Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 4128/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1628/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.12.2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 9.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart, mit dem ihr Disziplinarbescheid vom 21.4.2006 aufgehoben und sie zudem zur erneuten Entscheidung über die vom Kläger angegriffene Disziplinarmaßnahme (Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt worden ist.
Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin mit Sitz in U. seit 30.5.1989 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Schreiben vom 19.08.2003 bat die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BG) als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung den Kläger um Beantwortung einiger Fragen bezüglich einer Patientin, die wegen einer berufsbedingten Atemwegserkrankung in Behandlung des Klägers stehen bzw. gestanden haben solle. Das Auskunftsersuchen stützte sich auf § 201 SGB VII. Beigefügt war ein Fragebogen mit insgesamt zwölf- zum Teil unterteilten - Fragen, in denen es im Wesentlichen um die Behandlung der Patientin wegen Ekzemen/Fließschnupfens/Heufiebers/Asthmas oder ähnlicher Erkrankungen der Schleimhäute der Atemwege ging. Mit Schreiben vom 31.10.2003 erinnerte die BG an die Erledigung und wies darauf hin, dass der Kläger gemäß §§ 201, 203 SGB VII verpflichtet sei, dem Träger der Unfallversicherung Auskunft über die Behandlung und den Zustand der Versicherten zu erteilen. Nach einer weiteren Erinnerung (Schreiben vom 27.11.2003) wandte sich die BG an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Südwürttemberg, die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die KV Südwürttemberg wies den Kläger mit Schreiben vom 12.03.2004 darauf hin, dass im Unfallversicherungsrecht nach SGB VII für den Arzt eine gesetzliche Verpflichtung für die Auskunftserteilung gegenüber den berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsträgern bestehe (§§ 201, 203 SGB VII). Neben der gesetzlichen Verpflichtung bestehe für den Vertragsarzt auch eine Auskunftspflicht nach dem Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger (§ 46 des Vertrages). Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass er mit der Nichterteilung der Auskunft auch gegen Berufspflichten verstoße, die ihm als Kammermitglied zur Wahrung des Ansehens des ärztlichen Berufs oblägen. Da der Kläger trotz dieses Schreibens die begehrte Auskunft nicht erteilte, beantragte der Vorstand der KV Südwürttemberg mit Schreiben vom 4.10.2004 die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Der Disziplinarausschuss benachrichtigte den Kläger mit Schreiben vom 15.10.2004 von dem Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Er wies darauf hin, dass der Kläger sowohl gegen die gesetzliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung gegenüber den berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsträgern (§§ 201, 203 SGB VII) wie auch die nach § 46 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger bestehende Auskunftspflicht verstoßen habe, ebenso gegen seine Berufspflichten. Der Kläger erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 28.11.2004 machte der Kläger geltend, dass die Patientin/Versicherte ständig durch wiederkehrende Formulare mit ständig gleichen Fragen durch immer neue Sachbearbeiter angeschrieben worden und eine Beurteilung durch ständig neue Gutachter von ihr verlangt worden sei. Deshalb habe die Patientin ihn ausdrücklich nicht von der Schweigepflicht gegenüber der BG entbunden. Dieses Schreiben liege bei der BG vor. Es sei ihm deshalb unerklärlich, wie eine Behörde der KV sich herausnehme, ein Disziplinarverfahren gegen ihn anzustrengen. Außerdem sei die Patientin schon seit Januar 2003 nicht mehr in dem damaligen Betrieb tätig, so dass sich die Angelegenheit bereits vor dem ersten Brief erledigt habe.
In der Sitzung des Disziplinarausschusses am 15.03.2006, an der der Kläger teilnahm, beschloss der Ausschuss, dass der Kläger gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen habe und verhängte gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR. Im Bescheid vom 21.04.2006 stellte der Ausschuss fest, dass der Kläger durch die Weigerung, dem Auskunftsersuchen nachzukommen, gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen habe. Durch die Zulassung erwerbe der Vertragsarzt einen Status, der nicht nur durch Rechte, sondern auch durch zahlreiche Pflichten gekennzeichnet sei. Diese Pflichten habe er zu beachten. Hierzu gehöre u. a., dass gegenüber Versicherungsträgern angeforderte nötige ärztliche Gutachten zur Erfüllung und Ablehnung von Leistungsansprüchen der Versicherten erteilt würden. Solche Stellungnahmen müssten in überschaubarer Zeit erstellt werden. Nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe die gesetzliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung gegenüber den berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsträgern gemäß §§ 201, 203 SGB VII. Des Weiteren sei in § 46 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger eine Auskunftspflicht für den Vertragsarzt verankert. Schließlich gehöre es auch zu den Berufspflichten des Arztes, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und den ihm im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Gemäß § 25 Satz 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg sei der Arzt verpflichtet, Gutachten und Zeugnisse innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Der Kläger habe hiergegen durch seine Weigerung, die angeforderte Stellungnahme abzugeben, verstoßen. Er bestreite dies auch nicht, sondern habe vielmehr bekräftigt, dass er auch in Zukunft nicht gewillt sein werde, entsprechende Anfragen zu beantworten. Der Einwand, die betroffene Patientin habe ihn nicht von seiner Schweigepflicht entbunden, greife nicht durch. § 203 SGB VII schränke den Datenschutz insoweit ein, als die Berufsgenossenschaft vom niedergelassenen Arzt eine Auskunft erbitten könne. Hierauf sei er bereits durch Schreiben vom 15.12.2004 hingewiesen worden. Der Kläger habe sich auch nicht bemüht, entweder von der für ihn zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung oder von der anfordernden BG eine Auskunft zu erhalten, ob er trotz nicht vorhandener Einwilligung der Patientin zur Beantwortung der Anfrage berechtigt oder sogar verpflichtet sei. Er habe sich um diese Frage überhaupt nicht gekümmert. Erst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens habe er sich auf die fehlende Entbindung von der Schweigepflicht berufen. Der Ausschuss sei zur Auffassung gelangt, dass dem vom Kläger begangenen Pflichtverstoß mit einer spürbaren Disziplinarmaßnahme zu begegnen sei. Die Pflichtverletzung habe Gewicht. Zu Lasten des Betroffenen sei nämlich zu werten, dass er sich zum einen gegenüber der BG überhaupt nicht gemeldet und auch keine Begründung dafür gegeben habe, dass er die Anfrage nicht beantworte. Viel gewichtiger sei aber die Tatsache, dass der Betroffene in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss eindeutig und nachdrücklich klargestellt habe, dass er auch in Zukunft so handeln werde und sich davon auch durch die KV nicht abbringen lassen werde. Eine Einsicht des Klägers in sein Fehlverhalten und seinen Verstoß gegen seine vertragsärztlichen Pflichten sei damit nicht vorhanden, weshalb eine Besserung nicht zu erwarten sei. Zu Gunsten des Betroffenen spreche, dass er bisher disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Unter diesen Umständen reiche ein Verweis oder eine gar noch mildere Sanktion nicht mehr aus, um der Pflichtverletzung angemessen zu begegnen und den Kläger zur Erfüllung seiner Pflicht anzuhalten. Erforderlich sei eine Geldbuße, die, um den Kläger hinreichend zu beeindrucken, unter Berücksichtigung aller Umstände auf 4.000,- EUR bemessen worden sei.
Dagegen hat der Kläger am 08.06.2006 Klage erhoben und geltend gemacht, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss nochmals deutlich gemacht habe, dass er sich auf Grund der ausdrücklichen Weisung der Patientin an seine Schweigepflicht gebunden gefühlt habe. Gleichzeitig habe er zum Ausdruck gebracht, dass er sich in gleichgelagerten Fällen wieder entsprechend verhalten werde. Nach § 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sei der Arzt zur Auskunft nur verpflichtet, soweit dies für die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich sei. Die Patientin sei jedoch bereits zum Zeitpunkt der ersten Anfrage der BG vom August 2003 seit über einem dreiviertel Jahr nicht mehr in der Bäckerei beschäftigt gewesen. Durch den Arbeitgeberwechsel habe sich die Backpulverallergie erledigt. Dies sei der BG aufgrund der durch die anderen behandelnden Ärzte bereits erteilten Auskünfte auch bekannt gewesen. Ansprüche gegen die BG seien somit nicht einmal theoretisch denkbar gewesen. Bereits bei der ersten Anfrage habe es sich um eine unnötige Anfrage gehandelt, die nicht erforderlich im Sinne von § 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII gewesen sei. Schon deshalb sei er nicht zur Auskunft verpflichtet gewesen. Im übrigen habe die Patientin über etwaige ihr zustehende Ansprüche zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens dadurch disponiert gehabt, dass sie ihm untersagt habe, gegenüber der BG die angeforderten Auskünfte zu erteilen. Konsequenz der Nichterteilung sei allenfalls gewesen, dass die Patientin und Versicherungsnehmerin von der BG keine Leistungen habe erhalten können. Auch vom Schutzgedanken her könne deshalb im konkreten Fall wegen der ausdrücklichen Weisung der Patientin keine Auskunftsverpflichtung bestanden haben. Unbestritten sei, dass ein Arzt nach § 203 SGB VII grundsätzlich verpflichtet sei, Anfragen des Unfallversicherungsträgers zu beantworten, auch dann, wenn für die konkrete Anfrage keine ausdrückliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vorliege. Dies könne aber nicht gelten, wenn der oder die Versicherte seinen ausdrücklichen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck gebracht habe. Hätte er trotz dieser Weisung die Auskunft erteilt, hätte er zwar seiner formalen Auskunftsverpflichtung genügt, gleichzeitig aber in ein höherrangiges Grundrecht der Patientin eingegriffen. Eine solche vertragsärztliche Pflicht könne von ihm nicht gefordert werden, sie sei letztendlich verfassungswidrig. Im Übrigen sei die angeordnete Disziplinarmaßnahme völlig unangemessen. Die Rechtslage sei bezüglich des Vorliegens einer vertragsärztlichen Pflichtverletzung zumindest unklar. Der Disziplinarausschuss habe die Rechtslage insofern verkannt. Falls rechtskräftig entschieden werden sollte, dass tatsächlich ein vertragsärztlicher Pflichtverstoß vorliege, werde er künftig Anfragen des Unfallversicherungsträgers auch bei ausdrücklich entgegenstehender Weisung des Patienten beantworten. Im streitgegenständlichen Fall habe er sich dann insofern aber in einem entschuldbaren Irrtum befunden. Als Maßnahme wäre dann eine Verwarnung völlig ausreichend, zumal er sich bislang disziplinarrechtlich noch nie etwas habe zu Schulden kommen lassen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, der Kläger könne sich nicht darauf berufen, die Auskunft sei nicht notwendig gewesen. Welche Auskünfte erforderlich seien, entscheide allein der Unfallversicherungsträger. Die Erteilung der nach § 203 SGB VII angeforderten Auskunft setze keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht voraus. Auch nach § 46 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger bestünden Auskunftsverpflichtungen gegenüber der Berufsgenossenschaft. An dem Vertrag seien alle Ärzte beteiligt, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen (§ 4 Abs. 1 des Vertrages). Der Disziplinarausschuss habe den Sachverhalt vollständig ermittelt und sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
