S 12 KA 403/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 403/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach den Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) in der ab Mai 2010 gültigen Fassung ist ein Antrag auch dann erforderlich, wenn die Teilnahme bei Fortführung der Praxis und Erreichen des 65. Lebensjahres begehrt wird. Eine rückwirkende Bewilligung ist nicht möglich. Es besteht auch keine gezielte Beratungspflicht der KVH.
Schreibt die Satzung einer KV vor, dass Veröffentlichungen u. a. durch Rundschreiben zu erfolgen haben, so kann dies auch per E-Mail an alle Mitglieder geschehen (hier offen gelassen).
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung (EHV) auch für den Zeitraum 01.06. bis 30.11.2010.

Der 1941 geborene und jetzt 69-jährige Kläger war seit 1983 als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Am 20.01.2009 beantragte er die Teilnahme an der EHV ab 01.07.2009. Mit Schreiben vom 29.05.2009 gab er an, der Verzicht auf seine Vertragsarztzulassung zum 30.06.2009 habe sich wegen fehlender Nachbesetzung nicht realisieren lassen, so dass er seine kassenärztliche Tätigkeit weiterhin ausüben werde. Unter Datum vom 04.11.2010 teilte er der Beklagten unter Bezugnahme auf seinen Antrag vom 16.01.2009 mit, dass er am 31.03.2011 seine kassenärztliche Tätigkeit beende und somit ab 01.04.2011 die Teilnahme an der EHV beantrage. Unter Datum vom 17.11.2010 beantragte er parallel zu seiner kassenärztlichen Tätigkeit die sofortige Teilnahme an der EHV. Er habe erst in den letzten Tagen Kenntnis davon erhalten, dass man parallel zur kassenärztlichen Tätigkeit an der EHV teilnehme könne. Deshalb beantrage er rückwirkend zum frühestmöglichen Zeitpunkt (01.06.2010) ebenfalls die Teilnahme an der EHV.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 22.11.2010 die Teilnahme an der EHV ab 01.12.2010 mit dem Anspruchshöchstsatz von 18%.

Hiergegen legte der Kläger am 16.12.2010 Widerspruch ein. Er wies auf seinen Antrag vom 16.01.2009 hin. Die Übernahme seiner Praxis durch einen Nachfolger habe sich aus nicht von ihm zu verantwortenden Gründen bis jetzt verzögert. Er habe erst im November 2010 von der neuen Möglichkeit, neben der kassenärztlichen Tätigkeit auch die EHV beantragen zu können, Kenntnis erhalten.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2011 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund der ab Mai 2010 gültigen Satzungsänderung könnten Ärzte, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten und damit Anspruch auf Teilnahme an der EHV hätten, nunmehr bereits an der EHV teilnehmen und dennoch weiterhin ihre vertragsärztliche Tätigkeit ausüben. Der Kläger sei bis zu seinem Zulassungsverzicht zum 31.03.2011 vertragsärztlich tätig gewesen und nehme zugleich seit dem 01.12.2010 mit dem Anspruchshöchstsatz von 18% an der EHV teil. Ein rückwirkender Teilnahmebeginn ab der Satzungsänderung zum 01.06.2010 sei nicht möglich. Nach § 1 Abs. 3 GEHV sei die Teilnahme zu beantragen. Die Zahlungen begännen vom 1. des auf den Eingang des Antrags folgenden Monats. Der Antrag des Klägers datiere jedoch vom 17.11.2010, so dass er nicht vor dem 01.12.2010 an der EHV habe beteiligt werden können. Den Antrag vom 16.01.2009 habe er mit Schreiben vom 29.05.2009 wieder zurückgezogen, da er mitgeteilt habe, der Verzicht auf die Zulassung zum 30.06.2009 lasse sich wegen fehlender Nachbesetzung nicht realisieren, so dass er seine kassenärztliche Tätigkeit weiterhin ausüben würde. Insofern scheide der damalige Antrag als Anknüpfungspunkt für einen Teilnahmebeginn vor dem 01.12.2010 aus. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass er erst im November von der Satzungsänderung erfahren habe. Die Sonderausgabe von "EHV-aktuell" sei per E-Mail an die E-Mail-Adresse des Klägers versandt worden. Unabhängig davon sei am 11.05.2010 die Sonderausgabe von "EHV-aktuell" auf der Homepage der KV Hessen eingestellt worden, so dass er wie alle anderen Vertragsärzte die Möglichkeit gehabt habe, sich zeitnah über die Satzungsänderung zu informieren.

