Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 2213/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3691/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Auszahlung einer von seiner verstorbenen Ehefrau noch zu ihren Lebzeiten beantragten Abfindung ihrer Unfallrente an ihre Erben hat.
Die 1942 geborene Ehefrau des Klägers (E.) bezog von der Beklagten wegen der Folgen des am 24.10.1961 erlittenen Arbeitsunfalls, nämlich einer posttraumatischen Kniegelenksarthrose nach Kreuzbandläsion, eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v. H. Nach Abfindung des Rentenanspruchs für die Zeit vom 01.11.1994 bis 31.10.2004 (Bescheid vom 27.09.1994) zwecks Erwerbs einer Eigentumswohnung lebte der Rentenanspruch am 01.11.2004 wieder auf; die Rente betrug zuletzt 325,42 EUR monatlich.
Mit Schreiben vom 29.11.2007 unterrichtete die Beklagte E. davon, dass seitens der Bundesregierung eine wesentliche Erleichterung der Voraussetzungen für eine Rentenabfindung geplant sei und sie nach ihren Informationen zum antragsberechtigten Personenkreis gehöre. Der Abfindungsbetrag würde in ihrem Fall bei einem Antragseingang am 01.01.2008 31.021,41 EUR betragen. Am 06.12.2007 (Eingang bei der Beklagten)) beantragte E. die besondere Abfindung mit dem dem Informationsschreiben beigefügten Antragsformular, in dem - von E. ungeändert - noch ihre frühere Anschrift in der str. in R. angegeben war. E. wohnte aber bereits seit 08.07.2006 gemeinsam mit dem Kläger in der str. in R ...
Am 15.01.2008 verfügte ein Mitarbeiter der Beklagten die Beendigung der laufenden Verletztenrentenzahlung zum 31.01.2008 und die Auszahlung des Abfindungsbetrages in Höhe von 32.021,41 EUR. Der am 17.01.2008 unter der der Beklagten bekannten Anschrift von E. zur Post gegebene Bewilligungsbescheid vom 15.01.2008 wurde von der Post mit den Vermerken "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" und "verstorben" an die Beklagte zurückgesandt. Die Zahlung der Abfindungssumme auf das gemeinsame Girokonto von E. und dem Kläger erfolgte am 31.01.2008. Von der Sparkasse S. in C. erfuhr die Beklagte am 04.02.2008 nach einer telefonischen Anfrage, dass E. am 16.01.2008 verstorben war. Daraufhin forderte die Beklagte den überwiesenen Abfindungsbetrag von der Sparkasse zurück. Am 06.02.2008 wurde der Betrag von 32.021,41 EUR wieder dem Konto der Beklagten gutgeschrieben.
Am 26.02.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten, den zurückgebuchten Betrag erneut anzuweisen. Er sei Alleinerbe seiner am 16.01.2008 verstorbenen Ehefrau. Der Abfindungsanspruch sei mit dem Eingang des entsprechenden Antrages bei der Beklagten am 06.12.2007 entstanden, da er materiell-rechtlichen Charakter habe und sämtliche Abfindungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen hätten. Eine Ermessensentscheidung sei nicht erforderlich gewesen, da eine sogenannte Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hätte. Auf die Bekanntgabe der Bewilligungsentscheidung komme es daher nicht an. Der Bescheid liege ihm im Übrigen bis heute nicht vor.
Mit Bescheid vom 06.03.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Der Bescheid über die Abfindung der Unfallrente habe keine Rechtswirksamkeit erlangt, da es sich auch bei der besonderen Abfindung nach § 221a Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - (SGB VII) um eine Ermessensleistung handele und der Anspruch hierauf erst mit dem Zeitpunkt entstehe, in dem die Entscheidung über die Leistung bekannt gegeben worden sei. Der Rentenberechtigten habe aber die Entscheidung nicht mehr bekannt gegeben werden können, weil sie vorher verstorben gewesen sei. Es sei deshalb auch kein Anspruch auf den Erben übergegangen.
Dagegen legte der Kläger am 27.03.2008 Widerspruch ein, mit dem er einen Anspruch auf Auszahlung des Abfindungsbetrages in Höhe von 32.021,41 EUR geltend machte. Er wiederholte und konkretisierte seine bisherigen Ausführungen und trug zusätzlich vor, die erfolgte Auszahlung der Abfindungssumme belege, dass - wie gesetzlich erforderlich - die finanziellen Mittel für die Auszahlung der Abfindung noch zur Verfügung gestanden hätten. Darüber hinaus liege auch schon in der Überweisung selbst eine Bekanntgabe der positiven Bescheidung des bereits am 05.12.2007 gestellten Antrags.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück. Ein Abfindungsanspruch, der beim Tod des Berechtigten nicht an den Sonderrechtsnachfolger übergehe, werde nur vererbt, wenn er bereits fällig geworden sei. Der Abfindungsanspruch sei aber zum Zeitpunkt des Erbfalls am 16.01.2008 noch nicht fällig gewesen, da E. zum Zeitpunkt der Bescheidversendung und des Eingangs der Abfindungssumme auf dem gemeinsamen Konto der Eheleute bereits verstorben gewesen sei.
Am 19.06.2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der er einen Anspruch auf Auszahlung der Abfindungssumme in Höhe von 32.021,41 EUR an die Erbengemeinschaft nach E. und auf einen entsprechenden Bewilligungsbescheid geltend machte.
