Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 670/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 68/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein außergewöhnlicher Grund, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat und eine Erhöhung des Regelleistungsvolumens begründet (hier: Quartal I/09), liegt bei einem Urlaub frühestens ab einer Dauer von 10 zusammenhängenden Arbeitstagen vor.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 6.600,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal I/09.
Der Kläger ist als Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde seit 01.01.1983 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt an der Klinik CC.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 26.11.2008 das Regelleistungsvolumen des Klägers für das Quartal I/09 auf 48.115,18 EUR bei einem Fallwert von 30,53 EUR und einer RLV-relevanten Fallzahl von 1.568 fest.
Der Kläger wandte sich unter Datum vom 08.12.2008 an die Beklagte und trug vor, wegen Krankheit und Urlaub sei die von der Beklagten errechnete Fallzahl im Quartal I/08 für seine Praxis außergewöhnlich gering ausgefallen und spiegele auf keinen Fall seine durchschnittlichen Fallzahlen seines ersten Quartals wider. Er verweise auf seine bisherigen Fallzahlen: 2.082 (I/03), 1.853 (I/04), 2.008 (I/05), 1.976 (I/06), 1.945 (I/07) und 1.632 (I/08).
Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 18.12.2008 mit, da er nicht allein die Berechnungsgrundlagen der Zuweisung des Regelleistungsvolumens angreife, habe sie seinen Widerspruch zu seinen Gunsten als Antrag auf Gewährung einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen gewertet.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 07.04.2009 den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Fallwert der Praxis bestimme sich nach der Zugehörigkeit des Arztes zu einer RLV-Fachgruppe auf der Basis des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses und des Honorarvertrages 2009. Das aktuelle im Abrechungsquartal gültige Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimme sich dann aus der Multiplikation des für das aktuelle Quartal ermittelten arztgruppenspezifischen Fallwerts und der RLV-relevanten Fallzahl der Praxis aus dem Vorjahresquartal. Unter Teil F Abschnitt 3.4 sehe der Beschluss des Erweiterten Bewerbungsausschusses vor, dass auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Leistungen über das arzt/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden könne. Als Voraussetzung für eine solche Regelung gelten dabei außergewöhnliche und/oder durch den Arzt unverschuldete Gründe, die zu einer niedrigen Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hätten. Ihr Vorstand habe deshalb am 08.12.2008 beschlossen, dass nur bei außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Gründen, die auch zu einer nachweislichen Schließung der Praxis von 14 zusammenhängenden Tagen im Aufsatzquartal geführt hätten (hierzu zähle z. B. die Krankheit des Arztes) eine Sonderregelung getroffen werden könne. Eine zusammenhängende 14-tägige Schließung der Praxis aus Krankheitsgründen habe nicht festgestellt werden können. Auch nach den Angaben des Klägers sei die Praxis lediglich an einzelnen Praxistagen geschlossen gewesen.
Hiergegen legte der Kläger am 17.04.2009 Widerspruch ein. Er trug vor, die Bedingungen, wie z. B. 14 zusammenhängende Krankheitstage seien ihm im Quartal I/08 nicht bekannt gewesen. Im Quartal I/09 habe er 2.000 Patienten abgerechnet. Dies zeige, dass es sich bei dem Quartal I/08 um ein Sonderquartal gehandelt habe. Das Abstellen auf eine mindestens 14-tägige Krankheit sei ein Verstoß gegen den Honorarverteilungsvertrag und gegen Art. 3 GG. Er habe im Quartal I/08 sowohl die erste Kalenderwoche wie auch die 11. und 12. Kalenderwoche Urlaub gemacht. Von daher sei die Praxis von Samstag, 08.03.2008 bis Ostermontag, 24.03.2008, geschlossen gewesen, das seien sogar 17 zusammenhängende Tage. Wegen Erkrankung habe er teilweise reduziert gearbeitet, ohne den Praxisbetrieb deswegen ganz einzustellen. Nach dem Honorarverteilungsvertrag hätte die Beklagte auf frühere Quartale zurückgreifen können oder den Durchschnitt aus typischeren Quartalen bilden können. Es gehe um 432 überschießende Fälle mal 3,53 EUR. Leistungen im Wert von 13.188,96 EUR würden nicht vergütet werden. Wegen seines 60. Geburtstags am xx. xxx 2008 habe er in der ersten Januar-Woche Urlaub gemacht und die familiären Feierlichkeiten