L 5 R 1881/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 4062/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1881/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27.03.2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1957 geborene Klägerin absolvierte von September 1974 bis Juli 1976 eine Ausbildung zum Wirtschaftskaufmann und qualifizierte sich von Juni bis August 1988 zur Wirtschaftsleiterin. Sie war (unterbrochen durch Kindererziehung) bis 1990 im erlernten Beruf versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss folgten (unterbrochen durch Kindererziehung und Arbeitslosigkeit) versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und geringfügige Beschäftigungen an verschiedenen Arbeitsstellen als Büro- und Gastronomiegehilfin, zuletzt bis Juni 2003. Von 01.05.2004 bis 30.04.2007 bezog die Klägerin für eine selbständige Tätigkeit als Kinderbetreuerin einen Existenzgründungszuschuss, weshalb ab August 2004 bis April 2007 nochmals Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet wurden. Von Mai bis Dezember 2009 übte sie eine geringfügige versicherungsfreie Tätigkeit aus.

Der Rentenantrag datiert vom 20.09.2005 und wurde im Wesentlichen mit Wirbelsäulenbeschwerden begründet. Im Rahmen der medizinischen Ermittlungen erstattete Dr. W. (Orthopäde) am 20.10.2005 ein Gutachten, in dem er folgende Diagnosen mitteilte: Am ehesten pseudoradiculäres Lendenwirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Entfernung eines wahrscheinlich gutartigen Tumors im Spinalkanal der unteren Lendenwirbelsäule (1990); Zervicobrachialsyndrom bei monosegmentalen degenerativen Veränderungen und segmentalen Blockierungen ohne neurologische Reiz- oder Ausfallerscheinungen; anamnestisch bekannte Brustwirbelsäulensyndrome bei frontaler S-förmiger Fehlstellung der Brustwirbelsäule und initialen degenerativen Veränderungen. Dr. W. befand die Klägerin für vollschichtig leistungsfähig für körperlich leichte Arbeit in wechselnder Körperhaltung. Eine internistische Untersuchung durch Dr. P. (Gutachten vom 20.11.2005) ergab keine leistungsmindernden Erkrankungen auf diesem Fachgebiet.

Mit Bescheid vom 17.02.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2006 zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin hat ihr Begehren weiterverfolgt und am 16.08.2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Sie macht geltend, erkrankungsbedingt, insbesondere wegen stark schmerzhafter Wirbelsäulenbeschwerden, keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen zu können. Dies gelte besonders für die bisherigen Tätigkeiten im Büro und in der Gastronomie.

Das Gericht hat die behandelnden Ärzte Dr. B. (Nervenarzt), Dr. B. (Orthopäde) und Dr. M. (Hausarzt) schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. B. berichtete von rezidivierenden Beschwerden im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in die Beine. In ihrem Beruf als Wirtschaftsfachfrau und Pflegemutter sei die Klägerin sicherlich höher belastet, als ihr von der körperlichen Situation her zugemutet werden könne. Dr. M. berichtete von regelmäßiger hausärztlicher Behandlung. Die körperliche Belastbarkeit der Klägerin sei sicher gemindert. Insgesamt halte er eine halbschichtige arbeitszeitliche Belastung für denkbar, höchstens eine sechsstündige Arbeitszeit mit einer Pause. Am 12.02.2007 erstattete Prof. Dr. E. ein orthopädisches Fachgutachten. Diese stellte folgende Diagnosen: Chronische Lumboischialgie linksseitig bei Z.n. Exstirpation eines Weichteiltumors im Spinalkanal der unteren LWS (Januar 1990), Z.n. Laminektomie LWK 4 und LWK 5; chronische Cervicobrachialgie bei degenerativen Veränderungen der unteren Halswirbelsäule; Osteochondrose C 6/7. Zusätzlich bestünden funktionelle Einschränkungen durch radiologisch nachgewiesene degenerative Veränderungen der unteren HWS. Die Gesamtheit der subjektiven Beschwerden sowie der funktionellen Defizite belasteten die Klägerin natürlich auch psychisch sehr stark. Eine leichte körperliche Arbeit in regelmäßigem Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen und mit Heben oder Tragen von Lasten bis maximal fünf kg sei maximal vier Stunden täglich möglich. Arbeiten über vier Stunden seien aufgrund der körperlichen und seelischen Funktionseinschränkungen nicht zumutbar. Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. K. (Arzt für Orthopädie und Rheumatologie). Dieser teilte in seinen Gutachten vom 05.03.2008 folgende Diagnosen mit: Zustand nach Laminektomie L 3 bis L 4 im Januar 1990 mit Entfernung eines gutartigen Tumors, zur Zeit mit sehr gutem neurologischen Resultat und vollständiger Rückbildung einer beiderseits akut aufgetretenen Lähmung der Beine (bei subjektiv noch verbliebenen Schwächegefühlen im rechten Fuß) und mit chronisch-progredienten tiefsitzenden Kreuzschmerzen und pseudoradikulären Beschwerden im Gesäß und im linken Bein (Schmerzausstrahlung und Missempfindungen); lokales degeneratives Cervikalsyndrom betont links; Impingement-Syndrom der linken Schulter; Epicondylosis radialis humeri links; rezidivierende Schmerzzustände der Finger bei beginnender Polyarthrose; wiederholt auftretende Missempfindungen in Arm und Hand links (im Rahmen eines beginnenden Carpaltunnelsyndroms bzw. einer pseudoradikulären Symptomatik seitens der Halswirbelsäule). Zumutbar seien leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen. Auf jeden Fall vermieden werden müssten eine anhaltend vorgeneigte oder rückwärts gewandte Nackenstellung, ebenso häufiges Bücken und vorgeneigte Körperpositionen. Besondere Anforderungen an das manuelle Geschick der linken Hand seien zu vermeiden, ebenso Tätigkeiten über Schulterhöhe mit dem linken Arm. Unter den genannten Umständen könne die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich arbeiten.

