Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 715/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1156/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger gewährten Arbeitslosengeldes (Alg) streitig.
Der 1959 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Während seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal war er vom 28.07.2003 bis zu seiner Entlassung am 15.01.2010 ausweislich des Arbeitszeugnisses im Unternehmerbetrieb 1 des vollzuglichen Arbeitswesens Bruchsal beschäftigt und wurde hierbei nach Lohnstufe 4 bezahlt (Facharbeiterlohn).
Am Montag den 18.01.2010 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Alg ab dem 16.01.2010. In der Arbeitsbescheinigung vom 14.01.2010 teilte die JVA Bruchsal mit, für den Kläger seien mit Unterbrechungen in der Zeit vom 28.07.2003 bis 14.01.2010 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) entrichtet worden. In den letzten beiden Jahren wurden Beiträge für folgende Zeiträume entrichtet: 02.01.2008 - 01.02.2008, 06.02.2008 - 15.02.2008, 21.02.2008 - 05.03.2008, 07.03.2008 - 30.04.2008, 05.05.2008 - 21.05.2008, 26.05.2008 - 03.07.2008, 07.07.2008 - 09.07.2008, 11.07.2008 - 05.11.2008, 07.11.2008 - 31.12.2008, 07.01.2009 - 20.02.2009, 25.02.2009 - 08.04.2009, 14.04.2009 - 06.05.2009, 08.05.2009 - 19.05.2009, 25.05.2009 - 03.06.2009, 05.06.2009 - 10.06.2009, 15.06.2009 - 24.06.2009, 29.06.2009 - 02.07.2009, 06.07.2009 - 14.01.2010.
Mit Bescheid vom 27.01.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab dem 16.01.2010 mit einer Anspruchsdauer von 450 Kalendertagen unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts in Höhe von 51,10 EUR (Leistungsbetrag täglich 21,82 EUR, Lohnsteuerklasse I, allgemeiner Leistungssatz). Hierzu teilte sie dem Kläger mit, er habe in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt, daher sei bei der Bemessung des Alg ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt worden (§ 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III), das sich nach der Beschäftigung richte, für die er in erster Linie geeignet sei, sowie der dazu gehörigen Qualifikationsstufe. Er sei für eine Tätigkeit als Montiererhelfer geeignet, für die keine Ausbildung erforderlich sei (Qualifikationsstufe 4 gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 4 SGB III).
Hiergegen legte der Kläger am 08.02.2010 Widerspruch ein mit der Begründung, er habe seinen Alg-Anspruch durch ca. sieben Jahre Arbeit in der JVA Bruchsal erworben, hiervon ungefähr fünf Jahre als Facharbeiter. Es müsse deshalb eine bessere fiktive Einstufung und dementsprechend ein höheres Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, aufgrund der Tatsache, dass der Kläger nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, könnten sich die Vermittlungsbemühungen unabhängig von der Tätigkeit, mit der in der JVA Bruchsal seine Anwartschaft auf Alg begründet worden sei, lediglich auf einen Bereich erstrecken, der Tätigkeiten umfasse, die keine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzten. Die Bemessung könne folglich nur nach Qualifikationsstufe 4 erfolgen.
Die hiergegen am 25.02.2010 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage hat das SG nach Beweiserhebung über die vom Kläger in der JVA Bruchsal ausgeübten Tätigkeiten, auf die Bezug genommen wird, mit Urteil vom 28.02.2011 abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte habe zutreffend das dem Kläger zustehende Alg nach der Qualifikationsgruppe 4 berechnet. Eine formale Ausbildung als Facharbeiter habe der Kläger nicht absolviert. Auch der Umstand, dass er für seine Tätigkeit in der JVA Bruchsal nach den dortigen Kriterien wie ein Facharbeiter entlohnt worden sei, rechtfertige nicht eine Einstufung in Qualifikationsgruppe 3. Denn die Anforderungen, die an das Erreichen der Lohnstufe 4 von der JVA Bruchsal gestellt würden, seien nicht geeignet, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen Facharbeiterstatus zu begründen, auch sei die dortige Qualifizierung nicht mit einer abgeschlossenen Ausbildung gleichzustellen.