Er brachte vor, entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Anspruch auf die besondere Abfindung nach § 221a Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - (SGB VII) zum Zeitpunkt des Todes von E. bereits entstanden gewesen, so dass der Anspruch auf die Erbengemeinschaft übergegangen sei. Bei § 221a SGB VII handele es sich um eine Soll-Vorschrift, auf die § 40 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch - (SGB I) nicht anzuwenden sei. Vielmehr sei nach einhelliger Meinung § 40 Abs. 1 SGB I anzuwenden, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, wenn - wie hier - kein atypischer Fall vorliege. Hiervon sei anscheinend auch die Beklagte ausgegangen, die sowohl in ihrem Informationsschreiben vom 29.11.2007 als auch in ihrem Bewilligungsbescheid vom 15.01.2008 eindeutige Umstände eines Regelfalles angenommen habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu § 221a SGB VII. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Vorschrift eine Kapitalisierung von Bestandsrenten fördern, um auf diesem Weg künftige Umlagen deutlich und nachhaltig zu entlasten. Danach sollte der Handlungsspielraum der Berufsgenossenschaften für die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift eingeschränkt werden. Zwar dürften von den Berufsgenossenschaften die Ermessenserwägungen für die Gewährung einer Abfindung nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Die Entscheidungen über die besonderen Abfindungen in der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung sollten jedoch in einem vereinfachten Prüfverfahren erfolgen. Seien die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, bestehe aufgrund der Soll-Bestimmung ein Anspruch auf die Abfindung. Der Kläger legte den Beschluss des Notariats R. - Nachlassgericht - vom 26.03.2008 vor, wonach der Kläger zu 1/2 und die vier Kinder von E. und des Klägers B. , G. , S. und M. zu je 1/8 Erben von E. geworden sind. Ferner übersandte der Kläger die Meldebestätigungen der Stadt R. vom 19.09.2008, aus denen hervorgeht, dass E. und der Kläger seit 08.07.2006 unter der Anschrift straße in R. gemeldet waren.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid. Bei der Abfindung gemäß § 221a SGB VII handele es sich nach der Gesetzesbegründung um eine Ermessensentscheidung. Mit der Verwendung des Wortes "sollen" statt "können" sollte den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften lediglich ein vereinfachtes Prüfverfahren ermöglicht werden. Ermessensentscheidungen würden aber erst mit der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides an den Berechtigten rechtswirksam. Da eine Bekanntgabe des Bescheides vom 15.01.2008 an E. nicht mehr erfolgt sei, sei der Abfindungsanspruch auch noch nicht entstanden.
Mit Urteil vom 05.06.2009 wies das SG die Klage ab. Die Erbengemeinschaft nach E. habe keinen Anspruch auf Auszahlung der noch von E. beantragten Abfindung ihres Rentenanspruchs. E. habe zum Zeitpunkt ihres Todes am 16.01.2008 keinen fälligen Anspruch auf die Abfindungssumme gehabt, der auf die Erben hätte übergehen können. Auch wenn man der in der Literatur vertretenen Auffassung folgen würde, dass es im Falle einer Soll-Vorschrift sachgerecht sei, im Regelfall die Entstehung des Anspruchs mit der Antragstellung anzunehmen und die für Ermessensentscheidung geltende Regelung des § 40 Abs. 2 SGB I nur dann anzuwenden, wenn ein atypischer Fall vorliege und damit die Voraussetzungen einer Ermessensentscheidung gegeben seien, wäre der geltend gemachte Anspruch zu verneinen. Der Anspruch auf die Abfindung sei zum Zeitpunkt des Todes von E. im Hinblick auf die Rechtsnatur des Abfindungsanspruchs nicht entstanden gewesen. Bei einer Abfindung werde eine Rentenzahlung durch eine einmalige Zahlung abgelöst. Dies geschehe nicht rückwirkend, sondern regelmäßig mit Wirkung des 1. des Monats, der auf die Bekanntgabe des Abfindungsbescheides folge. Der Abfindungsanspruch könne daher nicht vor Bekanntgabe des Bescheides entstehen und damit auch nicht vererbt werden. Der Auffassung des Klägers, wonach der Abfindungsanspruch mit der Stellung des entsprechenden Antrages durch E. entstanden sei, könne nicht gefolgt werden. Mit dem Tod von E. am 16.01.2008 seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Verletztenrente von Gesetzes wegen weggefallen, so dass er auch nicht mehr habe abgelöst werden können.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.08.2009 Berufung eingelegt, mit der er an seinem Ziel festhält. Er wiederholt und ergänzt seine bisherige Auffassung, wonach der Abfindungsanspruch zum Zeitpunkt des Todes von E. bereits entstanden und fällig gewesen sei, so dass er auch auf die Erben habe übergehen können. Der Anspruch sei bereits Anfang des Jahres 2008 entstanden, da es sich bei § 221a SGB VII um eine Sollvorschrift handele, wodurch der Ermessensspielraum der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften eingeschränkt worden sei. Im Regelfall bestehe deshalb ein Anspruch auf die Abfindung. Nur dann, wenn ein - hier nicht vorliegender - atypischer Fall anzunehmen sei, sei Ermessen auszuüben. Daraus folge, dass hier § 40 Abs. 1 SGB I und nicht der für Ermessensleistungen geltende § 40 Abs. 2 SGB I anzuwenden sei, so dass die fehlende Bekanntgabe des Abfindungsbescheides an E. dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegenstehe. Der Anspruch auf eine einmalige Abfindung und der Anspruch auf fortlaufende Rentenzahlungen könnten auch grundsätzlich nebeneinander bestehen. Erst sobald der Anspruch auf die Abfindung fällig werde, entfalle der Rentenanspruch. Die Vererblichkeit des Abfindungsanspruchs laufe auch nicht dem Zweck des § 221a SGB VII zuwider. Mit der vom Gesetzgeber mit der Abfindung nach § 221a SGB VII angestrebten Entlastung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gehe das Risiko einher, dass der Berechtigte die hierbei angenommene Bezugsdauer nicht überlebe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. Juni 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Erbengemeinschaft nach Frau H. P. die Abfindungssumme in Höhe von 32.021,41 EUR auszuzahlen, hilfsweise hierüber einen Bescheid zu erlassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ferner geltend, bei der Entscheidung über den Anspruch auf eine besondere Abfindung nach § 221a SGB VII handele es sich - obwohl nur bei atypischen Fällen Ermessen auszuüben sei - trotzdem um eine - wenn auch eingeschränkte - Ermessensentscheidung, so dass für ihre Wirksamkeit die infolge des Todes von E. nicht mehr erfolgte Bekanntgabe erforderlich sei. Selbst wenn man einen Ermessensspielraum verneinen würde, wäre bis zum 16.01.2008 noch kein Abfindungsanspruch entstanden gewesen, da mit dem Tod von E. der Rentenanspruch erloschen gewesen sei, so dass eine positive Entscheidung über den Antrag auf Abfindung nicht mehr möglich gewesen sei. Zudem würde eine Abfindung hier auch dem Zweck des § 221a SGB VII, nämlich eine Senkung der Beitragsausgaben herbeizuführen, zuwiderlaufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung der noch von seiner Ehefrau beantragten Abfindung an die Erbengemeinschaft nach E.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 06.03.2008 (Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008), mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, den Abfindungsbetrag in Höhe von 32.021,41 EUR an den Kläger auszuzahlen. Dass die Beklagte bei ihrer ablehnenden Entscheidung - dem Vorbringen des Klägers insoweit folgend - noch davon ausgegangen ist, dass der Kläger Alleinerbe nach E. geworden ist und deshalb die Auszahlung der Abfindungssumme an ihn abgelehnt hat, ist unschädlich. Aufgrund des Beschlusses des Notariats R. - Nachlassgericht - vom 26.03.2008 steht fest, dass der Kläger zu ½ und die vier Kinder der Eheleute zu je 1/8 Erben nach E. sind und der Kläger damit Miterbe geworden ist und gemäß 2039 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur Leistung an alle Erben fordern kann. Dem hat der Kläger mit seinem Berufungsantrag auch Rechnung getragen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Bewilligungsbescheides. Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht keine eigenständige Rechtsbeziehung. Der geltend gemachte Anspruch kann ihm nur als Miterbe von E., mithin aus abgeleitetem Recht, zustehen. Dementsprechend kann sich der erhobene Anspruch nur darauf stützen, dass E. noch zu ihren Lebzeiten diesen Anspruch erworben und er durch Erbfall (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf die Erbengemeinschaft übergegangen ist.