Mit Urteil vom 27.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin - von vorübergehender Arbeitsunfähigkeit einmal abgesehen - im zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich arbeiten könne, soweit die ärztlicherseits erwähnten zusätzlichen Leistungseinschränkungen berücksichtigt würden. Das Gericht folge dem Gutachten von Dr. K ... Ausgangspunkt der medizinischen Beurteilung sei der 1990 im Bereich der Lendenwirbelsäule operativ entfernte Tumor. Die damals akut aufgetretene Lähmung der Beine habe sich jedoch zurückgebildet. Verblieben seien subjektive Schwächegefühle im rechten Fuß und chronische tiefsitzende Kreuzschmerzen mit Schmerzausstrahlung und Missempfindungen im Gesäß und linken Bein. Das Gericht folge der Bewertung von Dr. K., dass diese Störungen zu einer Minderbelastbarkeit der Lenden-/Beckenregion, vor allem unter statischen Bedingungen führe. Die Beurteilung, dass eine leichte Arbeit in wechselnder Körperhaltung (d. h. abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen) weiterhin zumutbar sei, sei unter diesen Umständen nachvollziehbar. Zusätzlich bestünden Funktionseinschränkungen der linken Schulter, des linken Ellenbogens und der linken Hand. Vor diesem Hintergrund sei gut nachzuvollziehen, dass der Klägerin kein Heben und Tragen schwerer Gegenstände, keine Überkopfarbeiten und keine Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Feingeschicklichkeit der linken Hand abverlangt werden könnten. Gleiches gelte auch - wegen der beginnenden Arthrose der Finger - für Arbeiten in nasskalter Umgebung. Insgesamt folge das Gericht der Beurteilung von Dr. K., dass bei Beachtung dieser Einschränkungen nichts gegen die Übernahme einer leichten Arbeit (bspw. als Bürogehilfin, auf einer Poststelle oder im Pförtner- oder Werkschutzdienst) im zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich spreche. Dem Gutachten von Prof. Dr. E. vermöge das Gericht hingegen nicht zu folgen. Die Feststellungen von Prof. Dr. E. deckten sich in orthopädischer Hinsicht weitgehend mit den Feststellungen von Dr. W. und Dr. K ... Prof. Dr. E. habe aber das von ihr angenommene lediglich vierstündige quantitative Leistungsvermögen nicht lediglich auf die in ihr Fachgebiet fallenden orthopädischen Erkrankungen gestützt, sondern ausdrücklich herausgestellt, dass sich die von ihr angenommene Leistungseinschränkung insbesondere auch unter Berücksichtigung der "subjektiven Beschwerden" und der "natürlich auch psychisch sehr starken" Belastungen rechtfertige. Für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens komme es aber auf die objektivierbaren (das heißt nachgewiesenen) körperlichen Funktionseinschränkungen an. Das Gericht verkenne überdies nicht, dass bei der Würdigung aller Umstände auch psychische Belastungen zu berücksichtigen seien. Im Falle der Klägerin seien aber keine psychischen Beschwerden von echtem Krankheitswert nachgewiesen. Die Klägerin befinde sich weder in nervenärztlicher Behandlung, noch habe Prof. Dr. E. entsprechende Befunde erhoben. Psychische Beeinträchtigungen könnten demgemäß nicht leistungsmindernd berücksichtigt werden. Das Gericht verkenne nicht, dass möglicherweise im Alltag bei der hauswirtschaftlichen Versorgung eines Mehrpersonenhaushalts erhebliche gesundheitsbedingte Einschränkungen bestünden. Bei den in einem Haushalt anfallenden Tätigkeiten handele es sich aber um mindestens mittelschwere Arbeiten, weshalb auf die Fähigkeit zur Verrichtung einer leichten Arbeit keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Das Gericht könne daher auch der Beurteilung von Dr. B. nicht folgen. Auch die Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, denn die Klägerin könne als zuletzt angelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.