Das SG hat den Bescheid vom 21.04.2006 mit Urteil vom 16.12.2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Angelegenheit erneut zu entscheiden. In den Gründen wird im Wesentlichen ausgeführt, das Disziplinarverfahren sei vorliegend entsprechend den Vorschriften der Disziplinarordnung durchgeführt worden. Formelle Mängel habe der Kläger weder geltend gemacht noch seien solche sonst ersichtlich. Der angefochtene Bescheid sei jedoch rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, soweit der Beklagte eine Geldbuße verhängt habe. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 SGB V vorgesehenen Maßnahmen zu deren Erfüllung anzuhalten. Erfülle ein Vertragsarzt die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht oder nicht ordnungsgemäß, könne die Kassenärztliche Vereinigung gegen ihn eine Disziplinarmaßnahme verhängen. Der Gesetzgeber habe in § 81 Abs. 5 Satz 2 SGB V eine Stufenfolge disziplinarrechtlicher Maßnahmen normiert. Die Verhängung einer Einzelmaßnahme knüpfe jeweils an die Intensität des vertragsärztlichen Pflichtenverstoßes an (vgl. BSG SozR 3-2500 § 81 Nr. 6 sowie vom 11.09.2002 - B 6 KA 36/01 R -). Kern einer jeden Disziplinarmaßnahme sei die Missbilligung eines Verhaltens und der Vorwurf der Verletzung vertragsärztlicher Pflichten. Eine Disziplinarmaßnahme dürfe nur ergehen, wenn der betroffene Arzt im Zusammenhang mit seiner vertragsärztlichen Tätigkeit eine Pflichtverletzung begangen habe und ihn hieran auch ein Verschulden treffe. Dabei reiche Fahrlässigkeit aus. Ob der Vertragsarzt seine vertragsärztlichen Pflichten verletzt habe, sei gerichtlich voll überprüfbar. Dagegen habe der Disziplinarausschuss bei der Auswahl der Disziplinarmaßnahme grundsätzlich ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbares Ermessen, das durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allerdings erheblich eingeschränkt sei (vgl. BSG vom 20.03.1996 - 6 BKa 1/96 - und SozR 3¬2500 § 81 Nr. 6). Der Disziplinarbescheid sei daher nach § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nur bei Ermessensüberschreitung oder bei Ermessensfehlgebrauch rechtswidrig. Das Gericht habe dazu die Voraussetzungen des Ermessens festzustellen, insbesondere zu prüfen, ob der Disziplinarausschuss von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei und sich von sachgerechten Erwägungen habe leiten lassen. Dabei sei es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (vgl. BSG SozR 2200 § 368m Nr. 3). Insbesondere hätten die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit keine Befugnis, ihrerseits anstelle des Disziplinarausschusses die nach Maßgabe der Entscheidungsspielräume erforderlichen entscheidungserheblichen Feststellungen, Gewichtungen und Abwägungen nachzuholen. Gemessen daran sei der angefochtene Bescheid zu beanstanden: Der Kläger habe zwar seine vertragsärztlichen Pflichten schuldhaft nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 81 Abs. 5 Satz 1 SGB V erfüllt, die verhängte Geldbuße verstoße jedoch nach Auffassung der erkennenden Kammer gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Gemäß § 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII seien Ärzte und Zahnärzte, die nicht an einer Heilbehandlung nach § 34 beteiligt seien, verpflichtet, dem Unfallversicherungsträger auf Verlangen Auskunft über die Behandlung, den Zustand sowie über Erkrankungen und frühere Erkrankungen des Versicherten zu erteilen, soweit dies für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich sei. Dabei solle der Unfallversicherungsträger das Auskunftsverlangen zur Feststellung des Versicherungsfalls auf solche Erkrankungen oder auf solche Bereiche von Erkrankungen beschränken, die mit dem Versicherungsfall in einem ursächlichen Zusammenhang stehen können (§ 203 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Erteilung der begehrten Auskunft setze nicht das Einverständnis des Versicherten voraus, wie sich bereits aus der Regelung in § 203 Abs. 2 SGB VII ergebe. Danach hätten die Unfallversicherungsträger den Versicherten auf ein Auskunftsverlangen und auf das Recht, auf Verlangen über die von den Ärzten übermittelten Daten unterrichtet zu werden, rechtzeitig hinzuweisen. Das Gesetz selbst gehe also davon aus, dass es keiner Einwilligung des Versicherten zur Einholung entsprechender Auskünfte bedürfe. Bei der erbetenen Auskunft habe sich der Unfallversicherungsträger an die Beschränkung in § 203 Abs. 1 Satz 2 SGB VII gehalten. Das Auskunftsverlangen sei auch unter dem Gesichtspunkt zulässig gewesen, dass Auskünfte nur verlangt werden dürften, soweit sie für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich seien. Denn der Unfallversicherungsträger habe von Amts wegen Ansprüche auf Leistungen (das seien im wesentlichen Anspruch auf Heilbehandlung, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und ergänzende Leistungen, auf Pflege und Geldleistungen - hier insbesondere Verletztengeld und Rente -, vgl. hierzu § 26 SGB VII) zu prüfen. Zur Prüfung solcher Ansprüche sei die erbetene Auskunft erforderlich. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass die Versicherte zwischenzeitlich den Arbeitsplatz gewechselt und damit die - nach Angaben des Kläger bestehende - Backpulverallergie keine Rolle mehr gespielt habe. Denn der Unfallversicherungsträger habe dennoch zu prüfen gehabt, ob gegebenenfalls durch die entsprechende Allergie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingetreten sei, ob diese für sich genommen die Zahlung einer Rente rechtfertigte oder nur im Zusammenhang mit einem oder mehreren weiteren Versicherungsfällen oder einem anderen Stütztatbestand (vgl. hierzu § 56 Abs. 1 SGB VII). Es habe nicht in der Kompetenz des Klägers gelegen, zu entscheiden, ob die Anfrage erforderlich sei oder nicht. Wenn er insoweit Zweifel gehabt hätte, hätte er diese der Beklagten gegenüber artikulieren und um Aufklärung bitten müssen. Der Kläger könne sich - wie oben bereits dargelegt - zur Verweigerung seiner Auskunft auch nicht darauf berufen, dass die Versicherte nicht nur keine Einwilligung erteilt habe, sondern der Erteilung der Auskunft ausdrücklich widersprochen habe. Es handele sich im Rahmen von § 203 SGB VII um die gesetzliche Verpflichtung zu einer Auskunft, die auch die Versicherte nicht untersagen könne. Soweit der Kläger geltend mache, er hätte sich durch die Erteilung der Auskunft gegen den ausdrücklichen Willen der Versicherten der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt, führe dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sei nach § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X entsprechend anzuwenden. Danach könnten Auskünfte auf Fragen, deren Beantwortung den Arzt oder eine ihm nahestehende Person der Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, verweigert werden. Der Kläger berufe sich insoweit auf § 203 StGB. Nach dieser Vorschrift mache sich u.a. strafbar, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbare, das ihm z.B. als Arzt anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden sei (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Die Gefahr einer solchen Strafverfolgung sei jedoch bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger nach § 203 Abs. 1 SGB VII zur Auskunftserteilung verpflichtet sei, insoweit also eine gesetzliche Befugnis bestehe, die verlangte Auskunft zu erteilen (so auch Wagner in juris PK-SGB VII, Rndr. 14 zu § 203). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Kommentierung in Fischer, Strafgesetzbuch, 55. Auflage 2008, Rndr. 38 zu § 203). Es sei bereits nicht ersichtlich, dass dort aufgrund der Unterscheidung in Offenbarungspflichten und Offenbarungsbefugnisse unterschiedliche Wertungen hinsichtlich der Strafbarkeit vorgenommen würden. So werde in Rndr. 37 darauf hingewiesen, dass, soweit eine Pflicht zur Offenbarung reiche, die Erfüllung dieser Pflicht nicht "unbefugt" sein könne. Dementsprechend beziehe sich die Verweisung auf § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X in § 203 Abs. 1 SGB VII nur auf solche Angaben, die nicht der Auskunftspflicht unterlägen. Der Kläger würde sich deshalb einer Strafverfolgung nur dann aussetzen, wenn er Angaben mache, die über die Angaben hinausgingen, die nach § 203 SGB VII vom Unfallversicherungsträger von ihm verlangt werden dürften. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, da - wie dargelegt - die begehrte Auskunft sich im Rahmen von § 203 SGB VII gehalten habe. Der Kläger habe damit nach Auffassung der Kammer eindeutig gegen die in § 203 SGB VII normierte Auskunftspflicht verstoßen. Ob darüber hinaus ein Verstoß gegen § 46 des Vertrages zwischen dem Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaften, dem Bundesverband der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und dem Bundesverband der Unfallkassen einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertragsärzte/Unfallversicherungsträger) bestehe, könne dahingestellt bleiben. § 46 des Vertrages laute: "Der Arzt, der die Erstversorgung geleistet oder den Versicherten behandelt hat, erstattet dem Unfallversicherungsträger die Auskünfte, Berichte und Gutachten, die dieser im Vollzuge seiner gesetzlichen Aufgaben von ihm einholt (§ 201 SGB VII)." Trotz des klaren Verstoßes gegen vertragsärztliche Pflichten sei die Kammer im vorliegenden Fall jedoch zur Auffassung gelangt, dass die Verhängung einer Geldbuße gegen den Kläger unverhältnismäßig sei. Nach Auffassung der Kammer rechtfertige das Fehlverhalten des Klägers im Hinblick darauf, dass er bislang disziplinarrechtlich unauffällig gewesen sei, allenfalls die Verhängung einer Sanktion unterhalb der Geldbuße. Dass sich der Kläger in der Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss uneinsichtig gezeigt habe, werde von ihm bestritten. Er fühle sich insoweit missverstanden. Erst im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens habe er erklärt, dass er in Zukunft entsprechende Anfragen beantworten werde, wenn es tatsächlich so sei, dass er trotz eindeutiger Weisung durch den Versicherten, keine Auskunft zu erteilen, die Auskunft erteilen müsse. Dass der Kläger hierzu verpflichtet sei, habe das Gericht oben dargelegt. Sollte es dennoch in künftigen Fällen dazu kommen, dass der Kläger entsprechende Auskünfte nicht erteile, werde er auf keinerlei Verständnis für sein Verhalten mehr bauen können. Für den hier zu entscheidenden Fall halte die Kammer jedoch im Hinblick darauf, dass es sich um einen ersten Verstoß gehandelt habe und die Verweigerung der Auskunft unter Berücksichtigung anderer möglicher disziplinarrechtlicher Verstöße eher am unteren Rand angesiedelt sei, die Verhängung einer Geldbuße für unverhältnismäßig, da sie in keiner Relation zum begangenen Pflichtenverstoß stehe. Der angefochtene Bescheid sei deshalb im Sinne des Hilfsantrags des Klägers aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Der Hauptantrag des Klägers, den Bescheid ersatzlos aufzuheben, weil kein Pflichtenverstoß vorgelegen habe, müsse jedoch erfolglos bleiben, da auch die Kammer ein eindeutiges Fehlverhalten des Klägers sehe.
