Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 38 AL 256/06
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 6/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Es ist ermessensfehlerfrei, wenn die Bundesagentur gegenüber verjährten Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht geleisteter Beiträge zur Arbeitslosenversicherung die Einrede der Verjährung erhebt, sofern nicht fehlerhaftes Verwaltungshandeln vorlag.
2. Einem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge kann die Einrede der Verjährung auch dann entgegengehalten werden, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung nicht zu Beanstandungen geführt hat (Anschluss an BSG vom 29.07.2003, B 12 AL 1/02 R). Dies gilt auch im Falle von Kleinbetrieben mit bis zu 5 Mitarbeitern.
2. Einem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge kann die Einrede der Verjährung auch dann entgegengehalten werden, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung nicht zu Beanstandungen geführt hat (Anschluss an BSG vom 29.07.2003, B 12 AL 1/02 R). Dies gilt auch im Falle von Kleinbetrieben mit bis zu 5 Mitarbeitern.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Oktober 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.375,72 EUR fest- gesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Beiträgen.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Druckstudios in L. Der Betrieb wurde 1988 mit zwei festangestellten Arbeitnehmern gegründet. Bis 2004 waren in der Regel zwischen drei und fünf Arbeitnehmer beschäftigt; seither hat sich deren Zahl reduziert. Der Ehemann der Klägerin, der 1961 geborenen Herr A M (M.), ist seit 1988 als Geschäftsführer in dem Unternehmen tätig. Für ihn wurden seit dem 4. Juni 1988 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet.
Mit Schreiben an die Aa Schleswig-Holstein als Einzugsstelle vom 20. September 2005 beantragte der Steuerberater der Klägerin die Überprüfung der Versicherungspflicht von M. und fügte einen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung bei. Daraus ergab sich, dass der Betrieb auf den Namen der Klägerin eröffnet worden war, weil es M. aufgrund eines fehlenden Meisterbriefs nach den seinerzeit geltenden Rechtsvorschriften nicht möglich gewesen sei, selbst als Firmengründer aufzutreten. Die Initiative zur Firmengründung sei aber aufgrund entsprechender Vorbildung und Fachkenntnisse von M. ausgegangen. Nach Überprüfung stellte die Aa mit Bescheid vom 11. Juli 2006 die Versicherungsfreiheit von M. fest; der Bescheid ist nicht angefochten worden.
Am 17. Juli 2006 gingen bei der Aa Anträge der Klägerin auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege , Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab 4. Juni 1988 ein. In dem Erstattungsantrag gab die Klägerin an, dass am 18. August 2003 eine Prüfung der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) - betreffend den Prüfzeitraum 1. Januar 1999 bis 30. Juni 2003 - stattgefunden habe; Unterlagen hierüber sind bei der heutigen Deutschen Rentenversicherung Bund nicht mehr vorhanden.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2006 leitete die Aa die Erstattungsanträge in Bezug auf Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter. Mit Bescheiden vom 6. September 2006 - gerichtet wegen der Arbeitgeberbeiträge an die Klägerin und wegen der Arbeitnehmerbeiträge an M. - teilte die Beklagte mit, dass dem Erstattungsantrag jeweils für die Zeit vom 1. Dezember 2000 bis 30. Juni 2006 entsprochen werde (Erstattungsbetrag jeweils 10.681,97 EUR). Nachdem die Aa mitgeteilt habe, dass durch ihr Verschulden über den 2005 gestellten Überprüfungsantrag erst am 11. Juli 2006 abschließend entschieden worden sei, werte die Beklagte den Erstattungsantrag als im Jahre 2005 eingegangen. Für die Zeit vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 sei der Erstattungsanspruch verjährt.
Hiergegen erhoben M. am 11. September 2006 und die Klägerin am 13. September 2006 Widerspruch. Sie machten geltend, dass es sich bei dem Betrieb um einen Kleinbetrieb handele, bei dem es aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl ohne Weiteres möglich gewesen wäre, bereits bei der Anmeldung - spätestens jedoch bei der ersten Betriebsprüfung - die Versicherungsfreiheit von M. zu erkennen. Angesichts dessen dürfe die Beklagte sich nicht auf Verjährung berufen. Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 2. November 2006 als unbegründet zurück. Sie führte aus: Gemäß § 26 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) seien zu Unrecht entrichtete Beiträge grundsätzlich zu erstatten. Der Erstattungsanspruch verjähre jedoch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Sie - die Beklagte - dürfe sich hierauf berufen, also die Einrede der Verjährung geltend machen. Die Einrede sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Dies wäre nur der Fall, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln ihrer Behörde, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung beruhe. Keine dieser Stellen habe sich hier fehlerhaft verhalten. Insbesondere sei kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln darin zu sehen, dass bei Betriebsprüfungen die Beitragsentrichtung nicht beanstandet worden sei. Betriebsprüfungen hätten lediglich Kontrollfunktion; sie bezweckten nicht, die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit festzustellen. Auch Unkenntnis über das tatsächliche Bestehen der Versicherungsfreiheit sei kein Grund, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Dies sei vielmehr der typische Fall einer möglicherweise eingetretenen Verjährung.
Die Klägerin hat am 20. November 2006 bei dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Gleichzeitig hat M. gesondert Klage erhoben (Az. S 38 AL 255/06).
