L 7 AS 96/11 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AS 388/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 96/11 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Verpflegungsmehraufwendungen von Selbständigen sind bei der Gewinnermittlung nicht als Betriebsausgaben zu behandeln, sondern als Absetzbeträge vom ermittelten Gewinn.
I.Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozial-
gerichts Augsburg vom 20. Dezember 2010, Az.: S 11 AS 388/10, wird zurück-
gewiesen.

II.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Die Kläger und Beschwerdeführer (Bf.) begehren von dem Beklagten und Beschwerdegegner (Bg.) höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II) insoweit, als beim Bf. zu 1) ein Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 660,00 EUR als gewinnmindernde Betriebsausgabe bei der Berechnung des Gewinns des Bf. zu 1) aus selbständiger Tätigkeit zu 1) zu berücksichtigen sei.

Mit Bescheid vom 27.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2010 setzte der Bg. nach Ermittlung der tatsächlichen Einkünfte des Bf. zu 1) die Leistungen an die Bf. für den Zeitraum vom 01.06. bis 31.10.2009 endgültig fest. Bei der Gewinnermittlung erkannte der Bg. einen Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 660,00 EUR nicht als Betriebsausgaben an, sondern behandelte diesen Verpflegungsmehraufwand als Abzugsbetrag vom Einkommen gemäß § 11 Abs.2 Nr.2 SGB II alte Fassung (a.F.); der Bg. teilte den Betrag von 660,00 EUR auf die fünf Monate des Bewilligungszeitraums auf und berücksichtigte monatlich anteilig 132,00 EUR als Abzugsbetrag.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 20.12.2010 als unbegründet ab. Zutreffenderweise habe der Bg. den Verpflegungsmehraufwand nicht als gewinnmindernde Betriebsausgabe behandelt, sondern als Abzugsbetrag nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II a.F. § 3 Abs. 2 Alg II-VO bestimme, dass als Betriebsausgaben nur diejenigen tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben zu berücksichtigen seien, die nicht bereits nach § 11 Abs. 2 SGB als abzusetzende Beträge zu behandeln seien. Hieraus ergebe sich, dass die in § 11 Abs. 2 SGB II a.F. benannten Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung, sondern erst anschließend als Absetzbeträge vom Einkommen zu berücksichtigen seien. Insbesondere ergebe sich aus der Begründung des Verordnungsgebers zu § 3 Abs.2 Alg-II-VO, dass die in § 11 Abs. 2 SGB II a.F. vorgesehenen Abzüge bei der Berechnung des Einkommens außer Betracht bleiben müssten; ausdrücklich seien in dieser Begründung auch die Mehraufwendungen für Verpflegung bei längerer, vorübergehender Abwesenheit vom Wohnort benannt, also auch der damit in Zusammenhang stehende Verpflegungsmehraufwand. Die Regelung in der Alg-II-VO sei auch verfassungskonform, da ein Rückgriff auf steuerrechtliche Parallelen nicht notwendig sei, sondern Sinn und Zweck des SGB II zu berücksichtigen seien. Der Bg. habe zutreffend darauf hingewiesen, dass erwerbsfähige Hilfsbedürftige bei besonderer Anstrengung alle Möglichkeiten nutzen müssten, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten, § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II, ehe sie steuerfinanzierte Leistungen in Anspruch nehmen. Entsprechend hätten sie auch Mehraufwendungen bei auswärtiger Tätigkeit so weit wie möglich zu reduzieren; diesem Ziel diene die angegriffene Regelung. Die Berufung wurde im Urteil nicht zugelassen.

Mit derselben Begründung hatte das Sozialgericht Augsburg bereits mit Beschluss vom 24.11.2010 den Antrag der Bf. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 14.03.2011 zurückgewiesen. Der von dem Bf. vertretenen Rechtsauffassung stehe eindeutig die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Alg-II-VO entgegen, wonach die Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach
§ 11 Abs. 2 SGB II a.F. abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen seien. Verpflegungsmehraufwendungen würden von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a.F. erfasst.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Augsburg haben die Bf. Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Rechtsache habe grundsätzliche Bedeutung. Die rechtliche Einordnung des Verpflegungsmehraufwandes stelle eine klärungsbedürftige Rechtsfrage dar und könne nicht bereits anhand des Gesetzes ohne wesentliche Zweifel beantwortet werden.

Der Bg. hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, §§ 144, 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs.2 Nr.1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung ist nicht gegeben.

Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit sich die zwischenzeitlich mit Wirkung zum 01.04.2011 vorgenommene Änderungen der Einkommensvorschriften im SGB II und der Alg-II-VO auf die Frage auswirken, ob überhaupt noch Klärungsbedürftigkeit in Bezug auf die außer Kraft getretenen Vorschriften besteht. Des Weiteren kann dahingestellt bleiben, inwieweit sich der Beschluss des Senats im PKH-Verfahren dahingehend auswirkt, dass eine grundsätzliche Bedeutung schon im Hinblick auf diesen Beschluss entfällt.

Denn auch zum damaligen Zeitpunkt war die Rechtslage klar und eindeutig und bedurfte keiner Klärung durch eine besondere Entscheidung des Senats. Aus den Materialien zu den Vorschriften der § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 3 Alg-II-VO in der damaligen Fassung (vgl Schmidt in Oestreicher, § 11 SGB II Rz 74, 90b und insbesondere Rz 91 bzgl der Selbständigen) ergab sich eindeutig der Wille des Verordnungsgebers, Verpflegungsmehraufwendungen nur in Höhe von bestimmten Pauschalen zu berücksichtigen und nicht grundsätzlich von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen, da es einem Hilfeempfänger zumutbar ist, bei diese Ausgaben bestimmte Grenzen einzuhalten (vgl. insoweit auch BayLSG Beschluss vom 07.09.2009 L 11 AS 466/09 NZB). Demgemäß wurde der Verpflegungsmehraufwand auch stets als Absetzbetrag nach § 11 Abs.2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a.F. behandelt und zwar auch bei Selbständigen.

Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGG wurden seitens der Bf. nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

Im Ergebnis ist die Beschwerde zurückzuweisen mit der Folge, dass das Urteil des Sozialgerichts Augsburg rechtskräftig ist, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Bf. mit ihrem Begehren erfolglos blieben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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