L 7 AS 41/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 48 AS 1522/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 41/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 254/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Treuhandvermögen
Der Rechtsschein der Kontoinhaberschaft genügt nicht, um Vermögen zuzuordnen. Es ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob tatsächlich und ggf. mit welchem Inhalt eine Treuhand vorliegt.
Gegen eine Treuhand sprechen der fehlende Nachweis der Herkunft der angelegten Gelder, Überweisungen auf andere Konten des Kontoinhabers, ein Zinsfreistellungsauftrag des Kontoinhabers, eine fehlende schlüssige Begründung für eine Treuhand und nur bruchstückhafte Informationen von Seiten des Betroffenen.
I. Auf die Berufung werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Dezember 2008 und der Bescheid vom 20.06.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 01.09.2006 abgeändert, soweit die Erstattung den Betrag von 3742,95 Euro übersteigt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der
Klägerin für das Klage- und das Berufungsverfahren zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit von 01.01.2005 bis 31.03.2006 nebst Erstattung der erbrachten Leistungen in Höhe von 4.912, 35 Euro. Strittig ist insbesondere, ob die Klägerin über eigenes Vermögen verfügte oder eine verdeckte Treuhand vorlag.

Die 1955 geborene Klägerin bezog vom Beklagten Arbeitslosengeld II ab 01.01.2005. Beim Erstantrag im Dezember 2004 gab sie im Antrag an, dass weder Spar- und Bankguthaben, Bargeld noch sonstige Vermögenswerte vorhanden seien. Die angeforderte Selbstauskunft ihrer Bank ergab ein Girokonto und ein Sparbuch mit 205,- Euro. Nach mehreren Nachfragen des Beklagten wurde eine private Rentenversicherung mitgeteilt mit einem Rückkaufswert zum Januar 2005 von etwa 4.800,- Euro bei Beiträgen von ca. 6.074,- Euro.

Bei den Bewilligungen wurde jeweils Einkommen aus einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit angerechnet. Für Januar bis September 2005 wurden monatlich 305,73 Euro bewilligt (Bescheide vom 10.03.2005 und 11.05.2005). Mit Bescheid vom 30.8.2005 wurden Leistungen für die Monate Oktober 2005 bis März 2006 von monatlich 165,23 Euro bewilligt. Ab Oktober 2005 wurden von der Kaltmiete von 570,- Euro nur noch 429,50 Euro übernommen.

Im Dezember 2005 wurde bei einem Datenabgleich beim Bundesamt für Finanzen festgestellt, dass für die Klägerin bei folgenden Banken Konten und Erträge registriert waren:
- Allgemeine Deutsche Direktbank (DiBa), Kapitalertrag 429,- Euro in 2004,
- Nordfinanz Bank, Kapitalertrag 56,- Euro in 2004,
- Union-Investment-Privatfonds, Kapitalertrag 6,- Euro in 2004 und
- Sparda-Bank, Kapitalertrag 133,- Euro in 2004.

Bei der Klägerin wurden daraufhin Unterlagen angefordert. Sie teilte mit, dass sie die Nordfinanz Bank nicht kenne und es sich bei den anderen Geldanlagen um Konten ihrer Mutter handle, die für sie in Notfällen, für Bestattungskosten usw. zugänglich seien. Mit Anhörungsschreiben vom 08.03.2006 wurde die Klägerin aufgefordert, zu einer möglichen Rückforderung der Leistungen Stellung zu nehmen. Darin wurden die Geldanlagen aufgezählt und weitere Nachweise - ggf. zur Kontoinhaberschaft der Mutter - angefordert.

Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 13.03.2006, dass ihre Mutter in ihrem Namen Geld angelegt habe, was deren gutes Recht sei und die Mutter hierüber keine Rechenschaft abgeben müsse. Sie habe auch seit Jahren Verfügung über die kompletten Konten der Mutter. Diese Nachfragen würden selbst ihre Toleranzgrenze übersteigen, weil die Beklagte das überhaupt nichts angehe. Das Vermögen der Eltern spiele keine Rolle. Dass die Mutter der Klägerin am 01.02.2006 verstorben war, erwähnte die Klägerin in dem Schreiben nicht. Beigefügt war folgende auf August 2000 datierte und von der Klägerin und ihrer Mutter unterschriebene Erklärung:

"Sämtliche, angelegten Wertanlagen, auf meine Tochter [Name der Klägerin] sind mein Eigentum und bleiben bis zum Widerruf oder meinem Tod in meinem Besitz.
Ab-, umbuchende Aktionen finden nur in meinem Einvernehmen statt und dürften ohne mein Wissen oder Genehmigung nicht vorgenommen werden."