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen ausgeführt: Sie sei weiterhin der Auffassung, dass die Beklagte sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen dürfe, weil die Versicherungsfreiheit von M. im Rahmen der regelmäßigen Betriebsprüfungen hätte festgestellt werden können und müssen. Die Tatsachen, die im Statusfeststellungsverfahren zur Feststellung der Versicherungsfreiheit geführt hätten, seien bei den durchgeführten Betriebsprüfungen bekannt gewesen, zumal es sich um einen Betrieb mit seinerzeit nur drei Mitarbeitern gehandelt habe. Trotz inzwischen fehlender Unterlagen sei davon auszugehen, dass Betriebsprüfungen alle drei Jahre durchgeführt worden seien. Wenn 1992 eine Betriebsprüfung durchgeführt und dabei das Bestehen von Versicherungsfreiheit des M. übersehen worden sei, dürfe die Beklagte sich nicht auf Verjährung berufen. Unabhängig hiervon habe sie einen Erstattungsanspruch nach § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der mit Abschluss des Statusfeststellungsverfahrens entstanden und bis zu seiner Geltendmachung noch nicht verjährt sei. Die von der Beklagten benannte Verjährungsvorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sei mehrfach geändert worden; die heutige Fassung könne auf Beiträge, die vor Inkrafttreten der Vorschrift gezahlt worden seien, keine Anwendung finden. Der Erstattungsanspruch werde durch die Eigentumsgarantie (Art. 14 Grundgesetz [GG]) geschützt; ein rückwirkender Eingriff in diese Eigentumsposition sei unzulässig. Soweit die Aa und - ihr folgend - die Beklagte teilweise (für 2001) auf die Einrede der Verjährung verzichtet hätten, sei dies unzulässig. Auf die Erhebung der Einrede könne nicht nur zum Teil verzichtet werden. Zu beanstanden sei hilfsweise, dass die Beklagte zwar eine Erstattung für Dezember 2000 vorgenommen habe, nicht jedoch für das ganze Jahr 2000. Im Übrigen beginne die Verjährungsfrist gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsbeanstandung - hier: das Statusfeststellungsverfahren - stattgefunden habe. Nach § 351 Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) finde § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung. Diese Vorschrift sei am 1. Januar 1998 in Kraft getreten; bis zum Inkrafttreten des Arbeitsförderungsreformgesetzes wären die Beiträge nicht verjährt. Somit liege hinsichtlich der Verjährung ein rückwirkender Eingriff in ein eigentumsgleiches Recht vor, der unzulässig sei.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2006 in Form des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die an sie - die Beklagte - im Zeitraum vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 gezahlten Beiträge (gemeint: Arbeitgeberbeiträge für M.) zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Gründe des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2006 Bezug genommen und ergänzend auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verwiesen, wonach die Einrede der Verjährung auch erhoben werden dürfe, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung eines Kleinbetriebes nicht zu Beanstandungen geführt habe (Urteil vom 29. Juli 2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1). Zu einem etwaigen Anspruch aus § 812 BGB hat die Beklagte die Unzuständigkeit des Sozialgerichts gerügt.
Die Klägerin ist der von der zitierten Rechtsprechung unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken entgegengetreten.
Nach mündlicher Verhandlung am 29. Oktober 2009 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte habe zu Recht die Erstattung der für den Zeitraum vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 zur Arbeitslosenversicherung entrichteten Beiträge abgelehnt. Die Beklagte habe zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Sie habe im Widerspruchsbescheid deutlich gemacht, dass sie in aller Regel diese Einrede erhebe und nur davon absehe, wenn für die fehlerhafte Beitragsentrichtung fehlerhaftes Verwaltungshandeln ursächlich sei. Für fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten oder der Einzugsstelle bestünden keine Anhaltspunkte. Auch sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass in bloßen, eine fehlende Beitragspflicht nicht aufdeckenden Betriebsprüfungen kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der prüfenden Stelle liege, das die Beklagte an der Erhebung der Verjährungseinrede hindern könne. Dieser Rechtsprechung schließe die Kammer sich an. Die restriktive Ermessensbetätigung begegne auch keinen generellen Bedenken. Eine Verfassungswidrigkeit der maßgebenden Vorschriften sei für die Kammer nicht ersichtlich.
Gegen diese ihrem Prozessbevollmächtigten am 26. Januar 2010 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 3. März 2010 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin. Mit gerichtlicher Verfügung vom 21. Juni 2010 ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach eingehenden Ermittlungen und abschließender Beratung des Senats mitgeteilt worden, dass der Senat von der Rechtzeitigkeit der Berufung ausgehe, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Berufung - ebenso wie im Parallelverfahren des Ehemannes - vorab per Fax eingelegt und das entsprechende Fax bei Gericht als vermeintliches Doppel des Eingangs im Parallelverfahren des Ehemannes vernichtet worden sei.
Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen (Bl. 74ff. der Gerichtsakten [GA]). Auf Veranlassung des Senats hat sie die bei ihr noch vorhanden Unterlagen über eine Betriebsprüfung im Jahre 2003 zur Akte gereicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Oktober 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie die für Herrn A M für den Zeitraum vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 gezahlten Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt das angefochtene Urteil und vertieft ebenfalls ihre bisherige Rechtsauffassung.
Dem Senat haben die das Erstattungsverfahren betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die zur einer Betriebsprüfung im Jahre 2007 entstandenen Vorgänge der Deutschen Rentenversicherung Bund (vorgelegt jeweils im Parallelverfahren des Ehemannes der Klägerin zum Az. L 3 AL 5/10) sowie die Gerichtsakten betreffend die Verfahren beider Eheleute vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist zugunsten der Klägerin von der Rechtzeitigkeit der Berufung auszugehen. Zwar hat die mit Briefpost übersandte und am 3. März 2010 bei dem Schleswig-Holsteinischen LSG eingegangene Berufungsschrift die Monatsfrist des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht gewahrt, nachdem das erstinstanzliche Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 26. Januar 2010 zugestellt worden ist. Eine zuvor - innerhalb der Frist - per Fax übermittelte Berufungsschrift ist nicht zur Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens gelangt. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass die Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die Berufungsschrift sei am 26. Februar 2010 vorab per Fax übersandt worden, zutrifft. Für das Parallelverfahren des Ehemannes der Klägerin ist dies entsprechend dokumentiert. Aus dem Empfangsjournal des Gerichts ergibt sich, dass am 26. Februar 2010 kurz nacheinander drei Seiten aus der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an das Gericht per Fax übermittelt worden sind; in den Akten des Parallelverfahrens ist die an diesem Tag per Fax übermittelte Berufungsschrift in zweifacher Ausfertigung eingegangen. Die dritte Sendung ist nicht mehr vorhanden. Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei nicht um ein (weiteres) Doppel der den Ehemann der Klägerin betreffenden Berufungsschrift gehandelt hat, sondern um die per Fax übermittelte Berufungsschrift der Klägerin, die versehentlich nicht als solche erkannt worden ist.
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die Berufungsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Entscheidung der Beklagten, verjährten Erstattungsansprüchen nicht zu entsprechen, ist rechtsfehlerfrei.
Wie sich aus § 351 Abs. 1 Satz 1 SGB III i. V. m. § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB IV ergibt, sind zu Unrecht gezahlte Beiträge zu erstatten. Dabei finden die Bestimmungen der §§ 26, 27 SGB IV mit Ausnahme von § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV direkt Anwendung. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gilt nach § 351 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht.
Die von der Klägerin für den hier strittigen Zeitraum (4. Juni 1988 bis 30. November 2000) für M. gezahlten Beiträge sind zu Unrecht entrichtet worden. Zu Unrecht ist ein Beitrag geleistet, wenn das Beitragsrecht für diese Zeit keine Beitragspflicht vorsah (Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 351 Rz 2). Dass dies vorliegend der Fall war, weil M. in dem Druckstudio Matern nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die in diesem Zusammenhang ergangene und bestandskräftig gewordene Entscheidung der Aa vom 11. Juli 2006 lässt auch insoweit Rechtsfehler nicht erkennen.
