Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 KR 462/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 272/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine abhängige Beschäftigung in einer Einzelfirma eines nahen Familienangehörigen liegt auch dann vor, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles der als Arbeitnehmer geführte (leitende) Angestellte oder Fremdgeschäftsführer auf Grund seiner Stellung in der Familie faktisch vollkommen freie Hand in der Führung der Geschicke des Unternehmens hat und wie ein Alleininhaber „frei Schalten und Walten kann“.
Maßgeblich ist allein die Rechtsmacht des Firmeninhabers. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann für eine abhängige Beschäftigung ausschlaggebend sein zu lassen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden ist.
Maßgeblich ist allein die Rechtsmacht des Firmeninhabers. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann für eine abhängige Beschäftigung ausschlaggebend sein zu lassen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. August 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger in den Zeiträumen 26.01.1981 bis 30.09.1986 und 01.10.1986 bis 31.12.1991 im Rahmen seiner Tätigkeit im Handwerksbetrieb seines Vaters abhängig beschäftigt war und damit der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Der 1961 geborene Kläger hatte zwischen 1977 bis 1981 eine Maschinenschlosser-Lehre außerhalb des Betriebes seines Vaters absolviert und am 21.03.1986 die Meisterprüfung im Rollladen- und Jalousienbau abgelegt. Seit dem 26.01.1981 war der Kläger in der Firma seines Vaters tätig gewesen, wobei er von dieser mit dem Berufsschlüssel 761 (Bürofachangestellter) zur Beklagten zu 2) als Arbeitnehmer angemeldet worden war und dort auch als solcher geführt wurde. Dementsprechend waren neben den Beiträgen zur Krankenversicherung auch Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung von dem im Wesentlichen regelmäßig auf ein privates Konto des Klägers gezahlten Entgelt abgeführt worden. Ab 01.10.1986 hatte sich der Kläger bei der XY. Krankenversicherungs AG privat krankenversichert, da er die für die gesetzliche Krankenversicherung maßgebliche Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten hatte. Das private Krankenversicherungsunternehmen hatte dem Kläger unter dem Datum vom 02.10.1986 eine Bescheinigung zur Erlangung des Arbeitgeberzuschusses zum Beitrag für eine private Krankenversicherung erteilt. Im Zeitraum vom 01.10.1986 bis 31.12.1991 fungierte die Beklagte zu 1. als Einzugsstelle für die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Nach Angaben des Klägers existieren zu dem streitigen Zeitraum keine Lohnunterlagen der Firma und auch keine ihm erteilten Lohnabrechnungsnachweise mehr.
Der Vater des Klägers hatte den seit langem im Familienbesitz befindlichen und zeitweise in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft geführten Handwerksbetrieb seit 1969 als Einzelfirma geführt, deren alleiniger Inhaber er war. Er verstarb am 01.10.1991 nach langandauernder schwerer Erkrankung. Nach Angaben des Klägers waren in dem Betrieb, der hauptsächlich Aufträge der Stadt B-Stadt ausführt, ursprünglich 7 Mitarbeiter und Ende 1991 / Anfang 1992 ca. 15 Mitarbeiter tätig; derzeit habe der Berieb – je nach Konjunkturlage – ca. 25 Mitarbeiter. Geschäftsziel des Betriebes ist seit langem Bau, Vertrieb und Montage von Rollläden sowie Vertrieb von Fenstern, Toren, Türen und Sonnenschutz.
Durch Gesellschaftsvertrag vom 21.02.1992 war die Firma in die Rechtsform einer GmbH umgewandelt und der Kläger als beherrschender Gesellschafter zum alleinigen Geschäftsführer bestellt worden. In dem unter dem Datum vom 25.02.2002 zwischen der GmbH und dem Kläger abgeschlossenen Anstellungsvertrag heißt es unter § 3 Bezüge in Absatz 4, "da der Kläger als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer nicht sozialversicherungspflichtig ist, wird die Gesellschaft keine Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abführen".
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12.12.2006 beantragte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Beigeladenen zu 2., die Erstattung der für die Zeit bis 31.12.1991 seiner Auffassung nach fälschlicherweise entrichteten Pflichtbeiträge. Die Beigeladene zu 2. leitete den Vorgang an die Beklagte zu 1. weiter. Mit weiterem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.04.2007 stellte der Kläger sodann bei der Beklagten zu 2) einen Antrag auf Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung sowie der sonstigen Beiträge zur Sozialversicherung. Dabei machte er im Wesentlichen identisch geltend, dass er bereits sieben Tage nach Abschluss der Lehre zum Maschinenschlosser den Betrieb seines Vaters übernommen habe. Ein Arbeitsvertrag im eigentlichen Sinne sei zwischen ihm und seinem Vater nicht abgeschlossen worden. Allerdings sei vereinbart gewesen, dass er den Betrieb übernehmen und sich der Vater aus der Geschäftsführung heraushalten solle. Im Gegensatz zu seinem Vater, der über keine Qualifikation verfügt habe, sei er als Meister zur Betriebsleitung befugt gewesen.
Mit Bescheid vom 24.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 stellte die Beklagte zu 1. ebenso wie die Beklagte zu 2. mit deren Bescheid vom 04.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2008 fest, dass der Kläger in den jeweils strittigen Zeiträumen und damit für die gesamte Zeit vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.
Gegen diese Entscheidungen erhob der Kläger am 24.12.2007 gegen die Beklagte zu 1. (S 10 KR 462/07) und am 12.03.2008 (S 10 KR 78/08) gegen die Beklagte zu 2. beim Sozialgericht Darmstadt Klage. Das Sozialgericht verband die Rechtsstreite mit Beschluss vom 09.01.2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 10 KR 462/07. Mit weiterem Beschluss vom 09.03.2009 lud es die Fa. A. GmbH (Beigeladene zu 1.) als Rechtsnachfolgerin der Einzel-Firma, die Deutsche Rentenversicherung Bund als Trägerin der Rentenversicherung sowie die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung zum Verfahren bei.
Der Kläger führte zur Begründung seiner Klagen aus, er wäre vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 durchgängig als Selbständiger tätig gewesen. Er habe (im Gegensatz zum Betriebsinhaber) als Einziger über die zur Führung des Betriebes erforderliche Meisterprüfung verfügt und nach eigenem Gutdünken und je nach betrieblichem Bedarf seine Arbeitszeit eingeteilt und vom Umfang her bestimmt sowie das Unternehmen durch alleinige Angebotserstellung, alleinige Führung von Vertragsverhandlungen, alleinige Vornahme der Arbeitseinteilung betreffend sämtliche Mitarbeiter, alleinige Überwachung derselben und durch die alleinige Abrechnung der Arbeiten in der täglichen Praxis selbständig geführt. Er sei weder in den Betrieb eingebunden gewesen noch habe eine Weisungsgebundenheit bestanden. Sein Vater als Betriebsinhaber sei praktisch überhaupt nicht mehr tätig gewesen. Zudem sei weder ein Urlaubsanspruch noch eine Kündigungsfrist vereinbart gewesen. Sein Arbeitsentgelt wäre im Falle der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit für eine unbegrenzte Dauer weiterbezahlt worden. Zudem habe er dem Betrieb "Einlagen nach Liquiditätslage" gewährt und selbständig Entnahmen sowie Anlagen von Geldern für die Firma vorgenommen. Der Betrieb sei wie auf eigenem Grund und Boden betrieben worden, da er das Betriebsgelände ohnehin erhalten sollte. Schließlich habe er Tantiemen und Überschussbeteiligungen erhalten und damit am Erfolg des Unternehmens ein ganz erhebliches Eigeninteresse gehabt. Das Sozialgericht befragte den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung zu diesen Punkten und ließ sich sein Vorbringen erläutern.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte im Gerichtstermin folgenden Klageantrag: "Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 24. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Dezember 2007 ebenso aufzuheben wie den Bescheid der Beklagten zu 2) vom 04. 0ktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2008 und die Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass seine Tätigkeit vom 26. Januar 1981 bis 30. September 1986 bzw. vom 01. Oktober 1986 bis 31. Dezember 1991 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag
hilfweise
als Zeugen die Steuerberaterin F. FF., F-Straße, A-Stadt und die Schwester des Kläger, B. A.-B., zu laden über die Geschäftsadresse zu hören, zum Nachweis insbesondere des Umstandes, dass der Kläger in der streitgegenständlichen Zeit den Betrieb alleine geführt hatte und keinerlei Weisungen seitens des Betriebsinhabers unterworfen war; dass er über Zeit, Art und Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmen konnte, sämtliche Verhandlungen mit Kunden, Banken und Behörden ohne jegliche Einflussnahme des formellen Betriebsinhabers geführt hatte und dass sich der Betriebsinhaber in die Betriebsabläufe in keiner Weise eingeschaltet hatte; dass der Kläger aus den Firmenkonten nach eigenem Gutdünken finanzielle Mittel entnommen hat, Bürgschaften unterschrieben hat, finanzielle Mittel je nach finanzieller Situation des Betriebes dort eingelegt hat, sich selbst nach eigenem Gutdünken und eigenem Verbrauch finanzielle Mittel entnommen hat; dass er keinen geregelten Urlaub hatte, sondern "in Urlaub ging" wann er wollte und dass im Krankheitsfall Lohnfortzahlung ohne zeitliche Begrenzung gewährt wurde oder gewährt worden wäre."
Mit Urteil vom 26.08.2009 wies das Sozialgericht die Klagen als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus: Die Beklagten hätten zureffend festgestellt, dass der Kläger sowohl im Zeitraum vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 als auch vom 01.10.1986 bis 31.12.1991 der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe, weil er in einer abhängigen Beschäftigung gestanden habe. Anknüpfungspunkt für die hier strittige Frage der Versicherungspflicht sei für alle Zweige der Sozialversicherung zunächst § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgerichtsgesetz Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV). Dort werde die für das Beitragsrecht maßgebliche Beschäftigung definiert als nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Sowohl im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch bei der Bewertung im Rahmen der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung unterlägen daher Arbeiter und Angestellte, die gegen ein Arbeitsentgelt beschäftigt sind - jedenfalls soweit dies nicht oberhalb der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze liege - der Versicherungspflicht (§ 24 Abs. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI und § 1 Abs. 2 SGB XI).
Für die Abgrenzung zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung in diesem Sinne und selbstständiger (nicht versicherungspflichtiger) Erwerbstätigkeit andererseits sei zunächst darauf abzustellen, ob ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis des betroffenen Mitarbeiters gegenüber einem Arbeitgeber in Folge der Eingliederung in eine für ihn fremde Arbeitsorganisation bestehe. Arbeitnehmer sei demnach derjenige, der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung verpflichtet sei, weisungsgebunden arbeite und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verrichte (vergleiche: BAG, Urteil vom 11.10.2000 - 5 AZR 289/99 mit weiteren Nachweisen). Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Eine Beschäftigung in einem fremden Betrieb liege demnach vor, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert sei und dabei einem, hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vergleiche: BSG, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R mit weiteren Nachweisen).