Gegen das am 04.03.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.2011 Berufung eingelegt mit der Begründung, er sei in der JVA Bruchsal als Facharbeiter eingestuft gewesen; diese Einstufung müsse auch der Bewilligung von Alg zugrunde gelegt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Februar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 16. Januar 2010 unter Abänderung des Bescheides vom 27. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2010 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines fiktiven Arbeitsentgelts nach der Qualifikationsgruppe 3 gem. § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Streitig ist die Höhe des Alg für 450 Tage, so dass laufende Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat zwar einen Anspruch auf Alg erworben (§ 118 SGB III), denn er war arbeitslos, hat sich mit Wirkung zum 14.01.2010 arbeitslos gemeldet (§ 122 Abs. 3 SGB III). Er hat auch aufgrund seines die Versicherungspflicht gem. § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III begründenden Bezugs von Arbeitsentgelt als Gefangener die Anwartschaftszeit erfüllt. Er hat jedoch keinen Anspruch auf höheres Alg.
Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 - 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 - 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 % (erhöhter Leistungssatz), für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Bemessungsentgelt ist gem. § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird gem. § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt erhält.
Letzter Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs war der 14.01.2010. Der Kläger hat im auf zwei Jahre erweiterten Bemessungszeitraum, mithin vom 15.01.2008 bis 14.01.2010, wie während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit in der JVA Bruchsal, nicht in einem die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Zwar kann Strafgefangenen gem. § 39 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) gestattet werden, ein freies Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Anstalt einzugehen. In diesem Fall führt der Arbeitsvertrag des Gefangenen bzw. Freigängers zu einem Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), der Strafgefangene ist dann als Beschäftigter in die Sozialversicherung einbezogen. Dies war beim Kläger jedoch nicht der Fall. Er stand nicht als Freigänger in einem Beschäftigungsverhältnis, sondern hat seine Arbeit unter der Regie der Anstalt im vollzuglichen Arbeitswesen verrichtet. Denn die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses muss auf der freien Entscheidung der Beteiligten beruhen, was bei der auf einer gesetzlichen Pflicht beruhenden Arbeit von Gefangenen (§ 41 Abs. 1 StVollzG) nicht gegeben ist. Als Strafgefangener stand der Kläger in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener Art. Der Kläger war vielmehr als Gefangener, der Arbeitsentgelt erhält, nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III versicherungspflichtig.
Gegen die Arbeitspflicht der Strafgefangenen bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken; die Arbeitspflicht nach § 41 StVollzG hält sich im Rahmen des Art. 12 Abs. 3 Grundgesetz (BVerfGE 98, 169).
Deshalb ist gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein nach § 132 Abs. 2 SGB III zu bestimmendes fiktives Arbeitsentgelt zugrundezulegen. Nach § 132 Abs. 2 SGB III ist für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrundezulegen für Beschäftigungen, die
1. ein Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung mit einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.
Für die fiktive Bemessung ist nach dem Wortlaut von § 132 SGB III nicht vorrangig auf den erlernten Beruf oder das Ausbildungsniveau abzustellen. Es ist vielmehr zu prüfen, für welche Beschäftigungen der Arbeitslose künftig in Betracht kommt. Bei der Entscheidung, welche berufliche Qualifikation für die Beschäftigung erforderlich ist, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die zunächst von der Arbeitsverwaltung getroffen wird (BSG, Urteil vom 09.11.1989 - 11/7 RAr 63/67 - in juris). Diese Entscheidung ist im gerichtlichen Verfahren in vollem Umfang überprüfbar. Für die fiktive Bemessung sind darüber hinaus nur diejenigen Tätigkeiten relevant, mit denen der Arbeitslose bestmöglich wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert wird (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 66/05 R - in juris).
