L 5 R 5487/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 4857/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5487/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.10.2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 4.897,94 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob die am 09.08.2010 eingelegte Klage der Antragstellerin gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin aufschiebende Wirkung entfaltet.

In der Zeit vom 03.11.2008 bis 23.07.2009 führte ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV durch. Mit Bescheid vom 04.02.2010 stellte die Antragsgegnerin nach Anhörung vom 23.07.2009 fest, dass für E.S. vom 08.04.2006 bis 31.10.2008 Sozialversicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung bestand und machte eine Nachforderung für Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz/Aufwendungsausgleichgesetz in Höhe von insgesamt 19.591,76 EUR geltend.

Hiergegen legte die Antragstellerin am 24.02.2010 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2010 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Das Aussetzungsverfahren sei abgeschlossen. Für die Zeit der Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids sei die Beitragsforderung mit 4 v. H. zu verzinsen. Der angefochtene Bescheid selbst sei nicht zu beanstanden.

Am 09.08.2010 erhob die Antragstellerin Anfechtungsklage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart (Az.: S 13 R 4858/10) und stellte hilfsweise den Antrag, den Widerspruchsbescheid hinsichtlich der angeordneten Verzinsung im Hinblick auf die Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids aufzuheben.

Weiterhin begehrte die Antragstellerin am 09.08.2010 beim SG vorläufigen Rechtsschutz mit dem Antrag, festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat, hilfsweise die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 04.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2010 anzuordnen. Zur Begründung hat sich die Antragstellerin im Wesentlichen darauf berufen, dass ausweislich der Gesetzbegründung zu § 7a Abs. 7 SGB IV nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich auch Widerspruch und Klage gegen Statusentscheidungen außerhalb des Anfrageverfahrens aufschiebende Wirkung entfalten sollten.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat Bezug auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16.03.2010 (Az.: L 5 R 21/10 B-ER) genommen.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 21.10.2010 abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellung einer bestehenden aufschiebenden Wirkung sei schon logisch in den zentralen Normen des einstweiligen Rechtsschutzes § 86a, b Sozialgerichtsgesetz (SGG) enthalten, weshalb der Antrag zulässig sei. Der Antrag sei jedoch nicht begründet. Die eingelegte Klage der Antragsgegnerin vom 09.08.2010 habe wegen § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung, auch nicht gemäß § 7a Abs. 7 SGB IV. Eine Nichtanwendbarkeit der letztgenannten Norm ergebe sich etwa aus den Gründen der Entscheidungen des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16.03.2010 (Az.: L 5 R 21/10 B-ER) sowie des LSG Baden-Württemberg vom 11.05.2010 (Az.: L 11 KR 1125/10 ER-B). Danach betreffe die Vorschrift des § 7a Abs. 7 SGB IV, die als speziellere Regelung für ihren Anwendungsbereich der Bestimmung in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG vorgehe, nur Statusentscheidungen, die nach § 7a Abs. 1 Satz 1, Absatz 4 Satz 1 SGB IV ergangen seien. Diese zentrale Aussage der Entscheidung sei nicht an Fragen der sog. Schwarzarbeit o.ä. des dortigen Ausgangsfalls gebunden. Vielmehr sei dort festgehalten: "Nach Absatz 2 Nr. 1 des § 86a SGG entfällt jedoch die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Die Regelung dient der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Leistungsträger der Sozialversicherung (vgl. BT-Drs. 14/5943, S 25). Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide der Rentenversicherungsträger, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28p SGB IV nach einer Prüfung beim Arbeitgeber ergehen (ebenso BayLSG, Beschluss vom 16.03.2010, L 5 R 21/10 B ER). Dieser Auslegung steht die Vorschrift des § 7a Abs. 7 SGB IV, die als speziellere Regelung für ihren Anwendungsbereich der Bestimmung in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG vorgeht, nicht entgegen. Nach der genannten Vorschrift haben Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, aufschiebende Wirkung. Diese Regelung betrifft nur Statusentscheidungen, die nach § 7a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 SGB IV ergangen sind (Beschluss des LSG BW vom 6. Mai 2010, L 11 R 1806/10 ER-B; Pietrek in: jurisPK-SGB IV, § 7a RdNr. 129 f.; BayLSG, aaO)". Die Besonderheiten des Betriebsprüfungsverfahrens dürften daher nicht eingeebnet werden hin zu einer Gleichbehandlung mit aus eigener Initiative eingeleiteten Statusanfragen. Soweit § 7a Abs. 7 SGB IV bestimme, dass Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliege, aufschiebende Wirkung hätten, beschränke sich der Anwendungsbereich dieser als speziellere Regelung dem § 86a SGG vorgehenden Regelung ausschließlich auf von den Beteiligten des (Arbeits-)Vertragsverhältnisses initiierte Statusentscheidungen gemäß § 7a Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 SGB IV (LSG Baden-Württemberg, aaO). Der ursprüngliche Hilfsantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei nicht mehr aufrechterhalten worden. Er wäre nach derzeitigem Stand zudem ebenfalls erfolglos. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs aufgrund von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG sei nach Ansicht des LSG Baden-Württemberg anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen (Beschluss des LSG BW vom 6. Mai 2010, L 11 R 1806/10 ER-B). Vortrag zur wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin im Falle einer Vollziehung sei nicht erfolgt und Nachweise nicht vorgelegt worden. Im Übrigen seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, vorliegend vom gesetzlichen Regelfall abzuweichen. Im Rahmen einer summarischen Prüfung ergebe sich derzeit auch keine Beanstandung der in der Hauptsache angefochtenen Bescheide. Deren vollständige Überprüfung bleibe vielmehr dem umfassenden Prüfungsrahmen der Hauptsache vorbehalten (vgl. LSG Baden-Württemberg, aaO). Nach dem Inhalt der aktenkundigen Unterlagen sei die Kammer der Ansicht, dass die Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin rechtmäßig, zumindest nicht offensichtlich rechtswidrig sein dürfte. Dass die Vollziehung eine unbillige, nicht von dem überwiegenden öffentlichen Interesse gebotene Härte zur Folge haben würde, sei von Seiten der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht worden und lasse sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.

