Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AL 92/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 101/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Vorliegen der subjektiven Rücknahmevoraussetzungen, wenn der Antragsteller einen Leistungsantrag mit falschen Angaben "blind" unterschreibt, und zur Zurechnung von Verschulden desjenigen, der den Antrag für den Antragsteller ausgefüllt hat.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung und die Erstattung von Arbeitslosenhilfe und der zugehörigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 5.898,86 Euro.
Die Klägerin erhielt, nachdem sie sich zum 8. September 1997 arbeitslos gemeldet hatte, bis zu dessen Erschöpfung mit dem 6. September 1998 Arbeitslosengeld. Anschließend bewilligte ihr die Beklagte auf entsprechenden Antrag Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 7. September 1998 bis zum 6. September 1999 in Höhe von 14,02 DM täglich bei einem gerundeten Bemessungsentgelt von 610,00 DM wöchentlich und unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe D, des erhöhten Leistungssatzes und eines Anrechnungsbetrages von 69,29 DM wöchentlich (Leistungsbescheid vom 25. und Abhilfebescheid vom 30. September 1998, nachdem die Klägerin gegen einen auf das Einkommen ihres Ehemannes gestützten Ablehnungsbescheid vom 22. Juli 1998 Widerspruch eingelegt hatte). Ab 1. Januar 1999 passte die Beklagte die Höhe der Leistung an die neue Leistungsentgeltverordnung 1999 an und reduzierte den Leistungssatz auf 13,93 DM (Bescheid vom 13. Januar 1999). Nach Erkrankung der Klägerin und Ablauf des sechswöchigen Leistungsfortzahlungszeitraums hob die Beklagte die Bewilligung mit Wirkung ab 19. Mai 1999 auf (Bescheid vom 26. Mai 1999). Die Weiterbewilligung ab 22. Juni 1999 in unveränderter Höhe – nunmehr für die Zeit bis 6. September 2000 – erfolgte nach erneuter (Arbeitslosmeldung und) Antragstellung am 21. Juni 1999 durch Bescheid vom 29. Juni 1999. Anschließend reduzierte die Beklagte die bewilligten Leistungen zunächst für die Zeit ab 7. September 1999 wegen der Dynamisierung des Bemessungsentgelts – nunmehr gerundet nur noch 600,00 DM – auf 13,59 DM täglich (Bescheid vom 27. September 1999). Nachdem ihr die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung der Klägerin bekannt geworden war, senkte sie – wegen einer entsprechenden Erhöhung des Anrechnungsbetrages auf 88,91 DM wöchentlich – die Leistungen ab 1. Oktober 1999 auf 10,79 DM täglich (Bescheid vom 20. Oktober 1999); eine Überzahlung von 67,20 DM im Hinblick auf die zwischen dem 22. Juni und dem 30. September 1999 bereits erbrachten Zahlungen korrigierte sie durch eine entsprechend verringerte Auszahlung bei den Leistungen für November 1999. Eine weitere Absenkung auf 9,14 DM täglich ab 1. November 1999 folgte wegen einer Änderung des Kindermerkmals durch Bescheid vom 22. Oktober 1999, wurde durch Bescheid vom 3. Januar 2000 jedoch wieder korrigiert. Die Anpassung an die neue Leistungsentgeltverordnung 2000 hatte zur Folge, dass sich der Leistungssatz auf 11,58 DM täglich erhöhte (Bescheid vom 12. Januar 2000). Auf Grund eines Meldeversäumnisses erbrachte die Beklagte in der Zeit vom 7. Juni 2000 bis zum 13. Juni 2000 keine Leistungen. Ab 1. Juli 2000 senkte sie die Arbeitslosenhilfe auf 9,87 DM täglich, da sie von diesem Zeitpunkt an endgültig nur noch den allgemeinen Leistungssatz berücksichtigte (Bescheid vom 15. Juni 2000). Auf entsprechende Fortzahlungsanträge gewährte die Beklagte auch in der Folgezeit Arbeitslosenhilfe – mit einer Unterbrechung vom 19. Dezember 2001 bis 24. Juni 2002 wegen einer Erkrankung der Klägerin –, bis sie, da die Klägerin eine Beschäftigung gefunden hatte, ab 1. November 2002 die Leistungsbewilligung aufhob.
In den Leistungsanträgen aus dem Jahr 1998, vom 21. Juni 1999, 16. August 2000, 30. August 2001 – abgesehen von der Angabe eines Sparbuchs mit einem Guthaben von 7,77 DM, offenbar auf Nachfrage des den Antrag aufnehmenden Mitarbeiters der Beklagten –, 26. Juni 2002 und 29. August 2002 verneinte die Klägerin durchgängig alle Fragen nach eigenem Vermögen sowie nach Vermögen ihres Ehemannes. Aufgrund eines Datenaustauschs mit dem Finanzamt C. erfuhr die Beklagte im Sommer jedoch von Sparvermögen der Klägerin und ihres Ehemannes, wobei das Finanzamt diesbezüglich einen Betrag von 80.000,00 DM mitteilte (Überschneidungsmitteilung vom 30. Juni 2003).
Daraufhin nahm sie mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. September 2003 – wobei wegen der Berechnung der Überzahlung auf Bl. 134 ff. der Leistungsakte Bezug genommen wird – die Entscheidungen über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeiträume vom 7. September 1998 bis 18. Mai 1999, vom 22. Juni 1999 bis 18. Dezember 2001 und vom 25. Juni 2002 bis 31. Oktober 2002 zurück. Die Klägerin habe Arbeitslosenhilfe in Höhe von 7.941,51 Euro nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung von 3.054,85 Euro bzw. 234,19 Euro [insgesamt 11.230,55 Euro] zu erstatten.
Hiergegen legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 19. September 2003 Widerspruch ein. Sie habe nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Bei den gestellten Fragen zum Vermögen sei nicht eindeutig, ob diese sich auf das Vermögen im Inland oder Ausland bezögen. Das Zusatzblatt enthalte auch keine Belehrung darüber, dass nur bedürftige Personen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hätten und was unter "Bedürftigkeit" zu verstehen sei. Auch sei bei der Unterschrift am Ende des Antragsformulars nicht klar erkennbar, worauf diese sich beziehe. Schließlich sei die Klägerin Analphabetin.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 holte die Beklagte die Anhörung nach. Die Klägerin führte ergänzend aus, dass ihr Ehemann am 24. April 2003 verstorben sei und ihr bis zum Schreiben der Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass auf ihren Namen bei der D. Nationalbank Geld angelegt worden sei.
Die Beklagte half dem Widerspruch bei Zurückweisung im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2006 teilweise ab, beschränkte die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auf die Zeiträume vom 7. September 1998 bis 18. Mai 1999 sowie vom 22. Juni 1999 bis 3. September 2000 und forderte dementsprechend nur noch die Erstattung von Arbeitslosenhilfe in Höhe von 8.473,76 DM (4.332,56 Euro) und von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.727,43 DM (1.394,51 Euro) bzw. 335,99 DM (171,79 Euro), insgesamt 5.898,86 Euro. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten zu Beginn des Arbeitslosenhilfebezugs am 7. September 1998 über ein nicht angegebenes Vermögen von 80.000,00 DM verfügt. Bei der Bedürftigkeitsprüfung sei dieses nach Abzug eines Freibetrages für die Klägerin und ihren Ehemann von 16.000,00 DM mit insgesamt 64.000,00 DM zu berücksichtigen gewesen mit der Folge, dass bei einem maßgeblichen wöchentlichen Arbeitsentgelt von 610,00 DM ab dem 7. September 1998 für einen Zeitraum von 104 Wochen Bedürftigkeit und somit ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht bestanden habe. Dem Einwand der Klägerin gegen die Rücknahmeentscheidung, sie sei von ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann nicht über die Vermögensverhältnisse informiert worden, könne ebenso wenig gefolgt werden wie dem Einwand, sie habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt, weil sie Analphabetin und der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen sei und die Fragen nach dem Vermögen nicht verstanden habe. Soweit notwendig, habe sie sich einer der deutschen und türkischen Sprache mächtigen Person zur Erklärung der Fragen bedienen müssen. Versäumnisse dieser Person müsse sie sich ggf. zurechnen lassen. Wegen der Ausführungen im Merkblatt für Arbeitslose, deren Erhalt und Kenntnisnahme sie bestätigt habe, habe sie zudem wissen müssen, dass die Bewilligungen rechtswidrig gewesen seien. Wenn sie mangels Kenntnis der deutschen Sprache dieses Merkblatt nicht habe lesen können, sei sie zur Vermeidung grober Fahrlässigkeit verpflichtet gewesen, es sich übersetzen zu lassen.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. Januar 2006, eingegangen am 1. Februar 2006, hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben. Entgegen der Darstellung im Widerspruchsbescheid habe es sich bei dem berücksichtigten Vermögen um ein Einzelkonto des verstorbenen Ehemannes gehandelt, von dem sie nichts gewusst habe. Auf ihren Namen sei nur am 6. März 1999 ein Betrag von 30.000,00 DM (= 16.165,27 Euro) eingezahlt und mit Zinsen nach einem Monat wieder abgehoben worden. Konkrete Erinnerungen habe sie hieran nicht. Sie befinde sich wegen Depressionen seit 1998 in ständiger ärztlicher Behandlung. Zudem könne der Betrag, der auf ihren Namen eingezahlt worden sei, ihr nicht als Vermögen zugeordnet werden, da sie vor der Einzahlung der 30.000,00 DM zehn Jahre nicht gearbeitet habe. Zu dem Ansinnen der Beklagten, sie habe, wenn sie sich in Unkenntnis über die Vermögensverhältnisse in der Familie befunden habe, die entsprechenden Fragen offenlassen müssen, hat sie darauf verwiesen, dass sie Analphabetin sei und nicht gewusst habe, was ihr verstorbener Ehemann und seine Bekannte, die sämtlichen Schriftverkehr erledigt hätten, für sie ausgeführt hätten.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung verteidigt. Sie hat dazu auf eine zwischenzeitlich eingetroffene Auskunft des Finanzamts C ... nebst Ablichtungen von Einzahlungs- und Auszahlungsbelegen verwiesen; insoweit wird auf Bl. 25 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen. Danach stehe fest, dass die Klägerin am 7. September 1998 wegen der von ihrem Ehemann eingezahlten 50.000,00 DM und der auf ihren Namen eingezahlten 30.000,00 DM nicht bedürftig gewesen sei.