Die Beklagte hat zutreffend als Tätigkeit, auf die sich die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie zu erstrecken haben, eine Tätigkeit als Montierer-Helfer und damit eine Tätigkeit, die keine Ausbildung erfordert, zugrunde gelegt.
Hierfür spricht zunächst, dass der Kläger keine Berufsausbildung absolviert hat. Vor seiner Inhaftierung war er nach seinen Angaben im Erörterungstermin als Gebäudereiniger tätig, ohne hierfür eine förmliche Ausbildung durchlaufen zu haben. Soweit er - gleichfalls im Erörterungstermin - vorgetragen hat, sich durch diese praktische Tätigkeit als Gebäudereiniger auch die Kenntnisse eines Facharbeiters angeeignet zu haben, kann dies vorliegend dahingestellt bleiben, weil diese Tätigkeit mehr als 8 Jahre zurückliegt und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger noch über die entsprechenden Qualifikationen verfügt.
Der Kläger hat auch durch seine Tätigkeit in der JVA nicht die Qualifikation eines Facharbeiters erlangt mit der Folge, dass sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie auf entsprechende Tätigkeiten richten müsste.
Der Kläger ist in der JVA Bruchsal zwar nach dem dortigen Bewertungssystem in Stufe IV eingestuft und damit einem Facharbeiter entsprechend entlohnt worden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, liegt der Arbeitsplatzbewertung der JVA Bruchsal jedoch nicht eine Untergliederung in Lohnstufen zugrunde, die auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Geltung beanspruchen könnte. Denn nach der dortigen Aufgliederung der Lohnstufen ist neben den beruflichen Kenntnissen auch die körperliche Belastung, die geistige Leistungsfähigkeit und die Geschicklichkeit hinsichtlich der jeweiligen Tätigkeit maßgeblich für die Einstufung.
Nach § 1 der Verordnung über die Vergütungsstufen des Arbeitsentgelts und der Ausbildungsbeihilfe nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzVergO) ist der Grundlohn des Arbeitsentgelts nach 5 Vergütungsstufen festzusetzen, und zwar von Vergütungsstufe I (Arbeiten einfacher Art, die keine Vorkenntnisse und nur eine kurze Einweisungszeit erfordern und die nur geringe Anforderungen an die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit oder an die Geschicklichkeit stellen) bis Vergütungsstufe V (Arbeiten, die über die Anforderungen der Stufe IV hinaus ein besonderes Maß an Können, Einsatz und Verantwortung erfordern). Vergütungsstufe IV umfasst Arbeiten, die die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Facharbeiters erfordern oder gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen.
Nach den vom SG eingeholten Auskünften der Mitarbeiter der JVA Bruchsal, welche im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, bestand die Aufgabe des Klägers darin, als Vorarbeiter in einer Arbeitsgruppe von ca. 12 Personen anhand von Auftragsscheinen und Fertigungsplänen die Arbeitsvorbereitung für die Herstellung von Sicherheitsholzlaufrosten und Aluprofilmatten durchzuführen. Bei Sonderanfertigungen hat er die erforderlichen Änderungen, wie z.B. auf der Tischkreissäge Bretter ablängen, anfasen oder Abschrägungen anbringen, auf dem Mehrspindelbohrautomaten Bohrungen für Spannseile anbringen, auf der Ständerbohrmaschine Nippelbohrungen anbringen und die Sicherheitsholzlaufroste auf Maß kontrollieren und verpacken und mit Versandpapieren versehen, selbst ausgeführt. Zu der Frage, warum der Kläger in Lohngruppe IV eingestuft war, hat der bis zum 31.01.2009 tätige Betriebsinspektor Burkhardt mitgeteilt, dies sei sowohl wegen der vorausgesetzten Kenntnisse als auch wegen der Schwere der körperlichen Tätigkeit erfolgt; es seien Gewichte bis 100 kg zu heben gewesen. Facharbeiterkenntnisse seien erforderlich gewesen, um die Säge und die Bohrmaschinen einrichten zu können.