Hiergegen hat der Kläger am 17.05.2011 die Klage erhoben. Er trägt vor, die Beklagte habe seinen Antrag vom 16.01.2009 nicht berücksichtigt. In seinem Schreiben vom 29.05.2010 habe er nicht zum Ausdruck gebracht, dass er an seinem Antrag nicht mehr festhalten werde. Er habe lediglich mitgeteilt, dass sich sein Verzicht auf die Vertragsarztzulassung zum 30.06.2009 nicht realisieren lasse. Damit habe er nur mitgeteilt, dass sich die Übernahme seiner Praxis verzögere. Eine Rücknahme des Antrags sei darin nicht zu sehen. Deutlich werde dies im Schreiben vom 04.11.2010, in dem er auf den Antrag Bezug genommen habe. Das Antragsverfahren sei auch nicht abgeschlossen gewesen. Den Antrag auf rückwirkende Beteiligung an der EHV vom 17.11.2010 habe er im Anschluss an ein Telefonat mit der Beklagten gestellt, indem er erstmals von der Satzungsänderung erfahren habe. Die "EHV-aktuell" habe er nicht erhalten. Nach der Vorgeschichte wäre es auch angemessen gewesen, ihn auf die Satzungsänderung hinzuweisen. Die E-Mail sei ihm nicht zugegangen. Aufgrund seiner Ansprüche auf Teilnahme an der EHV bestehe ein sozialrechtliches Schuldverhältnis, aus dem sich für die Beklagte auch Nebenpflichten im Sinne von Hinweis-, Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichten ergäben. Aus der fehlenden Härtefallregelung für eine rückwirkende Genehmigung folge ebenfalls seine Schutzbedürftigkeit. Die Beklagte sei zu einer spontanen Beratung verpflichtet gewesen. Diese Pflicht folge aus der dem Leistungsträger durch § 2 Abs. 2 i. V. mit § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB I auferlegten Garantenstellung. Er habe bereits vor der Rechtsänderung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er frühestmöglich an der EHV teilnehmen möchte.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2011 zu verpflichten, ihm die Teilnahme an der EHV auch für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 30.11.2010 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, sie habe § 2 Abs. 2 der Grundsätze der EHV durch Beschluss der Vertreterversammlung vom 31.10.2009 und 12.12.2009 mit Gültigkeit ab Mai 2010 dahingehend geändert, dass ein Verzicht auf die vertragsärztliche Tätigkeit nicht erforderlich sei, wenn weiterhin die Tätigkeit als Vertragsarzt ausgeübt werde und eine Teilnahme an der EHV beantragt werde. Diese Satzungsänderung habe sie ordnungsgemäß bekannt gegeben. Die Änderung sei ordnungsgemäß mit der Bekanntgabe in dem Rundschreiben "EHV-aktuell, Sonderausgabe 1/2010" veröffentlicht worden. Das Rundschreiben sei dem Kläger per E-Mail am 11.05.2010 übermittelt und auf ihrer Homepage eingestellt worden. Der Kläger könne sich nicht auf seinen Antrag vom 16.01.2009 berufen. Aus dem Schreiben vom 29.05.2009 ergebe sich, dass der Kläger diesen Antrag als obsolet angesehen habe, was als Rücknahme zu werten gewesen sei. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Kläger mit Schreiben vom 04.11.2010 die Teilnahme an der EHV ausdrücklich beantragt habe. Dem Kläger sei somit bewusst gewesen, dass sein Antrag vom Januar 2009 keine Gültigkeit mehr entfalte. Die Bezugnahme auf den früheren Antrag beziehe sich auf die Angaben zur Krankenversicherung sowie zum Konto. Eine andere Wirkung habe das Schreiben nicht haben können, da im Mai 2009 eine Teilnahme an der EHV neben einer vertragsärztlichen Tätigkeit noch nicht möglich gewesen sei, was dem Kläger bewusst gewesen sei. Hieraus folge, dass auch keine Hinweispflicht bestanden habe. Sie müsse nicht jeden einzelnen Arzt beraten. Trotz Übersendung der Satzungsänderung sei der Kläger nicht mit einem Beratungsbegehren an sie herangetreten. § 14 ihrer Satzung schreibe die Bekanntgabe durch Rundschreiben oder im Hessischen Ärzteblatt vor. Sie habe die Änderungen der EHV-Satzung durch das Rundschreiben "EHV-aktuell Sonderausgabe 1/2010" bekanntgegeben. Eine Bekanntgabe per E-Mail reiche aus. Die Änderungen der EHV müssten nur in der Weise bekannt gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 22.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2011 ist rechtmäßig. Er war daher nicht abzuändern. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung der Teilnahme an der EHV auch für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 30.11.2010.

Die Beklagte hat nach den Grundsätzen der erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der geänderten Fassungen ab Mai 2010, veröffentlicht in EHV-aktuell, Sonderausgabe 1/2010 (im Folgenden: GEHV) den Anspruch des Klägers zutreffend verneint.

Jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen nimmt auch im Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil. Der Anspruch errechnet sich nach den nachfolgenden Bestimmungen (§ 1 Abs. 1 GEHV). Die Teilnahme an der EHV erfolgt ohne Antrag für den Vertragsarzt ab dem Monatsersten, der auf die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres folgt (§ 1 Abs. 2 GEHV). Die Teilnahme an der EHV ist im Übrigen zu beantragen. Wird ein Antrag auf Teilnahme an der EHV später als drei Monate nach Eintritt des Versorgungsfalles gestellt, beginnen die Zahlungen vom Ersten des auf den Eingang des Antrages folgenden Monats. Zahlungen an Hinterbliebene werden bei verspäteter Antragstellung bis zu einem Jahr rückwirkend gewährt, soweit diese Verspätung auf einer Unkenntnis dieser Bestimmungen beruht. In besonderen Härtefällen können Zahlungen bis zu drei Jahren rückwirkend geleistet werden. Der Anspruch auf Teilnahme an der EHV besteht für den Vertragsarzt ab dem Monatsersten, der auf den Eintritt der Berufsunfähigkeit folgt, für den Vertragsarzt auf Antrag ab dem vollendeten 63. Lebensjahr, für Hinterbliebene ab dem auf den Todestag folgenden Monatsersten (§ 1 Abs. 3 GEHV).

Die Teilnahme an der EHV setzt voraus:
(1) vorausgegangene Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in eigener Praxis, nach rechtskräftiger Zulassung im Bereich der KV Hessen,
(2) Rechtskraft des Verzichts auf die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit oder Tod des Vertragsarztes, wobei ein Verzicht auf die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht erforderlich ist, wenn weiterhin die Tätigkeit als Vertragsarzt oder angestellter Arzt eines vertragsärztlichen Leistungserbringers ausgeübt und eine Teilnahme an der EHV beantragt wird,
(3) vor der Vollendung des 65. Lebensjahres zusätzlich die Unfähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GEHV).

Nach diesen Regelungen ist ein Antrag auf Teilnahme an der EHV für den Fall entbehrlich, dass die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgt. Der Kläger hat aber seine vertragsärztliche Tätigkeit bis zum März 2011 fortgeführt. Soweit durch die Änderung zum 01.06.2010 nunmehr auch bei Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Teilnahme an der EHV möglich ist, ist ebenfalls ein Antrag erforderlich. Einen solchen Antrag hat der Kläger wirksam erst am 17.11.2010 gestellt. Der Antrag vom 16.01.2009 erfolgte noch nach Maßgabe der alten Regelungen, wonach die Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit Voraussetzung für die Teilnahme an der EHV war. Der Kläger hatte deshalb zunächst für die Zeit ab 01.07.2009 den Antrag gestellt. Soweit der Kläger im Juni 2009 (Schreiben vom 29.05.2009) der Beklagten mitgeteilt hat, dass sich wegen fehlender Nachbesetzung der Verzicht auf seine Vertragsarztzulassung nicht realisieren lasse, so ist darin eine Rücknahme zu sehen, wovon die Beklagte zutreffend ausgeht. Jedenfalls hat der Kläger damit die Erledigung seines Antrags angezeigt, da er keinen anderen Termin für die Aufgabe seiner vertragsärztlichen Tätigkeit angegeben hatte, was einer Rücknahme gleichkommt bzw. was dieser entspricht. Auch wenn man davon ausgeht, dass das Antragsverfahren damit nicht erledigt war, so fehlten noch die entscheidenden Angaben des Klägers, nämlich die Angabe des Zeitpunkt für den er die Teilnahme an der EHV beantragte und, ausgehend vom Jahr 2009, die Angabe des Zeitpunkts der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Diese Angaben hat der Kläger erst mit dem Schreiben vom 04.11.2010 nachgeliefert. Erst auf der Grundlage dieses Schreibens war die Fortführung des Antragsverfahrens möglich. Die Beklagte hat auch offensichtlich den Kläger hinsichtlich des Zeitpunkts und hinsichtlich der Beendigung der Tätigkeit telefonisch darauf hingewiesen, dass nunmehr die Grundsätze der EHV geändert worden waren, so dass es einer Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht mehr bedurfte. Entsprechend hat dann der Kläger am 17.11.2010 den Antrag umgestellt und die Beklagte ihn entsprechend beschieden.

Die Beklagte war aber nicht verpflichtet, allen Vertragsärzten nach Erreichen des 65. Lebensjahres die Teilnahme an der EHV zu bewilligen. Dem steht grundsätzlich die genannte Regelung in § 2 Satz 1 GEHV entgegen, wonach es bei Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit immer eines Antrags bedarf. Zur Antragstellung gehört auch die Angabe des Zeitpunkts, soweit sie sich nicht aus den Umständen unmittelbar entnehmen lässt.