Die Klägerin teilte Ende März mit, dass sie ab April 2006 keine Leistungen mehr benötige, da sie heirate.

Der Beklagte forderte von den Banken Auskünfte an. Die Nordfinanz Bank teilte mit, dass bis 15.06.2004 ein Festgeldkonto in Höhe von 5.000,- Euro bestanden habe. Die DiBa berichtete über ein aktuelles Guthaben von 22.643 Euro.

Mit Bescheid vom 20.06.2006 hob der Beklagte die drei Bewilligungsbescheide für die Zeit von 01.01.2005 bis 31.03.2006 vollständig auf und forderte eine Erstattung von 4.912,95 Euro für Leistungen einschließlich der Rentenversicherungsbeiträge. Die Aufhebung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Das Vermögen liege über den Freibeträgen.

Im Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass es sich sehr wohl um Geld ihrer Mutter gehandelt habe. Ihr Bevollmächtigter ergänzte, dass die Klägerin das Guthaben nur treuhänderisch für ihre Mutter gehalten habe. Die Klägerin sei Alleinerbin ihrer Mutter. Die Mutter sei am 01.02.2006 verstorben. Eine Aufhebung komme für die davor liegende Zeit nicht in Frage. Die Klägerin erklärte, dass sie von ihrer Mutter seit Jahren bei den Lebenshaltungskosten finanziell unterstützt worden sei. Sie habe Schulden bei verschiedenen Stellen.

Im Widerspruchsbescheid vom 01.09.2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und § 45 SGB X zur Begründung herangezogen. Die Klägerin habe zumindest grob fahrlässig falsche Angaben zu ihrem Vermögen gemacht. Die Vereinbarung mit der Mutter ändere nichts an der Kontoinhaberschaft, diese sei allenfalls für das Innenverhältnis maßgeblich. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, im Todesfall ohne Erbschein über die Konten zu verfügen.

Am 27.09.2006 wurde Klage erhoben. Die Klägerin habe das Vermögen treuhänderisch für ihre Mutter gehalten. Sie sollte damit im Todesfall schnell und ohne Erbschein die Beerdigungskosten etc. bezahlen können. Die Bestätigung von August 2000 sei nicht nachgeschoben. Die Mutter sei vor der Anhörung am 01.02.2006 verstorben. Mutter und Tochter hätten abgeschieden gelebt. Die Klägerin sei schwerhörig. Die treuhänderische Bindung sei gegenüber der Bank nicht offen gelegt worden. Außerdem habe die Klägerin auf den Bestand der Bewilligungen vertrauen können - es habe sich aus Sicht der geschäftlich unerfahrenen Klägerin um Vermögen der Mutter gehandelt. Umgekehrt habe auch die Mutter Kontovollmacht für die Klägerin gehabt. Andere Konstruktionen als die Vermögensübertragung an die Klägerin seien Mutter und Tochter nicht bekannt gewesen.

Im Klageverfahren wurden Kontoauszüge zum DiBa-Konto vorgelegt. Diese habe die Klägerin immer der Mutter geben müssen. Danach wurden 20.000,- Euro im September 2003 (Überweisungsvermerk "Gutschrift" und Name der Klägerin) eingezahlt. Das Geld stamme von einem Sparkonto der Mutter bei der Hypo-Vereinsbank. Nachweise hierzu wurden nicht vorgelegt. Im 01.12.2003 gingen 400,- Euro an die Klägerin. Diese Abhebung habe die Mutter der Klägerin als Weihnachtsgeschenk erlaubt. Im September 2004 wurden 10.000,- Euro an die Klägerin überwiesen. Dieses Geld habe die Klägerin für die Mutter abgehoben. Was diese damit gemacht habe sei unbekannt. Im August 2005 wurden von einem Konto der Sparda-Bank 5.136,05 Euro und wenige Tage später weitere 5.000,- Euro auf das DiBa-Konto eingezahlt. Diese 10.136,- Euro habe die Mutter eingezahlt. Nachweise hierzu wurden nicht vorgelegt. Am 11.05.2006 überwies die Klägerin 3.500,- Euro auf das DiBa-Konto und am 26.06.2006 überwies sie weitere 4.700,- Euro auf das Konto, das dann ein Guthaben von 27.343,43 Euro hatte.