Gegen dieses ihr am 12.03.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.04.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und vorgetragen, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. B 6 KA 9/02) sei die gerichtliche Kontrolle wegen des dem Disziplinarausschuss zukommenden Ermessens (§ 52 Abs. 2 SGG) beschränkt. Das Sozialgericht dürfe somit nur prüfen, ob der Disziplinarausschuss von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei und sich von sachgerechten Erwägungen habe leiten lassen, mithin sein Ermessen nicht überschritten bzw. rechtsmissbräuchlich angewendet habe. Dabei sei das Gericht auf die im Disziplinarbescheid mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt. Insbesondere dürfe das Gericht bei der Ermessensüberprüfung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen. Das SG habe jedoch eigene Ermessenserwägungen angestellt, indem es darauf abgestellt habe, dass es sich um einen ersten Verstoß gehandelt habe, die Verweigerung der Auskunft unter Berücksichtigung anderer möglicher disziplinarrechtlicher Verstöße eher am unteren Rand angesiedelt sei, sich der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung einsichtig gezeigt habe und die kontinuierliche Weigerung des Klägers, trotz mehrfacher Hinweise der Beklagten, die erforderlichen Auskünfte gegenüber der BG zu erteilen, völlig unberücksichtigt gelassen habe. Indem das Sozialgericht Stuttgart auf Erklärungen im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens abgestellt habe, verkenne dieses, dass bei Anfechtung von Ermessensakten ein Abstellen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung nicht möglich sei. Maßgebender Zeitpunkt sei vielmehr die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes, also des Disziplinarbescheides. Erklärungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung hätten deshalb vorliegend nicht berücksichtigt werden dürfen. Unabhängig davon könne ein rechtlich beachtlicher Ermessensfehler nicht festgestellt werden. Insbesondere habe der Disziplinarausschuss, der von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, sein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der zu verhängenden Maßnahme rechtsfehlerfrei unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeübt. Die im angefochtenen Bescheid dargelegten Ermessenserwägungen seien rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei der Ausschuss nicht verpflichtet gewesen, lediglich eine Verwarnung oder einen Verweis auszusprechen, nachdem die kontinuierliche Weigerung des Klägers trotz mehrfacher Hinweise der Beklagten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, nicht als geringfügige Pflichtverletzung einzustufen sei. Zudem habe der Kläger durch sein Verhalten die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Berufsgenossenschaft behindert und zusätzliche Kosten durch Einholung eines dadurch erforderlichen Gutachtens verursacht. Auch sei der Kläger noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss völlig uneinsichtig und unnachgiebig gewesen. Die Beklagte habe bei der Auswahl der Geldbuße in Höhe von 4.000,00 EUR den Rahmen für eine Geldbuße bei weitem nicht ausgeschöpft. Dabei habe sie ermessensfehlerfrei die den Kläger belastenden (s. o.) sowie auch die begünstigenden (bisherige disziplinarrechtliche Unauffälligkeit) Gesichtspunkte berücksichtigt und gegeneinander abgewogen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.12.2006 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und hat hierzu vorgetragen, die ursprünglich verhängte Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR sei in jedem Fall unverhältnismäßig gewesen und es habe damit ein Ermessensfehlgebrauch im engeren Sinne vorgelegen. Die Patientin habe es ihm ausdrücklich untersagt, die von der BG angeforderten Auskünfte zu erteilen. Vor diesem Hintergrund sei auch nochmals ausdrücklich klarzustellen (vgl. hierzu bereits Seite 3 der Klageschrift vom 08.06.2006 an das Sozialgericht Stuttgart), dass er sich keinesfalls grundsätzlich geweigert gehabt habe, Anfragen der BG zu beantworten. Seine Weigerung habe ausdrücklich nur für den Fall gegolten, dass ein Patient ihm die Auskunft ausdrücklich vorher verboten habe. Nach seiner Auffassung habe das Sozialgericht Stuttgart insofern auch fälschlicherweise einen Pflichtenverstoß angenommen. Das Sozialgericht Stuttgart habe die Regelungen in § 203 SGB VII nämlich im Sinne einer Offenbarungspflicht verstanden. Tatsächlich handele es sich insoweit aber nicht um eine Offenbarungspflicht, sondern um eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 55. Auflage, § 203, Rand-Nr. 38). Anders als bei einer Offenbarungspflicht dürfe sich ein Arzt bei Vorliegen lediglich einer Offenbarungsbefugnis aber nicht über einen klar geäußerten, anderweitigen Patientenwillen hinwegsetzen. Nach § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII finde § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X entsprechende Anwendung. Nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X könnten Auskünfte aber verweigert werden, wenn der Auskunftspflichtige durch die Beantwortung sich selbst der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Er hätte sich einer derartigen Gefahr der Strafverfolgung aber ausgesetzt, wenn er der Anfrage der BG trotz ausdrücklichem Auskunftsverbot durch die Patientin nachgekommen wäre. Hierauf sei bereits in der Klageschrift vom 08.06.2006 ausdrücklich hingewiesen worden. Die Nichterteilung der angeforderten Auskunft sei erst recht nachvollziehbar, nachdem die angeforderte Auskunft nicht mehr erforderlich gewesen sei (unter Hinweis auf die die Ausführungen auf Seite 4 der Klageschrift vom 08.06.2006). Selbst wenn man dennoch mit dem Sozialgericht Stuttgart von einer Auskunftsverpflichtung ausgehen würde, so liege in jedem Fall ein relevanter Irrtum vor. Daran änderten auch die durch die Kassenärztliche Vereinigung außergerichtlich erteilten Hinweise an ihn zu seiner Auskunftsverpflichtung nichts. Dies bereits deshalb, weil die Beklagte auf den Umstand, dass die Patientin ein Auskunftsverbot ausgesprochen gehabt habe, nicht hinreichend eingegangen sei. Vielmehr sei seine Verweigerungshaltung dem Umstand geschuldet, dass bei ihm die ärztliche Schweigepflicht, der Datenschutz und insbesondere der Patientenwille einen sehr hohen Stellenwert hätten. Dies mit einer Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR zu ahnden, sei völlig unangemessen. Die Beklagte übersehe dabei, dass er sich nur wegen des durch die Patientin ausgesprochenen Auskunftsverbots und nicht grundsätzlich geweigert habe, Auskunft zu erteilen. Wenn sich selbst Juristen über die Frage des Vorrangs der Regelungen gem. § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII vor einem ausdrücklich geäußerten Patientenwillen mit guten Argumenten stritten, wie hätte er als Arzt dann von einem klaren Sachverhalt ausgehen sollen und sich deshalb ohne weitere Klärung über den ausdrücklichen Patientenwillen hinwegsetzen sollen. Zur Vermeidung von Missverständnissen werde aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich entsprechend dem Urteil des Sozialgerichts Stuttgart zukünftig daran halten werde, trotz entgegenstehendem Patientenwillen dennoch die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. Das Sozialgericht Stuttgart habe zutreffend darauf hingewiesen, dass er bislang disziplinarrechtlich unauffällig gewesen sei und sei ebenfalls zutreffend aufgrund der Gesamtumstände davon ausgegangen, dass die Verhängung einer Geldbuße unverhältnismäßig sei und ein möglicher disziplinarrechtlicher Verstoß eher am untersten Rand anzusiedeln sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG ergehen, da sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung schriftlich einverstanden erklärt haben.
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Da Disziplinarbescheide, die eine Geldbuße verhängen, keine auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakte i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG darstellen (BSG Urteil vom 11.09.2002 - B 6 KA 36/01 R -), bedarf die Berufung in keinem Fall der Zulassung durch das Sozialgericht.
Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil zwei Entscheidungen getroffen. Zum einen hat es den Bescheid der Beklagten vom 21.04.2006 aufgehoben. Hierdurch ist die Beklagte beschwert, was keiner näheren Begründung bedarf. Der Umstand, dass der Senat hinsichtlich der Gründe, die die Aufhebung rechtfertigen, eine andere Auffassung vertritt als das SG, ist für den Erfolg der Berufung ohne Bedeutung. Allein unzutreffende tragende Gründe führen nicht zum Erfolg der auf Klageabweisung gerichteten Berufung, wenn die Aufhebung des angegriffenen Bescheids im Ergebnis zu Recht erfolgt ist.
Zum anderen hat das SG - wohl in analoger Anwendung von § 131 Abs. 3 SGG (dazu BSGE 43,1,3 = SozR 1500 § 131 Nr. 4 S.5) - für den Fall eines erneuten Disziplinarbescheids aus Anlass des hier zu Grunde liegenden Sachverhalts die Beklagte verurteilt, die Rechtsauffassung des SG zu beachten. Ob bei Disziplinarbescheiden eine Bescheidungsklage rechtmäßig ist oder ob insoweit allein die isolierte Anfechtungsklage die richtige Klageart gewesen wäre, kann offen bleiben. Denn der Bescheidungstenor ist hier zu Lasten des Klägers bindend geworden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27), der insoweit auch nicht Anschlussberufung eingelegt hat. Die Beklagte ist durch diesen Urteilsausspruch insoweit beschwert, als ihr für eine erneute Entscheidung die Rechtsauffassung des SG vorgegeben wurde, die insbesondere hinsichtlich der Auswahl der geeigneten Maßnahme Vorgaben für die erneut vorzunehmende Ermessensausübung enthält. Die Reichweite der Rechtskraft eines Bescheidungsurteils wird durch die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts bestimmt, die den mit seiner Rechtsauffassung nicht berücksichtigten Beteiligten beschwert (ständige Rechtsprechung vgl. BSG Urt. v. 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 R). Allerdings kann ein Berufungsurteil, auch wenn es die Berufung gegen den erstinstanzlichen Urteilsausspruch zur Bescheidung zurückweist, andere Maßgaben für die behördliche Ermessensausübung enthalten. Der Senat muss deshalb über die Richtigkeit der vom SG vorgegebenen Rechtsauffassung entscheiden. Dies würde nur entfallen, wenn der angefochtene Disziplinarbescheid in vollem Umfang bestätigt werden könnte, was - wie noch dargelegt wird - nicht der Fall ist. Einer ausdrücklichen Korrektur der erstinstanzlichen Entscheidung im Urteilstenor bedarf es dabei nicht. Insoweit genügt es, wenn das Berufungsgericht an die Stelle der Rechtsauffasssung des SG seine eigene Rechtsauffassung setzt (vgl. Meyer-Ladewig-Keller, Sozialgerichtsgesetz Kommentar § 141 Rdnr. 11a). Maßgebend ist schlussendlich die Rechtsauffassung des Gerichts, dessen Entscheidung rechtskräftig wird. Das Urteil des Senats ist daher in dem Sinne zu verstehen, dass die Rechtsauffassung des Senats im Falle eines erneuten Disziplinarbescheids maßgebend ist.