Allein der Umstand, dass Beiträge seitens der Klägerin zu Unrecht entrichtet worden sind, vermag dem mit der Berufung weiterverfolgten Erstattungsbegehren allerdings nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn die Beklagte war wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat berechtigt, die geltend gemachte Erstattung, soweit sie noch im Streit ist, zu verweigern. Die Beklagte hat insoweit nämlich zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben.
Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des BGB sinngemäß (§ 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Nach diesen Bestimmungen ist die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung der bis zum Jahre 2000 entrichteten Beiträge mit Ablauf des Jahres 2004 eingetreten; in den Jahren vor 2000 entrichtete Beiträge sind entsprechend früher verjährt. Der Beitrag für Dezember 2000 dürfte erst Anfang 2001 entrichtet worden sein (vgl. § 23 Abs. 1 SGB IV), so dass insoweit erst mit Ablauf des Jahres 2005 Verjährung eingetreten wäre. Dies wirkt sich hier indessen nicht aus, weil die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise - der Rechtsauffassung der Aa folgend - den Erstattungsantrag vom 17. Juli 2006 als bereits im Jahre 2005 eingegangen angesehen hat. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, wonach in bestimmten Fällen ein späterer Beginn der Verjährung vorgesehen ist, findet gemäß § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III hier - wie bereits ausgeführt - keine Anwendung.
Gründe für eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung liegen nicht vor. Insbesondere hat die im Jahre 2003 erfolgte Betriebsprüfung entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung die Verjährung nicht unterbrochen. Ob weitere Betriebsprüfungen des Rentenversicherungsträgers oder der Aa als Einzugsstelle in der Zeit von 1988 bis 1993 stattgefunden haben, lässt sich wegen Nichtvorliegens entsprechender Unterlagen nicht weiter überprüfen; für derartige Betriebsprüfungen würde allerdings im Ergebnis ebenfalls gelten, dass sie nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung geführt haben. Die von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV in Bezug genommenen Bestimmungen des BGB, die für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach Maßgabe von Art. 229 § 6 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) anzuwenden sind, sehen eine Hemmung bzw. Ablaufhemmung sowie einen Neubeginn der Verjährung nur in den in §§ 203ff. BGB bzw. nach Maßgabe der Übergangsvorschriften in den Vorläuferbestimmungen geregelten Fällen vor. Eine unrichtige Beratung durch einen Versicherungsträger fällt nicht darunter (vgl. Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, K § 27 Rz 8). Gleiches gilt für den Fall, dass eine Betriebsprüfung die Fehlerhaftigkeit einer Beitragsentrichtung nicht aufdeckt.
Auch für die Wirkung der Verjährung verweist § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV – wie bereits ausgeführt - auf die sinngemäß geltenden Vorschriften des BGB. Angesichts dessen hat der Ablauf der Verjährungsfrist als solcher für das Bestehen des Erstattungsanspruchs keinen Einfluss. Vielmehr ist der Versicherungsträger lediglich berechtigt, die Erstattung zu verweigern (vgl. § 214 BGB).
Die Ausübung dieses Rechts steht im Ermessen des Versicherungsträgers. Dass die Beklagte vorliegend die Einrede der Verjährung erhoben hat, lässt wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagte hat bereits in dem Bescheid vom 6. September 2006 deutlich gemacht, dass sie in aller Regel die Einrede der Verjährung erhebt und hiervon nur absieht, wenn dafür besondere Gründe vorliegen. Im Widerspruchsbescheid vom 2. November 2006 hat sie ergänzend ausgeführt, dass sie die Geltendmachung der Verjährungseinrede nur dann für rechtsmissbräuchlich halte, wenn die fehlerhafte Beitragsentrichtung auf ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln ihrer Behörde bzw. eines an der Erhebung oder Prüfung der Beiträge beteiligten Sozialversicherungsträgers zurückzuführen sei. Das sei hier indessen nicht der Fall. Diese Rechtsauffassung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Für fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten oder der Einzugsstelle bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin keine Anhaltspunkte. Insbesondere kann weder der Beklagten noch der Einzugsstelle angelastet werden, es sei von dort unterlassen worden, rechtzeitig zu prüfen, ob die entrichteten Beiträge rechtmäßig seien. Denn beide können im Lohnabzugsverfahren grundsätzlich davon ausgehen, dass die Arbeitgeber die Versicherungspflicht richtig beurteilen und bei Zweifelsfällen eine Auskunft von dem zuständigen Versicherungsträger oder der Einzugsstelle einholen (so bereits BSG, Urteil vom 13. Juni 1985, 7 RAr 107/83, BSGE 58, S. 154ff.). Dies wäre hier auch der Klägerin bzw. M. zumutbar gewesen, zumal beiden bewusst gewesen sein musste, dass dessen Position als Geschäftsführer und - wie es die Aa formuliert hat - "Kopf und Seele des Betriebes" mehr der eines Arbeitgebers als der eines Arbeitnehmers entsprach (vgl. hierzu allg. auch BSG, a. a. O. am Ende ). Die besonderen Umstände des Einzelfalles - insbesondere Vorbildung und Fachkenntnisse des M. sowie die Gründe dafür, dass die Klägerin und nicht M. als Firmengründer aufgetreten ist, finanzielle Einbindung des M. und die besondere Verbundenheit zwischen der Klägerin und M. - waren beiden ohne weiteres bekannt. Eine Pflicht der Beklagten oder der Einzugsstelle, in derartigen Fällen von sich aus die Rechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung zu überprüfen, besteht zur Überzeugung des Senats nicht.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Rentenversicherungsträger frühzeitig bei einer Betriebsprüfung die Fehlerhaftigkeit der Beitragsentrichtung hätte feststellen müssen. Wie der erkennende Senat u. a. bereits in seinen Entscheidungen vom 5. Oktober 2001 (L 3 AL 96/00) und vom 6. Juli 2007 (L 3 AL 64/06) ausgeführt hat, liegt in bloßen, eine fehlende Beitragspflicht nicht aufdeckenden Betriebsprüfungen kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der prüfenden Stelle, das die Beklagte an der Erhebung der Einrede der Verjährung hindern könnte. Hieran ist – auch im Hinblick auf jüngere Rechtsprechung des BSG und anderer Landessozialgerichte – festzuhalten. Das BSG hat in seinem Urteil vom 29. Juli 2003 (B 12 AL 1/02 R, SozR 4 2400 § 27 Nr. 1) noch einmal ausgeführt, dass die Beklagte einem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge die Einrede der Verjährung auch dann entgegenhalten kann, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung nicht zu Beanstandungen geführt hat. Die Entscheidung des BSG bezieht sich auf einen Kleinbetrieb mit etwa 10 bis 15 Mitarbeitern und kann zur Überzeugung des Senats auch auf Kleinbetriebe mit einer geringeren Mitarbeiterzahl übertragen werden.