Die Zinsen wurden dem DiBa-Konto gutgeschrieben, Für das Konto hatte die Klägerin einen Zinsfreistellungsauftrag von 600,- Euro erteilt. Dieser sei nur wegen der Kontoinhaberschaft gestellt worden.

Die Klage wurde mit Urteil vom 12.12.2008 abgewiesen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei bei Treuhandverhältnissen ein strenger Maßstab anzuwenden. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse müsse deutlich erkennbar sein. Der Vertrag zwischen nahen Angehörigen müsse in allen wesentlichen Punkten dem Fremd- bzw. Drittvergleich standhalten. Das Vermögen sei der Klägerin zuzurechnen. Diese habe das Vermögen zwar erst nach dem Tod der Mutter für sich verwendet. Es hätte aber eine Kontovollmacht genügt, was den Beteiligten auch bekannt gewesen sei. Der Freistellungsauftrag belege die steuerrechtliche Zuordnung des Vermögens. Verbleibende Zweifel gingen nach der Spärentheorie zu Lasten der Klägerin. Die Rücknahme beruhe auf grob fahrlässigen Falschangaben, § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X.

Die Klägerin hat am 19.01.2009 Berufung eingelegt. Der Drittvergleich sei nicht anwendbar. Die Klägerin habe zu keiner Zeit Verfügungen über das DiBa-Konto vorgenommen. Die Schwerhörigkeit der Klägerin und der soziale Rückzug der Mutter seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Erklärung vom August 2000 sei eindeutig. Der Freistellungsauftrag sei lediglich pro forma von der Klägerin erteilt worden. Die Beweislast liege nicht bei der Klägerin.

Das Berufungsgericht hat die Klägerin unter Fristsetzung aufgefordert, Unterlagen zu den verschiedenen Konten vorzulegen. Die Klägerin hat daraufhin weitere Unterlagen übermittelt: Im Union-Investment-Fonds befanden sich Wertpapiere mit einem Wert zwischen 7.398,- und 7696,- Euro, wobei keine Unterlagen für die Zeit vor Oktober 2005 vorgelegt wurden. In der mündlichen Verhandlung am 21.07.2011 hat die Klägerin erklärt, dass die Wertpapiere bei Union-Inverstment für ihre Altersvorsorge angelegt worden seien. Sie habe für dieses Konto ihrer Mutter auch eine Vollmacht für den Fall ihres eigenen Todes ausgestellt. Nach den auszugsweise vorgelegten Kontoauszügen ihres Giro-Kontos erhielt die Klägerin aus der Auflösung ihres Kontos Nr. 0620579718 (gleiche Hauptnummer wie ihr Girokonto) am 02.08.2005 einen Betrag von 10.230,85 Euro. Die Sparda-Bank hat die Auflösung dieses Kontos bestätigt. Am 19.08.2005 gingen vom Giro-Konto 5.000,- Euro an die Klägerin und weitere 5.000,- Euro an ein Konto der Klägerin bei der CC-Bank.

Später hat die Klägerin weitere Teile der Auszüge ihres Girokontos übersandt. Danach überwies sie am 07.03.2006 einen Betrag von 10.000,- Euro an ihre Tochter und hob selbst 8.000,- Euro ab. Vorgelegt wurde ein Bruchstück einer Küchenrechnung mit der Klägerin als Bestellerin. Laut Klägerin handele es sich um eine Küche für ihre Tochter.

Der Beklagte hat nach Hinweis des Gerichts ein Teilanerkenntnis erklärte, dass abzüglich der Rentenversicherungsbeiträge nur mehr 3.742,95 Euro zu erstatten seien. Das Teilanerkenntnis wurde nicht angenommen. Der Beklagte führte im Juli 2011 ein separates Anhörungsverfahren zur Rücknahme der Bewilligung nach § 45 SGB X durch.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.12.2008 und den Bescheid vom 20.06.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten und die Akten des Sozialgerichts und des Berufungsgerichts verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung ist nur zu einem Bruchteil begründet, weil der Beklagte die früheren Bewilligungen für die Zeit von 01.01.2005 bis 31.03.2006 nach § 45 SGB X zurücknehmen durfte. Die Klägerin hat auch das ihr gewährte Arbeitslosengeld II gemäß § 50 Abs. 1 SGB II vollständig zu erstatten. Die Erstattung ist nicht durch § 40 Abs. 2 SGB II eingeschränkt. Lediglich die Rentenversicherungsbeiträge hat die Klägerin - entsprechend dem Teilanerkenntnis - nicht zu erstatten.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein ursprünglich rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. In diesem Fall kann die Bewilligung gemäß § 45 Abs. 4 S. 1 SGB X auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X muss die Rücknahme innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigen, erfolgen. Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II ist § 330 Abs. 2 SGB III anwendbar, so dass es sich bei einer Rücknahme nach § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X um eine gebundene Entscheidung (ohne Ermessen) handelt.