Die Berufung ist in diesem Sinne unbegründet. Der Bescheid vom 21.04.2006 wurde zu Recht aufgehoben, weil die festgesetzte Geldbuße von 4.000 EUR als unverhältnismäßig anzusehen ist. Anders als das SG meint, muss sich der Beklagte indes nicht mit einem Verweis begnügen. Nach Auffassung des Senats wäre im vorliegenden Fall eine Geldbuße bis zu 2.000 EUR noch vertretbar gewesen.
Zunächst war die Klage gem. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG i.V.m. § 81 Abs. 5 Satz 4 SGB V ohne vorheriges Widerspruchsverfahren zulässig. Auch im Übrigen bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) war auch richtige Beklagte. Der für die Entscheidung über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen zuständige Disziplinarausschuss ist nicht beteiligungsfähig; sein Handeln wird der KV zugerechnet (vgl. auch BSG, Urt. v. 28.1.2004, - B 6 KA 4/03 R -).
Das SG hat den angegriffenen Bescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben, da er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Rechtsgrundlage des Disziplinarbescheids ist § 81 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 19 der Satzung der Beklagten bzw. den Bestimmungen ihrer Disziplinarordnung. Gemäß §§ 81 Abs. 5 Satz 1 SGB V müssen die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Maßnahmen nach Satz 1 sind je nach Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße - bis höchstens 10.000 EUR - oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu 2 Jahren (Sätze 2 und 3; vgl. auch § 12 der Disziplinarordnung). Die gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen sind ausreichend bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
Der Disziplinarausschuss entscheidet durch Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X). Die Auswahl der Disziplinarmaßnahme liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen, weshalb insoweit nur eine eingeschränkte gerichtliche Rechtskontrolle stattfindet (§ 54 Abs. 2 SGG). Das Gericht prüft, ob der Disziplinarausschuss von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen; dabei ist es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
Der angefochtene Disziplinarbescheid ist formell rechtmäßig. Verfahrensfehler sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
Auch die materiellen Voraussetzungen für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme lagen vor. Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten verletzt. Auch ohne ausdrückliche Normierung gehört es zu den vertragsärztlichen Pflichten, in Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit keine Gesetzesverstöße zu begehen, sei es solche gegen strafrechtliche oder gegen berufsrechtliche Vorschriften. Dies gilt ebenso in Bezug auf die hier streitige gesetzliche Verpflichtung des (Vertrags-)Arztes zur Auskunftserteilung gegenüber dem Unfallversicherungsträger über eine (gesetzlich versicherte) Patientin.
Rechtsgrundlagen der Auskunftspflicht sind § 100 SGB X mit der allgemeinen Regelung der Auskunftspflicht von Ärzten und § 203 SGB VII als eine Spezialregelung in der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach letzterer sind Ärzte, die nicht an einer Heilbehandlung nach § 34 SGB VII beteiligt sind, verpflichtet, dem Unfallversicherungsträger auf Verlangen Auskunft über Behandlungen, den Zustand sowie über Erkrankungen und frühere Erkrankungen des Versicherten zu erteilen, soweit dies für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich ist (§ 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Diese Vorschrift enthält nach ihrem Wortlaut eine sehr weitgehende, allgemeine Auskunftspflicht von Ärzten, die einen Versicherten irgendwann einmal behandelt oder untersucht haben. Die Vorschrift knüpft an den früheren § 1543d der Reichsversicherungsordnung (RVO) an. Sie ist im Gesetzgebungsverfahren insofern geändert worden, als sie klar gegenüber § 201 SGB VII abgegrenzt wurde: Während § 201 SGB VII die Auskunftspflicht der Ärzte regelt, die an einer Heilbehandlung nach § 34 SGB VII beteiligt sind, regelt § 203 SGB VII die Auskunftspflicht der übrigen Ärzte. Für diese weite Auslegung sprechen neben dem eindeutigen Wortlaut und der genannten Gesetzgebungsgeschichte einschließlich der Beteiligung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz auch das Tätigwerden und die Leistungsgewährung der Unfallversicherungsträger von Amts wegen ohne Antrag (§ 19 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)) sowie die Theorie der wesentlichen Bedingung, die eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts erfordert. Begrenzt wird die Auskunftspflicht nur durch die Erforderlichkeit für eine Leistungserbringung seitens des Unfallversicherungsträgers und die Beschränkung auf solche Bereiche von Erkrankungen, die mit dem Versicherungsfall in ursächlichem Zusammenhang stehen können (BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 3/04 R -, veröffentlicht in Juris).
Die in besonderen Gesetzesbestimmungen (§§ 202, 203 SGB VII, § 100 SGB X) niedergelegten Pflichten des Kassenarztes, den Sozialleistungsträgern die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wirken unmittelbar als Offenbarungsbefugnis, nicht erst, wenn der Patient sein Einverständnis erklärt (Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, § 202 Rdn. 43; Kranig, in: Hauck SGB VII K § 202 Rdn. 6). Er ist damit, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschriften vorliegen, auch in diesem Fall zur Auskunftserteilung berechtigt, die damit nicht unbefugt ist (vgl. § 203 StGB). Entsprechend kann er sich, wie das SG bereits ausführlich und zutreffend dargelegt hat, nicht auf § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII berufen und ist gegenüber dem Unfallversicherungsträger auf dessen Ersuchen zur Auskunftserteilung verpflichtet.
Der Kläger, der als Arzt für Allgemeinmedizin die Versicherte B. wegen einer berufsbedingten Atemwegserkrankung untersucht und behandelt hatte, konnte über ihre Behandlung, ihren Zustand sowie ihre Erkrankungen berichten, was er selbst nicht in Abrede gestellt hat. Da diese Auskünfte für die Entscheidung des Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf seine gesetzlichen Leistungspflichten bei Berufskrankheiten erforderlich waren, sind die Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 SGB VII erfüllt.
Der Unfallversicherungsträger ist auch seiner Hinweispflicht aus § 203 Abs. 2 SGB VII nachgekommen. Diese Vorschrift soll dem Betroffenen kein Widerspruchsrecht gegen die Datenerhebung einräumen, sondern dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot Rechnung tragen, damit der Betroffene weiß, wer über ihn welche Daten hat. Die Datenerhebung kann daher zeitgleich mit dem Hinweis an den Versicherten erfolgen (BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 3/04 R -, veröffentlicht in Juris).
Der Kläger hat die Pflichtverletzung schuldhaft begangen. Der Pflichtverstoß ist ihm subjektiv vorzuwerfen. Die Annahme, dass die Leistungspflichten der Berufsgenossenschaft und die damit zusammenhängende Erforderlichkeit der Auskunftserteilung allein deshalb nicht bestehen könnte, weil die Patientin nicht mehr in einer Bäckerei tätig war, ist abwegig. In der Regel setzt bereits die Anerkennung einer Berufskrankheit voraus, dass die gefährdende Tätigkeit aufgegeben werden musste. Als Entschuldigungsgrund kommt damit nur ein Irrtum über eine Kollision zwischen der Auskunftspflicht einerseits und der ärztlichen Schweigepflicht andererseits in Betracht. Ein solcher Irrtum, sollte er vorgelegen haben, war für den Kläger aber vermeidbar, da er sich im Zweifel hätte kundig machen müssen. Dies hätte auch dadurch geschehen können, dass er die Beklagte um Stellungnahme hätte bitten können, ob er zur Auskunftserteilung auch in dem Fall verpflichtet sei, dass ihm diese durch den Patienten untersagt wird. Die Tatsache, dass er, auch nachdem die Beklagte ihm auf Veranlassung der Berufsgenossenschaft die Rechtslage dargelegt und ihm eine Frist zur Auskunftserteilung gesetzt hatte, nicht reagiert hat, und seine Einlassungen vor dem Disziplinarausschuss (s. unten) lassen aber erkennen, dass er sein Verhalten unabhängig von der Rechtslage für gerechtfertigt hielt und hieran festhalten wollte. Damit kann den Kläger aber auch ein möglicher Irrtum über die Rechtslage nicht entschuldigen, da er nicht kausal für seine pflichtverletzende Auskunftsverweigerung war, sondern er vielmehr zumindest unter Inkaufnahme einer Pflichtverletzung gehandelt hat.
Der Senat teilt im Übrigen hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Nach Ansicht des Senats ist aber auch die Art der aufgrund der zu sanktionierenden Verfehlung verhängten Disziplinarmaßnahme nicht zu beanstanden. Insoweit ist entgegen der Auffassung des SG nicht ersichtlich, dass der Disziplinarausschuss den ihm gegebenen Ermessensspielraum überschritten oder sein Ermessen anderweitig fehlerhaft ausgeübt hätte. Angesichts der vom Disziplinarausschuss hervorgehobenen Unbelehrbarkeit des Klägers, musste der Disziplinarausschuss nicht zu milderen Maßnahmen greifen, sondern konnte eine Geldbuße verhängen. Dass der Kläger auch noch vor dem Disziplinarausschuss darauf beharrt hat, in gleich gelagerten Fällen, wenn also der Patient die Auskunftserteilung ausdrücklich untersage, die Auskunft zu verweigern, hat er selbst mit seinem Vortrag auf Seite 3 der Klagebegründung vom 08.06.2006 bestätigt.
Der Disziplinarausschuss hat jedoch den Rahmen des ihm zukommenden Ermessens im Hinblick auf die Höhe der Geldbuße von 4.000 EUR überschritten. Es ist dem Disziplinarausschuss einzuräumen, dass es dem Sinn des Disziplinarverfahrens entspricht, den Betroffenen im Interesse der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung künftig zur Beachtung seiner vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten (dazu BSG Urt. v. 6.11.2002 - B 6 KA 9/02 R). Er hat dabei jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten, der einerseits in der Staffelung der Sanktionen nach Verwarnung, Verweis, Geldbuße oder dem Ruhen der Zulassung und andererseits in dem Passus "je nach Schwere der Verfehlung" im Gesetz selbst zum Ausdruck kommt (BSG Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 62/98 R).
Die Bemessung der Geldbuße verstößt hier gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Entscheidung ist zu entnehmen, dass insoweit alle Umstände berücksichtigt worden seien. Die festgesetzte Geldbuße in Höhe von 4.000 EUR schöpft den Rahmen von heute 10.000 EUR jedoch deutlich mehr als zu einem Viertel aus und erscheint deshalb unter Berücksichtigung, dass der Kläger bisher strafrechtlich und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, unverhältnismäßig. Eine Geldbuße etwa in Höhe von 2000 EUR läge nach Auffassung des Senats bereits an der Obergrenze des noch Vertretbaren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG (Auffangstreitwert von 5.000 EUR zzgl. Betrag der Geldbuße, BSG, Beschl. v. 01.02.2005, - B 6 KA 70/04 B -).
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 9.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart, mit dem ihr Disziplinarbescheid vom 21.4.2006 aufgehoben und sie zudem zur erneuten Entscheidung über die vom Kläger angegriffene Disziplinarmaßnahme (Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt worden ist.
Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin mit Sitz in U. seit 30.5.1989 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Schreiben vom 19.08.2003 bat die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BG) als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung den Kläger um Beantwortung einiger Fragen bezüglich einer Patientin, die wegen einer berufsbedingten Atemwegserkrankung in Behandlung des Klägers stehen bzw. gestanden haben solle. Das Auskunftsersuchen stützte sich auf § 201 SGB VII. Beigefügt war ein Fragebogen mit insgesamt zwölf- zum Teil unterteilten - Fragen, in denen es im Wesentlichen um die Behandlung der Patientin wegen Ekzemen/Fließschnupfens/Heufiebers/Asthmas oder ähnlicher Erkrankungen der Schleimhäute der Atemwege ging. Mit Schreiben vom 31.10.2003 erinnerte die BG an die Erledigung und wies darauf hin, dass der Kläger gemäß §§ 201, 203 SGB VII verpflichtet sei, dem Träger der Unfallversicherung Auskunft über die Behandlung und den Zustand der Versicherten zu erteilen. Nach einer weiteren Erinnerung (Schreiben vom 27.11.2003) wandte sich die BG an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Südwürttemberg, die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die KV Südwürttemberg wies den Kläger mit Schreiben vom 12.03.2004 darauf hin, dass im Unfallversicherungsrecht nach SGB VII für den Arzt eine gesetzliche Verpflichtung für die Auskunftserteilung gegenüber den berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsträgern bestehe (§§ 201, 203 SGB VII). Neben der gesetzlichen Verpflichtung bestehe für den Vertragsarzt auch eine Auskunftspflicht nach dem Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger (§ 46 des Vertrages). Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass er mit der Nichterteilung der Auskunft auch gegen Berufspflichten verstoße, die ihm als Kammermitglied zur Wahrung des Ansehens des ärztlichen Berufs oblägen. Da der Kläger trotz dieses Schreibens die begehrte Auskunft nicht erteilte, beantragte der Vorstand der KV Südwürttemberg mit Schreiben vom 4.10.2004 die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Der Disziplinarausschuss benachrichtigte den Kläger mit Schreiben vom 15.10.2004 von dem Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Er wies darauf hin, dass der Kläger sowohl gegen die gesetzliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung gegenüber den berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsträgern (§§ 201, 203 SGB VII) wie auch die nach § 46 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger bestehende Auskunftspflicht verstoßen habe, ebenso gegen seine Berufspflichten. Der Kläger erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 28.11.2004 machte der Kläger geltend, dass die Patientin/Versicherte ständig durch wiederkehrende Formulare mit ständig gleichen Fragen durch immer neue Sachbearbeiter angeschrieben worden und eine Beurteilung durch ständig neue Gutachter von ihr verlangt worden sei. Deshalb habe die Patientin ihn ausdrücklich nicht von der Schweigepflicht gegenüber der BG entbunden. Dieses Schreiben liege bei der BG vor. Es sei ihm deshalb unerklärlich, wie eine Behörde der KV sich herausnehme, ein Disziplinarverfahren gegen ihn anzustrengen. Außerdem sei die Patientin schon seit Januar 2003 nicht mehr in dem damaligen Betrieb tätig, so dass sich die Angelegenheit bereits vor dem ersten Brief erledigt habe.
In der Sitzung des Disziplinarausschusses am 15.03.2006, an der der Kläger teilnahm, beschloss der Ausschuss, dass der Kläger gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen habe und verhängte gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR. Im Bescheid vom 21.04.2006 stellte der Ausschuss fest, dass der Kläger durch die Weigerung, dem Auskunftsersuchen nachzukommen, gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen habe. Durch die Zulassung erwerbe der Vertragsarzt einen Status, der nicht nur durch Rechte, sondern auch durch zahlreiche Pflichten gekennzeichnet sei. Diese Pflichten habe er zu beachten. Hierzu gehöre u. a., dass gegenüber Versicherungsträgern angeforderte nötige ärztliche Gutachten zur Erfüllung und Ablehnung von Leistungsansprüchen der Versicherten erteilt würden. Solche Stellungnahmen müssten in überschaubarer Zeit erstellt werden. Nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe die gesetzliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung gegenüber den berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungsträgern gemäß §§ 201, 203 SGB VII. Des Weiteren sei in § 46 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger eine Auskunftspflicht für den Vertragsarzt verankert. Schließlich gehöre es auch zu den Berufspflichten des Arztes, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und den ihm im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Gemäß § 25 Satz 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg sei der Arzt verpflichtet, Gutachten und Zeugnisse innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Der Kläger habe hiergegen durch seine Weigerung, die angeforderte Stellungnahme abzugeben, verstoßen. Er bestreite dies auch nicht, sondern habe vielmehr bekräftigt, dass er auch in Zukunft nicht gewillt sein werde, entsprechende Anfragen zu beantworten. Der Einwand, die betroffene Patientin habe ihn nicht von seiner Schweigepflicht entbunden, greife nicht durch. § 203 SGB VII schränke den Datenschutz insoweit ein, als die Berufsgenossenschaft vom niedergelassenen Arzt eine Auskunft erbitten könne. Hierauf sei er bereits durch Schreiben vom 15.12.2004 hingewiesen worden. Der Kläger habe sich auch nicht bemüht, entweder von der für ihn zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung oder von der anfordernden BG eine Auskunft zu erhalten, ob er trotz nicht vorhandener Einwilligung der Patientin zur Beantwortung der Anfrage berechtigt oder sogar verpflichtet sei. Er habe sich um diese Frage überhaupt nicht gekümmert. Erst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens habe er sich auf die fehlende Entbindung von der Schweigepflicht berufen. Der Ausschuss sei zur Auffassung gelangt, dass dem vom Kläger begangenen Pflichtverstoß mit einer spürbaren Disziplinarmaßnahme zu begegnen sei. Die Pflichtverletzung habe Gewicht. Zu Lasten des Betroffenen sei nämlich zu werten, dass er sich zum einen gegenüber der BG überhaupt nicht gemeldet und auch keine Begründung dafür gegeben habe, dass er die Anfrage nicht beantworte. Viel gewichtiger sei aber die Tatsache, dass der Betroffene in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss eindeutig und nachdrücklich klargestellt habe, dass er auch in Zukunft so handeln werde und sich davon auch durch die KV nicht abbringen lassen werde. Eine Einsicht des Klägers in sein Fehlverhalten und seinen Verstoß gegen seine vertragsärztlichen Pflichten sei damit nicht vorhanden, weshalb eine Besserung nicht zu erwarten sei. Zu Gunsten des Betroffenen spreche, dass er bisher disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Unter diesen Umständen reiche ein Verweis oder eine gar noch mildere Sanktion nicht mehr aus, um der Pflichtverletzung angemessen zu begegnen und den Kläger zur Erfüllung seiner Pflicht anzuhalten. Erforderlich sei eine Geldbuße, die, um den Kläger hinreichend zu beeindrucken, unter Berücksichtigung aller Umstände auf 4.000,- EUR bemessen worden sei.
Dagegen hat der Kläger am 08.06.2006 Klage erhoben und geltend gemacht, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss nochmals deutlich gemacht habe, dass er sich auf Grund der ausdrücklichen Weisung der Patientin an seine Schweigepflicht gebunden gefühlt habe. Gleichzeitig habe er zum Ausdruck gebracht, dass er sich in gleichgelagerten Fällen wieder entsprechend verhalten werde. Nach § 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sei der Arzt zur Auskunft nur verpflichtet, soweit dies für die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich sei. Die Patientin sei jedoch bereits zum Zeitpunkt der ersten Anfrage der BG vom August 2003 seit über einem dreiviertel Jahr nicht mehr in der Bäckerei beschäftigt gewesen. Durch den Arbeitgeberwechsel habe sich die Backpulverallergie erledigt. Dies sei der BG aufgrund der durch die anderen behandelnden Ärzte bereits erteilten Auskünfte auch bekannt gewesen. Ansprüche gegen die BG seien somit nicht einmal theoretisch denkbar gewesen. Bereits bei der ersten Anfrage habe es sich um eine unnötige Anfrage gehandelt, die nicht erforderlich im Sinne von § 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII gewesen sei. Schon deshalb sei er nicht zur Auskunft verpflichtet gewesen. Im übrigen habe die Patientin über etwaige ihr zustehende Ansprüche zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens dadurch disponiert gehabt, dass sie ihm untersagt habe, gegenüber der BG die angeforderten Auskünfte zu erteilen. Konsequenz der Nichterteilung sei allenfalls gewesen, dass die Patientin und Versicherungsnehmerin von der BG keine Leistungen habe erhalten können. Auch vom Schutzgedanken her könne deshalb im konkreten Fall wegen der ausdrücklichen Weisung der Patientin keine Auskunftsverpflichtung bestanden haben. Unbestritten sei, dass ein Arzt nach § 203 SGB VII grundsätzlich verpflichtet sei, Anfragen des Unfallversicherungsträgers zu beantworten, auch dann, wenn für die konkrete Anfrage keine ausdrückliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vorliege. Dies könne aber nicht gelten, wenn der oder die Versicherte seinen ausdrücklichen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck gebracht habe. Hätte er trotz dieser Weisung die Auskunft erteilt, hätte er zwar seiner formalen Auskunftsverpflichtung genügt, gleichzeitig aber in ein höherrangiges Grundrecht der Patientin eingegriffen. Eine solche vertragsärztliche Pflicht könne von ihm nicht gefordert werden, sie sei letztendlich verfassungswidrig. Im Übrigen sei die angeordnete Disziplinarmaßnahme völlig unangemessen. Die Rechtslage sei bezüglich des Vorliegens einer vertragsärztlichen Pflichtverletzung zumindest unklar. Der Disziplinarausschuss habe die Rechtslage insofern verkannt. Falls rechtskräftig entschieden werden sollte, dass tatsächlich ein vertragsärztlicher Pflichtverstoß vorliege, werde er künftig Anfragen des Unfallversicherungsträgers auch bei ausdrücklich entgegenstehender Weisung des Patienten beantworten. Im streitgegenständlichen Fall habe er sich dann insofern aber in einem entschuldbaren Irrtum befunden. Als Maßnahme wäre dann eine Verwarnung völlig ausreichend, zumal er sich bislang disziplinarrechtlich noch nie etwas habe zu Schulden kommen lassen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, der Kläger könne sich nicht darauf berufen, die Auskunft sei nicht notwendig gewesen. Welche Auskünfte erforderlich seien, entscheide allein der Unfallversicherungsträger. Die Erteilung der nach § 203 SGB VII angeforderten Auskunft setze keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht voraus. Auch nach § 46 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger bestünden Auskunftsverpflichtungen gegenüber der Berufsgenossenschaft. An dem Vertrag seien alle Ärzte beteiligt, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen (§ 4 Abs. 1 des Vertrages). Der Disziplinarausschuss habe den Sachverhalt vollständig ermittelt und sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