Nach § 96 Abs. 3 und 4 SGB VII konnte die Beklagte direkt vom Geldinstitut die zu Gunsten des Kontos von E. geleistete Geldzahlung zu Recht zurückfordern, denn sie wurde zu Unrecht er-bracht. Ein Zahlungsanspruch des Erben besteht nicht. Aktivlegitimiert, also Anspruchsinhaber, ist der Kläger als Miterbe nach E., der - wie ausgeführt - diesen Anspruch zwar selbst - ohne die anderen Miterben - geltend machen, aber nur Leistung an alle Erben verlangen kann.
Der Übergang des geltend gemachten Anspruchs auf die Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB setzt aber voraus, dass er zum Zeitpunkt des Todes von E. (16.01.2008), also zu dem Zeitpunkt, als der Erbfall eingetreten und damit ihr Vermögen als Ganzes auf die Erben übergegangen ist, bereits fällig war. Ansprüche auf Sozialleistungen werden grundsätzlich mit ihrem Entstehen fällig (§ 41 SGB I). Der Abfindungsanspruch von E. war jedoch zum Zeitpunkt ihres Todes noch nicht entstanden.
Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen nach § 40 Abs. 1 SGB I, sobald ihre in Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bei Ermessensleistungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung über die Leistung bekanntgegeben wird, es sei denn, dass in der Entscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist (§ 40 Abs. 2 SGB I). Ob der hier strittige Zahlungsanspruch zum Zeitpunkt des Todes von E. am 16.01.2008 bereits entstanden war und somit im Wege der Universalrechtsnachfolge auf deren Erben übergegangen ist, richtet sich mithin danach, ob § 40 Abs. 1 SGB I oder § 40 Abs. 2 SGB I Anwendung findet.
Über beide Anspruchsarten auf Sozialleistung entscheidet die Behörde durch Verwaltungsakt, der im Falle der gebundenen Leistungen nach § 40 Abs. 1 SGB I nur deklaratorisch ist (Seewald in Kasseler Kommentar § 40 SGB I Rn. 3), allerdings dann nicht, wenn der Anspruch verneint wird. Ihm kommt über die Bindungswirkung gemäß § 77 SGG konstitutive Bedeutung zu (Seewald a.a.O.). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung, gegebenenfalls die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der gerichtlichen Tatsacheninstanz (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG SozR 3-4100 § 58 Nr. 6; SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
In Anwendung dieser Maßstäbe ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. 5. 2008 nicht zu beanstanden.
E. hatte im Hinblick auf ihre am 06.12.2007 erfolgte Antragstellung mit dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 221a SGB VII am 01.01.2008 - wie der Kläger meint - nicht bereits einen Abfindungsanspruch erworben, der zum Zeitpunkt des Erbfalls am 16.01.2008 auch schon zu ihrem Vermögen gehörte und mithin mit ihrem Tod auf die Erben überging. Hier ist § 40 Abs. 2 SGB I mit der Folge anzuwenden, dass zur Entstehung des Abfindungsanspruchs die - hier unstreitig nicht erfolgte - Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten über die Abfindung - wie die Beklagte geltend macht - erforderlich war. Eine solche Bewilligungsentscheidung ist zu Lebzeiten von E. nicht ergangen, denn der Bewilligungsbescheid vom 15.01.2008 ist mangels Zugang nicht wirksam geworden. Damit stand E. am 16.01.2008 kein Abfindungsanspruch zu, der auf die Erben übergehen konnte.
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, in der Überweisung des Abfindungsbetrages auf das betreffende Bankkonto sei die Bekanntgabe der Bewilligungsentscheidung zu sehen, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Zahlung auf das gemeinsame Konto erfolgte - wie der Kläger selbst angegeben hat - erst am 31.01.2008, so dass damit schon deshalb eine Bekanntgabe der Bewilligung an E. nicht mehr erfolgen konnte.
Der hier maßgebliche § 221a SGB VII, der zum 01.01.2008 in Kraft getreten ist, ist durch Artikel 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 18.12.2007 (Bundesgesetzblatt I 2984) neu geschaffen worden; er hat keine Vorgängervorschrift. Bei § 221a SGB VII handelt es sich um eine spezielle Regelung für den Bereich der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, die gemäß § 221a Abs. 1 Satz 4 SGB VII an die Stelle der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden allgemeinen Regelungen über die Abfindung von Renten nach §§ 76, 78 SGB VII getreten ist.
§ 221a Abs. 1 Satz 1 SGB VII lautet: Versicherte, die gegen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Anspruch auf eine Rente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 50 v. H. haben, sollen in den Jahren 2008 und 2009 auf ihren Antrag im Wege besonderer Abfindungen im Rahmen der nach den Absätzen 2 und 3 zur Verfügung stehenden Mittel mit einem dem Kapitalwert der Rente nach Absatz 4 entsprechenden Betrag abgefunden werden.
Während die Abfindung von Verletztenrente nach §§ 76 Abs. 1 Satz 1, 78 Abs. 1 Satz 1 SGB VII im Ermessen des Versicherungsträgers steht, handelt es sich bei § 221a SGB VII um eine Soll-Vorschrift ("sollen ... abgefunden werden"). Entsprechend dem Ziel der Vorschrift, die Kapitalisierung von Bestandsrenten gezielt zu fordern, ist der Handlungsspielraum der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften hierdurch eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sollen die allgemeinen für Abfindungen geltenden Ermessensgesichtspunkte nicht unbeachtet bleiben. Die besonderen Abfindungen in der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung sollen jedoch vereinfacht geprüft werden.
§ 221a Abs. 1 Satz 1 SGB VII begründet keinen Rechtsanspruch des Versicherten auf die beantragte besondere Abfindung, so dass hier § 40 Abs. 2 SGB I Anwendung findet. Dies gilt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch im Regelfall, mithin wenn kein sogenannter atypischer Fall vorliegt.