Demgegenüber sind in den von der JVA Bruchsal vorgelegten Arbeitsplatzbewertungen hinsichtlich der einzelnen vom Kläger verrichteten Tätigkeiten durchweg niedrigere Einstufungen vorgenommen worden. So wurde der Arbeitsplatz "Arbeitsvorbereitung/Qualitätskontrolle" bei der Bewertung im März 2009 in Vergütungsstufe III, der Arbeitsplatz "Bohren der Sicherheitsholzlaufroste" in Vergütungsstufe II, der Arbeitsplatz "Alu-Musterleisten zusägen" in Vergütungsstufe II, der Arbeitsplatz "Alurahmen für Fußabstreifer montieren" in Vergütungsstufe I, der Arbeitsplatz "Sägen von Holzlaufrosten und einrichten" in Vergütungsstufe III und der Arbeitsplatz "Alumatten montieren" in Vergütungsstufe III eingestuft. Bei keiner dieser Tätigkeiten wurden Facharbeiterkenntnisse vorausgesetzt.
Zwar mag es zutreffen, dass der Kläger gleichsam als Vorarbeiter tätig war und deshalb für einzelne der von ihm auszuübenden Verrichtungen wie dem Einrichten der Säge und Bohrmaschine weitergehende Kenntnisse erforderlich waren. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf die Vermittlung in eine Facharbeitertätigkeit zu richten. Die Qualifikation für die Ausübung von Facharbeitertätigkeiten kann zwar neben einer förmlichen Berufsausbildung auch dadurch erworben werden, dass entsprechende Kenntnisse während der Berufstätigkeit erworben worden sind. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine der höheren Qualifikationsstufe entsprechende Tätigkeit langjährig und "wettbewerbsfähig" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeübt worden ist (Behrend in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 Rn. 38). Dies ist jedenfalls bei einer Tätigkeit im Strafvollzug, bei der teilweise auch Facharbeiterkenntnisse vorausgesetzt bzw. erworben werden, nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger gewährten Arbeitslosengeldes (Alg) streitig.
Der 1959 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Während seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal war er vom 28.07.2003 bis zu seiner Entlassung am 15.01.2010 ausweislich des Arbeitszeugnisses im Unternehmerbetrieb 1 des vollzuglichen Arbeitswesens Bruchsal beschäftigt und wurde hierbei nach Lohnstufe 4 bezahlt (Facharbeiterlohn).
Am Montag den 18.01.2010 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von Alg ab dem 16.01.2010. In der Arbeitsbescheinigung vom 14.01.2010 teilte die JVA Bruchsal mit, für den Kläger seien mit Unterbrechungen in der Zeit vom 28.07.2003 bis 14.01.2010 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) entrichtet worden. In den letzten beiden Jahren wurden Beiträge für folgende Zeiträume entrichtet: 02.01.2008 - 01.02.2008, 06.02.2008 - 15.02.2008, 21.02.2008 - 05.03.2008, 07.03.2008 - 30.04.2008, 05.05.2008 - 21.05.2008, 26.05.2008 - 03.07.2008, 07.07.2008 - 09.07.2008, 11.07.2008 - 05.11.2008, 07.11.2008 - 31.12.2008, 07.01.2009 - 20.02.2009, 25.02.2009 - 08.04.2009, 14.04.2009 - 06.05.2009, 08.05.2009 - 19.05.2009, 25.05.2009 - 03.06.2009, 05.06.2009 - 10.06.2009, 15.06.2009 - 24.06.2009, 29.06.2009 - 02.07.2009, 06.07.2009 - 14.01.2010.
Mit Bescheid vom 27.01.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab dem 16.01.2010 mit einer Anspruchsdauer von 450 Kalendertagen unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts in Höhe von 51,10 EUR (Leistungsbetrag täglich 21,82 EUR, Lohnsteuerklasse I, allgemeiner Leistungssatz). Hierzu teilte sie dem Kläger mit, er habe in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt, daher sei bei der Bemessung des Alg ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt worden (§ 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III), das sich nach der Beschäftigung richte, für die er in erster Linie geeignet sei, sowie der dazu gehörigen Qualifikationsstufe. Er sei für eine Tätigkeit als Montiererhelfer geeignet, für die keine Ausbildung erforderlich sei (Qualifikationsstufe 4 gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 4 SGB III).