Gegen dieses ihr am 02.04.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.04.2009 beim SG Berufung eingelegt und geltend gemacht, sie habe bereits ihre letzte leichte Tätigkeit mit lediglich vier Stunden am Tag aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Die Zeiten ihrer Krankschreibung seien länger gewesen als die ihrer Tätigkeit. Sie nehme ständig Schmerzmittel und habe sich nach der Untersuchung bei Dr. K. 14 Tage bis ca. drei Wochen vor Schmerzen fast gar nicht bewegen können.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. H ... Dieser ist in seinem Gutachten vom 08.09.2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin neurologisch eine segmentär partielle Schädigung sensibler Wurzeln L4-S1 rechts vorliege. Lumbalgien und reaktiv-depressive Stimmungsschwankungen würden glaubhaft geschildert. Eine eigentlich affektive Störung liege nicht vor. Im Ganzen, d.h. einschließlich der lebensgeschichtlichen Momente, ließe sich psychiatrisch am ehestens von einem Erschöpfungssyndrom (ICD-10 F 48.0) sprechen, dessen Ursachen nicht nur in den körperlichen Beschwerden lägen. Die Schmerzen würden glaubhaft geschildert, seien nicht simuliert, würden jedoch in der Untersuchungssituation akzentuiert. Die damit gegebenen Leistungseinbußen könnten aus eigener Kraft gemindert, aber nicht völlig überwunden werden. Weitere ambulante Physiotherapie, nach Anleitung auch in Eigeninitiative, sei angezeigt, stationäre Maßnahmen seien es hingegen nicht. Außerdem sei dringlich eine Reduktion des Körpergewichtes anzustreben. Eine Besserung des Ausgangszustandes sei innerhalb eines 1/2 Jahres nicht zu erwarten. Die Gründe lägen in der orthopädisch-neurologischen Restsymptomatik. Schmerzen und eingeschränkte Belastbarkeit der LWS minderten die Leistungsfähigkeit der Klägerin. Sie könne jedoch durchaus noch regelmäßig leichte körperliche Arbeit einschließlich Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg im Wechsel zwischen Stehen, Gehen, Sitzen ausüben, Letzteres sei bis zu einer Dauer von einer 3/4 Stunde möglich. Maßgebend für die Leistungsfähigkeit sei die orthopädische Situation. Psychische Störungen, die die Leistungsfähigkeit weiter beeinträchtigen würden, lägen nicht vor: Damit sei aus nervenärztlicher Sicht eine regelmäßige leichte Tätigkeit von nicht mehr als 5 Stunden/Tag ("3 bis weniger als 6 Stunden") an 5 Tagen der Woche zumutbar. Die Begründung der Einschränkungen ergebe sich aus den erhobenen Befunden. Es seien Extra-Pausen nach jeweils einer 3/4 Stunde vor allem bei Tätigkeiten im Sitzen angezeigt. Arbeitswege bis zu 500 m/20 Min. zu Fuß oder bis zu 1/2 Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Privat-Pkw seien zumutbar. Nach Art und Ursache der lumbalen Störungen (Lumbalgien, neurologische Störungen) bestehe die Leistungseinschränkung seit Antragstellung am 20.09.2005. Die Hauptbeschwerden seien bereits im ersten Gutachten vom Oktober 2005 angegeben worden. Abweichend von den orthopädisch-chirurgischen Gutachtern (Dr. L./Prof. Dr. E.) seien die Sensibilitäts- und Reflexstörungen im rechten Bein neurologisch eindeutig als segmentäre Wurzelschädigung (L4-S1) zu objektivieren. Psychiatrisch relevante Störungen lägen nicht vor.