Die hier für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidende Frage wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen geht in seinem Urteil vom 19.11.2009 (L 14 U 176/08) bei Sollvorschriften wie § 221a Abs. 1 Satz 1 SGB VII von einer umfassenden Anwendung des § 40 Abs. 2 SGB I aus. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei nicht ohne weiteres offenkundig, ob ein Regelfall oder ein atypischer Sonderfall vorliege. Zudem gebe es Grenzfälle. Die Vorschrift des § 40 Abs. 2 SGB I sei nur dann auch in Grenzfällen praktisch handhabbar und ermögliche eine sichere Feststellung des Zeitpunkts der Entstehung eines Anspruchs, wenn in allen Fällen, in denen die maßgebliche Rechtsvorschrift der Behörde grundsätzlich für bestimmte Konstellationen Ermessen einräume, die Notwendigkeit der Bekanntgabe angenommen werde. Ob dieser Rechtsauffassung, die dem geltend gemachten Anspruch von vornherein entgegen stehen würde, zu folgen ist, kann der Senat offen lassen.
Der Rechtsauffassung, wonach nur in einem eine Ermessensentscheidung eröffnenden atypischen Fall § 40 Abs. 2 SGB I und im Regelfall § 40 Abs. 1 SGB I anzuwenden ist (vgl. Mrozynski, SGB I, 3. Auflage 2003, § 40 Rdnr. 16; Rolfs in: Hauck/Noftz, SGB I, § 40 Rdnr. 20; Wagner in: jurisPK-SGB I, 1. Aufl. 2005, § 40 Rdnr. 38), folgt der Senat nicht. Nach der bereits zitierten Gesetzesbegründung sollten die allgemein für Abfindungen geltenden Ermessensgesichtspunkte im Rahmen des § 221a SGB VII nicht gänzlich unbeachtet bleiben. Der Charakter einer - wenn auch stark eingeschränkten - Ermessensentscheidung sollte mithin erhalten bleiben, womit ein von § 40 Abs. 1 SGB I vorausgesetzter Rechtsanspruch nicht zu vereinbaren ist. Zudem ändert der Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I) seinen Charakter selbst dann nicht, wenn bei der Entscheidung über die Abfindung "eine Ermessensreduzierung auf Null" eingetreten und zu einem Anspruch auf Leistung geworden ist, da die erforderliche Ermessenentscheidung auch in diesem Fall getroffen werden muss (vgl. Urteil des BSG vom 24.06.1987 - 5a RKn U2/86 - SozR 1200 § 40 Nr. 3). Der Gesetzgeber - so das BSG in diesem Urteil - hat in § 40 Abs. 2 SGB I bei Ermessensleistungen die Entstehung des Anspruchs von der Bekanntgabe der Entscheidung abhängig gemacht, weil "die Ausübung des Ermessens oft schwierige Ermittlungen und Bewertungen nötig macht, so dass vielfach nicht feststellbar ist, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen vorgelegen haben" (BT-Drucks 7/868 S 29).
Diese Gründe gelten auch, wenn das Ermessen der Verwaltung im Regelfall nur noch eine Entscheidung zugunsten des Versicherten zulasse. Die an eine bestimmte Rechtsfolge geknüpfte Soll-Vorschrift ist damit vergleichbar, dass dem Versicherungsträger ein - ggf. auch begrenztes - Entschließungsermessen, d. h. ob er, nicht wie er tätig wird, eingeräumt ist.
Die Entstehung des Abfindungsanspruchs mit dem Inkrafttreten des § 221a SGB VII zum 01.01.2008 (nach der schon zuvor erfolgten Antragstellung) wäre damit nicht vereinbar. Das wird auch dadurch deutlich, dass die Beklagte trotz des als Soll-Vorschrift ausgestalteten § 221a SGB VII nicht gehindert war, Ermittlungen darüber anzustellen, ob ein atypischer Sonderfall vorliegt oder nicht. Eine Prüfung des individuellen Gesundheitszustandes von E. wäre möglich gewesen, da eine unzureichende Lebenserwartung aus gesundheitlichen Gründen nicht hätte unberücksichtigt gelassen werden dürfen. Eine schon länger bestehende schwere Erkrankung hätte mithin zur Verneinung des Abfindungsanspruchs führen können. Vorliegend ist außerdem bei Erlass des Ablehnungsbescheides vom 06.03.2008 vom Vorliegen eines atypischen Sonderfalls auszugehen gewesen, denn zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt stand fest, dass die Versicherte E. kurz nach dem Stichtag 01.01.2008 gestorben ist. Der Zweck der Abfindung, nämlich eine Entlastung der landwirtschaftlichen Unfallkasse, war damit ganz offensichtlich bereits zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr zu erreichen.
Die Berufung war auch mit dem Hilfsantrag ohne Erfolg. Ein Anspruch auf Erlass eines - ermessensgerechten - Bewilligungsbescheides besteht nicht. Der Antrag der E. hat sich durch deren Tod erledigt. Ob ein solcher Anspruch der Erben unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen unterlassener oder verspäteter Verwaltungsentscheidung (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar § 59 SGB I Rdnr. 13a, 119) oder als Folgenbeseitigungsanspruch hergeleitet werden kann, lässt der Senat offen.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine unzumutbar lange und der Beklagten anzulastenden Verzögerung zu der Verwaltungsentscheidung vom 06.03.2008 geführt hat. Die Versicherte E. hatte die Adressänderung nicht ausdrücklich mitgeteilt. Eine verzögerte Bearbeitung ist ebensowenig zu erkennen. Auf die Frage, ob die Erben bei frühzeitiger Antragstellung der Erblasserin deren Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Geldleistung zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt geltend machen können, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an. Der neben der Auszahlung auch die Bewilligung der Abfindung konkludent ablehnende Bescheid der Beklagten vom 06.03.2008 ist auch insoweit rechtmäßig. Ein Anspruch des Klägers auf nachträgliche und rückwirkende Bewilligung besteht nicht.
Ob dem geltend gemachten Anspruch auch entgegensteht, dass ein Abfindungsanspruch erst nach dem Ende der Rentenzahlung am 31.01.2008 entstanden ist, weil beide Leistungen nicht zeitlich nebeneinander gewährt werden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass die Entscheidung über die Abfindung E. nicht mehr - wie gemäß § 40 Abs. 2 SGB I erforderlich - bekanntgegeben werden konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Auszahlung einer von seiner verstorbenen Ehefrau noch zu ihren Lebzeiten beantragten Abfindung ihrer Unfallrente an ihre Erben hat.