Der hinreichende Grad persönlicher Abhängigkeit in diesem Sinne zeige sich nicht nur daran, dass der Beschäftigte einem Direktionsrecht seines Vertragspartners unterliege, welcher Regelungen zur Durchführung, hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten treffe, sondern könne sich auch aus einer detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben. Selbstständig arbeite dagegen derjenige, der unternehmerische Entscheidungsfreiheit genieße, ein unternehmerisches Risiko trage sowie unternehmerische Chancen wahrnehme und viel zur Eigenwerbung beitrage. Zu den typischen Merkmalen unternehmerischen Handelns gehörten deshalb u. a., dass Leistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung statt im Namen und auf Rechnung eines Auftraggebers erbracht würden. Die eigenständige Entscheidung über Einstellung und Entlassung von Personal, den Einsatz von Kapital und Maschinen, die Zahlungsweise der Kunden sowie Art und Umfang eventueller Werbemaßnahmen für das eigene Unternehmen ließen dabei eine Charakterisierung der Tätigkeit als selbstständige zu; denn für die rechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit sei maßgeblich auf den tatsächlichen mit ihr verfolgten Zweck bzw. ihr äußeres Erscheinungsbild abzustellen (vergleiche BSG, Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 40/89).
Ob jemand letztendlich abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hänge deshalb davon ab, welche Merkmale im Einzelnen überwiegen würden. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Regelungen. Wichen jedoch die vertraglichen Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, so gäben letztere den Ausschlag (BSGE 87,53; 85,214 und 45, 199).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die sich die Kammer in ständiger Rechtsprechung zu Eigen gemacht habe (vgl. zuletzt in den Urteilen vom 13.09.2006 S 10 KR 139/06 und S 10 KR 57/05, vom 14.03.2007 - S 10 KR 178/06 und kürzlich im Urteil vom 18.02.2009 - S 10 KR 69/07), stelle sich die Beschäftigung des Klägers sowohl im Zeitraum vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 wie auch vom 01.10.1986 bis 31.12.1992 als abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Tätigkeit dar.
Zunächst sei festzustellen, dass die in der Vergangenheit über Jahre hinweg für den Kläger seitens der Vorgängerfirma der Beigeladenen zu 1. erfolgten Zahlungen von Beiträgen zur Sozialversicherung aus seinen Einkünften als Arbeitnehmer (26.01.1981 bis 31.12.1991) dafür sprächen, dass es sich bei dem zwischen dem Kläger und der damals noch als Einzelfirma von dem Vater des Klägers betriebenen Firma "Rollladen A." zum 26.01.1981 begründeten Beschäftigungsverhältnis um eine Tätigkeit als Arbeitnehmer handelte. Der Kläger sei von dieser Firma ausdrücklich als Arbeitnehmer unter der Schlüsselnummer (Bürofachangestellter) der Beklagten zu 1. gemeldet worden. Dabei sei es zunächst Aufgabe des Arbeitgebers die Frage einer abhängigen Beschäftigung zu klären und im Falle der Bejahung eine entsprechende Meldung an die Krankenkasse zu veranlassen. Hätten damals tatsächlich Zweifel bestanden, hätte dies in Absprache mit der Krankenkasse und ggf. der weiteren Sozialversicherungsträger geklärt werden können. Offenbar hätten sowohl die Einzelfirma als auch der Kläger seine zum 26.01.1981 aufgenommene Tätigkeit als eine unselbständige und damit pflichtversicherte Tätigkeit in allen Zweigen der Sozialversicherung angesehen.
Entsprechend müssten ganz gewichtige und eindeutige Tatsachen und Umstände vorliegen, die für die Fehlerhaftigkeit dieser, im Übrigen sowohl vom Kläger wie von der Einzelfirma seines Vaters selbst getroffenen Einstufung, die zudem über einen Zeitraum von fast 11 Jahren fortgesetzt worden sei, sprechen würden. Solche Umstände und Tatsachen ließen sich jedoch nicht feststellen; vielmehr sprächen die tatsächlichen Verhältnisse - jedenfalls für den hier strittigen Zeitraum - für die tatsächliche Ausübung einer versicherungspflichtigen, weil abhängigen Tätigkeit. Aus rein rechtlicher Sicht hätte der Kläger keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Firma "Rollladen A." gehabt. Es habe sich im hier strittigen Zeitraum um eine Einzelfirma gehandelt, die unter dem Namen des Vaters des Klägers als alleinigem Inhaber betrieben worden sei. Damit sei allein der Vater für alle rechtlichen Vorgänge verantwortlich und – im Übrigen mit seinem ganzen Privatvermögen – haftbar gewesen. Ob der Kläger bereits 5 Tage nach Beendigung seiner Lehre, wie er dies auch in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 nochmals betont habe, tatsächlich schalten und walten konnte, wie er wollte, ändere an den rechtlichen Gegebenheiten nichts. Der Kläger räume selbst ein, dass es zu schriftlichen Vereinbarungen über Handlungsvollmachten oder gar zu einer Bestellung als "Geschäftsführer" nicht gekommen sei.
Der Hinweis, dass auch aus der Sicht des Vaters die Arbeitsaufnahme zum 26.01.1981 mit dem Ziel der späteren Übernahme des Betriebes durch den Kläger erfolgt sei, stelle keine - selbst nicht interne - Beschränkung der rechtlich alleinigen Handlungsvollmacht des Vaters des Klägers dar. Selbst wenn der Vater des Klägers "Eigenentnahmen" des Klägers zu Lasten des Betriebes geduldet oder gar genehmigt hätte (vertragliche Grundlagen hatten nach den Darlegungen des Klägers nicht bestanden), stelle dies rechtlich nicht die Einräumung einer allgemeinen Handlungsvollmacht dar. Doch selbst wenn man eine solche aus der Tatsache ableiten wollte, dass - nach den Angaben des Klägers - sein Vater ihm sozusagen "freie Hand" zur Führung des Betriebes gelassen habe, müsse festgestellt werden, dass etwa (Fremd-)Geschäftsführern einer GmbH oder Prokuristen in größeren Firmen ebenfalls für ihren Bereich Handlungsvollmachten erteilt würden, ohne dass sie damit ihre Stellung als abhängig Beschäftigter verlieren würden.
Wenn der Kläger tatsächlich der auch rechtlich alleinverantwortlich Handelnde der Firma hätte sein sollen, wäre es ein leichtes gewesen, die Firma durch Vertrag und durch entsprechende Eintragung ins Gewerberegister dem Kläger zu überschreiben bzw. zu übereignen. Dass dies jedoch - zu Lebzeiten des Vaters des Klägers - gerade nicht gewollt gewesen sei, zeige sich nach Auffassung der Kammer insbesondere darin, dass selbst nachdem der Kläger am 16.03.1986 die Meisterprüfung im Rollladen- und Jalousienbau erfolgreich bestanden hatte, eine rechtliche wirksame Übergabe der Firma an den Kläger nicht erfolgte. Offenbar sei der Vater des Klägers damals nicht gewillt gewesen, die Verantwortung des Geschäfts an den damals gerade 24 1/2-jährigen Sohn zu übertragen. Entsprechend räume auch der Kläger im Klageverfahren ein, dass er (nur) "faktischer" Inhaber des Betriebes gewesen sei, also rechtlich die Verantwortung und Haftung weiterhin bei seinem Vater gelegen habe. Auch seitens des Klägers hätte nach der Meisterprüfung (weiterhin) eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt werden sollen. Ausweislich der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 01.10.2008 vorgelegten Bescheinigung der XY. Krankenversicherung vom 02.10.1986 sei diese nämlich "zur Erlangung des Arbeitgeber-Zuschusses zum Beitrag für eine private Krankenversicherung gemäß § 405 RVO" ausgestellt worden war. Dementsprechend sei dem Kläger ab dem 01.10.1986 von dem Betrieb des Vaters auch (weiterhin) ein Zuschuss zur Krankenversicherung gewährt worden, was nur für den Fall einer Tätigkeit als Arbeitnehmer vorgesehen gewesen und auch heute noch so sei.
Auch die tatsächlichen Umstände stünden dieser rechtlichen Einstufung als abhängig Beschäftigter der Einzelfirma nicht entgegen. Dass der Kläger tatsächlich keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem die Einzelfirma führenden Vater geschlossen habe, spreche weder für noch gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Unzweifelhaft habe der Kläger zumindest vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 im Betrieb seines Vaters gearbeitet und auch ein regelmäßiges, vom Erfolg der Firma unabhängiges monatliches Gehalt bezogen, das zudem auf ein allein in seinem Verfügungsbereich liegendes Konto überwiesen worden sei. Insoweit hätten sich der Kläger und der Betriebsinhaber über ein wesentliches Merkmal eines Arbeitsverhältnisses, nämlich regelmäßige Tätigkeit gegen Entgelt (§ 611 Bürgerliches Gesetzbuch) geeinigt. Selbst wenn nach den Angaben des Klägers keine Regelungen über Arbeitszeit, Urlaubsanspruch und Kündigungsfristen getroffen worden sein sollten, würden ersatzweise die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Dienstvertrag sowie die tariflichen Bestimmungen eintreten. Der Kläger habe auch nicht bestritten, dass ihm Urlaub zustand und er - wenn vielleicht auch nicht in gesetzlichem/tarifvertraglichem Umfange - auch tatsächlich Urlaub in dem hier strittigen Zeitraum genommen habe. Die Tatsache, dass er diesen Urlaub - wie er es auch in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 betont habe - nehmen konnte "wie er wollte, insgesamt jedoch eher wenig", spreche keinesfalls gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Deshalb habe es diesbezüglich auch nicht der Einvernahme weiterer Zeugen bedurft. die entsprechenden Angaben des Klägers würden von der Kammer als wahr unterstellt.
Entsprechend seiner rechtlichen Stellung wurde der Kläger auch mit Beginn seiner Tätigkeit für die väterliche Firma am 26.01.1981 bei der Beklagten als Arbeitnehmer zur Sozialversicherungspflicht angemeldet. Dass dies zudem als Bürofachkraft und nicht etwas als (möglicherweise genauso abhängig beschäftigter) Geschäftsführer erfolgte, bestätige die Tatsache, dass der Kläger gerade (noch) nicht die Stellung eines Leiters des Betriebes erhalten sollte. Soweit der Kläger - erstmals nach mehr als 25 Jahren nach Beginn seiner Tätigkeit - behauptet habe, die damals von seiner jüngeren, inzwischen verstorbenen Schwester für die Einzelfirma erstellte Anmeldung sei zu Unrecht erfolgt, erscheine dies nicht überzeugend. Zum einen sei in der Folgezeit das Arbeitsentgelt nach den bestätigenden Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 auch tatsächlich nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen als Nettogehalt dem Kläger überwiesen und zum anderen sei das Gehalt auch steuerrechtlich als Betriebsausgabe der Firma gebucht worden. Im Übrigen hätte selbst eine Einstufung in die für Geschäftsführer bei der Beklagten geführte Beitragsklasse nur zur Einstufung als abhängig Beschäftigter geführt. Schließlich seien dem Kläger ebenfalls steuerlich begünstigt und von staatlicher Stelle bezuschusst - durchgängig vermögenswirksame Leistungen gewährt worden, die jedoch ausschließlich Arbeitnehmer beanspruchen könnten. Des Weiteren habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 ergänzend ausgeführt, dass neben der im Büro offenbar für das Gehalt zuständigen jüngeren Schwester auch eine Steuerberaterin für den Betrieb tätig gewesen sei, der jedenfalls eine falsche Anmeldung und damit eine fehlerhafte Buchung des Gehalts als Betriebsausgabe hätte auffallen müssen.