Das SG hat die Klage durch das angefochtene Urteil vom 1. Dezember 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das anrechenbare Vermögen von 64.000,00 DM habe nach Maßgabe von § 9 der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) in dem von der Beklagten festgestellten zeitlichen Umfang von 104 Wochen die Bedürftigkeit ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund seien die Bewilligungsentscheidungen auf der Grundlage von § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) – Arbeitsförderung – zurückzunehmen gewesen. Die Klägerin habe in Anträgen auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vorhandenes Vermögen nicht angegeben und insoweit eindeutig gestellte Fragen falsch beantwortet. Insoweit sei ihr auch zumindest grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin sei es nicht ausreichend, auf Unkenntnis über die Vermögensverhältnisse der Eheleute sowie auf fehlende Deutschkenntnisse bzw. darauf zu verweisen, dass sie Analphabetin sei. Gerade in einem solchen Fall hätte sie ihrerseits bei der Beklagten nachfragen müssen, bevor sie konkret und eindeutig gestellte Fragen unrichtig beantwortet. Ebenso könnten ausgehändigte Merkblätter mit Hinweisen zu leistungsrechtlichen Voraussetzungen nicht wegen sprachlicher Defizite ungelesen weggelegt werden. Auch hier müsse von einem Leistungsempfänger, der steuerfinanzierte Leistungen in Anspruch nehme, erwartet werden, dass er sich Kenntnis vom Inhalt des Merkblatts, ggf. mit Hilfe der Beklagten, verschaffe.
Die Klägerin hat, nach Zustellung des Urteils am 9. Mai 2011, mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18. Mai 2011, eingegangen bei Gericht am 20. Mai 2011, Berufung eingelegt. Dabei wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen und verweist wiederum darauf, dass sie weder Kenntnis von den Geldern gehabt noch den Bedürftigkeitsfragebogen selbst ausgefüllt oder unterzeichnet habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der zur Klägerin geführten Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zurückzuweisen. Das SG hat die zulässige Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid vom 9. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2006 ist nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung hinsichtlich der Bewilligungsbescheide vom 7. September 1998 und vom 29. Juni 1999 zutreffend auf §§ 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X gestützt. Danach ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt – wie die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe – zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die zunächst unterbliebene Anhörung (§ 24 SGB X) hat die Beklagte mit heilender Wirkung (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X) nachgeholt.
Die Beklagte ist zudem zutreffend davon ausgegangen, dass die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (zumindest) in der Zeit vom 7. September 1998 bis 18. Mai 1999 und in der Zeit vom 22. Juni 1999 bis 3. September 2000 rechtswidrig erfolgte, weil die Klägerin nicht bedürftig war.
Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe setzte § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in der insoweit während des gesamten Leistungszeitraums und bis zum 31. Dezember 2004 unveränderten Fassung (a.F.) voraus, dass der Arbeitslose bedürftig war, er also seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritt oder bestreiten konnte und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreichte (§ 193 Abs. 1 SGB III a.F.). Nicht bedürftig war ein Arbeitsloser, solange die Erbringung von Arbeitslosenhilfe mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebte, nicht gerechtfertigt war (§ 193 Abs. 2 SGB III a. F.). Nach § 6 Abs. 1 der auf § 206 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a.F. bzw. § 137 Abs. 4 Arbeitsförderungsgesetz beruhenden Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) in der ab 1. April 1996 und damit in den hier streitigen Zeiträumen geltenden Fassung, war Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar war und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar war, jeweils 8.000,00 DM überstieg.
Hier ist davon auszugehen, dass der Klägerin und ihrem Ehemann bei Erstantragstellung am 7. September 1998 Vermögen im Umfang von zumindest 80.000,00 DM – eher mehr – zur Verfügung stand. Aus den teilweise von der Klägerin und teilweise über die Finanzbehörden zur Verfügung gestellten Unterlagen ergibt sich, dass der Ehemann der Klägerin am 21. April 1995 nach Auszahlung eines Kreditbriefes über 50.000,00 DM den entsprechenden Betrag sofort wieder einzahlte (vgl. auch zum Folgenden den Kontoauszug Bl. 20 der Gerichtsakte). Auf dieses Guthaben wurden im Jahre 1997 Zinsen in Höhe von 8.900,00 DM gutgeschrieben. Eine weitere Zinsgutschrift in Höhe von 8.246,00 DM erfolgte im Jahre 1999; der Betrag wurde von der Beklagten bei ihren Berechnungen allerdings gar nicht berücksichtigt. Dieses Guthaben und ein Teil der Zinsen blieben bis in das Jahr 2001 bestehen; erst dann wurden 40.000,00 DM ausgezahlt und 16.237,43 DM vorübergehend neu angelegt. Weiter ist aus den Unterlagen (Gerichtsakte Bl. 28) zu ersehen, dass auf den Namen der Klägerin im Jahre 1995 ein Betrag von 30.000,00 DM eingezahlt bzw. ein entsprechender Kreditbrief erworben wurde. Zum weiteren Verlauf dieser Anlage liegen Unterlagen nicht vor. Erst im Jahre 1999 ist wiederum eine Einzahlung von 30.000,00 DM auf den Namen der Klägerin sowie gleichzeitig eine Zinsgutschrift von 4.947,60 DM belegt (vgl. den Kontoauszug Bl. 34 der Gerichtsakte). Die Herkunft dieses Geldes und der Grund für die Zinsgutschrift sind von der Klägerin, die ja alle Geldgeschäfte ihrem Mann überlassen haben will, nicht erklärt worden; bis zur Vorlage der Einzahlungsunterlagen aus dem Jahre 1995 durch die Beklagte bzw. die Steuerbehörden hatte sie allerdings – ohne Vorbehalte wegen ihres beschränkten Wissenstandes zu formulieren – vorgetragen, auf ihren Namen habe nur für einen Monat im Jahre 1999 ein Guthaben in entsprechender Höhe bestanden.
Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Betrag der Klägerin bzw. ihrem Ehemann auch zum Zeitpunkt der Antragstellung zur Verfügung stand. Es ist zumindest sehr plausibel, dass die im Jahre 1999 neu angelegten Beträge und die Zinsen aus der Anlage aus dem Jahre 1995 herstammten, noch dazu da die Neuanlage genau vier Jahre nach der Erstanlage erfolgte, was mit einer wiederholten Anlage in Kreditbriefen mit ein- oder zweijähriger Laufzeit gut übereinstimmen würde. Eine weitere Aufklärung wäre nur bei entsprechendem Vortrag durch die Klägerin denkbar, die allerdings von den Geldanlagen nichts gewusst haben will. Eine Befragung des Ehemannes ist wegen seines Todes nicht mehr möglich. Unterlagen sind nach den Angaben der Klägerin bei ihr nicht vorhanden und im Hinblick auf die Aufbewahrungsfristen auch nicht mehr zu erlangen. Da es sich um Umstände handelt, die in der Sphäre der Klägerin liegen, und die Unaufklärbarkeit nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass sie keine Angaben zu dem Vermögen gemacht hat, obwohl sie der Beklagten gegenüber hierzu verpflichtet war und sich ggf. ein Verschulden ihres Ehemannes zurechnen lassen muss (dazu noch unten), tritt zu deren Gunsten eine Beweislastumkehr ein (vgl. dazu BSG, 24.05.2006 – B 11a AL 7/05 R). Es ist daher davon auszugehen, dass bei Antragstellung der Klägerin und ihrem Ehemann Vermögen von (mehr als) 80.000,00 DM zur Verfügung stand.