Die 1942 geborene Ehefrau des Klägers (E.) bezog von der Beklagten wegen der Folgen des am 24.10.1961 erlittenen Arbeitsunfalls, nämlich einer posttraumatischen Kniegelenksarthrose nach Kreuzbandläsion, eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v. H. Nach Abfindung des Rentenanspruchs für die Zeit vom 01.11.1994 bis 31.10.2004 (Bescheid vom 27.09.1994) zwecks Erwerbs einer Eigentumswohnung lebte der Rentenanspruch am 01.11.2004 wieder auf; die Rente betrug zuletzt 325,42 EUR monatlich.
Mit Schreiben vom 29.11.2007 unterrichtete die Beklagte E. davon, dass seitens der Bundesregierung eine wesentliche Erleichterung der Voraussetzungen für eine Rentenabfindung geplant sei und sie nach ihren Informationen zum antragsberechtigten Personenkreis gehöre. Der Abfindungsbetrag würde in ihrem Fall bei einem Antragseingang am 01.01.2008 31.021,41 EUR betragen. Am 06.12.2007 (Eingang bei der Beklagten)) beantragte E. die besondere Abfindung mit dem dem Informationsschreiben beigefügten Antragsformular, in dem - von E. ungeändert - noch ihre frühere Anschrift in der str. in R. angegeben war. E. wohnte aber bereits seit 08.07.2006 gemeinsam mit dem Kläger in der str. in R ...
Am 15.01.2008 verfügte ein Mitarbeiter der Beklagten die Beendigung der laufenden Verletztenrentenzahlung zum 31.01.2008 und die Auszahlung des Abfindungsbetrages in Höhe von 32.021,41 EUR. Der am 17.01.2008 unter der der Beklagten bekannten Anschrift von E. zur Post gegebene Bewilligungsbescheid vom 15.01.2008 wurde von der Post mit den Vermerken "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" und "verstorben" an die Beklagte zurückgesandt. Die Zahlung der Abfindungssumme auf das gemeinsame Girokonto von E. und dem Kläger erfolgte am 31.01.2008. Von der Sparkasse S. in C. erfuhr die Beklagte am 04.02.2008 nach einer telefonischen Anfrage, dass E. am 16.01.2008 verstorben war. Daraufhin forderte die Beklagte den überwiesenen Abfindungsbetrag von der Sparkasse zurück. Am 06.02.2008 wurde der Betrag von 32.021,41 EUR wieder dem Konto der Beklagten gutgeschrieben.
Am 26.02.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten, den zurückgebuchten Betrag erneut anzuweisen. Er sei Alleinerbe seiner am 16.01.2008 verstorbenen Ehefrau. Der Abfindungsanspruch sei mit dem Eingang des entsprechenden Antrages bei der Beklagten am 06.12.2007 entstanden, da er materiell-rechtlichen Charakter habe und sämtliche Abfindungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorgelegen hätten. Eine Ermessensentscheidung sei nicht erforderlich gewesen, da eine sogenannte Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hätte. Auf die Bekanntgabe der Bewilligungsentscheidung komme es daher nicht an. Der Bescheid liege ihm im Übrigen bis heute nicht vor.
Mit Bescheid vom 06.03.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Der Bescheid über die Abfindung der Unfallrente habe keine Rechtswirksamkeit erlangt, da es sich auch bei der besonderen Abfindung nach § 221a Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - (SGB VII) um eine Ermessensleistung handele und der Anspruch hierauf erst mit dem Zeitpunkt entstehe, in dem die Entscheidung über die Leistung bekannt gegeben worden sei. Der Rentenberechtigten habe aber die Entscheidung nicht mehr bekannt gegeben werden können, weil sie vorher verstorben gewesen sei. Es sei deshalb auch kein Anspruch auf den Erben übergegangen.
Dagegen legte der Kläger am 27.03.2008 Widerspruch ein, mit dem er einen Anspruch auf Auszahlung des Abfindungsbetrages in Höhe von 32.021,41 EUR geltend machte. Er wiederholte und konkretisierte seine bisherigen Ausführungen und trug zusätzlich vor, die erfolgte Auszahlung der Abfindungssumme belege, dass - wie gesetzlich erforderlich - die finanziellen Mittel für die Auszahlung der Abfindung noch zur Verfügung gestanden hätten. Darüber hinaus liege auch schon in der Überweisung selbst eine Bekanntgabe der positiven Bescheidung des bereits am 05.12.2007 gestellten Antrags.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück. Ein Abfindungsanspruch, der beim Tod des Berechtigten nicht an den Sonderrechtsnachfolger übergehe, werde nur vererbt, wenn er bereits fällig geworden sei. Der Abfindungsanspruch sei aber zum Zeitpunkt des Erbfalls am 16.01.2008 noch nicht fällig gewesen, da E. zum Zeitpunkt der Bescheidversendung und des Eingangs der Abfindungssumme auf dem gemeinsamen Konto der Eheleute bereits verstorben gewesen sei.
Am 19.06.2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der er einen Anspruch auf Auszahlung der Abfindungssumme in Höhe von 32.021,41 EUR an die Erbengemeinschaft nach E. und auf einen entsprechenden Bewilligungsbescheid geltend machte.