seien dann in den beiden März-Wochen nachgeholt worden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe im Quartal I/08 ohne Fälle "sonstiger Kostenträger" 1.600 ambulant-kurative Fälle abgerechnet. Abzüglich nicht berücksichtungsfähiger Fälle ergebe sich eine relevante Fallzahl von 1.568 Fällen. Bei einem Urlaub sei nicht zwangsläufig von einem unverschuldeten Grund der Praxisschließung auszugehen. Allerdings könne nach dem Honorarvertrag 2009 in begründeten Ausnahmefällen (z. B. Urlaub) eine Sonderregelung in der Gestalt getroffen werden, als anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werde. Auch insoweit werde jedoch vorausgesetzt, dass der Urlaub tatsächlich ausnahmsweise, d. h. nicht regelmäßig in den gleichen Quartalen eines Jahres, erfolgt sei und ebenfalls zu einer nachweislichen Schließung der Praxis von über 14 zusammenhängenden Tagen geführt habe. Eine Nachfrage bei der Niederlassungsberatung der Bezirksstelle ZP. habe ergeben, dass dort keine Abwesenheits-/Urlaubsmitteilung für das Quartal I/08 vorgelegen habe. Aufgrund des fehlenden Nachweises scheide die Möglichkeit einer Sonderregelung wegen Urlaubs oder auch Krankheit aus. Die Notwendigkeit einer Urlaubsmeldung sei auch bekannt gewesen. Sie ergebe sich aus § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV. Die Anforderung einer nachweislichen Schließung der Praxis an mindestens 14 zusammenhängenden Tagen sei eine zulässige Ausgestaltung des Beschlusses des Bewertungsausschusses sowie des Honorarvertrages 2009 und stelle keinen Verstoß gegen diese verbindlichen Regelungen dar. Der Rückgriff auf das jeweilige Vorquartal sei unverändert, wie in den Honorarregelungen der vergangenen Jahre, vorgenommen worden. Eine Sonderregelung sei ferner auch mangels Praxisbesonderheiten ausgeschlossen.
Hiergegen hat der Kläger am 18.09.2009 die Klage erhoben. Er verweist auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, an den freien Tagen habe er selbstverständlich keine Leistungen abgerechnet. Schon daraus könne die Beklagte ohne weiteres erkennen, dass die Praxis in dieser Zeit geschlossen gewesen sei. Er lege im Übrigen seinen Zeitstatus EBM – Quartal I/08 für den Monat März vor. Urlaub habe er der Beklagten noch nie gemeldet, wenn ihn ortansässige Kollegen vertreten hätten. Nur dann, wenn er einen Vertreter in der Praxis beschäftigt habe, habe er den Urlaub gemeldet. Diese gängige Praxis sei von der Beklagten noch nie beanstandet worden. Er sei Belegarzt. Die Ziffer 30900 betreffe die Schnarch-Diagnostik. Er spreche mit dem Patienten und bestelle ihn ein. Im vorliegenden Fall seien diese Termine in den Urlaub gefallen. Die Arzthelferin lege dann die Messgeräte an und der Patient schlafe zu Hause und lasse messtechnisch die Daten aufzeichnen. Während der gesamten Zeit sei in der Klinik ein ärztlicher Urlaubsvertreter anwesend. Die Auswertung und Diagnostik behalte er sich jedoch selbst vor, sie werde dann nach seinem Urlaub vorgenommen. Es habe sich jedoch eingespielt, dass als Datum für die Leistungserbringung der Tag genannt werde, an dem der Patient das Gerät mit nach Hause bekomme. Wegen der speziellen Diagnostik-Methode könne pro Gerät nur eine Untersuchung/Tag durchgeführt werden, so dass oft eine Warteliste von ein bis zwei Monaten entstehe. Termine würden also von langer Hand vergeben und bei evtl. Absagen erneut vergeben. Die Untersuchung sei von einer Arzthelferin unter Überwachung seines Vertreters während seines Urlaubs an drei Patienten vorgenommen worden. Sein Zeitstatus für das Quartal I/09 belege, dass er im Quartal I/09 keinen Urlaub gehabt habe. Er habe lediglich an den Wochenenden frei gehabt. Er habe lediglich einen einwöchigen Urlaub am 30.03.2009 begonnen und daher am Montag und Dienstag, dem 30./31.03.2009 nicht gearbeitet. Soweit die Beklagte auf einen Urlaub hinweise, handele es sich offensichtlich um eine Verwechselung. Er habe die Praxis vom 01. bis 06.01.2008 und vom 08. bis 24.03.2008, also 6 und 17 Tage, zusammen 23 Tage bzw. 25 % von 91 Tagen geschlossen gehabt.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 07.