Gegen diesen ihr am 27.10.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 26.11.2010 Beschwerde beim SG eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass im vorliegenden Fall § 7a Abs. 7 SGB IV anzuwenden sei. Nicht zuletzt ergebe sich aus der Gesetzesbegründung ohne Weiteres, dass die fraglichen Regelungen auch für Statusentscheidungen außerhalb des Anfrageverfahrens gelten sollten. Hieran habe sich auch nichts geändert. Im Übrigen ergebe sich dies auch aus der Formulierung des § 7 a Abs. 7 SGB IV. Dort sei keineswegs die Rede von "Entscheidungen im Anfrageverfahren" oder dergleichen, sondern werde allgemein gesprochen von "Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt". So werde dies abgesehen von der bereits zitierten Kommentarstelle beispielsweise auch vom Hessischen LSG in seinem Beschluss vom 12.05.2010 - L 8/14 KR 110/04 ER - gesehen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.10.2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Klage gegen den Bescheid vom 04.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2010 aufschiebende Wirkung hat.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, das Hessische LSG habe den "Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung" abgelehnt, weil in dem Verfahren keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vorgetragen worden seien. In einem "obiter dictum" habe das LSG darauf hingewiesen, dass kein Rechtsschutzbedürfnis bestünde, weil § 7 a Abs. 7 SGB IV auch für andere Entscheidungen als Statusentscheidungen im Rahmen eines Anfrageverfahrens gelten würde. Der Hinweis auf den vorgenannten Beschluss des Hessischen LSG ändere nichts an der Rechtsauffassung der Beschwerdegegnerin. Das SG Stuttgart habe in den Entscheidungsgründen die zutreffende Rechtsauffassung des Bayerischen LSG und des LSG Baden-Württemberg benannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Beschwerdeverfahrens, die Gerichtsakten des SG S 13 R 4857/10 ER, S 13 R 4858/10 und die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetzt (SGG) beim Sozialgericht (SG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist sie gemäß § 72 Abs. 3 Nr. 1 SGG statthaft, da der Beschwerdewert mit 19.591,76 EUR den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR bei weitem übersteigt.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat jedoch keinen Erfolg. Das SG hat den Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Feststellung der Versicherungspflicht und die Beitragsnachforderung in Höhe von 19.591,76 EUR im Bescheid vom 04.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2010 mit zutreffender Begründung abgelehnt. Das SG hat insbesondere zu Recht den Anspruch auf vorläufigen Rechtsschutz allein nach § 86a SGG beurteilt. § 7a Abs. 7 SGB IV kommt weder nach seinem Wortlaut noch nach seiner systematischen Stellung bei Entscheidungen der Rentenversicherungsträger nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV zur Anwendung und wird durch die zeitlich später erfolgte umfassende Regelung des vorläufigen Rechtsschutzes in § 86a, 86b SGG auf Statusfeststellungen nur nach § 7a Abs. 1 SGB IV beschränkt. Der Senat schließt sich insoweit ausdrücklich dem 11. Senat des LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 06.05.2010 - L 11 R 1806/10 ER-B und vom 11.05.2010 - L 11 KR 1125/10 ER-B und dem Bayerischen Landessozialgericht Beschluss vom 16.03.2010 - L 5 R 21/10 B-ER an (vgl. auch: Pietrek in: jurisPK-SGB IV, § 7a Rn. 140 ff.; a.A. LSG Hamburg, Beschluss vom 25.10.2000 - L 3 B 80/00 ER -; Hessisches LSG, Beschluss vom 12.01.2005 - L 8/14 KR 110/04 -; ebenso aber mit Ausnahme von Feststellungen nach § 28p SGB IV: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 05.11.2008 - L 16 B 7/08 R ER - und vom 07.07.2008 – L 16 B 30/08 KR ER - veröffentlicht in Juris; KassKomm-Seewald, Sozialversicherungsrecht, Stand August 2008, § 7a SGB IV Rn. 24; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86a Rn. 13b). Dies ergibt sich aus Folgendem:

Die Beklagte hat vorliegend auf Grund einer Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV einen Bescheid nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen. Nach der letztgenannten Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Um eine solche kombinierte Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung handelt es sich hier. Im Vordergrund steht zwar die Nachforderung von 19.591,76 EUR, der weit überwiegende Teil der Begründung des hier streitigen Bescheides vom 04.02.2010 beschäftigt sich aber mit der Frage, ob der E. S. in der Zeit vom 08.04.2006 bis 31.10.2008 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Schließlich wird gegen Ende des Bescheides festgestellt, dass Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bestand. Des Gleichen wurde festgestellt, dass der E. S. in der Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig war.

Die Besonderheit des vorliegenden Bescheides nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV liegt darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam entschieden wird. Dies unterscheidet das Nachprüfverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Dort geht der Statusfeststellung regelmäßig zuerst ein Antrag voraus, die Entscheidung über die Beitragshöhe wird erst nach rechtskräftiger Abklärung der Versicherungspflicht getroffen (§ 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV). Bei der vorliegend erfolgten Entscheidung über Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung lassen sich die Entscheidung über die Versicherungspflicht und die Beitragsnachentrichtung hinsichtlich ihres Sofortvollzuges aber nicht voneinander trennen, wie dies bei den anderen Statusfeststellungsverfahren nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV auf Grund der zeitlichen Abfolge möglich ist. Weder kann die aufschiebende Wirkung der Feststellung der Versicherungspflicht angeordnet, die Beitragsnachforderung aber für sofort vollziehbar erklärt werden, noch kann umgekehrt von einem Sofortvollzug der Versicherungspflicht ausgegangen, der Beitragsnachforderung aber aufschiebende Wirkung zuerkannt werden.

Die hier vorgenommene Auslegung des Bescheids vom 04.02.2010 als kombinierte Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitragsnachforderung und die sich daraus ergebende Einheitlichkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes harmoniert auch am ehesten mit den Grundsätzen über die Beitragspflicht. Die Beitragspflicht, die Grundlage der Beitragsforderung ist, ergibt sich nämlich grundsätzlich aus der Sozialversicherungspflicht, die eine besondere Feststellung nicht voraussetzt. Sie tritt ein, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (Wietek in LPK-SGB IV, § 2 Rn. 4; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 2 SGB IV Rn. 5). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Deren Begründung durch einen Verwaltungsakt bedarf es daher nicht. Entsprechende Verwaltungsentscheidungen der Einzugsstelle oder des Rentenversicherungsträgers haben insoweit lediglich eine deklaratorische Wirkung (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 29.04.2009 - L 5 KR 79/08 -, veröffentlicht in juris). Besteht Streit um die Versicherungspflicht, besteht zugleich auch Streit um die Beitragshöhe, wird die Verpflichtung zur Beitragsentrichtung in Frage gestellt, geht dies nur über eine Infragestellung der zu Grunde liegenden Sozialversicherungspflicht. Insoweit ist es sachgerecht, vorläufigen Rechtsschutz nach § 86 a SGG in Bezug auf die Versicherungspflicht und die Verpflichtung zur Beitragsnachzahlung einheitlich zu treffen. Hierfür kommt aber allein als Anspruchsgrundlage § 86a SGG in Betracht.