Abzüglich der Freibeträge ist somit von einem berücksichtigungsfähigen Vermögen von 64.000,00 DM auszugehen. Gründe, die zu einer Behandlung als Schonvermögen (§ 6 Abs. 3 AlhiV) führen könnten, sind von der Klägerin nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Soweit sie argumentiert, auch die auf ihren Namen angelegten Gelder seien nicht ihr zuzuordnen – sie habe gar nicht so viel verdient, dass dies möglich sein könne –, ist dieser Vortrag nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Da auch Vermögen des Ehemannes ihre Bedürftigkeit ausschließt, kann die exakte vermögensrechtliche Zuordnung zwischen beiden Eheleuten dahinstehen. Dass das Vermögen Dritten gehören könnte, ist weder behauptet worden noch sonst ersichtlich. Jedenfalls im Hinblick auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides kommt es daher auch von vornherein nicht darauf an, dass das Konto des Ehemannes – wie von der Klägerin wiederholt herausgestellt – als Einzelkonto geführt wurde.
Auf dieser Grundlage ist die Beklagte nach § 9 AlhiV in der maßgeblichen, ab 17. Oktober 1990 geltenden Fassung und unter Berücksichtigung des für die Arbeitslosenhilfe anfänglich maßgeblichen Bemessungs- bzw. Arbeitsentgelts von 610, DM zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin für (64.000,00 DM 610,00 DM/Woche =) 104 Wochen und damit für die Zeit vom 7. September 1998 bis 3. September 2000 nicht bedürftig war. Dass die Beklagte dabei die zwischenzeitlichen (und späteren) Zinserträge nicht berücksichtigt hat, wirkt sich nur zugunsten der Klägerin aus.
Die fehlerhafte Bewilligung beruhte darauf, dass die Klägerin das ihrem Ehegatten und ihr selbst zustehende Vermögen der Beklagten nicht mitgeteilt und entsprechende Fragen falsch beantwortet hatte, obwohl sie auf der Grundlage von § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I alle für die Leistungserbringung maßgeblichen Tatsachen anzugeben hatte.
Auch die subjektiven Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit, also grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz hinsichtlich der unzutreffenden Angaben, sind gegeben. Grobe Fahrlässigkeit liegt entsprechend der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn die Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, wenn sie also auf Grund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen die Folgen ihres Tuns hätte erkennen können bzw. dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (vgl. für viele Steinwedel, Kass. Kommentar, § 45 SGB X Rdnr. 39 m. N. aus der st. Rspr.). Dabei ist ein subjektiver Maßstab anzulegen, also auf die persönliche Einsichts- und Kritikfähigkeit abzustellen. Die grobe Fahrlässigkeit muss sich allerdings nicht auf die Rechtswidrigkeit des Bescheides beziehen, sondern nur auf die unzutreffenden Angaben (Steinwedel, a.a.O., Rdnr. 38).
Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang im Widerspruchsverfahren zunächst gerügt, aus den auf dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" gestellten Fragen gehe nicht eindeutig hervor, ob auch Vermögen im Ausland erfasst sei. Diese Argumentation ist nicht tragfähig. Vielmehr enthielt der Fragebogen (und sonstige Unterlagen) gerade keinen Hinweis, der die Annahme erlaubt hätte, dass Auslandsvermögen nicht anzugeben wäre. Auch ist keinerlei sachlicher Grund erkennbar, warum hier eine Differenzierung geboten sei und dieses unberücksichtigt bleiben könnte. Eine nachvollziehbare Erklärung, warum sie – die den Fragebogen ja ohnehin gar nicht verstanden haben will – trotz der umfassenden Fragen nach unterschiedlichen Vermögensgegenständen davon ausgegangen sein könnte, sie dürfte im Ausland belegenes Vermögen bei den Antworten außer Acht lassen, hat die Klägerin nicht gegeben. Zudem hätte eine etwaige Unklarheit sie zu einer Nachfrage bei der Beklagten veranlassen müssen.
Weiter hat sich die Klägerin darauf berufen, auf dem Zusatzblatt seien der Begriff der Bedürftigkeit nicht erläutert und keine Hinweise darauf gegeben worden, dass nur bedürftige Personen einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hätten. Auch dies kann von vornherein nicht rechtfertigen, konkret gestellte Fragen falsch zu beantworten.
Gewichtiger ist das Argument, die Klägerin sei Analphabetin und habe den Fragebogen nicht verstanden und auch nicht selbst ausgefüllt. Grundsätzlich handelt jedoch auch derjenige in der Regel grob fahrlässig, der ein von einem anderen ausgefülltes Formular "blind" unterschreibt (Steinwedel, a.a.O., Rdnr. 40; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rdnr. 52). Insofern muss sich die Beklagte darauf verlassen können, dass ein Antragsteller, der in einem Formular gemachte Angaben durch seine Unterschrift abdeckt, die Fragen verstanden hat oder – wenn dies nicht der Fall ist – sein Unverständnis gegenüber der Behörde offenlegt. Tut er das nicht, sondern unterschreibt, ohne das Formular verstanden zu haben und sich mit Hilfe Dritter um Verständnis bemüht zu haben, ist ihm bei falschen Angaben regelmäßig grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren hat vortragen lassen, sie habe die Bedürftigkeitsfragebögen nicht unterzeichnet, hält der Senat dies für eine Schutzbehauptung. Dabei kommt es gar nicht darauf an, dass das Unterschriftszeichen auf den Bedürftigkeitsfragebögen dem von der Klägerin auch sonst verwendeten – etwa auf der im gerichtlichen Verfahren eingereichten Vollmacht – zumindest sehr stark ähnelt. Vor allem passt dieser Vortrag nicht zu der Aussage der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, sie könne zu dem Ausfüllen der Anträge nichts sagen, da sie davon nichts wisse. Wenn ihr Ehemann ihr etwas vorgelegt habe, was sie habe unterschreiben müssen, dann habe sie es eben unterzeichnet. Vor allem steht diese Behauptung im Gegensatz zu dem Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren, die Unterschrift zeige, dass die Antragstellerin Analphabetin sei.
Die Klägerin hat die unzutreffenden Angaben zudem dadurch erklärt, dass sie von den Guthaben gar nichts gewusst haben will. Dieser Vortrag steht in einem Spannungsverhältnis dazu, dass die Klägerin ja auch die Antragsformblätter gar nicht selbst ausgefüllt, sondern dies vollständig ihrem Ehemann (und dessen Bekannte) überlassen haben will. Warum es unter diesen Umständen zu unzutreffende Angaben kommen konnte – nachdem dem Ehemann die Geldanlagen zweifellos bekannt waren –, bleibt unerklärt.
Weiter hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass sie sich auch nur in Ansätzen darum bemüht hätte zu verstehen, welche Erklärungen gegenüber der Behörde sie durch ihre Unterschrift deckt und ob sie diesbezüglich bei ihrem Ehemann wegen der sachlichen Richtigkeit zumindest nachgefragt hat. Wenn die Klägerin daher entsprechend ihrem Vortrag das Ausfüllen vollständig ihrem Ehemann (und dessen Bekannte) überlassen haben sollte, ohne sich der Richtigkeit der Angaben zu vergewissern oder auf ihre Unkenntnis hinzuweisen, dürfte sich bereits daraus ein eigenes qualifiziertes Verschulden der Kläger ergeben.
Dass sie angesichts der vergleichsweise hohen Beträge nicht die geringste Ahnung davon gehabt haben soll, dass entsprechendes Vermögen zur Verfügung stand, erscheint schließlich auch unter Berücksichtigung einer entsprechenden Rollenverteilung in der Familie und der von ihr vorgetragenen Depressionen wenig wahrscheinlich.