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe weder in der Widerspruchs- noch Klagebegründung seinen Vortrag zur behaupteten Krankheit substantiiert, so dass sie davon ausgehe, dass der Antrag auf Sonderregelung nicht weiter auf eine behauptete Erkrankung im Quartal I/08 gestützt werde. Der Kläger habe in der ersten Kalenderwoche des Quartals I/08, da der 01.01.2008 ein Feiertag gewesen sei, seine Praxis ausschließlich von Mittwoch, 2. Januar, bis Freitag, den 4. Januar geschlossen gehabt, was ausschließlich drei zusammenhängende Tage der Praxisschließung entspreche. Der bisher behauptete und nicht nachgewiesene Urlaub vom 08.03. bis 24.03.2008 erfülle ebenfalls nicht die Voraussetzungen des Grundsatzbeschlusses des Vorstandes. Die Zeit sei erst ab Montag, den 09.03. zu berücksichtigen. Am 21.03.2008 sei Karfreitag gewesen, am 24.03.2008 Ostermontag. Zu berücksichtigen sei daher nur eine Schließung vom 10.03. bis 20.03.2008. Es handele sich damit um eine Praxisschließung von neun Arbeitstagen. Ferner handele es sich bei einem wegen einer Feier geplanten Urlaub nicht um einen – wie vom Vorstandsbeschluss vorausgesetzt – außergewöhnlichen und/oder den Arzt unverschuldeten Grund, welcher zu einem Anspruch auf Sonderregelung führe. Eine Überprüfung habe ergeben, dass der Kläger in der ersten Kalenderwoche 2008, 2 Behandlungsfälle, nämlich am 02.01. und in der 11. Kalenderwoche einen Behandlungsfall, am 14.03.2008 abgerechnet habe. Soweit sie vorgetragen habe, der Kläger habe auch im Quartal I/09 Urlaub gemacht und in bestimmten Zeiten keine Leistungen erbracht, handele es sich um eine Verwechslung und erhalte sie diesen Vortrag nicht mehr aufrecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Sie konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben § 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 07.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens neu zu bescheiden. Die Klage war abzuweisen.
Der Bescheid vom 07.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 ist rechtmäßig.
Nach Abschnitt 3.4 Teil F des Beschlusses des Erweiterten Bewerbungsausschusses gem. § 87 Abs. 4 SGB V zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung in seiner siebten Sitzung am 27. und 28. August 2008 (im Folgenden: EB7) gelten folgende Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung: Auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung können Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge.
- Bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten aufgrund
- Urlaubs- und krankheitsbedingte Vertretung eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- Urlaubs- und krankheitsbedingte Vertretung eines Arztes einer Arztpraxis in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- eines außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Grundes, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat. Hierzu zählt z. B. Krankheit des Arztes.
Diese Vorgaben werden im Honorarverteilungsvertrag 2009 im Abschnitt II 3.4 übernommen und um folgende Regelungen ergänzt: Darüber hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Dies gilt insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe von mind. 30 % vorliegt.
Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen (Beschl. v. 21.12.2009 – L 4 KA 77/09 B ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris = www.lareda.hessenrecht.de) können nach den Kriterien zu Ausnahmen von der Abstaffelung über das arzt-/praxisbezogene RLV hinaus Leistungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Es handelt sich bei dem Begriff des "außergewöhnlichen Grundes" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Der Auffassung, nach Sinn und Zweck der Regelung könne es nur ein dem aufgeführten Beispiel der Krankheit gleichwertiger Grund sein, aus dem heraus die ärztliche Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum nicht ausgeübt wurde, der eine Mindestzeit von zwei Wochen erreichen müsse, weil ansonsten eine merkliche Fallzahlminderung im Aufsatzquartal nicht verursacht werden könne, kann nicht gefolgt werden; eine solche Auslegung erweist sich als zu restriktiv. Denkbar sind auch Fälle einer länger andauernden Erkrankung mit intensivem regelmäßigem Behandlungsbedarf (z.B. Dialyse-Behandlungen, Chemotherapie), die aufgrund ihrer Schwere dazu führen, dass über einen längeren Zeitraum eine Praxisführung nur unter eingeschränkten (zeitlichen) Bedingungen möglich ist, ohne dass es dabei zu einer Praxisschließung kommen muss. Andere Fallgestaltungen können daher zu berücksichtigen sein, wenn sie eine vergleichbare – außergewöhnliche - Qualität haben, wobei es ausdrücklich auf ein Verschulden nicht ankommt. Wie an dem Beispiel Krankheit ersichtlich, müssen solche Gründe jedoch nicht so außergewöhnlich sein, dass sie praktisch nie vorkommen oder völlig unvorhersehbar sind.