Das SG hat den Bescheid vom 21.04.2006 mit Urteil vom 16.12.2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Angelegenheit erneut zu entscheiden. In den Gründen wird im Wesentlichen ausgeführt, das Disziplinarverfahren sei vorliegend entsprechend den Vorschriften der Disziplinarordnung durchgeführt worden. Formelle Mängel habe der Kläger weder geltend gemacht noch seien solche sonst ersichtlich. Der angefochtene Bescheid sei jedoch rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, soweit der Beklagte eine Geldbuße verhängt habe. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 SGB V hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 SGB V vorgesehenen Maßnahmen zu deren Erfüllung anzuhalten. Erfülle ein Vertragsarzt die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht oder nicht ordnungsgemäß, könne die Kassenärztliche Vereinigung gegen ihn eine Disziplinarmaßnahme verhängen. Der Gesetzgeber habe in § 81 Abs. 5 Satz 2 SGB V eine Stufenfolge disziplinarrechtlicher Maßnahmen normiert. Die Verhängung einer Einzelmaßnahme knüpfe jeweils an die Intensität des vertragsärztlichen Pflichtenverstoßes an (vgl. BSG SozR 3-2500 § 81 Nr. 6 sowie vom 11.09.2002 - B 6 KA 36/01 R -). Kern einer jeden Disziplinarmaßnahme sei die Missbilligung eines Verhaltens und der Vorwurf der Verletzung vertragsärztlicher Pflichten. Eine Disziplinarmaßnahme dürfe nur ergehen, wenn der betroffene Arzt im Zusammenhang mit seiner vertragsärztlichen Tätigkeit eine Pflichtverletzung begangen habe und ihn hieran auch ein Verschulden treffe. Dabei reiche Fahrlässigkeit aus. Ob der Vertragsarzt seine vertragsärztlichen Pflichten verletzt habe, sei gerichtlich voll überprüfbar. Dagegen habe der Disziplinarausschuss bei der Auswahl der Disziplinarmaßnahme grundsätzlich ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbares Ermessen, das durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit allerdings erheblich eingeschränkt sei (vgl. BSG vom 20.03.1996 - 6 BKa 1/96 - und SozR 3¬2500 § 81 Nr. 6). Der Disziplinarbescheid sei daher nach § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nur bei Ermessensüberschreitung oder bei Ermessensfehlgebrauch rechtswidrig. Das Gericht habe dazu die Voraussetzungen des Ermessens festzustellen, insbesondere zu prüfen, ob der Disziplinarausschuss von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei und sich von sachgerechten Erwägungen habe leiten lassen. Dabei sei es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (vgl. BSG SozR 2200 § 368m Nr. 3). Insbesondere hätten die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit keine Befugnis, ihrerseits anstelle des Disziplinarausschusses die nach Maßgabe der Entscheidungsspielräume erforderlichen entscheidungserheblichen Feststellungen, Gewichtungen und Abwägungen nachzuholen. Gemessen daran sei der angefochtene Bescheid zu beanstanden: Der Kläger habe zwar seine vertragsärztlichen Pflichten schuldhaft nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 81 Abs. 5 Satz 1 SGB V erfüllt, die verhängte Geldbuße verstoße jedoch nach Auffassung der erkennenden Kammer gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Gemäß § 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII seien Ärzte und Zahnärzte, die nicht an einer Heilbehandlung nach § 34 beteiligt seien, verpflichtet, dem Unfallversicherungsträger auf Verlangen Auskunft über die Behandlung, den Zustand sowie über Erkrankungen und frühere Erkrankungen des Versicherten zu erteilen, soweit dies für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich sei. Dabei solle der Unfallversicherungsträger das Auskunftsverlangen zur Feststellung des Versicherungsfalls auf solche Erkrankungen oder auf solche Bereiche von Erkrankungen beschränken, die mit dem Versicherungsfall in einem ursächlichen Zusammenhang stehen können (§ 203 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Erteilung der begehrten Auskunft setze nicht das Einverständnis des Versicherten voraus, wie sich bereits aus der Regelung in § 203 Abs. 2 SGB VII ergebe. Danach hätten die Unfallversicherungsträger den Versicherten auf ein Auskunftsverlangen und auf das Recht, auf Verlangen über die von den Ärzten übermittelten Daten unterrichtet zu werden, rechtzeitig hinzuweisen. Das Gesetz selbst gehe also davon aus, dass es keiner Einwilligung des Versicherten zur Einholung entsprechender Auskünfte bedürfe. Bei der erbetenen Auskunft habe sich der Unfallversicherungsträger an die Beschränkung in § 203 Abs. 1 Satz 2 SGB VII gehalten. Das Auskunftsverlangen sei auch unter dem Gesichtspunkt zulässig gewesen, dass Auskünfte nur verlangt werden dürften, soweit sie für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich seien. Denn der Unfallversicherungsträger habe von Amts wegen Ansprüche auf Leistungen (das seien im wesentlichen Anspruch auf Heilbehandlung, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und ergänzende Leistungen, auf Pflege und Geldleistungen - hier insbesondere Verletztengeld und Rente -, vgl. hierzu § 26 SGB VII) zu prüfen. Zur Prüfung solcher Ansprüche sei die erbetene Auskunft erforderlich. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass die Versicherte zwischenzeitlich den Arbeitsplatz gewechselt und damit die - nach Angaben des Kläger bestehende - Backpulverallergie keine Rolle mehr gespielt habe. Denn der Unfallversicherungsträger habe dennoch zu prüfen gehabt, ob gegebenenfalls durch die entsprechende Allergie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingetreten sei, ob diese für sich genommen die Zahlung einer Rente rechtfertigte oder nur im Zusammenhang mit einem oder mehreren weiteren Versicherungsfällen oder einem anderen Stütztatbestand (vgl. hierzu § 56 Abs. 1 SGB VII). Es habe nicht in der Kompetenz des Klägers gelegen, zu entscheiden, ob die Anfrage erforderlich sei oder nicht. Wenn er insoweit Zweifel gehabt hätte, hätte er diese der Beklagten gegenüber artikulieren und um Aufklärung bitten müssen. Der Kläger könne sich - wie oben bereits dargelegt - zur Verweigerung seiner Auskunft auch nicht darauf berufen, dass die Versicherte nicht nur keine Einwilligung erteilt habe, sondern der Erteilung der Auskunft ausdrücklich widersprochen habe. Es handele sich im Rahmen von § 203 SGB VII um die gesetzliche Verpflichtung zu einer Auskunft, die auch die Versicherte nicht untersagen könne. Soweit der Kläger geltend mache, er hätte sich durch die Erteilung der Auskunft gegen den ausdrücklichen Willen der Versicherten der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt, führe dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sei nach § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X entsprechend anzuwenden. Danach könnten Auskünfte auf Fragen, deren Beantwortung den Arzt oder eine ihm nahestehende Person der Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, verweigert werden. Der Kläger berufe sich insoweit auf § 203 StGB. Nach dieser Vorschrift mache sich u.a. strafbar, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbare, das ihm z.B. als Arzt anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden sei (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Die Gefahr einer solchen Strafverfolgung sei jedoch bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger nach § 203 Abs. 1 SGB VII zur Auskunftserteilung verpflichtet sei, insoweit also eine gesetzliche Befugnis bestehe, die verlangte Auskunft zu erteilen (so auch Wagner in juris PK-SGB VII, Rndr. 14 zu § 203). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Kommentierung in Fischer, Strafgesetzbuch, 55. Auflage 2008, Rndr. 38 zu § 203). Es sei bereits nicht ersichtlich, dass dort aufgrund der Unterscheidung in Offenbarungspflichten und Offenbarungsbefugnisse unterschiedliche Wertungen hinsichtlich der Strafbarkeit vorgenommen würden. So werde in Rndr. 37 darauf hingewiesen, dass, soweit eine Pflicht zur Offenbarung reiche, die Erfüllung dieser Pflicht nicht "unbefugt" sein könne. Dementsprechend beziehe sich die Verweisung auf § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X in § 203 Abs. 1 SGB VII nur auf solche Angaben, die nicht der Auskunftspflicht unterlägen. Der Kläger würde sich deshalb einer Strafverfolgung nur dann aussetzen, wenn er Angaben mache, die über die Angaben hinausgingen, die nach § 203 SGB VII vom Unfallversicherungsträger von ihm verlangt werden dürften. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, da - wie dargelegt - die begehrte Auskunft sich im Rahmen von § 203 SGB VII gehalten habe. Der Kläger habe damit nach Auffassung der Kammer eindeutig gegen die in § 203 SGB VII normierte Auskunftspflicht verstoßen. Ob darüber hinaus ein Verstoß gegen § 46 des Vertrages zwischen dem Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaften, dem Bundesverband der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und dem Bundesverband der Unfallkassen einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertragsärzte/Unfallversicherungsträger) bestehe, könne dahingestellt bleiben. § 46 des Vertrages laute: "Der Arzt, der die Erstversorgung geleistet oder den Versicherten behandelt hat, erstattet dem Unfallversicherungsträger die Auskünfte, Berichte und Gutachten, die dieser im Vollzuge seiner gesetzlichen Aufgaben von ihm einholt (§ 201 SGB VII)." Trotz des klaren Verstoßes gegen vertragsärztliche Pflichten sei die Kammer im vorliegenden Fall jedoch zur Auffassung gelangt, dass die Verhängung einer Geldbuße gegen den Kläger unverhältnismäßig sei. Nach Auffassung der Kammer rechtfertige das Fehlverhalten des Klägers im Hinblick darauf, dass er bislang disziplinarrechtlich unauffällig gewesen sei, allenfalls die Verhängung einer Sanktion unterhalb der Geldbuße. Dass sich der Kläger in der Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss uneinsichtig gezeigt habe, werde von ihm bestritten. Er fühle sich insoweit missverstanden. Erst im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens habe er erklärt, dass er in Zukunft entsprechende Anfragen beantworten werde, wenn es tatsächlich so sei, dass er trotz eindeutiger Weisung durch den Versicherten, keine Auskunft zu erteilen, die Auskunft erteilen müsse. Dass der Kläger hierzu verpflichtet sei, habe das Gericht oben dargelegt. Sollte es dennoch in künftigen Fällen dazu kommen, dass der Kläger entsprechende Auskünfte nicht erteile, werde er auf keinerlei Verständnis für sein Verhalten mehr bauen können. Für den hier zu entscheidenden Fall halte die Kammer jedoch im Hinblick darauf, dass es sich um einen ersten Verstoß gehandelt habe und die Verweigerung der Auskunft unter Berücksichtigung anderer möglicher disziplinarrechtlicher Verstöße eher am unteren Rand angesiedelt sei, die Verhängung einer Geldbuße für unverhältnismäßig, da sie in keiner Relation zum begangenen Pflichtenverstoß stehe. Der angefochtene Bescheid sei deshalb im Sinne des Hilfsantrags des Klägers aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Der Hauptantrag des Klägers, den Bescheid ersatzlos aufzuheben, weil kein Pflichtenverstoß vorgelegen habe, müsse jedoch erfolglos bleiben, da auch die Kammer ein eindeutiges Fehlverhalten des Klägers sehe.