Ausgehend von dem Vortrag der Klägerin ergeben sich die subjektiven Rücknahmevoraussetzungen zudem und insbesondere daraus, dass sie sich die falschen Angaben ihres Ehemannes zurechnen lassen muss. Bei diesem ist sogar von vorsätzlichem Handeln auszugehen, wenn er (und seine Bekannte) sowohl den Schriftverkehr mit der Beklagten geführt bzw. die Anträge ausgefüllt als auch die finanziellen Angelegenheiten geregelt hat, wie das von der Klägerin behauptet wird. Eine entsprechende Verschuldenszurechnung kommt in Betracht, wenn der Dritte im Rahmen einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht oder auf Grund gesetzlicher Vertretungsmacht unzutreffende Angaben macht (vgl. LSG Nds.-Bremen, 10.08.2011 L 15 AS 1036/09; Bay. LSG, 01.07.2010 – L 11 AS 162/09; Hess. LSG, 28.08.2009 L 5 R 341/05). Nun ist der Ehemann im vorliegenden Falle zwar nicht gegenüber der Beklagten und damit nach außen als Vertreter der Klägerin aufgetreten. Eine Verschuldenszurechnung ist aber auch dann geboten, wenn derjenige, der eine Erklärung gegenüber einer Behörde abzugeben hat, sich dabei und insbesondere bei der Ausfüllung von Formularen fremder Hilfe bedient; dies gilt umso mehr, wenn – wie vorliegend behauptet – der Anspruchsteller den gesamten geschäftlichen Verkehr einem Dritten überlässt, so dass dieser (und nur dieser) über die wesentlichen Informationen verfügt und der Anspruchsteller selbst (nur) die Erklärung durch seine Unterschrift nach außen verantwortet. Das BVerwG (25.04.1985 – xxxxx) ist – im Rahmen von § 44 SGB X – dementsprechend davon ausgegangen, von der Ehefrau des dortigen Klägers und Leistungsberechtigten abgegebene Erklärungen könnten diesem als eigene zugerechnet werden, wenn er bei Antragstellung von ihnen ausdrücklich Kenntnis genommen und sie bewusst zur Grundlage der Bearbeitung seines Antrages gemacht habe. Gleiches muss gelten, wenn der Antragsteller ein von seinem Ehepartner ausgefülltes Formblatt ungeprüft, aber durch seine Unterschrift gedeckt an die Behörde weiterleitet, weil er geschäftliche Dinge regelmäßig diesem überlässt.
Im Ergebnis durfte sich die Beklagte darauf verlassen, dass Angaben zu Tatsachen, nach denen sie konkret und unmissverständlich gefragt hatte, zutreffend erfolgten und sich die Erklärende – die sich die Angaben durch ihre Unterschrift zu eigen gemacht und die Richtigkeit der Angaben versichert hatte – nicht hinterher darauf zurückziehen kann, sie habe weder die Fragen verstanden noch Kenntnisse über die abgefragten Sachverhalte gehabt. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang allerdings gerügt, der Bezug der Unterschrift sei unklar, über der Unterschrift ständen nämlich vier Sätze. Dabei ist schon nicht recht nachvollziehbar, warum sich die Unterschrift und die damit verbundene Erklärung nicht auf mehrere Sätze soll beziehen können. Zudem übersieht sie, dass sie auf dem Zusatzblatt Bedürftigkeitsprüfung die Versicherung der Richtigkeit der entsprechenden Angaben jeweils noch einmal eigenständig gezeichnet hat.
Sonstige Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung bestehen nicht, insbesondere sind die Fristen aus § 45 Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 S. 2 SGB X gewahrt.
Die Aufhebung der Änderungsbescheide vom 13. Januar 1999, 27. September 1999, 20. Oktober 1999, 12. Januar 2000 und vom 15. Juni 2000 hätte die Beklagte allerdings auf § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X stützen müssen. Mit diesen hat die Beklagte nur die Leistungshöhe an veränderte Umstände – etwa die Geltung einer neuen Leistungsentgeltverordnung – angepasst. Wegen des eingeschränkten Regelungsgehalts sind derartige Anpassungsbescheide nur dann rechtswidrig, wenn die Anpassung selbst fehlerhaft ist, nicht aber, wenn die Leistungsbewilligung als solche rechtswidrig ist (vgl. auch zum Folgenden BSG, 15.08.2002 – B 7 AL 38/01 R). In diesem Fall tritt hinsichtlich der Folgebescheide erst mit der Rücknahme des rechtswidrigen Ausgangsbescheides eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ein.
Der daraus resultierende Fehler der Beklagten bei der Wahl der Rechtsgrundlage ist im Ergebnis jedoch unschädlich. Der Aufhebungsbescheid ändert sich dadurch in seinem Verfügungssatz nicht. Er wird lediglich auf eine andere Rechtsgrundlage – statt auf § 330 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X auf § 330 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X – gestützt. Da beide zu Korrekturentscheidungen ohne Ermessensspielraum führen, ist die damit einhergehende Änderung der Begründung des Bescheides unproblematisch.
Bei Folgebescheiden muss sich in der Konsequenz der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auf den Ausgangsbescheid über die Leistungsbewilligung dem Grunde nach beziehen, so dass trotz der Auswechslung der Rechtsgrundlage die Voraussetzungen für eine Aufhebung auch des Folgebescheides vorliegen.
Der Erstattungsanspruch hinsichtlich der Arbeitslosenhilfe selbst ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Rechenfehler der Beklagten – jedenfalls zu Ungunsten der Klägerin – sind nicht erkennbar.
Vom 7. September 1998 bis 31. Dezember 1998 hat die Klägerin an 116 Tagen Leistungen in Höhe von 14,02 DM, insgesamt also 1.626,32 DM, und vom 1. Januar bis zum 18. Mai 1999 an 138 Tagen Leistungen in Höhe von 13,93 DM, also insgesamt 1.922,34 DM, erhalten.
In der Zeit vom 22. Juni bis zum 6. September 1999 zahlte die Beklagte an 77 Tagen nochmals einen Leistungssatz von 13,93 DM, also 1.072,61 DM, und vom 7. September bis zum 30. September 1999 an 24 Tagen 13,59 DM, also 326,16 DM. Wegen der Erhöhung des anzurechnenden Einkommens auf Grund der Nebenbeschäftigung der Klägerin ging die Beklagte jedoch davon aus, dass es zu einer Überzahlung in Höhe von 67,20 DM gekommen sei und zahlte in der Folgezeit entsprechend verminderte Leistungen aus. Für den Oktober 1999 erbrachte sie dann für 31 Tage Leistungen in Höhe von 10,79 DM, also 334,49 DM, und für November und Dezember 1999 für 61 Tage Leistungen in Höhe von 10,79 DM, also 658,19 DM (wobei sie wegen des überzahlten Betrages von 67,20 DM nur 590,99 DM anwies). Insgesamt erhielt die Klägerin also in der Zeit vom 22. Juni 1999 bis zum 31. Dezember 1999 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 2.324,25 DM. Tatsächlich berücksichtigte die Beklagte bei der Berechnung der Erstattungssumme (vgl. Leistungsakte Bl. 223) nur einen Betrag von 2.257,05 DM. Das entspricht einer in einem Zahlungsnachweis vom 12. Januar 2000 ausgewiesenen Korrektur der der Klägerin nach Auffassung der Beklagten rechtmäßig zustehenden Leistungen, wobei insofern der Überzahlungsbetrag von 67,20 DM zweifach berücksichtigt worden sein könnte. Da ein entsprechender Rechenfehler der Klägerin günstig ist, muss dem nicht weiter nachgegangen werden. In der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2000 erhielt die Klägerin – wegen der Unterbrechung durch die Säumniszeit vom 7. bis zum 13. Juni 2000 – für 175 Tage Leistungen in Höhe von 11,58 DM, also 2.026,50 DM, und ab 1. Juli bis zum Ende des Rückforderungszeitraums für 65 Tage je 9,87 DM, also 641,55 DM, zusammen 2.668,05 DM.
Der von der Beklagten errechnete Rückforderungsbetrag von 8.473,76 DM bzw. 4.332,56 Euro ist damit nicht zu beanstanden, wegen des bei der Berechnung der Erstattungssumme wohl doppelt berücksichtigten Differenzbetrages aus der Zeit vom 22. Juni bis 30. September 1999 ist er möglicherweise zu Gunsten der Klägerin sogar zu niedrig angesetzt.
Die Pflicht der Klägerin zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung ergibt sich aus § 335 Abs. 1 bzw. Abs. 5 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Die Streichung des unrechtmäßigen Bezugs von Arbeitslosenhilfe als Anknüpfungspunkt für die Erstattung von Beiträgen wegen des Wegfalls dieser Leistungsart ab 1. Januar 2005 steht einer Anwendung der Vorschrift in der alten Fassung für frühere Leistungszeiträume nicht im Wege (BSG, 07.10.2009 – B 11 AL 31/08 R – und BSG, 18.05.2010 – B 7 AL 16/09 R). Rechenfehler zu Lasten der Klägerin sind dabei wiederum nicht ersichtlich. Allenfalls hat die Beklagte (wohl) wiederum die Überzahlung von 67,20 DM bzw. die darauf entrichteten Beiträge zweifach berücksichtigt. Da auch dies der Klägerin nützt, mag dies auf sich beruhen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung und die Erstattung von Arbeitslosenhilfe und der zugehörigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 5.898,86 Euro.