Zur Begründung seiner Entscheidung vom 29. Juli 2003 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt: Betriebsprüfungen hätten unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollten einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstünden. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu; sie bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa "Entlastung" zu erteilen. Diese Schlussfolgerung verbiete sich schon deshalb, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend sein könne und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken dürfe. Auch den Prüfberichten komme keine andere Bedeutung zu. Ihr Adressat sei nicht der Arbeitgeber. Sie hielten das Ergebnis der Prüfung vielmehr nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Versicherungsträger fest und hätten nicht etwa die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung. Auch soweit Beschäftigte aus den Ergebnissen früherer Betriebsprüfungen Rechte herleiten wollten, könne sich eine materielle Bindungswirkung nur dann und insoweit ergeben, als Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden seien.
Dieser Rechtsprechung folgt der Senat. Sie entspricht auch der Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte (vgl. z. B. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 9. August 2007, L 7 AL 1337/07, und vom 19. Januar 2010, L 13 AL 2894/09; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2006, L 1 AL 66/04; Hessisches LSG, Urteil vom 22. Juni 2006, L 9 AL 74/04; Bayrisches LSG, Urteil vom 20. Oktober 2005, L 4 KR 181/02 - sämtlich veröffentlicht in juris -). Der vom LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25. August 2005, L 1 AL 5/05, veröffentlicht in juris) vertretenen Auffassung, dass bei einer GmbH, für die lediglich ein Angestellter und ein Gesellschafter/Geschäfts-führer tätig werde, Anlass zu einer uneingeschränkten Betriebsprüfung bestehe (was sinngemäß auf den vorliegenden Fall übertragen zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte), folgt der Senat aus den vorstehend genannten Gründen nicht.
Nach diesen Maßstäben kann die Klägerin aus den Ergebnissen der im Jahre 2003 durchgeführten Betriebsprüfung in Bezug auf die Verjährung ihrer Beitragserstattungsansprüche keine Rechte herleiten, weil der dazu ergangene Bescheid keine M. betreffenden personenbezogenen Feststellungen enthält.
Nach allem liegt fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten oder des Rentenversicherungsträgers, das die Beklagte veranlassen müsste, von der Erhebung der Einrede der Verjährung abzusehen, nicht vor. Für fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Einzugsstelle bestehen überhaupt keine Anhaltspunkte. Insbesondere spricht nach Aktenlage nichts dafür, dass die Beitragsentrichtung von der Aa aufgrund einer Beratung veranlasst worden wäre. Wenn die Aa infolge der ihr vorgelegten Anmeldungen Beiträge in bestimmter Höhe eingezogen hat, lässt sich allein hieraus nicht auf eine inhaltliche Prüfung der Beitragspflicht des Klägers schließen. Außerhalb einer Betriebsprüfung nach § 28h SGB IV hatte die Aa auch keinen Anlass zu einer solchen Prüfung.
Die restriktive Ermessensbetätigung der Beklagten begegnet auch keinen generellen Bedenken. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass durch die Dauer der vierjährigen Verjährungsfrist der Beitragszeitraum abgedeckt wird, der für einen etwa im Versicherungsfall gestellten Anspruch auf Arbeitslosengeld hinsichtlich der Anwartschaftszeit von Bedeutung wäre. Weiter zurückliegende Beiträge hätten auf die Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung keine Auswirkungen mehr. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es nicht ermessensfehlerhaft, den Interessen derjenigen, die für einen weiter zurückliegenden Zeitraum Beiträge getragen haben, geringeres Gewicht beizumessen als den Interessen der Versicherungsträger bzw. der Versichertengemeinschaft.
Ob die Beklagte sich auf Verjährung eines Anspruchs berufen kann, wenn dem der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht (venire contra factum proprium, offen gelassen in der Entscheidung des BSG vom 29. Juli 2003, a. a. O.), oder die Erhebung dieser Einrede sonst gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt (vgl. dazu Udsching, a.a.O., K § 27 Rz 9), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn für einen Ausschluss der Ausübung der Verjährungseinrede bestehen vorliegend auch insoweit keine tatsächlichen Anhaltspunkte.
Der von der Klägerin bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten vertretenen Rechtsauffassung, dass die von der Beklagten herangezogenen Vorschriften - insbesondere § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III und § 27 SGB IV - seien wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig, folgt der Senat nicht. Eine unzulässige Rückwirkung in dem klägerseitig vertretenen Sinne liegt nämlich nicht vor. Was die in § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III enthaltene Regelung betrifft, wonach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht gilt, ist diese Vorschrift im vorliegenden Verfahren schon nicht einschlägig. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV betrifft den Verjährungsbeginn bei einer Beanstandung der Rechtswirksamkeit von Beiträgen durch den Versicherungsträger. Diese Regelung bezieht sich nur auf die gesetzliche Rentenversicherung (Udsching a.a.O. K § 27 Rz 10). Im Übrigen hat § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III insoweit die Rechtsprechung des BSG aus der Zeit vor 1998 übernommen (Urteil vom 13. Juni 1985, 7 RAr 107/83, BSGE 58, 154; vgl. dazu auch Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 351 Rz 17).
Die Vorschrift des § 27 SGB IV ist zwar wiederholt geändert worden; die Änderungen wirken sich allerdings auf dem vorliegenden Fall nicht entscheidend aus. Denn § 27 SGB IV, der vor Inkrafttreten des SGB III zwar nicht unmittelbar, aber entsprechend galt (§ 185a Abs. 1 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz), enthielt in dem hier in Rede stehenden Zeitraum (seit 1988) stets eine Regelung, wonach der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind, verjährte (vgl. Gesetzesfassungen vom 4. November 1982, BGBl. I S. 1450, vom 21. Dezember 2000, BGBl. I S. 1983, vom 21. Juni 2002, BGBl. I S. 1983, vom 23. Januar 2006, BGBl. I S. 86 und vom 12. November 2009, BGBl. I S. 3710). Auch der in § 27 Abs. 3 SGB IV enthaltene Verweis auf Bestimmungen des BGB sowie zu weiteren Verjährungsfragen ist - soweit vorliegend von Bedeutung - durchgehend im Wesentlichen unverändert geblieben. Die Frage einer Rückwirkung von Änderungen ist hier insoweit nicht relevant.