Die Bewilligungen von Arbeitslosengeld II waren schon beim Erlass der Bewilligungsbescheide rechtswidrig. Die Klägerin war nicht hilfebedürftig nach § 9 SGB II. Das Vermögen auf den Geldkonten ist der Klägerin zuzurechnen und es überstieg fortlaufend ihren Vermögensfreibetrag von maximal 10.750,- Euro (200,- Euro mal 50 Jahre plus 750,- Euro nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 4 SGB II in der bis 31.07.2006 gültigen Fassung).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genügt der Rechtsschein der Kontoinhaberschaft nicht, um Vermögen zuzuordnen. Es ist vielmehr anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob tatsächlich und gegebenenfalls mit welchem Inhalt eine Treuhandvereinbarung vorliegt (BSG, Urteil vom 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R und BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R).

Gegen die Treuhand sprechen hier die nicht nachgewiesene Herkunft der Gelder, der Wechsel nur zwischen den Konten der Klägerin, die eindeutige Zuordnung des Kontos bei der Union-Investment zur Klägerin, der Zinsfreistellungsauftrag der Klägerin, dass keine sachliche Notwendigkeit für die Treuhand erkennbar ist und die nur bruchstückhafte Informationspreisgabe durch die Klägerin.

Für die Treuhand spricht hier lediglich die Bestätigung vom August 2000. Diese Bestätigung lässt jedoch keinerlei Rückschlüsse zu, um welche Vermögenswerte es sich handelte. Sie spricht nur von "Wertanlagen". Wenn dies umfassend gemeint wäre, müsste auch die private Rentenversicherung der Klägerin und ihr Sparbuch ihrer Mutter zugerechnet werden. Beides hat nicht einmal die Klägerin behauptet.

Es wäre dann als nächstes darauf angekommen, zumindest die Herkunft der Gelder auf den Konten der Klägerin der Mutter der Klägerin zuzuordnen. Dies ist bei keinem Konto erfolgt. Die ursprüngliche Einzahlung auf das DiBa-Konto von 20.000,- Euro ist nur als Gutschrift der Klägerin bezeichnet. Von diesem DiBa-Konto gingen 10.000,- Euro am 28.09.2004 an die Klägerin selbst. Der weitere Verbleib dieses Geldes ist unklar. Am 17.08.2005 wurden von dem Konto Nr. 0520-579718 der Klägerin (gleiche Endnummer wie ihr Girokonto) wieder 5.136,05 Euro auf das DiBa-Konto überwiesen. Am 22.08.2005 gingen weitere 5.000,- Euro auf dem DiBa-Konto ein unter dem Überweisungsvermerk "Gutschrift /Name der Klägerin". Eine Verbindung zur Mutter der Klägerin wurde damit nicht belegt.

Belegt wurde, dass das Konto bei der Nordfinanz-Bank (Festgeld 5.000,- Euro) zum 15.06.2004 aufgelöst wurde. Wohin das Geld ging ist unklar. Es ging insbesondere nicht auf das Konto bei der DiBa, auf dem sich damals schon 20.000,- Euro befanden. Es waren daher zu dieser Zeit insgesamt mindestens 25.000,- Euro vorhanden, deren weiterer Verbleib offen ist.

Die Aussagen der Klägerin waren teilweise auch in sich widersprüchlich. Zunächst behauptete sie im Verwaltungsverfahren, dass es sich um Gelder der Mutter für Notfälle, etwa Bestattungskosten, handle. In der mündlichen Verhandlung am 21.07.2011 hat sie aber zugegeben, dass es sich bei den rund 7.400,- Euro bei der Union-Investment um Geld für ihre eigene Altersvorsorge handelte. Das erschüttert nicht nur die vormalige Behauptung, sondern belegt auch, dass zumindest dieses Geld ausschließlich der Klägerin zur Verfügung stehen sollte.