Die Beklagte ist dem Gutachten entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, das Gutachten Prof. Dr. H. sei nicht geeignet, eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin nachzuweisen. Der erhobene Befund erstrecke sich lediglich auf eine Gutachtenseite und lasse keine wesentlichen Funktionseinschränkungen erkennen. Gemäß der Antwort zu Ziffer 4 lägen keine psychischen Störungen vor, die die Leistungsfähigkeit beeinträchtigten. Die Einschränkung des Leistungsvermögens aus nervenfachärztlicher Sicht auf 5 Stunden täglich sei bei diesem Sachverhalt weder nachvollziehbar noch in irgendeiner Weise begründet. Eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten Dr. K. sei ebenfalls nicht erfolgt.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. H ... Dieser hat in seinem Sachverständigengutachten vom 28.01.2011 angegeben, bei der Klägerin lägen folgende Gesundheitsstörungen vor: Schmerzhafte Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule bei massivem Bandscheibenverschleiß L5/S1 und fraglichem Wirbelgleiten Grad I nach Mayerding; funktionelle Schulter-Nackenschmerzen ohne objektivierbare neurologische Störungen; diskrete neurologische Defizite im rechten Bein nach Operation eines gutartigen Tumors rückenmarksnah lumbal; Knieschmerzen links innenseitig bei V.a. degenerativen Innenmeniskusschaden. Hieraus resultierten deutliche qualitative Einschränkungen. Bei einer vollschichtigen Tätigkeit an einem leidensgerechten Arbeitsplatz befürchte er aber weder eine richtungsweisende Verschlimmerung des bestehenden Krankheitsbildes (der diskreten neurologischen Störung im rechten Bein und des ausgeprägten Strukturschadens am lumbosakralen Übergang) noch befürchte er eine vermehrte Eigen- oder Fremdgefährdung. Einschränkungen in Bezug auf die Arbeitsdauer ließen sich allenfalls auf dem Boden der damit verbundenen Beschwerden rechtfertigen. Er selbst würde der Klägerin eine leidensgerechte Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich an 5 Tagen in der Woche zumuten. Für besondere Arbeitsbedingungen bestehe aus orthopädischer Sicht keine zwingende Notwendigkeit. Der Arbeitsplatz sollte modernen ergonomischen Gesichtspunkten genügen (moderner Bürostuhl, gegebenenfalls Stehpult um die Körperhaltung immer wieder verändern zu können). Die Klägerin sei nach eigener Einschätzung wie auch nach seiner Auffassung in der Lage, die üblichen Wegstrecken 4x arbeitstäglich in unter 20 min zurückzulegen. Darüber hinaus könne sie selbständig Auto fahren und öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Im Zentrum der Leistungseinschränkungen stünden die Schmerzen in der Lendenwirbelsäule. Diese bestünden offenbar seit Ende 1989. Die übrigen Beschwerden hätten sich im weiteren Verlauf hinzugesellt. Gegenüber dem Vorgutachten von Prof. Dr. E. vom 12.02.2007 ergäben sich leichte Meinungsdifferenzen. Er bewerte aufgrund desselben medizinischen Sachverhalts die berufliche Belastbarkeit der Klägerin etwas optimistischer. Er würde ihr etwas höhere Lasten und Gewichte gelegentlich zumuten. Darüber hinaus sehe er keine Rechtfertigung, warum die tägliche Arbeitszeit auf maximal 4 Stunden täglich begrenzt werden sollte. Die Begründung (" ... aufgrund der o.g. körperlichen und seelischen Funktionseinschränkungen") überzeuge nach seiner Auffassung nicht. Im seelischen Bereich sei von Fachärzten keine massive Einschränkung festgestellt worden (Gutachten von Prof. Dr. H. vom 08.09.2009, LSG-Akte B. 19ff.). Die körperlichen Beschwerden seien nach eigener Einschätzung nicht ausreichend, um eine so gravierende Einschränkung zu rechtfertigen. Er weise darauf hin, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Hausfrau und Pflegemutter sicherlich Belastungen unterworfen sei, die mindestens als leicht bis gelegentlich mittelschwer einzuordnen seien. Diese Belastungen mute sie sich im privaten Umfeld und im Zusammenhang mit ihrer geringfügigen Beschäftigung mindestens 6 Stunden pro Tag und mehr zu. Gegenüber dem Vorgutachten von Dr. K. vom 05.03.08 (SG-Akte B. 88ff) ergäben sich keine relevanten Meinungsunterschiede im Zusammenhang mit der Bewertung des beruflichen Restleistungsvermögens der Klägerin. Gegenüber dem neurologisch-psychiatrischen Vorgutachten von Prof. Dr. H. ergäben sich wieder leichte Meinungsdifferenzen im Hinblick auf die noch möglichen Tätigkeiten. Er selbst würde der Klägerin keine Gewichtsgrenze über 5 kg verordnen. Darüber hinaus sehe er keine überzeugende Begründung dafür, warum sie nicht mehr in der Lage sein sollte, wenigstens 6 Stunden täglich eine leidensgerechte Tätigkeit zu verrichten. Wenn man ihre Hausarbeit und die geringfügige Beschäftigung zeitlich zusammenfasse, arbeite sie faktisch mehr als 6 Stunden, ohne dass er den Eindruck habe, als wenn sie sich dadurch gesundheitlich überfordern würde.

Die Klägerin ist der Beurteilung des Sachverständigen entgegengetreten. Sie hat über ihr Leben berichtet und die Belastungen, denen sie ausgesetzt war. Im Wesentlichen macht sie weiterhin geltend, dass sie aufgrund ihrer heftigen Schmerzen keiner Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr nachgehen könne. Neben der ständigen Schmerzbelastung benötige sie Pausen, in denen sie sich hinlegen oder die Beine hoch legen können müsse. Auch müsse sie nach einer Wegstrecke von 200 bis 250 m stehen bleiben oder sich kurz hinlegen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg und den Bescheid vom 17.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.07.2006 aufzuheben, sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Mit Verfügung vom 31.03.2011 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat in Betracht ziehe, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Klägerin, die nochmals eingehend geschildert hat, dass sie sich aufgrund der Schmerzen, die auch ihren Schlaf beeinträchtigten, nicht in der Lage sehe, sechs Stunden täglich zu arbeiten, wurde mit Verfügung vom 11.05.2011 nochmals darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Beschluss entsprechend der Verfügung vom 31.03.2011 weiterhin beabsichtigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte sowie zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben hat, gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Im Streit steht die Gewährung von Erwerbsminderungsrente für mehr als ein Jahr.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.07.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Erwerbsminderungsrente.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1). Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI) und unter Zugrundelegung eines zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung eingetretenen Leistungsfalls - die erforderliche Drei-Fünftel-Belegung mit Pflichtbeiträgen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lagen nach den Feststellungen der Beklagten aufgrund des vorlegten Versicherungsverlaufs, denen der Senat folgt, bei der Klägerin hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge noch bis Mai 2009 vor.