Nach allem kann die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Wie erst bei der Urteilsabsetzung aufgefallen ist, hat der Senat versehentlich eine Kostenentscheidung verkündet, deren Formulierung sich an § 193 SGG orientiert. Richtig muss die Kostenentscheidung heißen: "Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens".
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Zur Höhe folgt der Senat der mit Schriftsatz vom 11. Januar 2011 zur Akte gereichten Berechnung der Beklagten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Beiträgen.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Druckstudios in L. Der Betrieb wurde 1988 mit zwei festangestellten Arbeitnehmern gegründet. Bis 2004 waren in der Regel zwischen drei und fünf Arbeitnehmer beschäftigt; seither hat sich deren Zahl reduziert. Der Ehemann der Klägerin, der 1961 geborenen Herr A M (M.), ist seit 1988 als Geschäftsführer in dem Unternehmen tätig. Für ihn wurden seit dem 4. Juni 1988 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet.
Mit Schreiben an die Aa Schleswig-Holstein als Einzugsstelle vom 20. September 2005 beantragte der Steuerberater der Klägerin die Überprüfung der Versicherungspflicht von M. und fügte einen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung bei. Daraus ergab sich, dass der Betrieb auf den Namen der Klägerin eröffnet worden war, weil es M. aufgrund eines fehlenden Meisterbriefs nach den seinerzeit geltenden Rechtsvorschriften nicht möglich gewesen sei, selbst als Firmengründer aufzutreten. Die Initiative zur Firmengründung sei aber aufgrund entsprechender Vorbildung und Fachkenntnisse von M. ausgegangen. Nach Überprüfung stellte die Aa mit Bescheid vom 11. Juli 2006 die Versicherungsfreiheit von M. fest; der Bescheid ist nicht angefochten worden.
Am 17. Juli 2006 gingen bei der Aa Anträge der Klägerin auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege , Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab 4. Juni 1988 ein. In dem Erstattungsantrag gab die Klägerin an, dass am 18. August 2003 eine Prüfung der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) - betreffend den Prüfzeitraum 1. Januar 1999 bis 30. Juni 2003 - stattgefunden habe; Unterlagen hierüber sind bei der heutigen Deutschen Rentenversicherung Bund nicht mehr vorhanden.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2006 leitete die Aa die Erstattungsanträge in Bezug auf Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter. Mit Bescheiden vom 6. September 2006 - gerichtet wegen der Arbeitgeberbeiträge an die Klägerin und wegen der Arbeitnehmerbeiträge an M. - teilte die Beklagte mit, dass dem Erstattungsantrag jeweils für die Zeit vom 1. Dezember 2000 bis 30. Juni 2006 entsprochen werde (Erstattungsbetrag jeweils 10.681,97 EUR). Nachdem die Aa mitgeteilt habe, dass durch ihr Verschulden über den 2005 gestellten Überprüfungsantrag erst am 11. Juli 2006 abschließend entschieden worden sei, werte die Beklagte den Erstattungsantrag als im Jahre 2005 eingegangen. Für die Zeit vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 sei der Erstattungsanspruch verjährt.
Hiergegen erhoben M. am 11. September 2006 und die Klägerin am 13. September 2006 Widerspruch. Sie machten geltend, dass es sich bei dem Betrieb um einen Kleinbetrieb handele, bei dem es aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl ohne Weiteres möglich gewesen wäre, bereits bei der Anmeldung - spätestens jedoch bei der ersten Betriebsprüfung - die Versicherungsfreiheit von M. zu erkennen. Angesichts dessen dürfe die Beklagte sich nicht auf Verjährung berufen. Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 2. November 2006 als unbegründet zurück. Sie führte aus: Gemäß § 26 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) seien zu Unrecht entrichtete Beiträge grundsätzlich zu erstatten. Der Erstattungsanspruch verjähre jedoch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Sie - die Beklagte - dürfe sich hierauf berufen, also die Einrede der Verjährung geltend machen. Die Einrede sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Dies wäre nur der Fall, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln ihrer Behörde, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung beruhe. Keine dieser Stellen habe sich hier fehlerhaft verhalten. Insbesondere sei kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln darin zu sehen, dass bei Betriebsprüfungen die Beitragsentrichtung nicht beanstandet worden sei. Betriebsprüfungen hätten lediglich Kontrollfunktion; sie bezweckten nicht, die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit festzustellen. Auch Unkenntnis über das tatsächliche Bestehen der Versicherungsfreiheit sei kein Grund, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Dies sei vielmehr der typische Fall einer möglicherweise eingetretenen Verjährung.
Die Klägerin hat am 20. November 2006 bei dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Gleichzeitig hat M. gesondert Klage erhoben (Az. S 38 AL 255/06).
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen ausgeführt: Sie sei weiterhin der Auffassung, dass die Beklagte sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen dürfe, weil die Versicherungsfreiheit von M. im Rahmen der regelmäßigen Betriebsprüfungen hätte festgestellt werden können und müssen. Die Tatsachen, die im Statusfeststellungsverfahren zur Feststellung der Versicherungsfreiheit geführt hätten, seien bei den durchgeführten Betriebsprüfungen bekannt gewesen, zumal es sich um einen Betrieb mit seinerzeit nur drei Mitarbeitern gehandelt habe. Trotz inzwischen fehlender Unterlagen sei davon auszugehen, dass Betriebsprüfungen alle drei Jahre durchgeführt worden seien. Wenn 1992 eine Betriebsprüfung durchgeführt und dabei das Bestehen von Versicherungsfreiheit des M. übersehen worden sei, dürfe die Beklagte sich nicht auf Verjährung berufen. Unabhängig hiervon habe sie einen Erstattungsanspruch nach § 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der mit Abschluss des Statusfeststellungsverfahrens entstanden und bis zu seiner Geltendmachung noch nicht verjährt sei. Die von der Beklagten benannte Verjährungsvorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sei mehrfach geändert worden; die heutige Fassung könne auf Beiträge, die vor Inkrafttreten der Vorschrift gezahlt worden seien, keine Anwendung finden. Der Erstattungsanspruch werde durch die Eigentumsgarantie (Art. 14 Grundgesetz [GG]) geschützt; ein rückwirkender Eingriff in diese Eigentumsposition sei unzulässig. Soweit die Aa und - ihr folgend - die Beklagte teilweise (für 2001) auf die Einrede der Verjährung verzichtet hätten, sei dies unzulässig. Auf die Erhebung der Einrede könne nicht nur zum Teil verzichtet werden. Zu beanstanden sei hilfsweise, dass die Beklagte zwar eine Erstattung für Dezember 2000 vorgenommen habe, nicht jedoch für das ganze Jahr 2000. Im Übrigen beginne die Verjährungsfrist gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsbeanstandung - hier: das Statusfeststellungsverfahren - stattgefunden habe. Nach § 351 Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) finde § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV in der Arbeitslosenversicherung keine Anwendung. Diese Vorschrift sei am 1. Januar 1998 in Kraft getreten; bis zum Inkrafttreten des Arbeitsförderungsreformgesetzes wären die Beiträge nicht verjährt. Somit liege hinsichtlich der Verjährung ein rückwirkender Eingriff in ein eigentumsgleiches Recht vor, der unzulässig sei.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2006 in Form des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die an sie - die Beklagte - im Zeitraum vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 gezahlten Beiträge (gemeint: Arbeitgeberbeiträge für M.) zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Gründe des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2006 Bezug genommen und ergänzend auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verwiesen, wonach die Einrede der Verjährung auch erhoben werden dürfe, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung eines Kleinbetriebes nicht zu Beanstandungen geführt habe (Urteil vom 29. Juli 2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1). Zu einem etwaigen Anspruch aus § 812 BGB hat die Beklagte die Unzuständigkeit des Sozialgerichts gerügt.