Die Klägerin erhielt, nachdem sie sich zum 8. September 1997 arbeitslos gemeldet hatte, bis zu dessen Erschöpfung mit dem 6. September 1998 Arbeitslosengeld. Anschließend bewilligte ihr die Beklagte auf entsprechenden Antrag Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 7. September 1998 bis zum 6. September 1999 in Höhe von 14,02 DM täglich bei einem gerundeten Bemessungsentgelt von 610,00 DM wöchentlich und unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe D, des erhöhten Leistungssatzes und eines Anrechnungsbetrages von 69,29 DM wöchentlich (Leistungsbescheid vom 25. und Abhilfebescheid vom 30. September 1998, nachdem die Klägerin gegen einen auf das Einkommen ihres Ehemannes gestützten Ablehnungsbescheid vom 22. Juli 1998 Widerspruch eingelegt hatte). Ab 1. Januar 1999 passte die Beklagte die Höhe der Leistung an die neue Leistungsentgeltverordnung 1999 an und reduzierte den Leistungssatz auf 13,93 DM (Bescheid vom 13. Januar 1999). Nach Erkrankung der Klägerin und Ablauf des sechswöchigen Leistungsfortzahlungszeitraums hob die Beklagte die Bewilligung mit Wirkung ab 19. Mai 1999 auf (Bescheid vom 26. Mai 1999). Die Weiterbewilligung ab 22. Juni 1999 in unveränderter Höhe – nunmehr für die Zeit bis 6. September 2000 – erfolgte nach erneuter (Arbeitslosmeldung und) Antragstellung am 21. Juni 1999 durch Bescheid vom 29. Juni 1999. Anschließend reduzierte die Beklagte die bewilligten Leistungen zunächst für die Zeit ab 7. September 1999 wegen der Dynamisierung des Bemessungsentgelts – nunmehr gerundet nur noch 600,00 DM – auf 13,59 DM täglich (Bescheid vom 27. September 1999). Nachdem ihr die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung der Klägerin bekannt geworden war, senkte sie – wegen einer entsprechenden Erhöhung des Anrechnungsbetrages auf 88,91 DM wöchentlich – die Leistungen ab 1. Oktober 1999 auf 10,79 DM täglich (Bescheid vom 20. Oktober 1999); eine Überzahlung von 67,20 DM im Hinblick auf die zwischen dem 22. Juni und dem 30. September 1999 bereits erbrachten Zahlungen korrigierte sie durch eine entsprechend verringerte Auszahlung bei den Leistungen für November 1999. Eine weitere Absenkung auf 9,14 DM täglich ab 1. November 1999 folgte wegen einer Änderung des Kindermerkmals durch Bescheid vom 22. Oktober 1999, wurde durch Bescheid vom 3. Januar 2000 jedoch wieder korrigiert. Die Anpassung an die neue Leistungsentgeltverordnung 2000 hatte zur Folge, dass sich der Leistungssatz auf 11,58 DM täglich erhöhte (Bescheid vom 12. Januar 2000). Auf Grund eines Meldeversäumnisses erbrachte die Beklagte in der Zeit vom 7. Juni 2000 bis zum 13. Juni 2000 keine Leistungen. Ab 1. Juli 2000 senkte sie die Arbeitslosenhilfe auf 9,87 DM täglich, da sie von diesem Zeitpunkt an endgültig nur noch den allgemeinen Leistungssatz berücksichtigte (Bescheid vom 15. Juni 2000). Auf entsprechende Fortzahlungsanträge gewährte die Beklagte auch in der Folgezeit Arbeitslosenhilfe – mit einer Unterbrechung vom 19. Dezember 2001 bis 24. Juni 2002 wegen einer Erkrankung der Klägerin –, bis sie, da die Klägerin eine Beschäftigung gefunden hatte, ab 1. November 2002 die Leistungsbewilligung aufhob.
In den Leistungsanträgen aus dem Jahr 1998, vom 21. Juni 1999, 16. August 2000, 30. August 2001 – abgesehen von der Angabe eines Sparbuchs mit einem Guthaben von 7,77 DM, offenbar auf Nachfrage des den Antrag aufnehmenden Mitarbeiters der Beklagten –, 26. Juni 2002 und 29. August 2002 verneinte die Klägerin durchgängig alle Fragen nach eigenem Vermögen sowie nach Vermögen ihres Ehemannes. Aufgrund eines Datenaustauschs mit dem Finanzamt C. erfuhr die Beklagte im Sommer jedoch von Sparvermögen der Klägerin und ihres Ehemannes, wobei das Finanzamt diesbezüglich einen Betrag von 80.000,00 DM mitteilte (Überschneidungsmitteilung vom 30. Juni 2003).
Daraufhin nahm sie mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. September 2003 – wobei wegen der Berechnung der Überzahlung auf Bl. 134 ff. der Leistungsakte Bezug genommen wird – die Entscheidungen über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeiträume vom 7. September 1998 bis 18. Mai 1999, vom 22. Juni 1999 bis 18. Dezember 2001 und vom 25. Juni 2002 bis 31. Oktober 2002 zurück. Die Klägerin habe Arbeitslosenhilfe in Höhe von 7.941,51 Euro nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung von 3.054,85 Euro bzw. 234,19 Euro [insgesamt 11.230,55 Euro] zu erstatten.
Hiergegen legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 19. September 2003 Widerspruch ein. Sie habe nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Bei den gestellten Fragen zum Vermögen sei nicht eindeutig, ob diese sich auf das Vermögen im Inland oder Ausland bezögen. Das Zusatzblatt enthalte auch keine Belehrung darüber, dass nur bedürftige Personen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hätten und was unter "Bedürftigkeit" zu verstehen sei. Auch sei bei der Unterschrift am Ende des Antragsformulars nicht klar erkennbar, worauf diese sich beziehe. Schließlich sei die Klägerin Analphabetin.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 holte die Beklagte die Anhörung nach. Die Klägerin führte ergänzend aus, dass ihr Ehemann am 24. April 2003 verstorben sei und ihr bis zum Schreiben der Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass auf ihren Namen bei der D. Nationalbank Geld angelegt worden sei.
Die Beklagte half dem Widerspruch bei Zurückweisung im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 2006 teilweise ab, beschränkte die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auf die Zeiträume vom 7. September 1998 bis 18. Mai 1999 sowie vom 22. Juni 1999 bis 3. September 2000 und forderte dementsprechend nur noch die Erstattung von Arbeitslosenhilfe in Höhe von 8.473,76 DM (4.332,56 Euro) und von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.727,43 DM (1.394,51 Euro) bzw. 335,99 DM (171,79 Euro), insgesamt 5.898,86 Euro. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten zu Beginn des Arbeitslosenhilfebezugs am 7. September 1998 über ein nicht angegebenes Vermögen von 80.000,00 DM verfügt. Bei der Bedürftigkeitsprüfung sei dieses nach Abzug eines Freibetrages für die Klägerin und ihren Ehemann von 16.000,00 DM mit insgesamt 64.000,00 DM zu berücksichtigen gewesen mit der Folge, dass bei einem maßgeblichen wöchentlichen Arbeitsentgelt von 610,00 DM ab dem 7. September 1998 für einen Zeitraum von 104 Wochen Bedürftigkeit und somit ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht bestanden habe. Dem Einwand der Klägerin gegen die Rücknahmeentscheidung, sie sei von ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann nicht über die Vermögensverhältnisse informiert worden, könne ebenso wenig gefolgt werden wie dem Einwand, sie habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt, weil sie Analphabetin und der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen sei und die Fragen nach dem Vermögen nicht verstanden habe. Soweit notwendig, habe sie sich einer der deutschen und türkischen Sprache mächtigen Person zur Erklärung der Fragen bedienen müssen. Versäumnisse dieser Person müsse sie sich ggf. zurechnen lassen. Wegen der Ausführungen im Merkblatt für Arbeitslose, deren Erhalt und Kenntnisnahme sie bestätigt habe, habe sie zudem wissen müssen, dass die Bewilligungen rechtswidrig gewesen seien. Wenn sie mangels Kenntnis der deutschen Sprache dieses Merkblatt nicht habe lesen können, sei sie zur Vermeidung grober Fahrlässigkeit verpflichtet gewesen, es sich übersetzen zu lassen.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. Januar 2006, eingegangen am 1. Februar 2006, hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben. Entgegen der Darstellung im Widerspruchsbescheid habe es sich bei dem berücksichtigten Vermögen um ein Einzelkonto des verstorbenen Ehemannes gehandelt, von dem sie nichts gewusst habe. Auf ihren Namen sei nur am 6. März 1999 ein Betrag von 30.000,00 DM (= 16.165,27 Euro) eingezahlt und mit Zinsen nach einem Monat wieder abgehoben worden. Konkrete Erinnerungen habe sie hieran nicht. Sie befinde sich wegen Depressionen seit 1998 in ständiger ärztlicher Behandlung. Zudem könne der Betrag, der auf ihren Namen eingezahlt worden sei, ihr nicht als Vermögen zugeordnet werden, da sie vor der Einzahlung der 30.000,00 DM zehn Jahre nicht gearbeitet habe. Zu dem Ansinnen der Beklagten, sie habe, wenn sie sich in Unkenntnis über die Vermögensverhältnisse in der Familie befunden habe, die entsprechenden Fragen offenlassen müssen, hat sie darauf verwiesen, dass sie Analphabetin sei und nicht gewusst habe, was ihr verstorbener Ehemann und seine Bekannte, die sämtlichen Schriftverkehr erledigt hätten, für sie ausgeführt hätten.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung verteidigt. Sie hat dazu auf eine zwischenzeitlich eingetroffene Auskunft des Finanzamts C ... nebst Ablichtungen von Einzahlungs- und Auszahlungsbelegen verwiesen; insoweit wird auf Bl. 25 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen. Danach stehe fest, dass die Klägerin am 7. September 1998 wegen der von ihrem Ehemann eingezahlten 50.000,00 DM und der auf ihren Namen eingezahlten 30.000,00 DM nicht bedürftig gewesen sei.