Die Klägerin ist nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung voll erwerbsgemindert. Für die Zeit bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens ergibt sich dies aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung. Auf die Gründe des angegriffenen Urteils nimmt der Senat daher Bezug und sieht insoweit von einer eigenen Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Die erstinstanzliche Entscheidung wurde durch das im Berufungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. H., dem der Senat folgt, bestätigt. Dieser hat zusammenfassend dargelegt, dass die Klägerin aus orthopädischer Sicht vor allen Dingen unter chronischen Rückenschmerzen leide. Die Beschwerden hätten in der Lendenregion relativ abrupt im Jahr 1989 begonnen und innerhalb weniger Monate deutlich zugenommen. Zusätzlich sei es zu Gefühlsstörungen und Muskelschwächen in den unteren Gliedmaßen gekommen. Als Ursache dieser Störungen sei ein gutartiger Tumor rückenmarksnah diagnostiziert und 1990 operativ entfernt worden. Es habe ungefähr 2 Jahre lang gedauert, bevor die neurologischen Störungen sich soweit zurückgebildet hätten, dass sie wieder selbständig ohne Hilfsmittel mobil gewesen sei. In den folgenden Jahren hätten die neurologischen Störungen noch weiter abgenommen. Es sei aber dauerhaft eine Gefühlsstörung im rechten Bein innenseitig verblieben. Darüber hinaus gebe sie an, dass sie bis zum heutigen Tage unter Belastung schneller ermüde, besonders im rechten Bein. Während sich die neurologischen Defizite nach der Operation gut zurückgebildet hätten, sei ein chronisches belastungsabhängiges Schmerzsyndrom in der unteren Lendenregion geblieben. Aktuell habe sie einen variablen Dauerschmerz in der unteren Lendenregion mit Ausstrahlung in die Beckenkämme. Dieser Dauerschmerz werde durch mechanische Belastung (s.o. "Funktionelle Anamnese") noch verstärkt. Seit ungefähr 8 — 10 Jahren habe die Klägerin zusätzlich noch variable Schmerzen in der Schulter-Nackenregion mit gelegentlichen vorübergehenden kribbelnden Missempfindungen in beiden Händen und Unterarmen, besonders nachts und tagsüber bei Überkopfarbeiten. Von den Rückenschmerzen abgesehen habe sie auch noch phasenweise auftretende Schmerzen in den Fingergrundgelenken. Darüber hinaus habe sie seit einigen Monaten Schmerzen im linken Knie innenseitig. Im Rahmen der Untersuchung habe sich ein etwas langsames aber sicheres Gangbild mit diskretem variablem Hinken mal rechts, mal links gezeigt. Der Rumpf werde zu keinem Zeitpunkt vollständig aufgerichtet. Die Klägerin stehe immer in einer Rumpfvorneigung von 10°-15° mit leichten Hüft- und Kniebeugungen. Beugung und Seitneigung sowie Drehbewegungen in der Lendenregion seien deutlich eingeschränkt, endgradig offenbar schmerzhaft. Die Rumpfmuskulatur sei von oben nach unten zunehmend verspannt und teilweise druckempfindlich. In entspannter Bauchlage lösten sich die Verspannungen aber großteils. Manualmedizinisch hätten sich mehrere Blockierungen im Bereich der Brustwirbelsäule und 2 Blockierungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie eine Kreuzdarmbeingelenksblockierung links mit sekundärer schmerzhafter Verhärtung der Gesäßmuskulatur links gefunden. Im Rahmen der orientierenden neurologischen Untersuchung der oberen Gliedmaßen habe es keine Zeichen einer Nerven- beziehungsweise Nervenwurzelschädigung gegeben. Der Muskelspannungszustand sei seitengleich intakt, die Muskulatur sei nicht erkennbar verschmächtigt, es fänden sich keine eindeutigen Kraftminderungen. Gefühlsstörungen würden zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht angegeben. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich mittellebhaft. Die Nervendehnungszeichen (Lasègue-Zeichen) seien beidseits negativ. Bei der Untersuchung der unteren Gliedmaßen sei aufgefallen, dass die Sensibilität im rechten Bein innenseitig offenbar reduziert sei (Angabe der Klägerin). Darüber hinaus lasse sich der rechte Patellarsehnenreflex nicht auslösen, während er links schwach auslösbar sei. Die Fußreflexe seien seitengleich nicht auszulösen. Bei der orthopädischen Untersuchung der oberen Gliedmaßen finde sich kein wesentlicher pathologischer Befund. Insbesondere fänden sich keine Zeichen einer relevanten Erkrankung der Hand- oder Fingergelenke. Auch bei der Untersuchung der unteren Gliedmaßen fänden sich keine Zeichen einer relevanten Gelenkschädigung oder sekundärer Weichteilschäden. Die vorgelegten Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule zeigten nach eigener Einschätzung einen altersentsprechenden Normalbefund ohne Krankheitswert (diskrete bis mäßiggradige Verschleißerscheinungen in den beiden unteren Etagen). Im Bereich der Lendenwirbelsäule zeigten sich kernspintomographisch 2006 massive Verschleißerscheinungen im Segment L5/S1 möglicherweise in Verbindung mit einem diskreten Wirbelgleiten. Eine Röntgenaufnahme des linken Kniegelenks in 2 Ebenen zeige keinen pathologischen Befund. Eine Röntgenaufnahme der rechten Hand vom Januar 2011 zeige ebenfalls keinen pathologischen Befund. Auf dieser Grundlage kommt der Sachverständige zu der Beurteilung, dass sich die Gefühlsstörungen im rechten Bein und die rasche Ermüdbarkeit aus orthopädisch gutachterlicher Sicht problemlos auf den Tumor und die zurückliegende Tumoroperation zurückführen ließen. Es finde sich objektiv hier auch ein Patellarsehnenreflexverlust. Eine offenkundige Muskelschwäche oder gar Lähmung finde sich dagegen nicht. Die Beschwerden der Lendenwirbelsäule ließen sich problemlos auf dem Boden eines massiven Bandscheibenverschleißes L5/S1 mit fraglichem diskretem Wirbelgleiten erklären. Die Beschwerden in der Nackenregion und in den Schultern seien nicht überzeugend auf gravierende Strukturschäden in der Halswirbelsäule zurückzuführen. Das Ausmaß der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule sei altersentsprechend. Sie ließen sich dagegen auf umfassende funktionelle Störungen zurückführen, insbesondere zahlreiche Blockierungen im Bereich der Brustwirbelsäule und der Halswirbelsäule und ausgeprägte sekundäre Verspannungen der Rumpfmuskulatur. Diese funktionellen Störungen, die prinzipiell therapierbar seien, könnten die Beschwerdesymptomatik hinreichend begründen. Anzeichen einer gravierenden Fingergelenkserkrankung könne er im Rahmen der heutigen Begutachtung nicht erkennen. Die Kniebeschwerden links könnten auf eine Innenmeniskusläsion zurückzuführen sein.

