Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 162 AS 20192/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 AS 1706/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
L 19 AS 1804/11 B PKH
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. September 2011 über die Ablehnung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen. Außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird abgelehnt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts sind zulässig, aber unbegründet. Sein ursprünglich formuliertes einstweiliges Rechtsschutzbegehren war im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers zunächst auszulegen. Sein Begehren, - vorläufig - Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01. August 2011 bis zum 30. November 2011 in Höhe von 669,74 Euro (364,- Euro Regelsatz und 305,74 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung) zu erhalten, kann nicht durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. Juli 2011 gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erreicht werden. Sein Antrag war vielmehr in einen solchen auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG umzudeuten. Denn mit dem Bescheid vom 20. Juli 2011 wird keine Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende aufgehoben oder zurückgenommen im Sinne der §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Es liegt damit auch kein Fall der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vor. Die dem Antragsteller mit bindendem Bescheid vom 11. Juli 2011 bewilligten Grundsicherungsleistungen sind vorläufig bewilligt worden (§ 40 Abs. 1, Abs. 2 SGB II i. V. m. § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III - mit der Folge, dass sich die vorläufige Bewilligung durch den Erlass des Bescheids vom 20. Juli 2011 über die endgültige Ablehnung von Grundsicherungsleistungen ab dem 01. August 2011 gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Der endgültige Bescheid hat also den vorläufigen ersetzt. Dieser wäre in der Hauptsache mit der Anfechtungs- und Leistungsklage anfechtbar (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R - m. w. N., zitiert nach juris). Soweit der Antragsgegner als Rechtsgrundlage seiner Entscheidung über die Leistungsberechtigung ab dem 01. August 2011 § 48 SGB X benannt hat, geht die Aufhebung ins Leere, auf Vertrauensschutz kann sich der Leistungsempfänger nicht berufen (BSG in SozR 3 - 4100 § 147 Nr. 1 m. w. N.). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob - wie der Antragsteller meint - als Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 20. Juli 2011 § 45 SGB X anzunehmen ist.
Der Antragsteller, der vom 01. bis zum 14. August 2011 Arbeitslosengeld I in Höhe von 9,67 Euro täglich bezog (Bescheid der Agentur für Arbeit Berlin N), kann vorläufige Leistungen in der Höhe, wie sie ihm vorläufig bewilligt worden waren, nicht im Wege des vorläufigen Rechtschutzes beanspruchen, denn er hat weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft machen können (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Es liegt kein Anordnungsgrund vor, denn die Schulausbildung des Antragstellers in der 12. Klasse an dem Oberstufenzentrum Körperpflege ab dem 15. August 2011 ist nicht nur dem Grunde nach förderungsfähig gewesen (vgl. dazu Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 3. A.), tatsächlich ist ihm mit Bescheid über Ausbildungsförderung aufgrund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in der Neufassung vom 07. Dezember 2010 (BAföG) der Stadt Nürnberg vom 19. August 2011 auch ab August 2011 bis Juni 2012 eine monatliche Ausbildungsförderung von 543,- Euro bewilligt worden. Die Ausbildungsförderung und gemäß § 15 Abs.1 BAföG vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird, also hier ab dem 01. August 2011. Die Bewilligung beruht, abgeleitet aus der Höhe der bewilligten Leistung von 543,- Euro, auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 2 BAföG. Deshalb sind die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 6 Nr. 1 - 3 SGB II nicht erfüllt.