Nicht erklärbar ist, dass die Klägerin im März 2006 18.000,- Euro für eine auf ihren Namen bestellte Küche ausgab und das Konto bei der DiBa am 30.06.2006 trotzdem ein Guthaben von 27.343,43 Euro auswies.

Der von der Klägerin behauptete Zweck der Treuhand ist kaum nachvollziehbar. Der angelegte Betrag lag weit über dem, was für eine Beerdigung nötig war. Dies zeigt auch der Kauf der Küche für 18.000,- Euro kurz nach dem Tod der Mutter. Außerdem hätte es der Vermögensübertragung auf die Klägerin nicht bedurft, da die Klägerin Alleinerbin war. Es hätte eine postmortale Kontovollmacht genügt, um Verzögerungen zu vermeiden, bis die Bank die Alleinerbenstellung anerkennt. Der Mutter und der Klägerin war die Konstruktion mit Kontovollmachten, auch postmortalen, vertraut - die Mutter hatte laut dem Vortrag der Klägerin eine derartige Kontovollmacht für das Konto der Klägerin bei der Union-Investment.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Umstände des Falles gegen das Bestehen einer Treuhand sprechen und das Vermögen der Klägerin zuzurechnen ist. Damit war sie nicht hilfebedürftig und die Bewilligungsbescheide sind ursprünglich rechtswidrig.

Die Klägerin hat keinen Vertrauensschutz, weil die Bewilligungen nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X auf Angaben beruhten, die von der Klägerin zumindest grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig gemacht wurden. Zumindest für das Konto bei der Union-Investment ist von vorsätzlichem Verschweigen auszugehen. Sie hätte auf die eindeutigen Fragen in den Antragsformularen zum Vermögen die auf ihren Namen laufenden Konten mitteilen müssen. Die Mitteilungspflicht ergibt sich aus § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I. Dies gilt selbst dann, wenn sie zu der Zurechnung des Vermögens eine andere Meinung vertrat. Sie durfte ihre persönliche Meinung nicht einfach an die Stelle der behördlichen Prüfung stellen.

Die Klägerin war auch persönlich zu dieser Sorgfalt in der Lage (subjektiver Maßstab bei der Fahrlässigkeit, vgl. von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 45 Rn. 52). Sie hätte die eindeutigen Fragen nach Vermögen im Antragsformular richtig beantworten können. Ihr war auch die Möglichkeit der Kontovollmachten bekannt, die sie selbst auch ihrer Mutter einräumte. Ihre Schwerhörigkeit hatte auf die Angaben gegenüber dem Beklagten und auf den schriftlichen Umgang mit den Geldkonten keinerlei Einfluss. Die Klägerin hat im gesamten Verfahren gezeigt, dass sie sehr gut in der Lage ist, Interessen einzuschätzen und schriftliche Vorgänge zu verstehen. Sie ist in keiner Weise "begriffsstutzig". Im Gerichtsverfahren hat sie nur kleine Bruchstücke an Informationen preisgegeben, soweit es ihr unvermeidbar erschien. Zum Teil wurden nur Ausschnitte einzelner Kontoauszüge vorgelegt. Als Alleinerbin ihrer Mutter und Inhaberin der fraglichen Konten hätte sie umfassende Unterlagen vorlegen können.

Die Fristen nach § 45 Abs. 3 und 4 SGB X wurden vom Beklagten eingehalten.

Nach dem Urteil des BSG vom 09.11.2010, B 4 AS 37/09 R, Rn. 13, muss die nach § 24 SGB X notwendige Anhörung auch zum subjektiven Tatbestand erfolgen. Die Anhörung zum subjektiven Tatbestand von § 45 SGB X wurde vom Beklagten während des Berufungsverfahrens nachgeholt.

Die Erstattungsforderung beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X. Sie wurde in Bezug auf das gewährte Arbeitslosengeld II korrekt berechnet. Die Rentenversicherungsbeiträge sind aber nicht zu erstatten. Die Verweisung in § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II auf § 335 Abs. 2 SGB III geht ins Leere, weil dort nicht die Erstattung der Rentenbeiträge durch den Leistungsempfänger geregelt wird, sondern ein Ersatz zwischen den Trägern, wenn eine Rente oder Rehabilitation gewährt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Reduzierung der Erstattungsforderung.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil keine Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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