S 12 KA 270/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 270/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 65/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wird der statusbegründende Verwaltungsakt über die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung (zum statusrelevanten Charakter der Teilnahme eines hessischen Vertragsarztes an der EHV s. bereits LSG Hessen, Urt. v. 27.02.2008 - L 4 KA 18/07 -; BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, zitiert nach juris, Rdnr. 112 ff.) geändert, so handelt es sich nicht mehr um eine bloße sachlich-rechnerische Berichtigung, sondern bedarf es eines statusändernden Verwaltungsakts auf der Grundlage der §§ 44 ff. SGB X.
1. Der Bescheid vom 02.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2011 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die rückwirkende Abänderung des EHV-Anspruchssatzes wegen der fehlerhaften Berücksichtigung von Zuschlägen für Mehrzeiten und die Festsetzung eines Rückforderungsbetrages für die Zeit vom 01.05.2008 bis 31.12.2009 in Höhe von 2.999,34 EUR netto.

Die 1943 geborene und jetzt 68-jährige Klägerin war als Fachärztin für Psychiatrie vom 01.07.1986 bis 31.01.2005 zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten zugelassen. Zum 31.01.2005 verzichtete sie auf ihre vertragsärztliche Zulassung. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 30.09.2008 die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung ab 01.05.2008 mit einem Anspruchssatz in Höhe von 5,9794%. Im Bescheid führte sie aus, die Klägerin habe vorzeitig auf ihre Vertragsarztzulassung verzichtet. Nach § 4 der Grundsätze der EHV werde der Anspruchssatz für jedes volle Jahr zwischen Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Hessen und dem Eintritt in die EHV um 0,5% gekürzt. Der ermittelte Anspruchssatz von 6,0705% reduziere sich somit um 1,5% auf den genannten Anspruchssatz.

Die Beklagte änderte mit Bescheid vom 02.08.2010 den Anspruchssatz rückwirkend auf 4,7410% ab und forderte für den strittigen Zeitraum vom 01.05.2008 bis 31.12.2009 wegen einer Überzahlung von insgesamt 3.100,80 EUR abzgl. 101,46 EUR Verwaltungskosten Umlagen den strittigen Betrag in Höhe von 2.999,34 EUR zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Überprüfung der Unterlagen habe sie festgestellt, dass bei der Ermittlung des Anspruchssatzes § 4 (1) Unterabsatz 2, letzter Satz nicht berücksichtigt worden sei. Hiernach würden Zuschläge für Mehrzeiten gegenüber der Normalstaffel nach § 3 Abs. 1c Buchstabe bb) der Grundsätze der EHV i. d. F. vom 01.07.2006 nicht gewährt werden. Es habe daher eine Neuberechnung des Anspruches vorgenommen werden müssen.