Hiergegen legte der Kläger am 08.02.2010 Widerspruch ein mit der Begründung, er habe seinen Alg-Anspruch durch ca. sieben Jahre Arbeit in der JVA Bruchsal erworben, hiervon ungefähr fünf Jahre als Facharbeiter. Es müsse deshalb eine bessere fiktive Einstufung und dementsprechend ein höheres Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, aufgrund der Tatsache, dass der Kläger nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, könnten sich die Vermittlungsbemühungen unabhängig von der Tätigkeit, mit der in der JVA Bruchsal seine Anwartschaft auf Alg begründet worden sei, lediglich auf einen Bereich erstrecken, der Tätigkeiten umfasse, die keine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzten. Die Bemessung könne folglich nur nach Qualifikationsstufe 4 erfolgen.
Die hiergegen am 25.02.2010 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage hat das SG nach Beweiserhebung über die vom Kläger in der JVA Bruchsal ausgeübten Tätigkeiten, auf die Bezug genommen wird, mit Urteil vom 28.02.2011 abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte habe zutreffend das dem Kläger zustehende Alg nach der Qualifikationsgruppe 4 berechnet. Eine formale Ausbildung als Facharbeiter habe der Kläger nicht absolviert. Auch der Umstand, dass er für seine Tätigkeit in der JVA Bruchsal nach den dortigen Kriterien wie ein Facharbeiter entlohnt worden sei, rechtfertige nicht eine Einstufung in Qualifikationsgruppe 3. Denn die Anforderungen, die an das Erreichen der Lohnstufe 4 von der JVA Bruchsal gestellt würden, seien nicht geeignet, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen Facharbeiterstatus zu begründen, auch sei die dortige Qualifizierung nicht mit einer abgeschlossenen Ausbildung gleichzustellen.
Gegen das am 04.03.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.2011 Berufung eingelegt mit der Begründung, er sei in der JVA Bruchsal als Facharbeiter eingestuft gewesen; diese Einstufung müsse auch der Bewilligung von Alg zugrunde gelegt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. Februar 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 16. Januar 2010 unter Abänderung des Bescheides vom 27. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2010 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines fiktiven Arbeitsentgelts nach der Qualifikationsgruppe 3 gem. § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Streitig ist die Höhe des Alg für 450 Tage, so dass laufende Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat zwar einen Anspruch auf Alg erworben (§ 118 SGB III), denn er war arbeitslos, hat sich mit Wirkung zum 14.01.2010 arbeitslos gemeldet (§ 122 Abs. 3 SGB III). Er hat auch aufgrund seines die Versicherungspflicht gem. § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III begründenden Bezugs von Arbeitsentgelt als Gefangener die Anwartschaftszeit erfüllt. Er hat jedoch keinen Anspruch auf höheres Alg.
Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 - 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 - 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 % (erhöhter Leistungssatz), für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Bemessungsentgelt ist gem. § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird gem. § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt erhält.
Letzter Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs war der 14.01.2010. Der Kläger hat im auf zwei Jahre erweiterten Bemessungszeitraum, mithin vom 15.01.2008 bis 14.01.2010, wie während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit in der JVA Bruchsal, nicht in einem die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Zwar kann Strafgefangenen gem. § 39 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) gestattet werden, ein freies Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Anstalt einzugehen. In diesem Fall führt der Arbeitsvertrag des Gefangenen bzw. Freigängers zu einem Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), der Strafgefangene ist dann als Beschäftigter in die Sozialversicherung einbezogen. Dies war beim Kläger jedoch nicht der Fall. Er stand nicht als Freigänger in einem Beschäftigungsverhältnis, sondern hat seine Arbeit unter der Regie der Anstalt im vollzuglichen Arbeitswesen verrichtet. Denn die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses muss auf der freien Entscheidung der Beteiligten beruhen, was bei der auf einer gesetzlichen Pflicht beruhenden Arbeit von Gefangenen (§ 41 Abs. 1 StVollzG) nicht gegeben ist. Als Strafgefangener stand der Kläger in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener Art. Der Kläger war vielmehr als Gefangener, der Arbeitsentgelt erhält, nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III versicherungspflichtig.