Da weder der Kläger noch offenbar die als Rechtsnachfolgerin fungierende Beigeladene zu 1., deren alleiniger Geschäftsführer wiederum der Kläger ist, die Gehaltsabrechnungen der Jahre 1981 bis einschließlich 1991 vorlegen hätten können, habe die Kammer nicht überprüfen können, ob dem Kläger darüber hinaus noch weitere, möglicherweise tarifliche Leistungen (z. Bsp. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Überstundenzuschläge) ausbezahlt worden seien. Die Abzüge von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen habe der Kläger im Übrigen nicht nur bis zur Gründung der Beigeladenen zu Beginn des Jahres 1992 über 10 Jahre lang unbeanstandet gelassen, sondern diese erstmalig nach etwa 25 Jahren angegriffen, ohne für die späte Geltendmachung Gründe anzuführen.
Soweit der Kläger geltend mache, er habe Tantiemen und Überschussbeteiligungen seitens der Firma "Rolladen A." erhalten, fehlten dazu trotz entsprechender gerichtlicher Aufforderung auch der Kammer jegliche Nachweise. Der Kläger habe als damals Beschäftigter keine Gehaltsabrechnungen vorlegen können, die seine Angaben bestätigten. Gleiches gelte für die Beigeladene zu 1., obwohl diese Rechtsnachfolgerin der auf den Namen seines Vaters lautenden Einzelfirma geworden sei und damit die entsprechenden Unterlagen mit übernommen hätte. Auch in den schriftlichen Aussagen seiner Mutter, Frau C. A., vom 12.09.2007 und seiner älteren Schwester, Frau B. A.-B., vom 12.09.07 würden entsprechende Zahlungen nicht aufgeführt. Schließlich habe der Kläger im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 06.10.2008 ausgeführt, die Auszahlungen von Tantiemen und Überschussbeteiligungen seien nicht vertraglich vereinbart gewesen, weshalb sie wohl als "Schenkungen" des Vaters aus dem Betriebsvermögen zu werten sein dürften. Dies gelte auch dann, wenn - wie weiter ausgeführt werde - der Kläger sich diese selbst ausbezahlt hätte. Im übrigen stellten selbst solche Zahlungen - die nach den eigenen Darlegungen des Klägers zu Beginn seiner Tätigkeit nicht einmal vereinbart worden seien - kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar, weil sie - allerdings dort auf vertraglicher Grundlage - auch an leitende Angestellte als Anreiz für besondere Leistungen gewährt würden, ohne dass diese damit zu Selbständigen würden.
Auch die Tatsache, dass der Kläger - bestätigt durch die schriftlichen Angaben seiner Mutter und der älteren Schwester des Klägers vom 12.09.2007 - "mehrmals" bzw. "des Öfteren" Geldeinlagen bei Liquiditätsmangel aus seinem Privatvermögen geleistet habe, bildeten kein entscheidendes Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Zum einen habe der Kläger trotz Aufforderung des Gerichts entsprechende Unterlagen nicht vorlegen können, zum anderen werde insbesondere durch die Mutter des Klägers in ihrem Schreiben vom 12.09.2007 ausgeführt, er habe dem Betrieb ausgeholfen. Dies bdeute, dass er das Geld - wie auch die darin erwähnten Gehaltsverzichte - zu einem späteren Zeitpunkt wieder erhalten habe müssen. Im Übrigen habe sich für die Kammer dieser Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 so dargestellt, dass der Kläger "nach Belieben und nach Liquiditätslage der Einzelfirma" Geld zu Privatzwecken entnommen und zu einem späteren Zeitpunkt wiederum Geld aus seinem Privatvermögen in den Betrieb gesteckt habe. Inwieweit dies alles auch steuerrechtlich ordnungsgemäß erfolgt sei, habe die Kammer mangels Vorlage entsprechender Unterlagen nicht nachvollziehen können. Dies stelle im Übrigen jedoch für den konkreten Fall des Klägers kein ausreichendes Merkmal für eine selbständige Tätigkeit dar. Auch wenn damit ein besonderes Interesse am Erhalt der Firma belegt sein könnte, resultiere dies zum einen aus der verwandtschaftlichen Beziehung zum tatsächlichen Firmeninhaber und zum anderen wohl aus der versprochenen späteren Übertragung der Firma auf den Kläger.
Von größerer Bedeutung sei die Tatsache, dass nach den nicht widerlegbaren Behauptungen des Klägers dieser ohne Weisungen des Betriebsinhabers habe tätig werden können. Ob sich dies aufgrund der besonderen familiären Beziehung zwischen Vater und Sohn oder aus der Tatsache ergeben habe, dass der Kläger einmal die Firma übernehmen sollte, könne dahingestellt bleiben. Denn bei Diensten höherer Art, wie sie unbestreitbar vom Kläger auch bereits im Zeitraum vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 ausgeübt worden seien, würden Einzelweisungen in der Regel nicht mehr erteilt, vielmehr beschränkten sich diese auf die grundlegenden Strukturen und Grundsatzentscheidungen. Hinzu komme noch die familiäre Verbundenheit zwischen Vater und Sohn, so dass damit nicht zwingend der Nachweis einer selbständigen Tätigkeit zu führen wäre. Auch würden nach den eigenen Darlegungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 ca. 80 vom Hundert des Geschäftsumsatzes aus einer schon seit vielen Jahrzehnten bestehenden Geschäftsbeziehung mit der Stadt B Stadt gemacht, bei der im wesentlichen immer die gleichen Ansprechpartner vorhanden waren. Deshalb habe die Kammer auch insoweit auf die Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen verzichten können.
Ebenso erfolglos weise der Kläger darauf hin, dass er quasi von Kindheit an in dem Betrieb mitgearbeitet und deshalb bereits 6 oder 7 Tage nach Abschluss seiner Lehre zum Maschinenschlosser die Firma des Vaters "übernommen" hätte. Ganz abgesehen davon, dass der Vater des Klägers seinerseits bei Beginn der Tätigkeit des Klägers am 26.01.1981 bereits über eine mehr als 15-jährige einschlägige Berufserfahrung, davon 12 Jahre als Inhaber des Handwerksbetriebes, verfügt hätte, spreche der Umstand, dass der Kläger durch die zwischen 1981 und März 1986 durchlaufene Meisterausbildung im Rollladen- und Jalousienbau zusätzlich zeitlich eingeschränkt gewesen sei, gegen eine alleinige Leitung des Betriebes. Außerdem habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 angegeben, sein Vater hätte weiterhin täglich von 9 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr an seinem Schreibtisch im Betrieb gesessen. Daraus könne nur gefolgert werden, dass der Vater des Klägers nicht zuletzt aufgrund eigener Berufserfahrung den Kläger nach und nach in die Führung des Betriebes einarbeiten hätte wollen, bis es zur - auch rechtlichen - Übernahme kommen sollte. Dies erfolgte jedoch schließlich erst nach dem Tode des Vaters.
Ob und in welchem Umfang der Kläger tatsächlich bereits zwischen 1981 und 1991 völlig weisungsfrei schalten und walten hätte können, habe die Kammer letztlich dahingestellt lassen können, da diesem möglichen Indiz die Tatsache entgegenstehe, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt keinerlei Unternehmerrisiko getragen habe. Da der zuletzt genannte Sachverhalt letztlich für die hier zu treffende Entscheidung unmaßgeblich sei, habe die Kammer auch insoweit auf die Vernehmung der angebotenen Zeugen verzichten können. Zwar möge der Kläger als künftiger Inhaber des Betriebes auch ein wirtschaftliches Interesse an dessen Bestand gehabt haben, jedoch habe er im hier strittigen Zeitraum keinerlei Haftungsrisiko getragen. Selbst sein regelmäßiges Gehalt sei - bis auf die oben abgehandelte Frage von Tantiemen bzw. Überschussbeteiligungen, die aber nicht vereinbart gewesen seien - völlig losgelöst von der Geschäftsentwicklung des Betriebes gewesen. Bis auf gelegentliche, aber wieder zurückgezahlte "Geldeinlagen oder Gehaltsverzichte" habe der Kläger keinerlei persönliches Risiko getragen. So werde nicht einmal vorgetragen, er hätte persönlich für Schulden der Firma gebürgt. Demgegenüber hätte der Vater des Klägers mit seinem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten der Firma gehaftet. Ob dies der Grund gewesen sei, weshalb auf den Namen des Klägers im Jahr 1982 das erste Haus gebaut und bereits ein Jahr später ein zweites Haus vom Kläger erworben worden sei, könne deshalb dahingestellt bleiben.
Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände stelle sich die Tätigkeit des Klägers vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 daher als abhängige Beschäftigung dar, weshalb Sozialversicherungspflicht bestanden habe. Dass diese ab dem 01.10.1986 nicht mehr eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung umfasst habe, beruhe darauf, dass der Kläger sich aufgrund eines über der damaligen Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehalts privat krankenversichert hätte.
Gegen das ihm am 07.09.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger mittels Telefaxschreiben am 06.10.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, gegen das Bestehen einer Sozialversicherungspflicht spreche bereits, dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei und er die Befugnis gehabt habe, in dem Betrieb frei schalten und walten zu können. Hinzu komme, dass er, wie die als Zeugen benannten Personen bekunden könnten, sich nach Belieben von den Geschäftskonten "bedient" und auf diese auch Einlagen geleistet habe, wenn die Finanzlage dies erfordert hätte. Das Sozialgericht habe die benannten Zeugen nicht vernommen sondern eine Art "vorweggenommenen Beweiswürdigung" angestellt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26.08.2009 aufzuheben und die Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten zu 1. vom 24.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 sowie des Bescheides der Beklagten zu 2. vom 04.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2008 zu der Feststellung zu verurteilen, dass seine Tätigkeit vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 und vom 01.10. 1986 bis 31.12.1991 nicht sozialversicherungspflichtig gewesen ist,
hilfsweise
den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Weiter beantragt der Kläger, den in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 gestellten Beweisantrag zur Vernehmung der Steuerberaterin F. FF. und seiner Schwester B. A.-B. aufzunehmen und nachzugehen.
Die Beklagten zu 1. und zu 2. beantragen übereinstimmend,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von den Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und auch zulässig. Der Senat erachtet die letztlich auf eine Feststellung zielenden Klage gemäß § 55 SGG als zulässig, ohne dass zu entscheiden war, ob und für welche Zeit in der Vergangenheit eine Beitragserstattung in Betracht kommen könnte.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn sowohl der Bescheid der Beklagten zu 2. vom 04.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2008 betreffend den Zeitraum vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 als auch der Bescheid der Beklagten zu 1. vom 24.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12. 2007 zum Zeitraum 01.10.1986 bis 31.12.1991 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagten haben zutreffend festgestellt, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum im Betrieb seines Vaters eine abhängige Beschäftigung ausübte und daher der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterlag.
Nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beklagten sind hier die nach § 28 i Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle, weil diese bei dem Kläger die Krankenversicherung durchführten. Das daneben bestehende Recht, ein Anfrageverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV durchzuführen, für das die Beigeladene zu 2. bzw. ihr Rechtsvorgänger zuständig ist, lässt eine Zuständigkeit der hier zuerst angegangenen Beklagten gemäß § 28 h Abs. 2 SGB IV schon deshalb nicht entfallen, weil für die Abgrenzung das Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit maßgeblich ist (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2009 – 12 KR 31/07 R).
Hinsichtlich der materiellrechtlichen Vorgaben gilt dabei Folgendes: Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung der Beitrags- bzw. Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sowie § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz bis 31.12.1997 und ab 1.1.1998 § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV bzw. seit 1.1.1999 § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (eingefügt erst mit Wirkung vom 1.1.1999 durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl. I 2000 S. 2) sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. Urteile des BSG vom 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr. 8, vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13, vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3 2400 § 7 Nr. 20, vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5, vom 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 vom 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45 und vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine in Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich daraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, SozR 3-2400, § 7 Nr. 4; SozR 3-4100, § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Dabei ist die praktizierte Beziehung aber nur insoweit maßgeblich, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu: BSG, SozR 4-2400, § 7 Nr. 7).
Die Frage, ob zwischen Angehörigen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt oder ggf. eine nichtversicherungspflichtige Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) erfolgt – beurteilt sich nach den gleichen Grundsätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen kann nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen angenommen werden, wenn der Angehörige in den Betrieb des Arbeitgebers wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert ist und die Beschäftigung tatsächlich ausübt, der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch in abgeschwächter Form – unterliegt, der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird, ein der Arbeitsleistung angemessenes (d. h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird, von dem Arbeitsentgelt regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird. Beim Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung eines Familienangehörigen ist von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgeltes lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2002 – B 11 AL 34/02 R). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht es grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist als zwischen nicht verwandten Personen und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (vgl. BSGE 34, 207, 210; BSG, SozR 3-2400, § 7 Nr. 1; SozR 3-4100, § 168 Nr. 11).
Dabei hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung (Urteile vom 28.09.1011 L 8 KR 300/10 und L 8 KR 79/10; Urteile vom 25.02.2010 L 8 KR 81/09 und L 8 KR 246/08) fest, dass entgegen einer auch in der Rechtsprechung der Sozialgerichte häufiger vertretenen Rechtsauffassung (vgl. z.B. Urteil LSG Rheinland-Pfalz vom 23.09.2010 – L 5 KR 204/09; Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.05.2009 L 1 KR 293/07 und vom 14.09.2010 – L 1 KR 222/10) das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht bereits dann verneint werden kann, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles der als Arbeitnehmer geführte (leitende) Angestellte oder Fremdgeschäftsführer faktisch vollkommen freie Hand in der Führung der Geschicke des Unternehmens hat und wie ein Alleininhaber "frei Schalten und Walten kann". Diese Sichtweise stellt vor allem auf die Praxis bei sog. Familiengesellschaften ab, bei denen der Geschäftsführer oder leitende Angestellte mit den Geschäftsinhabern familiär verbunden ist und aufgrund seiner Stellung in der Familie die Geschäfte der Firma nach eigenem Gutdünken führt und die Ordnung des Betriebes gestaltet. Dabei wird aber vernachlässigt, dass diese Gestaltungsmacht nur in "ruhigen Zeiten" Bestand hat. Latent weiter existiert jedoch die Rechtsmacht der Firmeninhaber oder Gesellschafter. Sie entfällt nicht dadurch, dass rechtliche Vereinbarungen in Anstellungs- und Geschäftsführerverträgen "in guten Zeiten" so behandelt werden, als würden sie "nur auf dem Papier stehen" und von ihnen faktisch kein Gebrauch gemacht wird. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wird (so zutreffend Segebrecht in: juris PK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7 Abs. 1 SGB IV Rz. 123 f. für Fremdgeschäftsführer einer GmbH). Ob bei dazu bestehender Rechtsmacht tatsächlich von ihr Gebrauch gemacht wurde und damit auf die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder leitenden Angestellten tatsächlich Einfluss genommen wurde, ist auch deshalb unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung dann wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.03.2010 L 16 (5) KR 190/08).
Auch das Bundessozialgerichts hat in seinem Urteil vom 27.01.2007 (B 12 KR 31/06 R) diese Position vertreten. Es führt wörtlich aus: "Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der beigeladenen GmbH erlaubt unter Zugrundelegung des "Anstellungsvertrages" vom 5. März 1992 eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung. Diese vertraglichen Regelungen sind für die Beurteilung hier maßgebend. Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Eine formlose Abbedingung der entsprechenden Abreden des schriftlichen Anstellungsvertrages durch schlüssiges Verhalten ist schon nach dem ausdrücklich bekundeten Willen der Vertragsparteien ausgeschlossen, da sich die vertraglichen Vereinbarungen erschöpfend aus diesem Vertrag und seinen etwaigen schriftlichen Anlagen ergeben, Vertragsänderungen der Schriftform bedürfen und eine Befreiung von der Schriftform durch mündliche Vereinbarung unwirksam ist. Auf den Vortrag der Klägerin und der Beigeladenen zu 3., der Vertrag sei "nicht gelebt worden", kann es schon deshalb nicht ankommen. Soweit sich die Klägerin schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf berufen hat, der Vertrag sei so allein aus steuer- bzw. haftungsrechtlichen Gründen abgeschlossen worden, geht sie unzutreffend davon aus, es unterliege ihrer Disposition, die Wirkungen eines wirksamen Vertrages nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken. Umgekehrt gilt vielmehr, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist " (zitiert nach juris, Rz. 20).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich hier Folgendes: Der Kläger hatte im Rahmen seiner Antragsverfahren gegenüber den Beklagten in den von ihm ausgefüllten Feststellungsbögen angegeben, er habe im streitgegenständlichen Zeitraum vom Betrieb seines Vaters ein Arbeitsentgelt erhalten, das auf sein privates Girokonto in der Regel überwiesen wurde. Weiter hatte er ausgeführt, von der gezahlten Vergütung sei Lohnsteuer entrichtet und diese sei als Betriebsausgabe verbucht worden. Weiter war angegeben worden, im Falle von Arbeitsunfähigkeit sei das Arbeitsentgelt fortgezahlt worden. Diese Angaben wurden vom Kläger auch im Rahmen seiner ausführlichen Befragung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht bestätigt und konkretisiert. Dies lässt voll umfänglich den vom Sozialgericht gezogenen Schluss zu, die Tätigkeit des Klägers sei als ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in der Firma seines Vaters klassifiziert und entsprechend behandelt worden. Dafür spricht auch die unstreitig vorgenommene Arbeitgebermeldung zur Sozialversicherung bei Aufnahme der Tätigkeit. Das Sozialgericht und die Beklagten haben aus diesem Sachverhalt zutreffend abgeleitet, dass die – ohne schriftlichen Arbeitsvertrag – praktizierte Verfahrensweise typisch für ein Beschäftigungsverhältnis und damit für eine abhängige Beschäftigung sei. Auch hat der Kläger nicht vorgetragen, er sei in rechtsverbindlicher Weise an der Firma seines Vaters im streitgegenständlichen Zeitraum beteiligt gewesen und habe einen Rechtsanspruch auf Teilhabe am Gewinn des Unternehmens bei gleichzeitiger rechtlicher Verpflichtung zur Mittragung der Unternehmensrisiken gehabt. Bei dieser Sachlage sprechen die Verbuchung einer an Familienangehörige für Mitarbeit in einem Betrieb gezahlten Vergütung als Betriebsausgaben sowie die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer für eine abhängige Beschäftigung. Lohnsteuerpflicht und Beitragspflicht in der Sozialversicherung beruhen auf dem gleichen Rechtsbegriff des "entgeltlichen" Beschäftigungsverhältnisses. Wesentlich für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses ist deshalb die Art der Verbuchung und Versteuerung der Bezüge der Verwandten. Werden die Bezüge nicht als Privatentnahmen, sondern als Betriebsausgaben verbucht und lohnversteuert, so haben die Beteiligten damit für den Bereich des Steuerrechts eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Beziehungen auf die Grundlage eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses gestellt haben. Wird steuerrechtlich von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen, so wird regelmäßig auch für den Bereich der Sozialversicherung von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 21.04.1993 – B 11 RAr 67/92 – USK 9335).
Ist nach den äußeren Erscheinungsformen von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, so lässt sich dies auch nicht mehr durch Aussagen der Beteiligten über das angebliche Fehlen der Weisungsgebundenheit des mitarbeitenden Angehörigen ausräumen. Weisungsgebundenheit kann bei Beschäftigungen von Verwandten naturgemäß in sehr abgeschwächter Form auftreten und ist wegen der Undurchsichtigkeit der familiären Beziehungen ohnehin kaum messbar. Dementsprechend ist es rechtsunerheblich, ob und in welchem Umfang der Kläger die Geschicke des väterlichen Betriebes faktisch bestimmte und in welchem Maße auch im Hinblick auf Urlaub, Finanzmittelentnahme etc. er eigenständig und weisungsfrei handelte. Rechtlich maßgeblich ist allein, ob ihm hierfür nicht nur die faktische sondern auch eine durch förmliches Rechtsgeschäft eingeräumte Rechtsmacht zustand. Hierauf richteten sich jedoch nicht die vor dem Sozialgericht hilfsweise gestellten Beweisanträge mit den als Zeugen benannten Personen. Dementsprechend musste das Sozialgericht die gewünschte Zeugenvernehmung nicht durchführen und hat durch die Ablehnung der Beweisanträge keinen Verfahrensfehler begangen.
Zusammenfassend überwiegen somit die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen bei Weitem. Auch der Senat ist, wie das Bayrische Landessozialgericht in seinen Urteilen vom 11.12.2008 (L 4 KR 97/08 und L 4 KR 55/07; zustimmend hierzu auch das Landessozialgericht Nordrheim-Westfalen in seinem Urteil vom 10.06.2010 – L 5 KR 174/09) der Auffassung, dass nur in extremen Fällen rückwirkend in ein jahrelang von den Beteiligten gewolltes und gelebtes Sozialversicherungsverhältnis eingegriffen werden und dieses rückabgewickelt werden kann. Solche Extremfälle wären gegeben im Falle der Praktizierung eines Sozialversicherungsverhältnisses trotz offensichtlicher schwerwiegender Fehler, Ungereimtheiten oder im Falle der Erschleichung eines Versicherungsschutzes. Danach müssen klare Beweise vorliegen, um ein Sozialversicherungsverhältnis bei der Beschäftigung unter Angehörigen rückabzuwickeln. Dies gilt vor allem dann, wenn die Beschäftigung von allen Beteiligten gebilligt und diese auch steuerlich und in sonstiger Weise als Arbeitsverhältnis behandelt wurde. Der Eintritt eines "Sinneswandels", weil nunmehr für in der Vergangenheit liegende Zeiten die familienhafte Mithilfe oder eine Mitunternehmerschaft mit der Folge der Beitragserstattung attraktiver zu sein scheint, vermag eine Rückabwicklung nicht zu rechtfertigen.