Hiergegen legte die Klägerin am 09.08.2010 Widerspruch ein. Sie trug vor, ohne Kenntnis der Satzung sei die Begründung nicht nachvollziehbar. Im Übrigen könne die Korrektur im Zweifel nur für die Zukunft gelten, nicht rückwirkend. Denn es sei offenkundig, dass sie in keiner Weise zu der fehlerhaften Rechtsanwendung auf Seiten der Beklagten beigetragen habe. Das unterstellte Quartalshonorar in Höhe von 1.770,00 EUR sei ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2011 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, zutreffende Rechtsgrundlage für die Berichtigung des Anspruchssatzes und die Rückforderung seien die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung im Vertragsarztrecht gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV Ä und § 34 Abs. 4 Satz 1 GKV-Ä. Sie habe die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte quartalsmäßig zu prüfen, ohne dass sie aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen umfassend überprüfen könne. Hinzu komme, dass Fehler der Richtigkeit häufig erst später aufgrund besonderer Umstände aufgedeckt werden könnten. Die Honorarausschüttung habe insoweit einen vorläufigen Charakter (vgl. BSG, Urt. v. 31.10.2001 – B 6 KA 16/00 R –). Diese Überlegungen würden dem Grundsatz nach auch für die erweiterte Honorarverteilung gelten. Zwar träten dort keine Fehler auf, die im Zusammenhang mit dem Leistungsspektrum und Leistungsumfang eines individuellen Vertragsarztes entstehen könnten, die übrigen Besonderheiten der Honorarverteilung, insbesondere soweit sie im Zusammenhang mit der Ungewissheit über die Höhe der Gesamtvergütung der Ermittlung der Durchschnittshonorare stünden, würden weiter gelten und rechtfertigen auch hier die Abweichung von den allgemeinen Regelungen der §§ 45 ff. SGB X (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 15.03.2006 – L 4 KA 8/05 –). Einzige Voraussetzung sei die Unrichtigkeit der Honorarforderung. Im Bescheid vom 30.09.2008 sei ein Zuschlag für Mehrjahre in Höhe von 1,2573% enthalten gewesen. Diese Sonderregelung habe die Unterstützung von Ärzten vorgesehen, die wegen geringer Umsätze die Punktzahl der Normalstaffel nicht erreicht haben. Bei der Ermittlung des Anspruchssatzes der Klägerin sei jedoch übersehen worden, dass die Regelung nicht anwendbar sei, da sie vorzeitig freiwillig auf die Zulassung verzichtet habe. Die Klägerin hätte daher von Anfang an lediglich mit einem Anspruchssatz in Höhe von 4,7410% an der EHV teilnehmen dürfen. Hieraus ergebe sich auch der Berichtigungsbetrag. Aufgrund des § 45 BMV-Ä sei sie auch berechtigt, die Rückforderung festzusetzen (vgl. BSG, Urt. v. 12.12.2001 – B 6 KA 3/01 R –). Gründe des Vertrauensschutzes stünden nicht entgegen. Die Vertrauensschutzregelungen des § 45 SGB X seien bei einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung anwendbar. Die Klägerin könne sich aber nicht auf ein Vertrauen berufen, weil sie die Fehlerhaftigkeit des Bescheides vom 30.09.2008 zumindest infolge von grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Grobe Fahrlässigkeit liege dann vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe. Bei Überprüfung des Bescheides und des dazugehörigen Berechnungsbogens anhand der seinerzeit gültigen Fassung der Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung hätte sie aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 3 unschwer erkennen können, dass sie aufgrund ihres vorzeitigen freiwilligen Zulassungsverzichts keinen Anspruch auf einen Mehrjahreszuschlag gehabt habe. Insoweit habe sie gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i. V. m. Absatz 4 SGB X den Bescheid auch für die Vergangenheit zurücknehmen dürfen. Das im Bescheid genannte Quartalshonorar von ca. 1.770,00 EUR sei auf der Basis eines Jahresdurchschnitts der Quartalsansätze aller hessischen Vertragsärzte in Höhe von 37.300,00 EUR ermittelt worden. Bei einem Anspruchssatz von 4,741% ergebe dies ca. 1.770,00 EUR.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.04.2011 die Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, es sei ein Rückgriff auf die allgemeinen Vertrauensschutzgrundsätze des § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X erforderlich. Ihr Vertrauen sei schützenswert gewesen. Die Fehlerhaftigkeit des Bescheides sei ihr nicht infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben. Der Bescheid sei nicht offensichtlich fehlerhaft gewesen und auch die fehlerhafte Berechnung des Anspruchssatzes sei für sie nicht erkennbar gewesen. Die Berechnung sei als solche schon schwer nachzuvollziehen und die Fehlerhaftigkeit könne ihr nicht angelastet werden. Als juristischer Laie habe sie die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht erkennen können, da die Rechtslage für sie nur schwer nachzuvollziehen sei. Auch habe sie nach einem Zeitraum von fast zwei Jahren von der Rechtmäßigkeit ausgehen dürfen.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 02.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, der Zuschlag für Mehrjahre habe bereits nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung i. d. F. vom 01.07.2006 nicht bewilligt werden dürfen. In der geänderten Fassung ab 01.01.2007 und 27.05.2008 sei die Regelung nach § 3 Abs. 1 c) bb) GEHV dann komplett aufgehoben worden. Soweit das Sozialgericht Marburg mit Urt. v. 24.02.2010 – S 12 KA 289/08 – das Fehlen eines Übergangsrechts beanstandet habe, so betreffe dies nur den Personenkreis, der im Zeitraum 01.07.2003 bis 30.06.2006 seinen freiwilligen Verzicht erklärt habe und bis spätestens 30.06.2009 in die EHV einbezogen worden sei. Die Klägerin habe aber nicht maximal drei Jahre vor dem EHV-Bezug auf die Zulassung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 02.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2011 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben.

Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2011 zwei Verwaltungsakte i. S. d. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 10. Buch, Verwaltungsverfahren – SGB X – erlassen. Sie hat zum einen die Regelung getroffen, dass rückwirkend der Anspruchssatz von 5,9794 auf 4,7410% zu reduzieren ist. Sie hat des Weiteren die Regelung getroffen, dass auf der Grundlage der rückwirkenden Änderung des Anspruchssatzes die eingetretene Überzahlung in Höhe von 2.999,34 EUR zurückzufordern ist. Soweit bereits die der Rückforderung vorausgehende Änderung des Anspruchssatzes rechtswidrig ist, was vorliegend der Fall ist, ist auch die nachfolgende Rückforderung ohne Rechtsgrundlage ergangen. Die Änderung des Anspruchssatzes ist aber bereits rechtswidrig, weil die Beklagte von einer fehlerhaften Rechtsgrundlage ausgegangen ist und fehlerhaft das Vorliegen von Vertrauensschutzgründen verneint und infolge hiervon kein Ermessen ausgeübt hat.

Der angefochtene Bescheid vom 02.08.2010 in der Gestalt des vom 23.03.2011 ist rechtswidrig.

Die Beklagte war zu einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht befugt.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört u. a. auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Fraglich ist, ob diese Regelungen überhaupt auf eine Berichtigung eines EHV-Bescheides anwendbar sind. Die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit sind strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, zitiert nach juris Rdnr. 39). Dies unterscheidet bereits einem Anspruch auf Honorar, der auf der Grundlage von Berufsausübungsregelungen festgesetzt wird. Die von der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid aufgeführten Gründe für einen Honorarbescheid mit nur "vorläufigem Charakter" treffen ferner bereits insofern nicht zu, als nach Festsetzung des EHV-Anspruchssatzes der EHV-Bezieher ohne Einfluss auf die Anspruchshöhe ist. Die Anspruchshöhe wird vielmehr dann insbesondere durch das EHV-Durchschnittshonorar bestimmt, das von den Honoraransprüchen der aktiven Vertragsärzten abhängt. Allenfalls für die Ermittlung dieses EHV-Durchschnittshonorars besteht eine Vergleichbarkeit mit der Ermittlung eines konkreten Honoraranspruchs.

Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, als vorliegend mit dem hier strittigen Bescheid vom 02.08.2010 keine bloße Überzahlung zurückgefordert wurde, sondern der den Status als EHV-Bezieher mit einem bestimmten EHV-Anspruchssatz festsetzende Bescheid über die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung vom 30.09.2008 rückwirkend aufgehoben wurde. Soweit der Status als EHV-Bezieher damit betroffen wird, ist dieser vergleichbar mit dem Status einer vertragsärztlichen Zulassung. Erst mit dem Bescheid über die Teilnahme an der EHV wird fingiert, dass der EHV-Bezieher eine – fiktive – Praxis führt, die Umsätze in Höhe seines Anspruchssatzes in Bezug auf das EHV-Durchschnittshonorar erzielt. Wird dieser statusbegründende Verwaltungsakt (zum statusrelevanten Charakter der Teilnahme eines hessischen Vertragsarztes an der EHV s. bereits LSG Hessen, Urt. v. 27.02.2008 - L 4 KA 18/07 -; BSG, Urt. v. 09.12.2004 B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, zitiert nach juris, Rdnr. 112 ff.) geändert, so handelt es sich nicht mehr um eine bloße Berichtigung, sondern bedarf es eines statusändernden Verwaltungsakts auf der Grundlage der §§ 44 ff. SGB X.

Vorrangiges Anwendungsfeld der Berichtigungsbefugnis einer KV sind Fehler aus der Sphäre des Vertragsarztes. Die Berichtigungsbefugnis ist jedoch nicht auf derartige Konstellationen beschränkt. Die bundesmantelvertraglichen Vorschriften berechtigen die KV vielmehr generell zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide; die einzige tatbestandliche Voraussetzung für das Berichtigungsrecht der KV ist schon nach dem Wortlaut der Vorschriften die Unrichtigkeit des Honorarbescheides. Die Regelungen differenzieren nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheides und damit seine Unrichtigkeit im Sinne der genannten Vorschriften ist daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruht, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes zuzurechnen sind (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549 = USK 2004-124, juris Rdnr. 19). Immer aber betroffen sein muss danach der Honorarbescheid und eben nicht die vorausgesetzte Statusentscheidung.