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Kläger gezielt zu informieren, dass in seiner Person die Voraussetzungen zur Teilnahme an der EHV vorlagen. Die Beklagte ist ihren allgemeinen Informationspflichten durch die Versendung des Rundschreibens nachgekommen. Für eine gezielte Beratung fehlt es an einer entsprechenden Rechtsverpflichtung. Die vom Kläger angeführten Vorschriften des SGB I sind insofern nicht anwendbar, als sie sich ausschließlich auf Sozialleistungsansprüche beziehen. Auch nach der Rechtsprechung des LSG Hessen, der die Kammer hier folgt, sind die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze zu den Hinweispflichten eines Rentenversicherungsträgers gegenüber einem Versicherten im Zusammenhang mit der Rentenantragstellung nicht auf das sozialrechtliche Schuldverhältnis zwischen Vertragsarzt und KV übertragbar (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 14.12.2005 - L 4 KA 41/05 www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; s.a. SG Marburg, Urt. v. 07.03.2007 - S 12 KA 36/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rn. 20). Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob nachgewiesen werden kann, dass der Kläger tatsächlich das Rundschreiben erhalten hat.

Das LSG Hessen hat weiter entschieden, dass ein Anspruch auf Teilnahme an der EHV nach der Satzung der KV Hessen erst nach Antragseingang entsteht und die KV nicht verpflichtet ist, die Altersentwicklung ausgeschiedener Vertragsärzte zu überwachen und diese vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf die Möglichkeit eines Anspruchs auf Teilnahme an der EHV hinzuweisen (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 14.12.2005 - L 4 KA 41/05 – a.a.O). Dies gilt insofern auch für den vorliegenden Fall, da die Beklagte nur bei Zulassungsverzicht bei Erreichen der 65-Jahresgrenze auf das Antragserfordernis verzichtet hat, nicht aber bei Fortführen der Praxis.

Bei dieser Rechtslage kann hier dahinstehen, ob die Beklagte die Änderung der GEHV wirksam veröffentlicht hat. Nach § 14 "Bekanntmachungen" der Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, zuletzt geändert durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 28. August 2010, 06. November 2010 sowie 28. Mai 2011, veröffentlicht in info.doc August 2011 Nr. 4, Seite 29, insofern unverändert zur vorherigen Fassung, sind die Satzung der KVH sowie die sonstigen Bekanntmachungen, durch welche Pflichten der Mitglieder begründet werden (z.B. § 8 Abs. 2a), sowie sonstige Veröffentlichungen im Hessischen Ärzteblatt oder durch Rundschreiben zu veröffentlichen. Hierunter fallen Änderungen der GEHV. Grundsätzlich reicht es aus, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von Rechtsnormen verschaffen können müssen, was auch durch Rundschreiben erfolgen kann (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2011 B 6 KA 9/10 R - juris Rdnr. 18 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Rundschreiben "EHV-aktuell Sonderausgabe 1/2010", mit der die Änderung bekanntgegeben wurde, da die geänderten Teile der GEHV im Wortlaut enthalten waren. Die Beklagte hat das Rundschreiben nach ihrem Vorbringen in erster Linie und an die weit überwiegende Zahl ihrer Mitglieder per E-Mail versandt, per Fax nur in den Fällen, in denen ihr keine E-Mail-Adresse bekannt war oder eine Fehlermeldung erfolgte. Soweit eine Versendung per E-Mail oder per Fax nicht möglich war oder scheiterte, erfolgte eine Versendung per Post. Fraglich ist allein, ob eine Bekanntgabe per E-Mail hierfür ausreichte. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn der Begriff "Rundschreiben" nach § 14 der Satzung zwingend die Bekanntgabe in schriftlicher Form, also der Versendung des Rundschreibens in gedruckter Fassung per Post, voraussetzen würde. Anders aber als z. B. das Schriftformerfordernis für Rechtsbehelfe wie Widerspruch und Klage, die nur unter besonderen Voraussetzungen durch eine digitale Form ersetzt werden können, legt weder die Satzung noch eine andere Rechtsnorm zwingend fest, dass eine Versendung nur in Druckform per Post zulässig wäre. Insofern könnte § 14 der Satzung, der bereits in einer Zeit verabschiedet wurde, in der die Bekanntgabe eines Rundschreibens per E-Mail noch unbekannt war, ohne förmliche Anpassung die erst durch technischen Wandel ermöglichten neuen Versendungsformen noch zulassen. Geht man von der Wirksamkeit der Bekanntmachung aus, dann ist die Satzung in Kraft getreten und hat der Kläger keinen Anspruch auf Teilnahme an der EHV für den strittigen Zeitraum, wie bereits ausgeführt. Geht man aber von der Unwirksamkeit der Bekanntmachung aus, dann ist die Satzung nicht in Kraft getreten und es fehlt bereits an einer Anspruchsgrundlage für die Teilnahme an der EHV für den strittigen Zeitraum.

Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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