Vor dem Hintergrund dieser ausführlichen und schlüssigen Würdigung des aufgrund einer eingehenden Untersuchung und Anamnese erhobenen Befunds hält der Senat auch die vom Sachverständigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen für nachvollziehbar und überzeugend. Hierzu hat der Sachverständige dargelegt, aufgrund der deutlichen Strukturschäden im lumbosakralen Übergang könne die Klägerin dauerhaft nur noch leichte bis gelegentlich kurzfristige mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Gelegentliches kurzfristiges Heben und Tragen von Lasten bis 12 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung beziehungsweise bis 5 kg in Rumpfvor- oder Seitneigung erschiene unbedenklich. Langes Verharren in Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule sollte vermieden werden. Gelegentliches kurzfristiges Bücken sei möglich. Die Körperhaltung sollte zwischen Sitzen, Gehen und Stehen abgewechselt werden, wobei auf einem guten Bürostuhl eine Sitzphase von 45 min Dauer mehrfach arbeitstäglich ebenso unbedenklich erscheine wie Steh- und Gehphasen von jeweils etwa 30 min Dauer. Im Stehen sollte die Klägerin die Möglichkeit haben, gelegentlich einige Schritte umherzugehen. Das regungslose längere Stehen auf einem Fleck (über Minuten hinweg) sei nicht mehr leidensgerecht. Arbeiten auf vibrierenden Maschinen sollten nicht mehr abverlangt werden. Im Hinblick auf die Schulter-Nackenbeschwerden und die lumbalen Beschwerden sollten keine mechanisch belastenden längeren Überkopfarbeiten verrichtet werden müssen. Ein gelegentlicher kurzer Griff nach oben, beispielsweise um einen Aktenordner aus einem Regal zu holen, sei unbedenklich. Im Hinblick auf die aktuellen Kniebeschwerden links sollte die Klägerin keinen besonderen Kniebelastungen unterworfen werden (Arbeiten in der Hockstellung oder im Knien, Stehen und Gehen auf sehr unebenem oder rutschigem Gelände. Besteigen von Leitern und Gerüsten, Sprungbelastungen). Im Sitzen sollte die Klägerin die Möglichkeit haben, nach Belieben die Beine auszustrecken. Im Zusammenhang mit den angegebenen Fingergelenksbeschwerden ergäben sich keine darüber hinaus reichenden Einschränkungen.