Das SG hat die Klage durch das angefochtene Urteil vom 1. Dezember 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das anrechenbare Vermögen von 64.000,00 DM habe nach Maßgabe von § 9 der Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) in dem von der Beklagten festgestellten zeitlichen Umfang von 104 Wochen die Bedürftigkeit ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund seien die Bewilligungsentscheidungen auf der Grundlage von § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) – Arbeitsförderung – zurückzunehmen gewesen. Die Klägerin habe in Anträgen auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vorhandenes Vermögen nicht angegeben und insoweit eindeutig gestellte Fragen falsch beantwortet. Insoweit sei ihr auch zumindest grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin sei es nicht ausreichend, auf Unkenntnis über die Vermögensverhältnisse der Eheleute sowie auf fehlende Deutschkenntnisse bzw. darauf zu verweisen, dass sie Analphabetin sei. Gerade in einem solchen Fall hätte sie ihrerseits bei der Beklagten nachfragen müssen, bevor sie konkret und eindeutig gestellte Fragen unrichtig beantwortet. Ebenso könnten ausgehändigte Merkblätter mit Hinweisen zu leistungsrechtlichen Voraussetzungen nicht wegen sprachlicher Defizite ungelesen weggelegt werden. Auch hier müsse von einem Leistungsempfänger, der steuerfinanzierte Leistungen in Anspruch nehme, erwartet werden, dass er sich Kenntnis vom Inhalt des Merkblatts, ggf. mit Hilfe der Beklagten, verschaffe.
Die Klägerin hat, nach Zustellung des Urteils am 9. Mai 2011, mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18. Mai 2011, eingegangen bei Gericht am 20. Mai 2011, Berufung eingelegt. Dabei wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen und verweist wiederum darauf, dass sie weder Kenntnis von den Geldern gehabt noch den Bedürftigkeitsfragebogen selbst ausgefüllt oder unterzeichnet habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der zur Klägerin geführten Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zurückzuweisen. Das SG hat die zulässige Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid vom 9. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2006 ist nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung hinsichtlich der Bewilligungsbescheide vom 7. September 1998 und vom 29. Juni 1999 zutreffend auf §§ 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X gestützt. Danach ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt – wie die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe – zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist formell rechtmäßig. Die zunächst unterbliebene Anhörung (§ 24 SGB X) hat die Beklagte mit heilender Wirkung (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X) nachgeholt.
Die Beklagte ist zudem zutreffend davon ausgegangen, dass die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (zumindest) in der Zeit vom 7. September 1998 bis 18. Mai 1999 und in der Zeit vom 22. Juni 1999 bis 3. September 2000 rechtswidrig erfolgte, weil die Klägerin nicht bedürftig war.
Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe setzte § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III in der insoweit während des gesamten Leistungszeitraums und bis zum 31. Dezember 2004 unveränderten Fassung (a.F.) voraus, dass der Arbeitslose bedürftig war, er also seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritt oder bestreiten konnte und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreichte (§ 193 Abs. 1 SGB III a.F.). Nicht bedürftig war ein Arbeitsloser, solange die Erbringung von Arbeitslosenhilfe mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebte, nicht gerechtfertigt war (§ 193 Abs. 2 SGB III a. F.). Nach § 6 Abs. 1 der auf § 206 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a.F. bzw. § 137 Abs. 4 Arbeitsförderungsgesetz beruhenden Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) in der ab 1. April 1996 und damit in den hier streitigen Zeiträumen geltenden Fassung, war Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar war und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar war, jeweils 8.000,00 DM überstieg.
Hier ist davon auszugehen, dass der Klägerin und ihrem Ehemann bei Erstantragstellung am 7. September 1998 Vermögen im Umfang von zumindest 80.000,00 DM – eher mehr – zur Verfügung stand. Aus den teilweise von der Klägerin und teilweise über die Finanzbehörden zur Verfügung gestellten Unterlagen ergibt sich, dass der Ehemann der Klägerin am 21. April 1995 nach Auszahlung eines Kreditbriefes über 50.000,00 DM den entsprechenden Betrag sofort wieder einzahlte (vgl. auch zum Folgenden den Kontoauszug Bl. 20 der Gerichtsakte). Auf dieses Guthaben wurden im Jahre 1997 Zinsen in Höhe von 8.900,00 DM gutgeschrieben. Eine weitere Zinsgutschrift in Höhe von 8.246,00 DM erfolgte im Jahre 1999; der Betrag wurde von der Beklagten bei ihren Berechnungen allerdings gar nicht berücksichtigt. Dieses Guthaben und ein Teil der Zinsen blieben bis in das Jahr 2001 bestehen; erst dann wurden 40.000,00 DM ausgezahlt und 16.237,43 DM vorübergehend neu angelegt. Weiter ist aus den Unterlagen (Gerichtsakte Bl. 28) zu ersehen, dass auf den Namen der Klägerin im Jahre 1995 ein Betrag von 30.000,00 DM eingezahlt bzw. ein entsprechender Kreditbrief erworben wurde. Zum weiteren Verlauf dieser Anlage liegen Unterlagen nicht vor. Erst im Jahre 1999 ist wiederum eine Einzahlung von 30.000,00 DM auf den Namen der Klägerin sowie gleichzeitig eine Zinsgutschrift von 4.947,60 DM belegt (vgl. den Kontoauszug Bl. 34 der Gerichtsakte). Die Herkunft dieses Geldes und der Grund für die Zinsgutschrift sind von der Klägerin, die ja alle Geldgeschäfte ihrem Mann überlassen haben will, nicht erklärt worden; bis zur Vorlage der Einzahlungsunterlagen aus dem Jahre 1995 durch die Beklagte bzw. die Steuerbehörden hatte sie allerdings – ohne Vorbehalte wegen ihres beschränkten Wissenstandes zu formulieren – vorgetragen, auf ihren Namen habe nur für einen Monat im Jahre 1999 ein Guthaben in entsprechender Höhe bestanden.
Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Betrag der Klägerin bzw. ihrem Ehemann auch zum Zeitpunkt der Antragstellung zur Verfügung stand. Es ist zumindest sehr plausibel, dass die im Jahre 1999 neu angelegten Beträge und die Zinsen aus der Anlage aus dem Jahre 1995 herstammten, noch dazu da die Neuanlage genau vier Jahre nach der Erstanlage erfolgte, was mit einer wiederholten Anlage in Kreditbriefen mit ein- oder zweijähriger Laufzeit gut übereinstimmen würde. Eine weitere Aufklärung wäre nur bei entsprechendem Vortrag durch die Klägerin denkbar, die allerdings von den Geldanlagen nichts gewusst haben will. Eine Befragung des Ehemannes ist wegen seines Todes nicht mehr möglich. Unterlagen sind nach den Angaben der Klägerin bei ihr nicht vorhanden und im Hinblick auf die Aufbewahrungsfristen auch nicht mehr zu erlangen. Da es sich um Umstände handelt, die in der Sphäre der Klägerin liegen, und die Unaufklärbarkeit nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass sie keine Angaben zu dem Vermögen gemacht hat, obwohl sie der Beklagten gegenüber hierzu verpflichtet war und sich ggf. ein Verschulden ihres Ehemannes zurechnen lassen muss (dazu noch unten), tritt zu deren Gunsten eine Beweislastumkehr ein (vgl. dazu BSG, 24.05.2006 – B 11a AL 7/05 R). Es ist daher davon auszugehen, dass bei Antragstellung der Klägerin und ihrem Ehemann Vermögen von (mehr als) 80.000,00 DM zur Verfügung stand.