Aber auch auf der Grundlage einer überhaupt zulässigen sachlich-rechnerischen Berichtigung liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die umfassende Berichtigungsbefugnis der KV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhen. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 21). Die Befugnis der KV zur nachträglichen Honorarberichtigung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften endet nicht nur mit dem Ablauf der dazu vorgesehenen Fristen, sondern auch dann, wenn die KV eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht hat. In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die KV kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen. Unabhängig davon hat das Bundessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen das Vertrauen des Vertragsarztes auf die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Abrechnungsweise gegenüber rückwirkenden Bescheidkorrekturen im Zusammenhang mit der Erbringung fachfremder Leistungen für schutzwürdig gehalten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 27). Soweit die anfängliche Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, wird der Vertrauensschutz des Arztes durch die Grundsätze über die Anbringung von Vorläufigkeitshinweisen und deren inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung realisiert (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 28). In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KV bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (vgl. zur Begründung im Einzelnen BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 30-36).

Auch kann sich die Beklagte nicht durch einen allgemeinen "Widerrufsvorbehalt" von jeglichem Vertrauensschutz frei zeichnen, wie es offensichtlich im Bescheid vom 30.09.2008 mit dem Hinweis, sie behalte sich den Widerruf dieses Bescheides vor, soweit sich ergebe, dass bei Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise, oder nach einer Überprüfung durch ihr Revisionsamt, versucht wird (vgl. BSG., Urt. v. 31.10.2001 B 6 KA 16/00 R - BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 42 = Breith 2002, 392 = DVBl 2002, 1057 = NZS 2002, 552 = USK 2001-216, juris Rdnr. 19 f.). Hierauf hat sich die Beklagte im Verfahren dann auch zu Recht nicht berufen.

Zutreffend geht die Beklagte zunächst von der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 30.09.2008 aus.

Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der ab 01.07.2006 gültigen Fassung, veröffentlicht durch Bekanntmachung im Hessischen Ärzteblatt 9/2006, (im Folgenden: GEHV), nimmt jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen auch im Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV). Die Teilnahme an der EHV erfolgt ohne Antrag für den Vertragsarzt ab dem Monatsersten der auf die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres folgt (§ 1 Abs. 2 GEHV). Der Anspruch auf Teilnahme an der EHV besteht für den Vertragsarzt ab dem Monatsersten, der auf den Eintritt der Berufsunfähigkeit folgt, für den Vertragsarzt auf Antrag ab dem vollendeten 63. Lebensjahr und für Hinterbliebene ab dem auf den Todestag folgenden Monatsersten (§ 1 Abs. 3 Satz 4 GEHV).

Die Höhe des Anspruchs ist abhängig von den Honorarzahlungen. Nach § 3 Abs. 1 Buchst. a GEHV wird für jedes Quartal nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 das Prozentverhältnis der anerkannten Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller Vertragsärzte im Bereich der KV Hessen im gleichen Quartal festgestellt. Dabei sind auch von Versicherten direkt an den Vertragsarzt geleistete Zahlungen (honoraräquivalente Zahlungen, z. B. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V) mit einzubeziehen. Jedem Vertragsarzt wird vierteljährlich dieser Prozentsatz in gleicher Höhe als Punktzahl auf einem Sonderkonto gutgeschrieben. Praxiskosten werden dabei nach Maßgabe des § 5 GEHV berücksichtigt. Der so quartalsweise ermittelte Honoraranspruch wird dem mit 100 Punkten bewerteten Durchschnittshonorar gegenübergestellt. Entsprechend dem Verhältnis des Honorars zum Durchschnittshonorar erhält der Vertragsarzt eine Punktezahl. Bei einem Durchschnittshonorar wird jährlich ein Anspruchssatz von 0,6 Prozentpunkten – das entspricht 0,15 Prozentpunkte pro Quartal - erwirtschaftet (§ 3 Abs. 1 Buchst. b GEHV mit Anlage "Normalstaffel"). Überdurchschnittliche Honorare werden ab dem Durchschnittshonorar bis zum doppelten Durchschnittshonorar wertmäßig mit dem halben Wert (für je 100 Punkte um 0,075 Prozentpunkte), das darüber hinausgehende Honorar mit einem Viertel (für jede weiteren 100 Punkte um 0,0375 Prozentpunkte) berücksichtigt (§ 3 Abs. 1 Buchst. c aa GEHV). Bei unterdurchschnittlichen Honoraren bleibt es bei der anteiligen Berechnung im Verhältnis zur Normalstaffel; lediglich für die Mehrzeit gegenüber der Normalstaffel, die von 30 Jahren ausgeht, erhält der Vertragsarzt je Jahr einen Zuschlag von 0,12 Prozentpunkte (§ 3 Abs. 1 Buchst. c bb GEHV, sog. Mehrzeitenregelung). Der sich aus der Berechnung des Anspruches ergebende Hundertsatz wird auf einen Höchstsatz von 18 % des jeweiligen Durchschnittshonorars aus vertragsärztlicher Tätigkeit in Hessen begrenzt (§ 3 Abs. 1 Buchst. c dd GEHV). Nach der Normalstaffel wird der Höchstsatz von 18 % in 30-jähriger Tätigkeit mit einem Durchschnittsumsatz erreicht (30 x 0,6 Prozentpunkte). Bei vorzeitiger Inanspruchnahme der EHV ohne Berufsunfähigkeit wird der errechnete Anspruchssatz nach vollendetem 63. Lebensjahr um 15 %, nach vollendetem 64. Lebensjahr um 7 % dauerhaft herabgesetzt. Diese dauerhafte Minderung bleibt auch bei Eintritt einer Berufsunfähigkeit nach vorzeitiger Inanspruchnahme bestehen (§ 3 Abs. 1 Buchst. c cc GEHV). Für den frühen Eintritt eines Versorgungsfalles gelten besondere Regelungen (vgl. (§ 3 Abs. 2 GEHV). Nach § 8 Abs. 1 GEHV werden die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so zu quotieren, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschreitet. Bei vorzeitigem freiwilligen Verzicht (sowie Wegzug aus Hessen und Entziehung der Zulassung) wird der nach § 3 Abs. 1 GEHV errechnete Anspruchssatz für jedes volle Jahr zwischen Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Hessen und dem Eintritt in die EHV um 0,5 % gekürzt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GEHV). Ferner entfällt bei vorzeitigem freiwilligen Verzicht die Mehrzeitenregelung (§ 4 Abs. 1 Satz 4 GEHV).