In gleicher Weise teilt der Senat aber auch die überzeugende Einschätzung des Sachverständigen, dass die Klägerin unter Beachtung der genannten Einschränkungen noch sechs Stunden täglich an fünf Tagen unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig sein kann. Die genannten qualitativen Einschränkungen tragen den festgestellten funktionalen Beeinträchtigungen und dem chronischen belastungsabhängigen Schmerzsyndrom Rechnung. Eine darüber hinausgehende zeitliche Einschränkung aufgrund chronischer Beschwerden hält auch der Senat für nicht feststellbar. Ebenso wie der Sachverständige ist der Senat der Ansicht, dass sich eine solche Einschränkung schon angesichts ihrer tatsächlichen Aktivitäten nicht annehmen lässt. Der Sachverständige Dr. H. hat eine ausführliche Anamnese erhoben, aus der sich ergibt, dass die Klägerin in den vergangenen Jahren immer wieder Kinder bis zum Schulalter als Tagesmutter betreut hat. Aktuell betreute sie 4 Kinder im Alter von 3 — 7 Jahren, zwei Mädchen von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr, einen Jungen von 15.00 bis 19.00 Uhr und ein Mädchen von 17.00 bis 19.00 Uhr. Nach ihren Angaben benötigten die Kinder keine Windeln mehr. Sie bereite für die beiden Mädchen eine warme Mittagsmahlzeit zu. Zum Tagesablauf hatte sie gegenüber dem Sachverständigen angegeben, sie stehe in der Regel zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr auf. Danach lese sie nicht selten etwa 1/2 — 1 Stunde lang eine Tageszeitung. Manches Mal schaue sie fern. Darüber hinaus bereite sie meist ein Frühstück für ihren Sohn zu. Den Vormittag verbringe sie dann meist gemeinsam mit ihrem Ehemann mit Hausarbeiten und gelegentlichen Einkäufen sowie der Zubereitung einer warmen Mittagsmahlzeit. Nach dem Mittagessen werde die Küche aufgeräumt. Anschließend kümmere sie sich um ihre Pflegekinder. Sie bastele mit ihnen, sie male mit ihnen und sie erzähle ihnen Geschichten und sie spiele mit ihnen. Die Abendstunden verbringe sie meist zuhause. Gegen Mitternacht gehe sie üblicherweise zu Bett.

Damit ist festzustellen, dass die Klägerin, die zusammen mit ihrem Ehemann einen drei Personen Haushalt in einer 100qm großen Wohnung versorgt, sich trotz ihrer Beschwerden in der Lage sieht, zusätzlich sechs Stunden täglich kleine Kinder zu betreuen. Die Verantwortung, die sie damit übernommen hat, zeigt, dass sie einer sechsstündigen Tätigkeit auch nach ihrer eigenen Einschätzung regelmäßig nachkommen kann. Hinzukommt, dass die Klägerin jedenfalls schon seit Mai 2004 Kinder hauptberuflich selbständig betreut und hierfür den grundsätzlich auf höchstens drei Jahre befristeten Existenzgründungszuschuss bis April 2007 erhalten hat. Nachdem sie nach ihren Angaben am 21.01.2011 gegenüber Dr. H. diese Tätigkeit auch anschließend fortgesetzt (sie habe in den vergangenen Jahren immer wieder Kinder bis zum Schulalter als Tagesmutter betreut) und sich nicht mehr arbeitslos gemeldet hat, dürfte von einer erfolgreichen Existenzgründung auszugehen sein. Die Betreuung kleiner Kinder geht auch über eine leichte Tätigkeit hinaus. Auch wenn diese nicht mehr gewickelt werden müssen, benötigen jedenfalls die jüngeren noch Hilfe beim Essen, Waschen und Toilettengang. Auch das Beschäftigen und Spielen mit den Kindern ist durchaus als beanspruchend zu bewerten. Wenn die Klägerin sich aber den mit einer solchen Betreuung verbundenen Anforderungen zunächst von Mai 2004 bis April 2007 im Rahmen einer geförderten Existenzgründung gewachsen sah, und diese Tätigkeit erfolgreich neben den hierdurch ebenfalls vermehrten häuslichen Aufgaben auf sich genommen und zuletzt in einem Umfang von sechs Stunden täglich fortgesetzt hat, spricht nichts dafür, dass eine sechsstündige leichte abhängige Beschäftigung für sich gesehen, ihr schon nicht mehr zumutbar sein könnte. Wenn sie nun mit Schreiben vom 21.02.2011 vorträgt, dass sie ab sofort nur noch zwei Kinder zwei Stunden täglich betreue, ändert dies an der sich aus dem Dargelegten ergebenden Einschätzung nichts. Eine akute Verschlechterung innerhalb eines Monats nach der Begutachtung hat die Klägerin als Grund für die Einschränkung ihrer Betreuungstätigkeit selbst nicht angegeben, hierauf kommt es, nachdem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, zudem auch nicht mehr an.