Nach dieser Vorschrift haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch nach Abs. 2 Nr. 1 bei Entscheidungen über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Der vorliegende Bescheid vom 04.02.2010 lässt sich zwanglos unter dem Begriff der Entscheidung über Versicherungs- und Beitragspflichten subsumieren, was dazu führt, dass der Bescheid vom 04.02.2010 mit seiner Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachforderung kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt § 7 a Abs. 7 SGB IV vorliegend nicht zur Anwendung. Nach dieser Vorschrift haben Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, aufschiebende Wirkung. Die Entscheidung über die Beschäftigung nach § 7 a Abs. 7 SGB IV (nach der neueren Rechtsprechung des BSG - Urt. v. 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R - und v. 04.06.2009 - B 12 R 06/08 R - ist damit eine Entscheidung über die Sozialversicherungspflicht gemeint) steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem Anfrageverfahren nach § 7 a Abs. 1 SGB IV. Das dort geregelte Statusfeststellungsverfahren wird grundsätzlich auf Antrag eines Beteiligten, also des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers eingeleitet. Absätze 2 bis 5 regeln das Verfahren der mit der Durchführung dieses Statusfeststellungsverfahrens beauftragten DRV Bund. Abs. 6 enthält eine Regelung, wann unter bestimmten Voraussetzungen ergänzend Versicherungspflicht angenommen wird, und schreibt vor, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitrag erst zu dem Zeitpunkt fällig wird, an dem die Entscheidung über das Statusfeststellungsverfahren unanfechtbar geworden ist. Systematisch fällt auf, dass sämtliche Absätze des § 7 a auf die in Abs. 1 Satz 1 beschriebene Entscheidung über die Beschäftigung Bezug nehmen. Bereits dieser innere Regelungszusammenhang des § 7a SGB IV legt es nahe, § 7 a Abs. 7 SGB IV nur bei Statusfeststellungen nach Abs. 1 anzuwenden, nicht aber auf andere Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht zu erstrecken.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das SGB IV mehrere Rechtsgrundlagen für die am Beitragseinzug und der Feststellung von Sozialversicherungspflicht beteiligten Stellen vorsieht. Zum einen treffen die Krankenkassen in ihrer Eigenschaft als Einzugsstellen nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV Entscheidungen über die Versicherungspflicht. Sodann sind die mit der Nachprüfung beauftragten Rentenversicherungsträger nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV berechtigt, Entscheidungen über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe zu treffen. Schließlich hat der Gesetzgeber in § 7 a SGB IV ein weiteres Verfahren installiert, das eine einfache und schnelle Entscheidung über die Versicherungspflicht ermöglichen soll. Dieses Verfahren steht selbständig neben den anderen Verfahren zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009, - B 12 R 11/07 R - und BSG, Urteil vom 04.06.2009 - B 12 R 06/08 R -) tritt das Statusfeststellungsverfahren in vollem Umfang gleichwertig neben die Verfahren der Einzugsstellen nach § 28h SGB IV und der Rentenversicherungsträger als Prüfstellen nach § 28p SGB IV. Der Umstand, dass die anderen Verfahren keine speziellen Regelungen über den Sofortvollzug enthalten, legt es ebenfalls nahe, § 7 a Abs. 7 SGB IV auf Verfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu beschränken. Für eine Erstreckung von § 7 a Abs. 7 SGB IV auf die anderen Feststellungsverfahren in § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV (Einzugsstellenverfahren) und § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV (Nachprüfungsverfahren) geben weder der Wortlaut dieser Vorschriften noch die gesetzliche Systematik Hinweise. Wäre dies vom Gesetzgeber so gewollt gewesen, hätte es entsprechender ergänzender Regelungen in § 28 h und 28 p SGB IV bedurft. Hiervon hat der Gesetzgeber anlässlich der umfangreichen Normierung einstweiligen Rechtsschutzes für den Bereich des Sozialversicherungsrechts im 6. SGG-Änderungsgesetz aber abgesehen, obwohl er in anderem Zusammenhang durchaus die Notwendigkeit spezieller Vorschriften für den einstweiligen Rechtsschutz erkannt und Spezialregelungen geschaffen hat, wie etwa in § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V, § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V, § 97 Abs. 4 SGB V oder § 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V. Dadurch dass für die Feststellungsverfahren nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV und 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV entsprechende Regelungen des vorläufigen Rechtsschutzes fehlen, ist davon auszugehen, dass vorläufiger Rechtsschutz in diesem Verfahren sich allein nach § 86 a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV richtet.