Damit stehen dem Antragsteller nur Leistungen nach Maßgabe des § 27 SGB II zu, die nicht als Arbeitslosengeld II gelten und die er erstmals im Laufe des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens konkludent beantragt hat. Eine Entscheidung des Antragsgegners, der eine Bescheidung in Aussicht gestellt hat, liegt dazu noch nicht vor. Hier käme nur ein Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) in Betracht, soweit der Bedarf in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 SGB II ungedeckt ist. Ob bezüglich dieser Leistung ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG besteht, lässt der Senat dahin stehen, denn es fehlt jedenfalls an einem Anordnungsgrund. Es sind für den Senat keine Gründe ersichtlich, warum es dem Antragsteller nicht zumutbar sein soll, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Auch hat der Antragsteller nicht dargelegt, welche schwerwiegenden, nicht wiedergutzumachenden Nachteile ihm drohen, wenn ihm ein Zuschuss nicht sofort zugesprochen würde. Das Sozialgericht hat bereits ausgeführt, dass dem Antragsteller im August 2011 mit dem bis zum 14. August 2011 gezahlten Arbeitslosengeld I und den 543,- Euro nach dem BAföG mehr geleistet worden ist, als er vom Antragsgegner Grundsicherungsleistungen beanspruchen könnte. Auch im September 2011 hat er zusammen mit der Nachzahlung mehr erhalten, als er vom Beklagten beanspruchen könnte. Für die hier relevanten Monate Oktober und November 2011 sind die Zahlungen von 543,- Euro monatlich nicht geeignet, einen Anordnungsgrund zu begründen. Denn dieser Betrag macht etwa 80% der ursprünglich vorläufig bewilligten Grundsicherungsleistungen von 669,74 Euro aus. Da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei einer zusprechenden Entscheidung zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache ein Abschlag von bis zu 70% gerechtfertigt sein kann, würde der Antragsteller im hiesigen Verfahren ohnehin nicht mehr erhalten. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Antragsteller sich ohne Nennung von Gründen nicht bemüht, Kindergeld zu erhalten, das den kindergeldberechtigten Eltern zugeflossen ist.
Aus den oben genannten Gründen hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels Erfolgsaussichten abgelehnt (§ 73 a Abs.1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ff ZPO).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Hierfür lag die hinreichende Erfolgsaussicht - wie vorstehend ausgeführt - ebenfalls nicht vor.
Die Kosten der Beschwerdeverfahren sind gemäß § 193 SGG analog, § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts sind zulässig, aber unbegründet. Sein ursprünglich formuliertes einstweiliges Rechtsschutzbegehren war im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers zunächst auszulegen. Sein Begehren, - vorläufig - Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01. August 2011 bis zum 30. November 2011 in Höhe von 669,74 Euro (364,- Euro Regelsatz und 305,74 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung) zu erhalten, kann nicht durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. Juli 2011 gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erreicht werden. Sein Antrag war vielmehr in einen solchen auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG umzudeuten. Denn mit dem Bescheid vom 20. Juli 2011 wird keine Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende aufgehoben oder zurückgenommen im Sinne der §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Es liegt damit auch kein Fall der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vor. Die dem Antragsteller mit bindendem Bescheid vom 11. Juli 2011 bewilligten Grundsicherungsleistungen sind vorläufig bewilligt worden (§ 40 Abs. 1, Abs. 2 SGB II i. V. m. § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III - mit der Folge, dass sich die vorläufige Bewilligung durch den Erlass des Bescheids vom 20. Juli 2011 über die endgültige Ablehnung von Grundsicherungsleistungen ab dem 01. August 2011 gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Der endgültige Bescheid hat also den vorläufigen ersetzt. Dieser wäre in der Hauptsache mit der Anfechtungs- und Leistungsklage anfechtbar (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 R - m. w. N., zitiert nach juris). Soweit der Antragsgegner als Rechtsgrundlage seiner Entscheidung über die Leistungsberechtigung ab dem 01. August 2011 § 48 SGB X benannt hat, geht die Aufhebung ins Leere, auf Vertrauensschutz kann sich der Leistungsempfänger nicht berufen (BSG in SozR 3 - 4100 § 147 Nr. 1 m. w. N.). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob - wie der Antragsteller meint - als Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 20. Juli 2011 § 45 SGB X anzunehmen ist.