Es war daher zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger in den Zeiträumen 26.01.1981 bis 30.09.1986 und 01.10.1986 bis 31.12.1991 im Rahmen seiner Tätigkeit im Handwerksbetrieb seines Vaters abhängig beschäftigt war und damit der Sozialversicherungspflicht unterlag.
Der 1961 geborene Kläger hatte zwischen 1977 bis 1981 eine Maschinenschlosser-Lehre außerhalb des Betriebes seines Vaters absolviert und am 21.03.1986 die Meisterprüfung im Rollladen- und Jalousienbau abgelegt. Seit dem 26.01.1981 war der Kläger in der Firma seines Vaters tätig gewesen, wobei er von dieser mit dem Berufsschlüssel 761 (Bürofachangestellter) zur Beklagten zu 2) als Arbeitnehmer angemeldet worden war und dort auch als solcher geführt wurde. Dementsprechend waren neben den Beiträgen zur Krankenversicherung auch Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung von dem im Wesentlichen regelmäßig auf ein privates Konto des Klägers gezahlten Entgelt abgeführt worden. Ab 01.10.1986 hatte sich der Kläger bei der XY. Krankenversicherungs AG privat krankenversichert, da er die für die gesetzliche Krankenversicherung maßgebliche Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten hatte. Das private Krankenversicherungsunternehmen hatte dem Kläger unter dem Datum vom 02.10.1986 eine Bescheinigung zur Erlangung des Arbeitgeberzuschusses zum Beitrag für eine private Krankenversicherung erteilt. Im Zeitraum vom 01.10.1986 bis 31.12.1991 fungierte die Beklagte zu 1. als Einzugsstelle für die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Nach Angaben des Klägers existieren zu dem streitigen Zeitraum keine Lohnunterlagen der Firma und auch keine ihm erteilten Lohnabrechnungsnachweise mehr.
Der Vater des Klägers hatte den seit langem im Familienbesitz befindlichen und zeitweise in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft geführten Handwerksbetrieb seit 1969 als Einzelfirma geführt, deren alleiniger Inhaber er war. Er verstarb am 01.10.1991 nach langandauernder schwerer Erkrankung. Nach Angaben des Klägers waren in dem Betrieb, der hauptsächlich Aufträge der Stadt B-Stadt ausführt, ursprünglich 7 Mitarbeiter und Ende 1991 / Anfang 1992 ca. 15 Mitarbeiter tätig; derzeit habe der Berieb – je nach Konjunkturlage – ca. 25 Mitarbeiter. Geschäftsziel des Betriebes ist seit langem Bau, Vertrieb und Montage von Rollläden sowie Vertrieb von Fenstern, Toren, Türen und Sonnenschutz.
Durch Gesellschaftsvertrag vom 21.02.1992 war die Firma in die Rechtsform einer GmbH umgewandelt und der Kläger als beherrschender Gesellschafter zum alleinigen Geschäftsführer bestellt worden. In dem unter dem Datum vom 25.02.2002 zwischen der GmbH und dem Kläger abgeschlossenen Anstellungsvertrag heißt es unter § 3 Bezüge in Absatz 4, "da der Kläger als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer nicht sozialversicherungspflichtig ist, wird die Gesellschaft keine Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abführen".
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12.12.2006 beantragte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Beigeladenen zu 2., die Erstattung der für die Zeit bis 31.12.1991 seiner Auffassung nach fälschlicherweise entrichteten Pflichtbeiträge. Die Beigeladene zu 2. leitete den Vorgang an die Beklagte zu 1. weiter. Mit weiterem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.04.2007 stellte der Kläger sodann bei der Beklagten zu 2) einen Antrag auf Erstattung der Beiträge zur Rentenversicherung sowie der sonstigen Beiträge zur Sozialversicherung. Dabei machte er im Wesentlichen identisch geltend, dass er bereits sieben Tage nach Abschluss der Lehre zum Maschinenschlosser den Betrieb seines Vaters übernommen habe. Ein Arbeitsvertrag im eigentlichen Sinne sei zwischen ihm und seinem Vater nicht abgeschlossen worden. Allerdings sei vereinbart gewesen, dass er den Betrieb übernehmen und sich der Vater aus der Geschäftsführung heraushalten solle. Im Gegensatz zu seinem Vater, der über keine Qualifikation verfügt habe, sei er als Meister zur Betriebsleitung befugt gewesen.
Mit Bescheid vom 24.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 stellte die Beklagte zu 1. ebenso wie die Beklagte zu 2. mit deren Bescheid vom 04.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2008 fest, dass der Kläger in den jeweils strittigen Zeiträumen und damit für die gesamte Zeit vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.
Gegen diese Entscheidungen erhob der Kläger am 24.12.2007 gegen die Beklagte zu 1. (S 10 KR 462/07) und am 12.03.2008 (S 10 KR 78/08) gegen die Beklagte zu 2. beim Sozialgericht Darmstadt Klage. Das Sozialgericht verband die Rechtsstreite mit Beschluss vom 09.01.2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 10 KR 462/07. Mit weiterem Beschluss vom 09.03.2009 lud es die Fa. A. GmbH (Beigeladene zu 1.) als Rechtsnachfolgerin der Einzel-Firma, die Deutsche Rentenversicherung Bund als Trägerin der Rentenversicherung sowie die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung zum Verfahren bei.
Der Kläger führte zur Begründung seiner Klagen aus, er wäre vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 durchgängig als Selbständiger tätig gewesen. Er habe (im Gegensatz zum Betriebsinhaber) als Einziger über die zur Führung des Betriebes erforderliche Meisterprüfung verfügt und nach eigenem Gutdünken und je nach betrieblichem Bedarf seine Arbeitszeit eingeteilt und vom Umfang her bestimmt sowie das Unternehmen durch alleinige Angebotserstellung, alleinige Führung von Vertragsverhandlungen, alleinige Vornahme der Arbeitseinteilung betreffend sämtliche Mitarbeiter, alleinige Überwachung derselben und durch die alleinige Abrechnung der Arbeiten in der täglichen Praxis selbständig geführt. Er sei weder in den Betrieb eingebunden gewesen noch habe eine Weisungsgebundenheit bestanden. Sein Vater als Betriebsinhaber sei praktisch überhaupt nicht mehr tätig gewesen. Zudem sei weder ein Urlaubsanspruch noch eine Kündigungsfrist vereinbart gewesen. Sein Arbeitsentgelt wäre im Falle der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit für eine unbegrenzte Dauer weiterbezahlt worden. Zudem habe er dem Betrieb "Einlagen nach Liquiditätslage" gewährt und selbständig Entnahmen sowie Anlagen von Geldern für die Firma vorgenommen. Der Betrieb sei wie auf eigenem Grund und Boden betrieben worden, da er das Betriebsgelände ohnehin erhalten sollte. Schließlich habe er Tantiemen und Überschussbeteiligungen erhalten und damit am Erfolg des Unternehmens ein ganz erhebliches Eigeninteresse gehabt. Das Sozialgericht befragte den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung zu diesen Punkten und ließ sich sein Vorbringen erläutern.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte im Gerichtstermin folgenden Klageantrag: "Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 24. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Dezember 2007 ebenso aufzuheben wie den Bescheid der Beklagten zu 2) vom 04. 0ktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Februar 2008 und die Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass seine Tätigkeit vom 26. Januar 1981 bis 30. September 1986 bzw. vom 01. Oktober 1986 bis 31. Dezember 1991 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag
hilfweise
als Zeugen die Steuerberaterin F. FF., F-Straße, A-Stadt und die Schwester des Kläger, B. A.-B., zu laden über die Geschäftsadresse zu hören, zum Nachweis insbesondere des Umstandes, dass der Kläger in der streitgegenständlichen Zeit den Betrieb alleine geführt hatte und keinerlei Weisungen seitens des Betriebsinhabers unterworfen war; dass er über Zeit, Art und Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmen konnte, sämtliche Verhandlungen mit Kunden, Banken und Behörden ohne jegliche Einflussnahme des formellen Betriebsinhabers geführt hatte und dass sich der Betriebsinhaber in die Betriebsabläufe in keiner Weise eingeschaltet hatte; dass der Kläger aus den Firmenkonten nach eigenem Gutdünken finanzielle Mittel entnommen hat, Bürgschaften unterschrieben hat, finanzielle Mittel je nach finanzieller Situation des Betriebes dort eingelegt hat, sich selbst nach eigenem Gutdünken und eigenem Verbrauch finanzielle Mittel entnommen hat; dass er keinen geregelten Urlaub hatte, sondern "in Urlaub ging" wann er wollte und dass im Krankheitsfall Lohnfortzahlung ohne zeitliche Begrenzung gewährt wurde oder gewährt worden wäre."
Mit Urteil vom 26.08.2009 wies das Sozialgericht die Klagen als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus: Die Beklagten hätten zureffend festgestellt, dass der Kläger sowohl im Zeitraum vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 als auch vom 01.10.1986 bis 31.12.1991 der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe, weil er in einer abhängigen Beschäftigung gestanden habe. Anknüpfungspunkt für die hier strittige Frage der Versicherungspflicht sei für alle Zweige der Sozialversicherung zunächst § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgerichtsgesetz Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV). Dort werde die für das Beitragsrecht maßgebliche Beschäftigung definiert als nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Sowohl im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch bei der Bewertung im Rahmen der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung unterlägen daher Arbeiter und Angestellte, die gegen ein Arbeitsentgelt beschäftigt sind - jedenfalls soweit dies nicht oberhalb der jeweils gültigen Beitragsbemessungsgrenze liege - der Versicherungspflicht (§ 24 Abs. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI und § 1 Abs. 2 SGB XI).
Für die Abgrenzung zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung in diesem Sinne und selbstständiger (nicht versicherungspflichtiger) Erwerbstätigkeit andererseits sei zunächst darauf abzustellen, ob ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis des betroffenen Mitarbeiters gegenüber einem Arbeitgeber in Folge der Eingliederung in eine für ihn fremde Arbeitsorganisation bestehe. Arbeitnehmer sei demnach derjenige, der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung verpflichtet sei, weisungsgebunden arbeite und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verrichte (vergleiche: BAG, Urteil vom 11.10.2000 - 5 AZR 289/99 mit weiteren Nachweisen). Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Eine Beschäftigung in einem fremden Betrieb liege demnach vor, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert sei und dabei einem, hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vergleiche: BSG, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R mit weiteren Nachweisen).