Abzüglich der Freibeträge ist somit von einem berücksichtigungsfähigen Vermögen von 64.000,00 DM auszugehen. Gründe, die zu einer Behandlung als Schonvermögen (§ 6 Abs. 3 AlhiV) führen könnten, sind von der Klägerin nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Soweit sie argumentiert, auch die auf ihren Namen angelegten Gelder seien nicht ihr zuzuordnen – sie habe gar nicht so viel verdient, dass dies möglich sein könne –, ist dieser Vortrag nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Da auch Vermögen des Ehemannes ihre Bedürftigkeit ausschließt, kann die exakte vermögensrechtliche Zuordnung zwischen beiden Eheleuten dahinstehen. Dass das Vermögen Dritten gehören könnte, ist weder behauptet worden noch sonst ersichtlich. Jedenfalls im Hinblick auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides kommt es daher auch von vornherein nicht darauf an, dass das Konto des Ehemannes – wie von der Klägerin wiederholt herausgestellt – als Einzelkonto geführt wurde.
Auf dieser Grundlage ist die Beklagte nach § 9 AlhiV in der maßgeblichen, ab 17. Oktober 1990 geltenden Fassung und unter Berücksichtigung des für die Arbeitslosenhilfe anfänglich maßgeblichen Bemessungs- bzw. Arbeitsentgelts von 610, DM zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin für (64.000,00 DM 610,00 DM/Woche =) 104 Wochen und damit für die Zeit vom 7. September 1998 bis 3. September 2000 nicht bedürftig war. Dass die Beklagte dabei die zwischenzeitlichen (und späteren) Zinserträge nicht berücksichtigt hat, wirkt sich nur zugunsten der Klägerin aus.
Die fehlerhafte Bewilligung beruhte darauf, dass die Klägerin das ihrem Ehegatten und ihr selbst zustehende Vermögen der Beklagten nicht mitgeteilt und entsprechende Fragen falsch beantwortet hatte, obwohl sie auf der Grundlage von § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I alle für die Leistungserbringung maßgeblichen Tatsachen anzugeben hatte.
Auch die subjektiven Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit, also grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz hinsichtlich der unzutreffenden Angaben, sind gegeben. Grobe Fahrlässigkeit liegt entsprechend der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn die Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, wenn sie also auf Grund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen die Folgen ihres Tuns hätte erkennen können bzw. dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (vgl. für viele Steinwedel, Kass. Kommentar, § 45 SGB X Rdnr. 39 m. N. aus der st. Rspr.). Dabei ist ein subjektiver Maßstab anzulegen, also auf die persönliche Einsichts- und Kritikfähigkeit abzustellen. Die grobe Fahrlässigkeit muss sich allerdings nicht auf die Rechtswidrigkeit des Bescheides beziehen, sondern nur auf die unzutreffenden Angaben (Steinwedel, a.a.O., Rdnr. 38).
Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang im Widerspruchsverfahren zunächst gerügt, aus den auf dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" gestellten Fragen gehe nicht eindeutig hervor, ob auch Vermögen im Ausland erfasst sei. Diese Argumentation ist nicht tragfähig. Vielmehr enthielt der Fragebogen (und sonstige Unterlagen) gerade keinen Hinweis, der die Annahme erlaubt hätte, dass Auslandsvermögen nicht anzugeben wäre. Auch ist keinerlei sachlicher Grund erkennbar, warum hier eine Differenzierung geboten sei und dieses unberücksichtigt bleiben könnte. Eine nachvollziehbare Erklärung, warum sie – die den Fragebogen ja ohnehin gar nicht verstanden haben will – trotz der umfassenden Fragen nach unterschiedlichen Vermögensgegenständen davon ausgegangen sein könnte, sie dürfte im Ausland belegenes Vermögen bei den Antworten außer Acht lassen, hat die Klägerin nicht gegeben. Zudem hätte eine etwaige Unklarheit sie zu einer Nachfrage bei der Beklagten veranlassen müssen.
Weiter hat sich die Klägerin darauf berufen, auf dem Zusatzblatt seien der Begriff der Bedürftigkeit nicht erläutert und keine Hinweise darauf gegeben worden, dass nur bedürftige Personen einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hätten. Auch dies kann von vornherein nicht rechtfertigen, konkret gestellte Fragen falsch zu beantworten.
Gewichtiger ist das Argument, die Klägerin sei Analphabetin und habe den Fragebogen nicht verstanden und auch nicht selbst ausgefüllt. Grundsätzlich handelt jedoch auch derjenige in der Regel grob fahrlässig, der ein von einem anderen ausgefülltes Formular "blind" unterschreibt (Steinwedel, a.a.O., Rdnr. 40; Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rdnr. 52). Insofern muss sich die Beklagte darauf verlassen können, dass ein Antragsteller, der in einem Formular gemachte Angaben durch seine Unterschrift abdeckt, die Fragen verstanden hat oder – wenn dies nicht der Fall ist – sein Unverständnis gegenüber der Behörde offenlegt. Tut er das nicht, sondern unterschreibt, ohne das Formular verstanden zu haben und sich mit Hilfe Dritter um Verständnis bemüht zu haben, ist ihm bei falschen Angaben regelmäßig grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren hat vortragen lassen, sie habe die Bedürftigkeitsfragebögen nicht unterzeichnet, hält der Senat dies für eine Schutzbehauptung. Dabei kommt es gar nicht darauf an, dass das Unterschriftszeichen auf den Bedürftigkeitsfragebögen dem von der Klägerin auch sonst verwendeten – etwa auf der im gerichtlichen Verfahren eingereichten Vollmacht – zumindest sehr stark ähnelt. Vor allem passt dieser Vortrag nicht zu der Aussage der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, sie könne zu dem Ausfüllen der Anträge nichts sagen, da sie davon nichts wisse. Wenn ihr Ehemann ihr etwas vorgelegt habe, was sie habe unterschreiben müssen, dann habe sie es eben unterzeichnet. Vor allem steht diese Behauptung im Gegensatz zu dem Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren, die Unterschrift zeige, dass die Antragstellerin Analphabetin sei.
Die Klägerin hat die unzutreffenden Angaben zudem dadurch erklärt, dass sie von den Guthaben gar nichts gewusst haben will. Dieser Vortrag steht in einem Spannungsverhältnis dazu, dass die Klägerin ja auch die Antragsformblätter gar nicht selbst ausgefüllt, sondern dies vollständig ihrem Ehemann (und dessen Bekannte) überlassen haben will. Warum es unter diesen Umständen zu unzutreffende Angaben kommen konnte – nachdem dem Ehemann die Geldanlagen zweifellos bekannt waren –, bleibt unerklärt.
Weiter hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass sie sich auch nur in Ansätzen darum bemüht hätte zu verstehen, welche Erklärungen gegenüber der Behörde sie durch ihre Unterschrift deckt und ob sie diesbezüglich bei ihrem Ehemann wegen der sachlichen Richtigkeit zumindest nachgefragt hat. Wenn die Klägerin daher entsprechend ihrem Vortrag das Ausfüllen vollständig ihrem Ehemann (und dessen Bekannte) überlassen haben sollte, ohne sich der Richtigkeit der Angaben zu vergewissern oder auf ihre Unkenntnis hinzuweisen, dürfte sich bereits daraus ein eigenes qualifiziertes Verschulden der Kläger ergeben.
Dass sie angesichts der vergleichsweise hohen Beträge nicht die geringste Ahnung davon gehabt haben soll, dass entsprechendes Vermögen zur Verfügung stand, erscheint schließlich auch unter Berücksichtigung einer entsprechenden Rollenverteilung in der Familie und der von ihr vorgetragenen Depressionen wenig wahrscheinlich.