Auf ein Verschulden bzgl. der Praxisunterbrechung im Referenzquartal kommt es daher nicht an. Neben Krankheit können auch Fehlzeiten wegen Urlaubs einen atypischen Sonderfall begründen (vgl. BSG, Urt. v. 03.02.2010 - B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 50 = MedR 2010, 809 = USK 2010-53, juris Rdnr. 27; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.02.2001 - L 11 KA 154/00 - MedR 2001, 426, juris Rdnr. 41). Hiervon geht auch die Beklagte aus, da sie lediglich beanstandet, der Urlaub müsse eine zusammenhängende Dauer im Umfang von wenigstens zehn Arbeitstagen haben.
Die Kammer geht davon aus, dass sich die Beteiligten nunmehr darüber einig sind, dass der Kläger im Quartal I/09 nur am 02.01.2009 die Praxis geschlossen hatte und im Quartal I/08 neben den Feiertagen die Praxis von Mittwoch, dem 02.01.2008 bis Freitag, dem 04.01.2008 sowie vom 08. bis 24.03.2008 geschlossen hatte, wobei die Beklagte davon ausgeht, dass ausschließlich die Arbeitstage vom 10. bis 20.03.2008, also neun Arbeitstage zu berücksichtigen seien.
Die Auffassung der Beklagten ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Kammer geht davon aus, dass eine Praxisunterbrechung wenigstens von zehn zusammenhängenden Arbeitstagen Voraussetzung für eine Sonderregelung ist. Dabei kann dahinstehen, ob ggf. eine ungewöhnliche Häufung kürzerer Praxisunterbrechungen die Voraussetzung für eine Sonderregelung erfüllt, da eine solche Häufung auch mit der Unterbrechung im Januar 2008 nicht vorliegt. Ferner geht die Kammer zu Gunsten des Klägers davon aus, dass eine urlaubsbedingte Unterbrechung vom 08. bis 24.03.2008 vorlag. Dabei kann weiter dahinstehen, ob eine solche nur dann anzunehmen ist, wenn diese entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV mitgeteilt worden ist. § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV verlangt jedenfalls, dass bei einer Vertretung über eine Woche dies der Beklagten mitzuteilen ist. Soweit der Kläger vorträgt, er habe es der Beklagten noch nie gemeldet, wenn ihn ortansässige Kollegen vertreten hätten, so folgt hieraus weder eine Suspendierung des § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV noch eine Vertrauensschutzregelung. Bloßes Nichtstun kann insofern keinen Vertrauenstatbestand begründen, wobei hier auch nicht feststeht, ob die Beklagte überhaupt Kenntnis von der Ortsabwesenheit des Klägers hatte. Soweit ein Verstoß gegen § 32 Ärzte-ZV vorliegt, handelt es sich möglicherweise um einen Verstoß gegen Berufspflichten. Eine Sanktionierung dieser Pflichten kann ggf. disziplinarrechtlich erfolgen. Eine unmittelbare Auswirkung auf die Honorarverteilung bzw. den Honoraranspruch ist der Regelung nicht zu entnehmen. Insofern dürfte einer Meldung unter honorarrechtlicher Sicht im Wesentlichen lediglich die Funktion eines Nachweises haben, ist jedoch nicht Voraussetzung, soweit durch andere Beweismittel die Schließung der Praxis nachgewiesen werden kann.
Voraussetzung für eine Sonderregelung ist aber das Vorliegen eines "außergewöhnlichen Grundes", der eine länger andauernde Praxisunterbrechung im Vergleich zum Referenzquartal bedingt. Die Kammer hält es für zutreffend, hierbei von einer Unterbrechung auszugehen, die jedenfalls länger als zwei Wochen andauern muss. Im Hinblick auf den entscheidenden Umstand der Praxisunterbrechung hält es die Kammer ferner für sachgerecht, nicht auf eine kalendertägliche Dauer abzustellen, sondern auf eine arbeitstägliche, d. h. in der Regel werktägliche Unterbrechung, ausgehend von einer Fünf-Tages-Woche. Andernfalls könnte es nicht nur an Ostern, sondern auch im Zeitraum Weihnachten/Neujahr zu nicht unerheblichen Unterschieden zwischen Arbeits- und Kalendertagen kommen. Danach liegt jedenfalls bei der vom Kläger vorgetragenen Praxisunterbrechung von neun Arbeitstagen keine solche Unterbrechung vor, die eine Sonderregelung rechtfertigen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterlege Teil hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der Kläger hat bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragen, es gehe um 432 überschießende Fälle mal 3,53 EUR. Leistungen im Wert von 13.188,96 EUR würden nicht vergütet werden. Ausgehend hiervon war der Streitwert festzusetzen. Im Hinblick auf den Bescheidungsantrag war dieser Wert zu halbieren. Gerundet ergab dies den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 6.600,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal I/09.