Gegen dieses ihr am 12.03.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.04.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und vorgetragen, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. B 6 KA 9/02) sei die gerichtliche Kontrolle wegen des dem Disziplinarausschuss zukommenden Ermessens (§ 52 Abs. 2 SGG) beschränkt. Das Sozialgericht dürfe somit nur prüfen, ob der Disziplinarausschuss von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei und sich von sachgerechten Erwägungen habe leiten lassen, mithin sein Ermessen nicht überschritten bzw. rechtsmissbräuchlich angewendet habe. Dabei sei das Gericht auf die im Disziplinarbescheid mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt. Insbesondere dürfe das Gericht bei der Ermessensüberprüfung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen. Das SG habe jedoch eigene Ermessenserwägungen angestellt, indem es darauf abgestellt habe, dass es sich um einen ersten Verstoß gehandelt habe, die Verweigerung der Auskunft unter Berücksichtigung anderer möglicher disziplinarrechtlicher Verstöße eher am unteren Rand angesiedelt sei, sich der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung einsichtig gezeigt habe und die kontinuierliche Weigerung des Klägers, trotz mehrfacher Hinweise der Beklagten, die erforderlichen Auskünfte gegenüber der BG zu erteilen, völlig unberücksichtigt gelassen habe. Indem das Sozialgericht Stuttgart auf Erklärungen im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens abgestellt habe, verkenne dieses, dass bei Anfechtung von Ermessensakten ein Abstellen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung nicht möglich sei. Maßgebender Zeitpunkt sei vielmehr die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes, also des Disziplinarbescheides. Erklärungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung hätten deshalb vorliegend nicht berücksichtigt werden dürfen. Unabhängig davon könne ein rechtlich beachtlicher Ermessensfehler nicht festgestellt werden. Insbesondere habe der Disziplinarausschuss, der von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, sein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der zu verhängenden Maßnahme rechtsfehlerfrei unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeübt. Die im angefochtenen Bescheid dargelegten Ermessenserwägungen seien rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei der Ausschuss nicht verpflichtet gewesen, lediglich eine Verwarnung oder einen Verweis auszusprechen, nachdem die kontinuierliche Weigerung des Klägers trotz mehrfacher Hinweise der Beklagten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, nicht als geringfügige Pflichtverletzung einzustufen sei. Zudem habe der Kläger durch sein Verhalten die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Berufsgenossenschaft behindert und zusätzliche Kosten durch Einholung eines dadurch erforderlichen Gutachtens verursacht. Auch sei der Kläger noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarausschuss völlig uneinsichtig und unnachgiebig gewesen. Die Beklagte habe bei der Auswahl der Geldbuße in Höhe von 4.000,00 EUR den Rahmen für eine Geldbuße bei weitem nicht ausgeschöpft. Dabei habe sie ermessensfehlerfrei die den Kläger belastenden (s. o.) sowie auch die begünstigenden (bisherige disziplinarrechtliche Unauffälligkeit) Gesichtspunkte berücksichtigt und gegeneinander abgewogen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.12.2006 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und hat hierzu vorgetragen, die ursprünglich verhängte Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR sei in jedem Fall unverhältnismäßig gewesen und es habe damit ein Ermessensfehlgebrauch im engeren Sinne vorgelegen. Die Patientin habe es ihm ausdrücklich untersagt, die von der BG angeforderten Auskünfte zu erteilen. Vor diesem Hintergrund sei auch nochmals ausdrücklich klarzustellen (vgl. hierzu bereits Seite 3 der Klageschrift vom 08.06.2006 an das Sozialgericht Stuttgart), dass er sich keinesfalls grundsätzlich geweigert gehabt habe, Anfragen der BG zu beantworten. Seine Weigerung habe ausdrücklich nur für den Fall gegolten, dass ein Patient ihm die Auskunft ausdrücklich vorher verboten habe. Nach seiner Auffassung habe das Sozialgericht Stuttgart insofern auch fälschlicherweise einen Pflichtenverstoß angenommen. Das Sozialgericht Stuttgart habe die Regelungen in § 203 SGB VII nämlich im Sinne einer Offenbarungspflicht verstanden. Tatsächlich handele es sich insoweit aber nicht um eine Offenbarungspflicht, sondern um eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 55. Auflage, § 203, Rand-Nr. 38). Anders als bei einer Offenbarungspflicht dürfe sich ein Arzt bei Vorliegen lediglich einer Offenbarungsbefugnis aber nicht über einen klar geäußerten, anderweitigen Patientenwillen hinwegsetzen. Nach § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII finde § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X entsprechende Anwendung. Nach § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X könnten Auskünfte aber verweigert werden, wenn der Auskunftspflichtige durch die Beantwortung sich selbst der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Er hätte sich einer derartigen Gefahr der Strafverfolgung aber ausgesetzt, wenn er der Anfrage der BG trotz ausdrücklichem Auskunftsverbot durch die Patientin nachgekommen wäre. Hierauf sei bereits in der Klageschrift vom 08.06.2006 ausdrücklich hingewiesen worden. Die Nichterteilung der angeforderten Auskunft sei erst recht nachvollziehbar, nachdem die angeforderte Auskunft nicht mehr erforderlich gewesen sei (unter Hinweis auf die die Ausführungen auf Seite 4 der Klageschrift vom 08.06.2006). Selbst wenn man dennoch mit dem Sozialgericht Stuttgart von einer Auskunftsverpflichtung ausgehen würde, so liege in jedem Fall ein relevanter Irrtum vor. Daran änderten auch die durch die Kassenärztliche Vereinigung außergerichtlich erteilten Hinweise an ihn zu seiner Auskunftsverpflichtung nichts. Dies bereits deshalb, weil die Beklagte auf den Umstand, dass die Patientin ein Auskunftsverbot ausgesprochen gehabt habe, nicht hinreichend eingegangen sei. Vielmehr sei seine Verweigerungshaltung dem Umstand geschuldet, dass bei ihm die ärztliche Schweigepflicht, der Datenschutz und insbesondere der Patientenwille einen sehr hohen Stellenwert hätten. Dies mit einer Geldbuße in Höhe von 4.000,- EUR zu ahnden, sei völlig unangemessen. Die Beklagte übersehe dabei, dass er sich nur wegen des durch die Patientin ausgesprochenen Auskunftsverbots und nicht grundsätzlich geweigert habe, Auskunft zu erteilen. Wenn sich selbst Juristen über die Frage des Vorrangs der Regelungen gem. § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII vor einem ausdrücklich geäußerten Patientenwillen mit guten Argumenten stritten, wie hätte er als Arzt dann von einem klaren Sachverhalt ausgehen sollen und sich deshalb ohne weitere Klärung über den ausdrücklichen Patientenwillen hinwegsetzen sollen. Zur Vermeidung von Missverständnissen werde aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er sich entsprechend dem Urteil des Sozialgerichts Stuttgart zukünftig daran halten werde, trotz entgegenstehendem Patientenwillen dennoch die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. Das Sozialgericht Stuttgart habe zutreffend darauf hingewiesen, dass er bislang disziplinarrechtlich unauffällig gewesen sei und sei ebenfalls zutreffend aufgrund der Gesamtumstände davon ausgegangen, dass die Verhängung einer Geldbuße unverhältnismäßig sei und ein möglicher disziplinarrechtlicher Verstoß eher am untersten Rand anzusiedeln sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 SGG ergehen, da sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung schriftlich einverstanden erklärt haben.
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Da Disziplinarbescheide, die eine Geldbuße verhängen, keine auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakte i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG darstellen (BSG Urteil vom 11.09.2002 - B 6 KA 36/01 R -), bedarf die Berufung in keinem Fall der Zulassung durch das Sozialgericht.
Das SG hat mit dem angefochtenen Urteil zwei Entscheidungen getroffen. Zum einen hat es den Bescheid der Beklagten vom 21.04.2006 aufgehoben. Hierdurch ist die Beklagte beschwert, was keiner näheren Begründung bedarf. Der Umstand, dass der Senat hinsichtlich der Gründe, die die Aufhebung rechtfertigen, eine andere Auffassung vertritt als das SG, ist für den Erfolg der Berufung ohne Bedeutung. Allein unzutreffende tragende Gründe führen nicht zum Erfolg der auf Klageabweisung gerichteten Berufung, wenn die Aufhebung des angegriffenen Bescheids im Ergebnis zu Recht erfolgt ist.
Zum anderen hat das SG - wohl in analoger Anwendung von § 131 Abs. 3 SGG (dazu BSGE 43,1,3 = SozR 1500 § 131 Nr. 4 S.5) - für den Fall eines erneuten Disziplinarbescheids aus Anlass des hier zu Grunde liegenden Sachverhalts die Beklagte verurteilt, die Rechtsauffassung des SG zu beachten. Ob bei Disziplinarbescheiden eine Bescheidungsklage rechtmäßig ist oder ob insoweit allein die isolierte Anfechtungsklage die richtige Klageart gewesen wäre, kann offen bleiben. Denn der Bescheidungstenor ist hier zu Lasten des Klägers bindend geworden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27), der insoweit auch nicht Anschlussberufung eingelegt hat. Die Beklagte ist durch diesen Urteilsausspruch insoweit beschwert, als ihr für eine erneute Entscheidung die Rechtsauffassung des SG vorgegeben wurde, die insbesondere hinsichtlich der Auswahl der geeigneten Maßnahme Vorgaben für die erneut vorzunehmende Ermessensausübung enthält. Die Reichweite der Rechtskraft eines Bescheidungsurteils wird durch die in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts bestimmt, die den mit seiner Rechtsauffassung nicht berücksichtigten Beteiligten beschwert (ständige Rechtsprechung vgl. BSG Urt. v. 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 R). Allerdings kann ein Berufungsurteil, auch wenn es die Berufung gegen den erstinstanzlichen Urteilsausspruch zur Bescheidung zurückweist, andere Maßgaben für die behördliche Ermessensausübung enthalten. Der Senat muss deshalb über die Richtigkeit der vom SG vorgegebenen Rechtsauffassung entscheiden. Dies würde nur entfallen, wenn der angefochtene Disziplinarbescheid in vollem Umfang bestätigt werden könnte, was - wie noch dargelegt wird - nicht der Fall ist. Einer ausdrücklichen Korrektur der erstinstanzlichen Entscheidung im Urteilstenor bedarf es dabei nicht. Insoweit genügt es, wenn das Berufungsgericht an die Stelle der Rechtsauffasssung des SG seine eigene Rechtsauffassung setzt (vgl. Meyer-Ladewig-Keller, Sozialgerichtsgesetz Kommentar § 141 Rdnr. 11a). Maßgebend ist schlussendlich die Rechtsauffassung des Gerichts, dessen Entscheidung rechtskräftig wird. Das Urteil des Senats ist daher in dem Sinne zu verstehen, dass die Rechtsauffassung des Senats im Falle eines erneuten Disziplinarbescheids maßgebend ist.