Der hinreichende Grad persönlicher Abhängigkeit in diesem Sinne zeige sich nicht nur daran, dass der Beschäftigte einem Direktionsrecht seines Vertragspartners unterliege, welcher Regelungen zur Durchführung, hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten treffe, sondern könne sich auch aus einer detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben. Selbstständig arbeite dagegen derjenige, der unternehmerische Entscheidungsfreiheit genieße, ein unternehmerisches Risiko trage sowie unternehmerische Chancen wahrnehme und viel zur Eigenwerbung beitrage. Zu den typischen Merkmalen unternehmerischen Handelns gehörten deshalb u. a., dass Leistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung statt im Namen und auf Rechnung eines Auftraggebers erbracht würden. Die eigenständige Entscheidung über Einstellung und Entlassung von Personal, den Einsatz von Kapital und Maschinen, die Zahlungsweise der Kunden sowie Art und Umfang eventueller Werbemaßnahmen für das eigene Unternehmen ließen dabei eine Charakterisierung der Tätigkeit als selbstständige zu; denn für die rechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit sei maßgeblich auf den tatsächlichen mit ihr verfolgten Zweck bzw. ihr äußeres Erscheinungsbild abzustellen (vergleiche BSG, Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 40/89).
Ob jemand letztendlich abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hänge deshalb davon ab, welche Merkmale im Einzelnen überwiegen würden. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Regelungen. Wichen jedoch die vertraglichen Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, so gäben letztere den Ausschlag (BSGE 87,53; 85,214 und 45, 199).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die sich die Kammer in ständiger Rechtsprechung zu Eigen gemacht habe (vgl. zuletzt in den Urteilen vom 13.09.2006 S 10 KR 139/06 und S 10 KR 57/05, vom 14.03.2007 - S 10 KR 178/06 und kürzlich im Urteil vom 18.02.2009 - S 10 KR 69/07), stelle sich die Beschäftigung des Klägers sowohl im Zeitraum vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 wie auch vom 01.10.1986 bis 31.12.1992 als abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Tätigkeit dar.
Zunächst sei festzustellen, dass die in der Vergangenheit über Jahre hinweg für den Kläger seitens der Vorgängerfirma der Beigeladenen zu 1. erfolgten Zahlungen von Beiträgen zur Sozialversicherung aus seinen Einkünften als Arbeitnehmer (26.01.1981 bis 31.12.1991) dafür sprächen, dass es sich bei dem zwischen dem Kläger und der damals noch als Einzelfirma von dem Vater des Klägers betriebenen Firma "Rollladen A." zum 26.01.1981 begründeten Beschäftigungsverhältnis um eine Tätigkeit als Arbeitnehmer handelte. Der Kläger sei von dieser Firma ausdrücklich als Arbeitnehmer unter der Schlüsselnummer (Bürofachangestellter) der Beklagten zu 1. gemeldet worden. Dabei sei es zunächst Aufgabe des Arbeitgebers die Frage einer abhängigen Beschäftigung zu klären und im Falle der Bejahung eine entsprechende Meldung an die Krankenkasse zu veranlassen. Hätten damals tatsächlich Zweifel bestanden, hätte dies in Absprache mit der Krankenkasse und ggf. der weiteren Sozialversicherungsträger geklärt werden können. Offenbar hätten sowohl die Einzelfirma als auch der Kläger seine zum 26.01.1981 aufgenommene Tätigkeit als eine unselbständige und damit pflichtversicherte Tätigkeit in allen Zweigen der Sozialversicherung angesehen.
Entsprechend müssten ganz gewichtige und eindeutige Tatsachen und Umstände vorliegen, die für die Fehlerhaftigkeit dieser, im Übrigen sowohl vom Kläger wie von der Einzelfirma seines Vaters selbst getroffenen Einstufung, die zudem über einen Zeitraum von fast 11 Jahren fortgesetzt worden sei, sprechen würden. Solche Umstände und Tatsachen ließen sich jedoch nicht feststellen; vielmehr sprächen die tatsächlichen Verhältnisse - jedenfalls für den hier strittigen Zeitraum - für die tatsächliche Ausübung einer versicherungspflichtigen, weil abhängigen Tätigkeit. Aus rein rechtlicher Sicht hätte der Kläger keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Firma "Rollladen A." gehabt. Es habe sich im hier strittigen Zeitraum um eine Einzelfirma gehandelt, die unter dem Namen des Vaters des Klägers als alleinigem Inhaber betrieben worden sei. Damit sei allein der Vater für alle rechtlichen Vorgänge verantwortlich und – im Übrigen mit seinem ganzen Privatvermögen – haftbar gewesen. Ob der Kläger bereits 5 Tage nach Beendigung seiner Lehre, wie er dies auch in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 nochmals betont habe, tatsächlich schalten und walten konnte, wie er wollte, ändere an den rechtlichen Gegebenheiten nichts. Der Kläger räume selbst ein, dass es zu schriftlichen Vereinbarungen über Handlungsvollmachten oder gar zu einer Bestellung als "Geschäftsführer" nicht gekommen sei.
Der Hinweis, dass auch aus der Sicht des Vaters die Arbeitsaufnahme zum 26.01.1981 mit dem Ziel der späteren Übernahme des Betriebes durch den Kläger erfolgt sei, stelle keine - selbst nicht interne - Beschränkung der rechtlich alleinigen Handlungsvollmacht des Vaters des Klägers dar. Selbst wenn der Vater des Klägers "Eigenentnahmen" des Klägers zu Lasten des Betriebes geduldet oder gar genehmigt hätte (vertragliche Grundlagen hatten nach den Darlegungen des Klägers nicht bestanden), stelle dies rechtlich nicht die Einräumung einer allgemeinen Handlungsvollmacht dar. Doch selbst wenn man eine solche aus der Tatsache ableiten wollte, dass - nach den Angaben des Klägers - sein Vater ihm sozusagen "freie Hand" zur Führung des Betriebes gelassen habe, müsse festgestellt werden, dass etwa (Fremd-)Geschäftsführern einer GmbH oder Prokuristen in größeren Firmen ebenfalls für ihren Bereich Handlungsvollmachten erteilt würden, ohne dass sie damit ihre Stellung als abhängig Beschäftigter verlieren würden.
Wenn der Kläger tatsächlich der auch rechtlich alleinverantwortlich Handelnde der Firma hätte sein sollen, wäre es ein leichtes gewesen, die Firma durch Vertrag und durch entsprechende Eintragung ins Gewerberegister dem Kläger zu überschreiben bzw. zu übereignen. Dass dies jedoch - zu Lebzeiten des Vaters des Klägers - gerade nicht gewollt gewesen sei, zeige sich nach Auffassung der Kammer insbesondere darin, dass selbst nachdem der Kläger am 16.03.1986 die Meisterprüfung im Rollladen- und Jalousienbau erfolgreich bestanden hatte, eine rechtliche wirksame Übergabe der Firma an den Kläger nicht erfolgte. Offenbar sei der Vater des Klägers damals nicht gewillt gewesen, die Verantwortung des Geschäfts an den damals gerade 24 1/2-jährigen Sohn zu übertragen. Entsprechend räume auch der Kläger im Klageverfahren ein, dass er (nur) "faktischer" Inhaber des Betriebes gewesen sei, also rechtlich die Verantwortung und Haftung weiterhin bei seinem Vater gelegen habe. Auch seitens des Klägers hätte nach der Meisterprüfung (weiterhin) eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt werden sollen. Ausweislich der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 01.10.2008 vorgelegten Bescheinigung der XY. Krankenversicherung vom 02.10.1986 sei diese nämlich "zur Erlangung des Arbeitgeber-Zuschusses zum Beitrag für eine private Krankenversicherung gemäß § 405 RVO" ausgestellt worden war. Dementsprechend sei dem Kläger ab dem 01.10.1986 von dem Betrieb des Vaters auch (weiterhin) ein Zuschuss zur Krankenversicherung gewährt worden, was nur für den Fall einer Tätigkeit als Arbeitnehmer vorgesehen gewesen und auch heute noch so sei.
Auch die tatsächlichen Umstände stünden dieser rechtlichen Einstufung als abhängig Beschäftigter der Einzelfirma nicht entgegen. Dass der Kläger tatsächlich keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem die Einzelfirma führenden Vater geschlossen habe, spreche weder für noch gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Unzweifelhaft habe der Kläger zumindest vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 im Betrieb seines Vaters gearbeitet und auch ein regelmäßiges, vom Erfolg der Firma unabhängiges monatliches Gehalt bezogen, das zudem auf ein allein in seinem Verfügungsbereich liegendes Konto überwiesen worden sei. Insoweit hätten sich der Kläger und der Betriebsinhaber über ein wesentliches Merkmal eines Arbeitsverhältnisses, nämlich regelmäßige Tätigkeit gegen Entgelt (§ 611 Bürgerliches Gesetzbuch) geeinigt. Selbst wenn nach den Angaben des Klägers keine Regelungen über Arbeitszeit, Urlaubsanspruch und Kündigungsfristen getroffen worden sein sollten, würden ersatzweise die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Dienstvertrag sowie die tariflichen Bestimmungen eintreten. Der Kläger habe auch nicht bestritten, dass ihm Urlaub zustand und er - wenn vielleicht auch nicht in gesetzlichem/tarifvertraglichem Umfange - auch tatsächlich Urlaub in dem hier strittigen Zeitraum genommen habe. Die Tatsache, dass er diesen Urlaub - wie er es auch in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 betont habe - nehmen konnte "wie er wollte, insgesamt jedoch eher wenig", spreche keinesfalls gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Deshalb habe es diesbezüglich auch nicht der Einvernahme weiterer Zeugen bedurft. die entsprechenden Angaben des Klägers würden von der Kammer als wahr unterstellt.
Entsprechend seiner rechtlichen Stellung wurde der Kläger auch mit Beginn seiner Tätigkeit für die väterliche Firma am 26.01.1981 bei der Beklagten als Arbeitnehmer zur Sozialversicherungspflicht angemeldet. Dass dies zudem als Bürofachkraft und nicht etwas als (möglicherweise genauso abhängig beschäftigter) Geschäftsführer erfolgte, bestätige die Tatsache, dass der Kläger gerade (noch) nicht die Stellung eines Leiters des Betriebes erhalten sollte. Soweit der Kläger - erstmals nach mehr als 25 Jahren nach Beginn seiner Tätigkeit - behauptet habe, die damals von seiner jüngeren, inzwischen verstorbenen Schwester für die Einzelfirma erstellte Anmeldung sei zu Unrecht erfolgt, erscheine dies nicht überzeugend. Zum einen sei in der Folgezeit das Arbeitsentgelt nach den bestätigenden Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 auch tatsächlich nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen als Nettogehalt dem Kläger überwiesen und zum anderen sei das Gehalt auch steuerrechtlich als Betriebsausgabe der Firma gebucht worden. Im Übrigen hätte selbst eine Einstufung in die für Geschäftsführer bei der Beklagten geführte Beitragsklasse nur zur Einstufung als abhängig Beschäftigter geführt. Schließlich seien dem Kläger ebenfalls steuerlich begünstigt und von staatlicher Stelle bezuschusst - durchgängig vermögenswirksame Leistungen gewährt worden, die jedoch ausschließlich Arbeitnehmer beanspruchen könnten. Des Weiteren habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 ergänzend ausgeführt, dass neben der im Büro offenbar für das Gehalt zuständigen jüngeren Schwester auch eine Steuerberaterin für den Betrieb tätig gewesen sei, der jedenfalls eine falsche Anmeldung und damit eine fehlerhafte Buchung des Gehalts als Betriebsausgabe hätte auffallen müssen.