Der Kläger ist als Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde seit 01.01.1983 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt an der Klinik CC.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 26.11.2008 das Regelleistungsvolumen des Klägers für das Quartal I/09 auf 48.115,18 EUR bei einem Fallwert von 30,53 EUR und einer RLV-relevanten Fallzahl von 1.568 fest.
Der Kläger wandte sich unter Datum vom 08.12.2008 an die Beklagte und trug vor, wegen Krankheit und Urlaub sei die von der Beklagten errechnete Fallzahl im Quartal I/08 für seine Praxis außergewöhnlich gering ausgefallen und spiegele auf keinen Fall seine durchschnittlichen Fallzahlen seines ersten Quartals wider. Er verweise auf seine bisherigen Fallzahlen: 2.082 (I/03), 1.853 (I/04), 2.008 (I/05), 1.976 (I/06), 1.945 (I/07) und 1.632 (I/08).
Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 18.12.2008 mit, da er nicht allein die Berechnungsgrundlagen der Zuweisung des Regelleistungsvolumens angreife, habe sie seinen Widerspruch zu seinen Gunsten als Antrag auf Gewährung einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen gewertet.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 07.04.2009 den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Fallwert der Praxis bestimme sich nach der Zugehörigkeit des Arztes zu einer RLV-Fachgruppe auf der Basis des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses und des Honorarvertrages 2009. Das aktuelle im Abrechungsquartal gültige Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimme sich dann aus der Multiplikation des für das aktuelle Quartal ermittelten arztgruppenspezifischen Fallwerts und der RLV-relevanten Fallzahl der Praxis aus dem Vorjahresquartal. Unter Teil F Abschnitt 3.4 sehe der Beschluss des Erweiterten Bewerbungsausschusses vor, dass auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung Leistungen über das arzt/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden könne. Als Voraussetzung für eine solche Regelung gelten dabei außergewöhnliche und/oder durch den Arzt unverschuldete Gründe, die zu einer niedrigen Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hätten. Ihr Vorstand habe deshalb am 08.12.2008 beschlossen, dass nur bei außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Gründen, die auch zu einer nachweislichen Schließung der Praxis von 14 zusammenhängenden Tagen im Aufsatzquartal geführt hätten (hierzu zähle z. B. die Krankheit des Arztes) eine Sonderregelung getroffen werden könne. Eine zusammenhängende 14-tägige Schließung der Praxis aus Krankheitsgründen habe nicht festgestellt werden können. Auch nach den Angaben des Klägers sei die Praxis lediglich an einzelnen Praxistagen geschlossen gewesen.
Hiergegen legte der Kläger am 17.04.2009 Widerspruch ein. Er trug vor, die Bedingungen, wie z. B. 14 zusammenhängende Krankheitstage seien ihm im Quartal I/08 nicht bekannt gewesen. Im Quartal I/09 habe er 2.000 Patienten abgerechnet. Dies zeige, dass es sich bei dem Quartal I/08 um ein Sonderquartal gehandelt habe. Das Abstellen auf eine mindestens 14-tägige Krankheit sei ein Verstoß gegen den Honorarverteilungsvertrag und gegen Art. 3 GG. Er habe im Quartal I/08 sowohl die erste Kalenderwoche wie auch die 11. und 12. Kalenderwoche Urlaub gemacht. Von daher sei die Praxis von Samstag, 08.03.2008 bis Ostermontag, 24.03.2008, geschlossen gewesen, das seien sogar 17 zusammenhängende Tage. Wegen Erkrankung habe er teilweise reduziert gearbeitet, ohne den Praxisbetrieb deswegen ganz einzustellen. Nach dem Honorarverteilungsvertrag hätte die Beklagte auf frühere Quartale zurückgreifen können oder den Durchschnitt aus typischeren Quartalen bilden können. Es gehe um 432 überschießende Fälle mal 3,53 EUR. Leistungen im Wert von 13.188,96 EUR würden nicht vergütet werden. Wegen seines 60. Geburtstags am xx. xxx 2008 habe er in der ersten Januar-Woche Urlaub gemacht und die familiären Feierlichkeiten seien dann in den beiden März-Wochen nachgeholt worden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe im Quartal I/08 ohne Fälle "sonstiger Kostenträger" 1.600 ambulant-kurative Fälle abgerechnet. Abzüglich nicht berücksichtungsfähiger Fälle ergebe sich eine relevante Fallzahl von 1.568 Fällen. Bei einem Urlaub sei nicht zwangsläufig von einem unverschuldeten Grund der Praxisschließung auszugehen. Allerdings könne nach dem Honorarvertrag 2009 in begründeten Ausnahmefällen (z. B. Urlaub) eine Sonderregelung in der Gestalt getroffen werden, als anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werde. Auch insoweit werde jedoch vorausgesetzt, dass der Urlaub tatsächlich ausnahmsweise, d. h. nicht regelmäßig in den gleichen Quartalen eines Jahres, erfolgt sei und ebenfalls zu einer nachweislichen Schließung der Praxis von über 14 zusammenhängenden Tagen geführt habe. Eine Nachfrage bei der Niederlassungsberatung der Bezirksstelle ZP. habe ergeben, dass dort keine Abwesenheits-/Urlaubsmitteilung für das Quartal I/08 vorgelegen habe. Aufgrund des fehlenden Nachweises scheide die Möglichkeit einer Sonderregelung wegen Urlaubs oder auch Krankheit aus. Die Notwendigkeit einer Urlaubsmeldung sei auch bekannt gewesen. Sie ergebe sich aus § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV. Die Anforderung einer nachweislichen Schließung der Praxis an mindestens 14 zusammenhängenden Tagen sei eine zulässige Ausgestaltung des Beschlusses des Bewertungsausschusses sowie des Honorarvertrages 2009 und stelle keinen Verstoß gegen diese verbindlichen Regelungen dar. Der Rückgriff auf das jeweilige Vorquartal sei unverändert, wie in den Honorarregelungen der vergangenen Jahre, vorgenommen worden. Eine Sonderregelung sei ferner auch mangels Praxisbesonderheiten ausgeschlossen.