Er brachte vor, entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Anspruch auf die besondere Abfindung nach § 221a Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - (SGB VII) zum Zeitpunkt des Todes von E. bereits entstanden gewesen, so dass der Anspruch auf die Erbengemeinschaft übergegangen sei. Bei § 221a SGB VII handele es sich um eine Soll-Vorschrift, auf die § 40 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch - (SGB I) nicht anzuwenden sei. Vielmehr sei nach einhelliger Meinung § 40 Abs. 1 SGB I anzuwenden, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, wenn - wie hier - kein atypischer Fall vorliege. Hiervon sei anscheinend auch die Beklagte ausgegangen, die sowohl in ihrem Informationsschreiben vom 29.11.2007 als auch in ihrem Bewilligungsbescheid vom 15.01.2008 eindeutige Umstände eines Regelfalles angenommen habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zu § 221a SGB VII. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Vorschrift eine Kapitalisierung von Bestandsrenten fördern, um auf diesem Weg künftige Umlagen deutlich und nachhaltig zu entlasten. Danach sollte der Handlungsspielraum der Berufsgenossenschaften für die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift eingeschränkt werden. Zwar dürften von den Berufsgenossenschaften die Ermessenserwägungen für die Gewährung einer Abfindung nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Die Entscheidungen über die besonderen Abfindungen in der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung sollten jedoch in einem vereinfachten Prüfverfahren erfolgen. Seien die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, bestehe aufgrund der Soll-Bestimmung ein Anspruch auf die Abfindung. Der Kläger legte den Beschluss des Notariats R. - Nachlassgericht - vom 26.03.2008 vor, wonach der Kläger zu 1/2 und die vier Kinder von E. und des Klägers B. , G. , S. und M. zu je 1/8 Erben von E. geworden sind. Ferner übersandte der Kläger die Meldebestätigungen der Stadt R. vom 19.09.2008, aus denen hervorgeht, dass E. und der Kläger seit 08.07.2006 unter der Anschrift straße in R. gemeldet waren.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid. Bei der Abfindung gemäß § 221a SGB VII handele es sich nach der Gesetzesbegründung um eine Ermessensentscheidung. Mit der Verwendung des Wortes "sollen" statt "können" sollte den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften lediglich ein vereinfachtes Prüfverfahren ermöglicht werden. Ermessensentscheidungen würden aber erst mit der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides an den Berechtigten rechtswirksam. Da eine Bekanntgabe des Bescheides vom 15.01.2008 an E. nicht mehr erfolgt sei, sei der Abfindungsanspruch auch noch nicht entstanden.
Mit Urteil vom 05.06.2009 wies das SG die Klage ab. Die Erbengemeinschaft nach E. habe keinen Anspruch auf Auszahlung der noch von E. beantragten Abfindung ihres Rentenanspruchs. E. habe zum Zeitpunkt ihres Todes am 16.01.2008 keinen fälligen Anspruch auf die Abfindungssumme gehabt, der auf die Erben hätte übergehen können. Auch wenn man der in der Literatur vertretenen Auffassung folgen würde, dass es im Falle einer Soll-Vorschrift sachgerecht sei, im Regelfall die Entstehung des Anspruchs mit der Antragstellung anzunehmen und die für Ermessensentscheidung geltende Regelung des § 40 Abs. 2 SGB I nur dann anzuwenden, wenn ein atypischer Fall vorliege und damit die Voraussetzungen einer Ermessensentscheidung gegeben seien, wäre der geltend gemachte Anspruch zu verneinen. Der Anspruch auf die Abfindung sei zum Zeitpunkt des Todes von E. im Hinblick auf die Rechtsnatur des Abfindungsanspruchs nicht entstanden gewesen. Bei einer Abfindung werde eine Rentenzahlung durch eine einmalige Zahlung abgelöst. Dies geschehe nicht rückwirkend, sondern regelmäßig mit Wirkung des 1. des Monats, der auf die Bekanntgabe des Abfindungsbescheides folge. Der Abfindungsanspruch könne daher nicht vor Bekanntgabe des Bescheides entstehen und damit auch nicht vererbt werden. Der Auffassung des Klägers, wonach der Abfindungsanspruch mit der Stellung des entsprechenden Antrages durch E. entstanden sei, könne nicht gefolgt werden. Mit dem Tod von E. am 16.01.2008 seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Verletztenrente von Gesetzes wegen weggefallen, so dass er auch nicht mehr habe abgelöst werden können.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.08.2009 Berufung eingelegt, mit der er an seinem Ziel festhält. Er wiederholt und ergänzt seine bisherige Auffassung, wonach der Abfindungsanspruch zum Zeitpunkt des Todes von E. bereits entstanden und fällig gewesen sei, so dass er auch auf die Erben habe übergehen können. Der Anspruch sei bereits Anfang des Jahres 2008 entstanden, da es sich bei § 221a SGB VII um eine Sollvorschrift handele, wodurch der Ermessensspielraum der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften eingeschränkt worden sei. Im Regelfall bestehe deshalb ein Anspruch auf die Abfindung. Nur dann, wenn ein - hier nicht vorliegender - atypischer Fall anzunehmen sei, sei Ermessen auszuüben. Daraus folge, dass hier § 40 Abs. 1 SGB I und nicht der für Ermessensleistungen geltende § 40 Abs. 2 SGB I anzuwenden sei, so dass die fehlende Bekanntgabe des Abfindungsbescheides an E. dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegenstehe. Der Anspruch auf eine einmalige Abfindung und der Anspruch auf fortlaufende Rentenzahlungen könnten auch grundsätzlich nebeneinander bestehen. Erst sobald der Anspruch auf die Abfindung fällig werde, entfalle der Rentenanspruch. Die Vererblichkeit des Abfindungsanspruchs laufe auch nicht dem Zweck des § 221a SGB VII zuwider. Mit der vom Gesetzgeber mit der Abfindung nach § 221a SGB VII angestrebten Entlastung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gehe das Risiko einher, dass der Berechtigte die hierbei angenommene Bezugsdauer nicht überlebe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. Juni 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Erbengemeinschaft nach Frau H. P. die Abfindungssumme in Höhe von 32.021,41 EUR auszuzahlen, hilfsweise hierüber einen Bescheid zu erlassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht ferner geltend, bei der Entscheidung über den Anspruch auf eine besondere Abfindung nach § 221a SGB VII handele es sich - obwohl nur bei atypischen Fällen Ermessen auszuüben sei - trotzdem um eine - wenn auch eingeschränkte - Ermessensentscheidung, so dass für ihre Wirksamkeit die infolge des Todes von E. nicht mehr erfolgte Bekanntgabe erforderlich sei. Selbst wenn man einen Ermessensspielraum verneinen würde, wäre bis zum 16.01.2008 noch kein Abfindungsanspruch entstanden gewesen, da mit dem Tod von E. der Rentenanspruch erloschen gewesen sei, so dass eine positive Entscheidung über den Antrag auf Abfindung nicht mehr möglich gewesen sei. Zudem würde eine Abfindung hier auch dem Zweck des § 221a SGB VII, nämlich eine Senkung der Beitragsausgaben herbeizuführen, zuwiderlaufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung der noch von seiner Ehefrau beantragten Abfindung an die Erbengemeinschaft nach E.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 06.03.2008 (Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008), mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, den Abfindungsbetrag in Höhe von 32.021,41 EUR an den Kläger auszuzahlen. Dass die Beklagte bei ihrer ablehnenden Entscheidung - dem Vorbringen des Klägers insoweit folgend - noch davon ausgegangen ist, dass der Kläger Alleinerbe nach E. geworden ist und deshalb die Auszahlung der Abfindungssumme an ihn abgelehnt hat, ist unschädlich. Aufgrund des Beschlusses des Notariats R. - Nachlassgericht - vom 26.03.2008 steht fest, dass der Kläger zu ½ und die vier Kinder der Eheleute zu je 1/8 Erben nach E. sind und der Kläger damit Miterbe geworden ist und gemäß 2039 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur Leistung an alle Erben fordern kann. Dem hat der Kläger mit seinem Berufungsantrag auch Rechnung getragen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Bewilligungsbescheides. Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht keine eigenständige Rechtsbeziehung. Der geltend gemachte Anspruch kann ihm nur als Miterbe von E., mithin aus abgeleitetem Recht, zustehen. Dementsprechend kann sich der erhobene Anspruch nur darauf stützen, dass E. noch zu ihren Lebzeiten diesen Anspruch erworben und er durch Erbfall (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf die Erbengemeinschaft übergegangen ist.