Die Berufung ist in diesem Sinne unbegründet. Der Bescheid vom 21.04.2006 wurde zu Recht aufgehoben, weil die festgesetzte Geldbuße von 4.000 EUR als unverhältnismäßig anzusehen ist. Anders als das SG meint, muss sich der Beklagte indes nicht mit einem Verweis begnügen. Nach Auffassung des Senats wäre im vorliegenden Fall eine Geldbuße bis zu 2.000 EUR noch vertretbar gewesen.
Zunächst war die Klage gem. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG i.V.m. § 81 Abs. 5 Satz 4 SGB V ohne vorheriges Widerspruchsverfahren zulässig. Auch im Übrigen bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) war auch richtige Beklagte. Der für die Entscheidung über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen zuständige Disziplinarausschuss ist nicht beteiligungsfähig; sein Handeln wird der KV zugerechnet (vgl. auch BSG, Urt. v. 28.1.2004, - B 6 KA 4/03 R -).
Das SG hat den angegriffenen Bescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben, da er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Rechtsgrundlage des Disziplinarbescheids ist § 81 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 19 der Satzung der Beklagten bzw. den Bestimmungen ihrer Disziplinarordnung. Gemäß §§ 81 Abs. 5 Satz 1 SGB V müssen die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Maßnahmen nach Satz 1 sind je nach Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße - bis höchstens 10.000 EUR - oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu 2 Jahren (Sätze 2 und 3; vgl. auch § 12 der Disziplinarordnung). Die gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen sind ausreichend bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
Der Disziplinarausschuss entscheidet durch Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X). Die Auswahl der Disziplinarmaßnahme liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen, weshalb insoweit nur eine eingeschränkte gerichtliche Rechtskontrolle stattfindet (§ 54 Abs. 2 SGG). Das Gericht prüft, ob der Disziplinarausschuss von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen; dabei ist es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
Der angefochtene Disziplinarbescheid ist formell rechtmäßig. Verfahrensfehler sind weder gerügt worden noch ersichtlich.
Auch die materiellen Voraussetzungen für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme lagen vor. Der Kläger hat seine vertragsärztlichen Pflichten verletzt. Auch ohne ausdrückliche Normierung gehört es zu den vertragsärztlichen Pflichten, in Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit keine Gesetzesverstöße zu begehen, sei es solche gegen strafrechtliche oder gegen berufsrechtliche Vorschriften. Dies gilt ebenso in Bezug auf die hier streitige gesetzliche Verpflichtung des (Vertrags-)Arztes zur Auskunftserteilung gegenüber dem Unfallversicherungsträger über eine (gesetzlich versicherte) Patientin.
Rechtsgrundlagen der Auskunftspflicht sind § 100 SGB X mit der allgemeinen Regelung der Auskunftspflicht von Ärzten und § 203 SGB VII als eine Spezialregelung in der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach letzterer sind Ärzte, die nicht an einer Heilbehandlung nach § 34 SGB VII beteiligt sind, verpflichtet, dem Unfallversicherungsträger auf Verlangen Auskunft über Behandlungen, den Zustand sowie über Erkrankungen und frühere Erkrankungen des Versicherten zu erteilen, soweit dies für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich ist (§ 203 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Diese Vorschrift enthält nach ihrem Wortlaut eine sehr weitgehende, allgemeine Auskunftspflicht von Ärzten, die einen Versicherten irgendwann einmal behandelt oder untersucht haben. Die Vorschrift knüpft an den früheren § 1543d der Reichsversicherungsordnung (RVO) an. Sie ist im Gesetzgebungsverfahren insofern geändert worden, als sie klar gegenüber § 201 SGB VII abgegrenzt wurde: Während § 201 SGB VII die Auskunftspflicht der Ärzte regelt, die an einer Heilbehandlung nach § 34 SGB VII beteiligt sind, regelt § 203 SGB VII die Auskunftspflicht der übrigen Ärzte. Für diese weite Auslegung sprechen neben dem eindeutigen Wortlaut und der genannten Gesetzgebungsgeschichte einschließlich der Beteiligung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz auch das Tätigwerden und die Leistungsgewährung der Unfallversicherungsträger von Amts wegen ohne Antrag (§ 19 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)) sowie die Theorie der wesentlichen Bedingung, die eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts erfordert. Begrenzt wird die Auskunftspflicht nur durch die Erforderlichkeit für eine Leistungserbringung seitens des Unfallversicherungsträgers und die Beschränkung auf solche Bereiche von Erkrankungen, die mit dem Versicherungsfall in ursächlichem Zusammenhang stehen können (BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 3/04 R -, veröffentlicht in Juris).
Die in besonderen Gesetzesbestimmungen (§§ 202, 203 SGB VII, § 100 SGB X) niedergelegten Pflichten des Kassenarztes, den Sozialleistungsträgern die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wirken unmittelbar als Offenbarungsbefugnis, nicht erst, wenn der Patient sein Einverständnis erklärt (Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, § 202 Rdn. 43; Kranig, in: Hauck SGB VII K § 202 Rdn. 6). Er ist damit, soweit die Voraussetzungen dieser Vorschriften vorliegen, auch in diesem Fall zur Auskunftserteilung berechtigt, die damit nicht unbefugt ist (vgl. § 203 StGB). Entsprechend kann er sich, wie das SG bereits ausführlich und zutreffend dargelegt hat, nicht auf § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 203 Abs. 1 Satz 3 SGB VII berufen und ist gegenüber dem Unfallversicherungsträger auf dessen Ersuchen zur Auskunftserteilung verpflichtet.
Der Kläger, der als Arzt für Allgemeinmedizin die Versicherte B. wegen einer berufsbedingten Atemwegserkrankung untersucht und behandelt hatte, konnte über ihre Behandlung, ihren Zustand sowie ihre Erkrankungen berichten, was er selbst nicht in Abrede gestellt hat. Da diese Auskünfte für die Entscheidung des Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf seine gesetzlichen Leistungspflichten bei Berufskrankheiten erforderlich waren, sind die Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 SGB VII erfüllt.
Der Unfallversicherungsträger ist auch seiner Hinweispflicht aus § 203 Abs. 2 SGB VII nachgekommen. Diese Vorschrift soll dem Betroffenen kein Widerspruchsrecht gegen die Datenerhebung einräumen, sondern dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot Rechnung tragen, damit der Betroffene weiß, wer über ihn welche Daten hat. Die Datenerhebung kann daher zeitgleich mit dem Hinweis an den Versicherten erfolgen (BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 3/04 R -, veröffentlicht in Juris).
Der Kläger hat die Pflichtverletzung schuldhaft begangen. Der Pflichtverstoß ist ihm subjektiv vorzuwerfen. Die Annahme, dass die Leistungspflichten der Berufsgenossenschaft und die damit zusammenhängende Erforderlichkeit der Auskunftserteilung allein deshalb nicht bestehen könnte, weil die Patientin nicht mehr in einer Bäckerei tätig war, ist abwegig. In der Regel setzt bereits die Anerkennung einer Berufskrankheit voraus, dass die gefährdende Tätigkeit aufgegeben werden musste. Als Entschuldigungsgrund kommt damit nur ein Irrtum über eine Kollision zwischen der Auskunftspflicht einerseits und der ärztlichen Schweigepflicht andererseits in Betracht. Ein solcher Irrtum, sollte er vorgelegen haben, war für den Kläger aber vermeidbar, da er sich im Zweifel hätte kundig machen müssen. Dies hätte auch dadurch geschehen können, dass er die Beklagte um Stellungnahme hätte bitten können, ob er zur Auskunftserteilung auch in dem Fall verpflichtet sei, dass ihm diese durch den Patienten untersagt wird. Die Tatsache, dass er, auch nachdem die Beklagte ihm auf Veranlassung der Berufsgenossenschaft die Rechtslage dargelegt und ihm eine Frist zur Auskunftserteilung gesetzt hatte, nicht reagiert hat, und seine Einlassungen vor dem Disziplinarausschuss (s. unten) lassen aber erkennen, dass er sein Verhalten unabhängig von der Rechtslage für gerechtfertigt hielt und hieran festhalten wollte. Damit kann den Kläger aber auch ein möglicher Irrtum über die Rechtslage nicht entschuldigen, da er nicht kausal für seine pflichtverletzende Auskunftsverweigerung war, sondern er vielmehr zumindest unter Inkaufnahme einer Pflichtverletzung gehandelt hat.
Der Senat teilt im Übrigen hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Nach Ansicht des Senats ist aber auch die Art der aufgrund der zu sanktionierenden Verfehlung verhängten Disziplinarmaßnahme nicht zu beanstanden. Insoweit ist entgegen der Auffassung des SG nicht ersichtlich, dass der Disziplinarausschuss den ihm gegebenen Ermessensspielraum überschritten oder sein Ermessen anderweitig fehlerhaft ausgeübt hätte. Angesichts der vom Disziplinarausschuss hervorgehobenen Unbelehrbarkeit des Klägers, musste der Disziplinarausschuss nicht zu milderen Maßnahmen greifen, sondern konnte eine Geldbuße verhängen. Dass der Kläger auch noch vor dem Disziplinarausschuss darauf beharrt hat, in gleich gelagerten Fällen, wenn also der Patient die Auskunftserteilung ausdrücklich untersage, die Auskunft zu verweigern, hat er selbst mit seinem Vortrag auf Seite 3 der Klagebegründung vom 08.06.2006 bestätigt.
Der Disziplinarausschuss hat jedoch den Rahmen des ihm zukommenden Ermessens im Hinblick auf die Höhe der Geldbuße von 4.000 EUR überschritten. Es ist dem Disziplinarausschuss einzuräumen, dass es dem Sinn des Disziplinarverfahrens entspricht, den Betroffenen im Interesse der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung künftig zur Beachtung seiner vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten (dazu BSG Urt. v. 6.11.2002 - B 6 KA 9/02 R). Er hat dabei jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten, der einerseits in der Staffelung der Sanktionen nach Verwarnung, Verweis, Geldbuße oder dem Ruhen der Zulassung und andererseits in dem Passus "je nach Schwere der Verfehlung" im Gesetz selbst zum Ausdruck kommt (BSG Urt. v. 08.03.2000 - B 6 KA 62/98 R).
Die Bemessung der Geldbuße verstößt hier gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Entscheidung ist zu entnehmen, dass insoweit alle Umstände berücksichtigt worden seien. Die festgesetzte Geldbuße in Höhe von 4.000 EUR schöpft den Rahmen von heute 10.000 EUR jedoch deutlich mehr als zu einem Viertel aus und erscheint deshalb unter Berücksichtigung, dass der Kläger bisher strafrechtlich und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, unverhältnismäßig. Eine Geldbuße etwa in Höhe von 2000 EUR läge nach Auffassung des Senats bereits an der Obergrenze des noch Vertretbaren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG (Auffangstreitwert von 5.000 EUR zzgl. Betrag der Geldbuße, BSG, Beschl. v. 01.02.2005, - B 6 KA 70/04 B -).
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