Hiergegen hat der Kläger am 18.09.2009 die Klage erhoben. Er verweist auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, an den freien Tagen habe er selbstverständlich keine Leistungen abgerechnet. Schon daraus könne die Beklagte ohne weiteres erkennen, dass die Praxis in dieser Zeit geschlossen gewesen sei. Er lege im Übrigen seinen Zeitstatus EBM – Quartal I/08 für den Monat März vor. Urlaub habe er der Beklagten noch nie gemeldet, wenn ihn ortansässige Kollegen vertreten hätten. Nur dann, wenn er einen Vertreter in der Praxis beschäftigt habe, habe er den Urlaub gemeldet. Diese gängige Praxis sei von der Beklagten noch nie beanstandet worden. Er sei Belegarzt. Die Ziffer 30900 betreffe die Schnarch-Diagnostik. Er spreche mit dem Patienten und bestelle ihn ein. Im vorliegenden Fall seien diese Termine in den Urlaub gefallen. Die Arzthelferin lege dann die Messgeräte an und der Patient schlafe zu Hause und lasse messtechnisch die Daten aufzeichnen. Während der gesamten Zeit sei in der Klinik ein ärztlicher Urlaubsvertreter anwesend. Die Auswertung und Diagnostik behalte er sich jedoch selbst vor, sie werde dann nach seinem Urlaub vorgenommen. Es habe sich jedoch eingespielt, dass als Datum für die Leistungserbringung der Tag genannt werde, an dem der Patient das Gerät mit nach Hause bekomme. Wegen der speziellen Diagnostik-Methode könne pro Gerät nur eine Untersuchung/Tag durchgeführt werden, so dass oft eine Warteliste von ein bis zwei Monaten entstehe. Termine würden also von langer Hand vergeben und bei evtl. Absagen erneut vergeben. Die Untersuchung sei von einer Arzthelferin unter Überwachung seines Vertreters während seines Urlaubs an drei Patienten vorgenommen worden. Sein Zeitstatus für das Quartal I/09 belege, dass er im Quartal I/09 keinen Urlaub gehabt habe. Er habe lediglich an den Wochenenden frei gehabt. Er habe lediglich einen einwöchigen Urlaub am 30.03.2009 begonnen und daher am Montag und Dienstag, dem 30./31.03.2009 nicht gearbeitet. Soweit die Beklagte auf einen Urlaub hinweise, handele es sich offensichtlich um eine Verwechselung. Er habe die Praxis vom 01. bis 06.01.2008 und vom 08. bis 24.03.2008, also 6 und 17 Tage, zusammen 23 Tage bzw. 25 % von 91 Tagen geschlossen gehabt.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 07.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe weder in der Widerspruchs- noch Klagebegründung seinen Vortrag zur behaupteten Krankheit substantiiert, so dass sie davon ausgehe, dass der Antrag auf Sonderregelung nicht weiter auf eine behauptete Erkrankung im Quartal I/08 gestützt werde. Der Kläger habe in der ersten Kalenderwoche des Quartals I/08, da der 01.01.2008 ein Feiertag gewesen sei, seine Praxis ausschließlich von Mittwoch, 2. Januar, bis Freitag, den 4. Januar geschlossen gehabt, was ausschließlich drei zusammenhängende Tage der Praxisschließung entspreche. Der bisher behauptete und nicht nachgewiesene Urlaub vom 08.03. bis 24.03.2008 erfülle ebenfalls nicht die Voraussetzungen des Grundsatzbeschlusses des Vorstandes. Die Zeit sei erst ab Montag, den 09.03. zu berücksichtigen. Am 21.03.2008 sei Karfreitag gewesen, am 24.03.2008 Ostermontag. Zu berücksichtigen sei daher nur eine Schließung vom 10.03. bis 20.03.2008. Es handele sich damit um eine Praxisschließung von neun Arbeitstagen. Ferner handele es sich bei einem wegen einer Feier geplanten Urlaub nicht um einen – wie vom Vorstandsbeschluss vorausgesetzt – außergewöhnlichen und/oder den Arzt unverschuldeten Grund, welcher zu einem Anspruch auf Sonderregelung führe. Eine Überprüfung habe ergeben, dass der Kläger in der ersten Kalenderwoche 2008, 2 Behandlungsfälle, nämlich am 02.01. und in der 11. Kalenderwoche einen Behandlungsfall, am 14.03.2008 abgerechnet habe. Soweit sie vorgetragen habe, der Kläger habe auch im Quartal I/09 Urlaub gemacht und in bestimmten Zeiten keine Leistungen erbracht, handele es sich um eine Verwechslung und erhalte sie diesen Vortrag nicht mehr aufrecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Sie konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben § 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 07.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über seinen Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens neu zu bescheiden. Die Klage war abzuweisen.