Gegen die Arbeitspflicht der Strafgefangenen bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken; die Arbeitspflicht nach § 41 StVollzG hält sich im Rahmen des Art. 12 Abs. 3 Grundgesetz (BVerfGE 98, 169).
Deshalb ist gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein nach § 132 Abs. 2 SGB III zu bestimmendes fiktives Arbeitsentgelt zugrundezulegen. Nach § 132 Abs. 2 SGB III ist für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrundezulegen für Beschäftigungen, die
1. ein Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung mit einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.
Für die fiktive Bemessung ist nach dem Wortlaut von § 132 SGB III nicht vorrangig auf den erlernten Beruf oder das Ausbildungsniveau abzustellen. Es ist vielmehr zu prüfen, für welche Beschäftigungen der Arbeitslose künftig in Betracht kommt. Bei der Entscheidung, welche berufliche Qualifikation für die Beschäftigung erforderlich ist, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die zunächst von der Arbeitsverwaltung getroffen wird (BSG, Urteil vom 09.11.1989 - 11/7 RAr 63/67 - in juris). Diese Entscheidung ist im gerichtlichen Verfahren in vollem Umfang überprüfbar. Für die fiktive Bemessung sind darüber hinaus nur diejenigen Tätigkeiten relevant, mit denen der Arbeitslose bestmöglich wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert wird (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 66/05 R - in juris).
Die Beklagte hat zutreffend als Tätigkeit, auf die sich die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie zu erstrecken haben, eine Tätigkeit als Montierer-Helfer und damit eine Tätigkeit, die keine Ausbildung erfordert, zugrunde gelegt.
Hierfür spricht zunächst, dass der Kläger keine Berufsausbildung absolviert hat. Vor seiner Inhaftierung war er nach seinen Angaben im Erörterungstermin als Gebäudereiniger tätig, ohne hierfür eine förmliche Ausbildung durchlaufen zu haben. Soweit er - gleichfalls im Erörterungstermin - vorgetragen hat, sich durch diese praktische Tätigkeit als Gebäudereiniger auch die Kenntnisse eines Facharbeiters angeeignet zu haben, kann dies vorliegend dahingestellt bleiben, weil diese Tätigkeit mehr als 8 Jahre zurückliegt und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger noch über die entsprechenden Qualifikationen verfügt.
Der Kläger hat auch durch seine Tätigkeit in der JVA nicht die Qualifikation eines Facharbeiters erlangt mit der Folge, dass sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie auf entsprechende Tätigkeiten richten müsste.
Der Kläger ist in der JVA Bruchsal zwar nach dem dortigen Bewertungssystem in Stufe IV eingestuft und damit einem Facharbeiter entsprechend entlohnt worden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, liegt der Arbeitsplatzbewertung der JVA Bruchsal jedoch nicht eine Untergliederung in Lohnstufen zugrunde, die auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Geltung beanspruchen könnte. Denn nach der dortigen Aufgliederung der Lohnstufen ist neben den beruflichen Kenntnissen auch die körperliche Belastung, die geistige Leistungsfähigkeit und die Geschicklichkeit hinsichtlich der jeweiligen Tätigkeit maßgeblich für die Einstufung.