Nach § 96 Abs. 3 und 4 SGB VII konnte die Beklagte direkt vom Geldinstitut die zu Gunsten des Kontos von E. geleistete Geldzahlung zu Recht zurückfordern, denn sie wurde zu Unrecht er-bracht. Ein Zahlungsanspruch des Erben besteht nicht. Aktivlegitimiert, also Anspruchsinhaber, ist der Kläger als Miterbe nach E., der - wie ausgeführt - diesen Anspruch zwar selbst - ohne die anderen Miterben - geltend machen, aber nur Leistung an alle Erben verlangen kann.
Der Übergang des geltend gemachten Anspruchs auf die Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB setzt aber voraus, dass er zum Zeitpunkt des Todes von E. (16.01.2008), also zu dem Zeitpunkt, als der Erbfall eingetreten und damit ihr Vermögen als Ganzes auf die Erben übergegangen ist, bereits fällig war. Ansprüche auf Sozialleistungen werden grundsätzlich mit ihrem Entstehen fällig (§ 41 SGB I). Der Abfindungsanspruch von E. war jedoch zum Zeitpunkt ihres Todes noch nicht entstanden.
Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen nach § 40 Abs. 1 SGB I, sobald ihre in Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bei Ermessensleistungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung über die Leistung bekanntgegeben wird, es sei denn, dass in der Entscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist (§ 40 Abs. 2 SGB I). Ob der hier strittige Zahlungsanspruch zum Zeitpunkt des Todes von E. am 16.01.2008 bereits entstanden war und somit im Wege der Universalrechtsnachfolge auf deren Erben übergegangen ist, richtet sich mithin danach, ob § 40 Abs. 1 SGB I oder § 40 Abs. 2 SGB I Anwendung findet.
Über beide Anspruchsarten auf Sozialleistung entscheidet die Behörde durch Verwaltungsakt, der im Falle der gebundenen Leistungen nach § 40 Abs. 1 SGB I nur deklaratorisch ist (Seewald in Kasseler Kommentar § 40 SGB I Rn. 3), allerdings dann nicht, wenn der Anspruch verneint wird. Ihm kommt über die Bindungswirkung gemäß § 77 SGG konstitutive Bedeutung zu (Seewald a.a.O.). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung, gegebenenfalls die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der gerichtlichen Tatsacheninstanz (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG SozR 3-4100 § 58 Nr. 6; SozR 3-3870 § 3 Nr. 7).
In Anwendung dieser Maßstäbe ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. 5. 2008 nicht zu beanstanden.
E. hatte im Hinblick auf ihre am 06.12.2007 erfolgte Antragstellung mit dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 221a SGB VII am 01.01.2008 - wie der Kläger meint - nicht bereits einen Abfindungsanspruch erworben, der zum Zeitpunkt des Erbfalls am 16.01.2008 auch schon zu ihrem Vermögen gehörte und mithin mit ihrem Tod auf die Erben überging. Hier ist § 40 Abs. 2 SGB I mit der Folge anzuwenden, dass zur Entstehung des Abfindungsanspruchs die - hier unstreitig nicht erfolgte - Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten über die Abfindung - wie die Beklagte geltend macht - erforderlich war. Eine solche Bewilligungsentscheidung ist zu Lebzeiten von E. nicht ergangen, denn der Bewilligungsbescheid vom 15.01.2008 ist mangels Zugang nicht wirksam geworden. Damit stand E. am 16.01.2008 kein Abfindungsanspruch zu, der auf die Erben übergehen konnte.
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, in der Überweisung des Abfindungsbetrages auf das betreffende Bankkonto sei die Bekanntgabe der Bewilligungsentscheidung zu sehen, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Zahlung auf das gemeinsame Konto erfolgte - wie der Kläger selbst angegeben hat - erst am 31.01.2008, so dass damit schon deshalb eine Bekanntgabe der Bewilligung an E. nicht mehr erfolgen konnte.
Der hier maßgebliche § 221a SGB VII, der zum 01.01.2008 in Kraft getreten ist, ist durch Artikel 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 18.12.2007 (Bundesgesetzblatt I 2984) neu geschaffen worden; er hat keine Vorgängervorschrift. Bei § 221a SGB VII handelt es sich um eine spezielle Regelung für den Bereich der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, die gemäß § 221a Abs. 1 Satz 4 SGB VII an die Stelle der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden allgemeinen Regelungen über die Abfindung von Renten nach §§ 76, 78 SGB VII getreten ist.
§ 221a Abs. 1 Satz 1 SGB VII lautet: Versicherte, die gegen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Anspruch auf eine Rente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 50 v. H. haben, sollen in den Jahren 2008 und 2009 auf ihren Antrag im Wege besonderer Abfindungen im Rahmen der nach den Absätzen 2 und 3 zur Verfügung stehenden Mittel mit einem dem Kapitalwert der Rente nach Absatz 4 entsprechenden Betrag abgefunden werden.
Während die Abfindung von Verletztenrente nach §§ 76 Abs. 1 Satz 1, 78 Abs. 1 Satz 1 SGB VII im Ermessen des Versicherungsträgers steht, handelt es sich bei § 221a SGB VII um eine Soll-Vorschrift ("sollen ... abgefunden werden"). Entsprechend dem Ziel der Vorschrift, die Kapitalisierung von Bestandsrenten gezielt zu fordern, ist der Handlungsspielraum der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften hierdurch eingeschränkt. Nach der Gesetzesbegründung sollen die allgemeinen für Abfindungen geltenden Ermessensgesichtspunkte nicht unbeachtet bleiben. Die besonderen Abfindungen in der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung sollen jedoch vereinfacht geprüft werden.
§ 221a Abs. 1 Satz 1 SGB VII begründet keinen Rechtsanspruch des Versicherten auf die beantragte besondere Abfindung, so dass hier § 40 Abs. 2 SGB I Anwendung findet. Dies gilt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch im Regelfall, mithin wenn kein sogenannter atypischer Fall vorliegt.