Der Bescheid vom 07.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2009 ist rechtmäßig.
Nach Abschnitt 3.4 Teil F des Beschlusses des Erweiterten Bewerbungsausschusses gem. § 87 Abs. 4 SGB V zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung in seiner siebten Sitzung am 27. und 28. August 2008 (im Folgenden: EB7) gelten folgende Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung: Auf Antrag des Arztes und nach Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung können Leistungen über das arzt-/praxisbezogene Regelleistungsvolumen hinaus mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge.
- Bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten aufgrund
- Urlaubs- und krankheitsbedingte Vertretung eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- Urlaubs- und krankheitsbedingte Vertretung eines Arztes einer Arztpraxis in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes der eigenen Berufsausübungsgemeinschaft
- Aufgabe einer Zulassung oder genehmigten Tätigkeit eines Arztes in der näheren Umgebung der Arztpraxis
- eines außergewöhnlichen und/oder durch den Arzt unverschuldeten Grundes, der zu einer niedrigeren Fallzahl des Arztes im Aufsatzquartal geführt hat. Hierzu zählt z. B. Krankheit des Arztes.
Diese Vorgaben werden im Honorarverteilungsvertrag 2009 im Abschnitt II 3.4 übernommen und um folgende Regelungen ergänzt: Darüber hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Dies gilt insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe von mind. 30 % vorliegt.
Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen (Beschl. v. 21.12.2009 – L 4 KA 77/09 B ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris = www.lareda.hessenrecht.de) können nach den Kriterien zu Ausnahmen von der Abstaffelung über das arzt-/praxisbezogene RLV hinaus Leistungen mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Es handelt sich bei dem Begriff des "außergewöhnlichen Grundes" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist. Der Auffassung, nach Sinn und Zweck der Regelung könne es nur ein dem aufgeführten Beispiel der Krankheit gleichwertiger Grund sein, aus dem heraus die ärztliche Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum nicht ausgeübt wurde, der eine Mindestzeit von zwei Wochen erreichen müsse, weil ansonsten eine merkliche Fallzahlminderung im Aufsatzquartal nicht verursacht werden könne, kann nicht gefolgt werden; eine solche Auslegung erweist sich als zu restriktiv. Denkbar sind auch Fälle einer länger andauernden Erkrankung mit intensivem regelmäßigem Behandlungsbedarf (z.B. Dialyse-Behandlungen, Chemotherapie), die aufgrund ihrer Schwere dazu führen, dass über einen längeren Zeitraum eine Praxisführung nur unter eingeschränkten (zeitlichen) Bedingungen möglich ist, ohne dass es dabei zu einer Praxisschließung kommen muss. Andere Fallgestaltungen können daher zu berücksichtigen sein, wenn sie eine vergleichbare – außergewöhnliche - Qualität haben, wobei es ausdrücklich auf ein Verschulden nicht ankommt. Wie an dem Beispiel Krankheit ersichtlich, müssen solche Gründe jedoch nicht so außergewöhnlich sein, dass sie praktisch nie vorkommen oder völlig unvorhersehbar sind.