Ausgehend von dem Vortrag der Klägerin ergeben sich die subjektiven Rücknahmevoraussetzungen zudem und insbesondere daraus, dass sie sich die falschen Angaben ihres Ehemannes zurechnen lassen muss. Bei diesem ist sogar von vorsätzlichem Handeln auszugehen, wenn er (und seine Bekannte) sowohl den Schriftverkehr mit der Beklagten geführt bzw. die Anträge ausgefüllt als auch die finanziellen Angelegenheiten geregelt hat, wie das von der Klägerin behauptet wird. Eine entsprechende Verschuldenszurechnung kommt in Betracht, wenn der Dritte im Rahmen einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht oder auf Grund gesetzlicher Vertretungsmacht unzutreffende Angaben macht (vgl. LSG Nds.-Bremen, 10.08.2011 L 15 AS 1036/09; Bay. LSG, 01.07.2010 – L 11 AS 162/09; Hess. LSG, 28.08.2009 L 5 R 341/05). Nun ist der Ehemann im vorliegenden Falle zwar nicht gegenüber der Beklagten und damit nach außen als Vertreter der Klägerin aufgetreten. Eine Verschuldenszurechnung ist aber auch dann geboten, wenn derjenige, der eine Erklärung gegenüber einer Behörde abzugeben hat, sich dabei und insbesondere bei der Ausfüllung von Formularen fremder Hilfe bedient; dies gilt umso mehr, wenn – wie vorliegend behauptet – der Anspruchsteller den gesamten geschäftlichen Verkehr einem Dritten überlässt, so dass dieser (und nur dieser) über die wesentlichen Informationen verfügt und der Anspruchsteller selbst (nur) die Erklärung durch seine Unterschrift nach außen verantwortet. Das BVerwG (25.04.1985 – xxxxx) ist – im Rahmen von § 44 SGB X – dementsprechend davon ausgegangen, von der Ehefrau des dortigen Klägers und Leistungsberechtigten abgegebene Erklärungen könnten diesem als eigene zugerechnet werden, wenn er bei Antragstellung von ihnen ausdrücklich Kenntnis genommen und sie bewusst zur Grundlage der Bearbeitung seines Antrages gemacht habe. Gleiches muss gelten, wenn der Antragsteller ein von seinem Ehepartner ausgefülltes Formblatt ungeprüft, aber durch seine Unterschrift gedeckt an die Behörde weiterleitet, weil er geschäftliche Dinge regelmäßig diesem überlässt.
Im Ergebnis durfte sich die Beklagte darauf verlassen, dass Angaben zu Tatsachen, nach denen sie konkret und unmissverständlich gefragt hatte, zutreffend erfolgten und sich die Erklärende – die sich die Angaben durch ihre Unterschrift zu eigen gemacht und die Richtigkeit der Angaben versichert hatte – nicht hinterher darauf zurückziehen kann, sie habe weder die Fragen verstanden noch Kenntnisse über die abgefragten Sachverhalte gehabt. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang allerdings gerügt, der Bezug der Unterschrift sei unklar, über der Unterschrift ständen nämlich vier Sätze. Dabei ist schon nicht recht nachvollziehbar, warum sich die Unterschrift und die damit verbundene Erklärung nicht auf mehrere Sätze soll beziehen können. Zudem übersieht sie, dass sie auf dem Zusatzblatt Bedürftigkeitsprüfung die Versicherung der Richtigkeit der entsprechenden Angaben jeweils noch einmal eigenständig gezeichnet hat.
Sonstige Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung bestehen nicht, insbesondere sind die Fristen aus § 45 Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 S. 2 SGB X gewahrt.
Die Aufhebung der Änderungsbescheide vom 13. Januar 1999, 27. September 1999, 20. Oktober 1999, 12. Januar 2000 und vom 15. Juni 2000 hätte die Beklagte allerdings auf § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X stützen müssen. Mit diesen hat die Beklagte nur die Leistungshöhe an veränderte Umstände – etwa die Geltung einer neuen Leistungsentgeltverordnung – angepasst. Wegen des eingeschränkten Regelungsgehalts sind derartige Anpassungsbescheide nur dann rechtswidrig, wenn die Anpassung selbst fehlerhaft ist, nicht aber, wenn die Leistungsbewilligung als solche rechtswidrig ist (vgl. auch zum Folgenden BSG, 15.08.2002 – B 7 AL 38/01 R). In diesem Fall tritt hinsichtlich der Folgebescheide erst mit der Rücknahme des rechtswidrigen Ausgangsbescheides eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ein.
Der daraus resultierende Fehler der Beklagten bei der Wahl der Rechtsgrundlage ist im Ergebnis jedoch unschädlich. Der Aufhebungsbescheid ändert sich dadurch in seinem Verfügungssatz nicht. Er wird lediglich auf eine andere Rechtsgrundlage – statt auf § 330 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X auf § 330 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X – gestützt. Da beide zu Korrekturentscheidungen ohne Ermessensspielraum führen, ist die damit einhergehende Änderung der Begründung des Bescheides unproblematisch.
Bei Folgebescheiden muss sich in der Konsequenz der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auf den Ausgangsbescheid über die Leistungsbewilligung dem Grunde nach beziehen, so dass trotz der Auswechslung der Rechtsgrundlage die Voraussetzungen für eine Aufhebung auch des Folgebescheides vorliegen.
Der Erstattungsanspruch hinsichtlich der Arbeitslosenhilfe selbst ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Rechenfehler der Beklagten – jedenfalls zu Ungunsten der Klägerin – sind nicht erkennbar.
Vom 7. September 1998 bis 31. Dezember 1998 hat die Klägerin an 116 Tagen Leistungen in Höhe von 14,02 DM, insgesamt also 1.626,32 DM, und vom 1. Januar bis zum 18. Mai 1999 an 138 Tagen Leistungen in Höhe von 13,93 DM, also insgesamt 1.922,34 DM, erhalten.
In der Zeit vom 22. Juni bis zum 6. September 1999 zahlte die Beklagte an 77 Tagen nochmals einen Leistungssatz von 13,93 DM, also 1.072,61 DM, und vom 7. September bis zum 30. September 1999 an 24 Tagen 13,59 DM, also 326,16 DM. Wegen der Erhöhung des anzurechnenden Einkommens auf Grund der Nebenbeschäftigung der Klägerin ging die Beklagte jedoch davon aus, dass es zu einer Überzahlung in Höhe von 67,20 DM gekommen sei und zahlte in der Folgezeit entsprechend verminderte Leistungen aus. Für den Oktober 1999 erbrachte sie dann für 31 Tage Leistungen in Höhe von 10,79 DM, also 334,49 DM, und für November und Dezember 1999 für 61 Tage Leistungen in Höhe von 10,79 DM, also 658,19 DM (wobei sie wegen des überzahlten Betrages von 67,20 DM nur 590,99 DM anwies). Insgesamt erhielt die Klägerin also in der Zeit vom 22. Juni 1999 bis zum 31. Dezember 1999 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 2.324,25 DM. Tatsächlich berücksichtigte die Beklagte bei der Berechnung der Erstattungssumme (vgl. Leistungsakte Bl. 223) nur einen Betrag von 2.257,05 DM. Das entspricht einer in einem Zahlungsnachweis vom 12. Januar 2000 ausgewiesenen Korrektur der der Klägerin nach Auffassung der Beklagten rechtmäßig zustehenden Leistungen, wobei insofern der Überzahlungsbetrag von 67,20 DM zweifach berücksichtigt worden sein könnte. Da ein entsprechender Rechenfehler der Klägerin günstig ist, muss dem nicht weiter nachgegangen werden. In der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2000 erhielt die Klägerin – wegen der Unterbrechung durch die Säumniszeit vom 7. bis zum 13. Juni 2000 – für 175 Tage Leistungen in Höhe von 11,58 DM, also 2.026,50 DM, und ab 1. Juli bis zum Ende des Rückforderungszeitraums für 65 Tage je 9,87 DM, also 641,55 DM, zusammen 2.668,05 DM.
Der von der Beklagten errechnete Rückforderungsbetrag von 8.473,76 DM bzw. 4.332,56 Euro ist damit nicht zu beanstanden, wegen des bei der Berechnung der Erstattungssumme wohl doppelt berücksichtigten Differenzbetrages aus der Zeit vom 22. Juni bis 30. September 1999 ist er möglicherweise zu Gunsten der Klägerin sogar zu niedrig angesetzt.
Die Pflicht der Klägerin zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung ergibt sich aus § 335 Abs. 1 bzw. Abs. 5 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Die Streichung des unrechtmäßigen Bezugs von Arbeitslosenhilfe als Anknüpfungspunkt für die Erstattung von Beiträgen wegen des Wegfalls dieser Leistungsart ab 1. Januar 2005 steht einer Anwendung der Vorschrift in der alten Fassung für frühere Leistungszeiträume nicht im Wege (BSG, 07.10.2009 – B 11 AL 31/08 R – und BSG, 18.05.2010 – B 7 AL 16/09 R). Rechenfehler zu Lasten der Klägerin sind dabei wiederum nicht ersichtlich. Allenfalls hat die Beklagte (wohl) wiederum die Überzahlung von 67,20 DM bzw. die darauf entrichteten Beiträge zweifach berücksichtigt. Da auch dies der Klägerin nützt, mag dies auf sich beruhen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
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