Die hier für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidende Frage wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen geht in seinem Urteil vom 19.11.2009 (L 14 U 176/08) bei Sollvorschriften wie § 221a Abs. 1 Satz 1 SGB VII von einer umfassenden Anwendung des § 40 Abs. 2 SGB I aus. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei nicht ohne weiteres offenkundig, ob ein Regelfall oder ein atypischer Sonderfall vorliege. Zudem gebe es Grenzfälle. Die Vorschrift des § 40 Abs. 2 SGB I sei nur dann auch in Grenzfällen praktisch handhabbar und ermögliche eine sichere Feststellung des Zeitpunkts der Entstehung eines Anspruchs, wenn in allen Fällen, in denen die maßgebliche Rechtsvorschrift der Behörde grundsätzlich für bestimmte Konstellationen Ermessen einräume, die Notwendigkeit der Bekanntgabe angenommen werde. Ob dieser Rechtsauffassung, die dem geltend gemachten Anspruch von vornherein entgegen stehen würde, zu folgen ist, kann der Senat offen lassen.
Der Rechtsauffassung, wonach nur in einem eine Ermessensentscheidung eröffnenden atypischen Fall § 40 Abs. 2 SGB I und im Regelfall § 40 Abs. 1 SGB I anzuwenden ist (vgl. Mrozynski, SGB I, 3. Auflage 2003, § 40 Rdnr. 16; Rolfs in: Hauck/Noftz, SGB I, § 40 Rdnr. 20; Wagner in: jurisPK-SGB I, 1. Aufl. 2005, § 40 Rdnr. 38), folgt der Senat nicht. Nach der bereits zitierten Gesetzesbegründung sollten die allgemein für Abfindungen geltenden Ermessensgesichtspunkte im Rahmen des § 221a SGB VII nicht gänzlich unbeachtet bleiben. Der Charakter einer - wenn auch stark eingeschränkten - Ermessensentscheidung sollte mithin erhalten bleiben, womit ein von § 40 Abs. 1 SGB I vorausgesetzter Rechtsanspruch nicht zu vereinbaren ist. Zudem ändert der Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I) seinen Charakter selbst dann nicht, wenn bei der Entscheidung über die Abfindung "eine Ermessensreduzierung auf Null" eingetreten und zu einem Anspruch auf Leistung geworden ist, da die erforderliche Ermessenentscheidung auch in diesem Fall getroffen werden muss (vgl. Urteil des BSG vom 24.06.1987 - 5a RKn U2/86 - SozR 1200 § 40 Nr. 3). Der Gesetzgeber - so das BSG in diesem Urteil - hat in § 40 Abs. 2 SGB I bei Ermessensleistungen die Entstehung des Anspruchs von der Bekanntgabe der Entscheidung abhängig gemacht, weil "die Ausübung des Ermessens oft schwierige Ermittlungen und Bewertungen nötig macht, so dass vielfach nicht feststellbar ist, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen vorgelegen haben" (BT-Drucks 7/868 S 29).
Diese Gründe gelten auch, wenn das Ermessen der Verwaltung im Regelfall nur noch eine Entscheidung zugunsten des Versicherten zulasse. Die an eine bestimmte Rechtsfolge geknüpfte Soll-Vorschrift ist damit vergleichbar, dass dem Versicherungsträger ein - ggf. auch begrenztes - Entschließungsermessen, d. h. ob er, nicht wie er tätig wird, eingeräumt ist.
Die Entstehung des Abfindungsanspruchs mit dem Inkrafttreten des § 221a SGB VII zum 01.01.2008 (nach der schon zuvor erfolgten Antragstellung) wäre damit nicht vereinbar. Das wird auch dadurch deutlich, dass die Beklagte trotz des als Soll-Vorschrift ausgestalteten § 221a SGB VII nicht gehindert war, Ermittlungen darüber anzustellen, ob ein atypischer Sonderfall vorliegt oder nicht. Eine Prüfung des individuellen Gesundheitszustandes von E. wäre möglich gewesen, da eine unzureichende Lebenserwartung aus gesundheitlichen Gründen nicht hätte unberücksichtigt gelassen werden dürfen. Eine schon länger bestehende schwere Erkrankung hätte mithin zur Verneinung des Abfindungsanspruchs führen können. Vorliegend ist außerdem bei Erlass des Ablehnungsbescheides vom 06.03.2008 vom Vorliegen eines atypischen Sonderfalls auszugehen gewesen, denn zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt stand fest, dass die Versicherte E. kurz nach dem Stichtag 01.01.2008 gestorben ist. Der Zweck der Abfindung, nämlich eine Entlastung der landwirtschaftlichen Unfallkasse, war damit ganz offensichtlich bereits zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr zu erreichen.
Die Berufung war auch mit dem Hilfsantrag ohne Erfolg. Ein Anspruch auf Erlass eines - ermessensgerechten - Bewilligungsbescheides besteht nicht. Der Antrag der E. hat sich durch deren Tod erledigt. Ob ein solcher Anspruch der Erben unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen unterlassener oder verspäteter Verwaltungsentscheidung (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar § 59 SGB I Rdnr. 13a, 119) oder als Folgenbeseitigungsanspruch hergeleitet werden kann, lässt der Senat offen.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine unzumutbar lange und der Beklagten anzulastenden Verzögerung zu der Verwaltungsentscheidung vom 06.03.2008 geführt hat. Die Versicherte E. hatte die Adressänderung nicht ausdrücklich mitgeteilt. Eine verzögerte Bearbeitung ist ebensowenig zu erkennen. Auf die Frage, ob die Erben bei frühzeitiger Antragstellung der Erblasserin deren Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Geldleistung zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt geltend machen können, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an. Der neben der Auszahlung auch die Bewilligung der Abfindung konkludent ablehnende Bescheid der Beklagten vom 06.03.2008 ist auch insoweit rechtmäßig. Ein Anspruch des Klägers auf nachträgliche und rückwirkende Bewilligung besteht nicht.
Ob dem geltend gemachten Anspruch auch entgegensteht, dass ein Abfindungsanspruch erst nach dem Ende der Rentenzahlung am 31.01.2008 entstanden ist, weil beide Leistungen nicht zeitlich nebeneinander gewährt werden könnten, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch scheitert daran, dass die Entscheidung über die Abfindung E. nicht mehr - wie gemäß § 40 Abs. 2 SGB I erforderlich - bekanntgegeben werden konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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