Auf ein Verschulden bzgl. der Praxisunterbrechung im Referenzquartal kommt es daher nicht an. Neben Krankheit können auch Fehlzeiten wegen Urlaubs einen atypischen Sonderfall begründen (vgl. BSG, Urt. v. 03.02.2010 - B 6 KA 1/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 50 = MedR 2010, 809 = USK 2010-53, juris Rdnr. 27; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.02.2001 - L 11 KA 154/00 - MedR 2001, 426, juris Rdnr. 41). Hiervon geht auch die Beklagte aus, da sie lediglich beanstandet, der Urlaub müsse eine zusammenhängende Dauer im Umfang von wenigstens zehn Arbeitstagen haben.
Die Kammer geht davon aus, dass sich die Beteiligten nunmehr darüber einig sind, dass der Kläger im Quartal I/09 nur am 02.01.2009 die Praxis geschlossen hatte und im Quartal I/08 neben den Feiertagen die Praxis von Mittwoch, dem 02.01.2008 bis Freitag, dem 04.01.2008 sowie vom 08. bis 24.03.2008 geschlossen hatte, wobei die Beklagte davon ausgeht, dass ausschließlich die Arbeitstage vom 10. bis 20.03.2008, also neun Arbeitstage zu berücksichtigen seien.
Die Auffassung der Beklagten ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Kammer geht davon aus, dass eine Praxisunterbrechung wenigstens von zehn zusammenhängenden Arbeitstagen Voraussetzung für eine Sonderregelung ist. Dabei kann dahinstehen, ob ggf. eine ungewöhnliche Häufung kürzerer Praxisunterbrechungen die Voraussetzung für eine Sonderregelung erfüllt, da eine solche Häufung auch mit der Unterbrechung im Januar 2008 nicht vorliegt. Ferner geht die Kammer zu Gunsten des Klägers davon aus, dass eine urlaubsbedingte Unterbrechung vom 08. bis 24.03.2008 vorlag. Dabei kann weiter dahinstehen, ob eine solche nur dann anzunehmen ist, wenn diese entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV mitgeteilt worden ist. § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV verlangt jedenfalls, dass bei einer Vertretung über eine Woche dies der Beklagten mitzuteilen ist. Soweit der Kläger vorträgt, er habe es der Beklagten noch nie gemeldet, wenn ihn ortansässige Kollegen vertreten hätten, so folgt hieraus weder eine Suspendierung des § 32 Abs. 1 Satz 4 Ärzte-ZV noch eine Vertrauensschutzregelung. Bloßes Nichtstun kann insofern keinen Vertrauenstatbestand begründen, wobei hier auch nicht feststeht, ob die Beklagte überhaupt Kenntnis von der Ortsabwesenheit des Klägers hatte. Soweit ein Verstoß gegen § 32 Ärzte-ZV vorliegt, handelt es sich möglicherweise um einen Verstoß gegen Berufspflichten. Eine Sanktionierung dieser Pflichten kann ggf. disziplinarrechtlich erfolgen. Eine unmittelbare Auswirkung auf die Honorarverteilung bzw. den Honoraranspruch ist der Regelung nicht zu entnehmen. Insofern dürfte einer Meldung unter honorarrechtlicher Sicht im Wesentlichen lediglich die Funktion eines Nachweises haben, ist jedoch nicht Voraussetzung, soweit durch andere Beweismittel die Schließung der Praxis nachgewiesen werden kann.
Voraussetzung für eine Sonderregelung ist aber das Vorliegen eines "außergewöhnlichen Grundes", der eine länger andauernde Praxisunterbrechung im Vergleich zum Referenzquartal bedingt. Die Kammer hält es für zutreffend, hierbei von einer Unterbrechung auszugehen, die jedenfalls länger als zwei Wochen andauern muss. Im Hinblick auf den entscheidenden Umstand der Praxisunterbrechung hält es die Kammer ferner für sachgerecht, nicht auf eine kalendertägliche Dauer abzustellen, sondern auf eine arbeitstägliche, d. h. in der Regel werktägliche Unterbrechung, ausgehend von einer Fünf-Tages-Woche. Andernfalls könnte es nicht nur an Ostern, sondern auch im Zeitraum Weihnachten/Neujahr zu nicht unerheblichen Unterschieden zwischen Arbeits- und Kalendertagen kommen. Danach liegt jedenfalls bei der vom Kläger vorgetragenen Praxisunterbrechung von neun Arbeitstagen keine solche Unterbrechung vor, die eine Sonderregelung rechtfertigen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterlege Teil hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der Kläger hat bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragen, es gehe um 432 überschießende Fälle mal 3,53 EUR. Leistungen im Wert von 13.188,96 EUR würden nicht vergütet werden. Ausgehend hiervon war der Streitwert festzusetzen. Im Hinblick auf den Bescheidungsantrag war dieser Wert zu halbieren. Gerundet ergab dies den festgesetzten Wert.
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