Gegenüber der bis 30.06.2006 geltenden Fassung entfiel damit bei vorzeitigem freiwilligen Verzicht die Mehrzeitenregelung (§ 4 Abs. 1 Satz 4 GEHV). Soweit in der geänderten Fassung ab 01.01.2007 und 27.05.2008 die Regelung nach § 3 Abs. 1 c bb GEHV vollständig aufgehoben wurde, trat die Regelung erst nach Genehmigung durch das hessische Sozialministerium und Veröffentlichung im Mai 2008 in Kraft und war diese Fassung auf die Klägerin nicht anzuwenden.

Ausgehend hiervon hat die Beklagte den Anspruchshundertsatz im Bescheid vom 30.09.2008 fehlerhaft berechnet, da sie noch den Mehrzeitenzuschlag bewilligte. Die Klägerin fiel auch nicht unter das von der Kammer für zwingend erforderlich gehaltene Übergangsrecht.

Die Kammer hat die Nichtanwendung der Mehrzeitenregelung bei freiwilligem Zulassungsverzicht vor EHV-Teilnahme, eingeführt durch die EHV-Reform 2006, als zulässig angesehen. Sie hat aber dass Fehlen eines Übergangsrechts beanstandet und die Notwendigkeit gesehen, in der Satzung ein Übergangsrecht aufzunehmen, das die Mehrzeitenregelung für diejenigen Personen fortführt, die maximal drei Jahre vor dem EHV-Bezug auf ihre Zulassung verzichtet haben und bei denen die Rechtsänderung in ihren Verzichtszeitraum fällt. Danach kann das Übergangsrecht nur den Personenkreis betreffen, der im Zeitraum 01.07.2003 bis 30.06.2006 seinen freiwilligen Verzicht erklärt hat und bis spätestens 30.06.2009 in die EHV einbezogen wurde (vgl. SG Marburg, Urt. v. 24.02.2010 - S 12 KA 289/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris = www.lareda.hessenrecht.de (Berufung zu LSG Hessen - L 4 KA 19/10 - durch übereinstimmende Erledigungserklärung am 13.10.2010 beendet)); SG Marburg, Urt. v. 24.02.2010 - S 12 KA 155/08 -, Berufung eingelegt zu LSG Hessen - L 4 KA 155/08 -, vorerst zum Ruhen gebracht)). Die Klägerin hat zum 31.01.2005 auf ihre Zulassung verzichtet. Nach der Kammer-Rechtsprechung würde sie unter das geforderte Übergangsrecht nur bei einem EHV-Bezug bis zum 31.01.2008 fallen, was bei ihr nicht der Fall ist. Von daher galt auch der Wegfall der Mehrzeitenregelung für den Anspruch der Klägerin und war der Bescheid vom 30.09.2008 rechtswidrig.