Die Klägerin ist der von der zitierten Rechtsprechung unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken entgegengetreten.
Nach mündlicher Verhandlung am 29. Oktober 2009 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte habe zu Recht die Erstattung der für den Zeitraum vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 zur Arbeitslosenversicherung entrichteten Beiträge abgelehnt. Die Beklagte habe zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Sie habe im Widerspruchsbescheid deutlich gemacht, dass sie in aller Regel diese Einrede erhebe und nur davon absehe, wenn für die fehlerhafte Beitragsentrichtung fehlerhaftes Verwaltungshandeln ursächlich sei. Für fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten oder der Einzugsstelle bestünden keine Anhaltspunkte. Auch sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass in bloßen, eine fehlende Beitragspflicht nicht aufdeckenden Betriebsprüfungen kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der prüfenden Stelle liege, das die Beklagte an der Erhebung der Verjährungseinrede hindern könne. Dieser Rechtsprechung schließe die Kammer sich an. Die restriktive Ermessensbetätigung begegne auch keinen generellen Bedenken. Eine Verfassungswidrigkeit der maßgebenden Vorschriften sei für die Kammer nicht ersichtlich.
Gegen diese ihrem Prozessbevollmächtigten am 26. Januar 2010 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 3. März 2010 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin. Mit gerichtlicher Verfügung vom 21. Juni 2010 ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach eingehenden Ermittlungen und abschließender Beratung des Senats mitgeteilt worden, dass der Senat von der Rechtzeitigkeit der Berufung ausgehe, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Berufung - ebenso wie im Parallelverfahren des Ehemannes - vorab per Fax eingelegt und das entsprechende Fax bei Gericht als vermeintliches Doppel des Eingangs im Parallelverfahren des Ehemannes vernichtet worden sei.
Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen (Bl. 74ff. der Gerichtsakten [GA]). Auf Veranlassung des Senats hat sie die bei ihr noch vorhanden Unterlagen über eine Betriebsprüfung im Jahre 2003 zur Akte gereicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Oktober 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie die für Herrn A M für den Zeitraum vom 4. Juni 1988 bis 30. November 2000 gezahlten Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt das angefochtene Urteil und vertieft ebenfalls ihre bisherige Rechtsauffassung.
Dem Senat haben die das Erstattungsverfahren betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die zur einer Betriebsprüfung im Jahre 2007 entstandenen Vorgänge der Deutschen Rentenversicherung Bund (vorgelegt jeweils im Parallelverfahren des Ehemannes der Klägerin zum Az. L 3 AL 5/10) sowie die Gerichtsakten betreffend die Verfahren beider Eheleute vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist zugunsten der Klägerin von der Rechtzeitigkeit der Berufung auszugehen. Zwar hat die mit Briefpost übersandte und am 3. März 2010 bei dem Schleswig-Holsteinischen LSG eingegangene Berufungsschrift die Monatsfrist des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht gewahrt, nachdem das erstinstanzliche Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 26. Januar 2010 zugestellt worden ist. Eine zuvor - innerhalb der Frist - per Fax übermittelte Berufungsschrift ist nicht zur Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens gelangt. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass die Behauptung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die Berufungsschrift sei am 26. Februar 2010 vorab per Fax übersandt worden, zutrifft. Für das Parallelverfahren des Ehemannes der Klägerin ist dies entsprechend dokumentiert. Aus dem Empfangsjournal des Gerichts ergibt sich, dass am 26. Februar 2010 kurz nacheinander drei Seiten aus der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an das Gericht per Fax übermittelt worden sind; in den Akten des Parallelverfahrens ist die an diesem Tag per Fax übermittelte Berufungsschrift in zweifacher Ausfertigung eingegangen. Die dritte Sendung ist nicht mehr vorhanden. Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei nicht um ein (weiteres) Doppel der den Ehemann der Klägerin betreffenden Berufungsschrift gehandelt hat, sondern um die per Fax übermittelte Berufungsschrift der Klägerin, die versehentlich nicht als solche erkannt worden ist.
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die Berufungsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Entscheidung der Beklagten, verjährten Erstattungsansprüchen nicht zu entsprechen, ist rechtsfehlerfrei.
Wie sich aus § 351 Abs. 1 Satz 1 SGB III i. V. m. § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB IV ergibt, sind zu Unrecht gezahlte Beiträge zu erstatten. Dabei finden die Bestimmungen der §§ 26, 27 SGB IV mit Ausnahme von § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV direkt Anwendung. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gilt nach § 351 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht.
Die von der Klägerin für den hier strittigen Zeitraum (4. Juni 1988 bis 30. November 2000) für M. gezahlten Beiträge sind zu Unrecht entrichtet worden. Zu Unrecht ist ein Beitrag geleistet, wenn das Beitragsrecht für diese Zeit keine Beitragspflicht vorsah (Brand in Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 351 Rz 2). Dass dies vorliegend der Fall war, weil M. in dem Druckstudio Matern nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die in diesem Zusammenhang ergangene und bestandskräftig gewordene Entscheidung der Aa vom 11. Juli 2006 lässt auch insoweit Rechtsfehler nicht erkennen.
Allein der Umstand, dass Beiträge seitens der Klägerin zu Unrecht entrichtet worden sind, vermag dem mit der Berufung weiterverfolgten Erstattungsbegehren allerdings nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn die Beklagte war wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat berechtigt, die geltend gemachte Erstattung, soweit sie noch im Streit ist, zu verweigern. Die Beklagte hat insoweit nämlich zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben.
Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des BGB sinngemäß (§ 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Nach diesen Bestimmungen ist die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung der bis zum Jahre 2000 entrichteten Beiträge mit Ablauf des Jahres 2004 eingetreten; in den Jahren vor 2000 entrichtete Beiträge sind entsprechend früher verjährt. Der Beitrag für Dezember 2000 dürfte erst Anfang 2001 entrichtet worden sein (vgl. § 23 Abs. 1 SGB IV), so dass insoweit erst mit Ablauf des Jahres 2005 Verjährung eingetreten wäre. Dies wirkt sich hier indessen nicht aus, weil die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise - der Rechtsauffassung der Aa folgend - den Erstattungsantrag vom 17. Juli 2006 als bereits im Jahre 2005 eingegangen angesehen hat. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV, wonach in bestimmten Fällen ein späterer Beginn der Verjährung vorgesehen ist, findet gemäß § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III hier - wie bereits ausgeführt - keine Anwendung.
Gründe für eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung liegen nicht vor. Insbesondere hat die im Jahre 2003 erfolgte Betriebsprüfung entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung die Verjährung nicht unterbrochen. Ob weitere Betriebsprüfungen des Rentenversicherungsträgers oder der Aa als Einzugsstelle in der Zeit von 1988 bis 1993 stattgefunden haben, lässt sich wegen Nichtvorliegens entsprechender Unterlagen nicht weiter überprüfen; für derartige Betriebsprüfungen würde allerdings im Ergebnis ebenfalls gelten, dass sie nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung geführt haben. Die von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV in Bezug genommenen Bestimmungen des BGB, die für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach Maßgabe von Art. 229 § 6 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) anzuwenden sind, sehen eine Hemmung bzw. Ablaufhemmung sowie einen Neubeginn der Verjährung nur in den in §§ 203ff. BGB bzw. nach Maßgabe der Übergangsvorschriften in den Vorläuferbestimmungen geregelten Fällen vor. Eine unrichtige Beratung durch einen Versicherungsträger fällt nicht darunter (vgl. Udsching in Hauck/Haines, SGB IV, K § 27 Rz 8). Gleiches gilt für den Fall, dass eine Betriebsprüfung die Fehlerhaftigkeit einer Beitragsentrichtung nicht aufdeckt.
Auch für die Wirkung der Verjährung verweist § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB IV – wie bereits ausgeführt - auf die sinngemäß geltenden Vorschriften des BGB. Angesichts dessen hat der Ablauf der Verjährungsfrist als solcher für das Bestehen des Erstattungsanspruchs keinen Einfluss. Vielmehr ist der Versicherungsträger lediglich berechtigt, die Erstattung zu verweigern (vgl. § 214 BGB).
Die Ausübung dieses Rechts steht im Ermessen des Versicherungsträgers. Dass die Beklagte vorliegend die Einrede der Verjährung erhoben hat, lässt wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagte hat bereits in dem Bescheid vom 6. September 2006 deutlich gemacht, dass sie in aller Regel die Einrede der Verjährung erhebt und hiervon nur absieht, wenn dafür besondere Gründe vorliegen. Im Widerspruchsbescheid vom 2. November 2006 hat sie ergänzend ausgeführt, dass sie die Geltendmachung der Verjährungseinrede nur dann für rechtsmissbräuchlich halte, wenn die fehlerhafte Beitragsentrichtung auf ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln ihrer Behörde bzw. eines an der Erhebung oder Prüfung der Beiträge beteiligten Sozialversicherungsträgers zurückzuführen sei. Das sei hier indessen nicht der Fall. Diese Rechtsauffassung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Für fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten oder der Einzugsstelle bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin keine Anhaltspunkte. Insbesondere kann weder der Beklagten noch der Einzugsstelle angelastet werden, es sei von dort unterlassen worden, rechtzeitig zu prüfen, ob die entrichteten Beiträge rechtmäßig seien. Denn beide können im Lohnabzugsverfahren grundsätzlich davon ausgehen, dass die Arbeitgeber die Versicherungspflicht richtig beurteilen und bei Zweifelsfällen eine Auskunft von dem zuständigen Versicherungsträger oder der Einzugsstelle einholen (so bereits BSG, Urteil vom 13. Juni 1985, 7 RAr 107/83, BSGE 58, S. 154ff.). Dies wäre hier auch der Klägerin bzw. M. zumutbar gewesen, zumal beiden bewusst gewesen sein musste, dass dessen Position als Geschäftsführer und - wie es die Aa formuliert hat - "Kopf und Seele des Betriebes" mehr der eines Arbeitgebers als der eines Arbeitnehmers entsprach (vgl. hierzu allg. auch BSG, a. a. O. am Ende ). Die besonderen Umstände des Einzelfalles - insbesondere Vorbildung und Fachkenntnisse des M. sowie die Gründe dafür, dass die Klägerin und nicht M. als Firmengründer aufgetreten ist, finanzielle Einbindung des M. und die besondere Verbundenheit zwischen der Klägerin und M. - waren beiden ohne weiteres bekannt. Eine Pflicht der Beklagten oder der Einzugsstelle, in derartigen Fällen von sich aus die Rechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung zu überprüfen, besteht zur Überzeugung des Senats nicht.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Rentenversicherungsträger frühzeitig bei einer Betriebsprüfung die Fehlerhaftigkeit der Beitragsentrichtung hätte feststellen müssen. Wie der erkennende Senat u. a. bereits in seinen Entscheidungen vom 5. Oktober 2001 (L 3 AL 96/00) und vom 6. Juli 2007 (L 3 AL 64/06) ausgeführt hat, liegt in bloßen, eine fehlende Beitragspflicht nicht aufdeckenden Betriebsprüfungen kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der prüfenden Stelle, das die Beklagte an der Erhebung der Einrede der Verjährung hindern könnte. Hieran ist – auch im Hinblick auf jüngere Rechtsprechung des BSG und anderer Landessozialgerichte – festzuhalten. Das BSG hat in seinem Urteil vom 29. Juli 2003 (B 12 AL 1/02 R, SozR 4 2400 § 27 Nr. 1) noch einmal ausgeführt, dass die Beklagte einem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge die Einrede der Verjährung auch dann entgegenhalten kann, wenn eine zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfung nicht zu Beanstandungen geführt hat. Die Entscheidung des BSG bezieht sich auf einen Kleinbetrieb mit etwa 10 bis 15 Mitarbeitern und kann zur Überzeugung des Senats auch auf Kleinbetriebe mit einer geringeren Mitarbeiterzahl übertragen werden.