Der Antragsteller, der vom 01. bis zum 14. August 2011 Arbeitslosengeld I in Höhe von 9,67 Euro täglich bezog (Bescheid der Agentur für Arbeit Berlin N), kann vorläufige Leistungen in der Höhe, wie sie ihm vorläufig bewilligt worden waren, nicht im Wege des vorläufigen Rechtschutzes beanspruchen, denn er hat weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft machen können (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Es liegt kein Anordnungsgrund vor, denn die Schulausbildung des Antragstellers in der 12. Klasse an dem Oberstufenzentrum Körperpflege ab dem 15. August 2011 ist nicht nur dem Grunde nach förderungsfähig gewesen (vgl. dazu Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 3. A.), tatsächlich ist ihm mit Bescheid über Ausbildungsförderung aufgrund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in der Neufassung vom 07. Dezember 2010 (BAföG) der Stadt Nürnberg vom 19. August 2011 auch ab August 2011 bis Juni 2012 eine monatliche Ausbildungsförderung von 543,- Euro bewilligt worden. Die Ausbildungsförderung und gemäß § 15 Abs.1 BAföG vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird, also hier ab dem 01. August 2011. Die Bewilligung beruht, abgeleitet aus der Höhe der bewilligten Leistung von 543,- Euro, auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 2 BAföG. Deshalb sind die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 6 Nr. 1 - 3 SGB II nicht erfüllt.
Damit stehen dem Antragsteller nur Leistungen nach Maßgabe des § 27 SGB II zu, die nicht als Arbeitslosengeld II gelten und die er erstmals im Laufe des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens konkludent beantragt hat. Eine Entscheidung des Antragsgegners, der eine Bescheidung in Aussicht gestellt hat, liegt dazu noch nicht vor. Hier käme nur ein Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) in Betracht, soweit der Bedarf in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 SGB II ungedeckt ist. Ob bezüglich dieser Leistung ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG besteht, lässt der Senat dahin stehen, denn es fehlt jedenfalls an einem Anordnungsgrund. Es sind für den Senat keine Gründe ersichtlich, warum es dem Antragsteller nicht zumutbar sein soll, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Auch hat der Antragsteller nicht dargelegt, welche schwerwiegenden, nicht wiedergutzumachenden Nachteile ihm drohen, wenn ihm ein Zuschuss nicht sofort zugesprochen würde. Das Sozialgericht hat bereits ausgeführt, dass dem Antragsteller im August 2011 mit dem bis zum 14. August 2011 gezahlten Arbeitslosengeld I und den 543,- Euro nach dem BAföG mehr geleistet worden ist, als er vom Antragsgegner Grundsicherungsleistungen beanspruchen könnte. Auch im September 2011 hat er zusammen mit der Nachzahlung mehr erhalten, als er vom Beklagten beanspruchen könnte. Für die hier relevanten Monate Oktober und November 2011 sind die Zahlungen von 543,- Euro monatlich nicht geeignet, einen Anordnungsgrund zu begründen. Denn dieser Betrag macht etwa 80% der ursprünglich vorläufig bewilligten Grundsicherungsleistungen von 669,74 Euro aus. Da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei einer zusprechenden Entscheidung zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache ein Abschlag von bis zu 70% gerechtfertigt sein kann, würde der Antragsteller im hiesigen Verfahren ohnehin nicht mehr erhalten. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Antragsteller sich ohne Nennung von Gründen nicht bemüht, Kindergeld zu erhalten, das den kindergeldberechtigten Eltern zugeflossen ist.
Aus den oben genannten Gründen hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels Erfolgsaussichten abgelehnt (§ 73 a Abs.1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ff ZPO).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Hierfür lag die hinreichende Erfolgsaussicht - wie vorstehend ausgeführt - ebenfalls nicht vor.
Die Kosten der Beschwerdeverfahren sind gemäß § 193 SGG analog, § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
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