Soweit § 45 Abs. 2 SGB X zu beachten ist, gilt, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat,
3. oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Nach der genannten Regelung ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30.09.2008 kannte oder lediglich infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Die übrigen Tatbestände können ausscheiden, da insbesondere eine Täuschung oder fehlerhafte Angaben der Klägerin nicht vorliegen. Insofern handelt es sich um einen schlichten Anwendungsfehler der GEHV durch die Beklagte.

Die Beklagte hat nicht dargelegt, aufgrund welcher Umstände sie vom Vorliegen einer Kenntnis oder von der Annahme einer groben Fahrlässigkeit ausgeht. Eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung verneint. Hieran zu zweifeln besteht kein Anlass. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30.09.2008 ist jedenfalls auch nicht offenkundig. Es ist nicht ersichtlich, dass im Vorfeld die Beteiligten diese Frage erörtert haben und die Beklagte dann abweichend z. B. von informatorischen Angaben die Festsetzung vorgenommen hat. Die umständliche Regelungstechnik der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung und die Darstellung der Berechnungsart lassen nur bei eingehendem Studium unter Kenntnis der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung die einzelnen Berechnungsfaktoren erkennen. Dies schließt es aus, dass ein Berechnungsfehler ohne weiteres ersichtlich wird. Auch der Kammer, die seit Jahren für Streitigkeiten aus dem Gebiet der erweiterten Honorarverteilung zuständig ist, ist eine Überprüfung eines solchen Bescheides nur unter Heranziehung der Satzung und in einem zeitraubenden Verfahren möglich. Hinzu kommt, dass offensichtlich auch die Sachbearbeitung der Beklagten hier fehlerhaft gehandelt hat ohne irgendwelches Zutun der Klägerin, was die Fehlerlastigkeit gerade auch unter Berücksichtigung der verschiedenen Änderungen innerhalb der letzten zehn Jahre zeigt. Von daher kann jedenfalls grobe Fahrlässigkeit verneint werden.

Soweit grobe Fahrlässigkeit zu verneinen ist, kommt eine rückwirkende Aufhebung des Verwaltungsakts von vorneherein nicht in Betracht (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht dokumentiert, seit wann sie Kenntnis von den Tatsachen hat, welche die Rücknahme rechtfertigen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Immerhin sind annähernd zwei Jahre nach Erlass des rechtswidrigen Verwaltungsaktes verstrichen, bevor die Beklagte den Aufhebungsbescheid erließ.

Die Kammer konnte ferner dahinstehen lassen, ob der Bescheid vom 30.09.2008 für die Zukunft aufgehoben werden konnte. Nach der hier vertretenen Auffassung, kann der statusbegründende Verwaltungsakt über die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung nur nach Maßgabe des § 45 SGB X aufgehoben werden. Die Aufhebung eines begünstigten Verwaltungsakts setzt aber die Ermessensausübung voraus (§ 45 Abs. 1 SGB X). Soweit die Beklagte schon die Rechtsgrundlage verkannt hat, indem sie irrtümlich von einer sachlich-rechnerischen Berichtigung ausgeht, war sie von vorneherein nicht in der Lage, zweckgerichtet Ermessen nach § 45 Abs. 1 SGB X auszuüben. Gleiches gilt für den Umstand, dass sie weiter irrtümlich davon ausging, die Klägerin könne sich schon aus Gründen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht auf Vertrauen berufen. Entsprechend hat sie jegliche Ermittlung hinsichtlich der Vertrauensschutzgesichtspunkte und auch jegliche Ermessenserwägungen diesbezüglich unterlassen. Eine Nachholung im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren ist nicht erfolgt. Bereits von daher war der angefochtene Bescheid rechtswidrig und aufzuheben.

Im Übrigen verweist die Kammer auf LSG Hessen, Urt. v. 25.04.2007 - L 4 KA 45/06 - Darin hat das LSG, insoweit auch bereits die Vorinstanz SG Marburg, Urt. v. 17.05.2006 - S 12 KA 953/05 -, ausgeführt, dass bei der Aufhebung eines Bescheides über die Teilnahme an der EHV die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 SGB X zu beachten sind. Bei einem fehlenden Ermessensgebrauch seien Aufhebungsbescheide allein schon aus diesem Grund aufzuheben. Hieran hält sich die Beklagte offensichtlich nicht, da Fälle dieser Art wiederholt beklagt werden. Dies gilt, wie bereits ausgeführt, selbstverständlich auch für Teilaufhebungen.

Nach allem war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
Saved