Nach § 1 der Verordnung über die Vergütungsstufen des Arbeitsentgelts und der Ausbildungsbeihilfe nach dem Strafvollzugsgesetz (StVollzVergO) ist der Grundlohn des Arbeitsentgelts nach 5 Vergütungsstufen festzusetzen, und zwar von Vergütungsstufe I (Arbeiten einfacher Art, die keine Vorkenntnisse und nur eine kurze Einweisungszeit erfordern und die nur geringe Anforderungen an die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit oder an die Geschicklichkeit stellen) bis Vergütungsstufe V (Arbeiten, die über die Anforderungen der Stufe IV hinaus ein besonderes Maß an Können, Einsatz und Verantwortung erfordern). Vergütungsstufe IV umfasst Arbeiten, die die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Facharbeiters erfordern oder gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen.
Nach den vom SG eingeholten Auskünften der Mitarbeiter der JVA Bruchsal, welche im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, bestand die Aufgabe des Klägers darin, als Vorarbeiter in einer Arbeitsgruppe von ca. 12 Personen anhand von Auftragsscheinen und Fertigungsplänen die Arbeitsvorbereitung für die Herstellung von Sicherheitsholzlaufrosten und Aluprofilmatten durchzuführen. Bei Sonderanfertigungen hat er die erforderlichen Änderungen, wie z.B. auf der Tischkreissäge Bretter ablängen, anfasen oder Abschrägungen anbringen, auf dem Mehrspindelbohrautomaten Bohrungen für Spannseile anbringen, auf der Ständerbohrmaschine Nippelbohrungen anbringen und die Sicherheitsholzlaufroste auf Maß kontrollieren und verpacken und mit Versandpapieren versehen, selbst ausgeführt. Zu der Frage, warum der Kläger in Lohngruppe IV eingestuft war, hat der bis zum 31.01.2009 tätige Betriebsinspektor Burkhardt mitgeteilt, dies sei sowohl wegen der vorausgesetzten Kenntnisse als auch wegen der Schwere der körperlichen Tätigkeit erfolgt; es seien Gewichte bis 100 kg zu heben gewesen. Facharbeiterkenntnisse seien erforderlich gewesen, um die Säge und die Bohrmaschinen einrichten zu können.
Demgegenüber sind in den von der JVA Bruchsal vorgelegten Arbeitsplatzbewertungen hinsichtlich der einzelnen vom Kläger verrichteten Tätigkeiten durchweg niedrigere Einstufungen vorgenommen worden. So wurde der Arbeitsplatz "Arbeitsvorbereitung/Qualitätskontrolle" bei der Bewertung im März 2009 in Vergütungsstufe III, der Arbeitsplatz "Bohren der Sicherheitsholzlaufroste" in Vergütungsstufe II, der Arbeitsplatz "Alu-Musterleisten zusägen" in Vergütungsstufe II, der Arbeitsplatz "Alurahmen für Fußabstreifer montieren" in Vergütungsstufe I, der Arbeitsplatz "Sägen von Holzlaufrosten und einrichten" in Vergütungsstufe III und der Arbeitsplatz "Alumatten montieren" in Vergütungsstufe III eingestuft. Bei keiner dieser Tätigkeiten wurden Facharbeiterkenntnisse vorausgesetzt.
Zwar mag es zutreffen, dass der Kläger gleichsam als Vorarbeiter tätig war und deshalb für einzelne der von ihm auszuübenden Verrichtungen wie dem Einrichten der Säge und Bohrmaschine weitergehende Kenntnisse erforderlich waren. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf die Vermittlung in eine Facharbeitertätigkeit zu richten. Die Qualifikation für die Ausübung von Facharbeitertätigkeiten kann zwar neben einer förmlichen Berufsausbildung auch dadurch erworben werden, dass entsprechende Kenntnisse während der Berufstätigkeit erworben worden sind. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine der höheren Qualifikationsstufe entsprechende Tätigkeit langjährig und "wettbewerbsfähig" auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeübt worden ist (Behrend in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 Rn. 38). Dies ist jedenfalls bei einer Tätigkeit im Strafvollzug, bei der teilweise auch Facharbeiterkenntnisse vorausgesetzt bzw. erworben werden, nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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