Das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. H. kann vor diesem Hintergrund nicht überzeugen. Wie die Beklagte und insbesondere Dr. H. überzeugend ausgeführt haben, fehlt es im Gutachten von Prof. Dr. H. an einer Begründung dafür, warum die Klägerin nicht mehr in der Lage sein sollte, wenigstens sechs Stunden täglich eine leidensgerechte Tätigkeit zu verrichten. Der Verweis auf die erhobenen Befunde reicht nicht aus, zumal er auf psychiatrischem Fachgebiet keine gravierenden Erkrankungen mitgeteilt und die Leistungsfähigkeit einschränkende Störungen insoweit ausgeschlossen hat. Auf neurologisch-orthopädischem Gebiet hat er über die von Dr. H. festgestellten Funktionseinschränkungen hinaus keine weiteren mitgeteilt. Insoweit hat er sich aber anders als dieser nicht näher damit auseinandergesetzt, in welcher Weise diesen ausreichend im Rahmen qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden kann. Es fehlt dementsprechend eine Erklärung dafür, dass die Klägerin auch eine leidensgerechte Tätigkeit nur noch fünf, aber nicht mehr sechs Stunden täglich ausüben können sollte. Im Übrigen hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. H. am 13.08.2009 bezüglich ihrer beruflichen Situation zumindest irreführende Angaben gemacht, als dort wiedergegeben wird, dass sie seit drei Jahren nicht mehr gearbeitet, sich aber auch nicht arbeitslos gemeldet hat. Entsprechendes gilt für ihre Angabe vor der Sachverständigen Prof. Dr. E. am 12.02.2007, die davon ausgegangen ist, dass die Klägerin bereits seit zwei Jahren nicht mehr – auch nicht als selbständige Kinderpflegerin - berufstätig sei, sondern diese Tätigkeit habe aufgeben müssen, was (wie sich aus ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 25.06.2007 ergibt) auch maßgeblich für ihre Leistungsbeurteilung war. Wie dargelegt hat die Klägerin jedoch in einem die Arbeitslosigkeit ausschließenden Umfang selbständig gearbeitet und bis einschließlich April 2007 hierfür Förderungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch genommen.

Der Senat verkennt ebenso wie Dr. H. nicht, dass die Klägerin unter chronischen belastungsabhängigen Schmerzen erheblich leidet. Es kommt jedoch im Rentenverfahren auch bei Schmerzen wie bei anderen gesundheitlichen Beschwerden, die unterschiedlich kompensiert und toleriert werden, darauf an, in welcher Weise sie letztlich die Leistungsfähigkeit im Einzelfall beeinträchtigen. Nach Überzeugung des Senats führen, wie dargelegt, auch die Schmerzen bei der Klägerin nicht dazu, dass ihre Belastbarkeit zeitlich weniger als sechs Stunden beträgt, wenn die Tätigkeit als solche ihren Beschwerden Rechnung trägt, d.h. leidensgerecht ist. Denn die Klägerin, die nach ihren Angaben gegenüber Dr. H. – trotz der Schmerzen und der hierdurch bedingten Schlafstörungen - lediglich bei Bedarf Ibuprofen und zweimal wöchentlich ein entzündungshemmendes Schmerzmedikament einnimmt, ist, wie dargelegt, in der Lage mit diesen Schmerzen einen aktiven Alltag, der regelmäßig zwischen 5 und 6 Uhr beginnt und ohne dass sie üblicherweise am Tag nochmals schläft - regelmäßig erst um Mitternacht mit dem Zubettgehen endet, einschließlich regelmäßiger beruflicher Kinderbetreuung zu gestalten.

Der Senat geht insoweit davon aus, dass die Klägerin jedenfalls leichte körperliche Arbeiten mit der Möglichkeit des Haltungswechsels, ohne Akkordarbeit, Nachtarbeit und Wechselschichten, noch sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Diese qualitativen Einschränkungen begründen nicht die Notwendigkeit der Benennung einer Verweisungstätigkeit. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 2001 gültigen Rechtslage auch bei noch vollschichtiger Leistungsfähigkeit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 sowie Entscheidungen des BSG vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr. 17, vom 24. März 1998 - B 4 RA 44/96 R -, vom 25. März 1998 - B 5 RJ 46/97 R - und vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R - SozR 3-2600 § 44 Nr. 12 jeweils veröffentlicht in Juris). Überträgt man diese Rechtsprechung auf die Frage des Vorliegens voller Erwerbsminderung, führt dies hier zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Bei der Klägerin lag weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die ihr Leistungsvermögen in einer zur Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anlass gebenden Weise einschränken. Einer Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht. Die Möglichkeit eines regelmäßigen Haltungswechsels ist eine regelmäßige Anforderung bei Vorliegen orthopädischer Leiden. Dieser kann in vielen Tätigkeitsbereichen Rechnung getragen werden.

Die Klägerin ist auch nicht in der Wegefähigkeit eingeschränkt. Selbst wenn sie nach 200 oder 250m kurz stehen bleiben muss, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr Gehvermögen in einer Weise eingeschränkt sein könnte, dass sie eine Strecke von 500m nicht in einer Zeit von unter 20min viermal täglich bewältigen könnte. Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Wegefähigkeit lassen sich den vorliegenden Gutachten nicht entnehmen. Die Klägerin kann auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Unabhängig hiervon fährt sie auch selbständig einen ihr zur Verfügung stehenden Pkw.

Für den Senat steht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens von Dr. H. auch fest, dass die Klägerin keine betriebsunüblichen Pausen benötigt.

Letztlich liegen damit auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht vor, da die Klägerin, die sich von ihren erlernten Beruf nicht krankheitsbedingt gelöst, wie das SG zutreffend ausgeführt, zuletzt ungelernte oder allenfalls angelernte Tätigkeiten im unteren Bereich ausgeübt und damit auf sämtliche Tätigkeiten des Arbeitsmarkts verweisbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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