Zur Begründung seiner Entscheidung vom 29. Juli 2003 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt: Betriebsprüfungen hätten unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollten einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstünden. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu; sie bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa "Entlastung" zu erteilen. Diese Schlussfolgerung verbiete sich schon deshalb, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend sein könne und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken dürfe. Auch den Prüfberichten komme keine andere Bedeutung zu. Ihr Adressat sei nicht der Arbeitgeber. Sie hielten das Ergebnis der Prüfung vielmehr nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Versicherungsträger fest und hätten nicht etwa die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung. Auch soweit Beschäftigte aus den Ergebnissen früherer Betriebsprüfungen Rechte herleiten wollten, könne sich eine materielle Bindungswirkung nur dann und insoweit ergeben, als Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden seien.
Dieser Rechtsprechung folgt der Senat. Sie entspricht auch der Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte (vgl. z. B. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 9. August 2007, L 7 AL 1337/07, und vom 19. Januar 2010, L 13 AL 2894/09; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2006, L 1 AL 66/04; Hessisches LSG, Urteil vom 22. Juni 2006, L 9 AL 74/04; Bayrisches LSG, Urteil vom 20. Oktober 2005, L 4 KR 181/02 - sämtlich veröffentlicht in juris -). Der vom LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25. August 2005, L 1 AL 5/05, veröffentlicht in juris) vertretenen Auffassung, dass bei einer GmbH, für die lediglich ein Angestellter und ein Gesellschafter/Geschäfts-führer tätig werde, Anlass zu einer uneingeschränkten Betriebsprüfung bestehe (was sinngemäß auf den vorliegenden Fall übertragen zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte), folgt der Senat aus den vorstehend genannten Gründen nicht.
Nach diesen Maßstäben kann die Klägerin aus den Ergebnissen der im Jahre 2003 durchgeführten Betriebsprüfung in Bezug auf die Verjährung ihrer Beitragserstattungsansprüche keine Rechte herleiten, weil der dazu ergangene Bescheid keine M. betreffenden personenbezogenen Feststellungen enthält.
Nach allem liegt fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Beklagten oder des Rentenversicherungsträgers, das die Beklagte veranlassen müsste, von der Erhebung der Einrede der Verjährung abzusehen, nicht vor. Für fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Einzugsstelle bestehen überhaupt keine Anhaltspunkte. Insbesondere spricht nach Aktenlage nichts dafür, dass die Beitragsentrichtung von der Aa aufgrund einer Beratung veranlasst worden wäre. Wenn die Aa infolge der ihr vorgelegten Anmeldungen Beiträge in bestimmter Höhe eingezogen hat, lässt sich allein hieraus nicht auf eine inhaltliche Prüfung der Beitragspflicht des Klägers schließen. Außerhalb einer Betriebsprüfung nach § 28h SGB IV hatte die Aa auch keinen Anlass zu einer solchen Prüfung.
Die restriktive Ermessensbetätigung der Beklagten begegnet auch keinen generellen Bedenken. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass durch die Dauer der vierjährigen Verjährungsfrist der Beitragszeitraum abgedeckt wird, der für einen etwa im Versicherungsfall gestellten Anspruch auf Arbeitslosengeld hinsichtlich der Anwartschaftszeit von Bedeutung wäre. Weiter zurückliegende Beiträge hätten auf die Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung keine Auswirkungen mehr. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es nicht ermessensfehlerhaft, den Interessen derjenigen, die für einen weiter zurückliegenden Zeitraum Beiträge getragen haben, geringeres Gewicht beizumessen als den Interessen der Versicherungsträger bzw. der Versichertengemeinschaft.
Ob die Beklagte sich auf Verjährung eines Anspruchs berufen kann, wenn dem der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht (venire contra factum proprium, offen gelassen in der Entscheidung des BSG vom 29. Juli 2003, a. a. O.), oder die Erhebung dieser Einrede sonst gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt (vgl. dazu Udsching, a.a.O., K § 27 Rz 9), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn für einen Ausschluss der Ausübung der Verjährungseinrede bestehen vorliegend auch insoweit keine tatsächlichen Anhaltspunkte.
Der von der Klägerin bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten vertretenen Rechtsauffassung, dass die von der Beklagten herangezogenen Vorschriften - insbesondere § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III und § 27 SGB IV - seien wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig, folgt der Senat nicht. Eine unzulässige Rückwirkung in dem klägerseitig vertretenen Sinne liegt nämlich nicht vor. Was die in § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III enthaltene Regelung betrifft, wonach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht gilt, ist diese Vorschrift im vorliegenden Verfahren schon nicht einschlägig. § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB IV betrifft den Verjährungsbeginn bei einer Beanstandung der Rechtswirksamkeit von Beiträgen durch den Versicherungsträger. Diese Regelung bezieht sich nur auf die gesetzliche Rentenversicherung (Udsching a.a.O. K § 27 Rz 10). Im Übrigen hat § 351 Abs. 1 Satz 2 SGB III insoweit die Rechtsprechung des BSG aus der Zeit vor 1998 übernommen (Urteil vom 13. Juni 1985, 7 RAr 107/83, BSGE 58, 154; vgl. dazu auch Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 351 Rz 17).
Die Vorschrift des § 27 SGB IV ist zwar wiederholt geändert worden; die Änderungen wirken sich allerdings auf dem vorliegenden Fall nicht entscheidend aus. Denn § 27 SGB IV, der vor Inkrafttreten des SGB III zwar nicht unmittelbar, aber entsprechend galt (§ 185a Abs. 1 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz), enthielt in dem hier in Rede stehenden Zeitraum (seit 1988) stets eine Regelung, wonach der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind, verjährte (vgl. Gesetzesfassungen vom 4. November 1982, BGBl. I S. 1450, vom 21. Dezember 2000, BGBl. I S. 1983, vom 21. Juni 2002, BGBl. I S. 1983, vom 23. Januar 2006, BGBl. I S. 86 und vom 12. November 2009, BGBl. I S. 3710). Auch der in § 27 Abs. 3 SGB IV enthaltene Verweis auf Bestimmungen des BGB sowie zu weiteren Verjährungsfragen ist - soweit vorliegend von Bedeutung - durchgehend im Wesentlichen unverändert geblieben. Die Frage einer Rückwirkung von Änderungen ist hier insoweit nicht relevant.
Nach allem kann die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Wie erst bei der Urteilsabsetzung aufgefallen ist, hat der Senat versehentlich eine Kostenentscheidung verkündet, deren Formulierung sich an § 193 SGG orientiert. Richtig muss die Kostenentscheidung heißen: "Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens".
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Zur Höhe folgt der Senat der mit Schriftsatz vom 11. Januar 2011 zur Akte gereichten Berechnung der Beklagten.
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