Ob § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV, wonach Widerspruch und Klage gegen eine Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, aufschiebende Wirkung haben, in der Zeit vor in Kraft treten von § 86 a SGG auch für Entscheidungen der Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 25.10.2000 - L 3 B 80/00 ER - veröffentlicht in Juris) als speziellere Regelung gegenüber §§ 86 Abs. 2, 97 SGG a. F. gelten sollte, bedarf letztlich keiner Entscheidung, da sich die Rechtslage durch in Kraft treten des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG wesentlich geändert hat. § 7 a Abs. 7 Satz 1 SGB IV (in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl. I 2000, S. 2, gemäß Art. 3 Abs. 1 in Kraft getreten am 01.01.1999) ist die zeitlich gesehen ältere Regelung, § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG die jüngere. Diese Vorschrift beruht auf dem 6. Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001, BGBl. 2001, S. 2144 und ist gemäß Art. 19 Satz 3 am 02.01.2002 in Kraft getreten. Bereits diese zeitliche Abfolge schließt die Annahme aus, § 7 a Abs. 7 SGB IV sei eine vom Gesetzgeber gewollte allgemeine Regelung, die weit auszulegen sei und für alle Fallgruppen grundsätzlich Geltung beanspruchen könne. Auch der Gesetzesbegründung zu § 7 a SGB IV kann jedenfalls für die heutige Rechtslage keine entscheidende Bedeutung mehr beigemessen werden. Das zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens geltende Sozialgerichtsgesetz enthielt in den damals maßgeblichen §§ 86 Abs. 2, 97 SGG a. F. eine ausdrückliche Regelung für die Wirkung von Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen zur Sozialversicherungspflicht noch nicht. Allerdings hatten, da es keine allgemeine Regelung im Sinne des heutigen § 86 a Abs. 1 SGG gab, Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Entscheidungen auch vor in Kraft treten des § 86 a SGG keine aufschiebende Wirkung.

Würde man § 7 a Abs. 7 SGB IV als allgemeine Regelung über die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Entscheidungen über die Sozialversicherungspflicht ansehen, würde die Vorschrift vor diesem Hintergrund mit § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG, wonach die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen solche Entscheidungen entfällt, kollidieren. Die Folge dieser Normenkollision wäre dann, dass die am 02.01.2002 in Kraft getretene Regelung des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG als die jüngere Regelung gegenüber § 7 a Abs. 7 SGB IV, der bereits ab 01.01.1999 in Kraft getreten ist, vorginge, was dann wiederum zur Konsequenz hätte, dass selbst Widerspruch und Anfechtungsklage im Rahmen von in Anfrageverfahren nach § 7 a SGB IV ergangenen Entscheidungen zur Versicherungspflicht keine aufschiebende Wirkung hätten, weil dann § 7 a Abs. 7 SGB IV durch § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG verdrängt würde. Indes kann von einer Normenkollision zwischen § 7 a Abs. 7 SGB IV und § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht gesprochen werden. § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG erfasst als die jüngere und sehr viel weiter gefasste Regelung auch alle Verfahren, für die der Gesetzgeber - wie in § 7 a Abs. 7 SGB IV - nicht abweichende Regelungen zum vorläufigen Rechtsschutz vorgibt.

Maßgeblich ist vielmehr der eigene Regelungsbereich und die vorrangige Regelungsabsicht des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 SGG. Diese schließen es aus, § 7 a Abs. 7 SGB IV im Falle einer weiteren Anwendung auf alle Feststellungen der Versicherungspflicht in Folge von Statusfeststellungsverfahren gegenüber § 86a Abs. 1 Nr. SGG als spezieller anzusehen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber § 86a Abs. 1 Nr. 1 SGG in das Sozialgerichtsgesetz eingefügt hat und ihm nur einen praktisch bedeutungslosen Regelungsbereich überlassen wollte. Denn § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGB IV knüpft mit der Formulierung "Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen" sprachlich ausdrücklich an § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB VI (entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe) und § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB VI (Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe) an.

Für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat dies alles zur Folge, dass eine Übertragung der genannten Regelungen des § 7a SGB IV auf Entscheidungen, die in anderen Verfahren ergehen, ausscheidet. Bezüglich der übrigen Ausführungen des SG, insbesondere zur Interessenabwägung und zur Verneinung einer besonderen Härte bei der Antragstellerin, wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses des SG Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Forderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 19.591,76 EUR. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wird regelmäßig 25 v.H. der geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen als Streitwert angenommen. Dies sind 4.897,94 EUR.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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