar war und keine objektiv pathologischen neurologischen Befunde erhoben werden konnten. Prof. Dr. Z., Ärztlicher Direktor der HNO-Klinik der Universität T., hat ausweislich des Berichts vom 20.10.2003 bei einer Untersuchung von V. am 15.10.2003 unter der Frenzel`schen Leuchtbrille ebenfalls weder einen Spontannystagmus noch Provokationsnystagmen nach Kopfschütteln feststellen können und auch keine Nystagmen bei der Lage- und Lagerungsprüfung. Soweit Prof. Dr. L./Dr. R. die Auffassung vertreten, im Gegensatz zu Prof. Dr. Dr. W. sähen sie eine Abnahme der Beschwerdesymptomatik mit zeitlicher Distanz zum Unfall, unterscheiden sie nicht zwischen der Zeit unmittelbar nach dem Treppensturz und der Zeit (wohl ab 18.6.2001) ab dem häufigeren (1 - 2 mal wöchentlich) Auftreten der Anfälle. Zutreffend ist zwar, dass sich die häufigen Anfälle unter der antiepileptischen Medikation (seit Einnahme von Ofiril) gebessert bzw. nicht mehr zu Stürzen geführt haben. Dies erschüttert und widerlegt jedoch das Argument von Prof. Dr. Dr. W. nicht, dass bei einer Hirnkontusion die Symptomatik unmittelbar nach dem Trauma am stärksten ist und sich danach langsam gebessert. Bei V. war es jedoch - nach neurologisch unauffälligen Befunden in der Zeit vom 18.5. bis 30.5.2001 - erst ab 18.6.2001 zu (nunmehr häufigen) Stürzen, einer Schwäche der rechten Hand bzw. einer allgemeinen Ungeschicklichkeit gekommen. Insoweit ist jedenfalls nicht feststellbar, dass in der Zeit nach dem Treppensturz (bis zum Ende der stationären Behandlung am 30.5.2001) die Symptomatik am ausgeprägtesten war. Der Umstand, dass es für Prof. Dr. L./Dr. R. schwer vorstellbar ist, dass beim Unfall keine Schädigung aufgetreten ist, wenngleich hinterher eine Epilepsie erstmals aufgetreten ist und über Jahre angehalten hat, vermag den Nachweis einer Schädigung bzw. des Gesundheitserstschadens nicht zu ersetzen.

Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass eine Sehminderung rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 13.5.2001 ist. Zwar hat Prof. Dr. Z. bei V. eine im Seitenvergleich minimale Aufhellung des schläfenwärtigen Anteils des Sehnervenkopfes und ein minimales Defizit der aufgetretenen Pupillenreaktion des rechten Auges im Seitenvergleich festgestellt. Diese Veränderungen können nach seiner Beurteilung Ausdruck einer Schädigung des Sehnerven seien, müssen es aber nicht, weil der Seitenunterschied nicht ausreicht, am rechten Auge eine partielle Optikusatrophie (= teilweisen Sehnervenschwund) gegenüber dem linken Auge festzustellen oder eine sichere, durch die Pupillenreaktion im Seitenvergleich erkennbare Schädigung des rechten Sehnerven zu bestätigen. Da damit eine Schädigung des Sehnerven nicht sicher feststellbar ist, kann eine Sehminderung rechts nicht als Unfallfolge festgestellt werden. Im Übrigen hat Prof. Dr. Z. auch keinen Erstbefund genannt, der ursächlich für die Schädigung des Sehnerven sein könnte. Darüber hinaus hat er auch nur eine geringe Sehschärfenminderung (Sehschärfe 0,4 - 0,5) auf dem rechten Auge angenommen und nicht die von V. angegebene und nicht zu objektivierende Sehminderung des rechten Auges. Dementsprechend hat er ausgeführt, dass von augenärztlicher Seite nicht zu klären sei, ob die von V. gemachten Angaben bezüglich des Ausmaßes der Einschränkung des Sehvermögens des rechten Auges, die nach allen anderen Untersuchungsergebnissen psychophysischer Art und den objektiven Befunden der Elektro-retinografie und der visuell evozierten kortikalen Potenziale eine geschätzte Sehschärfe von 0,5 am rechten Auge zulässt, Ausdruck einer psychischen Erkrankung seien oder ob man bewusste Vortäuschung im Sinne einer Aggravation annehmen müsse.

Eine Schallempfindungsstörung rechts ist ebenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 13.5.2001 zurückzuführen. Das von V. angegebene Ausmaß der Hörstörung am rechten Ohr (Taubheit) konnten schon Prof. Dr. M. und Dr. R. sowie die Ärzte der HNO-Klinik H. nicht bestätigen. Sie führten in den Arztbriefen vom 11.4. und 2.10.2002 bzw. 31.7.2002 aus, dass ein vollständiger funktioneller Ausfall der Hörstrahlung nicht vorliege, eine Taubheit rechts mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne und am ehesten eine gering- bis mittelgradige Hörstörung rechts vorliege. Dr. de V. stellte bei seiner gutachterlichen Untersuchung aufgrund der objektiven Hörprüfungen ein intaktes Gehör fest, während die subjektiven Angaben und Hörprüfungen bei V. eine vollständige Hörminderung rechts ergaben. Dr. de V. ging deshalb von einer psychogenen Hörstörung und keiner unfallbedingten Hörstörung aus. Eine psychogene Hörstörung vermochte Dr. R. in ihren psychiatrischen Gutachten vom 3.1.2005 jedoch nicht zu bestätigen. Durch die Beurteilungen von Prof. Dr. M. und Dr. R., der Ärzte der HNO-Klinik der Universität H. sowie Dr. de V. ist die von Prof. Dr. S. gestellte Diagnose einer Taubheit rechts widerlegt. Soweit er die von ihm diagnostizierter Taubheit rechts auf eine beim Arbeitsunfall erlittene Contusio labyrinthi zurückführt, berücksichtigt er schon nicht, dass eine solche - ebenso wie eine Taubheit rechts - nicht nachgewiesen werden konnte.

Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden nicht zu Unrecht die Anerkennung von Unfallfolgen - über die folgenlos ausgeheilte Commotio cerebri hinaus - abgelehnt. Angesichts dessen kommt auch die Gewährung von Verletztenrente nicht in Betracht, selbst wenn man eine Entscheidung der Beklagten hierüber annehmen würde.

Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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