Da weder der Kläger noch offenbar die als Rechtsnachfolgerin fungierende Beigeladene zu 1., deren alleiniger Geschäftsführer wiederum der Kläger ist, die Gehaltsabrechnungen der Jahre 1981 bis einschließlich 1991 vorlegen hätten können, habe die Kammer nicht überprüfen können, ob dem Kläger darüber hinaus noch weitere, möglicherweise tarifliche Leistungen (z. Bsp. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Überstundenzuschläge) ausbezahlt worden seien. Die Abzüge von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen habe der Kläger im Übrigen nicht nur bis zur Gründung der Beigeladenen zu Beginn des Jahres 1992 über 10 Jahre lang unbeanstandet gelassen, sondern diese erstmalig nach etwa 25 Jahren angegriffen, ohne für die späte Geltendmachung Gründe anzuführen.
Soweit der Kläger geltend mache, er habe Tantiemen und Überschussbeteiligungen seitens der Firma "Rolladen A." erhalten, fehlten dazu trotz entsprechender gerichtlicher Aufforderung auch der Kammer jegliche Nachweise. Der Kläger habe als damals Beschäftigter keine Gehaltsabrechnungen vorlegen können, die seine Angaben bestätigten. Gleiches gelte für die Beigeladene zu 1., obwohl diese Rechtsnachfolgerin der auf den Namen seines Vaters lautenden Einzelfirma geworden sei und damit die entsprechenden Unterlagen mit übernommen hätte. Auch in den schriftlichen Aussagen seiner Mutter, Frau C. A., vom 12.09.2007 und seiner älteren Schwester, Frau B. A.-B., vom 12.09.07 würden entsprechende Zahlungen nicht aufgeführt. Schließlich habe der Kläger im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 06.10.2008 ausgeführt, die Auszahlungen von Tantiemen und Überschussbeteiligungen seien nicht vertraglich vereinbart gewesen, weshalb sie wohl als "Schenkungen" des Vaters aus dem Betriebsvermögen zu werten sein dürften. Dies gelte auch dann, wenn - wie weiter ausgeführt werde - der Kläger sich diese selbst ausbezahlt hätte. Im übrigen stellten selbst solche Zahlungen - die nach den eigenen Darlegungen des Klägers zu Beginn seiner Tätigkeit nicht einmal vereinbart worden seien - kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar, weil sie - allerdings dort auf vertraglicher Grundlage - auch an leitende Angestellte als Anreiz für besondere Leistungen gewährt würden, ohne dass diese damit zu Selbständigen würden.
Auch die Tatsache, dass der Kläger - bestätigt durch die schriftlichen Angaben seiner Mutter und der älteren Schwester des Klägers vom 12.09.2007 - "mehrmals" bzw. "des Öfteren" Geldeinlagen bei Liquiditätsmangel aus seinem Privatvermögen geleistet habe, bildeten kein entscheidendes Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Zum einen habe der Kläger trotz Aufforderung des Gerichts entsprechende Unterlagen nicht vorlegen können, zum anderen werde insbesondere durch die Mutter des Klägers in ihrem Schreiben vom 12.09.2007 ausgeführt, er habe dem Betrieb ausgeholfen. Dies bdeute, dass er das Geld - wie auch die darin erwähnten Gehaltsverzichte - zu einem späteren Zeitpunkt wieder erhalten habe müssen. Im Übrigen habe sich für die Kammer dieser Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 so dargestellt, dass der Kläger "nach Belieben und nach Liquiditätslage der Einzelfirma" Geld zu Privatzwecken entnommen und zu einem späteren Zeitpunkt wiederum Geld aus seinem Privatvermögen in den Betrieb gesteckt habe. Inwieweit dies alles auch steuerrechtlich ordnungsgemäß erfolgt sei, habe die Kammer mangels Vorlage entsprechender Unterlagen nicht nachvollziehen können. Dies stelle im Übrigen jedoch für den konkreten Fall des Klägers kein ausreichendes Merkmal für eine selbständige Tätigkeit dar. Auch wenn damit ein besonderes Interesse am Erhalt der Firma belegt sein könnte, resultiere dies zum einen aus der verwandtschaftlichen Beziehung zum tatsächlichen Firmeninhaber und zum anderen wohl aus der versprochenen späteren Übertragung der Firma auf den Kläger.
Von größerer Bedeutung sei die Tatsache, dass nach den nicht widerlegbaren Behauptungen des Klägers dieser ohne Weisungen des Betriebsinhabers habe tätig werden können. Ob sich dies aufgrund der besonderen familiären Beziehung zwischen Vater und Sohn oder aus der Tatsache ergeben habe, dass der Kläger einmal die Firma übernehmen sollte, könne dahingestellt bleiben. Denn bei Diensten höherer Art, wie sie unbestreitbar vom Kläger auch bereits im Zeitraum vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 ausgeübt worden seien, würden Einzelweisungen in der Regel nicht mehr erteilt, vielmehr beschränkten sich diese auf die grundlegenden Strukturen und Grundsatzentscheidungen. Hinzu komme noch die familiäre Verbundenheit zwischen Vater und Sohn, so dass damit nicht zwingend der Nachweis einer selbständigen Tätigkeit zu führen wäre. Auch würden nach den eigenen Darlegungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 ca. 80 vom Hundert des Geschäftsumsatzes aus einer schon seit vielen Jahrzehnten bestehenden Geschäftsbeziehung mit der Stadt B Stadt gemacht, bei der im wesentlichen immer die gleichen Ansprechpartner vorhanden waren. Deshalb habe die Kammer auch insoweit auf die Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen verzichten können.
Ebenso erfolglos weise der Kläger darauf hin, dass er quasi von Kindheit an in dem Betrieb mitgearbeitet und deshalb bereits 6 oder 7 Tage nach Abschluss seiner Lehre zum Maschinenschlosser die Firma des Vaters "übernommen" hätte. Ganz abgesehen davon, dass der Vater des Klägers seinerseits bei Beginn der Tätigkeit des Klägers am 26.01.1981 bereits über eine mehr als 15-jährige einschlägige Berufserfahrung, davon 12 Jahre als Inhaber des Handwerksbetriebes, verfügt hätte, spreche der Umstand, dass der Kläger durch die zwischen 1981 und März 1986 durchlaufene Meisterausbildung im Rollladen- und Jalousienbau zusätzlich zeitlich eingeschränkt gewesen sei, gegen eine alleinige Leitung des Betriebes. Außerdem habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.09 angegeben, sein Vater hätte weiterhin täglich von 9 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr an seinem Schreibtisch im Betrieb gesessen. Daraus könne nur gefolgert werden, dass der Vater des Klägers nicht zuletzt aufgrund eigener Berufserfahrung den Kläger nach und nach in die Führung des Betriebes einarbeiten hätte wollen, bis es zur - auch rechtlichen - Übernahme kommen sollte. Dies erfolgte jedoch schließlich erst nach dem Tode des Vaters.
Ob und in welchem Umfang der Kläger tatsächlich bereits zwischen 1981 und 1991 völlig weisungsfrei schalten und walten hätte können, habe die Kammer letztlich dahingestellt lassen können, da diesem möglichen Indiz die Tatsache entgegenstehe, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt keinerlei Unternehmerrisiko getragen habe. Da der zuletzt genannte Sachverhalt letztlich für die hier zu treffende Entscheidung unmaßgeblich sei, habe die Kammer auch insoweit auf die Vernehmung der angebotenen Zeugen verzichten können. Zwar möge der Kläger als künftiger Inhaber des Betriebes auch ein wirtschaftliches Interesse an dessen Bestand gehabt haben, jedoch habe er im hier strittigen Zeitraum keinerlei Haftungsrisiko getragen. Selbst sein regelmäßiges Gehalt sei - bis auf die oben abgehandelte Frage von Tantiemen bzw. Überschussbeteiligungen, die aber nicht vereinbart gewesen seien - völlig losgelöst von der Geschäftsentwicklung des Betriebes gewesen. Bis auf gelegentliche, aber wieder zurückgezahlte "Geldeinlagen oder Gehaltsverzichte" habe der Kläger keinerlei persönliches Risiko getragen. So werde nicht einmal vorgetragen, er hätte persönlich für Schulden der Firma gebürgt. Demgegenüber hätte der Vater des Klägers mit seinem gesamten Vermögen für Verbindlichkeiten der Firma gehaftet. Ob dies der Grund gewesen sei, weshalb auf den Namen des Klägers im Jahr 1982 das erste Haus gebaut und bereits ein Jahr später ein zweites Haus vom Kläger erworben worden sei, könne deshalb dahingestellt bleiben.
Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände stelle sich die Tätigkeit des Klägers vom 26.01.1981 bis 31.12.1991 daher als abhängige Beschäftigung dar, weshalb Sozialversicherungspflicht bestanden habe. Dass diese ab dem 01.10.1986 nicht mehr eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung umfasst habe, beruhe darauf, dass der Kläger sich aufgrund eines über der damaligen Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehalts privat krankenversichert hätte.
Gegen das ihm am 07.09.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger mittels Telefaxschreiben am 06.10.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, gegen das Bestehen einer Sozialversicherungspflicht spreche bereits, dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei und er die Befugnis gehabt habe, in dem Betrieb frei schalten und walten zu können. Hinzu komme, dass er, wie die als Zeugen benannten Personen bekunden könnten, sich nach Belieben von den Geschäftskonten "bedient" und auf diese auch Einlagen geleistet habe, wenn die Finanzlage dies erfordert hätte. Das Sozialgericht habe die benannten Zeugen nicht vernommen sondern eine Art "vorweggenommenen Beweiswürdigung" angestellt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26.08.2009 aufzuheben und die Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten zu 1. vom 24.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 sowie des Bescheides der Beklagten zu 2. vom 04.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2008 zu der Feststellung zu verurteilen, dass seine Tätigkeit vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 und vom 01.10. 1986 bis 31.12.1991 nicht sozialversicherungspflichtig gewesen ist,
hilfsweise
den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Weiter beantragt der Kläger, den in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.2009 gestellten Beweisantrag zur Vernehmung der Steuerberaterin F. FF. und seiner Schwester B. A.-B. aufzunehmen und nachzugehen.
Die Beklagten zu 1. und zu 2. beantragen übereinstimmend,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von den Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und auch zulässig. Der Senat erachtet die letztlich auf eine Feststellung zielenden Klage gemäß § 55 SGG als zulässig, ohne dass zu entscheiden war, ob und für welche Zeit in der Vergangenheit eine Beitragserstattung in Betracht kommen könnte.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn sowohl der Bescheid der Beklagten zu 2. vom 04.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2008 betreffend den Zeitraum vom 26.01.1981 bis 30.09.1986 als auch der Bescheid der Beklagten zu 1. vom 24.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12. 2007 zum Zeitraum 01.10.1986 bis 31.12.1991 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagten haben zutreffend festgestellt, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum im Betrieb seines Vaters eine abhängige Beschäftigung ausübte und daher der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterlag.
Nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beklagten sind hier die nach § 28 i Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle, weil diese bei dem Kläger die Krankenversicherung durchführten. Das daneben bestehende Recht, ein Anfrageverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV durchzuführen, für das die Beigeladene zu 2. bzw. ihr Rechtsvorgänger zuständig ist, lässt eine Zuständigkeit der hier zuerst angegangenen Beklagten gemäß § 28 h Abs. 2 SGB IV schon deshalb nicht entfallen, weil für die Abgrenzung das Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit maßgeblich ist (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2009 – 12 KR 31/07 R).
Hinsichtlich der materiellrechtlichen Vorgaben gilt dabei Folgendes: Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung der Beitrags- bzw. Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sowie § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz bis 31.12.1997 und ab 1.1.1998 § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV bzw. seit 1.1.1999 § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (eingefügt erst mit Wirkung vom 1.1.1999 durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl. I 2000 S. 2) sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. Urteile des BSG vom 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr. 8, vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13, vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3 2400 § 7 Nr. 20, vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5, vom 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 vom 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45 und vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine in Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich daraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, SozR 3-2400, § 7 Nr. 4; SozR 3-4100, § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Dabei ist die praktizierte Beziehung aber nur insoweit maßgeblich, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu: BSG, SozR 4-2400, § 7 Nr. 7).
Die Frage, ob zwischen Angehörigen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt oder ggf. eine nichtversicherungspflichtige Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) erfolgt – beurteilt sich nach den gleichen Grundsätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen kann nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen angenommen werden, wenn der Angehörige in den Betrieb des Arbeitgebers wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert ist und die Beschäftigung tatsächlich ausübt, der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch in abgeschwächter Form – unterliegt, der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird, ein der Arbeitsleistung angemessenes (d. h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird, von dem Arbeitsentgelt regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird. Beim Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung eines Familienangehörigen ist von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgeltes lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2002 – B 11 AL 34/02 R). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht es grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist als zwischen nicht verwandten Personen und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (vgl. BSGE 34, 207, 210; BSG, SozR 3-2400, § 7 Nr. 1; SozR 3-4100, § 168 Nr. 11).
Dabei hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung (Urteile vom 28.09.1011 L 8 KR 300/10 und L 8 KR 79/10; Urteile vom 25.02.2010 L 8 KR 81/09 und L 8 KR 246/08) fest, dass entgegen einer auch in der Rechtsprechung der Sozialgerichte häufiger vertretenen Rechtsauffassung (vgl. z.B. Urteil LSG Rheinland-Pfalz vom 23.09.2010 – L 5 KR 204/09; Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.05.2009 L 1 KR 293/07 und vom 14.09.2010 – L 1 KR 222/10) das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht bereits dann verneint werden kann, wenn nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles der als Arbeitnehmer geführte (leitende) Angestellte oder Fremdgeschäftsführer faktisch vollkommen freie Hand in der Führung der Geschicke des Unternehmens hat und wie ein Alleininhaber "frei Schalten und Walten kann". Diese Sichtweise stellt vor allem auf die Praxis bei sog. Familiengesellschaften ab, bei denen der Geschäftsführer oder leitende Angestellte mit den Geschäftsinhabern familiär verbunden ist und aufgrund seiner Stellung in der Familie die Geschäfte der Firma nach eigenem Gutdünken führt und die Ordnung des Betriebes gestaltet. Dabei wird aber vernachlässigt, dass diese Gestaltungsmacht nur in "ruhigen Zeiten" Bestand hat. Latent weiter existiert jedoch die Rechtsmacht der Firmeninhaber oder Gesellschafter. Sie entfällt nicht dadurch, dass rechtliche Vereinbarungen in Anstellungs- und Geschäftsführerverträgen "in guten Zeiten" so behandelt werden, als würden sie "nur auf dem Papier stehen" und von ihnen faktisch kein Gebrauch gemacht wird. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wird (so zutreffend Segebrecht in: juris PK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7 Abs. 1 SGB IV Rz. 123 f. für Fremdgeschäftsführer einer GmbH). Ob bei dazu bestehender Rechtsmacht tatsächlich von ihr Gebrauch gemacht wurde und damit auf die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder leitenden Angestellten tatsächlich Einfluss genommen wurde, ist auch deshalb unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung dann wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.03.2010 L 16 (5) KR 190/08).
Auch das Bundessozialgerichts hat in seinem Urteil vom 27.01.2007 (B 12 KR 31/06 R) diese Position vertreten. Es führt wörtlich aus: "Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der beigeladenen GmbH erlaubt unter Zugrundelegung des "Anstellungsvertrages" vom 5. März 1992 eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung. Diese vertraglichen Regelungen sind für die Beurteilung hier maßgebend. Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Eine formlose Abbedingung der entsprechenden Abreden des schriftlichen Anstellungsvertrages durch schlüssiges Verhalten ist schon nach dem ausdrücklich bekundeten Willen der Vertragsparteien ausgeschlossen, da sich die vertraglichen Vereinbarungen erschöpfend aus diesem Vertrag und seinen etwaigen schriftlichen Anlagen ergeben, Vertragsänderungen der Schriftform bedürfen und eine Befreiung von der Schriftform durch mündliche Vereinbarung unwirksam ist. Auf den Vortrag der Klägerin und der Beigeladenen zu 3., der Vertrag sei "nicht gelebt worden", kann es schon deshalb nicht ankommen. Soweit sich die Klägerin schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf berufen hat, der Vertrag sei so allein aus steuer- bzw. haftungsrechtlichen Gründen abgeschlossen worden, geht sie unzutreffend davon aus, es unterliege ihrer Disposition, die Wirkungen eines wirksamen Vertrages nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken. Umgekehrt gilt vielmehr, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist " (zitiert nach juris, Rz. 20).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich hier Folgendes: Der Kläger hatte im Rahmen seiner Antragsverfahren gegenüber den Beklagten in den von ihm ausgefüllten Feststellungsbögen angegeben, er habe im streitgegenständlichen Zeitraum vom Betrieb seines Vaters ein Arbeitsentgelt erhalten, das auf sein privates Girokonto in der Regel überwiesen wurde. Weiter hatte er ausgeführt, von der gezahlten Vergütung sei Lohnsteuer entrichtet und diese sei als Betriebsausgabe verbucht worden. Weiter war angegeben worden, im Falle von Arbeitsunfähigkeit sei das Arbeitsentgelt fortgezahlt worden. Diese Angaben wurden vom Kläger auch im Rahmen seiner ausführlichen Befragung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht bestätigt und konkretisiert. Dies lässt voll umfänglich den vom Sozialgericht gezogenen Schluss zu, die Tätigkeit des Klägers sei als ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in der Firma seines Vaters klassifiziert und entsprechend behandelt worden. Dafür spricht auch die unstreitig vorgenommene Arbeitgebermeldung zur Sozialversicherung bei Aufnahme der Tätigkeit. Das Sozialgericht und die Beklagten haben aus diesem Sachverhalt zutreffend abgeleitet, dass die – ohne schriftlichen Arbeitsvertrag – praktizierte Verfahrensweise typisch für ein Beschäftigungsverhältnis und damit für eine abhängige Beschäftigung sei. Auch hat der Kläger nicht vorgetragen, er sei in rechtsverbindlicher Weise an der Firma seines Vaters im streitgegenständlichen Zeitraum beteiligt gewesen und habe einen Rechtsanspruch auf Teilhabe am Gewinn des Unternehmens bei gleichzeitiger rechtlicher Verpflichtung zur Mittragung der Unternehmensrisiken gehabt. Bei dieser Sachlage sprechen die Verbuchung einer an Familienangehörige für Mitarbeit in einem Betrieb gezahlten Vergütung als Betriebsausgaben sowie die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer für eine abhängige Beschäftigung. Lohnsteuerpflicht und Beitragspflicht in der Sozialversicherung beruhen auf dem gleichen Rechtsbegriff des "entgeltlichen" Beschäftigungsverhältnisses. Wesentlich für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses ist deshalb die Art der Verbuchung und Versteuerung der Bezüge der Verwandten. Werden die Bezüge nicht als Privatentnahmen, sondern als Betriebsausgaben verbucht und lohnversteuert, so haben die Beteiligten damit für den Bereich des Steuerrechts eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Beziehungen auf die Grundlage eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses gestellt haben. Wird steuerrechtlich von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen, so wird regelmäßig auch für den Bereich der Sozialversicherung von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 21.04.1993 – B 11 RAr 67/92 – USK 9335).
Ist nach den äußeren Erscheinungsformen von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, so lässt sich dies auch nicht mehr durch Aussagen der Beteiligten über das angebliche Fehlen der Weisungsgebundenheit des mitarbeitenden Angehörigen ausräumen. Weisungsgebundenheit kann bei Beschäftigungen von Verwandten naturgemäß in sehr abgeschwächter Form auftreten und ist wegen der Undurchsichtigkeit der familiären Beziehungen ohnehin kaum messbar. Dementsprechend ist es rechtsunerheblich, ob und in welchem Umfang der Kläger die Geschicke des väterlichen Betriebes faktisch bestimmte und in welchem Maße auch im Hinblick auf Urlaub, Finanzmittelentnahme etc. er eigenständig und weisungsfrei handelte. Rechtlich maßgeblich ist allein, ob ihm hierfür nicht nur die faktische sondern auch eine durch förmliches Rechtsgeschäft eingeräumte Rechtsmacht zustand. Hierauf richteten sich jedoch nicht die vor dem Sozialgericht hilfsweise gestellten Beweisanträge mit den als Zeugen benannten Personen. Dementsprechend musste das Sozialgericht die gewünschte Zeugenvernehmung nicht durchführen und hat durch die Ablehnung der Beweisanträge keinen Verfahrensfehler begangen.
Zusammenfassend überwiegen somit die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen bei Weitem. Auch der Senat ist, wie das Bayrische Landessozialgericht in seinen Urteilen vom 11.12.2008 (L 4 KR 97/08 und L 4 KR 55/07; zustimmend hierzu auch das Landessozialgericht Nordrheim-Westfalen in seinem Urteil vom 10.06.2010 – L 5 KR 174/09) der Auffassung, dass nur in extremen Fällen rückwirkend in ein jahrelang von den Beteiligten gewolltes und gelebtes Sozialversicherungsverhältnis eingegriffen werden und dieses rückabgewickelt werden kann. Solche Extremfälle wären gegeben im Falle der Praktizierung eines Sozialversicherungsverhältnisses trotz offensichtlicher schwerwiegender Fehler, Ungereimtheiten oder im Falle der Erschleichung eines Versicherungsschutzes. Danach müssen klare Beweise vorliegen, um ein Sozialversicherungsverhältnis bei der Beschäftigung unter Angehörigen rückabzuwickeln. Dies gilt vor allem dann, wenn die Beschäftigung von allen Beteiligten gebilligt und diese auch steuerlich und in sonstiger Weise als Arbeitsverhältnis behandelt wurde. Der Eintritt eines "Sinneswandels", weil nunmehr für in der Vergangenheit liegende Zeiten die familienhafte Mithilfe oder eine Mitunternehmerschaft mit der Folge der Beitragserstattung attraktiver zu sein scheint, vermag eine Rückabwicklung nicht zu rechtfertigen.
Es war daher zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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